Mandantenrundschreiben 04/2006
1 Aktuelles aus der Steuergesetzgebung
2 Steuerliche Behandlung von Aufwendungen für VIP-Logen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006
3 Haushaltsnahe Dienstleistungen: Erweiterte Förderung ab 2006
4 Haushaltsnahe Dienstleistungen: Aktuelle Rechtsprechungsübersicht
5 Schenkungsteuer bei Zugewinnausgleich
6 Anliegerbeiträge für ein bereits erschlossenes Grundstück keine Anschaffungskosten
7 Folgen bei Nichtabgabe der Anlage EÜR
8 Aktuelle Rechtsprechung zur Rückstellungsbildung
9 Ansparrücklage: Unzulässigkeit der vorzeitigen Teilauflösung
10 Voraussetzungen für den Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen weiterhin ungeklärt
11 Werklieferung eines ausländischen Unternehmers für privaten Bereich: Einbehalt der Umsatzsteuer
12 Umsatzsteuerliche Behandlung der Mautgebühr
14 Europäische Aktiengesellschaft - Rechtsform für den Mittelstand?
15 Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag gesellschafterbezogen
16 Steuerbefreiung für Dividenden und Veräußerungsgewinne gilt auch für die Gewerbesteuer
17 Entfernungspauschale: Verkehrsgünstige oder kürzeste Strecke?
18 Antrag auf Verlustfeststellung auch nach Ablauf der Frist für die Antragsveranlagung möglich
19 Fahrtenbuchführung: Festigung der restriktiven Rechtsprechung
20 EU-Konformität des § 17 EStG bei Veräußerung von Auslandsbeteiligungen im Jahr 2001?
21 Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften (Spekulationsverluste)
23 Sachdividende als steuerpflichtiger Kapitalertrag
24 Schuldzinsen wegen früheren Erhaltungsaufwands an selbst genutztem Haus als Werbungskosten
25 Kosten in Zusammenhang mit Aufhebung eines Kaufvertrags für ein Mietshaus Werbungskosten?
26 Gewerblicher Grundstückshandel kann auch bei Verkauf lediglich eines Objekts gegeben sein
27 Anliegerbeiträge für ein bereits erschlossenes Grundstück keine Anschaffungskosten
28 Keine Rentenversicherungspflicht des Gesellschafter-Geschäftsführers
29 Geplante Änderung des Umwandlungssteuergesetzes durch das "SEStBeglG"
30 Schärfere US-Besteuerung für Gesellschafter-Darlehen an US-Tochtergesellschaften
31 Nicht wesentliche Betriebsgrundlagen als notwendiges Betriebsvermögen bei Betriebsaufspaltung
32 Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch stellt keine Veräußerung dar
33 Sacheinlage kann als Schenkung an Mitgesellschafter gelten
34 Aktuelle Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung
35 Bedeutung der steuerlichen Behandlung von Kapitallebensversicherungen
36 Fortgeltung bisherigen Rechts für Altverträge
37 Besteuerung von Neuverträgen
38 Abgrenzung der betroffenen Versicherungen
1 Aktuelles aus der Steuergesetzgebung
a) Steueränderungsgesetz 2007
Über das im Gesetzgebungsverfahren befindliche Steueränderungsgesetz 2007 hatten wir bereits im Mandanten-Rundschreiben 3/2006 berichtet. Nunmehr liegt ein Gesetzentwurf vor, der - ungeachtet der zum Teil heftigen Kritik an den vorgesehenen Änderungen und den teilweise vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken - lediglich in folgenden Punkten von den bisherigen, von uns dargestellten Plänen abweicht:
- Ein Zuschlag auf die Einkommensteuer für Spitzenverdiener ab einem zu versteuernden Einkommen von über 250 000 € bzw. 500 000 € (Ledige bzw. zusammenveranlagte Ehegatten) - so genannte "Reichensteuer" - soll ab 2007 bis zum In-Kraft-Treten der Unternehmenssteuerreform (voraussichtlich 1.1.2008) auf nichtunternehmerische Einkünfte erhoben werden. Von dem Zuschlag zur Einkommensteuer sollen gewerbliche Einkünfte, freiberufliche Einkünfte und Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ausgenommen werden.
- Vorgesehen ist, die Altersgrenze für die Gewährung von Kindergeld oder kindbedingten Freibeträgen für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, um zwei Lebensjahre von 27 auf 25 Jahre abzusenken.
- Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sollen nur noch dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten steuerlich berücksichtigt werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet.
- Neuregelungen im Bergmannsprämiengesetz sollen zu einer zeitlich gestuften und ab 2008 endgültigen Abschaffung der Bergmannsprämie führen.
b) SEStBeglG
Daneben liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Maßnahmen (SEStBeglG) vor, der in vielen Fällen von sehr großer Bedeutung ist. Insbesondere ist zu beachten, dass vielfach die Steuerpflichtigen durch Wahl des Zeitpunktes für bestimmte Handlungen bestimmen können, ob das derzeitige oder das künftige Recht anzuwenden ist. Aus diesem Grunde informieren wir bereits jetzt über die wichtigsten geplanten Änderungen, auch wenn sich im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch Abweichungen ergeben können:
- Diverse Einzeländerungen regeln, dass bei Wegfall des deutschen Besteuerungsrechts, z.B. bei der Verlegung eines Gewerbebetriebs ins Ausland, die Besteuerung der in Deutschland gebildeten stillen Reserven sichergestellt werden kann. Derzeit existieren insoweit nur lückenhafte und wenig aufeinander abgestimmte Regelungen.
- Die so genannte Wegzugsbesteuerung, die insbesondere dann greift, wenn Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, soll neu gefasst werden, nachdem die bisherige Regelung sich als gemeinschaftsrechtswidrig erwiesen hat.
- Wesentliche Änderungen soll das Umwandlungssteuergesetz erfahren: In sämtlichen Umwandlungsfällen sollen die übertragenen Wirtschaftsgüter grundsätzlich gewinnrealisierend mit dem gemeinen Wert (Verkehrswert) angesetzt werden. Eine steuerliche Buchwertfortführung wird zugelassen, soweit die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Die steuerliche Buchwertfortführung wird nicht mehr an einen bestimmten Wertansatz in der Handelsbilanz geknüpft. Bei der Umwandlung von Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften und bei der Einbringung betrieblicher Sachgesamtheiten (ganze Betriebe oder Teilbetriebe) soll zukünftig eine Gewinnrealisierung zwingend sein, soweit als Gegenleistung für die Einbringung neben den Gesellschaftsrechten auch andere Gegenleistungen gewährt werden. Die Besteuerung so genannter einbringungsgeborener Anteile wird gänzlich neu geregelt. Die Übertragung von Verlustvorträgen, z.B. bei der Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, soll abgeschafft werden.
Hinweis:
Insbesondere in Umwandlungsfällen werden sich durch dieses Gesetz gravierende Veränderungen ergeben. Zwar ist das Gesetzgebungsverfahren noch in einem sehr frühen Stadium, doch ist aufgrund der komplexen Materie und des notwendigen zeitlichen Vorlaufs für geeignete Maßnahmen bereits zum jetzigen Zeitpunkt unter Hinzuziehung steuerlicher Beratung sehr sorgfältig zu prüfen, ob ein Vorziehen der Maßnahme geboten ist, um das derzeitige Recht noch zu sichern.
Teilweise ist derzeit vorgesehen, dass die Gesetzesänderungen bereits zum 1.1.2006 in Kraft treten sollen, so dass auch bereits realisierte oder kurzfristig umgesetze Entscheidungen betroffen wären.
2 Steuerliche Behandlung von Aufwendungen für VIP-Logen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006
Im Mandanten-Rundschreiben 6/2005 hatten wir über die ertragsteuerliche Behandlung von Aufwendungen für VIP-Logen in Sportstätten berichtet, insbesondere auch über die von der Finanzverwaltung mit Schreiben vom 22.8.2005 (Aktenzeichen IV B 2 - S 2144 - 41/05) getroffenen Vereinfachungsregeln. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist der Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen im Rahmen von VIP-Maßnahmen zu versagen, wenn keine Nachweise dafür vorliegen, welchem konkreten Zweck die getätigten Aufwendungen dienten, d.h. welchem Personenkreis aus welcher Veranlassung die Leistung zugewendet wurde. Dagegen ist es unschädlich, wenn der Vertrag über die Nutzung der VIP-Logen keine Aufgliederung in die verschiedenen gewährten Vorteile erlaubt. In diesen Fällen ist im Wege der sachgerechten Schätzung eine Aufteilung vorzunehmen. Aus Vereinfachungsgründen lässt es die Finanzverwaltung zu, wenn das Gesamtentgelt pauschal aufgeteilt wird zu 40 % in einen Anteil für Werbung, zu 30 % in einen Anteil für Bewirtung und zu 30 % in einen Anteil für Geschenke (Eintrittskarten), wobei mangels einer anderen Aufteilung davon auszugehen ist, dass dieser Anteil je zur Hälfte auf die Geschäftsfreunde und auf die Arbeitnehmer entfällt.
Da diese Geschenkaufwendungen regelmäßig den Betrag von 35 € pro Empfänger und Wirtschaftsjahr übersteigen, sind sie beim Einladenden nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Bei den Eingeladenen ist dieser Vorteil grundsätzlich zu versteuern. Da der einladende Steuerpflichtige regelmäßig der Finanzverwaltung die Namen der eingeladenen Gäste nicht mitteilen will, weil die Gefahr besteht, dass mittels Kontrollmitteilungen die Besteuerung des Vorteils auf Seiten des Empfängers nachgeprüft wird, verzichtet die Finanzverwaltung unter Umständen auf eine Benennung der Empfänger. Zur Abgeltung der Besteuerung auf Seiten des Empfängers ist es erforderlich, dass der Zuwendende 60 % des auf die Geschäftsfreunde entfallenden Anteils an den Aufwendungen zusätzlich der Besteuerung unterwirft.
Da im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2006 nach den Vertragsbestimmungen der FIFA jegliche Art von öffentlicher Werbung durch Unternehmen, die nicht offizieller Sponsor sind, ausdrücklich untersagt ist, gelten hinsichtlich der pauschalen Aufteilung der Aufwendungen Abweichungen. Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 30.3.2006 (Aktenzeichen IV B 2 - S 2144 - 26/06) gelten die im Schreiben vom 22.8.2005 dargestellten Grundsätze mit der Abweichung, dass aufgrund des Werbeverbots durch die FIFA bei einer pauschalen Kostenaufteilung die Gesamtaufwendungen nur auf die Leistungselemente Bewirtung und Geschenke zu verteilen sind. Diese Aufteilung ist wie folgt durchzuführen:
- Der Anteil für die Bewirtung wird mit 30 % der Gesamtaufwendungen, höchstens aber 1 000 € pro Teilnehmer und Veranstaltung angenommen.
- Die verbleibenden Aufwendungen entfallen auf den Anteil für Geschenke.
3 Haushaltsnahe Dienstleistungen: Erweiterte Förderung ab 2006
Hinweisen möchten wir nochmals auf die nun deutlich erweiterte Möglichkeit des steuerlichen Abzugs von Kosten für Handwerkerleistungen. Diese erweiterten steuerlichen Abzugsmöglichkeiten gelten wegen der Änderung durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung für Leistungen ab dem 1.1.2006.
Für Handwerkerleistungen in privaten Haushalten zur Renovierung und Erhaltung der eigenen Wohnung oder des eigenen Hauses kann seit Jahresbeginn eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 % der Ausgaben beansprucht werden. Privathaushalte können Aufwendungen für Handwerkerleistungen von insgesamt maximal 3 000 € jährlich steuerlich geltend machen und so bis zu 600 € einsparen.
Gefördert werden handwerkliche Leistungen, die nach dem 31.12.2005 erbracht worden sind, für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen für die eigengenutzte Wohnung oder das Haus, z.B.
- die Modernisierung des Badezimmers,
- die Erneuerung der Heizungsanlage,
- das Streichen und Tapezieren von Innenwänden,
- die Beseitigung kleinerer Schäden und die Erneuerung des Bodenbelags,
- die Erneuerung von Fenstern und Türen oder auch
- Garten- und Wegebauarbeiten auf dem Grundstück.
Der Steuerbonus von 20 %, den sowohl Mieter als auch Eigentümer in Anspruch nehmen können, bezieht sich nur auf die Arbeitskosten (inkl. Mehrwertsteuer), nicht jedoch auf die Materialkosten. Insofern ist Voraussetzung für die Steuerermäßigung, dass die Arbeitskosten und die hierauf entfallende Mehrwertsteuer in der Rechnung separat ausgewiesen werden.
Beispiel:
Ein Fliesenleger wird mit der Renovierung des Badezimmers beauftragt. An Arbeitslohn entstehen 1 200 € zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer, insgesamt also 1 392 €. Der Staat fördert diesen Betrag mit 20 %, also 278,40 €. Dieser Steuerbonus kann beim zuständigen Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuererklärung beantragt werden. Die tarifliche Einkommensteuer mindert sich um 278,40 €.
Die Steuerermäßigung ist davon abhängig, dass die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung (mit gesondertem Ausweis der Arbeitsleistung) und die Zahlung durch einen Beleg des Kreditinstituts (Überweisung oder Kontoauszug) nachgewiesen werden. Barzahlungen sind ausdrücklich nicht begünstigt. Wichtig ist, dass diese Steuerermäßigung nur auf Antrag bei der Einkommensteuerveranlagung geltend gemacht werden kann.
Neben den Handwerkerdienstleistungen können - wie bislang bereits - Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen (z.B. Wohnungsreinigung) wie bisher mit 20 % von höchstens 3 000 €, also 600 €, von der Steuerschuld abgezogen werden.
4 Haushaltsnahe Dienstleistungen: Aktuelle Rechtsprechungsübersicht
Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen können bereits seit 2003 zu einer Minderung der Einkommensteuerbelastung führen. Allerdings war der Abzug in den Jahren 2003 bis 2005 nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich, was oftmals zu Streit mit der Finanzverwaltung führt. Auf aktuelle Entscheidungen gehen wir im Folgenden ein. Generell ist zu beachten, dass diese Entscheidungen ab 2006 wegen der ausgedehnten Förderung nicht mehr einschlägig, sehr wohl aber für Jahre bis 2005 noch von großer Bedeutung sind.
Nach der Verwaltungsauffassung scheidet eine Minderung der Einkommensteuer bei Wohnungseigentümergemeinschaften aus, wenn die haushaltsnahe Dienstleistung vom Verwalter der Eigentümergemeinschaft in Auftrag gegeben wird. Das Finanzgericht Köln hat mit Urteil vom 24.1.2006 (Aktenzeichen 5 K 2573/05) diese Verwaltungsauffassung bestätigt.
Hinweis:
Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof (Aktenzeichen VI R 18/06) eingelegt. Mit der Einkommensteuererklärung sollten solche Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen, die der Verwalter ausgelöst hat, geltend gemacht werden. Die Finanzverwaltung wird diese gegenwärtig nicht anerkennen. Gegen die Ablehnung sollte Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens unter Hinweis auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren beantragt werden.
Das Finanzgericht Thüringen hat mit Urteil vom 13.10.2005 (Aktenzeichen II 165/05) entschieden, dass die Renovierung einer Hausfassade keine haushaltsnahe Dienstleistung ist. Als "haushaltsnah" sind hiernach nur regelmäßig anfallende, laufende Arbeiten von geringem Umfang, die auch Gegenstand eines haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisses sein können, berücksichtigungsfähig. Hierunter fallen Schönheitsreparaturen oder kleinere Ausbesserungsarbeiten, nicht aber grundlegende Renovierungsarbeiten sowie Aus- und Umbauten.
Hinweis:
Auch gegen dieses Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof (Aktenzeichen VI R 77/05) eingelegt. Vergleichbare Sachverhalte sollten offen gehalten werden. Durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung sind ab 2006 auch Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen begünstigt. Durch die entsprechende Zuordnung bleibt allerdings der allgemeine Förderbetrag von haushaltsnahen Dienstleistungen ungenutzt. Dies kann für den Steuerpflichtigen ungünstig sein, so dass auch noch ab 2006 vergleichbare Sachverhalte offen gehalten werden sollten.
Wird ein Bad vollständig renoviert, stellt dies nach Auffassung des Finanzgerichts Niedersachsen im Urteil vom 4.10.2005 (Aktenzeichen 13 K 368/04) keine haushaltsnahe Dienstleistung dar. Dies gelte auch für diejenigen Handwerkerleistungen, die ansonsten als Schönheitsreparatur begünstigt wären, aber in untrennbarem Zusammenhang mit der nicht begünstigten Renovierungsmaßnahme stehen.
Hinweis:
Auch gegen diese Entscheidung wurde Revision beim Bundesfinanzhof (Aktenzeichen VI R 74/05) eingelegt. Vergleichbare Sachverhalte sollten offen gehalten werden.
Gewöhnliche Malerarbeiten in der Wohnung sind nach Auffassung des Finanzgerichts Niedersachsen im Urteil vom 9.11.2005 (Aktenzeichen 3 K 343/05) als typische Schönheitsreparatur begünstigt. Diese Maßnahmen müssen allerdings in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Hiervon ist selbst dann auszugehen, wenn ein jahrzehntelang bewohnter Haushalt vorübergehend, z.B. wegen eines Aufenthalts im Pflegeheim, nicht genutzt werden kann.
Hinweis:
Offen ist, ob sich der Bundesfinanzhof dieser Auffassung anschließt. Gegen dieses Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof (Aktenzeichen VI R 75/05) eingelegt. Vergleichbare Sachverhalte sollten ebenfalls offen gehalten werden.
Für Bewohner von Alters- und Pflegeheimen hat das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 27.10.2005 (Aktenzeichen 15 K 1526/05) ein wichtige Entscheidung getroffen. Das Finanzgericht hat es bei der Bewohnerin einer Zweizimmerwohnung in einer Seniorenresidenz abgelehnt, aus den Gesamtkosten des Heims von monatlich 2 973 € einen geschätzten, auf haushaltsnahe Dienstleistungen entfallenden Anteil herauszurechnen und hierfür die Steuerermäßigung zu gewähren. Denn die dem Steuerpflichtigen erwachsenen Aufwendungen sind durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf ein Konto des Empfängers der haushaltsnahen Dienstleistung durch den Beleg des Kreditinstituts nachzuweisen. Aus den im Klageverfahren vorgelegten Kontoauszügen über den Rechnungsausgleich ergab sich nicht der konkrete Betrag, der auf die haushaltsnahe Dienstleistung "Reinigung der Wohnung" entfiel. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass es für die Gewährung der Tarifermäßigung der genauen Bezeichnung der haushaltsnahen Dienstleistung und der Bezifferung der steuerlich abzugsfähigen Aufwendungen bedarf. Eine Schätzung der anteiligen Aufwendungen für die haushaltsnahe Dienstleistung schied im Urteilsfall aus. Sie hätte vorausgesetzt, dass objektive Umstände eine zutreffende und eine leicht nachprüfbare Trennung der Aufwendungen in diejenigen für abzugsfähige haushaltsnahe Dienstleistungen und für nicht abzugsfähige Dienstleistungen ermöglichen. Weder der Residenzvertrag noch die monatlichen Rechnungen ließen eine sachgerechte Schätzung zu.
Hinweis:
Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die abschließende Entscheidung des Bundesfinanzhofs (Aktenzeichen VI B 16/06) bleibt abzuwarten. Zu empfehlen ist, sich über die haushaltsnahen Dienstleistungen eine gesonderte Rechnung des Heimträgers ausstellen zu lassen.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Finanzverwaltung nun entgegen der bisherigen Auffassung von Umzugsspeditionen durchgeführte privat veranlasste Umzüge den begünstigten haushaltsnahen Dienstleistungen zuordnet. Diese Auffassung soll in allen noch offenen Fällen vertreten werden. Betont wird allerdings, dass die Steuerermäßigung weiterhin den Nachweis der Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Dienstleistung durch Beleg des Kreditinstituts voraussetzt.
5 Schenkungsteuer bei Zugewinnausgleich
Auch bei Schenkungen unter Ehegatten kann grundsätzlich Schenkungsteuer entstehen. Eine möglicherweise schenkungsteuerfreie Zuwendung unter Ehegatten ist der Ausgleich des Zugewinns, der bei Beendigung des eherechtlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft vorgenommen wird. Hintergrund dieser Schenkungsteuerfreiheit ist, dass der Zugewinnausgleich als vom empfangenden Ehegatten mitverdientes Vermögen angesehen wird.
Ein Ausgleich des Zugewinns setzt nicht unbedingt eine Ehescheidung voraus, sondern kann auch bei intakter Ehe vorgenommen werden und sinnvoll sein. Zu dieser Thematik hat der Bundesfinanzhof jetzt zwei interessante Entscheidungen mit sehr unterschiedlichen Steuerfolgen gefällt:
- "Güterstandsschaukel": So ist der - tatsächlich durchgeführte - Ausgleich des Zugewinns keine steuerpflichtige Schenkung, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Ehevertrag beendet wird, und zwar selbst dann nicht, wenn die Zugewinngemeinschaft anschließend wieder neu begründet wird (Bundesfinanzhof vom 12.7.2005, Aktenzeichen II R 29/02).
Hinweis:
Der Bundesfinanzhof hält es nicht für erforderlich, dass der Güterstand der Zugewinngemeinschaft endgültig beendet wird. In dem entschiedenen Fall lagen allerdings wirtschaftliche Gründe für den zwischenzeitlichen Ausgleich des Zugewinns vor (Vermögenssicherung wegen geschäftlicher Risiken).
- "Fliegender Zugewinnausgleich": Gleichen dagegen Ehegatten bei fortbestehender Zugewinngemeinschaft den Zugewinn aus, liegt eine grundsätzlich schenkungsteuerpflichtige Zuwendung vor (Bundesfinanzhof vom 24.8.2005, Aktenzeichen II R 28/02).
Hinweis:
Damit empfiehlt es sich, den fliegenden Zugewinnausgleich zu vermeiden. Zurückhaltung ist also geboten, wenn die Zugewinngemeinschaft nicht beendet, sondern lediglich modifiziert wird und dabei ein (zwischenzeitlicher) Ausgleich erfolgt.
Hinweis:
Abgesehen von den Sonderregelungen für die Beendigung der Zugewinngemeinschaft bestehen verschiedene Steuerbefreiungen (z.B. bei Übertragung des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Hauses). Außerdem gibt es für den unentgeltlichen Erwerb vom Ehegatten einen Freibetrag (307 000 €), der jedoch innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nur einmal in Anspruch genommen werden kann.
6 Anliegerbeiträge für ein bereits erschlossenes Grundstück keine Anschaffungskosten
Werden für die erstmalige Errichtung einer Straße und die damit einhergehende Erschließung des Grundstücks und die erstmalige Anlage von Entsorgungs- und Versorgungseinrichtungen (Strom-, Wasser-, Abwasseranschluss usw.) eines Grundstücks Beiträge an die Kommune oder das Versorgungsunternehmen gezahlt, liegen keine sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben vor, sondern vielmehr - ggf. nachträgliche - Anschaffungskosten für das Grundstück, die mit diesem in der Bilanz zu aktivieren sind.
Anders ist dies allerdings bei derartigen Aufwendungen für bereits erschlossene Grundstücke. So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 3.8.2005 (Aktenzeichen I R 36/04) bestätigt, dass Anliegerbeiträge für ein schon erschlossenes Betriebsgrundstück keine nachträglichen Anschaffungskosten, sondern sofort abzugsfähige Betriebsausgaben sind. Ausnahmsweise können nur dann zu aktivierende nachträgliche Anschaffungskosten vorliegen, wenn die von der Kommune durchgeführte Maßnahme zu einer Wertsteigerung des Grundstücks selbst führt. Ebenfalls unmittelbar abzugsfähige Betriebsausgaben liegen z.B. vor bei Beiträgen zur Verbesserung einer Straße, zur Ersetzung eines Weges, zum Ersatz oder zur Erweiterung der vorhandenen Kanalisation oder Stromumstellung oder bei Beiträgen, die mit einer gewerblichen Sondernutzung im Zusammenhang stehen.
7 Folgen bei Nichtabgabe der Anlage EÜR
Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, also insbesondere Freiberufler und kleinere Gewerbetreibende, haben ab dem Veranlagungszeitraum 2005 eine Gewinnermittlung nach amtlichem Vordruck (Anlage EÜR) abzugeben. Dies ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Summe der Betriebseinnahmen weniger als 17 500 € beträgt.
Die Oberfinanzdirektion Münster hat sich nun mit Verfügung vom 7.4.2006 dazu geäußert, wie bei Nichteinreichung der Anlage EÜR verfahren wird. In Fällen, in denen für 2005 eine ordnungsgemäße Steuererklärung abgegeben wird und nur die Anlage EÜR fehlt, wird aus Vereinfachungsgründen von einer Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR abgesehen. Allerdings wird der Steuerpflichtige in dem Steuerbescheid auf die Abgabepflicht für Folgejahre hingewiesen.
8 Aktuelle Rechtsprechung zur Rückstellungsbildung
a) Rückstellungen wegen Patentverletzung
In der Handelsbilanz sind für ungewisse Verbindlichkeiten aufwandswirksam Rückstellungen zu bilden. Ungewisse Verbindlichkeiten in diesem Sinne sind u.a. solche, die am Bilanzstichtag dem Grunde nach bestehen, deren Höhe aber ungewiss ist. Voraussetzung der Rückstellungsbildung ist insbesondere, dass der Schuldner am Bilanzstichtag mit seiner Inanspruchnahme rechnen muss.
Diese Grundsätze gelten zunächst auch für die steuerliche Gewinnermittlung. Allerdings existiert im Steuerrecht eine Reihe von Sonderregelungen. Herauszuheben ist das steuerliche Verbot der Bildung von Drohverlustrückstellungen. Auch für Rückstellungen wegen der Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte existiert eine steuerliche Sonderregelung. Sie bestimmt, dass derartige Rückstellungen erst dann gebildet werden dürfen, wenn
- der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
- mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
Eine nach der zweiten Fallgruppe gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.
Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 9.2.2006 (Aktenzeichen IV R 33/05) über einen Sachverhalt der zweiten Fallgruppe entschieden. Die Bildung der streitigen Rückstellungen war nur zulässig, wenn zum Bilanzstichtag ernsthaft mit einer Inanspruchnahme zu rechnen war. Dazu war aber nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs nicht erforderlich, dass der geschädigte Patentinhaber in irgendeiner Weise reagiert hat. Die Klägerin als Verpflichtete musste auch nicht darlegen und beweisen, dass die Patentverletzung dem Berechtigten bekannt geworden ist oder die Kenntniserlangung unmittelbar bevorstand. Wenn eine Verbindlichkeit wegen Patentverletzung dem Grunde nach besteht, darf im Allgemeinen unter Kaufleuten davon ausgegangen werden, dass die Geltendmachung des Anspruchs durch den Gläubiger auch wahrscheinlich ist - so die für den Steuerpflichtigen vorteilhafte Ansicht des Bundesfinanzhofs.
b) Rückstellung für Rückbauverpflichtung
Ist der Betreiber von Wasserleitungen aufgrund von Verträgen mit den Grundstückseigentümern verpflichtet, im Fall der Stilllegung die unterirdisch errichteten Anlagen zu beseitigen, so ist dafür nach dem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 23.11.2004 (Aktenzeichen 6 K 293/02 k, G, BB, BA) die Ansammlung einer Rückstellung bereits zu einem Zeitpunkt geboten, in dem die Wasserleitungen noch betrieben werden.
Hinweis:
Diese Sichtweise dürfte auch auf andere Anlagen oder Bauwerke auf fremden Grundstücken übertragbar sein. Entscheidend ist, dass vertraglich eine Beseitigung der Anlagen vereinbart ist.
9 Ansparrücklage: Unzulässigkeit der vorzeitigen Teilauflösung
Mittels einer Ansparrücklage können kleinere und mittlere Betriebe Abschreibungsaufwand späterer Perioden steuerlich vorziehen. Insoweit besteht ein Mittel der steuerlichen Bilanzpolitik, das im Einzelfall sehr sinnvoll eingesetzt werden kann. Dass die aufwandswirksame Bildung einer so genannten Ansparrücklage aber sehr sorgfältig abgewogen werden sollte, zeigt das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21.9.2005 (Aktenzeichen X R 32/03).
Nach den gesetzlichen Vorgaben muss der Steuerpflichtige eine am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhandene Ansparrücklage gewinnerhöhend auflösen. Wird also die geplante Investition doch nicht durchgeführt, so wird durch die gewinnerhöhende Auflösung der frühere Aufwand aus der Bildung der Rücklage wieder ausgeglichen. Dies ist dann aber auch verbunden mit einem steuerpflichtigen "Strafzins" in Höhe von 6 % der Rücklage für jedes Jahr, in dem die Rücklage bestanden hat, so dass die Steuerstundung nach derzeitigen Zinsverhältnissen teuer erkauft wird.
Dem Steuerpflichtigen steht es nach Ansicht der Finanzverwaltung frei, die Rücklage auch vorzeitig, also bereits zum Ende des ersten Wirtschaftsjahres nach ihrer Bildung, aufzulösen. Im Urteilsfall wollte der Steuerpflichtige eine Rücklage nun aber nur teilweise auflösen. Dies hat der Bundesfinanzhof abgelehnt. Die Auflösung der Ansparrücklage kann nicht auf einen Teil der Rücklage beschränkt werden, sondern umfasst zwangsläufig die volle, für das jeweilige Investitionsvorhaben gebildete Rücklage.
10 Voraussetzungen für den Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen weiterhin ungeklärt
Die hohen Anforderungen der Finanzämter an den Nachweis der Voraussetzungen der Umsatzsteuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen und die Langwierigkeit entsprechender streitiger Verfahren wurden wieder einmal deutlich in einem Fall, der schließlich auch vom Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 25.11.2005 (Aktenzeichen V B 75/05) noch nicht abschließend entschieden wurde.
In dem Fall lieferte ein Unternehmer hochwertige Kfz an verschiedene Unternehmen in Spanien und Belgien. Obwohl dem Unternehmer amtliche Bestätigungen über die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der ausländischen Unternehmen vorlagen, versagte das Finanzamt die Anerkennung der Umsätze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen und unterwarf sie der Umsatzsteuer. Das Finanzamt begründete dies damit, die ausländischen Unternehmen seien lediglich rechtlich existente, aber wirtschaftlich inaktive Scheinunternehmen. Der Bundesfinanzhof hatte ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide und setzte deren Vollziehung aus.
Der Bundesfinanzhof fasste in dem Gerichtsbescheid die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung u.a. wie folgt zusammen:
- Der Unternehmer (oder der Abnehmer) befördert oder versendet den Liefergegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet.
- Der Abnehmer ist ein Unternehmer, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt.
- Der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.
Außerdem sind - so auch der Bundesfinanzhof - für die Steuerfreiheit die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung durch Belege und Bücher nachzuweisen (Beleg-undBuchnachweis). Die Nachweisanforderungen sind im Einzelnen in speziellen umsatzsteuerlichen Vorschriften geregelt.
Weiterhin ging der Bundesfinanzhof auf eine Vertrauensschutzregelung ein, nach der eine Lieferung ausnahmsweise als steuerfrei anzusehen ist, obwohl die Voraussetzungen dafür tatsächlich nicht vorliegen. Das aber auch nur dann, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.
Schließlich kommt der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des Nachweises einer innergemeinschaftlichen Lieferung und der Vertrauensschutzregelung wegen weiterer anhängiger Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und dem Bundesfinanzhof noch nicht abschließend geklärt sind.
Hinweis:
Es ist nur schwer verständlich, dass das Finanzamt die Steuerfreiheit versagen will, obwohl der Unternehmer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der Abnehmer auf dem vom Gesetz vorgesehenen Weg überprüft hat. Man sollte sich aber nicht darauf verlassen, dass in einem Streitfall die Vertrauensschutzregelung eingreift. Die Finanzämter werden den Vertrauensschutz nur ungern gewähren wollen. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen sollten bis auf weiteres die Beleg- und Buchnachweise vollständig und rechtzeitig geführt werden, da die Nichtanerkennung der Steuerfreiheit zu hohen Steuernachzahlungen führen kann.
Vgl. zu den Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung sowie zum Beleg- und Buchnachweis im Einzelnen Mandanten-Rundschreiben 5/2005.
11 Werklieferung eines ausländischen Unternehmers für privaten Bereich: Einbehalt der Umsatzsteuer
In bestimmten Fällen, z.B. bei Werklieferungen und sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers, schuldet nach einer grundsätzlich ab dem 1.1.2002 geltenden Regelung der Empfänger der im Inland steuerpflichtigen Leistung die Umsatzsteuer (so genannte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers). Das heißt, dass der Leistungsempfänger dann die Umsatzsteuer einzubehalten, zu erklären und an das Finanzamt abzuführen hat.
Der Bundesfinanzhof hat jetzt für die bis zum 31.12.2001 geltende Vorgängerregelung (so genanntes Abzugsverfahren) entschieden, dass der die Leistung empfangende Unternehmer die Umsatzsteuer auch dann einzubehalten und abzuführen hatte, wenn er die Werklieferung für den privaten, also nichtunternehmerischen Bereich bezogen hatte, wie es z.B. im Rahmen von Baumaßnahmen für das private Eigenheim des Unternehmers vorkommen kann (Bundesfinanzhof vom 3.11.2005, Aktenzeichen V R 56/02).
Hinweis:
Es ist davon auszugehen, dass für das seit dem 1.1.2002 geltende Recht dasselbe gilt. Das heißt, auch nach der heutigen Regelung geht die Umsatzsteuerschuldnerschaft in diesen Fällen auch dann auf den die Leistung empfangenden Unternehmer über, wenn er die Leistung für seinen privaten (nichtunternehmerischen) Bereich bezieht. Es kann sich deshalb empfehlen, bereits vor der Vereinbarung (und vor der Bezahlung) entsprechender Leistungen steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, und zwar auch dann, wenn die Leistungen für den nichtunternehmerischen Bereich bezogen werden.
12 Umsatzsteuerliche Behandlung der Mautgebühr
Die Finanzverwaltung hat sich zur umsatzsteuerlichen Behandlung der nach dem Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge zu entrichtenden Mautgebühr geäußert (Oberfinanzdirektion Koblenz vom 31.1.2006, Aktenzeichen S 7100/S 7200 A - St 44 3/St 44 4).
a) Vorsteuerabzug
Die für die Benutzung von Autobahnen (z.B. von Frachtführern) an den Bund bzw. Tollcollect zu entrichtenden öffentlich-rechtlichen Mautgebühren sind nicht mit Umsatzsteuer belastet, so dass aus der Abführung von Mautgebühren kein Recht auf Vorsteuerabzug entsteht.
b) Weiterbelastung der Mautgebühren
Originärer Schuldner der Mautgebühren ist nach dem Autobahnmautgesetz die Person, die Eigentümer oder Halter des mautpflichtigen Motorfahrzeugs ist, über den Gebrauch des Motorfahrzeugs bestimmt oder das Motorfahrzeug führt. Mautpflichtig ist also in der Regel der Frachtführer. Wälzt der Schuldner die Mautgebühr als Kosten über den Preis auf den Auftraggeber der Transportleistung ab, ist der weiterbelastete Betrag der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Das gilt auch dann, wenn sie als gesondert ausgewiesener Posten in der Rechnung aufgeführt ist.
c) Vermietungsfälle
Da originärer Schuldner der Mautgebühr sowohl der Eigentümer als auch der Führer des Motorfahrzeugs ist, sind im Falle der Vermietung eines mautpflichtigen Lkw an einen Selbstfahrer sowohl der Vermieter als auch der Mieter aufgrund des Autobahnmautgesetzes (Gesamt-)
Schuldner der Mautgebühr. Der Bund bzw. Tollcollect nimmt jedoch grundsätzlich nur den Eigentümer des Motorfahrzeugs in Anspruch. Berechnet der Lkw-Eigentümer die Maut jetzt an den Mieter weiter, stellt sich die Frage, ob die Weiterbelastung wegen der Maut-Schuldnerschaft des Mieters überhaupt der Umsatzsteuer unterliegt. Nach Auffassung der Oberfinanzdirektion Koblenz ist das der Fall; die weiterbelastete Mautgebühr ist in Vermietungsfällen also der Umsatzsteuer zu unterwerfen (kein so genannter durchlaufender Posten).
13 Gewerbesteuerliche Dauerschulden auch bei Ausnutzung vorhandener Kreditlinien durch permanente kurzfristige Kredite
Zinsen für betriebliche Darlehen können grundsätzlich steuerlich mindernd berücksichtigt werden. Bei der Gewerbesteuer werden Zinsen dagegen nur zur Hälfte mindernd berücksichtigt, wenn es sich um Darlehen handelt, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs im Zusammenhang stehen oder aber einer dauerhaften Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Schulden, die zum laufenden Geschäftsbetrieb gehören, z.B. Lieferantenschulden, sind regelmäßig nicht als Dauerschulden einzustufen. Schulden, die nicht zum laufenden Geschäftsverkehr zählen, sind dagegen grundsätzlich Dauerschulden, wenn sie nicht binnen zwölf Monaten getilgt werden.
Der Bundesfinanzhof hatte in dem Urteil vom 31.5.2005 (Aktenzeichen I R 73/03) über einen Fall zu entscheiden, in dem aufgrund eines Rahmenkreditvertrags eine Vielzahl an kurzfristigen Krediten ohne zeitliche Unterbrechung in Anspruch genommen wurde. Im Urteilsfall wurde das Vorliegen von Dauerschuldzinsen und damit die nachteilige Behandlung bei der Gewerbesteuer bejaht. Der Bundesfinanzhof begründet seine Entscheidung damit, dass der Gesetzeszweck eine einheitliche Beurteilung von Schuldverhältnissen fordert, die wirtschaftlich eng zusammenhängen und durch Vereinbarungen zwischen den Kreditparteien derart miteinander verknüpft sind, dass gerade die Verknüpfung dem Kreditnehmer die längerfristige Nutzung der Kreditmittel sichert und diese dadurch zu einer nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen.
Dies verdeutlicht, dass bei kurzfristigen Krediten nicht unbedingt von einer vollständigen Berücksichtigung der Zinsen bei der Gewerbesteuer ausgegangen werden kann.
14 Europäische Aktiengesellschaft - Rechtsform für den Mittelstand?
a) Anwendungsfälle im Mittelstand
Mit der geplanten Fusion der italienischen Riunione Adriatica die Sicurtà (RSA) S.p.A. auf die Allianz AG unter gleichzeitiger Umwandlung der Allianz AG in eine Europäische Gesellschaft (SE) ist die Bekanntheit der SE deutlich gestiegen. Die SE tritt als neue Rechtsform neben die bekannten Rechtsformen der Aktiengesellschaft und der GmbH. Dabei kann die SE nach dem Muster der AG mit Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung gegründet werden, aber auch nach dem Vorbild vieler Nachbarländer und ähnlich der GmbH nur mit einem Verwaltungsrat und der Gesellschafterversammlung.
Bedeutung könnte die Rechtsform der SE im Bereich des Mittelstands z.B. in folgenden Fallkonstellationen erlangen:
- Die deutsche A AG will mit einem Geschäftspartner in Frankreich, der B S.A., zusammengehen. Dieses Ziel kann leicht erreicht werden: Im Wege der Verschmelzung gründen sie eine SE z.B. mit Sitz in Luxemburg und Produktionsstätten in Frankreich und Deutschland.
- Die mittelständische deutsche X AG hat Tochtergesellschaften in vielen europäischen Ländern, wobei es sich teils um Produktions- und teils um Vertriebsgesellschaften handelt. Alle diese Tochtergesellschaften benötigen Geschäftsführer, müssen bilanzieren, die Bilanzen prüfen lassen und schließlich auch publizieren. Diese Verwaltungskosten können gespart werden, wenn alle Töchter auf die Mutter verschmolzen werden unter gleichzeitiger Umwandlung der Muttergesellschaft in eine SE. Diese SE hat sodann keine Tochtergesellschaften, sondern lediglich Niederlassungen, die flexibel und mit geringen Verwaltungskosten geführt werden können.
- Die ausländische Tochtergesellschaft soll auf die inländische Muttergesellschaft verschmolzen werden. Dies ist unter gleichzeitiger Umwandlung der Muttergesellschaft in eine SE vergleichsweise einfach möglich.
Voraussetzung ist jedoch in all diesen Fällen, dass Aktiengesellschaften vorliegen, denn nur diese können zu einer SE verschmolzen werden. Handelt es sich dagegen um GmbHs, so müssen diese zunächst nach den jeweiligen nationalen Vorschriften in eine AG umgewandelt werden.
b) Überblick über die Rechtsstruktur
Die SE ist eine Handelsgesellschaft, deren Kapital in Aktien eingeteilt ist. Sie ist keine völlig neue Rechtsform, sondern grundsätzlich eine AG. Die SE ist damit auch börsenfähig. Sie besitzt wie die deutsche AG und GmbH Rechtspersönlichkeit. Bezeichnet wird diese Rechtsform als "Europäische Gesellschaft" ("Europäische Aktiengesellschaft") oder mit dem (internationalen) lateinischen Namen "Societas Europaea (SE)". Die Haftung der Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft entspricht den Regelungen der deutschen GmbH oder AG, d.h. die Gesellschafter haften lediglich für die Aufbringung des Stammkapitals.
Die Gründung der SE kann - anders als bei der deutschen AG oder GmbH - nicht durch natürliche Personen erfolgen, sondern regelmäßig nur durch Verschmelzung von zwei oder mehreren Aktiengesellschaften unterschiedlichen nationalen Rechts, z.B. einer deutschen AG, einer französischen S.A. oder einer niederländischen N.V. Natürliche Personen können also nie Gründer einer SE sein, sie können jedoch später die Aktien erwerben. Der Sitz der neu entstehenden SE kann dabei auch in einem dritten EU-Land genommen werden. Das Mindestkapital beläuft sich auf 120 000 €.
Bei der Organisation kann zwischen einer so genannten monistischen (nur Verwaltungsrat) oder einer dualistischen (Vorstand und Aufsichtsrat) gewählt werden. Die dualistische Verfassung entspricht der einer deutschen AG. Im Falle einer an die deutsche GmbH angelehnten monistischen Verfassung ist einziges Leitungsorgan der Verwaltungsrat mit im Regelfall drei Mitgliedern. Für die tägliche Geschäftsführung muss mindestens ein geschäftsführender Direktor bestellt werden, wobei dieser gleichzeitig auch Mitglied des Verwaltungsrates sein kann.
c) Besteuerung der SE
Die laufende Besteuerung der SE unterscheidet sich nicht von der einer GmbH oder AG. Wie diese ist die SE körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtig.
Die steuerlichen Fragen zur Errichtung einer SE werden derzeit gesetzlich geregelt.
15 Gewerbesteuerlicher Verlustvortrag gesellschafterbezogen
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 17.1.2006 (Aktenzeichen VIII R 96/04) nochmals bestätigt, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust beim Gesellschafterwechsel einer Personengesellschaft mitunternehmerbezogen zu ermitteln ist. Dies bedeutet, es ist zu ermitteln, welcher Verlust im Verlustentstehungsjahr auf den einzelnen Gesellschafter nach der damals maßgeblichen Gewinnverteilung entfiel und mit welchem Gewinnanteil dieser Gesellschafter nun im Jahr, in dem der Verlust verrechnet werden kann, beteiligt ist. Hieraus folgt insbesondere, dass im Falle eines Gesellschafterwechsels der gewerbesteuerliche Verlustvortrag anteilig nicht mehr genutzt werden kann.
Verfahrensmäßig erfordert die Verlustverrechnung eine auf die einzelnen Mitunternehmer bezogene Berechnung, bei der die Verlustverrechnung jeweils für den einzelnen Mitunternehmer vorzunehmen ist. Hierfür sind nach Ansicht des Bundesfinanzhofs sowohl die Gewerbeerträge des Anrechnungsjahres als auch die Fehlbeträge des Verlustentstehungsjahres entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel sowie unter Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben den einzelnen Mitunternehmern zuzuordnen. Die Ergebnisse der einzelnen Verrechnungen sind sodann wieder zum einheitlichen Gewerbeertrag des Unternehmens zusammenzufassen.
Erfolgt bei einem Gesellschafter eine Anteilsreduzierung, führt dies nicht etwa dazu, dass der auf diesen Gesellschafter in früheren Jahren entfallende Verlustvortrag anteilig gemindert wird. Vielmehr ist es für die Verlustverrechnung ausreichend, dass dieser Gesellschafter im Verlustentstehungsjahr und in dem Jahr, in dem der Verlustabzug geltend gemacht wird, Gesellschafter der Personengesellschaft ist.
Hinweis:
Der Bundesfinanzhof bestätigt hiermit seine bisherige Rechtsprechung. Allerdings hat die Finanzverwaltung die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bislang nicht angewandt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist bei unverändertem Gesellschafterbestand keine gesellschafterbezogene Berechnung des Verlustabzugs vorzunehmen. Diese Auffassung der Finanzverwaltung kann für den Steuerpflichtigen durchaus günstiger sein als die Ansicht des Bundesfinanzhofs. Das weitere Verhalten der Finanzverwaltung bleibt abzuwarten.
Aufgrund der Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte, die dem Gesellschafter bei der Einkommensteuer gewährt wird, ist die Bedeutung von gewerbesteuerlichen Verlustvorträgen in vielen Fällen deutlich abgesunken.
16 Steuerbefreiung für Dividenden und Veräußerungsgewinne gilt auch für die Gewerbesteuer
Hält eine Personengesellschaft eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und bezieht hieraus Gewinnausschüttungen oder erzielt aus der Veräußerung der Beteiligung einen Gewinn, so sind diese Erträge gänzlich steuerfrei, soweit Anteilseigner der Personengesellschaft eine Kapitalgesellschaft ist, oder aber zur Hälfte steuerfrei, soweit Anteilseigner natürliche Personen sind. Diese Steuerbefreiung gilt auch für die Gewerbesteuer. Dies wurde für die Jahre ab 2004 ausdrücklich gesetzlich festgeschrieben. Dass dieser Grundsatz auch für frühere Jahre gilt, wurde im Fachschrifttum einhellig bejaht, von der Finanzverwaltung aber anders gesehen. Das Finanzgericht Köln hat mit Urteil vom 31.8.2005 (Aktenzeichen 7 K 1000/04) nun ausdrücklich klargestellt, dass diese Steuerbefreiung auch bei der Gewerbesteuer gilt. Allerdings wurde gegen dieses Urteil Revision beim Bundesfinanzhof (Aktenzeichen I R 95/05) eingelegt.
17 Entfernungspauschale: Verkehrsgünstige oder kürzeste Strecke?
Arbeitnehmer können ab dem Jahr 2004 für ihre Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einmal je Arbeitstag für jeden vollen Kilometer der Entfernung (einfache Strecke) grundsätzlich pauschal (nur) 0,30 € steuermindernd ansetzen (so genannte Entfernungspauschale). Nach dem Gesetz kommt es für die Ermittlung der Entfernung auf die kürzeste Straßenverbindung an. Eine Straßenverbindung über eine größere Entfernung kann nur zugrunde gelegt werden, wenn sie offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird.
Zu der Frage, ob eine schnellere, aber weitere Verbindung berücksichtigt werden kann, hat sich das Finanzgericht Düsseldorf geäußert (rechtskräftiges Urteil vom 18.7.2005, Aktenzeichen 10 K 514/05 E). In dem Fall hatte der Arbeitnehmer statt der Innenstadtstrecke (17 km) eine Autobahnverbindung (28 km) geltend gemacht. Mit Bezug auf eine ältere Entscheidung des Bundesfinanzhofs vertritt das Finanzgericht Düsseldorf die Auffassung, eine Strecke sei nur dann "offensichtlich verkehrsgünstiger", wenn bei ihrer Benutzung das Fahrtziel schneller und pünktlicher erreicht werden könne. Dafür sei eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten erforderlich. Da der Arbeitnehmer eine solche Zeitersparnis nicht nachweisen konnte, wies das Gericht die Klage ab.
Hinweise:
Bemerkenswert ist, dass das Gericht die vom Arbeitnehmer behaupteten Fahrtzeiten durch Nachfahren der Strecken und Internet-Routenplaner überprüfen ließ.
Die Bundesregierung plant im Entwurf zu einem Steueränderungsgesetz 2007, eine Entfernungspauschale ab dem Jahr 2007 nur noch ab dem 21. Entfernungskilometer zu gewähren.
18 Antrag auf Verlustfeststellung auch nach Ablauf der Frist für die Antragsveranlagung möglich
Bei Arbeitnehmern ist die Einkommensteuer grundsätzlich mit der einbehaltenen Lohnsteuer abgegolten. Auf Antrag kann aber eine Einkommensteuerveranlagung erfolgen, insbesondere um Werbungskosten oder andere Abzugsbeträge, wie z.B. Spenden, Versicherungsbeiträge oder außergewöhnliche Belastungen geltend zu machen. Eine solche Antragsveranlagung ist nur innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Ablauf des entsprechenden Jahres möglich. Insoweit handelt es sich um eine Ausschlussfrist, d.h. bei Versäumnis dieser Frist ist eine Veranlagung regelmäßig nicht mehr möglich.
Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 1.3.2006 (Aktenzeichen XI R 33/04) entschieden, dass die erstmalige Feststellung eines vortragsfähigen Verlustes bis zum Ablauf der vergleichsweise langen Feststellungsfrist selbst dann noch erfolgen kann, wenn eine Veranlagung zur Einkommensteuer vom Finanzamt wegen Ablaufs der zweijährigen Antragsfrist bestandskräftig abgelehnt worden ist.
Hinweis:
Dieses Urteil des Bundesfinanzhofs hat über den entschiedenen Einzelfall hinaus Bedeutung für die Geltendmachung von Kosten für ein klassisches Erststudium als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben. Bis zum Veranlagungsjahr 2003 - ab 2004 gilt eine Gesetzesänderung - stellt sich die Frage, ob diese Studienkosten statt als Sonderausgaben z.B. als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind. Durch die Einbeziehung in eine Einkunftsart fließen diese negativen Einkünfte in die Verlustfeststellung ein und können dann in späteren Jahren mit steuerpflichtigen Einnahmen verrechnet werden. Eine Verlustfeststellung sollte für alle Veranlagungszeiträume, für die die Feststellungsverjährung noch nicht abgelaufen ist, beantragt werden.
19 Fahrtenbuchführung: Festigung der restriktiven Rechtsprechung
Der Bundesfinanzhof hat in drei aktuellen Urteilen vom 9.11.2005 (Aktenzeichen VI R 27/05), vom 16.11.2005 (Aktenzeichen VI R 64/04) und vom 16.3.2006 (Aktenzeichen VI R 87/04) seine restriktive Rechtsprechung zu den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch bestätigt.
Hinweis:
Grundsätzlich gilt: Rechtsprechung und Finanzverwaltung stellen sehr hohe Anforderungen an das Vorliegen eines "ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs".
Nach dem Urteil vom 16.3.2006 muss ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch grundsätzlich zu den beruflichen Reisen Angaben zum Datum, zum Reiseziel, zum aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner bzw. zum Gegenstand der dienstlichen Verrichtung und zu dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs enthalten.
Hinweis:
Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch reichen allenfalls dann aus, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt, oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind.
Dabei ist jede einzelne berufliche Verwendung grundsätzlich für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten (es werden z.B. nacheinander mehrere Kunden an verschiedenen Orten aufgesucht), so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Es genügt die Aufzeichnung des erst am Ende der gesamten Reise erreichten Kfz-Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge des Aufsuchens aufgeführt werden.
Der Übergang von der beruflichen zur privaten Nutzung des Fahrzeugs ist im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Gesamtkilometerstands zu dokumentieren.
Die erforderlichen Angaben müssen sich dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen. Ein Verweis auf ergänzende Unterlagen ist nur zulässig, wenn der geschlossene Charakter der Fahrtenbuchaufzeichnungen dadurch nicht beeinträchtigt wird.
20 EU-Konformität des § 17 EStG bei Veräußerung von Auslandsbeteiligungen im Jahr 2001?
Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 14.2.2006 (Aktenzeichen VIII B 107/04) festgestellt, dass ernstliche Zweifel bestehen, ob § 17 EStG - also die Vorschrift, nach der Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften bei Beteiligungsquoten von mindestens 1 % zu versteuern sind - mit dem Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit des EG-Vertrags vereinbar ist.
In Zusammenhang mit der Abschaffung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens hatte der Gesetzgeber bestimmt, dass das an diese Stelle tretende Halbeinkünfteverfahren für inländische Gesellschaften in der Regel ab 2002, bei ausländischen Unternehmen bereits ab 2001 gelten sollte. Kehrseite dieser Anordnung war, dass die Herabsetzung der so genannten Wesentlichkeitsgrenze in § 17 EStG von 10 % auf 1 % für ausländische Gesellschaften dann ebenfalls schon im Jahr 2001 galt. Diese unterschiedliche Behandlung hat der Bundesfinanzhof zum Anlass genommen, in einem Aussetzungsbeschluss die Europarechtswidrigkeit dieser Ungleichbehandlung zu rügen.
Hinweis:
Soweit einschlägige Fälle strittig sind, sollte gegenüber der Finanzverwaltung auf dieses aktuelle Urteil hingewiesen werden.
21 Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften (Spekulationsverluste)
Entstehen in einem Jahr Spekulationsverluste, die nicht im selben Veranlagungszeitraum ausgeglichen werden können, so sind sie mit Spekulationsgewinnen des Vorjahres oder späterer Jahre ausgleichsfähig. Streitig war, ob nach Bestandskraft des Steuerbescheids erklärte Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften desselben Veranlagungszeitraums festgestellt werden müssen.
Mit Urteil vom 22.9.2005 (Aktenzeichen IX R 21/04) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass es eines solchen gesonderten Feststellungsverfahrens nicht bedarf, weil es an einer entsprechenden Vorschrift fehlt. Nicht ausgleichbare Verluste können also in dem Veranlagungszeitraum geltend gemacht werden, in dem verrechenbare positive Erträge aus Spekulationsgeschäften zur Verfügung stehen.
22 Steuerliche Behandlung der Kompensationszahlung an Anleger wegen des Wertverlusts des Grundstücksimmobilienfonds "grundbesitz-invest"
Anleger des Grundstücksimmobilienfonds "grundbesitz-invest" mussten in der jüngeren Vergangenheit deutliche Wertminderungen hinnehmen, die insbesondere durch Neubewertungen des Grundstücksbestands hervorgerufen wurden. Es ist beabsichtigt, von Seiten der in den Vertrieb der Anteile eingebundenen Gesellschaften des Deutsche Bank-Konzerns den Anlegern hierfür gewisse Kompensationszahlungen zu leisten.
Das Bundesministerium der Finanzen hat sich im Schreiben vom 17.3.2006 (Aktenzeichen IV C 1 - S 1980 - 1 - 12/06) zur steuerlichen Behandlung solcher Kompensationszahlungen geäußert. Danach zählen diese Zahlungen bei privaten Anlegern nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Soweit allerdings ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegt, also bei Verkauf der Anteile innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb, sind die Kompensationszahlungen bei der Ermittlung des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft zu berücksichtigen.
23 Sachdividende als steuerpflichtiger Kapitalertrag
Bei so genannten Stockdividenden erfolgt keine Barausschüttung, sondern eine Ausgabe von Aktien der Gesellschaft. Besteht ein Wahlrecht auf Barausschüttung oder Erhalt von Aktien, ist nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14.2.2006 (Aktenzeichen VIII R 49/03) in jedem Falle Steuerpflicht gegeben. Die Aktien sind Kapitaleinkünfte und mit der Höhe der Bardividende anzusetzen, da sie quasi als Äquivalent für diese Bardividende gelten. Hierauf ist das Halbeinkünfteverfahren anwendbar. Für die erhaltenen Aktien beginnt eine neue Spekulationsfrist.
24 Schuldzinsen wegen früheren Erhaltungsaufwands an selbst genutztem Haus als Werbungskosten
Bekanntlich war bis 1986 der Abzug von Schuldzinsen, Erhaltungsaufwendungen und anderen Werbungskosten bei einem selbst genutzten Haus bzw. einer Eigentumswohnung möglich, da eine fiktive Miete als steuerpflichtige Einnahme angesehen wurde. Mit Einführung der Privatgutlösung ab 1987 wurde eine Übergangsregelung geschaffen, die Ende 1998 ausgelaufen ist. Seither können Aufwendungen in Zusammenhang mit dem selbst genutzten Haus bzw. der Eigentumswohnung grundsätzlich nicht mehr als Werbungskosten geltend gemacht werden. Sie werden derzeit nur noch im Rahmen der Eigenheimzulage oder sehr beschränkt bei den Sonderausgaben berücksichtigt.
Nunmehr hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 12.10.2005 (Aktenzeichen IX R 28/04) entschieden, dass Zinsen für ein Darlehen, mit dem vor 1998 sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen finanziert wurden, auch danach als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. In dem entschiedenen Fall hatte ein Ehepaar in den Jahren 1986 bis 1998 mehrere Darlehen zur Finanzierung von Erhaltungsaufwendungen aufgenommen. Sie wollten die auf diese Darlehen entfallenden Schuldzinsen auch nach 1998 als nachträgliche Werbungskosten geltend machen.
Hinweis:
Da die Finanzverwaltung insbesondere hinsichtlich der Frage, ob ein etwaiger Veräußerungserlös zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens ausgereicht hätte, eine andere Auffassung vertritt, sollte gegebenenfalls Einspruch gegen entsprechende ablehnende Entscheidungen eingelegt werden; möglicherweise lohnt es sich auch, noch offene Veranlagungen unter diesem Aspekt aufzunehmen.
25 Kosten in Zusammenhang mit Aufhebung eines Kaufvertrags für ein Mietshaus Werbungskosten?
Gelegentlich kommt es trotz Abschlusses eines notariellen Kaufvertrags über ein Immobilienobjekt nicht zur Durchführung, weil sich z.B. nachträglich eine Mangelhaftigkeit des Gebäudes herausstellt oder die Bank eine Finanzierung nicht darstellt. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob die in Zusammenhang mit Abschluss und Aufhebung des Kaufvertrags angefallenen Kosten wenigstens als vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können.
Mit Urteil vom 15.11.2005 (Aktenzeichen IX R 3/04) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass vorab entstandene Werbungskosten selbst dann abziehbar sind, wenn der Steuerpflichtige sie tätigt, um sich aus der vertraglichen Verbindung zu lösen, um so die Höhe der vergeblich aufgewendeten Kosten zu begrenzen. Der durch die Absicht der Vermietung des erworbenen Objektes begründete Zusammenhang mit zukünftigen Mieteinnahmen besteht auch dann fort, wenn die Steuerpflichtigen sich von der Investition lösen. Es handelt sich dann um vorab entstandene vergebliche Werbungskosten, zu denen auch Prozesskosten und ein Schadensersatz für die Aufhebung des Kaufvertrages zählen. In dem entschiedenen Fall hatte der Käufer sich mit dem Verkäufer über Mängel des Gebäudes gerichtlich gestritten und schließlich gegen eine Zahlung von 60 000 DM den Kaufvertrag aufgehoben.
Anders entschied noch das Finanzgericht Brandenburg mit Urteil vom 26.10.2005 (Aktenzeichen 4 K 787/02) in einem Fall, in dem der Kaufvertrag über ein Mietwohnhaus aufgehoben wurde, weil die Bank des Käufers entgegen einer früheren Zusage eines Sachbearbeiters die Finanzierung nicht übernahm. Die Käufer hatten die Schadensersatzzahlung an den Verkäufer sowie Rechtsanwalts- und Notarkosten für den Aufhebungsvertrag als vergebliche Werbungskosten abziehen wollen. Das Finanzgericht lehnte den Abzug dieser Aufwendungen als Werbungskosten ab, da sie nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht angefallen waren. Die hier geltend gemachten Kosten waren erst nach der Entscheidung, dass die Bank den Erwerb des Objektes nicht finanziert, entstanden. Gegen dieses Urteil des Finanzgerichts ist nun aber die Revision beim Bundesfinanzhof (Aktenzeichen IX R 45/05) anhängig.
Hinweis:
Dementsprechend können nun Kosten im Zusammenhang mit der Aufgabe oder Rückgängigmachung des Erwerbs eines zur Vermietung vorgesehenen Immobilienobjekts als vorab entstandene vergebliche Werbungskosten geltend gemacht werden und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die Investition scheitert. Gegebenenfalls muss jedoch nachgewiesen werden, dass Vermietungsabsicht bestand.
26 Gewerblicher Grundstückshandel kann auch bei Verkauf lediglich eines Objekts gegeben sein
Seit Jahren beschäftigen sich die Steuergerichte mit der so genannten Drei-Objektgrenze, womit bei dem Verkauf von Immobilien die private Vermögensverwaltung von einem gewerblichen Grundstückshandel abgegrenzt werden soll. Dabei hat der Bundesfinanzhof grundsätzlich festgelegt, dass der An- und Verkauf von mehr als drei Objekten innerhalb von fünf Jahren einen gewerblichen Grundstückshandel darstellt; sofern jedoch weniger als vier Objekte innerhalb der fünf Jahre an- und wieder verkauft werden, kann dies in der Regel noch als eine private Vermögensverwaltung behandelt werden mit der Folge, dass der Gewinn nicht gewerbesteuerpflichtig ist (nach Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre fällt jedoch Einkommensteuer an).
Nunmehr hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 1.12.2005 (Aktenzeichen IV R 65/04) festgehalten, dass auch dann eine gewerbliche Betätigung anzunehmen ist, wenn eine an sich vermögensverwaltend tätige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Objekt innerhalb von weniger als fünf Jahren an- und verkauft und es sich dabei um eine noch zu errichtende Einkaufspassage handelt.
Im entschiedenen Fall hatte eine GbR ein Grundstück erworben, eine Bauplanung für das Grundstück bezüglich einer Einkaufspassage erstellen lassen, im Interesse der potenziellen Erwerber des Objekts Mietverträge abgeschlossen, mehrere Bauunternehmer mit der Errichtung der Einkaufspassage beauftragt und sich zur Gewährleistung für Baumängel sowie zur Zahlung von Schadensersatz für Mietausfälle bei nicht rechtzeitiger Fertigstellung verpflichtet. In der Gesamtschau sahen die obersten deutschen Steuerrichter hierin eine nachhaltige Tätigkeit, wodurch die Grenze zur Gewerblichkeit überschritten sei. Dies gelte auch dann, wenn das Objekt nur einem einzigen Marktteilnehmer angeboten wurde, da der Verkäufer damit rechnet, dass sich die Verkaufsabsicht herumsprechen wird.
Hinweis:
Im entschiedenen Fall hatte die GbR sich wie ein Projektentwickler oder Bauträger verhalten und somit den Bereich der Vermögensverwaltung verlassen. Anders dürfte die Beurteilung aussehen, wenn die GbR einen Generalübernehmer mit den genannten Aufgaben beauftragt und sodann das Objekt insgesamt mit den Gewährleistungsansprüchen gegenüber dem Generalübernehmer veräußert hätte. In diesem Fall wäre eine Betätigung wie ein Projektentwickler nicht nachweisbar gewesen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein solcher Fall von der Rechtsprechung noch nicht beurteilt wurde.
27 Anliegerbeiträge für ein bereits erschlossenes Grundstück keine Anschaffungskosten
Beachten Sie bitte den gleichnamigen Beitrag in der Rubrik "Für Unternehmer und Freiberufler", der auch bei privaten Vermietungsobjekten einschlägig ist.