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Steuerinfos

Für alle Steuerpflichtigen

1 Berliner Testament erbschaftsteuerlich vielfach nachteilig

2 Steuerermäßigung für energetische Sanierungsmaßnahmen: Zeitpunkt des Abschlusses einer solchen Maßnahme bei Ratenzahlung der Handwerkerleistung

3 Kindergeldberechtigung bei Aufnahme eines Pflegekindes im Laufe des Monats

4 Keine Inanspruchnahme des Pflegepauschbetrags bei geringfügigen Pflegeleistungen

5 Energiepreispauschale 2022 – Im Einzelfall mit der Einkommensteuererklärung geltend zu machen

6 Kosten des Insolvenzverfahrens können steuerlich nicht geltend gemacht werden

7 Gemeinnützige Körperschaften: Höchstgrenze für Mitgliedsbeiträge wird erhöht

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

8 Aktualisierte Hinweise zur Lohnsteuer durch die FinVerw – Lohnsteuer-Hinweise 2024

9 Verpflegungspauschale: Keine Änderungen durch das Wachstumschancengesetz

10 Zweitwohnungsteuer als Kosten der Unterkunft für eine doppelte Haushaltsführung

11 Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen

12 Rechtsanwaltskosten für ein Wehrdisziplinarverfahren als Werbungskosten

13 Tarifvertraglicher Ausschluss einer Inflationsausgleichsprämie während der Passivphase der Altersteilzeit

14 Rückabwicklung eines vermeintlich freien Mitarbeiterverhältnisses – Vertrauensschutz des Mitarbeiters

Für Unternehmer und Freiberufler

15 Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes IV

16 Kein steuerlicher Abzug von Aufwendungen einer Influencerin/Bloggerin für die Anschaffung von bürgerlicher Kleidung und Accessoires

17 Steuerliche Erfassung einer Einmalzahlung für eine langfristige Nutzungsüberlassung

18 Korrekturmöglichkeit bei Ausweis einer falschen Steuer in Rechnungen an Endverbraucher

19 Differenzbesteuerung und innergemeinschaftlicher Erwerb für Kunstgegenstände

Für Personengesellschaften

20 Pensionsrückstellung bei Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

21 Einbringungsbedingter Übergang des Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft

22 Absicherung einer Betriebsaufspaltung durch eine GmbH & Co. KG als Besitzgesellschaft

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

23 GmbH-Gesellschafter: Möglichkeit der Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren

Für Hauseigentümer

24 Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags

25 Wohnraumvermietung und Vorsteuerabzug aus Heizungsanlage

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

26 Anhebung der (monetären) Schwellenwerte für die Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen

27 Ausgewählte Gesetzesänderungen durch das sog. Wachstumschancengesetz

28 Zeitpunkt der Verlustberücksichtigung nach § 17 Abs. 4 EStG

29 Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bei Veräußerungstatbeständen gem. § 17 EStG

30 Überraschungsentscheidung im Rahmen der Feststellung einer vGA (Verrechnungskonto)

31 Voraussetzungen der wirtschaftlichen Eingliederung einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft

Wachstumschancengesetz und andere aktuelle Steuergesetzgebung

32 Wachstumschancengesetz in Kraft getreten

33 Für alle Steuerpflichtigen

34 Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

35 Für Investitionen in Immobilien

36 Für Unternehmer und Freiberufler

37 Für Personengesellschaften

1 Berliner Testament erbschaftsteuerlich vielfach nachteilig

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner sind oft daran interessiert, dass das Vermögen des Erstversterbenden zunächst beim Überlebenden verbleibt. Zu diesem Zweck setzen sich die Ehe-/Lebenspartner oft in gemeinsamen Testamenten zunächst gegenseitig als Erben ein und bestimmen zugleich die Erbfolgeregelung für den Tod des Längstlebenden (sog. Berliner Testament). Bei der Ausgestaltung dieser Erbeinsetzung bestehen verschiedene rechtliche Möglichkeiten.

Erbschaftsteuerlich kann ein solches Berliner Testament allerdings nachteilig sein, weil das Vermögen der Ehegatten/Lebenspartner innerhalb kurzer Zeit möglicherweise zweimal der Erbschaftsteuer unterworfen wird. Gerade bei Ehegatten/Lebenspartnern, die innerhalb eines kurzen zeitlichen Abstands versterben, steht der doppelten Belastung nur eine vergleichsweise kurze Zeit gegenüber, in welcher der überlebende Ehegatte/Lebenspartner das gemeinsame Vermögen nutzen kann. Beim Tod des erstversterbenden Ehegatten kann in der Regel nur der persönliche Freibetrag des überlebenden Ehegatten (500 000 €) und der besondere Versorgungsfreibetrag (256 000 €) genutzt werden. Der persönliche Freibetrag des bzw. der Schlusserben kann dagegen beim Tod des Erstverstorbenen nicht genutzt werden. Bei größeren Vermögen kann dies sehr ungünstig sein.

Handlungsempfehlung:

Insoweit sollten im konkreten Fall eine Abschätzung der erbschaftsteuerlichen Werte und der möglichen Erbschaftsteuer erfolgen. Dies ist ein wichtiger Prozess, um mögliche Steuerbelastungen einplanen und berücksichtigen zu können. Hinsichtlich der Ausgestaltung der Erbfolgeregelung gibt es in mehrfacher Hinsicht Gestaltungsmöglichkeiten, die je nach Einzelfall vorteilhaft einsetzbar sind, ggf. aber auch steuerlich sehr ungünstig sein können.

Der BFH hatte nun über eine Ausgestaltungsform des Berliner Testaments zu entscheiden. Es ging um die sog. Jastrowsche Klausel, bei der denjenigen Kindern ein betagtes Vermächtnis gewährt wird, die beim Tod des Erstversterbenden ihren Pflichtteil nicht fordern. Durch diese Strafklausel sollen Kinder abgehalten werden, beim Tod des Erstversterbenden den ihnen zustehenden Pflichtteil zu fordern. Mit Urteil vom 11.10.2023 (Az. II R 34/20) hat der BFH zur erbschaftsteuerlichen Behandlung eines solchen Testaments wie folgt entschieden:

  • Zunächst kann der überlebende Ehegatte als Erbe des Erstversterbenden das Vermächtnis bei seinem Erwerb nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen, da das Vermächtnis noch nicht fällig ist (sog. betagtes Vermächtnis). Dies hat zur Folge, dass der Nachlass ungeschmälert durch das betagte Vermächtnis auf den Längstlebenden übergeht.
  • Das später berechtigte Kind hat den Erwerb durch Vermächtnis beim Tod des länger lebenden Ehegatten als von diesem stammend zu versteuern.
  • Ist das Kind auf Grund der Anordnung des Berliner Testaments zugleich Schlusserbe des Letztversterbenden geworden, kann es bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs das dann fällig gewordene Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Hierdurch neutralisiert sich, dass das Kind selbst das Vermächtnis versteuern muss.
  • In der Zusammenschau kommt es aber zu einer zweifachen Besteuerung des Werts des Vermächtnisses: Zum einen bei dem zunächst überlebenden Ehegatten, bei dem es ohne Abzugsmöglichkeit in den steuerlichen Erwerb fällt, und zum anderen bei dem Kind als Vermächtnisnehmer im Zeitpunkt der Fälligkeit des Vermächtnisses.

Hinweis:

Der Einsatz der Jastrowschen Klausel kann also zur Sicherstellung der Versorgung des überlebenden Ehegatten mit ausreichender Liquidität sinnvoll sein, ist aber aus erbschaftsteuerlicher Sicht ungünstig. Aus diesem Grund sollte bei der Abfassung solcher Verfügungen stets rechtlicher und steuerlicher Rat eingeholt werden.

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2 Steuerermäßigung für energetische Sanierungsmaßnahmen: Zeitpunkt des Abschlusses einer solchen Maßnahme bei Ratenzahlung der Handwerkerleistung

Für energetische Sanierungsmaßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden, die älter als zehn Jahre sind, kann eine Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer in Anspruch genommen werden. Geförderte energetische Maßnahmen sind Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen und Geschossdecken, Erneuerung der Fenster oder Außentüren, Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage, Erneuerung der Heizungsanlage, Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung und die Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind. Die Ermäßigung der Einkommensteuer beträgt im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr je 7 % der Aufwendungen, höchstens jedoch je 14 000 € und im übernächsten Kalenderjahr 6 % der Aufwendungen, höchstens jedoch 12 000 €.

Bedingung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung ist u.a., dass zum einen der Stpfl. für die Aufwendungen eine Rechnung in deutscher Sprache erhalten hat, die die förderungsfähige energetische Maßnahme, die Arbeitsleistung des Fachunternehmens und die Adresse des begünstigten Objekts ausweist und zum anderen die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Letzter Aspekt führte nun zu einem Streitfall. Es ging um die Kosten für den Einbau eines neuen Heizungskessels i.H.v. insgesamt 8 118 €. Diese Kosten wurden seit März 2021 auf Grund einer Vereinbarung mit dem Heizungsbauunternehmen in gleichbleibenden monatlichen Raten i.H.v. 200 € abbezahlt. Im Jahr 2021 wurden infolgedessen 2 000 € bezahlt. Die Stpfl. begehrten im Streitjahr die Berücksichtigung einer Steuerermäßigung i.H.v. 7 % von 8 118,10 €. Dies lehnte das Finanzamt mit der Begründung ab, die energetische Maßnahme sei erst dann abgeschlossen, wenn die Leistung tatsächlich erbracht worden sei, die steuerpflichtige Person eine Rechnung erhalten und den Rechnungsbetrag auf ein Konto des Leistungserbringers eingezahlt habe. An Letzterem fehle es im Jahr 2021. Erst mit Begleichung der letzten Rate im Jahr 2024 komme eine Steuerermäßigung in Betracht.

Das FG München bestätigt mit Urteil vom 8.12.2023 (Az. 8 K 1534/23) die Auffassung des Finanzamtes. Die Stpfl. haben im Streitjahr anstatt des bei Abnahme fälligen gesamten Werklohns lediglich eine Teilleistung i.H.v. 2 000 € an das Heizungsinstallationsunternehmen entrichtet, da sie mit dem ausführenden Handwerksbetrieb Ratenzahlung vereinbart haben. Vorliegend sei insbesondere nicht die Umwandlung des Kaufpreises in ein Darlehen zu sehen. Die Ratenzahlungsvereinbarung läge im ausschließlichen Interesse der Stpfl., da diese den Werklohn in kleineren Teilsummen begleichen konnten und ihnen dies einen finanziellen Spielraum verschaffte.

Im Streitjahr sei aber auch keine Steuerermäßigung bezogen auf die Teilzahlung von 2 000 € zu gewähren, denn die Maßnahme gelte steuerlich erst dann als abgeschlossen, wenn der gesamte Rechnungsbetrag gezahlt ist.

Hinweis:

In der Literatur ist diese Frage aber umstritten und teilweise wird auch auf das Abflussprinzip abgestellt, so dass vorliegend im Streitjahr die Steuerermäßigung in Bezug auf die tatsächlich geleistete Zahlung gewährt werden könnte. Nun ist gegen die Entscheidung des FG München die Revision beim BFH anhängig, so dass die endgültige Entscheidung in dieser Frage noch offensteht.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis sollten ggf. andere Finanzierungsmodelle gesucht werden. So wäre zu prüfen, ob ein anderes Ergebnis durch eine Darlehensvereinbarung mit dem Handwerker erreicht werden kann. In einem solchen Fall dürfte jedenfalls von einem Abfluss des geschuldeten Betrages auszugehen sein, wenn die Darlehensgewährung auch i.S.d. leistenden Handwerksbetriebs liegt, so z.B., weil er ansonsten den Auftrag nicht hätte erlangen können.

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3 Kindergeldberechtigung bei Aufnahme eines Pflegekindes im Laufe des Monats

Im konkreten Streitfall waren der Stpfl. und sein Lebenspartner die Pflegeeltern des am 26.11.2020 geborenen A. Sie hatten A am 7.12.2020 in ihren Haushalt aufgenommen. Der Stpfl. beantragte Kindergeld für A, und zwar ab dem Geburtsdatum des A im November 2020, weil bereits bei der Geburt seitens des Jugendamts die Inobhutnahme und Aufnahme im Haushalt des Stpfl. festgestanden habe. Dies lehnte die Familienkasse mit der Begründung ab, dass auf Grund des kindergeldrechtlichen Monatsprinzips derjenige Elternteil für den gesamten Monat ungeteilt das Kindergeld erhalte, der zu Beginn des Monats den vorrangigen Anspruch innegehabt habe. In den Monaten November und Dezember sei die Mutter des A, die zum Zeitpunkt der Geburt obdachlos war, vorrangig und der Stpfl. nur nachrangig kindergeldberechtigt.

Der BFH bestätigt mit Urteil vom 18.1.2024 (Az. III R 5/23) die Auffassung der FinVerw. A sei erst ab dem 7.12.2020 als Pflegekind anzuerkennen, sodass der Stpfl. erst ab Dezember anspruchsberechtigt war. Auf Grund der vorrangigen Anspruchsberechtigung der leiblichen Eltern habe der Stpfl. für den Monat Dezember 2020 keinen Kindergeldanspruch für A. Für das im Streit stehende Kindergeld bestand im Dezember 2020 eine Anspruchsberechtigung mehrerer Personen: Berücksichtigung des A als Kind seiner Eltern oder als Pflegekind des Stpfl. und seines Lebenspartners. Die Berechtigung der leiblichen Eltern habe schon ab der Geburt des A und damit auch am Beginn des Monats Dezember 2020 bestanden, wohingegen die der Pflegeeltern erst am 7.12.2020 hinzugekommen sei. Erfülle nämlich eine Person am Monatsersten alle Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs, habe sie diesen grundsätzlich für den gesamten Monat. Ein Wechsel in der Anspruchsberechtigung zugunsten eines neuen Berechtigten wirke immer erst ab dem Folgemonat.

Handlungsempfehlung:

Die Frage der Kindergeldberechtigung ist in manchen Konstellationen nicht einfach zu beurteilen. Insoweit ist stets der Einzelfall sorgfältig zu prüfen.

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4 Keine Inanspruchnahme des Pflegepauschbetrags bei geringfügigen Pflegeleistungen

Pflegt der Stpfl. eine andere Person und erhält hierfür keine Vergütung – so insbesondere vielfach bei der Pflege von nahen Angehörigen –, so kann bei der Einkommensteuer ein Pflegepauschbetrag geltend gemacht werden, der die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer mindert. Als Pflegepauschbetrag wird folgender Jahresbetrag in Abhängigkeit von dem Pflegegrad der zu pflegenden Person gewährt:

  • bei Pflegegrad 2: 600 €,
  • bei Pflegegrad 3: 1 100 € und
  • bei Pflegegrad 4 oder 5: 1 800 €.

Der Pflegepauschbetrag i.H.v. 1 800 € wird auch gewährt, wenn die Person im steuerlichen Sinne als hilflos eingestuft wird. Hilflos in diesem Sinne ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf.

Bei erstmaliger Feststellung, Änderung oder Wegfall des Pflegegrads im Laufe des Kalenderjahres ist der Pflegepauschbetrag nach dem höchsten Grad zu gewähren, der im Kalenderjahr festgestellt war.

Das FG Sachsen hat nun aber entschieden, dass ein Pflegepauschbetrag bei lediglich geringfügigen Pflegeleistungen nicht gewährt wird (Urteil v. 24.1.2024, Az. 2 K 936/23). Im Streitfall besuchte ein Sohn seine pflegebedürftige Mutter (Pflegestufe III) fünf Mal im Jahr für mehrere Tage in einer Einrichtung des betreuten Wohnens und half in dieser Zeit bei der Körperpflege, beim An- und Ausziehen, bei den Mahlzeiten und beim Verlassen der Wohnung. Außerdem unterstützte er seine Mutter in organisatorischen Dingen. Das Finanzamt versagte einen Pflegepauschbetrag, weil die Pflege nicht über das bei Familienbesuchen Übliche hinausgehe.

Das FG bestätigte, dass ein Pflegepauschbetrag nicht gewährt werden kann. Für die Inanspruchnahme des Pflegepauschbetrages muss die Pflegedauer mindestens 10 % des pflegerischen Zeitaufwandes betragen, um einen Abzug als außergewöhnliche Belastung zu rechtfertigen. Andernfalls könnten in vielen Fällen Familienbesuche, die mit Hilfeleistungen im Haushalt verbunden sind, als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Dies sei nicht Intention des Gesetzgebers.

Handlungsempfehlung:

Der Pflegepauschbetrag ist eine Möglichkeit, um den entstehenden Zeitaufwand durch die Pflege zumindest etwas zu kompensieren. Insoweit sollte stets geprüft werden, ob Anspruch auf diesen besteht. Der Pflegepauschbetrag muss dann mit der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.

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5 Energiepreispauschale 2022 – Im Einzelfall mit der Einkommensteuererklärung geltend zu machen

Unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige, die in 2022 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, freiberuflicher Arbeit oder Lohneinkünfte bezogen haben, hatten Anspruch auf eine Energiepreispauschale i.H.v. 300 €. Bei Arbeitnehmern wurde diese i.d.R. im September 2022 durch den Arbeitgeber mit der Lohnabrechnung ausgezahlt. In Einzelfällen kam es vor, dass die Auszahlung durch den Arbeitgeber nicht erfolgte. In diesen Fällen muss die Energiepreispauschale durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht werden. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber die Energiepreispauschale über die Lohnabrechnung hätte auszahlen müssen, wie der BFH mit Entscheidung vom 29.2.2024, Az. VI S 24/23, entschieden hat.

Handlungsempfehlung:

Alle Berechtigten sollten prüfen, ob eine Energiepreispauschale entweder über den Arbeitgeber oder im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2022 ausgezahlt wurde. Ansonsten ist diese durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen.

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6 Kosten des Insolvenzverfahrens können steuerlich nicht geltend gemacht werden

Das FG Hamburg hatte über die Frage zu entscheiden, ob Kosten eines Insolvenzverfahrens steuerlich geltend gemacht werden können. Im Streitfall wurde über das Vermögen der Stpfl. wegen Zahlungsunfähigkeit ein (Regel-)Insolvenzverfahren eröffnet. Im Eigentum der Stpfl. stehende Vermietungsobjekte wurden durch die Insolvenzverwalterin im Streitjahr 2017 verwertet. Das Insolvenzverfahren wurde im Jahr 2020 beendet, wobei es auf Grund der Verwertung des Vermögens der Stpfl. im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu einer vollständigen Befriedigung der Gläubiger kam. Die Stpfl. wollte nun die Kosten des Insolvenzverwalters mindernd bei der Ermittlung des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft über die verwertete Immobilie angesetzt sehen. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Das FG Hamburg bestätigte nun mit Entscheidung vom 19.10.2023 (Az. 1 K 97/22) dieses Ergebnis. Die Kosten des Insolvenzverfahrens können weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften noch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Insoweit fehlt es an dem notwendigen Veranlassungszusammenhang zu den entsprechenden Einkünften. Der Ansatz außergewöhnlicher Belastungen scheide aus, weil die Überschuldung von Privatpersonen kein gesellschaftliches Randphänomen sei und damit nicht außergewöhnlich ist.

Hinweis:

Gegen diese Entscheidung ist nun beim BFH unter dem Az. IX R 29/23 die Revision anhängig.

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7 Gemeinnützige Körperschaften: Höchstgrenze für Mitgliedsbeiträge wird erhöht

Gemeinnützige Vereine müssen mit ihrer Vereinstätigkeit die Allgemeinheit fördern. Deshalb gibt es für Mitgliedsbeiträge eine Höchstgrenze, damit ein gemeinnütziger Verein für möglichst viele Menschen zugänglich ist. Bund und Länder haben sich auf die Anhebung der Höchstgrenze für Mitgliedsbeiträge für gemeinnützige Vereine geeinigt.

Die FinVerw hat insoweit Höchstbeträge für Mitgliedsbeiträge festgesetzt. Diese Höchstbeträge wurden nun angehoben. Bei einem Verein, dessen Tätigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugutekommt, ist eine Förderung der Allgemeinheit anzunehmen, wenn

  • die Mitgliedsbeiträge und Mitgliedsumlagen zusammen im Durchschnitt 1 440 € (bisher: 1 023 €) je Mitglied und Jahr und
  • die Aufnahmegebühren für die im Jahr aufgenommenen Mitglieder im Durchschnitt 2 200 € (bisher: 1 534 €) nicht übersteigen.

Handlungsempfehlung:

Diese Grenzen sind zwingend einzuhalten, da ansonsten die Gemeinnützigkeit des Vereins gefährdet ist. Nun können Anpassungen an die erhöhten Beträge vorgenommen werden. Die erhöhten Beträge gelten bereits aktuell.

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8 Aktualisierte Hinweise zur Lohnsteuer durch die FinVerw – Lohnsteuer-Hinweise 2024

Die für den Lohnsteuerabzug in 2024 maßgeblichen Lohnsteuer-Hinweise 2024 wurden von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen und vom BMF im amtlichen Lohnsteuer-Handbuch für 2024 veröffentlicht. Hinzuweisen ist insbesondere auf folgende Änderungen gegenüber den Lohnsteuer-Hinweisen 2023:

Steuerfreiheit des Deutschland-Tickets:

  • Sachbezüge und Geldleistungen des Arbeitgebers für die Überlassung bzw. den Erwerb eines Deutschland-Tickets, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn dem Arbeitnehmer gewährt werden, sind steuerfrei, da das Deutschland-Ticket nur zu Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr berechtigt.
  • Die Steuerfreiheit der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Arbeitgeberleistungen gilt auch für ein kostenpflichtiges Upgrade des Deutschland-Tickets (z.B. für die Benutzung der 1. Klasse und/oder für die Fahrradmitnahme).
  • Zur Bewertung des geldwerten Vorteils und den Auswirkungen auf die Entfernungspauschale gibt die FinVerw folgendes Beispiel:

Beispiel:

Der Arbeitgeber stellt seinem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn das Deutschland-Ticket zur Verfügung und erhält auf Grund seiner Zuzahlung von mindestens 25 % des Kaufpreises vom Verkehrsunternehmen auf den Preis einen Nachlass von 5 %.

Preis für das Deutschland-Ticket

49,00 €

Nachlass für den Arbeitgeber von 5 % (kein Arbeitslohn)

2,45 €

vom Arbeitgeber zu zahlender Kaufpreis

46,55 €

davon 96 %

44,68 €

a)

verbilligte Überlassung:

Wert des Deutschland-Tickets

44,68 €

./. Zahlung des Arbeitnehmers (z.B. 70 % von 49 €)

34,30 €

steuerfreier geldwerter Vorteil monatlich

10,38 €

b)

unentgeltliche Überlassung:

Wert des Deutschland-Tickets

44,68 €

./. Zahlung des Arbeitnehmers (keine)

0,00 €

steuerfreier geldwerter Vorteil monatlich

44,68 €

Der monatlich steuerfreie geldwerte Vorteil ist im Lohnkonto des jeweiligen Arbeitnehmers aufzuzeichnen und mindert i.H.d. sich ergebenden Jahresbetrags beim Arbeitnehmer die Entfernungspauschale, soweit er nicht als Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung ausgezahlt wurde. Der steuerfrei ausgezahlte Jahresbetrag ist daher in Zeile 17 der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung des jeweiligen Arbeitnehmers anzugeben. Die Sachbezugsfreigrenze und der Rabatt-Freibetrag sind nicht zu berücksichtigen.

Die Minderung der Entfernungspauschale unterbleibt, wenn der Arbeitgeber seine Aufwendungen für das Deutschland-Ticket (hier: 46,55 €) zulässigerweise mit 25 % pauschal besteuert. Die pauschal besteuerten Bezüge sind im Lohnkonto des jeweiligen Arbeitnehmers aufzuzeichnen. Ein Ausweis in der Lohnsteuerbescheinigung ist nicht vorzunehmen.

Private Nutzung betrieblicher Telekommunikationsgeräte

  • Die Erstattung von Telefonkosten für einen vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den Arbeitgeber ist auch dann steuerfrei, wenn der Arbeitgeber das Mobiltelefon, durch dessen Nutzung die Telefonkosten entstanden sind, von dem Arbeitnehmer zu einem niedrigen, auch unter dem Marktwert liegenden Preis erworben hat und er das Mobiltelefon dem Arbeitnehmer unmittelbar danach wieder zur privaten Nutzung überlässt. Insoweit folgt die FinVerw der Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 23.11.2022).

Hinweis:

Ein betriebliches Telekommunikationsgerät liegt hingegen nicht vor und die Überlassung ist nicht lohnsteuerfrei, wenn das Gerät nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer Eigentümer des Telekommunikationsgeräts ist oder das Gerät dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist, weil er darüber wie ein wirtschaftlicher Eigentümer oder als Leasingnehmer verfügen kann.

Handlungsempfehlung:

Die Änderungen aus den Lohnsteuer-Hinweisen 2024 sind beim Lohnsteuerabzug zu berücksichtigen. Individuell ist zu prüfen, ob weitere Änderungen relevant sind.

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9 Verpflegungspauschale: Keine Änderungen durch das Wachstumschancengesetz

Mit dem Wachstumschancengesetz sollten auch Änderungen im Lohnsteuerrecht erfolgen. So sollten insbesondere die Verpflegungspauschalen ab dem 1.1.2024 und auch der Freibetrag für Zuwendungen an Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen angehoben werden. In dem nun in Kraft getretenen Gesetz sind diese Änderungen nicht mehr enthalten. Damit gelten weiterhin folgende steuerliche Verpflegungspauschalen:

Abwesenheit von der Wohnung und erster Tätigkeitsstätte/Betriebsstätte

Verpflegungspauschale

Abwesenheit am vollen Kalendertag

28 €

An- und Abreisetag jeweils

14 €

Abwesenheit mehr als acht Stunden

14 €

Hinweis:

Lediglich der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer, die im Fahrzeug übernachten, ist mit Wirkung ab 2024 von 8 € auf 9 € angehoben worden.

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10 Zweitwohnungsteuer als Kosten der Unterkunft für eine doppelte Haushaltsführung

Der BFH hat mit Urteil v. 13.12.2023 (Az. VI R 30/21) entschieden, dass die Zweitwohnungsteuer Aufwand für die Nutzung der Unterkunft ist und daher bei den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung der Abzugsbeschränkung für Unterkunftskosten unterfällt. Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens jedoch 1 000 € im Monat.

Zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft, die (nur) mit dem Höchstbetrag von 1 000 € pro Monat abgezogen werden können, zählen alle Aufwendungen, die der Stpfl. getragen hat, um die Unterkunft zu nutzen, soweit sie ihr einzeln zugeordnet werden können. Bei der (von der Stadt München erhobenen) Zweitwohnungsteuer handelt es sich somit um Unterkunftskosten i.S.d. Norm. Denn die Zweitwohnungsteuer stellt einen tatsächlichen Aufwand für die Nutzung der Unterkunft dar. Insbesondere knüpft das Entstehen der Zweitwohnungsteuer maßgeblich an das Innehaben einer weiteren Wohnung in München neben der in einer anderen Stadt gelegenen Hauptwohnung und damit an die damit regelmäßig einhergehende Nutzung dieser Wohnung an.

Hat der Stpfl. eine Wohnung angemietet, gehört zu den von der Abzugsbeschränkung erfassten Unterkunftskosten zunächst die Bruttokaltmiete; bei einer Eigentumswohnung die Absetzung für Abnutzung (AfA) auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die Zinsen für Fremdkapital, soweit sie auf den Zeitraum der Nutzung entfallen. Aber auch die (warmen und kalten) Betriebskosten einschließlich der Stromkosten gehören zu diesen Unterkunftskosten. Dagegen gehören die Aufwendungen des Stpfl. für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände einschließlich AfA nicht zu diesen Aufwendungen und können daher daneben, unabhängig vom Höchstbetrag, als sonstige notwendige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung angesetzt werden.

Handlungsempfehlung:

Die als Werbungskosten ansetzbaren Kosten einer doppelten Haushaltsführung können materiell sehr bedeutsam sein. Im Einzelfall ist das Vorliegen einer steuerlichen doppelten Haushaltsführung und die Abgrenzung der ansetzbaren Kosten sorgfältig zu prüfen.

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11 Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen

Zur Bindung und Motivation insbesondere leitender Mitarbeiter werden in der Praxis häufig Mitarbeiterbeteiligungen angeboten. Vielfach wird die Beteiligung dem Mitarbeiter vergünstigt gewährt, was als Teil der Gegenleistung für die von ihm erbrachte Arbeitsleistung gesehen wird und damit der Lohnsteuer unterliegt. Der BFH hatte sich nun mit der Frage zu befassen, wie der Gewinn aus der späteren Veräußerung einer solchen Mitarbeiterbeteiligung zu versteuern ist.

In dem Grundsatzurteil vom 14.12.2023 (Az. VI R 1/21 und VI R 1/21) hat das Gericht entschieden, dass der Gewinn in Gestalt der Differenz zwischen (Rück-)Kaufpreis und Anschaffungskosten aus der marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung kein der Lohnsteuer zu unterwerfender Vorteil ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Beteiligung an seinem Arbeitgeberbetrieb zuvor verbilligt erworben hat. Erwerb und Veräußerung einer (Kapital-)Beteiligung (am Arbeitgeber) sind zwei unterschiedliche, steuerlich voneinander getrennt und unabhängig zu betrachtende Sachverhalte. Deshalb wirkt ein gegebenenfalls bei Erwerb der Beteiligung bestehender arbeitslohnbegründender Veranlassungszusammenhang nicht im Rahmen eines späteren Veräußerungsvorgangs fort.

Ein lohnsteuerbarer Vorteil kann bei der Veräußerung der Mitarbeiterbeteiligung nur insoweit vorliegen, als der Arbeitnehmer aus der Veräußerung der Mitarbeiterbeteiligung einen durch das Arbeitsverhältnis veranlassten marktüblichen Überpreis erzielt. Nach aktuellem Recht unterliegt damit der Veräußerungsgewinn aus einer solchen Mitarbeiterbeteiligung – zumindest bei einer Beteiligung unter 1 % am Unternehmen des Arbeitgebers – als Einkünfte aus Kapitalvermögen der 25 %igen Abgeltungsteuer. Gleiches gilt für laufende Gewinnausschüttungen aus der Beteiligung.

Hinweis:

Bei der Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen kann ggf. der geldwerte Vorteil aus der verbilligten Gewährung der Beteiligung lohnsteuerfrei sein. Dies setzt allerdings insbesondere voraus, dass die Möglichkeit der Beteiligung am Unternehmen mindestens allen Arbeitnehmern offensteht, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Angebots ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis stehen.

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12 Rechtsanwaltskosten für ein Wehrdisziplinarverfahren als Werbungskosten

Bei der Frage, ob Werbungskosten im Zusammenhang mit einer ausgeübten nicht selbständigen Tätigkeit vorliegen (oder ggf. Aufwendungen des Privatbereichs), ist der Veranlassungszusammenhang maßgebend. Vor diesem Hintergrund hat der BFH mit Urteil vom 10.1.2024 (Az. VI R 16/21) entschieden, dass Rechtsverfolgungskosten eines Berufssoldaten für ein gegen ihn geführtes Wehrdisziplinarverfahren als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Kosten der Rechtsverfolgung (Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten) teilen grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren:

  • Ist Gegenstand des Rechtsstreits ein Vorgang der Privatsphäre (z.B. das Bestehen eines Erbrechts), so sind die Kosten der Rechtsverfolgung nicht abzugsfähig.
  • Der Abzug von durch einen Strafprozess verursachten Rechtsverfolgungskosten als Werbungskosten setzt voraus, dass die dem Arbeitnehmer vorgeworfene Tat in Ausübung und nicht nur gelegentlich der Berufstätigkeit begangen worden ist. Bei zivil- oder arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten besteht ein Zusammenhang zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Streitigkeit das Arbeitsverhältnis betrifft.

Im Streitfall dienten die Aufwendungen im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Wehrdisziplinarverfahren unmittelbar der Erhaltung der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis. Denn sämtliche in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren in Betracht kommenden Disziplinarmaßnahmen (Kürzung der Dienstbezüge, Beförderungsverbot, Herabsetzung in der Besoldungsgruppe, Dienstgradherabsetzung oder Entfernung aus dem Dienstverhältnis) hätten bei ihrer Verhängung die Einkünfte des Stpfl. aus seinem Dienstverhältnis gemindert.

Handlungsempfehlung:

In solchen Fällen ist stets sorgfältig nachzuweisen, dass ein Veranlassungszusammenhang zwischen den Rechtsverfolgungskosten und dem Dienstverhältnis besteht.

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13 Tarifvertraglicher Ausschluss einer Inflationsausgleichsprämie während der Passivphase der Altersteilzeit

Strittig war der tarifvertragliche Ausschluss einer Inflationsausgleichsprämie während der Passivphase der Altersteilzeit. Im Streitfall befindet sich der Arbeitnehmer eines Unternehmens der Energiewirtschaft in der für den Zeitraum vom 1.5.2018 bis 30.4.2026 vereinbarten Altersteilzeit im Blockmodell. Die Passivphase begann am 1.5.2022. Der Arbeitgeberverband einigte sich mit der Gewerkschaft ver.di für die Arbeitgeberin in der Tarifrunde 2023 auf eine zweistufige Gehaltserhöhung um 10,5 %, von der auch der Arbeitnehmer profitierte. Die Tarifvertragsparteien schlossen zusätzlich einen Tarifvertrag über die Zahlung einer lohnsteuerfreien Inflationsausgleichsprämie. Diese Einmalzahlung betrug 3 000 €. Von der Zahlung waren Arbeitnehmer ausgeschlossen, die am 31.5.2023 in einem gekündigten oder ruhenden Arbeitsverhältnis standen oder sich zu diesem Stichtag in der Passivphase der Altersteilzeit oder im Vorruhestand befanden. Nicht ausgenommen waren Beschäftigte in Elternzeit.

Das LAG Düsseldorf hält den tariflichen Ausschluss für wirksam (Urteil v. 5.3.2024, Az. 14 Sa 1148/23). Beschäftigte in der aktiven und in der passiven Phase der Altersteilzeit im Blockmodell befinden sich nach den Ausführungen des Gerichts nicht in einer vergleichbaren Lage. In der Passivphase werde nur noch das in der Aktivphase in Vollzeit erarbeitete und als Wertguthaben angesparte Entgelt ausgezahlt. Ohne besondere Regelung nähmen Beschäftigte in der Passivphase an Tariflohnerhöhungen deshalb nicht teil.

Hinweis:

Das Gericht hat die Revision zum BAG zugelassen, so dass abzuwarten bleibt, ob dieses die endgültige Klärung dieser Frage herbeiführen wird.

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14 Rückabwicklung eines vermeintlich freien Mitarbeiterverhältnisses – Vertrauensschutz des Mitarbeiters

Die Gefahr der Einstufung eines tatsächlichen Arbeitnehmers als „freier Mitarbeiter” kann erhebliche Risiken für den Auftraggeber/Arbeitgeber mit sich bringen, wie das aktuelle Urteil des Landesarbeitsgerichts München zeigt. Im Streitfall war – sehr verkürzt dargestellt – die „freie Mitarbeiterin” bei einer ärztlichen Praxisgemeinschaft mehr als 20 Jahre tätig und hatte den Bestand eines freien Dienstverhältnisses nie in Abrede gestellt. Nach einer Prüfung der DRV-Bund wurde das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis bewertet und die Praxis zur Nachentrichtung entsprechender Sozialversicherungsbeiträge herangezogen. Diese, sowie die von ihr geleistete Umsatzsteuer, verlangte die Praxisgemeinschaft nunmehr von der Mitarbeiterin zurück.

Das Gericht hat mit Urteil vom 11.8.2023 (Az. Sa 610/22) die Klage auf Zahlung abgewiesen. Durch die Vereinbarung und Behandlung eines Rechtsverhältnisses als freie Mitarbeit wird beim Mitarbeiter ein entsprechender Vertrauenstatbestand geschaffen. Dieser Vertrauensschutz wird nur dann aufgehoben, wenn, was vorliegend nicht der Fall war, der Vertragspartner selbst eine Klage oder Prüfung der Eigenschaft als Arbeitnehmer einleitet. Nun ist die Revision gegen diese Entscheidung unter dem Az. 5 AZR 272/23 anhängig.

Handlungsempfehlung:

In Grenzfällen sollte stets eine Absicherung über ein Statusfeststellungsverfahren bei der DRV-Bund erfolgen.

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15 Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes IV

Die Bundesregierung hat am 13.3.2024 den vom Bundesministerium der Justiz vorgelegten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (BEG IV) beschlossen. Steuergesetzesänderungen sind nur wenige vorgesehen. Hinzuweisen ist auf die folgenden vorgesehenen Änderungen:

  • Die Aufbewahrungsfristen für bestimmte Belege, insbesondere Handelsbücher, Inventare, Jahresabschlüsse und Buchungsbelege sollen von zehn auf acht Jahre verkürzt werden. Die verkürzten Aufbewahrungsfristen sollen für Fristen gelten, die bei Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht abgelaufen sind.
  • Dementsprechend werden die Aufbewahrungsfristen für umsatzsteuerliche Rechnungen auf acht Jahre vermindert.
  • Die Grenze für die monatliche Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen statt der vierteljährlichen soll sich von 7 500 € auf 9 000 € Umsatzsteuer im vorangegangenen Kalenderjahr erhöhen.
  • In die Differenzbesteuerung bei der Umsatzsteuer bei Bemessung der Umsatzsteuer nach der Gesamtdifferenz sollen Gegenstände mit Einkaufspreisen bis 750 € (statt bisher 500 €) einbezogen werden dürfen.

Hinweis:

Der weitere Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens bleibt abzuwarten.

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16 Kein steuerlicher Abzug von Aufwendungen einer Influencerin/Bloggerin für die Anschaffung von bürgerlicher Kleidung und Accessoires

Eine Influencerin und Bloggerin begehrte einen Betriebsausgabenabzug i.H.v. 40 % der Kosten für Kleidung, Kosmetik sowie sonstige Produkte, die für die Beiträge auf dem Blog angeschafft wurden. Dem folgte das Finanzamt nicht und sah insoweit Aufwendungen der privaten Lebensführung, welche mangels eindeutiger und einwandfreier Trennungsmöglichkeit dieser Aufwendungen zwischen betrieblicher und privater Sphäre auch nicht anteilig angesetzt werden könnten.

Diese Sichtweise bestätigte nun auch das Niedersächsische FG mit Urteil vom 13.11.2023 (Az. 3 K 11195/21). Dem entspricht im Ergebnis die bisherige Rechtsprechung, die Aufwendungen für bürgerliche Kleidung als nicht abziehbar beurteilt hat, da es sich um Kosten der Lebensführung handelt; diese sind selbst dann nicht abzugsfähig, wenn sie zugleich der Förderung des Berufs dienen. Lediglich typische Berufskleidung ist steuerlich zu berücksichtigen. Typische Berufskleidung, die steuerlich berücksichtigt werden kann, umfasst aber nur Kleidungsstücke, die nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet und wegen der Eigenart des Berufs nötig sind bzw. bei denen die berufliche Verwendungsbestimmung bereits aus ihrer Beschaffenheit entweder durch ihre Unterscheidungsfunktion, wie z.B. bei Uniformen, oder durch dauerhaft angebrachte Firmenembleme oder durch ihre Schutzfunktion – wie bei Schutzanzügen, Arbeitsschuhen o.Ä. – folgt.

Liegt dagegen die Benutzung als normale bürgerliche Kleidung – objektiv – im Rahmen des Möglichen und Üblichen, so sind die Aufwendungen für diese Kleidung ebenso wenig als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar wie die Aufwendungen für jede andere bürgerliche Kleidung, die überwiegend oder so gut wie ausschließlich im Beruf getragen wird.

Hinweis:

Damit bestätigt das FG die bisherige durchgehend restriktive Rechtsprechung.

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17 Steuerliche Erfassung einer Einmalzahlung für eine langfristige Nutzungsüberlassung

Soweit der Gewinn nicht mittels Bilanzierung erfolgt, sind Einnahmen grundsätzlich dann steuerlich zu erfassen, wenn diese zugeflossen sind. Nur ausnahmsweise können in einem solchen Fall Einnahmen zeitlich verteilt steuerlich geltend gemacht werden, so dass die Steuer auf diese Einnahmen auch zeitlich gestreckt wird. Möglich ist dies, wenn Einnahmen für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus vereinnahmt werden. Dann kann der Stpfl. die Einnahmen auf den Zeitraum der Nutzungsüberlassung gleichmäßig verteilt ansetzen.

Die Anwendung dieser Sonderregelung kann für den Stpfl. äußerst vorteilhaft sein, denn so entsteht die Steuer auf das vereinnahmte Entgelt nur zeitlich gestreckt. Allerdings stößt die Anwendung dieser Sonderregelung in der Praxis vielfach auf Probleme. Gesetzlich ist lediglich bestimmt, dass die Einnahme für eine „Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren” vereinnahmt sein muss. Konkretisierend hat die Rechtsprechung entschieden, dass nicht erforderlich ist, dass die genaue Zeitdauer der Nutzungsüberlassung im Vorauszahlungszeitpunkt bereits fest vereinbart ist. Die Zeitdauer muss jedoch anhand objektiver Umstände – ggf. im Wege einer Schätzung – zumindest bestimmbar sein. Ist hingegen ein (konkreter) Vorauszahlungszeitraum von mehr als fünf Jahren weder bestimmt noch bestimmbar, scheidet die zeitliche Streckung der Einnahmen aus.

Aktuell hatte der BFH über die Anwendung dieser Sonderregelung der Verteilung einer solchen Einmalzahlung zu entscheiden. Im Streitfall schloss der Stpfl. mit einer GmbH einen Nutzungsvertrag, auf Grund dessen dieser der GmbH landwirtschaftliche Flächen zur Nutzung für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und zur Generierung von sog. Ökopunkten zur Verfügung stellte. Der Nutzungsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte frühestens nach Ablauf von 30 Jahren ordentlich gekündigt werden. Der Stpfl. wollte die Einnahmen auf 20 Jahre verteilt steuerlich erfassen. Der BFH lehnte dies nun aber mit Entscheidung vom 12.12.2023 (Az. IX R 18/22) ab. Allein der Umstand, dass eine ordentliche Kündigung nach Ablauf von 30 Jahren möglich sei, sei noch kein objektiver Beleg dafür, dass diese Kündigung auch erfolgen wird. Wirtschaftliche Gründe, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Kündigung nach 30 Jahren erfolgt, waren für das Gericht nicht ersichtlich. Insoweit war der Zeitraum der Nutzungsüberlassung auch nicht schätzbar. Mithin war das Nutzungsentgelt in dem Jahr der Besteuerung zu unterwerfen, in dem dieses vereinnahmt wurde.

Hinweis:

In der Praxis müssen ggf. Vertragsgestaltungen gefunden werden, die eine Bestimmbarkeit der Nutzungsüberlassung erlauben. Insoweit kann es hilfreich sein, wenn eine feste (Grund-)Laufzeit mit Verlängerungsoptionsmöglichkeiten kombiniert wird.

Anerkannt wurde die Bindung an den Bestand eines Wirtschaftsgutes (z.B. Kraftwerk), da dessen Nutzungsdauer geschätzt werden kann. Bei Entschädigungszahlungen im Rahmen des Stromnetzausbaus lässt die FinVerw die Verteilung auf einen Mindestzeitraum von 25 Jahren zu.

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18 Korrekturmöglichkeit bei Ausweis einer falschen Steuer in Rechnungen an Endverbraucher

Die Ermittlung des richtigen Umsatzsteuersatzes oder die Anwendbarkeit einer Steuerbefreiungsvorschrift kann mitunter schwer zu beurteilen sein. Unterlaufen hierbei Fehler, stellt sich die Frage, ob im Nachhinein eine Berichtigung möglich ist. Insoweit ist zu beachten, dass der Unternehmer grds. die in einer Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer schuldet, auch wenn die ausgewiesene Umsatzsteuer zu hoch berechnet ist. Gegenüber Unternehmern als Leistungsempfängern kann ggf. eine Berichtigung der ausgestellten Leistung erfolgen. Gegenüber Endverbrauchern ist dies regelmäßig nicht möglich. Über einen Fall der Abrechnung gegenüber Endverbrauchern hatte der EuGH zu entscheiden. Es ging um einen Unternehmer in Österreich, der in einer Vielzahl an Kassenzetteln (Kleinbetragsrechnungen) gegenüber Endverbrauchern eine zu hohe Umsatzsteuer ausgewiesen hatte. Nachdem der Unternehmer den Irrtum bemerkt hatte, berichtigte er die Umsatzsteuererklärung. Der EuGH hatte diese Vorgehensweise mit Entscheidung vom 8.12.2022 (Rs. C-378/21) bestätigt. Die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer schuldet der Unternehmer dann nicht, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt. Bei Leistungserbringung an Endverbraucher ist dies nicht gegeben, da diese nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Das BMF hat nun mit Schreiben vom 27.2.2024 (Az. III C 2 – S 7282/19/10001 :002) zur Anwendung dieser Rechtsprechung vor dem Hintergrund der anderslautenden nationalen Regelung, welche grds. auch bei einem unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweis in einer Rechnung eine Steuerschuld fingiert, und der bisherigen Ansicht der FinVerw wie folgt Stellung genommen:

  • Wenn ein Unternehmer eine Leistung tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit einem unrichtigen Steuerausweis an einen Endverbraucher gestellt hat, entsteht keine Steuer. Das gilt entsprechend für einen unberechtigten Steuerausweis durch Kleinunternehmer. Insoweit ist die anderslautende nationale Regelung unionsrechtskonform einschränkend auszulegen.
  • Die Grundsätze des EuGH-Urteils sind jedoch auf die übrigen Fälle eines unberechtigten oder falschen Steuerausweises nicht anzuwenden, insbesondere also nicht bei einer Rechnungsstellung gegenüber einem Unternehmer. Auch bei einem unberechtigten Steuerausweis durch einen Unternehmer außerhalb seines unternehmerischen Bereichs, durch einen Nichtunternehmer oder in Fällen ohne eine Leistungserbringung wird die Steuer weiterhin geschuldet.
  • Ist das EuGH-Urteil grundsätzlich anzuwenden, ist zusätzlich zu prüfen, ob auch hinsichtlich des Rechnungsempfängers die Voraussetzungen für die Nichtanwendung der an sich gesetzlich fingierten Steuerschuld bei Ausweis von Mehrwertsteuer in einer Rechnung vorliegen. Es muss sich um „Endverbraucher” handeln; das sind Nichtunternehmer und Unternehmer, die nicht als solche handeln (z.B. Vereine oder juristische Personen des öffentlichen Rechts im Rahmen einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit). Daher entsteht die Steuer nach der gesetzlichen Regelung auch dann, wenn die Rechnung z.B. an einen Kleinunternehmer, einen pauschalierenden Land- und Forstwirt oder einen Unternehmer mit Ausgangsumsätzen, die den Vorsteuerabzug ganz oder teilweise ausschließen, erteilt worden ist. Insoweit muss der Unternehmer glaubhaft machen, dass der Leistungsempfänger ein Endverbraucher ist.
  • In Mischfällen, in denen gleiche Leistungen betreffende Rechnungen mit unrichtigem Steuerausweis sowohl an Endverbraucher als auch an Unternehmer für deren unternehmerischen Bereich erteilt wurden, sind die Grundsätze des EuGH-Urteils nur bezüglich der durch den Unternehmer belegten Rechnungserteilung an Endverbraucher anzuwenden.
  • Bei der Beurteilung, ob der Leistungsbezieher als Endverbraucher gehandelt hat und daher keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, kann die Art der Leistung berücksichtigt werden.
  • Soweit die Grundsätze des EuGH-Urteil anzuwenden sind, ist eine Rechnungsberichtigung nicht erforderlich.

Handlungsempfehlung:

In solchen Fällen ist also eine Korrektur der zu hoch in Rechnung gestellten Umsatzsteuer möglich. Soweit auch Rechnungen an Unternehmer erfolgten und eine Rechnungsberichtigung nicht erfolgte, schuldet der leistende Unternehmer insoweit die zu hoch ausgewiesene Steuer. Insoweit muss der Unternehmer ggf. eine Schätzung vorlegen, welcher Teil der Leistungen definitiv an Endverbraucher erbracht wurde und welcher Teil an Unternehmer.

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19 Differenzbesteuerung und innergemeinschaftlicher Erwerb für Kunstgegenstände

Im Grundsatz bemisst sich die Umsatzsteuer nach dem Leistungsentgelt. Bei Händlern, die ihre Waren bei Privatpersonen oder Kleinunternehmern erwerben und damit kein Recht auf Vorsteuerabzug haben und die diese Waren insbesondere wiederum an Privatpersonen weiterveräußern, ist die Anwendung der Regelbesteuerung bei der Umsatzsteuer sehr ungünstig. In diesen Fällen kann die Sonderregelung der Differenzbesteuerung angewandt werden. Der Anwendungsbereich der Differenzbesteuerung ist auf Wiederverkäufer beschränkt. Als Wiederverkäufer gelten Unternehmer, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit üblicherweise Gebrauchtgegenstände erwerben und sie danach, ggf. nach Instandsetzung, im eigenen Namen wieder verkaufen (gewerbsmäßige Händler), und die Veranstalter öffentlicher Versteigerungen, die Gebrauchtgegenstände im eigenen Namen und auf eigene oder fremde Rechnung versteigern. Ein häufiger Anwendungsfall ist der Handel mit Gebrauchtfahrzeugen, gebrauchten Haushaltsgegenständen und Antiquitäten. Bei Anwendung der Differenzbesteuerung wird lediglich die Marge zwischen Ein- und Verkauf der Umsatzsteuer (stets mit dem allgemeinen Umsatzsteuersatz) unterworfen.

Der BFH hatte nun über den Fall zu entscheiden, bei dem ein Kunsthändler auch Kunstgegenstände von Künstlern, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig waren, bezog. Diese Lieferungen wurden von den Künstlern in ihren Ansässigkeitsstaaten jeweils als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt. Der Stpfl. versteuerte die innergemeinschaftlichen Erwerbe mit dem ermäßigten Steuersatz. Beim Weiterverkauf im Inland wurde nun die Differenzbesteuerung angewandt. Strittig war die Ermittlung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage. Der BFH hat nun mit Urteil vom 22.11.2023 (Az. XI R 22/23) entschieden, dass in diesem Fall die auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entfallende Umsatzsteuer nicht die Bemessungsgrundlage mindert, obwohl dies der Systematik und dem Zweck der Regelung widerspricht. Die Steuer sei nicht margenmindernd als Bestandteil der Einkaufspreise zu berücksichtigen. Der Einkaufspreis umfasse nicht diejenigen Kostenbestandteile, die der Wiederverkäufer nicht an den Lieferer, sondern an Dritte gezahlt hat, so dass dieser Einkaufspreis nicht die Mehrwertsteuer umfasst, die an den Fiskus für den innergemeinschaftlichen Erwerb des Gegenstands entrichtet wurde.

Darüber hinaus war in einem Vorverfahren zu klären, ob vorliegend die Differenzbesteuerung auf innergemeinschaftliche Lieferungen an einen inländischen Wiederverkäufer überhaupt anwendbar ist. Das nationale Umsatzsteuerrecht schließt dies aus. Der BFH hatte insoweit aber bereits mit Beschluss vom 20.10.2021 (Az. XI R 2/20) klargestellt, dass die nationale Regelung insoweit unionsrechtswidrig ist. Vielmehr darf im vorliegenden Fall die Differenzbesteuerung angewandt werden.

Hinweis:

Die Anwendung der Differenzbesteuerung kann bei Händlern/Wiederverkäufern sehr vorteilhaft sein. Der Anwendungsbereich dieser Regelung und deren Anwendung ist dann für den Einzelfall zu prüfen, da insoweit verschiedene Einzelaspekte zu beachten sind.

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20 Pensionsrückstellung bei Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

Bei einer Kapitalgesellschaft kann zu Gunsten eines Gesellschafter-Geschäftsführers auch mit steuerlicher Wirkung eine Pensionszusage erteilt werden. In der Ansparphase wirken sich die Zuführungen zur Pensionsrückstellung bei der Gesellschaft steuermindernd aus.

Anders ist dies bei einer Personengesellschaft. Zwar kann auch eine Personengesellschaft einem Gesellschafter eine Pensionszusage erteilen und auch insoweit ist in der Gesamthandsbilanz der Personengesellschaft aufwandswirksam eine Pensionsrückstellung aufzubauen. Jedoch wird eine solche Zusage zu Gunsten eines Mitunternehmers steuerlich als Gewinnverteilung gesehen. Der betreffende Mitunternehmer ist so zu behandeln, als hätte die Gesellschaft einen Gewinn in Höhe der Zuführung zur Pensionsrückstellung erzielt und dem Gesellschafter entsprechend einer Gewinnverteilungsabrede zur freien Verfügung überlassen, damit er sich selbst um seine Altersvorsorge kümmert. Die Sondervergütung für den Zuführungsbetrag ist durch die zeit- und betragskonforme Aktivierung eines Ausgleichspostens in der Sonderbilanz des berechtigten Mitunternehmers abzubilden. Damit neutralisiert sich im Ergebnis der Aufwand aus der Zuführung zur Pensionsrückstellung in der Gesamthandsbilanz mit dem betragsgleichen Ertrag aus der Aktivierung in der Sonderbilanz.

Der BFH hatte nun über den Fall zu entscheiden, wie mit einer bestehenden Pensionsrückstellung umzugehen ist, wenn eine Kapitalgesellschaft formgewechselt wird in eine Personengesellschaft. Das Gericht bestätigt nun mit Urteil vom 12.12.2023 (Az. VIII R 17/20), dass Zuführungsbeträge zu Pensionsrückstellungen für die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft, die im Zuge eines Formwechsels auf eine Mitunternehmerschaft übergehen, für die zusageberechtigten Mitunternehmer weder zum steuerlichen Übertragungsstichtag noch danach anteilig in Sondervergütungen umzuqualifizieren sind. Mithin bleiben die bisherigen Pensionsrückstellungen unangetastet. Lediglich weitere Zuführungen sind nach der Maßgabe der für Personengesellschaften geltenden Rechtslage zu behandeln.

Hinweis:

Dies verdeutlicht, dass bestehende Pensionszusagen zu Gunsten der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft kein Hinderungsgrund für einen Formwechsel in die Personengesellschaft darstellen.

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21 Einbringungsbedingter Übergang des Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft

Bringt eine Kapitalgesellschaft ihren gesamten Betrieb in eine GmbH & Co. KG ein und beschränkt sich ihre Tätigkeit fortan auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung an der aufnehmenden Gesellschaft sowie das Halten der Beteiligung an der Komplementär-GmbH, kann der bisher bei der Kapitalgesellschaft aus der Tätigkeit aufgebaute Gewerbeverlust nun bei der Personengesellschaft genutzt werden. Dies stellt der BFH mit Urteil vom 1.2.2024 (Az. IV R 26/21) klar.

Im Urteilsfall liegt eine Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft nach den Regelungen des Umwandlungsteuergesetzes vor. Auf Antrag können hierbei ertragsteuerlich die Buchwerte fortgeführt werden, so dass es nicht zur Aufdeckung und Versteuerung vorhandener stiller Reserven kommt. Insoweit bestimmt das Umwandlungsteuergesetz, dass die Personengesellschaft in die Rechtsstellung der Kapitalgesellschaft eintritt. Dies gilt hinsichtlich der steuerlichen Buchwerte und z.B. auch hinsichtlich der Abschreibungsreihen, welche von der aufnehmenden Personengesellschaft fortgeführt werden. Eine Fortführung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge ist hiervon jedoch nicht automatisch umfasst. Vielmehr gelten die allgemeinen Grundsätze zur Unternehmens- und Unternehmeridentität.

Nach allgemeinen Grundsätzen ist Unternehmensidentität auf Ebene der übernehmenden Personengesellschaft in Fällen wie dem vorliegenden zu bejahen. Ob die Betätigung unverändert geblieben ist, muss nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale beurteilt werden, wie insbesondere der Art der Betätigung, des Kunden- und Lieferantenkreises, der Arbeitnehmerschaft, der Geschäftsleitung, der Betriebsstätten sowie der Zusammensetzung des Aktivvermögens. Unter Berücksichtigung dieser Merkmale muss ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den Betätigungen bestehen. Überträgt die Kapitalgesellschaft wie im Streitfall ihren gesamten Betrieb auf eine Personengesellschaft, unterhält sie nach der Einbringung gewerbesteuerrechtlich keinen (identischen) Gewerbebetrieb i.S.d. Merkmals der Unternehmensidentität mehr. Der vortragsfähige Gewerbeverlust kann somit auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht mehr genutzt werden. Führt die Übernehmerin das „gleiche Unternehmen” fort, steht jedoch dieser fortan der Abzug des Gewerbeverlustes zu.

Hinweis:

Dies verdeutlicht, dass der Übergang der betrieblichen Tätigkeit auf eine andere Rechtsform steuergünstig vollzogen werden kann. Insoweit kommt es allerdings auf die Ausgestaltung des Übergangs auf die neue Rechtsform an, so dass stets steuerlicher Rat eingeholt werden sollte.

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22 Absicherung einer Betriebsaufspaltung durch eine GmbH & Co. KG als Besitzgesellschaft

Mit Entscheidung vom 19.12.2023 (Az. IV R 5/21) hatte sich der BFH mit einem komplexen Fall auseinanderzusetzen, bei dem es im Kern um die Frage ging, ob die erweiterte Grundstückskürzung bei der Gewerbesteuer zu gewähren sei. Zunächst soll aber auf einen weiteren Aspekt dieser Entscheidung eingegangen werden, der in der Praxis von erheblicher Bedeutung ist. Und zwar bestand eine steuerliche Betriebsaufspaltung. Konkret bestand eine grundbesitzende GmbH & Co. KG, bei der Herr B alleiniger Kommanditist und alleiniger und einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war, welche den Grundbesitz – insbesondere eine Autowaschanlage – an eine Autohandels-GmbH verpachtete, deren Alleingesellschafter wiederum ebenfalls Herr B war.

Steuerlich bestand nun zwischen dieser GmbH & Co. KG als Besitzgesellschaft und der Autohandels-GmbH als Betriebsgesellschaft eine steuerliche Betriebsaufspaltung, welche dazu führte, dass die GmbH & Co. KG eine originäre gewerbliche Tätigkeit ausübte. Auf Grund von Umstrukturierungen endete nun diese Betriebsaufspaltung. Dies war vorliegend steuerlich aber unproblematisch, wie der BFH bestätigt, da mit Ende der steuerlichen Betriebsaufspaltung und damit dem Wegfall der originär gewerblichen Tätigkeit der Besitz-GmbH & Co. KG unmittelbar die gewerbliche Prägung griff und damit durchgehend die Gewerblichkeit gesichert war. Mithin kam es nicht zur Aufdeckung stiller Reserven.

Handlungsempfehlung:

Generell ist in Fällen steuerlicher Betriebsaufspaltungen anzuraten zu prüfen, ob die Gewerblichkeit des Besitzunternehmens dauerhaft über eine klassische GmbH & Co. KG abgesichert wird.

Weiterhin hat der BFH für den Streitfall entschieden, dass das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung die erweiterte Grundstückskürzung nicht generell ausschließt. Die Verpachtung der Autowaschanlage wäre für die Gewährung der erweiterten Grundstückskürzung jedoch schädlich, da sich die Tätigkeit auf eine reine Grundstücksüberlassung beziehen muss und daher die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen nicht zulässig ist. Allerdings war im Streitfall unklar – und dies muss jetzt das FG im weiteren Verfahren noch klären – ob tatsächlich die Autowaschstraße mitverpachtet wurde oder aber nur das diese umschließende Gebäude. Letzteres wäre wiederum für die erweiterte Grundstückkürzung unschädlich.

Handlungsempfehlung:

Dies verdeutlich auch, dass wenn die erweiterte Grundstückskürzung angestrebt wird, im Grundsatz die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen schädlich ist. Insoweit sollte die Beschaffung solcher Betriebsvorrichtungen dem Mieter auferlegt werden oder deren Verpachtung durch eine separate Gesellschaft erfolgen.

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23 GmbH-Gesellschafter: Möglichkeit der Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren

Gewinnausschüttungen aus der Beteiligung an einer GmbH werden im Grundsatz mit der Abgeltungsteuer von 25 % besteuert. In vielen Fällen ist dies steuerlich auch sehr günstig. Problematisch ist in diesem Zusammenhang aber das bei der Abgeltungsteuer generelle Verbot des Abzugs von Werbungskosten. Dies insbesondere dann, wenn der Gesellschafter den Erwerb seiner Beteiligung fremdfinanziert hat und hieraus Zinsaufwendungen resultieren. Unter dem Regime der Abgeltungsteuer können diese Zinsaufwendungen grundsätzlich steuerlich nicht geltend gemacht werden. Anders ist dies dann, wenn auf Antrag das sog. Teileinkünfteverfahren zur Anwendung kommt. Dieses stellt Gewinnausschüttungen zu 40 % steuerfrei und im Übrigen kommt dann der reguläre Einkommensteuertarif zur Anwendung, andererseits können aber Werbungskosten entsprechend zu 60 % steuerlich geltend gemacht werden.

Die Möglichkeit des Antrags zum Teileinkünfteverfahren ist im Gesetz an Bedingungen geknüpft. Möglich ist ein solcher Antrag, wenn der Stpfl. im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar

  • zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder
  • zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und durch eine berufliche Tätigkeit für diese maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann.

Dieser Antrag ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen und gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.

Der BFH stellt nun mit Entscheidung vom 12.12.2023 (Az. VIII R 2/21) klar, dass während des dem Antragsjahr folgenden vierjährigen Bindungszeitraums keine erneute Prüfung der Antragsvoraussetzungen erfolgt. Vielmehr müssen diese nur für das Antragsjahr vorliegen.

Handlungsempfehlung:

Liegen bei einer solchen Beteiligung Werbungskosten vor, so sollte stets unter Hinzuziehung steuerlichen Rats geprüft werden, ob ein Antrag zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens steuerlich sinnvoll ist.

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24 Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags

In der Vergangenheit trat vielfach der Fall auf, dass bei kreditgebenden Banken bei Abschluss von Darlehen fehlerhafte Widerrufsbelehrungen erteilten. Dies bot den Darlehensnehmern die Möglichkeit, den Darlehensvertrag zu widerrufen und die offene Darlehensvaluta abzulösen und durch ein günstigeres Darlehen zu ersetzen. In diesen Widerrufsfällen muss die darlehensgewährende Bank den Darlehensnehmern einen Nutzungsersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen leisten. Die FinVerw und ebenso mehrere Finanzgerichte gingen davon aus, dass dieser Nutzungsersatz als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer unterliege. Die Rechtsprechung der FG war insoweit allerdings nicht einheitlich. Nun hat der BFH in zwei Entscheidungen vom 7.11.2023 (Az. VIII R 7/21 und VIII R 16/22) entgegen der Ansicht der FinVerw entschieden,

  • dass der Bezug eines Nutzungsersatzes im Rahmen der reinen Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach Widerruf keinen steuerbaren Kapitalertrag begründet, da er nicht auf einer erwerbsgerichteten Tätigkeit beruht und mithin nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre erzielt wird.
  • Das infolge des Widerrufs entstandene Rückgewährschuldverhältnis ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln.

Im Streitfall VIII R 7/21 hatten die Stpfl. (zur ESt zusammenveranlagte Ehegatten) in 2005 einen Darlehensvertrag mit der X-Bank über 208 000 € zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie abgeschlossen. Die Darlehenszinsen waren für 20 Jahre festgeschrieben. Die X-Bank zahlte das Darlehen aus. Die Stpfl. leisteten monatliche Zins- und Tilgungsleistungen und Sondertilgungen.

Mit Schreiben vom 21.3.2016 widerriefen die Stpfl. unter Verweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen und lösten die noch offene Restvaluta ab. In einem zivilgerichtlichen Verfahren gegen die X-Bank klagten sie auf einen von ihnen errechneten Betrag i.H.v. 23 444,88 € als von der X-Bank zu leistenden Nutzungsersatz für die von ihnen bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen.

Vor dem Landgericht Y schlossen die Stpfl. und die X-Bank in 2017 einen Vergleich. Danach hatte die X-Bank „zur Abgeltung der Klageforderung sowie sämtlicher Ansprüche aus dem Darlehensvertrag” einen Betrag i.H.v. 14 500 € an die Stpfl. zu zahlen, der „ganz oder teilweise der Kapitalertragsteuer unterliegt”. Die X-Bank zahlte im Streitjahr nach Abzug von Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer an die Stpfl. 10 558,18 € aus.

Die Stpfl. machten in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr geltend, die X-Bank habe zu Unrecht Kapitalertragsteuer einbehalten. Sie beantragten für sämtliche Kapitalerträge die Überprüfung des Steuereinbehalts. Das Finanzamt folgte dem nicht. Auch die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg. Der BFH bestätigt dagegen die Auffassung der Stpfl. Der Nutzungsersatz ist nicht steuerbar. Er beruht nicht auf einer erwerbsgerichteten Tätigkeit der Stpfl. Im Hinblick auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen vollzieht sich die Rückabwicklung eines vom Darlehensnehmer widerrufenen Darlehensvertrags (unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung) außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre.

Handlungsempfehlung:

Vergleichbare Fälle können nun zu Gunsten der Stpfl. gelöst werden.

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25 Wohnraumvermietung und Vorsteuerabzug aus Heizungsanlage

In der Praxis wurde teilweise der Versuch unternommen, die Vorsteuer aus der Sanierung bzw. Neuanschaffung einer Heizungsanlage in einem Vermietungsobjekt mit privat genutztem Wohnraum gegenüber dem Finanzamt geltend zu machen. Insoweit ist zu beachten, dass die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken grds. bei der Umsatzsteuer steuerfrei ist und insoweit dann auch aus Eingangsrechnungen kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Anders ist dies nur dann, wenn auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet werden kann. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist aber nur möglich, wenn der Mieter/Pächter das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. So kann auf die Umsatzsteuerbefreiung der Grundstücksvermietung, z.B. bei Vermietung eines Ladenlokals oder einer Gewerbeeinheit, verzichtet werden, was dann auch das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnet. Dagegen ist der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung nicht möglich bei der langfristigen Vermietung von Wohnraum oder auch bei der Vermietung an einen Arzt, der selbst nur umsatzsteuerfreie Umsätze erbringt.

Die Frage stand aber im Raum, ob bei einer Wohnraumvermietung die Wärmelieferung auch separat vereinbart und insoweit zur Umsatzsteuer optiert werden kann, was den Vorsteuerabzug z.B. aus der Installation der Heizungsanlage eröffnen würde. Diesen Modellen hat der BFH mit Urteil vom 7.12.2023 (Az. V R 15/21) für den Regelfall eine Absage erteilt. Das Gericht hat entschieden, dass wenn der Vermieter von Wohnraum zum vertragsgemäßen Gebrauch auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser schuldet, Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage jedenfalls dann im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Vermietung stehen, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat. Mithin ist der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb und der Installation der Heizungsanlage ausgeschlossen.

Im Streitfall gehört die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser zu dem den Mietern geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauch, da die Stpfl. Wohnungen mit Heizung vermietete. Umfasst die Wohnraumüberlassung zum vertragsgemäßen Gebrauch auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, sind die Kosten für den Erwerb und die Installation einer Heizungsanlage grundsätzlich Kostenelemente der steuerfreien Vermietung. Zudem gilt nach den gesetzlichen Regelungen zur Abrechnung von Betriebskosten, dass zwar vereinbart werden kann, dass der Mieter Betriebskosten gesondert neben der Miete trägt, doch rechnen Kosten aus dem Erwerb und der Installation einer Heizungsanlage nicht zu den Betriebskosten und dürfen somit auch nicht auf die Mieter als Kostenelement im Rahmen der Betriebskosten umgelegt werden.

Hinweis:

Ausdrücklich offen lässt der BFH, ob für andere Fallgestaltungen, insbesondere ein sog. „Wärme-Contracting”, etwas anderes gilt. Dabei lagert der Gebäudeeigentümer Investitionen für die erstmalige Errichtung oder Modernisierung der zentralen Heizungsanlage an einen externen Unternehmer aus und räumt diesem das Recht ein, seine Mieter mit Heizwärme und ggf. Warmwasser zu versorgen.

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26 Anhebung der (monetären) Schwellenwerte für die Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen

Mit dem „Zweiten Gesetz zur Änderung des DWD-Gesetzes sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften” sind die monetären Schwellenwerte für die Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen (§§ 267, 267a und 293 HGB) um ca. 25 % angehoben worden. Der Gesetzgeber setzt insoweit eine EU-Richtlinie zur Rationalisierung und Vereinfachung der Berichtspflichten um.

Die neuen Schwellenwerte sind i.d.R. erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse, Lageberichte sowie Konzernlageberichte für das nach dem 31.12.2023 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden, dürfen aber wahlweise auch schon erstmalig auf das nach dem 31.12.2022 beginnende Geschäftsjahr angewendet werden. Konkret stellen sich die neuen Größenklassen danach wie folgt dar:

Kleine GmbH

Mittelgroße GmbH

Große GmbH

Bilanzsumme

≤ 7,5 Mio. €

≤ 25 Mio. €

> 25 Mio. €

Umsatzerlöse

≤ 15 Mio. €

≤ 50 Mio. €

> 50 Mio. €

Arbeitnehmer

≤ 50

≤ 250

> 250

Die neuen Schwellenwerte für Konzernabschlüsse ergeben sich i.Ü. danach (§ 293 HGB) wie folgt:

Bruttomethode

Nettomethode

Bilanzsumme

≤ 30 Mio. €

≤ 25 Mio. €

Umsatzerlöse

≤ 60 Mio. €

≤ 50 Mio. €

Arbeitnehmer

≤ 250

≤ 250

Diese Entwicklung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass kleine Kapitalgesellschaften gegenüber mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften eine Reihe erheblicher Vorteile genießen, so dass auch vor dem kommenden Bilanzstichtag die Schwellenwerte der Größenklassen des HGB für Kapitalgesellschaften genau betrachtet werden sollten.

Die Abgrenzung zwischen mittleren und großen Gesellschaften ist insbesondere im Hinblick auf die ab 2025 für große Gesellschaften verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung von ganz erheblicher Bedeutung.

Hinweis:

Auf Grund des Wahlrechts zur rückwirkenden Anwendung der geänderten monetären Schwellenwerte zur Bestimmung der Unternehmensgrößenklassen könnten Unternehmen mit Abschlussstichtag 31.12.2023, die im Rahmen der bisherigen Rechtslage als prüfungspflichtig einzustufen sind, nun als kleine Gesellschaft i.S.d. § 267 Abs. 1 HGB eingestuft werden und damit nicht mehr nach § 316 Abs. 1 HGB der Prüfungspflicht unterliegen. In einer derartigen Konstellation hat das Unternehmen zwar die Möglichkeit einer freiwilligen Jahresabschlussprüfung, es kann aber auch auf die Jahresabschlussprüfung gänzlich verzichtet werden. Ist bereits ein Jahresabschlussprüfer beauftragt, so muss individuell geprüft werden, ob und wie das Auftragsverhältnis modifiziert oder gar aufgehoben werden kann.

Handlungsempfehlung:

Soweit für das laufende Geschäftsjahr beabsichtigt wird, gerade das gestaltbar erscheinende Kriterium der Bilanzsumme mit dem Ziel des Unterschreitens der Schwellenwerte zu mindern, können verschiedene sachverhaltsgestaltende wie auch bilanzpolitische Instrumente genutzt werden, deren Einsatz im konkreten Einzelfall zu prüfen wäre (z.B. Aufschub von Investitionen und/oder Außenfinanzierungen, Rückführung von Außenfinanzierungen, sale-and-lease-back-Gestaltungen, Vornahme von Gewinnausschüttungen, Abtretung von Forderungen, Auslagerung von Pensionsverpflichtungen). Unter Hinzuziehung steuerlicher Beratung sollten rechtzeitig die Situation analysiert und mögliche Strategien entwickelt werden.

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27 Ausgewählte Gesetzesänderungen durch das sog. Wachstumschancengesetz

Das sog. Wachstumschancengesetz ist nach langer Diskussion auf politischer Ebene verabschiedet und am 27.3.2024 amtlich veröffentlicht worden (BGBl. I 2024 Nr. 108). Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer sind dabei insbesondere folgende Änderungen herauszustellen:

  • Bei bestehenden Verlustvorträgen wird deren Verrechnungsmöglichkeit bei Überschreiten des Sockelbetrags von 1 Mio. € zeitlich befristet für die VZ 2024 bis 2027 von bisher 60 % auf 70 % angehoben (mit dem Ziel, Verluste rascher gegen positive Ergebnisse verrechnen zu können und damit positive Liquiditätseffekte zu erzielen). Dies gilt neben der Körperschaftsteuer auch für die Einkommensteuer, nicht aber für die Gewerbesteuer.
  • Die Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG steht nun auch der eingetragenen GbR offen.
  • Rein redaktionell wird für (grenzüberschreitende) Organschaftsfälle das bislang noch in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG vorgesehene Abzugsverbot für doppelt berücksichtigte Aufwendungen aufgehoben, da sich ein solches Abzugsverbot nunmehr schon aus dem neuen § 4k Abs. 4 EStG ergibt.

Hinweis:

Zu den nicht umgesetzten Maßnahmen zählen neben der nicht eingeführten Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen u.a., dass der Verlustrücktrag eigentlich auf drei Jahre verlängert (und der Höchstbetrag erhöht) werden sollte. Ebenso entfallen ist die Erhöhung der Betragsgrenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter wie auch für Sammelposten. Und auch die für GmbH-Geschäftsführer regelmäßig relevante Dienstwagenbesteuerung (bei Hybridfahrzeugen) wurde betreffend die Reichweitengrenze nicht verändert.

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28 Zeitpunkt der Verlustberücksichtigung nach § 17 Abs. 4 EStG

Mit seinem nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Beschluss vom 7.12.2023 (Az. IX B 12/23) hat der BFH – in einem Verfahren betreffend die Nichtzulassung der Revision – in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung u.a. festgestellt,

  • dass die Frage der zeitlichen Berücksichtigung eines Auflösungsgewinns oder Auflösungsverlusts i.S.v. § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt ist und keine grundsätzliche Bedeutung hat, und
  • dass i.Ü. ein Urteil nur dann i.S.v. § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen ist, wenn die Urteilsgründe ganz oder z.T. fehlen und sie den Prozessbeteiligten keine Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht.

Konkret führt der BFH aus, dass bereits geklärt sei, dass für die Bestimmung des Realisationszeitpunkts eines Auflösungsgewinns oder Auflösungsverlusts der Zeitpunkt maßgebend ist, zu dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung der Gewinn oder Verlust realisiert wäre. Ein Gewinn sei nach ständiger Rechtsprechung erst in dem Jahr zu erfassen, in dem das auf die Beteiligung entfallende Vermögen der Gesellschaft verteilt wurde; ein Verlust könne aber bereits in dem Jahr erfasst werden, in dem mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen sei.

Ein Auflösungsverlust stehe fest, wenn der gemeine Wert des dem Stpfl. zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens einerseits und die Liquidations- und Anschaffungskosten des Gesellschafters andererseits feststehen. Gleiches gelte, wenn sicher sei, dass eine Zuteilung oder Zurückzahlung von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter ausscheidet und wenn die durch die Beteiligung veranlassten Aufwendungen feststehen. Bei einer Auflösung der Gesellschaft infolge der Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens lasse sich diese Feststellung regelmäßig noch nicht treffen.

Hinweis:

Für den Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts i.S.d. § 17 EStG bleibt es also bei den Grundsätzen der gefestigten BFH-Rechtsprechung, nach denen es nicht etwa auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens ankommt, sondern darauf, wann mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist.

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29 Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bei Veräußerungstatbeständen gem. § 17 EStG

Mit Urteil vom 14.11.2023 (Az. IX R 3/23) hat sich der BFH mit der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens bei Veräußerungstatbeständen gem. § 17 EStG befasst und in Bestätigung seiner Rechtsprechung entschieden,

  • dass der Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft gem. § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG dem Teileinkünfteverfahren und Teilabzugsverbot (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz 1, § 3c Abs. 2 Satz 1 und 7 EStG) unterliegt.
  • Verluste aus dem Ausfall einer in der Krise der Kapitalgesellschaft stehen gelassenen Finanzierungshilfe des Gesellschafters (Darlehen oder Bürgschaft) seien, so der BFH, nur in Höhe des zum Zeitpunkt des Stehenlassens zu bestimmenden gemeinen Werts den Einkünften aus § 17 Abs. 1 und 4 EStG und im Übrigen den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG zuzuordnen.

Im konkreten Streitfall hatte der Stpfl. und Revisionsbeklagte 50 % der Geschäftsanteile an einer GmbH gehalten, der er ein Darlehen gewährte; zudem verbürgte er sich für deren Verbindlichkeiten gegenüber mehreren Banken. Im Streitjahr 2016 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Stpfl. aus den Bürgschaften in Anspruch genommen. Der Insolvenzverwalter teilte im April 2016 mit, der Stpfl. werde für seine Rückgriffsforderungen keine Zahlungen aus der Masse erhalten. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr begehrte der Stpfl. den Abzug eines Auflösungsverlusts gem. § 17 Abs. 4 EStG i.H.v. rd. 620 T€. Neben den Anschaffungskosten für die GmbH-Geschäftsanteile (300 T€) machte er insbesondere den Verlust aus dem Gesellschafterdarlehen und Zahlungen auf Grund von drei Bürgschaften geltend.

Das FA erkannte – verkürzt dargestellt – den Verlust aus den Bürgschaften nicht vollumfänglich an, das FG gab der dagegen gerichteten Klage aber statt. Der BFH hat die Entscheidung des FG (sowohl aus verfahrensrechtlichen als auch aus sachlichen Gründen) aufgehoben und zu den sachlichen Gründen ausgeführt, dass das FG einen Auflösungsverlust gem. § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG in voller Höhe zuerkannt und dabei die gesetzlichen Vorgaben zum Teileinkünfteverfahren (Teilabzugsverbot) nicht berücksichtigt habe. Diese Vorgaben habe das FG nicht beachtet, als es als Auflösungsverlust nicht etwa 60 % der Aufwendungen des Stpfl., sondern 100 % zuerkannt habe.

Der BFH hat aber insbesondere auch die Frage aufgeworfen, ob für das Streitjahr dem Grunde nach ein Auflösungsverlust gem. § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG überhaupt abziehbar war. Gegebenenfalls könne für das Streitjahr noch gar kein Auflösungsverlust berücksichtigt werden, wenn nämlich der gemeine Wert des dem Gesellschafter zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens noch gar nicht feststehe. Darüber hinaus ist nun im weiteren Verfahren durch die Vorinstanz zu klären, inwiefern die gewährten Finanzierungshilfen eigenkapitalersetzend waren. Gegebenenfalls sind noch Feststellungen dazu erforderlich, welchen tatsächlichen Wert der Rückzahlungs- bzw. Ausgleichsanspruch des Gesellschafters zum Zeitpunkt des Stehenlassens der jeweiligen Finanzierungshilfe hatte.

Hinweis:

Hervorzuheben ist also auch bei diesem Urteil, dass der BFH in einem ersten Schritt grundsätzlich prüft, ob der Verlust überhaupt für das „richtige” Jahr geltend gemacht wird. Für die Praxis wird insoweit empfohlen, etwaige Auflösungsverluste weiterhin möglichst frühzeitig geltend zu machen. Wird der Auflösungsverlust tatsächlich „zu früh” geltend gemacht (weil dessen Höhe noch nicht feststeht), verliert der Stpfl. das Einspruchs- und ggf. das anschließende Klageverfahren, kann aber i.d.R. den Verlust in einem späteren Veranlagungszeitraum noch geltend machen. Wird der Verlust hingegen „zu spät” geltend gemacht, scheidet die Verlustberücksichtigung dann aus, wenn die Steuerbescheide bereits bestandskräftig sind.

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30 Überraschungsentscheidung im Rahmen der Feststellung einer vGA (Verrechnungskonto)

Mit Beschluss vom 28.2.2024 (Az. VIII B 44/22) – zur Beschwerde einer Stpfl. wegen der Nichtzulassung der Revision – hat der BFH zur Annahme einer vGA bei Buchungen auf Verrechnungskonten entschieden, dass eine Überraschungsentscheidung dann vorliegen kann, wenn das FG die Annahme einer vGA nicht auf die im bisherigen Gerichtsverfahren allein erörterte Frage stützt, ob die Umbuchung von Verrechnungssalden auf ein Darlehenskonto die Annahme eines Rückzahlungsverzichts der Gesellschaft rechtfertigt, sondern ohne vorherigen Hinweis darauf abstellt, dass die Absicht zur Rückzahlung der empfangenen Beträge beim Empfänger von Anfang an gefehlt habe, so dass eine vGA auch in den einzelnen Auszahlungsvorgängen zu sehen sei.

Im konkreten Streitfall zahlte die D-GmbH an den Ehemann der Stpfl. laufend Geldbeträge aus. Dem lag eine sog. „Kontokorrentvereinbarung” zwischen dem Ehemann der Stpfl. und der D-GmbH zu Grunde. Die Auszahlungen wurden unterjährig in der Buchführung der D-GmbH auf zwei Verrechnungskonten erfasst. Zinsen wurden nicht gezahlt, sondern vereinbarungsgemäß dem Darlehenssaldo zugeschlagen. Rückführungen in nennenswerter Höhe leistete der Ehemann der Stpfl. nicht. Der Saldo der Verrechnungskonten summierte sich am 31.12.2012 auf rund 1,2 Mio. €. Zum 31.12.2012 schloss die D-GmbH die Verrechnungskonten und buchte den Darlehenssaldo auf ein Darlehenskonto um.

Vor diesem Hintergrund nahm das FA eine vGA zu Gunsten der Stpfl. an: Die D-GmbH habe mit der Umbuchung der Verrechnungssalden auf ein Darlehenskonto zum 31.12.2012 gegenüber dem Ehemann der Stpfl. auf die Rückzahlung der an ihn ausgezahlten Beträge verzichtet.

Die Stpfl. hat nun mit ihrer Beschwerde vor dem BFH nicht etwa diese Annahmen inhaltlich angegriffen, sondern macht u.a. geltend, das FG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen. Sie habe nicht damit rechnen müssen, dass das FG im angefochtenen Urteil die Annahme einer vGA der D-GmbH an die Stpfl. auf die unterjährigen Auszahlungen an ihren Ehemann stützen würde.

Der BFH hat auf dieser Grundlage die Vorentscheidung des FG aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen: Es liege eine Überraschungsentscheidung vor, hierdurch sei der Anspruch der Stpfl. auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden. Die Stpfl. habe nicht damit rechnen müssen, dass das FG im angefochtenen Urteil die vGA erstmals auf die einzelnen Auszahlungsvorgänge und nicht auf die Umbuchung der Verrechnungssalden per 31.12.2012 auf ein Darlehenskonto stützen würde. Daher habe sich die Stpfl. nicht zu der rechtlichen Annahme äußern können, die Absicht zur Rückzahlung der empfangenen Beträge bei ihrem Ehemann hätte von Anfang an gefehlt.

Hinweis:

Die weitere Rechtsentwicklung ist aufmerksam zu verfolgen. Auf der Grundlage der vom BFH veröffentlichten Sachverhaltsumstände ist eine abschließende inhaltliche Würdigung nicht möglich.

Hervorzuheben ist jedenfalls, dass nach herrschender Rechtsprechung die Voraussetzungen einer vGA schon dann gegeben sein können, wenn das Verrechnungskonto eines Gesellschafters (oder einer nahestehenden Person) bei der GmbH, das einen Saldo zu Gunsten der Kapitalgesellschaft aufweist, nicht angemessen verzinst wird. In diesem Fall erstreckt sich die vGA der Höhe nach auf die fehlende Verzinsung. Eine vGA ist nach der Rechtsprechung auch dann anzunehmen, wenn eine GmbH von Anfang an auf die Rückzahlung der als Darlehen bezeichneten und ihrem Gesellschafter gewährten Beträge verzichtet.

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31 Voraussetzungen der wirtschaftlichen Eingliederung einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft

Mit seinem vorläufig noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 14.11.2023 (Az. 5 K 1272/20) hat das FG München zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft entschieden,

  • dass das Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft dann vorliegt, wenn das Betriebsunternehmen seine Tätigkeit aus innerbetrieblichen Gründen ohne das gemietete Grundstück nicht oder nur nach Überwindung von nicht nur unerheblichen Schwierigkeiten hätte fortsetzen können, und
  • dass z.B. die Vermietung eines Betriebsgrundstückes genügt, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet.

Im konkreten Streitfall war das Vorliegen der Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft umstritten. Das FA hatte die organisatorische und finanzielle, nicht jedoch die wirtschaftliche Einbindung einer GmbH (Organgesellschaft) in das Unternehmen ihres beherrschenden Gesellschafters bejaht. Das FG hingegen bestätigte auch das Vorliegen der wirtschaftlichen Eingliederung der GmbH, weil diese von ihrem Organträger ein Betriebsgrundstück angemietet hatte, das für die GmbH von nicht nur geringer Bedeutung war, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft gebildet habe.

Hinweis:

Mit diesem Urteil hat das FG insbesondere die Rechtsprechung des BFH bestätigt, nach der

  • es einerseits für die Annahme einer Organschaft nicht erforderlich ist, dass alle drei in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Merkmale einer Eingliederung sich gleichermaßen deutlich feststellen lassen. Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse könne die Selbständigkeit der Organgesellschaft auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist,
  • es andererseits aber nicht ausreicht, dass eine Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Merkmale besteht.

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32 Wachstumschancengesetz in Kraft getreten

Nach langem politischem Ringen ist das Wachstumschancengesetz nun in einer deutlich abgespeckten Form in Kraft getreten. Im Gesetzgebungsverfahren ging es lange weniger um die Inhalte selbst, sondern Länder und Kommunen waren nicht bereit, die vorgesehenen Maßnahmen und die sich hieraus ergebenden Steuermindereinnahmen mitzutragen. So sind aus dem letztlich beschlossenen und in Kraft getretenen Kompromiss insbesondere Maßnahmen herausgenommen worden, die zu deutlichen Steuerausfällen bei Ländern und Gemeinden geführt hätten. Das Ziel der Setzung von deutlichen Wachstumsimpulsen für die Wirtschaft kann mit dem nun in Kraft getretenen Gesetz allerdings nur noch in Ansätzen erreicht werden. Insbesondere ist das Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz als wichtiges Kernelement zur Stärkung der Investitionstätigkeit komplett gestrichen worden. Dennoch sind die nun in Kraft getretenen Änderungen bedeutsam und in weiten Teilen auch positiv zu werten.

Daneben ist zu beachten, dass ein Teil der ursprünglich mit dem Wachstumschancengesetz vorgesehenen Maßnahmen bereits zum Jahresende 2023 in einem anderen Gesetzgebungsverfahren beschlossen und in Kraft getreten sind (mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz).

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33 Für alle Steuerpflichtigen

Die ursprünglich verankerte Besteuerung der Dezemberhilfe 2022 wurde bereits mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz gestrichen. Insoweit brauchen auch in der Steuererklärung 2022 keine Angaben mehr gemacht zu werden.

Als eine Maßnahme zur Verhinderung/Milderung einer doppelten Besteuerung der Alterseinkünfte wird der Übergang zur vollständigen Rentenbesteuerung zeitlich weiter hinausgeschoben:

  • Ab dem Jahr 2023 wird der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang um einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2023 beträgt der maßgebliche Besteuerungsanteil anstatt 83 % nur noch 82,5 %. Erst bei einem Renteneintritt im Jahr 2058 wird eine volle Rentenbesteuerung erreicht.
  • Beginnend mit dem Jahr 2023 wird der anzuwendende Prozentwert zur Bemessung des Versorgungsfreibetrages nicht mehr in jährlichen Schritten von 0,8 %-Punkten, sondern nur noch in jährlichen Schritten von 0,4 %-Punkten verringert. Der Höchstbetrag sinkt ab dem Jahr 2023 um jährlich 30 € und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag um jährlich 9 €.
  • Beim Altersentlastungsbetrag wird der verlangsamte Anstieg des Besteuerungsanteils bei der Rentenbesteuerung nachvollzogen.

Hinweis:

Bereits seit 2023 sind Aufwendungen für die Altersvorsorge vollständig von der Steuer absetzbar. Insoweit kann sich eine Entlastung bei der Einkommensteuer ergeben.

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34 Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Im Bereich der Arbeitgeberbesteuerung sind nur punktuelle gesetzliche Änderungen erfolgt:

  • Bei der Überlassung eines reinen Elektrofahrzeugs an den Arbeitnehmer kann bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils der Bruttolistenpreis lediglich zu ¼ angesetzt werden, wenn der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 60 000 € beträgt. Für nach dem 31.12.2023 angeschaffte Fahrzeuge wurde diese Grenze nun auf 70 000 € angehoben. Dies gilt für alle Fahrzeuge, die nach dem 31.12.2023 vom Arbeitgeber angeschafft bzw. geleast werden (unabhängig von der Erstzulassung des Fahrzeugs).
  • Das für die Dauer einer beruflichen Weiterbildung gezahlte Qualifizierungsgeld nach § 82a SGB III wurde steuerfrei gestellt. Gleiches gilt für Leistungen des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der durch das Qualifizierungsgeld geförderten Weiterbildungsmaßnahme. Als Lohnersatzleistung unterliegt das Qualifizierungsgeld dem Progressionsvorbehalt.
  • Der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer, die im Fahrzeug übernachten, wurde mit Wirkung ab 2024 von 8 € auf 9 € angehoben.
  • Insbesondere Abfindungen, aber u.U. auch die Zahlungen zur Abgeltung über mehrere Jahre angesammelter Überstunden können einem ermäßigten Steuersatz unterliegen (sog. Fünftelungsregelung). Aktuell kann dieser Vorteil bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden. Diese Möglichkeit entfällt ab 2025. In diesen Fällen muss zukünftig der Arbeitnehmer den ermäßigten Steuersatz im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geltend machen.

Hinweis:

Beabsichtigt war eine Anhebung der Verpflegungspauschalen im Reisekostenrecht. Dies ist nicht erfolgt, so dass unverändert die bisherigen Sätze gelten (14 € bei einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden sowie für An- und Abreisetage bzw. 28 € bei Abwesenheit am vollen Kalendertag). Auch der Freibetrag für Betriebsveranstaltungen ist unverändert geblieben.

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35 Für Investitionen in Immobilien

Der Wohnungsneubau soll durch verbesserte Abschreibungsbedingungen gefördert werden:

  • Zeitlich befristet ist eine degressive AfA für Wohngebäude eingeführt worden, und zwar mit 5 % vom Restwert. Voraussetzung ist, dass mit der Herstellung nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wird. Bei Anschaffung ist diese degressive Gebäude-AfA nur eröffnet, wenn der obligatorische Vertrag nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wird. Im Jahr der Anschaffung erfolgt die AfA zeitanteilig. Der Stpfl. hat ein Wahlrecht, zur linearen Gebäude-AfA zu wechseln. Dann erfolgt die lineare Abschreibung aus dem Restwert des Gebäudes und einem unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden Prozentsatz.
    Die degressive AfA kann für alle Wohngebäude, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes belegen sind, in Anspruch genommen werden. Eine Nutzung dieser degressiven AfA ist sowohl für betriebliche Gebäude als auch im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung möglich, soweit diese Wohnzwecken dienen.
  • Die bestehende Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau wurde punktuell verbessert. Der Anwendungszeitraum wird verlängert für Baumaßnahmen, die vor dem 1.10.2029 (bisher: 1.1.2027) begonnen werden. Die Anschaffungs-/Herstellungskosten dürfen 5 200 € (bisher 4 800 €) je qm Wohnfläche nicht übersteigen. Die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen beträgt max. 4 000 € (bisher: 2 500 €) je qm Wohnfläche. Unverändert bleiben die Nachhaltigkeitsvoraussetzungen (Nachhaltigkeitsklasse „Effizienzhaus 40”).

Hinweis:

Vorgesehen war eine Freigrenze i.H.v. 1 000 € für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Dies wurde nicht umgesetzt.

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36 Für Unternehmer und Freiberufler

a)  Abschreibung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist befristet wieder eingeführt worden für

  • Investitionen nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 (also lediglich für einen Zeitraum von neun Monaten) und
  • begrenzt auf das Zweifache der linearen AfA und max. 20 %.

Für Investitionen in diesem Zeitfenster kann also eine schnellere steuerliche Geltendmachung der Investitionskosten durch Vorziehen von AfA und damit eine frühere Minderung der Steuerlast erreicht werden.

Kleine und mittlere Unternehmen können neben der laufenden Abschreibung eine Sonderabschreibung in Anspruch nehmen und damit die Abschreibungen zeitlich deutlich vorziehen. Voraussetzung für die Geltendmachung dieser Sonderabschreibung ist, dass im Wirtschaftsjahr, das der Anschaffung oder Herstellung vorangeht, der Gewinn 200 000 € nicht überschreitet. Liegen diese Voraussetzungen vor, so kann

  • im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren – insoweit beliebig auf diesen Zeitraum verteilt – neben der laufenden Abschreibung eine
  • Sonderabschreibung i.H.v. 40 % vorgenommen werden.

Bislang war eine Sonderabschreibung von lediglich 20 % möglich. Der heraufgesetzte Abschreibungssatz gilt für Investitionen nach dem 31.12.2023. Zu beachten ist, dass diese Sonderabschreibung unabhängig von der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages ist.

Hinweis:

Nicht umgesetzt worden ist die vorgesehene Heraufsetzung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter, die im Jahr der Anschaffung unmittelbar steuerlich abgeschrieben werden können (GWG-Grenze) und die erweiterte Anwendung des Sammelpostens, der auf fünf Jahre abgeschrieben wird. Es bleibt also bei der GWG-Grenze von 800 € (ohne Umsatzsteuer) bzw. bei einer Grenze für den Sammelposten von 1 000 € (ohne Umsatzsteuer).

b)  Weitere Aspekte der steuerlichen Gewinnermittlung

Im Bereich der steuerlichen Gewinnermittlung ist auf folgende Änderungen hinzuweisen:

  • Mit Wirkung erstmals für Wj., die nach dem 31.12.2023 beginnen, ist die Grenze für steuerlich abzugsfähige Geschenke auf 50 € angehoben worden (bislang 35 €).
  • Wird ein Firmenfahrzeug auch für private Zwecke des Unternehmers genutzt, so ist insoweit eine Entnahme anzusetzen. Diese wird i.d.R. nach der 1 %-Methode ermittelt. Bei reinen Elektrofahrzeugen ist insoweit die 1 %-Methode auf ¼ des Bruttolistenpreises anzuwenden. Auch für den betrieblichen Bereich wurde der Anwendungsbereich auf Elektrofahrzeuge mit einem Bruttolistenpreis von bis zu 70 000 € (bisher 60 000 €) erweitert, sofern die Anschaffung nach dem 31.12.2023 erfolgt.

Die Nutzung von Verlustvorträgen wurde – wenn auch gegenüber den ursprünglichen Plänen in deutlich geringerem Maße – verbessert:

  • Werden Verlustvorträge genutzt, so kann die Verrechnung mit positiven Einkommen bei Überschreiten des Sockelbetrags von 1 Mio. € (Zusammenveranlagung: 2 Mio. €) zeitlich befristet für die VZ 2024 bis 2027 von bisher 60 % auf 70 % erfolgen. Mithin wird positives Einkommen über den Sockelbetrag hinaus aktuell zu 30 % besteuert (sog. Mindestgewinnbesteuerung). Im Ergebnis können damit bestehende Verlustvorträge schneller genutzt werden.
  • Dies gilt auch für die Körperschaftsteuer, nicht dagegen für die Gewerbesteuer.
  • Dagegen sind im Hinblick auf den Verlustrücktrag keine Änderungen umgesetzt worden.

Heraufgesetzt wurden die Schwellenwerte für die verpflichtende Einführung einer kaufmännischen Buchführung, so dass nunmehr erheblich mehr Stpfl. die in der praktischen Handhabung deutlich einfachere Einnahmen-Überschussrechnung wählen können (Wahlrecht):

  • Die Schwellenwerte des Handelsgesetzbuches, nach der Einzelkaufleute wahlweise auf die doppelte Buchführung verzichten können, sind auf 800 000 € (Umsatzerlöse) und 80 000 € (Jahresüberschuss bzw. Gewinn) angehoben worden. Dies gilt erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen.
  • Ebenso wurden die Werte für die steuerliche Buchführungspflicht für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, angehoben auf 800 000 € (Umsatzgrenze) und 80 000 € (Gewinngrenze). Die steuerliche Buchführungspflicht greift bei Gewerbetreibenden nur nach Aufforderung durch die FinVerw.

Hinweis:

Vorteile der Einnahmen-Überschussrechnung sind z.B., dass keine Inventur des Vorratsvermögens erforderlich ist und keine Periodenabgrenzung mittels Rückstellung oder Rechnungsabgrenzungsposten erfolgt. Auch brauchen Einnahmen grundsätzlich erst dann der Besteuerung zu Grunde gelegt zu werden, wenn das Entgelt vereinnahmt wurde.

Der Übergang von der Bilanzierung auf eine Einnahmen-Überschussrechnung (und im umgekehrten Fall auch) bedarf einer separaten Überleitungsrechnung, um sicherzustellen, dass alle Einnahmen erfasst und alle Ausgaben angesetzt werden. Insoweit kann sich ein Übergangsgewinn ergeben. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.

c)  Steuerlicher Abzug von Zinsaufwendungen

Die sog. Zinsschranke schränkt den Betriebsausgabenabzug betrieblich veranlasster Zinsen ein. Übersteigen die Zinsaufwendungen die Zinserträge (negativer Zinssaldo), so ist dieser Zinssaldo nur i.H.v. 30 % des steuerlichen EBITDA (Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen) als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Das deutlich gestiegene Zinsumfeld wirkt sich nach aktueller Erkenntnis erheblich auf die Zinsaufwendungen und deren steuerliche Behandlung aus. Ganz besonders betroffen sind bestimmte Branchen, die ihr Geschäftsmodell auf eine hohe Fremdfinanzierung aufbauen. Nicht zuletzt leiden darunter auch Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlich schwierigen Lage befinden bzw. strukturelle Anpassungsprozesse durchlaufen und auf Grund der aktuell geringen Ertragskraft im Zusammenhang mit einer hohen Fremdfinanzierung in den Anwendungsbereich der Zinsschranke geraten.

Nach der bisherigen Gesetzesfassung findet die Zinsschranke keine Anwendung, wenn insbesondere eine der beiden folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  • Der Nettozinsaufwand des Betriebs beträgt weniger als 3 Mio. €.
  • Der Betrieb wird nicht in einen handelsrechtlichen Konzernabschluss einbezogen (sog. Stand-alone-Klausel oder Konzernklausel).

Die Zinsschranke wurde nun allerdings an die Vorgaben der ATAD-Richtlinie angepasst. Unverändert geblieben ist die 3 Mio. €-Grenze. Angepasst wurde dagegen die Stand-alone-Klausel. Ab 2024 reicht insbesondere bereits das Innehaben einer mindestens 25 %-igen Beteiligung oder das Vorhandensein eines mindestens zu 25 % beteiligten Gesellschafters. Ein Auslandsbezug oder auch eine Fremdfinanzierung durch diese nahestehende Person ist insoweit nicht ausschlaggebend. Auf eine Konzernzugehörigkeit kommt es nicht mehr an.

Damit wird nun ab 2024 gerade bei mittelständischen Gesellschaften vielfach ausschließlich auf die 3 Mio. €-Grenze zurückzugreifen sein, um die Anwendung der Zinsschranke ausschließen zu können.

Daneben erfolgte mit Wirkung ab 2024 eine „Konkretisierung” des Fremdvergleichsgrundsatzes im Außensteuergesetz. Diese Grundsätze gelten bei allen grenzüberschreitenden Finanzierungen zwischen einander nahestehenden Personen. Betroffen ist z.B. die Finanzierung einer ausländischen Tochtergesellschaft. Dies gilt auch für bestehende Finanzierungsbeziehungen. Insbesondere muss glaubhaft gemacht werden, dass der Darlehensnehmer

  • den Kapitaldienst für die gesamte Laufzeit dieser Finanzierungsbeziehung von Anfang an hätte erbringen können und
  • die Finanzierung wirtschaftlich benötigt und für den Unternehmenszweck verwendet.

Weiterhin darf im Regelfall der vereinbarte Zinssatz den Zinssatz nicht übersteigen, zu dem sich das Unternehmen unter Zugrundelegung des Ratings für die Unternehmensgruppe gegenüber fremden Dritten finanzieren könnte.

Hinweis:

Vielfach werden die nunmehr gesetzlich festgeschriebenen Nachweisanforderungen nicht erbracht werden können, so dass andere Finanzierungswege gefunden werden müssen.

d)  Umsatzsteuer: Einführung der elektronischen Rechnung

Zukünftig muss über Leistungen an einen anderen, im Inland ansässigen Unternehmer für dessen Unternehmen grundsätzlich mittels einer elektronischen Rechnung (eRechnung) abgerechnet werden. Dies ist allerdings keine Rechnung in einem beliebigen elektronischen Format, wie z.B. eine PDF-Datei. Vielmehr ist eine elektronische Rechnung eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Das strukturierte elektronische Format muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntax gem. RL 2014/55/EU entsprechen (und damit der CEN-Norm EN 16931).

Alternativ kann das strukturierte elektronische Format einer elektronischen Rechnung zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger vereinbart werden. Dann ist allerdings Voraussetzung, dass sich die nach dem Umsatzsteuergesetz erforderlichen Angaben richtig und vollständig in ein Format extrahieren lassen, das der vorstehend angesprochenen europäischen Norm entspricht oder mit dieser interoperabel ist. Ist dies gegeben, sind z.B. auch über EDI-Verfahren ausgestellte Rechnungen, deren Formate nicht der CEN-Norm EN 16931 entsprechen, weiterhin zulässig.

Hinweis:

In anderen Fällen als der Leistung an einen anderen Unternehmer bedarf die Verwendung einer elektronischen Rechnung der Zustimmung des Empfängers. Im Übrigen bleibt es dabei, dass z.B. Kleinbetragsrechnungen auch zukünftig in anderer Form (z.B. in Papierform) ausgestellt werden können.

Die grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung gilt ab 1.1.2025. Umgesetzt wurden aber umfangreiche Übergangsregelegungen. Abweichend zur verpflichtenden eRechnung kann eine Rechnung auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers in einem anderen elektronischen Format (z.B. als PDF-Datei) übermittelt werden

  • bis zum 31.12.2026 für einen nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2027 ausgeführten Umsatz;
  • bis zum 31.12.2027 für einen nach dem 31.12.2026 und vor dem 1.1.2028 ausgeführten Umsatz, wenn der Gesamtumsatz des die Rechnung ausstellenden Unternehmers im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800 000 € betragen hat;
  • bis zum 31.12.2027 für einen nach dem 31.12.2025 und vor dem 1.1.2028 ausgeführten Umsatz, wenn diese mittels elektronischen Datenaustauschs (EDI) übermittelt wird.

Handlungsempfehlung:

Es sind also praxisgerechte Übergangsregelungen geschaffen worden. Unternehmer müssen sich nun in den kommenden Jahren auf die neue elektronische Form der Rechnungsstellung einstellen. Hierzu sind entsprechende Softwarelösungen erforderlich. Zu beachten ist, dass zukünftig nicht selten parallel auch die Rechnungsstellung in Papierform ermöglicht werden muss, wenn ein Umsatz z.B. an eine Privatperson getätigt wird. Dies wird dann eine entsprechende Steuerung in den Kundendaten des Rechnungserstellungsprogramms erfordern. Hiervon werden viele Unternehmer betroffen sein, so z.B. Handwerker, Großhandel oder auch Restaurants oder Hotels.

Zu beachten sind auch die Konsequenzen für Rechnungsempfänger. Die neue eRechnung gilt grundsätzlich ab 1.1.2025 und sofern ein inländisches Unternehmen als Rechnungsaussteller die Übergangsregelungen nicht in Anspruch nimmt, müssen inländische unternehmerische Rechnungsempfänger bereits ab dem 1.1.2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen nach den neuen Vorgaben empfangen und verarbeiten zu können. Insoweit ist zu beachten, dass die elektronische Rechnungsstellung nicht an eine Zustimmung des Rechnungsempfängers geknüpft ist. Damit müssen zukünftig auch z.B. umsatzsteuerliche Kleinunternehmer oder auch Unternehmer, die ausschließlich umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen, wie z.B. Ärzte oder Wohnungsvermieter, in der Lage sein, elektronische Rechnungen im strukturierten Format empfangen und archivieren zu können.

Hinweis:

Bei Rechnungen an Endverbraucher bleibt deren Zustimmung Voraussetzung für die elektronische Rechnungstellung.

e)  Umsatzsteuer: weitere Änderungen

Daneben ist auf folgende punktuelle Erleichterungen hinzuweisen:

  • Für die Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten statt vereinbarten Entgelten wird ab 2024 der zulässige Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr auf 800 000 € (statt bisher 600 000 €) angehoben. Dies bringt kleineren Unternehmen einen Liquiditätsvorteil, da nun die Umsatzsteuer an das Finanzamt erst dann abgeführt werden muss, wenn das Entgelt für die erbrachte Leistung vereinnahmt wurde.
  • Ab 2025 werden Unternehmer durch das Finanzamt von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldung und Entrichtung der Vorauszahlung befreit, wenn die Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2 000 € betragen hat (aktuell liegt die Grenze bei 1 000 €).
  • Kleinunternehmer sollen künftig grundsätzlich von der Übermittlung von Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr befreit sein. Dies gilt jedoch in bestimmten Fällen, wie bei Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger, Einbindung in bestimmte innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte, Fahrzeuglieferer, nicht. Auch bei Aufforderung zur Abgabe durch das Finanzamt soll die Erklärungspflicht noch bestehen bleiben.

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37 Für Personengesellschaften

a)  Keine Änderung des Steuersystems mit Inkrafttreten des reformierten Gesellschaftsrechts

Zum 1.1.2024 ist das Personengesellschaftsmodernisierungsgesetz (MoPeG) in Kraft getreten, welches umfassende Änderungen des Gesellschaftsrechts insbesondere der GbR, aber auch der Personenhandelsgesellschaften mit sich gebracht hat. Ertragsteuerlich soll nach dem Willen des Gesetzgebers die transparente Mitunternehmerbesteuerung durch das Inkrafttreten des MoPeG unangetastet bleiben. Abgesichert wurde dies bereits Ende 2023 durch eine Anpassung in der Abgabenordnung. Danach wird explizit gesetzlich geregelt, dass an dem bisherigen steuerlichen Verständnis des Gesamthandsprinzips für ertragsteuerliche Zwecke weiterhin uneingeschränkt festgehalten wird. Damit soll gesetzlich sichergestellt werden, dass sich die ertragsteuerliche und die erbschaftsteuerliche Behandlung der Personengesellschaften nicht verändert.

Unklar ist aktuell die künftige Ausgestaltung der Steuervergünstigungen bei der Grunderwerbsteuer. Ausdrücklich geregelt wurde aber, dass die grunderwerbsteuerlichen Besonderheiten für Personengesellschaften übergangsweise in den Jahren 2024 bis 2026 weitergelten. Mithin können Grundstücke ohne Belastung von Grunderwerbsteuer aktuell weiterhin übertragen werden

  • von einem Gesellschafter auf eine rechtsfähige Personengesellschaft und
  • von einer rechtsfähigen Personengesellschaft auf einen Gesellschafter bzw. von einer rechtsfähigen Personengesellschaft auf eine andere rechtsfähige Personengesellschaft (Schwester-Personengesellschaft)

jeweils soweit der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist und verbunden mit einer zehnjährigen Nachbehaltensfrist.

b)  Thesaurierungsbegünstigung und Option zur Körperschaftsbesteuerung

Im Grundsatz wird der Gewinn einer Personengesellschaft bei deren Gesellschaftern der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer unabhängig davon unterworfen, ob der Gewinn im Unternehmen belassen oder aber auf die Gesellschafterebene entnommen wird.

Mit Wirkung ab dem Jahr 2024 sind nun deutliche Verbesserungen bei dieser Begünstigung nicht entnommener Gewinne umgesetzt worden. Der begünstigungsfähige Gewinn wird um die gezahlte Gewerbesteuer und die Beträge, die zur Zahlung der Einkommensteuer nach diesem begünstigten Steuersatz entnommen werden, erhöht. Damit steht ein höheres Thesaurierungsvolumen zur Verfügung und es wird eine Gleichstellung hinsichtlich der Steuerbelastung zur Kapitalgesellschaft erreicht. Ungelöst bleibt allerdings die Problematik der streng wirtschaftsjahrbezogenen Prüfung der Nachversteuerung, welche in der Praxis nicht selten als nicht handhabbar eingestuft wird und damit ein K.o.-Kriterium für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes darstellt.

Hinweis:

Bei größeren Personengesellschaften, die den Gewinn überwiegend im Unternehmen belassen und dort reinvestieren, stellt die begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne bei der Einkommensteuer auf Ebene des Gesellschafters in einigen Fällen eine sinnvolle Option dar. Insoweit ist anzuraten, steuerlichen Rat einzuholen, um die Anwendung dieser – in vielen Aspekten komplexen Regelung – zu prüfen und ggf. vorzunehmen.

Daneben steht den Personengesellschaften die Möglichkeit offen, gesellschaftsrechtlich weiter als Personengesellschaft organisiert zu bleiben, aber per Antrag beim Finanzamt in das Besteuerungssystem der Kapitalgesellschaften zu wechseln (Option zur Körperschaftsbesteuerung). In diesem Fall erfolgt die Besteuerung in vollem Umfang nach den Regeln für Kapitalgesellschaften, d.h. die Gesellschaft selbst unterliegt der Gewerbe- und der Körperschaftsteuer und eine Belastung auf Ebene der Gesellschafter tritt erst bei Entnahme der Gewinne ein. Vorteilhaft ist die Besteuerung nach den Regeln für Kapitalgesellschaften insbesondere bei ertragsstarken mittelständischen Unternehmen, aber z.B. auch bei Immobilien-Personengesellschaften.

Mit dem Wachstumschancengesetz sind nun insoweit einige punktuelle Verbesserungen in Kraft getreten. So steht die Option zur Körperschaftsbesteuerung nun auch der eingetragenen GbR offen, was insbesondere für Immobilien-GbR interessant sein kann. Weiterhin kann eine neu zu gründende Personengesellschaft unmittelbar zur Körperschaftsbesteuerung optieren und der Formwechsel von der Kapitalgesellschaft in die Personengesellschaft kann durch unmittelbare Option zur Körperschaftsbesteuerung steuerlich als homogener Formwechsel erfolgen.

Hinweis:

Diese Option zur Körperschaftsbesteuerung kann ein sinnvolles Instrument sein, um die steuerlichen Rahmenbedingungen für Personengesellschaften signifikant zu verbessern. Anzuraten ist, steuerlichen Rat einzuholen, um für den Einzelfall diese Möglichkeit zu prüfen.

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