Mandantenrundschreiben 06/2006
1 Gesetzgebung: Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2007
2 Gesetzgebung: Erbschaftsteuerreform
3 Haushaltsnahe Dienstleistungen: Anforderungen an Handwerkerrechnungen
4 Haushaltsnahe Dienstleistungen: Aufwendungen einer Wohnungseigentümergemeinschaft
5 Kindergeld/Kinderfreibetrag: Erwerbstätigkeit bei Warten auf Studienplatz nicht zwingend schädlich
6 Kindergeldnachzahlung ist nicht zu verzinsen
7 Mitgliedsbeiträge an kulturelle Vereine gegebenenfalls steuerlich nicht abzugsfähig
8 Einbau eines Außenaufzugs kann als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzugsfähig sein
9 Finanzverwaltung zur Neuregelung der Besteuerung der privaten Firmenwagennutzung
10 Teilwertabschreibung bei langlebigen Wirtschaftsgütern
12 Private Nutzung betrieblicher PC- und Telekommunikationsgeräte bei Unternehmern zu versteuern
13 Pkw-Veräußerung nach Erwerb ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit
14 Chi-Quadrat-Test: Fahrtenbuch ordnungsgemäß?
15 Kapitalkonten bei der KG und deren steuerliche Bedeutung
16 Übertragung unter Vorbehalt des Nießbrauchs
17 Doppelte Haushaltsführung: Rechtsanspruch auf Pauschbeträge
18 Bundesfinanzhof: Abzug von Aufwendungen für Lehrerfortbildungskurs (Snowboardkurs)
20 Auslagenersatz bei Erstattung von Reparaturkosten
21 Kosten für Alarmanlage absetzbar?
22 Einstufung von Anleihen und Zertifikaten als steuerpflichtige Finanzinnovation?
23 Darlehenszinsen eines Arbeitnehmers für Anteile an der Gesellschaft des Arbeitgebers
24 Laufende Erhaltungsaufwendungen, die ein Dritter trägt
25 Erfolglose Planungskosten als Werbungskosten
26 Aufwendungen zur Erbbaurechtsablösung als Gebäude-Herstellungskosten
27 Gesetzgebung: Änderung von Steuerbescheiden bei verdeckter Gewinnausschüttung
28 Atypisch stille Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil
29 Betriebsaufspaltung auch schon bei einfacher Stimmrechtsmehrheit zu bejahen
30 Überversorgung bei Pensionszusagen in Zusammenhang mit Gehaltsverzicht
31 Aufwendungen für das Arbeitszimmer des Gesellschafter-Geschäftsführers
32 Aktuelle Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung
33 Geschäftsführerhaftung bei "Schwarzgeld-Abzweigungen"
34 Informationsrechte des Gesellschafters, Wahl eines Versammlungsleiters
35 Problembereiche der Ladung zur Gesellschafterversammlung
36 Umsatzsteuererhöhung 2007 - Gesetzesänderung
37 Umsatzsteuererhöhung 2007 - Handlungsbedarf
38 Erstmalige Anwendung des erhöhten Umsatzsteuersatzes
39 Möglichkeiten der Überwälzung der Umsatzsteuererhöhung
40 Sonderfälle beim Übergang zum erhöhten Steuersatz
1 Gesetzgebung: Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2007
Die Bundesregierung hat am 23.8.2006 den Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2007 verabschiedet. Der Gesetzentwurf enthält eine Vielzahl an Einzelregelungen, die überwiegend am 1.1.2007 in Kraft treten sollen. Neben Anpassungen an das EU-Gemeinschaftsrecht sind auch Regelungen enthalten, mit denen die Bundesregierung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs reagiert. Herauszuheben sind die folgenden geplanten Änderungen:
- Regelung zur korrespondierenden Besteuerung von verdeckten Gewinnausschüttungen. Die geplante Änderung, die im Wesentlichen auf Druck der Verbände zu Stande gekommen ist, soll gewährleisten, dass im Falle der Aufdeckung einer verdeckten Gewinnausschüttung auf Ebene der GmbH eine entsprechende Behandlung auf Ebene des betroffenen Gesellschafters erfolgen kann, damit keine Mehrfachbelastung eintritt. Derzeit kann eine solche Korrektur an verfahrensrechtlichen Regelungen scheitern.
- Gesetzlich soll nun endgültig geregelt werden, dass die Aufwendungen für ein Damnum oder Disagio wie bisher in Höhe des vom jeweiligen Darlehensnehmer an das Kreditinstitut gezahlten Betrags als Werbungskosten abziehbar sind, soweit unter Berücksichtigung der jährlichen Zinsbelastung die marktüblichen Beträge nicht überschritten werden. Der über die marktüblichen Beträge hinausgehende Teil ist auf den Zinsfestschreibungszeitraum oder bei dessen Fehlen auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen. Eine Zinsvorauszahlung ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Nominalzins ungewöhnlich niedrig und das Damnum entsprechend hoch bemessen ist. Aus Vereinfachungsgründen kann von der Marktüblichkeit ausgegangen werden, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens fünf Jahren ein Damnum in Höhe von bis zu 5 % vereinbart worden ist. Geplant ist ein rückwirkendes Inkrafttreten bei einem Damnum bzw. Disagio betreffend eines Grundstücks ab dem 1.1.2004.
- Änderungen im Bereich der Altersvorsorge/Alterseinkünfte, u. a. Verbesserungen im Bereich der Berücksichtigung von Beiträgen für eine private Basis-/"Rürup"-Rente im Rahmen der Günstigerprüfung für Vorsorgeaufwendungen.
- Änderungen bei der betrieblichen Altersversorgung:
- Erfassung bestimmter Arbeitgeberzahlungen an betriebliche Versorgungssysteme als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (Beiträge und Zuwendungen, aber auch Sonder- und Gegenwertzahlungen sowie Sanierungsgelder für eine nicht kapitalgedeckte Altersversorgung),
- Einführung einer Pauschalbesteuerungspflicht in Höhe von 15 % für Sonder- und Gegenwertzahlungen sowie Sanierungsgelder des Arbeitgebers für eine nicht kapitalgedeckte Altersversorgung an kommunale, kirchliche und betriebliche Zusatzversorgungskassen,
- langfristig gestreckter, stufenweiser Einstieg in die nachgelagerte Besteuerung für nach dem 31.12.2007 geleistete laufende Zuwendungen des Arbeitgebers zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten Altersversorgung der Arbeitnehmer.
- Einführung einer Regelung für die Abwicklung von Aktiengeschäften an der Börse in zeitlicher Nähe zum Ausschüttungstermin ("manufactured dividends") zur Verhinderung bestimmter Gestaltungsmodelle.
- Pauschalierung der Einkommensteuer bei bestimmten Sachzuwendungen.
- Einführung eines Prüfungsrechts der Finanzbehörden für Jahressteuerbescheinigungen bei dem ausstellenden Kreditinstitut.
- Elektronische und monatliche Abgabe der Zusammenfassenden Meldung nach dem Umsatzsteuergesetz.
2 Gesetzgebung: Erbschaftsteuerreform
a) Anstehende Erbschaftsteuerreform
Die Bundesregierung hat eine Reform der Erbschaftsteuer mit Wirkung ab dem 1.1.2007 angekündigt. Zwar liegen aktuell noch keine Gesetzentwürfe vor, doch soll nach wie vor an diesem Zeitplan festgehalten werden, so dass Gesetzentwürfe im Oktober dieses Jahres im Bundeskabinett beschlossen werden müssten. In diesem Zusammenhang ist auch das erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur eventuellen Verfassungswidrigkeit der vergleichsweise hohen Begünstigung einzelner Vermögensarten zu sehen.
Hinweis:
Wie die zum 1.1.2007 angekündigte Reform der Erbschaftsteuer aussehen wird, ist derzeit nicht sicher. Für Teilbereiche ist mit steigenden Belastungen zu rechnen. In bestimmten Vermögenssituationen dürften sich aber auch deutliche Entlastungen ergeben. Dies gibt Anlass zu prüfen, ob anstehende Vermögensübertragungen auf die nächste Familiengeneration vorgezogen werden sollten, um die aktuellen steuerlichen Rahmenbedingungen zu sichern. Da derartige Überlegungen sich als sehr komplex darstellen und nur unter Abwägung aller steuerlichen und nicht steuerlichen Aspekte unter Hinzuziehung des steuerlichen Beraters umgesetzt werden können, ist es empfehlenswert, in einschlägigen Fällen bereits zum jetzigen Zeitpunkt vorbereitende Maßnahmen zu treffen, die dann ggf. sehr kurzfristig umgesetzt werden können, wenn sich abzeichnet, welche Änderungen eintreten werden.
b) Übertragung von Immobilien
Nach derzeitigem Recht werden Immobilien bei der Berechnung der Schenkungsteuer in einem pauschalierten Verfahren bewertet und dabei regelmäßig deutlich unter dem Verkehrswert angesetzt. Es erscheint fraglich, ob die vergleichsweise günstige Behandlung größerer Immobilienvermögen in Zukunft weiterhin gelten wird. Bei kleineren Immobilienvermögen ist dagegen nach derzeitigem Stand nicht mit wesentlichen Verschärfungen zu rechnen.
Hinweis:
Nach aktuellem Stand soll eine Reform der Grundbesitzbewertung nicht Gegenstand der zum 1.1.2007 in Kraft tretenden Erbschaftsteuerreform sein. Allerdings wird mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Grundbesitzbewertung kurzfristig gerechnet, so dass dann möglicherweise der Gesetzgeber zum Handeln verpflichtet ist.
c) Übertragung von Betriebsvermögen
Nach wie vor ist geplant, die anfallende Steuer bei der Übertragung von Betriebsvermögen unter bestimmten Bedingungen über zehn Jahre zinslos zu stunden und jedes Jahr zu einem Zehntel zu erlassen. Unklar ist derzeit noch, welche Bedingungen in dem Zehnjahreszeitraum erfüllt werden müssen. Vorgesehen ist zudem, nur noch sog. Produktivvermögen zu begünstigen. Nach früheren Überlegungen sollten grundsätzlich Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und der Ausübung eines freien Berufs dienendes Vermögen zum Produktivvermögen zählen. Als nicht produktives Vermögen gelten Geld und Geldforderungen gegenüber Kreditinstituten, Wertpapiere, an Dritte zur Nutzung überlassene Grundstücke und Beteiligungen an Kapitalgesellschaften mit einer Beteiligungsquote bis zu 25 %.
Hinweis:
Übertragungen von Produktivvermögen bis zu einer bestimmten Grenze (im Gespräch waren 100 Mio. €) wären nach den bisherigen Überlegungen des Gesetzgebers künftig deutlich attraktiver als bislang. Insofern erscheint eine abwartende Haltung sinnvoll.
Enthält das Betriebsvermögen in größerem Umfang nicht begünstigtes Vermögen, entfallen voraussichtlich insoweit künftig die erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen, so dass geprüft werden sollte, ob das derzeitige Recht noch genutzt werden kann. Betroffen sind insbesondere Gesellschaften mit größerem fremdvermieteten Immobilienbestand oder auch mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften bei Beteiligungsquoten bis zu 25 %.
Nach wie vor steht aber auch der Wegfall der schenkung-/erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen für gewerblich geprägte Gesellschaften im Raum. Betroffen sind von diesen drohenden Änderungen GmbH & Co. KG, die eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit wie die Verwaltung von Wertpapiervermögen oder Immobilien ausführen. Gerade zur Erreichung einer begünstigten Übertragung größeren Privatvermögens wurden bisher derartige Gestaltungen häufig eingesetzt, was künftig eventuell nicht mehr möglich sein wird.
Hinweis:
Um die erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen zu sichern, wäre die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit notwendig. Allerdings ist derzeit noch fraglich, ob dies letztlich zielführend ist, da künftig die erbschaftsteuerliche Begünstigung auf sog. Produktivvermögen begrenzt werden soll (siehe oben). Aus diesem Grunde kann nur angeraten werden, sorgfältig zu prüfen, ob anstehende Übertragungen zeitlich vorgezogen werden können. Insofern sind allerdings die weiteren Aktivitäten des Gesetzgebers genau zu verfolgen. Auf steuerlichen Rat sollte dabei nicht verzichtet werden.
3 Haushaltsnahe Dienstleistungen: Anforderungen an Handwerkerrechnungen
Mit dem Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung wurde die steuerliche Absetzbarkeit der Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleitungen u. a. dahingehend geändert, dass nun auch Handwerkerleistungen, die i. d. R. nur durch den Fachmann erbracht werden können, begünstigt sind. Allerdings sind lediglich Lohnanteile steuerlich begünstigt und nicht etwaige Materialkosten.
Die Oberfinanzdirektion Koblenz hat in einer Verfügung vom 1.6.2006 zu der Frage Stellung genommen, welche Anforderungen an den Rechnungsausweis von Handwerkerleistungen zu stellen sind, insbesondere wie der nicht begünstigte Materialanteil zu kennzeichnen ist. Hintergrund ist der oftmals zwischen Handwerker und Kunden vereinbarte Einheitspreis. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass pro Menge/Masse (Quadratmeter, Meter, Kubikmeter, Tonne) ein bestimmter Preis vereinbart wird. In diesem Preis sind sowohl Material als auch Arbeitsleistung enthalten, ohne dass diese Positionen getrennt aufgeführt werden.
Beispiel:
Der Kunde wünscht die Erneuerung der Bodenfliesen in seinem Bad. Das Angebot sieht unter Berücksichtigung des Materialpreises der vom Kunden ausgesuchten Fliesen, der benötigten Zusatzmaterialien (z. B. Fliesenkleber) und der Größe und Schwierigkeit der zu verlegenden Fläche einen Einheitspreis von 45 €/qm vor. Hierin enthalten ist auch die Kalkulation des Handwerkers für An- und Abfahrt, Maschineneinsatz, Gesellenlohn und Gewinnaufschlag.
Gemäß der Oberfinanzdirektion Koblenz bestehen grundsätzlich keine Bedenken, wenn der in diesen Fällen in einer Summe ausgewiesene Rechnungsbetrag z. B. wie folgt ergänzt wird: "Im Rechnungsbetrag in Höhe von € ... sind Materialkosten in Höhe von € ... brutto enthalten."
Allerdings weist die Oberfinanzdirektion darauf hin, dass der Aufteilungsmaßstab im Weg der Schätzung entsprechend abgeändert werden muss, soweit im konkreten Einzelfall offensichtlich nicht anzuerkennende Gefälligkeitsrechnungen ausgestellt werden, d.h. der Materialanteil in Rechnungen erkennbar zu niedrig ausgewiesen ist, um den begünstigten Rechnungsanteil zu erhöhen.
Leistungen, bei denen die Lieferung der Ware im Vordergrund steht, sind weiterhin vollumfänglich nicht begünstigt (z. B. Partyservice, Lieferung von Blumenerde).
4 Haushaltsnahe Dienstleistungen: Aufwendungen einer Wohnungseigentümergemeinschaft
Nach Auffassung der Finanzverwaltung können Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen, die von einer Wohnungseigentümergemeinschaft (z.B. bei Eigentumswohnungen) beauftragt werden, von den Eigentümern der Wohnungen nicht steuerlich geltend gemacht werden. Nach dem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 17.5.2006 (Aktenzeichen 13 K 262/04) ist ein steuerlicher Abzug dagegen möglich.
Hinweis:
Diese Frage ist umstritten und hat ganz erhebliche praktische Relevanz. Viel spricht für die Ansicht des Finanzgerichts, so dass in Eigentumswohnungen wohnende Eigentümer die Kosten unter Vorlage der an die Eigentümergemeinschaft gerichteten Rechnung und der Zahlung der Wohnungseigentümergemeinschaft auf das Konto des Erbringers der Leistung (anteilig) geltend machen können. Lehnt das Finanzamt den steuerlichen Abzug ab, kann hiergegen ein Einspruch erwogen werden.
5 Kindergeld/Kinderfreibetrag: Erwerbstätigkeit bei Warten auf Studienplatz nicht zwingend schädlich
Für ein volljähriges Kind kann Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag gewährt werden. Sofern das Kind sich aus einer Erwerbstätigkeit heraus um einen Studienplatz bewirbt, kann ab dem Monat der Bewerbung Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag gewährt werden, vorausgesetzt es handelt sich bei der Tätigkeit nicht um eine Vollzeiterwerbstätigkeit. Dies entschied der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 23.2.2006 (Aktenzeichen III R 8/05, III R 46/05).
Streitig war, ob dem Kläger für seinen 1978 geborenen Sohn (S) für den Zeitraum August 2001, November 2002 bis April 2003 und Oktober bis Dezember 2003 Kindergeld zusteht, obwohl der Sohn einer geringfügigen Beschäftigung nachging. S beendete im Juli 2000 seinen Zivildienst. In der Zeit von August 2000 bis Juni 2001 besuchte er die Fachoberschule. Bis Juni 2001 wurde für S Kindergeld gewährt. Erst im Januar 2004 nahm S ein Fachhochschulstudium auf. In der Zeit von August 2001 bis Dezember 2003 war er - um die Wartezeit auf einen Studienplatz zu überbrücken - stets einer geringfügigen Beschäftigung mit ca. 10,5 Wochenstunden nachgegangen, mit Ausnahme des Monats Juli 2002, in dem er mit 29 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt war. Die Beschäftigung beruhte auf befristeten Arbeitsverträgen, die im streitigen Zeitraum mehrmals verlängert wurden, letztmals bis zum 31.12.2003. Die Einkünfte und Bezüge des S überstiegen den im jeweiligen Kalenderjahr maßgeblichen Grenzbetrag nicht.
Der Bundesfinanzhof entschied, dass S in den hier streitigen Monaten August 2001, November 2002 bis April 2003 und Oktober bis Dezember 2003 als Kind zu berücksichtigen ist. Dem stehe die gleichzeitige Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung nicht entgegen, da sie einer Vollzeiterwerbstätigkeit nicht gleichzusetzen sei.
6 Kindergeldnachzahlung ist nicht zu verzinsen
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 20.4.2006 (Aktenzeichen III R 64/04) entschieden, dass eine nachträglich festgesetzte Kindergeldzahlung nicht zu verzinsen ist. Im Entscheidungsfall bezog die Klägerin zunächst Kindergeld von der Familienkasse. Dieses wurde durch Bescheid ab Juli 1996 aufgehoben. Erst nach einer im Jahr 2001 ergangenen Einspruchsentscheidung wurde das Kindergeld rückwirkend wieder gewährt. Die Klägerin begehrte für die verzögerte Auszahlung eine Verzinsung ihrer Ansprüche. Der Bundesfinanzhof versagte ihr dies mit der Begründung, dass für eine Verzinsung keine gesetzliche Grundlage bestehe.
7 Mitgliedsbeiträge an kulturelle Vereine gegebenenfalls steuerlich nicht abzugsfähig
Das Bundesministerium der Finanzen hat sich mit Schreiben vom 19.1.2006 (Aktenzeichen IV C 4 - S 2223 - 2/06) zu der Frage geäußert, unter welchen Bedingungen Mitgliedsbeiträge an kulturelle Vereine steuerlich abzugsfähig sind. Danach sind Mitgliedsbeiträge (neben Spenden) steuerlich absetzbar, wenn sie an Vereine gezahlt werden, die ausschließlich kulturelle Zwecke fördern. Allerdings ist auch in diesen Fällen der Abzug ausgeschlossen, wenn Vereinsmitglieder Anspruch auf geldwerte Vorteile, z.B. die Beschaffung verbilligter Eintrittskarten zu Veranstaltungen, die der Allgemeinheit zugänglich sind, haben. Bloße Annehmlichkeiten, z.B. die Beschaffung nicht verbilligter Eintrittskarten, der Zugang zu Proben oder nur für Mitglieder zugängliche "Dankeschönkonzerte", sind dagegen unschädlich.
Hinweis:
Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn wegen der bisherigen Unsicherheiten in Bezug auf die Abziehbarkeit der Mitgliedsbeiträge erst ab dem Jahr 2007 nach den geschilderten Grundsätzen verfahren wird.
8 Einbau eines Außenaufzugs kann als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzugsfähig sein
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Einbau eines Außenaufzugs in ein zweigeschossiges Einfamilienhaus als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzugsfähig sein, wenn er durch plötzlichen Eintritt einer Schwersterkrankung erforderlich wurde und anderweitige Lösungsmöglichkeiten - abgesehen von dem Kauf oder der Anmietung eines anderen Hauses - nicht bestanden. So hat das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 8.12.2005 (Aktenzeichen 8 K 1236/02 E) entschieden.
Hinweis:
Zu beachten ist, dass sich das Finanzgericht teilweise gegen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wendet, der in vergleichbaren Fällen die Anerkennung außergewöhnlicher Belastungen wegen des entstehenden Gegenwerts ablehnt. Entsprechend wurde gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Aktenzeichen III R 7/06). In ähnlichen Fällen sollte aber ein steuerlicher Abzug mit Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts angestrebt werden.
9 Finanzverwaltung zur Neuregelung der Besteuerung der privaten Firmenwagennutzung
a) Gesetzesänderung
Grundsätzlich führt die private Kraftfahrzeugnutzung (eines Geschäfts- oder Dienstwagens) bei Unternehmern zu einer Entnahme und bei Arbeitnehmern zu Arbeitslohn (sog. geldwerter Vorteil). Die Höhe der sich aus der Nutzung ergebenden Vorteile kann (in beiden Fällen) nach zwei Methoden ermittelt werden:
- Pauschalierung (1 %-Regelung): Bei dieser Regelung ist der Vorteil aus der privaten Fahrzeugnutzung mit monatlich 1 % des inländischen Bruttolistenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl. der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen - und zwar auch bei gebraucht erworbenen und geleasten Fahrzeugen. Dabei kommt es auf die tatsächliche Nutzung ebenso wenig an wie darauf, ob das Fahrzeug im Kalenderjahr nur zeitweise zur Verfügung steht (Ausnahme: Es steht volle Kalendermonate nicht zur Verfügung). Kann das Fahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich der Wert des Vorteils um 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
- Fahrtenbuchmethode: Anstelle des pauschalen Vorgehens kann der Vorteil auch anhand der tatsächlichen Fahrleistung ermittelt werden - und zwar nach dem Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten, das dann auf die tatsächlich angefallenen Kosten bezogen wird. Dies ist durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachzuweisen, an das Rechtsprechung und Finanzverwaltung mangels gesetzlicher Vorgaben in jüngerer Zeit höchste Anforderungen stellen. So muss das Fahrtenbuch gesondert, zeitnah und in geschlossener Form geführt werden und z.B. Datum, Kilometerstand zu Beginn und am Ende jeder beruflichen Fahrt, Reiseziel und Reisezweck sowie die aufgesuchten Kunden bzw. Geschäftspartner enthalten; ein Fahrtenbuch mittels des Computerprogramms Microsoft Excel hat der Bundesfinanzhof erst kürzlich mit Urteil vom 16.3.2006 (Aktenzeichen VI R 87/04) als manipulationsanfällig verworfen. Wird ein Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß abgelehnt, hat dies die Anwendung der 1 %-Regelung zur Folge.
Welche der beiden Methoden günstiger ist, kann nur für den konkreten Einzelfall ermittelt werden. In der Tendenz wird die Fahrtenbuchmethode vorteilhafter sein, z.B. bei Gewährung hoher Rabatte beim Fahrzeugkauf, bei geringer Privatkilometerzahl und bei größeren Entfernungen zwischen Wohnung und Betriebsstätte.
Aktuell hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28.4.2006 mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2005 beginnen, regelmäßig also ab dem Jahr 2006, einschränkend bestimmt, dass die pauschale Ermittlungsmethode für die private Kraftfahrzeugnutzung (1 %-Regelung) nur noch anwendbar ist, wenn das Kraftfahrzeug zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, wenn es also dem Bereich des notwendigen Betriebsvermögens zuzuordnen ist.
b) Stellungnahme der Finanzverwaltung
Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schreiben vom 7.7.2006 (Aktenzeichen IV B 2 - S - 2177 - 44/06) zur 1 %-Regelung auf Basis der neuen gesetzlichen Regelung Stellung genommen.
Hinweis:
Diese Stellungnahme der Finanzverwaltung ist für die Praxis sehr wichtig, da die Gesetzesregelung an sich vergleichsweise wenig konkret ist.
Bei der Berechnung der betrieblichen Nutzung sind alle Fahrten zu berücksichtigen, die betrieblich veranlasst sind; dazu zählen auch die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder Familienheimfahrten. Daraus folgt, dass es in den Fällen, in denen diese Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten bereits mehr als 50 % der Jahreskilometerleistung ausmachen, für die Anwendung der 1 %-Regelung keines weiteren Nachweises mehr bedarf.
Hinweis:
Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs auch zur privaten Nutzung an einen Arbeitnehmer stellt für den Steuerpflichtigen (Arbeitgeber) eine vollumfängliche betriebliche Nutzung dar. Insoweit hat die gesetzliche Neuregelung also keine Auswirkungen.
Aus dem Gesetzeswortlaut geht nicht hervor, wie der Nachweis, dass der betriebliche Nutzungsanteil mehr als 50 % ausmacht, zu erbringen ist. Befürchtet wurde, dass insoweit ein Fahrtenbuch zwingend zu führen ist. Die Finanzverwaltung erläutert nun aber, dass der Umfang der betrieblichen Nutzung vom Steuerpflichtigen darzulegen und glaubhaft zu machen ist. Und weiter: "Dies kann in jeder geeigneten Form erfolgen." Auch Eintragungen in Terminkalender, Reisekostenabrechungen gegenüber Auftraggebern und andere Abrechnungsunterlagen können zur Glaubhaftmachung geeignet sein. Im Übrigen sind auch formlose Aufzeichnungen über einen repräsentativen zusammenhängenden Zeitraum (von in der Regel drei Monaten) zulässig, die lediglich Auskunft geben müssen über den jeweiligen Anlass der betrieblichen Fahrt, die Strecke sowie Kilometerstand zu Beginn und Ende des Aufzeichnungszeitraums.
Auf den Nachweis verzichtet wird bei Steuerpflichtigen, bei denen sich bereits aus Art und Umfang der Tätigkeit ergibt, dass das Fahrzeug zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, z.B. bei Taxiunternehmern, Handelsvertretern, Handwerkern der Bau- und Baunebengewerbe, Landtierärzten).
Ebenfalls keines weiteren Nachweises bedarf es, wenn die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und die Familienheimfahrten bereits mehr als 50 % der Jahreskilometer des Fahrzeugs ausmachen.
Hat der Steuerpflichtige den betrieblichen Nutzungsumfang einmal dargelegt, so ist - wenn keine wesentlichen Sachverhaltsänderungen vorliegen - auch für die folgenden Veranlagungszeiträume von diesem Nutzungsumfang auszugehen.
c) Folgen bei Ausschluss der 1 %-Regelung
Liegt der betriebliche Nutzungsanteil zwischen 10 % und 50 %, darf die pauschale 1 %-Regelung nicht angewandt werden. Vielmehr sind beim Unternehmer die gesamten angemessenen Fahrzeugaufwendungen als Betriebsausgaben und der private Nutzungsanteil als Privatentnahme zu erfassen; dies gilt auch für die Umsatzsteuer. Der anzusetzende private Nutzungsanteil ist mit dem auf die betrieblichen Fahrten entfallenden Anteil an den Gesamtaufwendungen für das Kraftfahrzeug zu bewerten.
Hinweis:
Bereits im Mandanten-Rundschreiben 1/2006 hatten wir in der Rubrik "Für Arbeitnehmer" im Beitrag "Firmenwagen: Keine Abgeltung übernommener Maut- und Schutzbriefkosten durch 1%-Regelung" darauf hingewiesen, dass zu den mit der 1 %-Regelung abgegoltenen Aufwendungen nicht sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Fahrzeugnutzung zählen. So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 14.9.2005 (Aktenzeichen VI R 37/03) entschieden, dass als abgegoltene Kosten nur solche gelten, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Fahrzeugs zu dienen bestimmt sind und im Zusammenhang mit seiner Nutzung zwangsläufig anfallen. Dazu zählen neben Treib- und Schmierstoffkosten auch die regelmäßig wiederkehrenden festen Kosten z.B. für Wartung und Reparatur, Versicherung, Kraftfahrzeugsteuer etc. Im Urteilsfall hatte der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer neben diesen Kosten jedoch auch die Kosten für einen ADAC-Schutzbrief, für Mautgebühren und Vignetten für mit dem Dienstwagen privat zurückgelegte Strecken erstattet. Der Bundesfinanzhof hat in diesen übernommenen Kosten zusätzlichesteuerpflichtige Einnahmen des Arbeitnehmers gesehen.
10 Teilwertabschreibung bei langlebigen Wirtschaftsgütern
Wirtschaftsgüter sind grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zzgl. angefallener Nebenkosten zu aktivieren. Soweit allerdings eine dauernde Wertminderung vorliegt, ist eine sog. Teilwertabschreibung auf diesen geminderten Wert vorzunehmen. Gründe für eine Teilwertabschreibung sind insbesondere gegeben, wenn
- das Wirtschaftsgut nicht in der geplanten Weise genutzt werden kann, es sich also um eine Fehlmaßnahme handelt,
- der Wiederbeschaffungspreis des betreffenden Wirtschaftsguts gesunken ist,
- es zu einer Wertminderung aufgrund technischen Fortschritts gekommen ist oder
- das Wirtschaftsgut nicht mehr vorhanden ist.
Nach den gesetzlichen Vorgaben darf eine Teilwertabschreibung in der Bilanz aber nur dann vorgenommen werden, wenn bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die dem Betrieb also länger zur Verfügung stehen sollen, eine dauerhafte Wertminderung vorliegt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung (Schreiben vom 25.2.2000, Aktenzeichen IV C 2 - S 2171 b - 14/00) soll dies für das abnutzbare Anlagevermögen nur dann gegeben sein, wenn der Teilwert während der Hälfte der Restnutzungsdauer unter dem um die planmäßigen Abschreibungen geminderten Buchwert liegt. Insbesondere bei Gebäuden ist dieser Nachweis schwer zu führen.
Der Bundesfinanzhof folgt nun mit Urteil vom 14.3.2006 (Aktenzeichen I R 22/05) entgegen vieler Stimmen im Schrifttum dieser Auffassung der Finanzverwaltung, und zwar auch bei langlebigen Wirtschaftsgütern wie Gebäuden.
Hinweis:
Der Bundesfinanzhof hat jedoch offen gelassen, ob im Einzelfall eine andere Beurteilung geboten ist, wenn der Steuerpflichtige belegt oder glaubhaft macht, dass das Wirtschaftsgut künftig seinen Buchwert nicht erlösen wird.
11 Kappung des Einkommensteuertarifs für die Jahre 1994 bis 2000 nur für gewerbliche Einkünfte verfassungsgemäß
In den Jahren 1994 bis 2000 wurde die Einkommensteuer auf einen bestimmten Betrag begrenzt ("Kappung"), wenn und soweit gewerbliche Einkünfte die Einkommensteuer verursachten. Grund für diese Kappung war die Sonderbelastung der gewerblichen Einkünfte mit Gewerbesteuer. Ab dem Jahr 2001 ist diese Tarifkappung abgelöst worden durch die Steuerermäßigung bei gewerblichen Einkünften.
Bezieher anderer Einkunftsarten hatten sich gegen diese steuerliche Sonderbehandlung der gewerblichen Einkünfte gewandt. Der Bundesfinanzhof hatte daraufhin das Bundesverfassungsgericht angerufen, das nun jedoch mit Beschluss vom 21.6.2006 (Aktenzeichen 2 BvL 2/99) die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht geteilt hat.
12 Private Nutzung betrieblicher PC- und Telekommunikationsgeräte bei Unternehmern zu versteuern
Nutzen Arbeitnehmer PC- und Telekommunikationsgeräte des Arbeitgebers auch zu privaten Zwecken, führt dies nicht zu steuerlichen Folgen, insbesondere wird kein geldwerter Vorteil besteuert. Diese gesetzliche Regelung gilt nicht für Unternehmer, die betriebliche PC- und Telekommunikationsgeräte auch für private Zwecke nutzen. In diesem Fall ist vielmehr der private Nutzungsanteil der Besteuerung zu unterwerfen.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 21.6.2006 (Aktenzeichen XI R 50/05) entschieden, dass diese Ungleichbehandlung nicht verfassungswidrig ist.
13 Pkw-Veräußerung nach Erwerb ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit
Im Hinblick auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs sollte auf eine Besonderheit des Umsatzsteuerrechts geachtet werden, wenn z.B. ein Pkw des (umsatzsteuerlichen) Unternehmensvermögens, bei dessen Anschaffung keine Vorsteuerabzugsberichtigung gegeben war, zur Veräußerung ansteht (Bundesfinanzhof vom 2.3.2006, Aktenzeichen V R 35/04).
Die Veräußerung eines Gegenstands des Unternehmensvermögens ist i.d.R. umsatzsteuerpflichtig, auch wenn bei der Anschaffung keine Vorsteuerabzugsmöglichkeit bestand (z.B. bei Erwerb von Privat). Dagegen unterliegt die Entnahme eines Gegenstands des Unternehmensvermögens für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, nur dann der Umsatzsteuer, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
Hinweis:
Aus diesem Grund kann es sich in entsprechenden Fällen (Erwerb ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit) empfehlen, vor der Veräußerung z.B. eines Pkws des Unternehmensvermögens zu prüfen, ob er entnommen werden soll, um ihn sodann aus dem Privatvermögen nicht umsatzsteuerbar zu veräußern. Eine solche Entnahme sollte ausreichend dokumentiert werden. Gerade bei zeitnaher Veräußerung nach Entnahme wird die Finanzverwaltung den Sachverhalt genau überprüfen.
Eine auch ertragsteuerlich wirksame Entnahme kann zur Realisierung von zu versteuernden Gewinnen führen. Wegen der Komplexität der Rechtslage sollte rechtzeitig steuerlicher Rat eingeholt werden.
14 Chi-Quadrat-Test: Fahrtenbuch ordnungsgemäß?
Wird ein Betriebs-Pkw sowohl betrieblich bzw. dienstlich als auch privat genutzt, kann mittels ordnungsgemäßer Fahrtenbuchführung die Anwendung der steuerlich oft nachteiligen (z.B. bei geringfügiger Privatnutzung oder hohem Listenpreis) "1 %-Regelung" vermieden werden.
In einer interessanten Entscheidung verwarf das Finanzgericht Münster die Aufzeichnungen in einem Fahrtenbuch (Urteil vom 7.12.2005, Aktenzeichen 1 K 6384/03 E). Nach Überprüfung des Fahrtenbuchs mit dem "Chi-Quadrat-Test" (Plausibilitätsprüfung) war das Gericht davon überzeugt, dass keine richtige, also den tatsächlich durchgeführten Fahrten entsprechende Führung des Fahrtenbuchs stattgefunden haben kann und die Aufzeichnungen erst nachträglich erstellt wurden.
Hinweis:
Der Chi-Quadrat-Test ist eine statistische Methode, deren Anwendung auf der Erkenntnis gründet, dass jeder Mensch unbewusst Sympathien und Antipathien gegenüber bestimmten Zahlen hat. Bei nicht authentischer Führung eines Fahrtenbuchs kann es dann - wegen der unbewussten Bevorzugung von "Lieblingszahlen" - zu einer auffallend ungleichmäßigen Ziffernverteilung kommen. In dem Fall untersuchte das Finanzgericht jeweils die erste Stelle vor dem Komma bei den im Fahrtenbuch eingetragenen Betriebs- und Privatfahrten. Bei einer ausreichend großen Anzahl von Werten ist anzunehmen, dass die Ziffern 0 bis 9 annähernd gleich verteilt sind. Neben anderen Ungereimtheiten führte die festgestellte Ungleichverteilung dazu, dass das Gericht das Fahrtenbuch nicht anerkannte.
Eine vollständige, zeitnahe und fortlaufende Fahrtenbuchführung empfiehlt sich dringend. Zu den strengen Anforderungen an die Führung eines Fahrtenbuchs vgl. im Mandanten-Rundschreiben 4/2006 in der Rubrik "Für Arbeitnehmer" den Beitrag "Fahrtenbuchführung: Festigung der restriktiven Rechtsprechung".
Es ist damit zu rechnen, dass Finanzverwaltung und Gerichte auch bei anderen Aufzeichnungen (z.B. Kasseneinnahmen) statistische Methoden einsetzen, um Unregelmäßigkeiten aufzudecken.
15 Kapitalkonten bei der KG und deren steuerliche Bedeutung
a) Systematik der Kapitalkonten einer Personengesellschaft
Die Beteiligung eines Gesellschafters wird im Rechnungswerk der Gesellschaft durch Einrichtung und Führung mehrerer Konten für jeden Gesellschafter abgebildet. Im Gesellschaftsvertrag bestehen regelmäßig entsprechende Regelungen (vertragliche Vereinbarungen), die für den jeweiligen Fall maßgebend sind. In der Praxis werden bis zu fünf Unterkonten für jeden Gesellschafter gebildet:
- Kapitalkonto I: Dieses Konto hat den Zweck, die Beteiligung der Gesellschafter am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft festzulegen. Es ist maßgeblich für die Beteiligung des Gesellschafters am Ergebnis der Gesellschaft sowie für die Stimmrechte. Der auf dem Kapitalkonto I ausgewiesene Kapitalanteil wird bei Errichtung der Gesellschaft festgelegt und kann nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrags geändert werden.
- Kapitalkonto II: Auf diesem Konto werden üblicherweise die sonstigen Einlagen des Gesellschafters und die Gewinnanteile sowie die Entnahmen gebucht.
- Gesamthänderisch gebundenes Rücklagenkonto: Dieses Konto dient dazu, nicht entnahmefähige Gewinnanteile aufzunehmen. Regelmäßig handelt es sich um Gewinnanteile, die nach Satzung oder aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses zur Verstärkung des Eigenkapitals dienen sollen (Unterkonto des Kapitalkontos I). Wird für alle Gesellschafter nur ein gesamthänderisch gebundenes Rücklagenkonto geführt, so sind die Gesellschafter an diesem im Verhältnis ihrer Kapitalkonten I beteiligt.
- Verlustvortragskonto: Verlustvortragskonten sind für Kommanditisten einzurichten. Zweck ist es, spätere Gewinnanteile, die nicht entnahmefähig sind, sondern zunächst zum Ausgleich des Verlustvortrags dienen, auf diesem Konto festzuhalten. Erst soweit dieses Verlustvortragskonto wieder ausgeglichen ist, werden Gewinnanteile dem Kapitalkonto II oder dem Privat- oder Verrechnungskonto gutgeschrieben.
- Privat- oder Verrechnungskonto: Das Privat- oder Verrechnungskonto ist ein Unterkonto des Kapitalkontos II und hat den Zweck, entnahmefähige Gewinnanteile, sonstige Einlagen und Entnahmen aufzunehmen. Wird dieses Konto geführt, dient das Kapitalkonto II dazu, nicht entnahmefähige Gewinnanteile gutzubringen. In der Handelsbilanz sind diese Konten nicht unter dem Eigenkapital, sondern als Forderungen oder Verbindlichkeiten entweder als separate Position "Forderungen gegen Gesellschafter" bzw. "Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschafter" oder durch einen "Davon-Vermerk" kenntlich zu machen.
Hinweis:
Eine saubere Trennung dieser einzelnen Konten anhand der Vorgaben des Gesellschaftsvertrags ist in der Praxis sehr wichtig. Konsequenzen bestehen in steuerlicher (siehe nachstehend) und auch gesellschaftsrechtlicher Hinsicht, da sich regelmäßig Regelungen des Gesellschaftsvertrags über das Ausscheiden, die Gewinnverteilung und etwaige Abfindungsregelungen auf diese Konten beziehen.
b) Abgrenzung der Gesellschafterkonten nach Maßgabe der Finanzverwaltung
Aus steuerlicher Sicht ist die Abgrenzung der verschiedenen Gesellschafterkonten von großer Bedeutung. Die Finanzverwaltung grenzt die Gesellschafterkonten entsprechend dem Schreiben vom 26.11.2004 (Aktenzeichen IV B 2 - S 2178 - 2/04) nach folgenden Kriterien ab:
- Kapitalkonten: Sie sind maßgebend für Gewinnverteilung, Auseinandersetzungsanspruch und Entnahmerecht; Buchung von Verlusten spricht für ein Kapitalkonto; auch bei Aufgliederung in mehrere Unterkonten soll ein einheitliches Kapitalkonto anzunehmen sein.
- Gesamthänderisch gebundenes Rücklagenkonto: Es wird als solches nur anerkannt, wenn es den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligung gleichmäßig zusteht.
- Darlehenskonto: Die Buchung von Verlusten ist ausgeschlossen.
Hinweis:
In den Fällen fehlender Interessengegensätze auf Gesellschafterebene, wie z.B. bei einer Ein-Mann-GmbH & Co. KG, behält sich die Finanzverwaltung vor, bei Umbuchungen von Darlehens- auf Kapitalkonten das Vorliegen eines Missbrauchstatbestands zu prüfen, wenn z.B. ein Wirtschaftsgut erst auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto gutgebracht und anschließend auf ein Kapitalkonto umgebucht wird.
c) Auswirkung auf die Einbringung von steuerverstricktem Privatvermögen
Die Verbuchung einer Übertragung von Wirtschaftsgütern hat zunächst dann Bedeutung, wenn steuerverstrickte Wirtschaftsgüter des Privatvermögens auf die Gesellschaft übertragen werden (sog. verdeckte Einlage). Betroffen sind insbesondere wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (Beteiligungsquote mindestens 1 %) und private Wirtschaftsgüter innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr und zehn Jahren bei Grundstücken. Insoweit liegt ein Veräußerungstatbestand vor, der auf Seiten des Einbringenden zu steuerlichen Folgen führt, wenn die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (Buchung auf einem Kapitalkonto) oder gegen sonstiges Entgelt (Buchung auf einem Darlehenskonto) erfolgt. Bei Buchung auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto liegt dagegen ein unentgeltlicher Vorgang vor.
d) Auswirkung auf bestimmte Übertragungsfälle, bei denen zwingend die Buchwerte fortzuführen sind
Nach einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ist bei der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter bei Mitunternehmerschaften in folgenden Fällen zwingend eine Buchwertfortführung anzunehmen (also keine stillen Reserven aufzudecken und zu versteuern), wenn die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt:
- Übertragung von Wirtschaftsgütern aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Gesellschafter beteiligt ist.
- Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers (Fall: Wirtschaftsgut des Gesellschafters, das an die Gesellschaft vermietet wird) in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Mitunternehmer beteiligt ist, und umgekehrt.
Da in diesem Fall die Buchwertfortführung, also die Vermeidung einer Aufdeckung und Versteuerung stiller Reserven, nur dann erfolgt, wenn die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten durchgeführt wird, ist eine Verbuchung auf einem entsprechenden Kapitalkonto nach obiger Abgrenzung erforderlich.
Hinweis:
Insgesamt können diese Übertragungen steuerliche Folgen in wesentlichem Ausmaß haben, so dass steuerlicher Rat eingeholt werden sollte.
16 Übertragung unter Vorbehalt des Nießbrauchs
Gerade in Fällen vorweggenommener Erbfolge werden Anteile an Personengesellschaften oftmals unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen. Dies bedeutet - vereinfacht gesagt - dass z.B. der Junior zwar Gesellschafter wird, der Senior sich aber die Gewinnanteile aus den Anteilen vorbehält, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. In diesen Fällen ist steuerlich zu klären, ob der Übertragende weiterhin als Mitunternehmer einzustufen ist mit allen daraus erwachsenden steuerlichen Folgen. Insbesondere werden die erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen für Betriebsvermögen nur dann gewährt, wenn der Beschenkte Mitunternehmer an der Personengesellschaft wird.
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in dem rechtskräftigen Urteil vom 27.9.2005 (Aktenzeichen 4 K 469/99) entschieden, dass ein Kommanditist, der seinen Gesellschaftsanteil unter Vorbehalt des Nießbrauchs, der ihm eine Beteiligung am Gewinn, Verlust und ein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der KG belässt, überträgt, weiterhin Mitunternehmer bleibt.
17 Doppelte Haushaltsführung: Rechtsanspruch auf Pauschbeträge
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 4.4.2006 (Aktenzeichen VI R 44/03) ausdrücklich bestätigt, dass ein Arbeitnehmer im Rahmen einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung einen Rechtsanspruch auf die gesetzlichen Pauschbeträge hat. Insoweit unterliegen diese Ansätze von Seiten der Finanzverwaltung keiner weiteren Überprüfung. Insbesondere ist nicht zu klären, ob der Ansatz der Pauschalen zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt.
Der Bundesfinanzhof führt zu den einzelnen Kosten, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung anfallen können, Folgendes aus:
- Mehraufwand für Verpflegung: Von Gesetzes wegen wird dem Steuerpflichtigen ein Rechtsanspruch auf bestimmte Pauschbeträge gewährt. Daher ist es unerheblich, ob und in welchem Umfang tatsächlich Mehrkosten angefallen sind.
- Fahrtkosten: Familienheimfahrten sind nur wöchentlich einmal begünstigt. Hinsichtlich der Höhe gilt die Entfernungspauschale. Auch hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Pauschbetrag, auf den der Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch hat.
- Unterkunftskosten: Die Aufwendungen für eine Zweitwohnung sind grundsätzlich in Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten steuerlich abzugsfähig. Pauschbeträge existieren insoweit nicht.
- Umzugskosten: Kosten im Zusammenhang mit der Belegung oder Verlegung einer Zweitwohnung stellen grundsätzlich steuerlich abzugsfähige Werbungskosten dar. Pauschalen werden diesbezüglich nicht gewährt, vielmehr sind die tatsächlich entstandenen Kosten anzusetzen.
18 Bundesfinanzhof: Abzug von Aufwendungen für Lehrerfortbildungskurs (Snowboardkurs)
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 22.6.2006 (Aktenzeichen VI R 61/02) den Abzug von Aufwendungen für einen Lehrerfortbildungskurs "Snowboardfahren im Schulsport" bejaht und damit seine ständige Rechtsprechung zu Fortbildungskosten weiterentwickelt.
Im Urteilssachverhalt hatte ein Sportlehrer den Werbungskostenabzug für die Kursgebühr, die Snowboardmiete und die Kosten der Anfahrt (der einwöchige Kurs fand in den Herbstferien in Österreich statt) begehrt; die Finanzverwaltung erkannte diese Werbungskosten nicht an.
Zur Begründung führt der Bundesfinanzhof zunächst aus, dass Bildungsaufwendungen ganz grundsätzlich Werbungskosten sein können, sofern sie beruflich veranlasst sind. Dies setze allerdings einen objektiven Zusammenhang mit dem Beruf voraus; zudem müssten die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Dies sei anhand aller Gesamtumstände des Einzelfalls zu würdigen.
Hinsichtlich der verschiedenen Arten der Aufwendungen differenziert der Bundesfinanzhof wie folgt:
- Der Abzug der Kursgebühren setzt (nur) einen konkreten Zusammenhang mit der Berufstätigkeit voraus (dies war im vorliegenden Sachverhalt unstreitig zu bejahen).
- Für den Abzug der übrigen Reiseaufwendungen, die in Verbindung mit derartigen Kursen (z.B. vorliegend in Österreich) anfallen, muss die Reise allerdings ausschließlich oder nahezuausschließlich der beruflichen Sphäre zuzurechnen sein. Dazu ist erforderlich, dass die berufliche Veranlassung bei Weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen (z.B. "Erholung, Bildung, Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises") nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist. Die Verfolgung privater Reiseinteressen darf keinesfalls den Schwerpunkt der Reise bilden.
Bezogen auf den konkreten Sachverhalt stellt der Bundesfinanzhof als entscheidende Beweisanzeichen (Indizien) für die berufliche oder private Veranlassung heraus, dass der Lehrer tatsächlich Sportunterricht erteilt, der - aus Lehrern aller Schulformen bestehende - Teilnehmerkreis im Wesentlichen homogen ist, der Veranstalter ein anerkannter Verband oder die Schulverwaltung ist, Sonderurlaub erteilt oder das dienstliche Interesse bescheinigt ist und Programm und Durchführung durch eine straffe Organisation gekennzeichnet sind. Soweit der Bundesfinanzhof in früheren Urteilen zu Lehrerskikursen noch gefordert hatte, dass solche Kurse zwingend auch mit einer Prüfung abzuschließen sind, über die ein Zertifikat erteilt wird, hält er daran nun nicht mehr fest. Vielmehr führt er aus, dass die vorgenannten Indizien zwar weiterhin Bestand haben, dass aber auf das Vorliegen einzelner Indizien durchaus verzichtet werden kann, wenn nach der Gesamtwürdigung die berufliche Veranlassung zu bejahen ist. Daher schloss im Urteilssachverhalt die fehlende Abschlussprüfung die Anerkennung als Werbungskosten nicht aus.
Das deutliche Überwiegen der Förderung des Berufs (gegenüber dem Nutzen für die private Lebensführung) bejahte der Bundesfinanzhof schon mit Blick auf die straffe Organisation des Kurses, der täglich von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr durchgeführt wurde.
Diese Rechtsprechungsgrundsätze lassen sich sinngemäß auf andere Fortbildungsveranstaltungen und -reisen, also insbesondere auch auf Studienreisen oder den Besuch von Fachkongressen, übertragen. Im Ergebnis sprechen
- für berufsbedingte Aufwendungen die vorstehenden Beweisanzeichen, die der Bundesfinanzhof herausgearbeitet hat, und
- gegenberufbedingte Aufwendungen der Besuch bevorzugter Ziele des Tourismus, häufiger Ortswechsel, die Mitnahme des Ehegatten oder anderer naher Angehöriger, die Verbindung mit einem privaten Aufenthalt, die Reise in den einheimischen Kulturkreis sowie eine entspannende und kostspielige Beförderung (z.B. Schiffsreise).
Hinweis:
Auch nach dieser "Lockerung" der Rechtsprechung ist weiterhin davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung Reisekosten im weiteren Sinne bei Fortbildungsveranstaltungen im Einzelfall sehr kritisch prüfen wird. Steuerpflichtigen ist daher anzuraten, die entsprechende Fortbildungsmaßnahme anhand der vorgenannten Indizien zu würdigen und ggf. hilfreiche Beweisanzeichen zu ergänzen, z.B. durch die Beantragung von Sonderurlaub.
19 Berechnung des geldwerten Vorteils aus der Nutzung eines Firmenwagens für private Zwecke und für die Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte
Bei der Berechnung des zu versteuernden geldwerten Vorteils bei Nutzung eines Firmenwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist nach dem Gesetz für jeden Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer ein Betrag in Höhe von 0,03 % des maßgeblichen Bruttolistenpreises des Fahrzeugs als geldwerter Vorteil anzusetzen.
Das Finanzgericht München (Urteil vom 15.4.2005, Aktenzeichen 8 K 2890/03) hatte nun über einen Fall zu entscheiden, in dem das Fahrzeug für private Zwecke (geldwerter Vorteil pauschal nach der 1 %-Methode angesetzt) und für Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte genutzt wurde. Für diese Fahrten erhöht sich der geldwerte Vorteil für jeden Kalendermonat um 0,03 % des Listenpreises, und zwar für jeden Entfernungskilometer und auch dann, wenn das Fahrzeug für die Fahrten zum Bahnhof genutzt wurde und die übrige Wegstrecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Rahmen eines vom Arbeitgeber überlassenen Job-Tickets zurückgelegt wurde. Allerdings ist gegen dieses Urteil die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 68/05 anhängig, so dass die Beurteilung durch den Bundesfinanzhof abzuwarten bleibt.
20 Auslagenersatz bei Erstattung von Reparaturkosten
Mit Urteil vom 28.3.2006 (Aktenzeichen VI R 24/03) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass es sich um steuerfreien Auslagenersatz handelt, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer tarifvertraglichen Verpflichtung dem als Orchestermusiker beschäftigten Arbeitnehmer die Kosten der Instandsetzung des dem Arbeitnehmer gehörenden Musikinstruments ersetzt.
Es handelt sich immer dann um steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn dem Arbeitnehmer Einnahmen zufließen, die für seine Beschäftigung gewährt werden. Steuerfreier Werbungskostenersatz kann nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen vorliegen, so etwa bei Werkzeuggeld. Dagegen sind Zahlungen des Arbeitgebers, mit denen Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden, steuerfrei. Insoweit handelt es sich nicht um Arbeitslohn. Derartiger Auslagenersatz liegt immer dann vor, wenn Aufwendungen ersetzt werden, die ausschließlich oder doch überwiegend durch die Belange des Arbeitgebers bedingt und von diesem veranlasst oder gebilligt sind. Ein eigenes Interesse des Arbeitnehmers an den Ausgaben besteht nicht. Entscheidend ist also, dass die Kostentragungspflicht beim Arbeitgeber liegt, was sich im entschiedenen Fall durch die tarifvertragliche Regelung ergab.
21 Kosten für Alarmanlage absetzbar?
Ein Vorstandsmitglied einer Bank führte an dem von ihm und seiner Familie bewohnten Einfamilienhaus verschiedene Sicherheitsmaßnahmen durch. Der Bundesfinanzhof ließ die Aufwendungen nicht zum steuermindernden Werbungskostenabzug zu (Urteil vom 5.4.2006, Aktenzeichen IX R 109/00), denn die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Leben, Gesundheit, Freiheit und Vermögen seiner Person und seiner Familienangehörigen seien nicht unwesentlich privat veranlasst gewesen. Eine konkrete, mit dem Beruf zusammenhängende Gefährdung habe in dem zu entscheidenden Fall nicht vorgelegen.
Hinweis:
Ebenso wenig konnte die Bank als Arbeitgeber dem Bankvorstand die Sicherheitsaufwendungen lohnsteuerfrei erstatten. Denn die Aufwendungen für die Sicherheitseinrichtungen seien nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Bank erfolgt und hätten zu einer nicht unerheblichen Bereicherung des Bankvorstands geführt. Das Vorliegen einer konkreten persönlichen Gefährdung wurde verneint, da der Bankvorstand seitens der Polizei keiner Sicherheitsstufe zugeordnet war und sich die Anbringung der Sicherheitseinrichtungen über mehr als ein Jahr hinzog. Gegen die Lohnsteuerfreiheit sprach weiterhin, dass mit den Maßnahmen ein erheblicher und dauerhafter finanzieller Vorteil (Wohnwertverbesserung) verbunden war.
In anders gelagerten Fällen kann durchaus ein Werbungskostenabzug der Sicherheitsaufwendungen oder eine Lohnsteuerfreiheit des Arbeitgeberzuschusses in Betracht kommen. Entscheidend ist dann, die tatsächlichen Grundlagen für die fehlende private Mitveranlassung des Arbeitnehmers bzw. das ganz überwiegende eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers darzulegen.
22 Einstufung von Anleihen und Zertifikaten als steuerpflichtige Finanzinnovation?
Werden Wertpapiere außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist veräußert, so wird ein realisierter Veräußerungsgewinn grundsätzlich steuerlich nicht erfasst. Ein ggf. realisierter Verlust bleibt dann allerdings auch unberücksichtigt. Anders ist dies, wenn Wertpapiere als sog. Finanzinnovationen eingestuft werden, die aufgrund einer speziellen steuerlichen Regelung anders zu behandeln sind. In diesen Fällen werden Veräußerungsgewinne oder -verluste auch außerhalb der Spekulationsfrist erfasst. Gerade bei besonders ausgestalteten Anleihen oder bei Zertifikaten ist die Abgrenzung zwischen "normalen" Wertpapieren und Finanzinnovationen im steuerlichen Sinne schwierig. Im Folgenden gehen wir auf die aktuelle Rechtsprechung zur Abgrenzung ein.
Hinweis 1:
Generell ist die Abgrenzung zwischen Finanzinnovationen und "normalen" Anlagen sehr schwierig und in vielen Fällen noch umstritten. Von daher sollte im Einzelfall geprüft werden, welche steuerlichen Risiken die Anlage mit sich bringt.
Hinweis 2:
Derzeit ist Vorsicht angebracht bei der Investition in besondere Anleihen oder Zertifikate, die nicht als Finanzinnovation eingestuft werden. Zwar sind Veräußerungsgewinne aus solchen Wertpapieren nach derzeitigem Recht nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei, so dass sich eine günstige Nachsteuerrendite ergeben kann, jedoch plant die Bundesregierung ab 2008 die generelle Erfassung von Veräußerungsgewinnen durch eine Abgeltungsteuer. Insoweit ist die weitere Entwicklung sehr sorgfältig zu beobachten.
a) Down-Rating-Anleihen
Von Schwellenländern emittierte Anleihen enthalten oftmals eine variable Basisverzinsung, die von der aktuellen Bonitätseinstufung des Landes abhängt. Im Falle eines Absinkens der Bonität steigt dann der Zinssatz, um das gestiegene Risiko auszugleichen. Ähnliches kann für Unternehmensanleihen gelten.
Das Finanzgericht Niedersachsen hatte mit Urteil vom 25.11.2004 (Aktenzeichen 11 K 269/04) über einen solchen Fall zu entscheiden, in dem es um eine Anleihe des amerikanischen Telekommunikationsunternehmens AT&T ging. Ein Anleger hatte die Anleihe knapp über ein Jahr gehalten und dann mit einem deutlichen Veräußerungsgewinn verkauft. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, diese Anleihe, deren Verzinsung von der Bonität des Schuldners abhing, sei als Finanzinnovation einzustufen und unterwarf den Veräußerungsgewinn der Besteuerung. Das Finanzgericht lehnte eine Besteuerung dagegen ab und argumentiert, dass nach dem Gesetzeszweck nur solche Papiere erfasst werden sollen, bei denen ein Zins verdeckt in einen Kursgewinn umgewandelt wird, um die Zinsbesteuerung zu umgehen. Marktzinsbedingte Kursschwankungen sind der Vermögenssphäre zuzuordnen. Allerdings wurde gegen dieses Urteil unter dem Aktenzeichen VIII R 6/05 Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.
b) Vorzeitige Einlösung einer Gleitzinsanleihe
Bei Gleitzinsanleihen handelt es sich um variabel verzinsliche Anleihen, bei denen sich der Zins nach einem festgelegten Plan in bestimmten Stufen nach oben oder nach unten bewegt. Oftmals ist eine vorzeitige Kündigung durch den Schuldner vorgesehen.
In einem Fall des Finanzgerichts Köln (Urteil vom 15.7.2004, Aktenzeichen 13 K 6946/01) hatte ein Anleger aufgrund einer vorzeitigen Kündigung der Anleihe und des damals sehr niedrigen Kurswerts, der als Rückzahlungswert festgesetzt war, nahezu einen Totalverlust erlitten. Der Steuerpflichtige wollte die Anleihe als Finanzinnovation eingestuft wissen, um den Veräußerungsverlust geltend machen zu können.
Das Finanzgericht lehnte diese Sichtweise jedoch ab und stufte das Papier vielmehr als gewöhnliche Anleihe ein, so dass der Veräußerungsverlust außerhalb der Spekulationsfrist unberücksichtigt bleibt. Allerdings ist auch gegen dieses Urteil beim Bundesfinanzhof Revision eingelegt worden (Aktenzeichen VIII R 67/04).
c) Index-Zertifikate
Das FG München hatte mit Urteil vom 4.5.2005 (Aktenzeichen 2 K 2385/03) über die Einstufung eines Index-Zertifikats als Finanzinnovation zu entscheiden. Das Zertifikat gewährte kein Entgelt für die Überlassung des Kapitals und war mit einer Mindestrückzahlung von 10,26 % des Nennwerts versehen. Der Steuerpflichtige veräußerte das Zertifikat außerhalb der Spekulationsfrist mit Gewinn und ging davon aus, dass dieser Gewinn nicht der Besteuerung unterliegt. Dem folgte das Finanzamt nicht. Das Finanzgericht gab dagegen dem Kläger Recht. Es argumentierte, im vorliegenden Fall konnte bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise immer noch ein sehr hoher Verlust von 90 % eintreten. Insoweit sei dies nicht vergleichbar mit einem Garantiezertifikat. Allerdings wurde auch hier Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Aktenzeichen VIII R 53/05).
23 Darlehenszinsen eines Arbeitnehmers für Anteile an der Gesellschaft des Arbeitgebers
Oftmals ist arbeitsvertragliche Voraussetzung für die Erlangung einer höher dotierten Position der Erwerb von Anteilen an der Gesellschaft des Arbeitgebers. Wird dieser Anteilserwerb mit einem Darlehen finanziert, stellt sich die Frage, bei welcher Einkunftsart die Darlehenszinsen Werbungskosten des Arbeitnehmers sind. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 5.4.2006 (Aktenzeichen IX R 111/00) entschieden, dass die Schuldzinsen regelmäßig Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen darstellen.
Die Klägerin erzielte als Wirtschaftsprüferin bei D, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (D-AG), Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus ihrer Aktienbeteiligung an der D-AG Einkünfte aus Kapitalvermögen. In den Steuererklärungen für die Streitjahre machte sie die Aufwendungen für Schuldzinsen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die Klägerin trug vor, die Aufwendungen beträfen ein Arbeitgeberdarlehen, das sie zur teilweisen Finanzierung des Erwerbs von D-Aktien aufgenommen habe. Arbeitsvertraglich war die Klägerin verpflichtet, diese Aktien zur Sicherung ihrer Position in der D-AG zu erwerben. Das Finanzamt behandelte die Zinsaufwendungen dagegen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen mit der Folge, dass die Werbungskostenüberschüsse der Klägerin aus der streitigen Beteiligung wegen der weiteren nicht den Freibetrag übersteigenden Einnahmeüberschüsse aus anderen Kapitaleinnahmen ohne einkommensteuerrechtliche Auswirkung blieben.
Der Bundesfinanzhof hat sich der Auffassung des Finanzamts angeschlossen und die Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt.
24 Laufende Erhaltungsaufwendungen, die ein Dritter trägt
Im Mandanten-Rundschreiben 2/2006 hatten wir in der Rubrik "Für Hauseigentümer" im Beitrag "Werbungskostenabzug auch dann möglich, wenn ein Dritter die Kosten trägt" über das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15.11.2005 (Aktenzeichen IX R 25/03) berichtet. Der Bundesfinanzhof hatte die Auffassung vertreten, dass laufende Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten dem Steuerpflichtigen nicht nur im Fall des abgekürzten Zahlungswegs zurechenbar und damit als Werbungskosten abzugsfähig seien, sondern ebenso, wenn ein Dritter im eigenen Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag abschließe und die geschuldete Zahlung auch selbst leiste (abgekürzter Vertragsweg).
Die Finanzverwaltung folgt dieser Ansicht nicht, wie mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 9.8.2006 (Aktenzeichen IV C 3 - S 2211 - 21/06) mitgeteilt wurde. Nach Auffassung der Finanzverwaltung richtet sich die Abziehbarkeit von Aufwendungen als Werbungskosten beim abgekürzten Vertragsweg weiterhin nach den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 13.3.1996 und vom 24.2.2000. Danach sind in den Fällen des abgekürzten Vertragswegs ausnahmsweise Aufwendungen als solche des Steuerpflichtigen abziehbar, bei denen es sich um Bargeschäfte des täglichen Lebens handelt.
Hinweis:
In der Praxis sollte vorsichtshalber die Auffassung der Finanzverwaltung beachtet werden. Die vom Bundesfinanzhof vertretene weitere Auslegung lässt sich nur im Klageweg erreichen.
25 Erfolglose Planungskosten als Werbungskosten
Oftmals können Bauplanungen nicht oder nicht in dem beabsichtigten Maße realisiert werden, so dass vergebliche Planungskosten anfallen. In diesen Fällen ist die Frage von Bedeutung, in welchem Umfang diese vergeblichen Kosten steuermindernd geltend gemacht werden können. Das Finanzgericht München hat mit rechtskräftigem Urteil vom 23.11.2005 (Aktenzeichen 9 K 1575/03) hierzu wichtige Grundsätze entwickelt.
Das Finanzgericht stellt heraus, dass Planungskosten grundsätzlich zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gehören und sich damit einkommensteuerrechtlich erst ab der Fertigstellung des Vermietungsobjekts im Rahmen der Abschreibung auswirken. Kann allerdings das Bauprojekt nicht oder nicht im geplanten Umfang realisiert werden, so dass vergebliche Planungskosten anfallen, sind diese als Werbungskosten unmittelbar steuerlich abzugsfähig und zwar in dem Zeitpunkt, in dem sich die Erfolglosigkeit herausstellt.
Erfolgt jedoch lediglich eine Änderung der Planung, liegen vergebliche Planungskosten nur unter engen Voraussetzungen vor. Es müsste sich bei dem ursprünglich geplanten und dem tatsächlich errichteten Gebäude nach Zweck und Bauart um zwei völlig verschiedene Bauwerke handeln (Wesensverschiedenheit). Im Streitfall war zunächst ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung geplant, später aber, da die ursprüngliche Planung nicht genehmigt wurde, ein wesensähnliches Doppelhaus errichtet worden. In diesem Fall wurde der Sofortabzug der Planungskosten abgelehnt.
Daneben kommt ein solcher Sofortabzug dann in Frage, wenn die ursprüngliche Planung in keiner Weise für die Planung und Errichtung des letztlich errichteten Gebäudes dienlich ist. Auch dies war im Streitfall nicht gegeben.
Hinweis:
Deutlich werden die engen Voraussetzungen, die an den sofortigen Abzug von vergeblichen Planungskosten gestellt werden. Insoweit ist auch eine sorgfältige Dokumentation durch den Steuerpflichtigen erforderlich.
26 Aufwendungen zur Erbbaurechtsablösung als Gebäude-Herstellungskosten
Der Bundesfinanzhof hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Steuerpflichtiger die Erbbaurechte an einem Grundstück mitsamt den aufstehenden Gebäuden erwarb, diese später abriss und das Grundstück neu bebaute. Der Steuerpflichtige machte die Zahlungen für die Ablösung des Erbbaurechts als Werbungskosten im selben Jahr steuerlich geltend. Dies lehnte der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 13.12.2005 (Aktenzeichen IX R 24/03) ab und entschied vielmehr, dass die Aufwendungen eines erbbauberechtigten Grundstückseigentümers zur Ablösung des Erbbaurechts zu den Herstellungskosten des anschließend auf dem Grundstück nach dem Abriss der vorhandenen Bebauung neu errichteten Gebäudes zählen und damit steuerlich nur über die Gebäudeabschreibung geltend gemacht werden können.