Mandantenrundschreiben 02/2006
1 Aktuelles zur Steuergesetzgebung
2 Auch Erträge aus Alt-Lebensversicherungen können steuerpflichtig werden
3 Neuregelung der Abzugsfähigkeit von Berufsausbildungskosten
4 "Reverse-Charge-Verfahren" - Systemwechsel bei der Umsatzsteuer?
5 Änderungen bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen
6 Verlagerung des umsatzsteuerlichen Leistungsorts - Anwendungsfälle und Risiken
7 Wechsel der Gewinnermittlungsart
8 Teilwertabschreibung bei langlebigen Wirtschaftsgütern
9 Bilanzielle Berücksichtigung drohender Verluste aus Bauleistungen
10 Kein pauschaler Vorsteuerabzug aus Reisekosten
11 Möglichkeiten der steuerneutralen Realteilung einer Personengesellschaft
12 Lohnsteuer bei Betriebsveranstaltungen
13 Lohnsteuer bei verbilligter Wohnraumüberlassung
14 Vermietung eines Büroraumes durch den Arbeitnehmer an den Arbeitgeber
15 Geplante Senkung des Sparerfreibetrags: Gestaltungsempfehlungen
16 Besteuerung der Kapitaleinkünfte verfassungsgemäß
17 Finanzverwaltung zur Besteuerung von Bezugsrechten
18 Halbeinkünfteverfahren bei der Veräußerung von Bezugsrechten
20 Werbungskostenabzug auch dann möglich, wenn ein Dritter die Kosten trägt
21 Abschreibungen erhöhen den Spekulationsgewinn
22 Grenzüberschreitende Verlustverrechnung im Konzern (Rechtssache "Marks & Spencer")
23 Änderung von Steuerbescheiden auf Grund der Aufdeckung von verdeckten Gewinnausschüttungen
24 Veräußerung eines Bezugsrechts an GmbH-Anteilen
25 Gehaltserhöhungen im Jahr 2006
27 Genussrechte als Beteiligung im Sinne des § 17 Einkommensteuergesetz?
28 Steuerliche Behandlung einer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil
29 Körperschaftsteuerliche Umgliederungsvorschriften verfassungsgemäß
30 Aktuelle Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung
31 Bedeutung der Regelungen zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs
32 Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens
33 Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens
34 Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei nachträglich in ein Wirtschaftsgut eingehenden Gegenständen
36 Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten
37 Geschäftsveräußerung und andere Formen der Rechtsnachfolge
38 Vereinfachungen bei der Berichtigung des Vorsteuerabzugs
1 Aktuelles zur Steuergesetzgebung
a) Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung
Im Mandanten-Rundschreiben 1/2006 wurde über den Entwurf eines "Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung" berichtet. Nun liegt ein Gesetzentwurf vor, der im Bundestag behandelt wurde. Ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist für den April 2006 vorgesehen.
Bei der strittigen Frage der Abzugsfähigkeit erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten konnte in der Regierungskoalition eine Einigung erzielt werden, die nun gute Chancen hat, Gesetz zu werden. Vorgesehen ist nach aktuellem Stand, dass Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt gehörenden Kindes, die wegen einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen anfallen, bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder wegen einer vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, in Höhe von zwei Dritteln der Aufwendungen, höchstens 4 000 € je Kind und Jahr, steuerlich abgesetzt werden können. Weggefallen ist also gegenüber der ursprünglichen Planung der Sockelbetrag von 1 000 € für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres. Die Abzugsmöglichkeit gilt für Alleinerziehende und für zusammenlebende Elternteile. Zusammenlebende Eltern können den Abzug aber nur dann erhalten, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind.
Ausgeschlossen von der steuerlichen Förderung sind allerdings Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten (z.B. Musikunterricht oder Computerkurse) sowie für sprachliche und andere Freizeitbeschäftigungen (z.B. Mitgliedschaft in Sportvereinen, Tennis- und Reitunterricht).
Neben dem Abzug von Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben, was eben nur in Frage kommt, wenn diese Aufwendungen erwerbsbedingt anfallen, ist ein Abzug als Sonderausgaben vorgesehen und zwar unabhängig von Erwerbstätigkeit, Behinderung, Krankheit oder Ausbildung der Eltern. Dies gilt aber nur für Kinder, die das 3., aber noch nicht das 6. Lebensjahr vollendet vollendet haben. In diesem Fall können zwei Drittel der Kinderbetreuungskosten, höchstens 4 000 € pro Jahr, steuerlich abgesetzt werden.
Bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder wegen einer vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, sollen zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 € je Kind und Jahr, steuerlich abgesetzt werden können, wenn der Steuerpflichtige sich in Ausbildung befindet, behindert ist oder bei zusammenlebenden Elternteilen diese Voraussetzungen bei beiden Elternteilen erfüllt sind oder bei einem Elternteil erfüllt sind und der andere Elternteil erwerbstätig ist.
Hinweis:
Schon jetzt ist abzusehen, dass diese Regelung nicht zur Vereinfachung des Steuerrechts beitragen wird. Die exakte Ausformulierung des Gesetzes bleibt abzuwarten. Hierüber werden wir dann ausführlich berichten.
b) Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen
Ebenfalls im förmlichen Gesetzgebungsverfahren befindet sich der Entwurf eines "Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen" und zwar zwei konkurrierende Versionen der Bundesregierung und des Bundesrates. Auch hier ist ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens für April dieses Jahres vorgesehen.
Wesentliche Änderungen zum Entwurf aus dem Dezember 2005, über den im Mandanten-Rundschreiben 1/2006 berichtet wurde, haben sich nicht ergeben. Nach wie vor ist geplant, die Anwendung der 1 %-Regelung bei der Besteuerung der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge auf Fahrzeuge zu beschränken, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden. Die Unsicherheit über die zukünftige Ausgestaltung der Regelung und über den möglichen Handlungsbedarf bleibt noch bestehen.
Umstritten ist dagegen die vorgesehene Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei der Umsatzsteuer für Gebäudereinigungsleistungen. Die von der Bundesregierung vorgesehene Gesetzesänderung würde eine sehr große Zahl an Unternehmern betreffen und zu einer ganz deutlichen Erhöhung des Erklärungsaufwandes führen. Der Bundesrat befürwortet eine solche Änderung derzeit nicht.
c) Geplante Änderungen bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer
Angekündigt wurde von der Bundesregierung, dass die vorgesehene Reform der Erbschaftsteuer nun doch kurzfristig umgesetzt werden soll. Ein Gesetzentwurf liegt noch nicht vor. Jedenfalls war vorgesehen, unter bestimmten Bedingungen die anfallende Steuer bei der Übertragung von Betriebsvermögen über zehn Jahre zinslos zu stunden und jedes Jahr zu einem Zehntel zu erlassen. Allerdings sollte nach einem früheren Gesetzentwurf, der aber zwischenzeitlich gescheitert war, nur noch so genanntes Produktivvermögen begünstigt werden.
Hinweis:
Übertragungen von Produktivvermögen bis zu einer bestimmten Grenze (im Gespräch waren 100 Mio. €) wären nach den bisherigen Überlegungen des Gesetzgebers künftig deutlich attraktiver als bislang. Insofern erscheint eine abwartende Haltung sinnvoll.
Enthält das Betriebsvermögen in größerem Umfang nicht begünstigtes Vermögen, so entfallen voraussichtlich insoweit künftig die erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen, so dass geprüft werden sollte, ob das derzeitige Recht noch genutzt werden kann. Betroffen sind insbesondere Gesellschaften mit größerem fremdvermieteten Immobilienbestand oder auch mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften bei Beteiligungsquoten bis zu 25 %.
Nach wie vor steht aber auch der Wegfall der schenkung-/erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen für gewerblich geprägte Gesellschaften im Raum. Betroffen sind von diesen drohenden Änderungen GmbH & Co. KG, die eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit wie die Verwaltung von Wertpapiervermögen oder Immobilien ausführen. Gerade zur Erreichung einer begünstigten Übertragung größeren Privatvermögens wurden bisher derartige Gestaltungen häufig eingesetzt, was künftig eventuell nicht mehr möglich sein wird.
Hinweis:
Um die erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen zu sichern, wäre die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit notwendig. Allerdings ist derzeit noch fraglich, ob dies letztlich zielführend ist, da künftig die erbschaftsteuerliche Begünstigung auf so genanntes Produktivvermögen begrenzt werden soll (siehe oben). Aus diesem Grunde kann nur angeraten werden, sorgfältig zu prüfen, ob anstehende Übertragungen zeitlich vorgezogen werden können. Insofern sind allerdings die weiteren Aktivitäten des Gesetzgebers genau zu verfolgen.
d) Neue Vermögensteuer der Länder?
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat Ende des Jahres 2005 einen Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Vermögensteuergesetzes in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Seitdem das Bundesverfassungsgericht die damalige Vermögensteuer im Jahre 1995 als verfassungswidrig verworfen hatte, wird sie zwar nicht mehr erhoben, formal besteht das Vermögensteuergesetz aber noch, da es bisher nicht aufgehoben wurde.
Hintergrund des Hamburger Vorstoßes ist, dass sich mit der endgültigen Aufhebung des Vermögensteuergesetzes den Bundesländern die Möglichkeit eröffnen würde, eigene Vermögensteuergesetze zu erlassen. Die weitere Entwicklung des Gesetzgebungsvorhabens ist zurzeit nicht absehbar.
2 Auch Erträge aus Alt-Lebensversicherungen können steuerpflichtig werden
Zinsen und Sparanteile aus Lebensversicherungsverträgen, die bis 2004 abgeschlossen wurden, sind unter bestimmten Bedingungen, insbesondere bei einer mindestens zwölfjährigen Vertragslaufzeit, steuerfrei. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn dieses Steuerprivileg kann bei Vertragsänderungen entfallen. So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 6.7.2005 (Aktenzeichen VIII R 71/04) entschieden, dass die nachträgliche Verlängerung eines Versicherungsvertrages um drei Jahre trotz gleich bleibender Beitragsleistungen steuerrechtlich zu einem neuen Vertrag führt, wenn die Möglichkeit der Vertragsänderung im ursprünglichen Versicherungsvertrag nicht vorgesehen war und sich auf Grund der Vertragsänderung die Laufzeit des Vertrages, die Prämienzahlungsdauer, die insgesamt zu entrichtenden Versicherungsbeiträge und die Versicherungssumme ändern.
Die Entscheidung hat zur Konsequenz, dass die Zinsen und Sparanteile, die auf die nach der Vertragsänderung geleisteten Beiträge entfallen, dem neu abgeschlossenen, nicht die Mindestvertragslaufzeit erfüllenden Vertrag zugerechnet werden und damit der Besteuerung unterliegen.
Hinweis:
Die Finanzverwaltung lässt in bestimmten Fällen vertragliche Änderungen zu, ohne dass dies zu steuerlichen Nachteilen führt. Im Einzelfall sollte wegen der umfangreichen Auswirkungen steuerlicher Rat eingeholt werden.
3 Neuregelung der Abzugsfähigkeit von Berufsausbildungskosten
Nach der grundlegenden, für die Steuerpflichtigen günstigen Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes in 2002 und 2003 zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Berufsausbildungskosten erfolgten mit Wirkung ab 2004 Gesetzesänderungen, welche die steuerliche Abzugsfähigkeit dann wieder teilweise einschränkten. Nunmehr hat die Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 4.11.2005, Aktenzeichen IV C 8 - S 2227 - 5/05) zu diesen Fragen ausführlich Stellung genommen. Die wichtigsten Aspekte dieser für die Praxis bedeutsamen Äußerung werden im Folgenden dargestellt.
a) Grundsätze
Hinsichtlich der steuerlichen Abzugsfähigkeit sind verschiedene Fälle zu unterscheiden:
- Aufwendungen für eine berufliche Fort- und Weiterbildung stellen steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar, sofern diese Aufwendungen durch den Beruf veranlasst sind. Insoweit haben sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht geändert. Im Ergebnis können somit die getätigten Aufwendungen mit den beruflichen und anderen Einnahmen verrechnet werden oder zu Verlusten führen, die in Folgejahren mit Einnahmen verrechnet werden können.
- Ist einer Berufsausbildung eine abgeschlossene erstmalige Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Erststudium vorausgegangen, so handelt es sich dagegen bei den durch die weitere Berufsausbildung entstehenden Kosten um steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit späteren steuerpflichtigen Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit besteht. Dies gilt auch für ein Studium nach einem abgeschlossenen Erststudium. Insoweit haben sich keine Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen ergeben. Die steuerlichen Folgen entsprechen denen des erstgenannten Falles.
- Dagegen sind Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten, es sei denn, die Bildungsmaßnahme findet im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt. Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, die nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, können allerdings bis zu einer Höhe von 4 000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abgezogen werden. Der Abzug als Sonderausgaben wirkt sich allerdings steuerlich nur aus, wenn im selben Jahr auch Einkünfte erzielt werden.
Hinweis:
Tragen Kinder Berufsausbildungskosten, kann es von Vorteil sein, wenn diesen entsprechende Einkunftsquellen verschafft werden, um die Berufsausbildungskosten steuerlich nutzen zu können.
b) Erstmalige Berufsausbildung
Unter dem Begriff der Berufsausbildung werden berufliche Ausbildungen unter Ausschluss eines Studiums verstanden. Dies sind vor allem Berufsausbildungsverhältnisse nach dem Berufsbildungsgesetz sowie anerkannte Lehr- und Anlernberufe einschließlich Behinderten-Ausbildungsberufe, die Ausbildung auf Grund der bundes- oder landesrechtlichen Ausbildungsregelungen für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen, landesrechtlich geregelte Berufsabschlüsse an Berufsfachschulen und die Berufsausbildung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Andere Bildungsmaßnahmen werden nur dann anerkannt, wenn Ausbildung und Abschluss vom Umfang und von der Qualität her grundsätzlich mit den genannten Berufsausbildungsmaßnahmen vergleichbar sind.
Aufwendungen für den Besuch einer allgemeinbildenden Schule sind Kosten der privaten Lebensführung und dürfen daher nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den einzelnen Einkunftsarten abgezogen werden. Insoweit ist aber ein (pro Kalenderjahr auf 4 000 € begrenzter) Sonderausgabenabzug möglich, der sich allerdings nur dann auswirkt, wenn der Steuerpflichtige über entsprechend hohe Einnahmen verfügt.
Eine Berufsausbildung wird dann als erstmalig angesehen, wenn ihr keine andere abgeschlossene Berufsausbildung oder kein abgeschlossenes berufsqualifizierendes Hochschulstudium vorausgegangen ist.
c) Erststudium
Von einem Erststudium wird dann gesprochen, wenn dem Studium kein anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium vorangegangen ist. Beendet wird ein Studium entsprechend der jeweiligen Hochschulordnung durch eine Hochschulprüfung oder eine staatliche oder kirchliche Prüfung. Die erstmalige Aufnahme eines Studiums an einer Fachschule stellt ein Erststudium dar. Bei einem Wechsel des Studiums ohne Abschluss des zunächst betriebenen Studienganges stellt das zunächst aufgenommene Studium kein abgeschlossenes Erststudium dar. Als berufsqualifizierender Studienabschluss gilt auch der Abschluss eines Studienganges, durch den die fachliche Eignung für einen beruflichen Vorbereitungsdienst oder eine berufliche Einführung vermittelt wird. Dazu zählt z.B. der juristische Vorbereitungsdienst (Referendariat).
Ein Promotions- oder Masterstudium setzt regelmäßig ein bereits abgeschlossenes Studium voraus. Aufwendungen für ein Promotionsstudium und die Promotion stellen Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar, sofern ein berufsbezogener Veranlassungszusammenhang besteht.
Eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Studium findet im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses statt, wenn die Ausbildungsmaßnahme Gegenstand des Dienstverhältnisses ist. Die dadurch veranlassten Aufwendungen stellen Werbungskosten dar und können damit steuerlich geltend gemacht werden. Dementsprechend liegt aber kein Ausbildungsverhältnis vor, wenn die Berufsausbildung oder das Studium nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, auch wenn die Berufsbildungsmaßnahme oder das Studium seitens des Arbeitgebers durch Hingabe von Mitteln, z.B. eines Stipendiums, gefördert wird.
d) Abzug von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung
Zu den abziehbaren Aufwendungen gehören z.B. Lehrgangs-, Schul- oder Studiengebühren, Arbeitsmittel, Fachliteratur, Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsort, Mehraufwendungen für Verpflegung, Mehraufwendungen wegen auswärtiger Unterbringung und Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer.
4 "Reverse-Charge-Verfahren" - Systemwechsel bei der Umsatzsteuer?
Das derzeitige Umsatzsteuersystem in der EU kann als eine Allphasen-Umsatzsteuer mit Vorsteuerentlastung gekennzeichnet werden. Dies heißt, dass auf allen Stufen des Umsatzprozesses Umsatzsteuer erhoben wird und, da letztlich nur der Endverbraucher belastet werden soll, eine Entlastung der Unternehmer von der Umsatzsteuer aus Vorstufen mittels Vorsteuerabzug erfolgt. Dieses System hat sich im Grundsatz bewährt und wirft in der Handhabung wenige Schwierigkeiten auf. Allerdings zeigt sich mehr und mehr, dass dieses System anfällig für Betrug ist. Mittlerweile gehen den EU-Staaten Steuereinnahmen in Milliardenhöhe verloren, weil betrügerische Unternehmer auf der einen Seite Vorsteuer geltend machen, auf der anderen Seite aber die korrespondierende Umsatzsteuer nicht abgeführt wird.
Aus diesem Grund wird über einen grundlegenden Systemwechsel bei der Umsatzsteuer nachgedacht. Favorisiert wird in Deutschland und vor allem auch in Österreich das so genannte Reverse-Charge-Verfahren. Dieses Modell sieht vor, dass bei Geschäften zwischen Unternehmen oberhalb eines Rechnungsbetrages von 5 000 € beim leistenden Unternehmer keine Umsatzsteuer mehr fällig wird. Dies soll dadurch erreicht werden, dass die Umsatzsteuerschuld in diesen Fällen vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger verlagert wird. Steuerschuld und Vorsteuerabzug fallen dann in der Person des Leistungsempfängers zusammen und saldieren sich im Regelfall vollständig. Umsatzsteuer würde erst beim Verkauf an private Endkunden anfallen. Unternehmer müssten mit einer R-Nummer gegenüber dem Lieferanten nachweisen, dass sie zum umsatzsteuerfreien Einkauf berechtigt sind. Ergänzt werden soll dieses Verfahren durch ein besonderes Kontrollverfahren, das vergleichsweise einfach installiert werden könnte.
Problematisch und bislang ungeklärt ist die Haftungsfrage, wenn ein Abnehmer unberechtigt eine R-Nummer angibt. Insoweit kommt eine Haftung des liefernden Unternehmers oder auch des Fiskus in Betracht.
Ob und wann eine Systemänderung bei der Umsatzsteuer kommen wird, ist derzeit noch offen. Jedenfalls müsste dies EU-einheitlich erfolgen, und auf Ebene der EU-Staaten findet derzeit erst ein "Sondierungs-Prozess" statt. Dennoch geht der Trend in diese Richtung. Auch im derzeitigen System werden immer mehr Umsätze von der so genannten Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers erfasst (so insbesondere bei Bauleistungen), was als Vorstufe zum Reverse-Charge-Verfahren angesehen werden kann.
5 Änderungen bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen
a) Neue Heubeck-Richttafeln
Anfang Juli 2005 wurden neue Heubeck-Richttafeln zur Bewertung von Pensionsrückstellungen veröffentlicht. Die Heubeck-Richttafeln, auch als Sterbetafeln bezeichnet, sind die Basis für die Bewertung von Verpflichtungen aus Pensionszusagen; sie werden als versicherungsmathematische Grundsätze steuerrechtlich anerkannt. Im Gegensatz zu den bisherigen Richttafeln wurden nun so genannte Generationentafeln vorgelegt. Bei den neuen Richttafeln hängen die Sterblichkeit und damit die Lebenserwartung sowie die weiteren biometrischen Daten wie z.B. die Heirats- oder Invaliditätswahrscheinlichkeit nicht mehr ausschließlich vom Lebensalter, sondern auch vom Geburtsjahrgang ab.
Bei aktiven Anwärtern führt die zu erwartende längere Lebenserwartung zu einer Erhöhung der Pensionsrückstellung. Allerdings gibt es auch gegenläufige Aspekte. Die Heiratswahrscheinlichkeiten wurden deutlich reduziert, so dass mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit eine Hinterbliebenenrente zu zahlen ist, was sich mindernd auf die Pensionsrückstellungen auswirken kann. Auch die Invaliditätswahrscheinlichkeit ist auf Grund des veränderten Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsverhaltens deutlich abgesunken. Somit kann es durch Anwendung der neuen Richttafeln auch zu einem Absinken der Pensionsrückstellung kommen.
b) Auswirkungen auf die Handelsbilanz
Anzuwenden sind die neuen Sterbetafeln für Bilanzstichtage, die der Veröffentlichung der Richttafeln folgen, im Regelfall also zum 31.12.2005. Führt die Anwendung der Richttafeln zu einem höheren Wertansatz als nach den alten Richttafeln, ist die Anpassung unmittelbar vorzunehmen, d.h. die Rückstellungen sind mit dem neu berechneten Wert anzusetzen. Dies kann das handelsrechtliche Ergebnis des Geschäftsjahres 2005 im Einzelfall deutlich belasten.
Führt die Anwendung der neuen Richttafeln zu einem Absinken des Rückstellungswertes, so ist grundsätzlich die Pensionsrückstellung um den entsprechenden Betrag erfolgswirksam aufzulösen. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass der Rückstellungsberechnung regelmäßig der steuerlich vorgeschriebene Zinssatz von 6 % zu Grunde gelegt wird. Dieser Zinssatz übersteigt aber das derzeitige Zinsniveau am Kapitalmarkt deutlich. Wird die Rückstellung in der Handelsbilanz mit einem niedrigeren, also marktgerechten Zinssatz berechnet, ergibt sich rein mathematisch ein deutlich höherer Rückstellungsbetrag. Aus diesem Grunde ist ein niedrigerer Rückstellungsbetrag wegen Anwendung der neuen Richttafeln oftmals nicht vertretbar.
c) Auswirklungen auf das steuerliche Ergebnis
Auf Grund gesetzlicher Regelung kann der Unterschiedsbetrag, der sich aus der erstmaligen Anwendung der neuen Richttafeln ergibt, in der steuerlichen Gewinnermittlung nur auf mindestens drei Wirtschaftsjahre gleichmäßig verteilt der jeweiligen Pensionsrückstellung zugeführt werden. Die gleichmäßige Verteilung ist sowohl bei positiven als auch bei negativen Unterschiedsbeträgen erforderlich. Zu diesem Zweck ist zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der neuen Richttafeln der Wert der Pensionsrückstellung nach den neuen und nach den alten Richttafeln zu berechnen und der sich ergebende Unterschiedsbetrag zu ermitteln. Steuerlich anzusetzen ist dann der Betrag nach den alten Richttafeln zuzüglich eines Drittels des Unterschiedsbetrages. Dabei können die Rückstellungen für alle Arbeitnehmer zusammengefasst betrachtet werden.
In der Regel wird somit für einen Übergangszeitraum der Wertansatz der Handelsbilanz vom steuerlichen Wertansatz differieren. Insofern weicht dann auch das handelsrechtliche Ergebnis von dem steuerlichen Gewinn ab.
6 Verlagerung des umsatzsteuerlichen Leistungsorts - Anwendungsfälle und Risiken
Voraussetzung für die Umsatzsteuerbarkeit einer Leistung im Inland ist, dass sie im Inland ausgeführt wird. Das heißt, der Ort der Leistung muss im Inland liegen. Nicht entscheidend ist dagegen, ob der leistende Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, ob er im Inland ansässig ist und hier die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt.
a) Ort der sonstigen Leistung
Wo aber der Ort der Leistung ist, bestimmt sich nach sehr komplexen umsatzsteuergesetzlichen Regelungen. Insbesondere bei Sachverhalten mit Auslandsberührung sollte der Ort der Leistung und damit die Frage, ob die Leistung der deutschen Umsatzsteuer unterliegt, sorgfältig geprüft werden. Nachfolgend wird lediglich auf eine Spezialregelung hingewiesen.
b) Verlagerung des Leistungsorts
Bei bestimmten "sonstigen Leistungen" lässt sich nämlich der Ort dieser Leistungen durch gezielte Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verlagern, und zwar in den Mitgliedstaat der EU, der dem Leistungsempfänger (Auftraggeber) die ihm für diesen Umsatz verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat. So kann z.B. ein inländischer Auftraggeber die Umsatzsteuerbarkeit einer aus einem anderen Mitgliedstaat der EU bezogenen Leistung durch Verwendung seiner deutschen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nach Deutschland verlagern, was die umsatzsteuerliche Abwicklung des Vorgangs erheblich vereinfachen kann.
Eine solche Verlagerung kommt bei folgenden sonstigen Leistungen in Betracht:
- Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände,
- Vermittlungsleistungen,
- innergemeinschaftliche Güterbeförderungen sowie damit im Zusammenhang stehende Leistungen, Vor- und Nachläufe.
Beispiel:
Großhändler D aus Köln beauftragt den Frachtführer N aus den Niederlanden mit einer Warenbeförderung von Belgien nach Köln. D verwendet N gegenüber seine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.
Grundsätzlich gelten Beförderungsleistungen dort als ausgeführt, wo die Beförderung bewirkt wird. Erstreckt sich die Beförderung nur teilweise auf das Inland, so ist danach nur der Teil der Beförderungsleistung im Inland umsatzsteuerbar, der auf das Inland entfällt. Dieser Grundsatz kommt jedoch i.d.R. nur bei grenzüberschreitenden Beförderungen von und nach Drittlandsgebieten zur Anwendung. Bei innergemeinschaftlichen Güterbeförderungen (Beförderungen, die in dem Gebiet von zwei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten beginnen und enden) ist davon abweichend gesetzlich geregelt, dass der Ort der Beförderungsleistung grundsätzlich dort ist, wo die Beförderung des Gegenstands beginnt. Das wäre im Beispiel in Belgien. Die Durchführung der Umsatzbesteuerung in Belgien wäre hier aber sehr unpraktisch, da weder D noch N in Belgien ansässig sind. Deswegen gibt es eine gesetzliche Regelung, nach der eine unter der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eines EU-Mitgliedstaats in Anspruch genommene Beförderungsleistung in diesem Mitgliedstaat der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als ausgeführt gilt, im Beispiel also in Deutschland. Zu beachten ist, dass dann D - obwohl er Leistungsempfänger ist - die Umsatzsteuer schuldet, da N im Ausland ansässig ist (sog. Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers). Das heißt, nicht N, sondern D hat die Umsatzsteuer zu erklären und abzuführen. N erhält von D nur das Nettoentgelt, und die von D abzuführende Umsatzsteuer gleicht sich aus mit dem entsprechenden Vorsteuerabzug des D.
c) Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
Die Finanzverwaltung hat nun konkretisiert, was sie unter "Verwendung" einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer versteht (Oberfinanzdirektion Hannover vom 15.6.2005, Aktenzeichen S 7117h - 3 - StO 172):
- Die Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer soll grundsätzlich vor Ausführung der Leistung vereinbart und im üblicherweise verwendeten Dokument (z.B. Speditionsauftrag) schriftlich festgehalten werden.
- Die Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer setzt ein positives Tun in der Regel bei Vertragsabschluss voraus; allein die formularmäßige Verwendung (z.B. im Briefkopf oder in einer Gutschrift des Leistungsempfängers) soll nicht ausreichend sein.
- So kann z.B. bei einer mündlichen Auftragserteilung eine Erklärung über die Verwendung einer bestimmten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer abgegeben und diese in einer Telefonnotiz festgehalten werden. Genauso kann bei Abrechnung mit Gutschrift statt eines formularmäßigen Vordrucks die verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Einzelfall eingetragen werden.
Hinweis:
Der gesamte Bereich der Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung ist sehr vielschichtig. Es bestehen zahlreiche Spezial- und Ausnahmeregelungen. Deshalb kann es sich empfehlen, ggf. steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen.
7 Wechsel der Gewinnermittlungsart
Insbesondere Freiberufler und bestimmte kleine Gewerbetreibende haben die Wahl, ihren Gewinn entweder durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder durch Bilanzierung (Betriebsvermögensvergleich) zu ermitteln.
a) Vor- und Nachteile der Einnahmen-Überschuss-Rechnung
Besteht im konkreten Fall die Wahl zwischen einer Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung oder Bilanzierung, so müssen die Vor- und Nachteile abgewogen werden. Dies ist nur für den Einzelfall möglich.
Als Vorteile der Einnahmen-Überschuss-Rechnung können allgemein genannt werden:
- Grundsätzlich einfachere Gewinnermittlungsart.
- Wegen des i.d.R. geltenden Zufluss- und Abflussprinzips grundsätzlich leichtere steuerwirksame Zuordnung oder Verlagerung von Einnahmen und Ausgaben in ein gewünschtes Wirtschaftsjahr.
- Ausgaben für Vorratsvermögen wirken sich unmittelbar steuermindernd aus und nicht erst bei dem Weiterverkauf der Waren.
- Sonder- und Ansparabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe können unter den sonstigen Voraussetzungen ohne Rücksicht auf die Höhe des Betriebsvermögens gebildet werden.
Es ergeben sich bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung jedoch auch Nachteile:
- Der Gewinn kann nicht durch Rückstellungen gemindert werden.
- Anzahlungen und Abschlagszahlungen von Kunden erhöhen bereits mit Zufluss den Gewinn.
- Teilwertabschreibungen werden nicht zugelassen.
- Pflicht zur Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ab einem Grenzbetrag von 17 500 €.
Wird der Gewinn bisher durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, kann ein Wechsel gesetzlich zwingend erforderlich werden (z.B. für Gewerbetreibende bei Überschreiten bestimmter Umsatz- und Gewinngrenzen sowie Mitteilung durch die Finanzbehörde, aber auch in Fällen der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe). Ein Wechsel zur Bilanzierung kann aber im Einzelfall auch vorteilhaft und damit freiwillig angestrebt sein, z.B. aus folgenden Gründen:
- Möglichkeit der Bildung von Rückstellungen (z.B. für Schadensersatzverpflichtungen, Pensionszusagen, Prozessrisiken),
- Möglichkeit zur Vornahme von Teilwertabschreibungen,
- z.B. bei Ingenieuren und Architekten: erhebliche Anzahlungen, die sich bei Bilanzierung noch nicht gewinnerhöhend auswirken würden.
b) Voraussetzungen und Folgen des Wechsels zur Bilanzierung
Es kann empfehlenswert sein, sich jeweils vor dem Beginn eines Wirtschaftsjahres für eine Gewinnermittlungsart zu entscheiden und die Aufzeichnungen dann entsprechend zu organisieren. Wie der Bundesfinanzhof nochmals bekräftigte, ist ein Wechsel der Gewinnermittlungsart von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zur Bilanzierung an verschiedene Voraussetzungen geknüpft (Urteil vom 19.10.2005, Aktenzeichen XI R 4/04):
- Hat sich der Steuerpflichtige ursprünglich für die Einnahmen-Überschuss-Rechnung entschieden, kann er seine Wahlentscheidung allein durch eine nachträglich erstellte Buchführung nicht mehr ändern. Erforderlich ist vielmehr eine zeitnahe Eröffnungsbilanz (Übergangsbilanz) mit zeitgerecht zum Bilanzeröffnungsstichtag ermittelten - der Eröffnungsbilanz zu Grunde liegenden - Positionen, wozu auch bei Freiberuflern eine Inventur erforderlich sein kann, z.B. um halbfertige Leistungen zu erfassen.
- Einrichtung einer ordnungsgemäßen kaufmännischen ("doppelten") Buchführung (mit Bestandskonten).
- Abschlusserstellung auf Grund von Bestandsaufnahmen.
- Der erste durch Bilanzierung ermittelte Gewinn oder Verlust ist durch Zu- und Abschläge zu korrigieren, um bisher wegen der Besonderheiten der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht oder zu viel erfasste Vorgänge zu berücksichtigen (Übergangsbesteuerung). Zur Vermeidung von Härten kann der Übergangsgewinn auf zwei oder drei Jahre verteilt werden, wenn er nicht durch eine Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs veranlasst war. Eine Übergangsbesteuerung kann sich ggf. auch gewerbesteuerlich auswirken.
Hinweis:
Die Anforderungen an Voraussetzungen und Durchführung eines Wechsels der Gewinnermittlungsart sind sehr hoch. Die steuerlichen Folgen können erheblich sein. Deshalb empfiehlt sich die rechtzeitige Inanspruchnahme steuerlicher Beratung.
8 Teilwertabschreibung bei langlebigen Wirtschaftsgütern
Wirtschaftsgüter sind grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuzüglich angefallener Nebenkosten zu aktivieren. Soweit allerdings eine dauernde Wertminderung vorliegt, ist eine so genannte Teilwertabschreibung auf diesen geminderten Wert vorzunehmen. Gründe für eine Teilwertabschreibung sind insbesondere gegeben, wenn
- das Wirtschaftsgut nicht in der geplanten Weise genutzt werden kann, es sich also um eine Fehlmaßnahme handelt,
- der Wiederbeschaffungspreis des betreffenden Wirtschaftsgutes gesunken ist,
- es zu einer Wertminderung auf Grund technischen Fortschritts gekommen ist oder
- das Wirtschaftsgut nicht mehr vorhanden ist.
Nach den gesetzlichen Vorgaben darf eine Teilwertabschreibung in der Bilanz aber nur dann vorgenommen werden, wenn eine dauernde Wertminderung vorliegt. Nach der Auffassung der Finanzverwaltung (Schreiben vom 25.2.2000, Aktenzeichen IV C 2 - S 2171 b - 14/00) soll dies für das abnutzbare Anlagevermögen nur dann gegeben sein, wenn der Teilwert während der Hälfte der Restnutzungsdauer unter dem um die planmäßigen Abschreibungen geminderten Buchwert liegt. Insbesondere bei Gebäuden ist dieser Nachweis nur schwer zu führen.
Das Finanzgericht Münster hat nun mit Urteil vom 14.1.2005 (Aktenzeichen 9 K 1564/03 K, G) abweichend von dem Grundsatz der Finanzverwaltung entschieden, dass der Prognosezeitraum fünf Jahre nicht überschreiten dürfe. Im Zweifel sei von einer dauernden Wertminderung auszugehen.
Ein solcher Nachweis einer voraussichtlich dauernden Wertminderung über den Prognosezeitraum von maximal fünf Jahren ist in der Praxis sehr viel einfacher zu führen. Zu beachten ist allerdings, dass gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt wurde (Aktenzeichen I R 22/05). Dennoch bietet das Urteil des Finanzgerichts gerade in steuerlichen Betriebsprüfungen eine gute Argumentationshilfe für den Steuerpflichtigen.
9 Bilanzielle Berücksichtigung drohender Verluste aus Bauleistungen
Bei Bauunternehmungen sind zum Bilanzstichtag noch nicht fertig gestellte Bauleistungen im Vorratsvermögen als "Unfertige Bauleistungen" zu aktivieren. Als Wertansatz sind die bis zum Bilanzstichtag angefallenen Herstellungskosten, also Material- und Lohnkosten sowie angemessene Gemeinkostenzuschläge und Fremdleistungen, anzusetzen. Droht allerdings aus der Baumaßnahme für das Bauunternehmen ein Verlust, so ist dieser in der Bilanz bereits zu berücksichtigen. Ein Verlust droht dann, wenn die voraussichtlichen Erlöse abzüglich eines Gewinnzuschlages und aller voraussichtlich bis zur Fertigstellung noch anfallenden Kosten geringer sind als die bis zum Bilanzstichtag bereits angefallenen Herstellungskosten. Ein drohender Verlust ist durch eine entsprechende Kürzung des Wertansatzes der unfertigen Bauten zu berücksichtigen. Eine solche Kürzung ("Teilwertabschreibung") ist auch steuerlich wirksam. Übersteigen die voraussichtlichen Verluste dagegen die aktivierungspflichtigen Herstellungskosten, so ist zusätzlich zur Teilwertabschreibung noch eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden. Diese Rückstellung wirkt sich aber auf Grund einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift steuerlich nicht aus.
Der Bundesfinanzhof hat in dem Grundsatzurteil vom 7.9.2005 (Aktenzeichen VIII R 1/03) entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung zu Gunsten der Steuerpflichtigen entschieden, dass zunächst eine (steuerwirksame) Teilwertabschreibung vorzunehmen ist und nur insoweit, als diese nicht ausreicht, um die voraussichtlichen Verluste abzubilden, eine (steuerlich nicht wirksame) Drohverlustrückstellung zu bilden ist.
10 Kein pauschaler Vorsteuerabzug aus Reisekosten
Mit Wirkung ab dem 1.4.1999 wurde die Möglichkeit abgeschafft, aus Reisekosten-Pauschalen einen pauschalen Vorsteuerabzug geltend zu machen. Die Vereinbarkeit dieser Einschränkung von Vorsteuerabzugsmöglichkeiten mit dem EU-Recht wurde vor Gericht angezweifelt (vgl. Mandanten-Rundschreiben 5/2005). Nunmehr hat der Bundesfinanzhof zu Lasten der Steuerpflichtigen entschieden, dass ein Vorsteuerabzug nur möglich ist aus Rechnungen, die die umsatzsteuerrechtlichen Anforderungen erfüllen, also nicht aus Reisekosten-Pauschalen (Urteil vom 7.7.2005, Aktenzeichen V R 4/03).
Hinweise:
Mit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs dürfte die Streitfrage abschließend geklärt sein. Aus heutiger Sicht ist es deshalb wenig erfolgversprechend, entsprechende Bescheide weiterhin offen zu halten.
Ordnungsgemäße Rechnungen sind z.B. auch erforderlich bei Tankquittungen. Erleichterungen bestehen nur, sofern der Brutto-Rechnungsbetrag 100 € nicht übersteigt. Bei diesen so genannten Kleinbetragsrechnungen ist es ausreichend, wenn Name und Anschrift des leistenden Unternehmers, das Ausstellungsdatum, Menge und Art der Lieferung, das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag in einer Summe sowie der anzuwendende Umsatzsteuersatz angegeben sind. Vgl. grundsätzlich zu den Anforderungen an umsatzsteuerliche Rechnungen Mandanten-Rundschreiben 6/2004.
Trägt der Arbeitgeber die Kosten bei Dienstreisen von Arbeitnehmern, dann ist (z.B. bei Hotelrechnungen) - neben den sonstigen Rechnungsanforderungen - sicherzustellen, dass die Rechnungen auf den Unternehmer, also den Arbeitgeber, ausgestellt werden und nicht etwa auf den Arbeitnehmer.
11 Möglichkeiten der steuerneutralen Realteilung einer Personengesellschaft
Die Realteilung, also vereinfacht gesagt die Beendigung (Auseinandersetzung)einer Personengesellschaft in der Form, dass die bisherigen Gesellschafter mit Vermögen der Gesellschaft eigenständige Betriebe fortführen, spielt in der Praxis eine große Rolle. Die Realteilung ist unter bestimmten Bedingungen steuerneutral möglich, was auf langjähriger Rechtsprechung beruht. Mittlerweile wurde dies auch gesetzlich geregelt. Nun nimmt das Bundesministerium der Finanzen zu wichtigen Fragen bei der Realteilung einer Personengesellschaft mit Schreiben vom 28.2.2006 (Aktenzeichen IV B 2 - S 2242 - 6/06) Stellung. Die wichtigsten Aspekte stellen wir im Folgenden dar.
a) Begriff der Realteilung
Im Handelsrecht wird unter einer Realteilung die Auseinandersetzung einer Personengesellschaft derart verstanden, dass die Gesellschafter einzelne Teilbereiche der Personengesellschaft übernehmen und fortführen.
Beispiel:
Die A & B OHG betreibt als Tiefbauunternehmen Betriebsstätten in den Städten D und E. Die Personengesellschaft wird nun in der Weise beendet, dass Gesellschafter A die Betriebsstätte in D allein fortführt und Gesellschafter B die Betriebsstätte in E.
Steuerlich wird unter einer Realteilung die Aufteilung gemeinschaftlichen Betriebsvermögens zur Erfüllung des Auseinandersetzungsanspruchs der Mitunternehmer verstanden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Realteilung insoweit mit einer Betriebsaufgabe zu vergleichen, als auch bei der Realteilung die bisherige Personengesellschaft aufgelöst wird. In der Literatur wird dagegen zudem die Auffassung vertreten, dass eine Realteilung auch vorliegen soll, wenn ein Gesellschafter ausscheidet und als Sachabfindung einen Teilbereich der Personengesellschaft selbst fortführt, während die verbleibende Personengesellschaft von dem verbleibenden Gesellschafter fortgeführt wird.
Erfolgt die Abfindung ausscheidender Gesellschafter gegen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern, so liegt keine Realteilung vor. Der Ausscheidende erhält einen Sachwert-Abfindungsanspruch; sein Mitunternehmeranteil wächst allen verbleibenden Mitunternehmern an. Allerdings kann auch dieser Vorgang regelmäßig ohne Aufdeckung und Versteuerung der in den Wirtschaftsgütern vorhandenen stillen Reserven erfolgen, wobei sich im Detail die steuerlichen Folgen aber von denen einer Realteilung unterscheiden.
Auch liegt keine Realteilung vor, wenn z.B. im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich Teilbereiche der Personengesellschaft übertragen werden.
Hinweis:
Die Abgrenzung der Realteilung von anderen Formen der Auseinandersetzung ist im Einzelfall oftmals schwierig, aber dennoch sehr wichtig, da sich die steuerlichen Folgen im Detail gravierend unterscheiden können. Aus diesem Grunde ist eine sorgfältige Beratung insbesondere auch hinsichtlich der Vertragsgestaltung erforderlich.
b) Gegenstand der Realteilung
Die Realteilung umfasst das gesamte Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft einschließlich des so genannten Sonderbetriebsvermögens, also Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Gesellschafters stehen, aber der Personengesellschaft zur Nutzung überlassen werden. Die Realteilung kann durch Übertragung von Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen oder Einzelwirtschaftsgütern erfolgen.
Hinweis:
Eine Realteilung liegt also dann nicht vor, wenn einer der Mitunternehmer sich gegen Abfindung zur Ruhe setzt und die übrigen Mitunternehmer jeweils allein ihre berufliche Tätigkeit fortsetzen.
Weiterhin ist Voraussetzung, dass jeder der Realteiler mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage der Personengesellschaft in sein Betriebsvermögen übernimmt. Wesentliche Betriebsgrundlagen sind Wirtschaftsgüter die von ihrer Funktion her für die Personengesellschaft von besonderer Bedeutung sind und daneben solche Wirtschaftsgüter, die in großem Umfang stille Reserven enthalten.
Die von den Realteilern übernommenen Wirtschaftsgüter oder Teilbetriebe müssen in deren Betriebsvermögen überführt werden. Ausreichend ist insoweit, wenn die Realteiler zu diesem Anlass einen neuen Betrieb gründen. Eine steuerneutrale Realteilung erfordert, dass die stillen Reserven steuerverhaftet bleiben.
c) Steuerliche Folgen einer Realteilung
Liegt eine Realteilung im steuerlichen Sinne vor, müssen zwingend die Buchwerte der Wirtschaftsgüter, die in der bisherigen Personengesellschaft ausgewiesen wurden, fortgeführt werden. Dies bedeutet aber eben auch, dass vorhandene stille Reserven nicht aufgedeckt und versteuert werden.
Allerdings ist unter bestimmten Umständen eine Sperrfrist zu beachten: Werden nämlich im Rahmen der Realteilung einzelne Wirtschaftsgüter in ein Betriebsvermögen des Gesellschafters übertragen, so sind rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen und stille Reserven der Besteuerung zu unterwerfen, soweit übertragener Grund und Boden, Gebäude oder andere wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden. Die Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Personengesellschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.
d) Spitzen- oder Wertausgleich
Regelmäßig kann die Realteilung durch Übertragung von Sachwerten wertmäßig nicht exakt dargestellt werden. Vielmehr muss ein Spitzenausgleich in Geld unter den Realteilern erfolgen. In diesem Fall entsteht ein der Besteuerung zu unterwerfender Veräußerungsgewinn, welcher der Einkommen-, nicht aber der Gewerbesteuer unterliegt. Der Veräußerungsgewinn wird nach Auffassung der Finanzverwaltung berechnet durch Gegenüberstellung des Spitzenausgleichs und der anteiligen Buchwerte.
Hinweis:
Ein steuerpflichtiger Spitzenausgleich kann durch Gestaltungen oftmals vermieden werden, was für den Einzelfall zu prüfen wäre. So kann z.B. die Personengesellschaft vor der Realteilung dafür Sorge tragen, dass ausreichend liquide Mittel vorhanden sind, um die wertmäßig gewünschte Realteilung durchführen zu können.
12 Lohnsteuer bei Betriebsveranstaltungen
Bei Betriebsveranstaltungen, wie Betriebsausflügen, Weihnachts- oder Jubiläumsfeiern, ist die Abgrenzung zwischen Aufwendungen im Arbeitgeberinteresse und Arbeitslohn schwierig und in steuerlichen Außenprüfungen oftmals strittig. Der Bundesfinanzhof hat sich nun in zwei Urteilen mit dieser Problematik beschäftigt und dabei seine bisherige Rechtsprechung teilweise geändert.
In dem Urteil vom 16.11.2005 (Aktenzeichen VI R 151/00) bestätigt der Bundesfinanzhof, dass bei Überschreiten der Freigrenze von inzwischen 110 € je Arbeitnehmer in vollem Umfang Arbeitslohn vorliegt, der der Lohnsteuer zu unterwerfen ist.
In einem weiteren Urteil vom selben Tage (Aktenzeichen VI R 151/99) ändert der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung, wonach die über einen Tag hinausgehende Dauer der Betriebsveranstaltung unüblich und damit steuerlich schädlich war. Nunmehr ist die Dauer unerheblich, sofern die Freigrenze eingehalten wird (kein Arbeitslohn).
Generell gehören Leistungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen als Leistungen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht zum Arbeitslohn, wenn es sich um übliche Betriebsveranstaltungen und um bei diesen Veranstaltungen übliche Zuwendungen handelt. Die Finanzverwaltung sieht die Durchführung von nicht mehr als zwei Betriebsveranstaltungen jährlich als üblich an. Werden weitere Veranstaltungen durchgeführt, so fällt Lohnsteuer an.
13 Lohnsteuer bei verbilligter Wohnraumüberlassung
Wird dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Wohnung verbilligt überlassen, so ist die Differenz zwischen der marktüblichen Miete und der tatsächlich vereinbarten Miete als geldwerter Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis der Lohnsteuer zu unterwerfen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 17.8.2005 (Aktenzeichen IX R 10/05) entsteht jedoch kein geldwerter Vorteil, wenn der Arbeitgeber die Wohnung zu einem Mietpreis überlässt, der innerhalb der Spanne des örtlichen Mietspiegels liegt.
Hinweis:
In diesen Fällen ist allerdings eine regelmäßige Überprüfung notwendig, ob die vereinbarte Miete noch innerhalb der durch den Mietspiegel vorgegebenen Spanne liegt. Wird der Mietspiegel nach oben angepasst, so ist auch eine Anpassung der Miete notwendig.
14 Vermietung eines Büroraumes durch den Arbeitnehmer an den Arbeitgeber
Der Bundesfinanzhof hatte mit Urteil vom 16.9.2004 (Aktenzeichen VI R 25/02) entschieden, dass Mietzahlungen für einen vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber überlassenen Büroraum unter bestimmten Bedingungen keinen Arbeitslohn, sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung darstellen, was für den Arbeitnehmer vorteilhaft sein kann, da dann die eigenen Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wohnung voll absetzbar sind.
Die Finanzverwaltung folgt nun "unter Anlegung strenger Maßstäbe" dieser Rechtsprechung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13.12.2005, Aktenzeichen IV C 3 - S 2253 - 112/05). Nach Ansicht der Finanzverwaltung wird das Mietverhältnis nur dann anerkannt, wenn die Büroraumvermietung vorrangig im Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Der Arbeitnehmer muss dies nachweisen. Anhaltspunkte hierfür sollen sein, dass im Unternehmen kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung steht, die Anmietung bei einem Dritten erfolglos blieb und eine schriftliche Vereinbarung über die Nutzung des Arbeitszimmers besteht.
Hinweis:
Ob die Forderungen der Finanzverwaltung einer gerichtlichen Überprüfung standhalten, kann bezweifelt werden. Das Schreiben der Finanzverwaltung zeigt aber, dass bei solchen Gestaltungen äußerste Vorsicht geboten ist.
15 Geplante Senkung des Sparerfreibetrags: Gestaltungsempfehlungen
Durch ein geplantes "Steueränderungsgesetz 2007" soll der Sparerfreibetrag ab dem Jahr 2007 von derzeit 1 370 € (zusammenveranlagte Ehegatten: 2 740 €) auf 750 € (zusammenveranlagte Ehegatten: 1 500 €) erheblich gesenkt werden. Diese Steuerverschärfung wird dazu führen, dass Kapitalerträge bereits aus vergleichsweise kleinen Anlagesummen in die Steuerpflicht wachsen. Dies sollte insbesondere bei geplanten Investitionsentscheidungen in Anlageformen mit vollumfänglicher Auszahlung der gesamten Zinsen nebst Zinseszinsen bei Rückzahlung des Kapitals beachtet werden.
Beispiel:
Zusammen mit dem Werbungskosten-Pauschbetrag von zurzeit 51 € (zusammenveranlagte Verheiratete: 102 €) bleiben bei Umsetzung der Kürzungspläne ab dem Jahr 2007 nur noch Kapitalerträge in Höhe von (750 € + 51 € =) 801 € (Verheiratete: 1 500 € + 102 € = 1 602 €) steuerfrei. Dieser Betrag wird z.B. bereits überschritten bei Anlage von 3 400 € (Verheiratete: 6 800 €) in Bundesschatzbriefe Typ B mit Fälligkeit 1.1.2013 und jährlich steigenden Zinsen von 2 % im Jahr 2006 bis 4 % im Jahr 2012, da der Zinszufluss nicht gleichmäßig Jahr für Jahr, sondern geballt zum Ende der Laufzeit oder bei Rückgabe erfolgt. Problematisch ist darüber hinaus der Fall, dass solche Wertpapiere mit Fälligkeit im Jahr 2007 vom Steuerpflichtigen bereits gehalten werden. In diesem Fall kann ggf. ein teilweiser vorzeitiger Verkauf bzw. eine Rückgabe mit einem daraus resultierenden vorzeitigen Entstehen des Zinsertrages bei Geltung des noch nicht abgesenkten Sparerfreibetrages sinnvoll sein. Bei Investition in Wertpapiere mit jährlicher Zinszahlung dagegen würde z.B. bei 3 % Zinsen erst ab einem Anlagebetrag von 26 700 € (Verheiratete: 53 400 €) der steuerfreie Betrag überschritten.
Hinweis:
Ungewiss ist derzeit allerdings, wann die beabsichtigte Änderung erfolgt. Es gibt auch Stimmen, die eine solche Änderung nicht bereits im Jahr 2007, sondern erst im Zusammenhang mit der Unternehmensteuerreform ab 2008 einführen wollen.
Geprüft werden kann, ob eine mehrfache Ausnutzung der Freibeträge durch Übertragung von Kapitalvermögen z.B. auf Kinder sinnvoll ist. Hat ein Kind keine weiteren Einkünfte, kommt zu dem oben genannten steuerfreien Betrag noch der Grundfreibetrag von zurzeit 7 664 € sowie der Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36 € hinzu. Insgesamt könnten bei dem Kind damit im Jahr 2007 Zinsen in Höhe von (750 € + 51 € + 7 664 € + 36 € =) 8 501 € steuerfrei bleiben, wenn der Sparerfreibetrag dann 750 € beträgt und die anderen Freibeträge sich nicht ändern. Bei einer Verzinsung von 3 % ließen sich bei jährlicher Zinsauszahlung so Zinsen aus einem Anlagebetrag von 283 366 € steuerfrei vereinnahmen.
Hinweise:
An die steuerliche Wirksamkeit der Vermögensübertragung und der Einkünftezuordnung unter Angehörigen stellt die Finanzverwaltung besondere Anforderungen, so dass steuerlicher Rat in Anspruch genommen werden sollte.
Eine Übertragung von Kapitalvermögen kann Schenkungsteuer auslösen. Eine Übertragung auf Kinder ist derzeit bis zur Höhe von 205 000 € schenkungsteuerfrei, wobei mehrere Erwerbe innerhalb von zehn Jahren zusammengerechnet werden.
Vorsicht geboten ist auch z.B. bei Kindern über 18 Jahren in Ausbildung. Erzielt das Kind Einkünfte und Bezüge von zurzeit mehr als 7 680 € im Kalenderjahr, entfällt der Anspruch der Eltern auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag vollständig. Bei der Ermittlung des Betrags der schädlichen Einkünfte und Bezüge des Kindes werden bestimmte Abzugsposten zugelassen, jedoch nicht der Abzug des Sparerfreibetrags.
Zu prüfen wären auch etwaige außersteuerliche Folgen der Überschreitung von Einkommens- oder Vermögensgrenzen von Kindern (z.B. auf BAföG, Sozialversicherungspflicht, Bezüge im öffentlichen Dienst oder von Beamten).
Für bestimmte Kapitalerträge kann der Zinsabschlag in Höhe des Sparer-Freibetrags und des Werbungskosten-Pauschbetrags durch einen Freistellungsauftrag vermieden werden. Aber auch die Höhe des Freistellungsvolumens wird durch eine Änderung des Sparer-Freibetrags beeinflusst werden. Die Erteilung und Änderung von Freistellungsaufträgen ist jetzt - unter bestimmten Voraussetzungen - auch im elektronischen Verfahren möglich (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13.12.2005, Aktenzeichen IV C 1 - S 2404 - 31/05). Es bietet sich an, bei seiner Bank nachzufragen, ob diese Möglichkeit bzw. wann sie über das PIN/TAN-Verfahren im Online-Banking zur Verfügung gestellt wird.
16 Besteuerung der Kapitaleinkünfte verfassungsgemäß
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 7.9.2005 (Aktenzeichen VIII R 90/04) entschieden, dass die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen auch seit 1994 verfassungsgemäß ist, da für ausreichende Verifizierung der steuerlichen Angaben der Bürger mittlerweile gesorgt sei. Geklagt hatte ein Ehepaar, das für Streitjahre zwischen 1994 und 2001 zur Einkommensteuer veranlagt war und dort auch Kapitaleinkünfte angegeben hatte. Es hatte wie schon im Grundsatzverfahren von 1991 gerügt, dass die steuerliche Erfassung der Kapitaleinkünfte nur unzureichend geschehe, so dass die eigene Besteuerung zu Unrecht erfolge.
Dem hat sich das Gericht nicht angeschlossen. Vielmehr verweist es auf bereits frühere Entscheidungen, wonach die seinerzeitige Verzehnfachung des Sparerfreibetrags und die Einführung einer anrechenbaren Zinsabschlagsteuer eine ausreichende Verifizierung der steuerlichen Angaben darstellte. Dass Kapitaleinkünfte im Ausland quellensteuerfrei bezogen werden können, habe der deutsche Gesetzgeber nicht zu vertreten. Besonders weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass mit der Neueinführung der Jahresbescheinigung über Kapitaleinkünfte in Kombination mit der im Jahr 2005 geschaffenen Abfragemöglichkeit, bei welchem Kreditinstitut der Steuerpflichtige seine Konten führt, eine verfassungskonforme Kontrollmöglichkeit bestehe. Weigere sich der Steuerpflichtige, die Jahresbescheinigung auf berechtigtes Anfordern des Finanzamts vorzulegen, stelle dies zumindest einen hinreichenden Anlass für weitere Ermittlungen bei dem Kreditinstitut selbst dar, so dass die im Inland bezogenen Kapitaleinkünfte letztlich dann lückenlos überprüft werden könnten.
Hinweis:
Gegen dieses Urteil ist nun Verfassungsbeschwerde eingelegt worden, die unter dem Aktenzeichen 2 BvR 204/06 beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist. Insoweit ist die Rechtslage weiterhin ungeklärt.
17 Finanzverwaltung zur Besteuerung von Bezugsrechten
Mit Schreiben vom 20.12.2005 (Aktenzeichen IV C 3 - S 2256 - 255/05) hat sich das Bundesministerium der Finanzen zur einkommensteuerlichen Behandlung von Bezugsrechten geäußert.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung bedeutet die Zuteilung eines Bezugsrechts im Falle einer Kapitalerhöhung keinen gesonderten Erwerb des Aktionärs. Vielmehr spaltet sich eine entsprechende Berechtigung aus den ursprünglichen Altaktien ab. Die bisherigen Anschaffungskosten der Altaktien vermindern sich um den Teil, der durch die Abspaltung auf die Bezugsrechte entfällt (Gesamtwertmethode). Dieser Wert ist nach dem Verhältnis des niedrigsten Börsenkurses der Bezugsrechte am ersten Handelstag zum niedrigsten Börsenschlusskurs der Altaktien am letzten Tag vor dem Bezugsrechtshandel zu ermitteln.
Die Ausübung von Bezugsrechten ist nach Ansicht der Finanzverwaltung - gestützt auf Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes - als Veräußerung anzusehen. Erfolgt die Ausübung innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung der Altaktien, liegt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor. Der Veräußerungserlös der Bezugsrechte gehört zu den Anschaffungskosten der bezogenen Aktien. Auch die Veräußerung der durch Bezugsrechte erlangten Aktien stellt ein Veräußerungsgeschäft dar, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Ausübung der Bezugsrechte erfolgt.
18 Halbeinkünfteverfahren bei der Veräußerung von Bezugsrechten
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 27.10.2005 (Aktenzeichen IX R 15/05) entschieden, dass auch die Veräußerung eines durch Kapitalerhöhung entstandenen Bezugsrechts unter das Halbeinkünfteverfahren fällt. Bei Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens ist die Hälfte des Veräußerungspreises bei Anteilen an einer Körperschaft steuerfrei, deren Leistungen beim Empfänger zu bestimmten Kapitaleinkünften, insbesondere Dividenden, führt. Hieraus folgt allerdings auch, dass dem Veräußerungspreis auch die Anschaffungskosten lediglich zur Hälfte gegenübergestellt werden können. Im Ergebnis wird also der entstehende Veräußerungsgewinn nur zur Hälfte steuerlich erfasst.
19 Richtlinien-Umsetzungsgesetz: Erstmalige Anwendung der Neuregelung zur Abzugsfähigkeit eines Damnums bzw. Disagios
Wie im Mandanten-Rundschreiben 1/2005 berichtet hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, nach der insbesondere im Voraus oder in einem Einmalbetrag gezahlte Erbbauzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Kalenderjahr der Zahlung sofort abziehbar waren, durch eine Gesetzesänderung gekippt. Nach der gesetzlichen Neuregelung sind insbesondere bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Voraus geleistete Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung vereinbart ist. Ausgenommen von dieser gesetzlichen Regelung sind Nutzungsüberlassungen bis zu fünf Jahren, wenn kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt.
Die Anwendung dieser Neuregelung auf ein Damnum oder Disagio wurde von der Finanzverwaltung bis zum 31.12.2005 ausgesetzt. Mit Schreiben vom 15.12.2005 (Aktenzeichen IV C 3 - S 2253a - 19/05) wird nun "bis zu einer gesetzlichen Klarstellung" die Neuregelung auch über den 31.12.2005 hinaus nicht angewendet. Vielmehr gelten insoweit weiterhin die bisherigen Grundsätze hinsichtlich der Abzugsfähigkeit eines Damnums bzw. Disagios.
20 Werbungskostenabzug auch dann möglich, wenn ein Dritter die Kosten trägt
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 15.11.2005 (Aktenzeichen IX R 25/03) über folgenden, häufig anzutreffenden Fall entschieden: An einem Vermietungsobjekt wurden Erhaltungsarbeiten durchgeführt. Die Beauftragung und Bezahlung der Handwerker erfolgte allerdings nicht durch den Steuerpflichtigen, sondern durch dessen Vater. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht lehnten nun den Werbungskostenabzug hinsichtlich dieser Erhaltungsaufwendungen bei dem Steuerpflichtigen mit der Argumentation ab, dieser habe die Aufwendungen nicht selbst getragen.
Der Bundesfinanzhof hat dagegen den Werbungskostenabzug zugelassen. Beim Steuerpflichtigen ist ein Werbungskostenabzug sowohl dann möglich, wenn lediglich ein abgekürzter Zahlungsweg, als auch, wenn lediglich ein abgekürzter Vertragsweg vorliegt. Soweit derjenige, der die Aufwendungen trägt, diese vom Steuerpflichtigen nicht zurückfordert, liegt eine Zuwendung an den Steuerpflichtigen vor, so dass dieser die Aufwendungen steuerlich geltend machen kann.
Hinweis:
Vorsicht ist dagegen bei Dauerschuldverhältnissen und bei Kreditverbindlichkeiten geboten. In diesen Fällen kommt eine Berücksichtigung der Zahlung unter dem Gesichtspunkt der Abkürzung des Vertragsweges nach der Rechtsprechung indes nicht in Betracht.
21 Abschreibungen erhöhen den Spekulationsgewinn
Auch außerhalb einer gewerblichen Tätigkeit (z.B. Grundstückshandel) kann die Veräußerung privater (z.B. vermieteter) Hausgrundstücke beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (z.B. innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung) der Einkommensteuer unterliegen (so genannte private Veräußerungsgeschäfte). Nach den gesetzlichen Vorschriften erhöht sich dabei der zu versteuernde Gewinn um die Abschreibungen, die bisher bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen worden sind.
Diese "Rückgängigmachung" von bisher im Rahmen einer Vermietungstätigkeit geltend gemachten Abschreibungen verstößt nicht gegen das Grundgesetz. So entschied jetzt der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 21.9.2005 (Aktenzeichen IX B 90/05).
Hinweise:
Diese Regelung kann dazu führen, dass ein Gewinn zu versteuern ist, obwohl der Verkaufspreis dem damaligen Anschaffungspreis entspricht.
Auf Grund der Koalitionsverabredungen ist geplant, bei vermieteten Immobilien (und auch bei Wertpapieren) ab dem 1.1.2007 (oder möglicherweise erst ab 2008 im Rahmen der geplanten Unternehmensteuerreform) eine von der Haltedauer unabhängige Steuerpflicht privater Veräußerungsgeschäfte zu einem Steuersatz von 20 % einzuführen. Bei einschlägigen Überlegungen oder Planungen zur Veräußerung eines Objekts kann es sich unter diesen Gesichtspunkten sehr empfehlen, steuerlichen Rat einzuholen.