Mandantenrundschreiben 06/2008

 

Für alle Steuerpflichtigen

1 Zuteilung der persönlichen Identifikationsnummer

2 Geänderte Rechtsprechung zur Vererblichkeit von Verlustvorträgen

3 Begünstigtes Betriebsvermögen bei Gründung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

4 Neuer Streit um das "häusliche Arbeitszimmer"

5 Berufliche Veranlassung von Repräsentationsaufwendungen bei Arbeitnehmern

6 Aufwendungen eines Arbeitnehmers für eine Bewirtung des Arbeitgebers können Werbungskosten sein

7 Lohnsteuerpflicht des Entgelts für den Verzicht auf ein Andienungsrecht

8 Ein Telefoninterviewer ist als Arbeitnehmer tätig

9 Geringfügige Beschäftigung: Sozialversicherungsrechtliche Kriterien für deren Beurteilung maßgeblich

10 Pkw-Überlassung für Privatfahrten auch beim Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil

11 Lohnsteuer-Anmeldung 2009: Neue Eintragungspflicht

Für Unternehmer und Freiberufler

12 GmbH-Reform verabschiedet

13 Ländererlass zur Neuregelung der Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer

14 Beruflich genutzte Räume im Privathaus als Steuerfalle bei Betriebsaufgabe?

15 Bildung einer Ansparrücklage setzt einen Finanzierungszusammenhang zwischen Rücklage und Investition voraus

16 Bundesregierung plant Verlängerung der Investitionszulage bis 2013

17 Leiharbeitnehmer: Wann ist eine Abrechnung von Reisekosten zulässig?

Für Personengesellschaften

18 Verfall von Anrechnungsüberhängen bei Gewerbesteueranrechnung verfassungsgemäß - keine Vor- oder Rücktragsmöglichkeit

19 Rückwirkender Wegfall der Offenlegungspflicht einer GmbH & Co. KG bei Eintritt einer natürlichen Person

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

20 Steueramnestie war verfassungsgemäß

21 Vorbereitung auf die Abgeltungsteuer

Für Hauseigentümer

22 Schuldzinsenabzug bei gemischt genutzten Gebäuden

23 Unternehmereigenschaft des Betreibers einer Photovoltaikanlage

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

24 Finanzverwaltung zur Neuregelung der Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften

25 Kein Gestaltungsmissbrauch bei Veräußerung von GmbH-Anteilen an beteiligungsidentische GmbH

26 Keine nachträglichen Anschaffungskosten bei Finanzierungsmaßnahmen eines Aktionärs (Bürgschaft/Darlehensverlust)

27 Berücksichtigung von Verlusten aus einer ausländischen Betriebsstätte

28 Billigkeitsregelung für die Auszahlung von Kleinbeträgen beim Körperschaftsteuerguthaben

29 Aktuelle Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung

Beilage "Abgeltungsteuer - Besteuerung der privaten Kapitalanleger ab 2009"

30 Neues Besteuerungssystem für Kapitaleinkünfte

31 Persönliche Steuerpflicht

32 Sachliche Steuerpflicht - die einzelnen Anlageformen

33 Zeitliche Anwendungsfragen

34 Besonderheiten des Verlustausgleichs

35 Sparerpauschbetrag statt Werbungskostenabzug

36 Veranlagung und Verfahrensfragen

37 Pflichten der Kreditinstitute im Überblick

38 Fazit: Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen

 

1 Zuteilung der persönlichen Identifikationsnummer

Derzeit teilt das Bundeszentralamt für Steuern allen in Deutschland gemeldeten Personen eine Identifikationsnummer zu und informiert diese hierüber schriftlich. Diese Identifikationsnummer dient der Identifizierung im Besteuerungsverfahren und soll nach einer Übergangszeit die bisherige Steuernummer ersetzen. Im Unterschied zur bisherigen Steuernummer, welche von dem jeweils örtlich zuständigen Finanzamt vergeben wurde, wird die Identifikationsnummer der Person mit der Geburt zugeteilt und bleibt das ganze Leben lang gültig.

Hinweis:

In einer Übergangszeit sollte bei Kontakt mit der Finanzbehörde sowohl die Identifikationsnummer als auch die bisherige Steuernummer angegeben werden.

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2 Geänderte Rechtsprechung zur Vererblichkeit von Verlustvorträgen

Nach der langjährigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gingen in Erbfällen beim Verstorbenen noch vorhandene einkommensteuerliche Verlustvorträge auf die Erben über und konnten dann von diesen genutzt werden. Mit Beschluss vom 17.12.2007 (Aktenzeichen GrS 2/04) ist der Bundesfinanzhof von dieser Rechtsprechung abgerückt. Nunmehr gehen mit dem Tod eventuell noch vorhandene einkommensteuerliche Verlustvorträge grundsätzlich unter.

Die Finanzverwaltung hat sich mit Schreiben vom 24.7.2008 (Aktenzeichen IV C 4 - S 2225/07/0006) zur erstmaligen Anwendung dieser geänderten Rechtsprechung geäußert. Danach ist die geänderte Rechtsprechung erst auf Erbfälle anzuwenden, die nach Veröffentlichung dieser Entscheidung im Bundessteuerblatt eintreten. Die Veröffentlichung erfolgte am 18.8.2008, so dass die neue Rechtsprechung erst auf nach diesem Datum eintretende Erbfälle anzuwenden ist.

Hinweis:

Grundsätzlich sollte in geeigneten Fällen das Entstehen von Verlustvorträgen vermieden werden bzw. sollten bestehende Verlustvorträge alsbald genutzt werden. Im Einzelfall können verschiedene Gestaltungen eingesetzt werden, welche allerdings sorgfältig hinsichtlich aller steuerlichen und nichtsteuerlichen Wirkungen überprüft werden müssen.

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3 Begünstigtes Betriebsvermögen bei Gründung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft

Mit Verweis auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 16.8.2007 (Aktenzeichen 3 K 5382/04 Erb) weist das Finanzministerium Baden-Württemberg mit Schreiben vom 11.7.2008 (Aktenzeichen 3 - S 3812a/22) darauf hin, dass bei Gründung einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG die gewerbliche Prägung erst mit Eintragung der KG im Handelsregister eintritt und damit erst ab diesem Zeitpunkt schenkungsteuerlich begünstigtes Betriebsvermögen vorliegt.

Hinweis:

Dieser Hinweis der Finanzverwaltung ist von Bedeutung, da nach derzeit noch geltendem Schenkung- bzw. Erbschaftsteuerrecht Privatvermögen unter Nutzung der Vergünstigungen für Betriebsvermögen übertragen werden kann, wenn das Privatvermögen in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft eingebracht wird. Soweit die begünstigte Übertragung von Kapital- oder Immobilienvermögen mittels einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG nach den Regeln des aktuell noch geltenden Erbschaft-/Schenkungsteuerrechts erfolgen soll, ist also Eile geboten. Diese Gestaltungen können bedeutsame Steuerersparnisse mit sich bringen. Allerdings ist regelmäßig eine umfassende Beratung notwendig.

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4 Neuer Streit um das "häusliche Arbeitszimmer"

Seit 2007 dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch in Ausnahmefällen steuermindernd geltend gemacht werden. Voraussetzung für den steuerlichen Abzug ist, dass das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Beispielsweise bei Lehrern oder oftmals auch bei Handelsvertretern scheidet der Kostenabzug seit 2007 aus, weil das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Offen ist, ob diese Einschränkung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Hierzu ist beim Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt unter dem Aktenzeichen 4 K 980/08 ein Musterverfahren anhängig, das vom Bund der Steuerzahler betrieben wird. Im Klagefall begehrt der Kläger, der als Handelsvertreter tätig ist und dessen Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, zumindest einen Abzug nach der Abzugshöhe des Jahres 2006, also in Höhe von maximal 1 250 €.

Hinweis:

Vergleichbare Verfahren sollten bis zu einer abschließenden Entscheidung offen gehalten werden.

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5 Berufliche Veranlassung von Repräsentationsaufwendungen bei Arbeitnehmern

Nach allgemein herrschender Auffassung sind Repräsentationsaufwendungen von Arbeitnehmern (z.B. Geschenke) in der Regel nicht als Werbungskosten absetzbar. Insoweit unterscheidet sich die Besteuerungssituation der Arbeitnehmer von der der Unternehmer, die Geschenke an Nicht-Arbeitnehmer bis zu einem Betrag von 35 € pro Person und Jahr als Betriebsausgaben steuerlich geltend machen können.

Diesen Grundsatz hat das Finanzgericht Bremen mit Urteil vom 17.1.2008 (Aktenzeichen 4 K 168/07) bestätigt und konkret entschieden, dass Repräsentationsaufwendungen eines Schulleiters in Gestalt von Geschenken anlässlich von Jubiläen, Verabschiedungen etc. keine Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind.

Im Streitfall hatte der Leiter einer Schule mit ca. 700 Schülern sowie 65 Lehrern anlässlich von Jubiläen und anderen Feierlichkeiten Geschenke an Kollegen, Elternvertreter und ausländische Besucher (im Wert von jeweils unter 35 €) aus eigenen Mitteln bestritten und die entsprechenden Aufwendungen als Werbungskosten geltend gemacht.

Für den vorliegenden Fall bejahte das Finanzgericht zwar einen Zusammenhang zwischen den Geschenken und der Tätigkeit als Schulleiter. Da aber Geschenke als "Ausdruck gesellschaftlicher Gepflogenheiten" ohne Gegenleistung erfolgten, seien sie durch die private Lebensführung des Schenkenden mitbestimmt und daher als gemischte Aufwendungen steuerlich nicht abzugsfähig.

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6 Aufwendungen eines Arbeitnehmers für eine Bewirtung des Arbeitgebers können Werbungskosten sein

Bewirtungskosten, die ein Arbeitnehmer trägt, können im Einzelfall als Werbungskosten absetzbar sein. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Bewirtungskosten anlässlich privater Anlässe anfallen. Im Urteil vom 19.6.2008 (Aktenzeichen VI R 48/07) hat der Bundesfinanzhof das Vorliegen von Werbungskosten gegen die Auffassung der Finanzverwaltung bejaht. Im Streitfall hatte ein Berufssoldat im Rang eines Brigadegenerals anlässlich seiner Verabschiedung Bewirtungsaufwendungen getragen und diese als Werbungskosten geltend gemacht.

In seiner Begründung betonte der Bundesfinanzhof, dass es bei der Abgrenzung zwischen "Kosten der Lebensführung" (steuerlich nicht abzugsfähig) und "Aufwendungen aus beruflichem Anlass" (steuerlich abzugsfähig) auf die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ankommt. Wichtiges Indiz ist der Anlass der betreffenden Veranstaltung. Aufwendungen für die Bewirtung von Gästen aus Anlass eines in der privaten Sphäre des Einladenden liegenden persönlichen Ereignisses beurteilt der Bundesfinanzhof grundsätzlich als privat veranlasste nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung, so beispielsweise bei einer Geburtstagsfeier.

Allerdings ist für die Abgrenzung der beruflichen von der privaten Veranlassung von Bewirtungskosten nicht allein auf den Anlass der Veranstaltung abzustellen ist. Für die berufliche oder private Veranlassung einer Veranstaltung ist auch von Bedeutung,

  • wer als Gastgeber auftritt,
  • wer die Gästeliste bestimmt,
  • ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Arbeitnehmers handelt,
  • in wessen Räumlichkeiten bzw. an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet und
  • ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob dies nicht der Fall ist.

Im vorliegenden Fall wertete der Bundesfinanzhof die Verabschiedung anhand der vorstehenden Kriterien als eine Feier mit ganz überwiegend beruflichem Charakter, da die Veranstaltung im Offiziersheim stattfand, der Arbeitgeber als Gastgeber auftrat, den Ablauf der Veranstaltung im Einzelnen vorgab und auch die Gästeliste (Soldaten, Beamte und Arbeitnehmer des Dienstherrn des Arbeitnehmers) festlegte.

Hinweis:

Dieses Urteil verdeutlicht, dass die Rechtsprechung solche Fallgestaltungen durchaus zu Gunsten des Steuerpflichtigen entscheiden kann. Allerdings sollte in jedem Fall Vorsorge getroffen werden, indem die für einen beruflichen Anlass maßgeblichen Kriterien sorgfältig dokumentiert werden. Es zeigt sich, dass die einzelnen Merkmale durchaus gestaltbar sind.

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7 Lohnsteuerpflicht des Entgelts für den Verzicht auf ein Andienungsrecht

Zuwendungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer stellen lohnsteuerpflichtige Entgelte dar, wenn diese durch das Dienstverhältnis veranlasst sind. In Ausnahmefällen können entsprechende Zuwendungen jedoch auch einer anderen Einkunftsart oder sogar dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen sein. Die steuerlichen Unterschiede dieser verschiedenen Fallgruppen können gravierend sein.

Zu dieser Problematik hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 19.6.2008 (Aktenzeichen VI R 4/05) entschieden, dass das Entgelt für den Verzicht eines Vorstandsmitglieds auf ein Aktienandienungsrecht einen durch das Dienstverhältnis veranlassten lohnsteuerpflichtigen Vorteil darstellt. Im Streitfall war ein Vorstandsmitglied zugleich auch als Aktionär an "seiner" AG beteiligt. Im Zusammenhang mit der Börseneinführung verzichtete er gegen Zahlung einer Prämie auf das Recht, die Andienung der Altaktien zu verlangen.

Das Vorstandsmitglied beurteilte den Verzicht auf das Andienungsrecht als ein nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfreies privates Veräußerungsgeschäft. Das Finanzamt sah dagegen die Einräumung des Vorkaufsrechts als durch das Dienstverhältnis des Klägers veranlasst und qualifizierte die Einnahmen für die Aufgabe des Rechts als einkommensteuerpflichtigen Arbeitslohn, so dass entsprechende Einkommensteuer festgesetzt wurde. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Auffassung.

Hinweis:

Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder auf Grund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, kann nur auf Grund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden.

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8 Ein Telefoninterviewer ist als Arbeitnehmer tätig

Die Beantwortung der Frage, ob ein Mitarbeiter als sog. "freier Mitarbeiter" oder als Angestellter anzusehen ist, hat erhebliche steuerliche Konsequenzen und führt insbesondere bei Lohnsteueraußenprüfungen regelmäßig zu Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt. Mit Urteil vom 29.5.2008 (Aktenzeichen VI R 11/07) hat der Bundesfinanzhof zur Frage der Arbeitnehmereigenschaft von Interviewern (hier: Telefoninterviewer) Stellung genommen:

Im Streitfall betrieb eine AG ein Unternehmen mit dem Unternehmensgegenstand "Befragungen für Markt- und Meinungsforschung". In diesem Rahmen führte sie Kundenzufriedenheitsbefragungen, Marktpotenzialerhebungen und Meinungsbefragungen per Telefon oder Internet durch. Dazu verfügte sie über mehrere Telefonstudios mit einer Vielzahl von Telefonarbeitsplätzen und jeweils einem Arbeitsplatz für einen Supervisor (Kontrolleur). Die AG beschäftigte je nach Auftragsvolumen ca. 900 bis 1 000 Interviewer, die sie als freie Mitarbeiter behandelte und für die sie dementsprechend weder Lohnsteuernoch Sozialversicherungsbeiträge einbehielt und abführte. Das Finanzamt kam im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Interviewer als Arbeitnehmer tätig waren und erließ einen entsprechenden Lohnsteuer-Haftungsbescheid.

Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Auffassung dem Grunde nach. Für die Annahme der Arbeitnehmereigenschaft hatte das Finanzgericht Köln als Vorinstanz im Streitfall darauf abgestellt, ob die von der Klägerin beschäftigten Interviewer Unternehmerrisiko getragen und Unternehmerinitiative entwickelt haben und ob sie in erheblichem Umfang weisungsgebunden hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt ihrer Tätigkeit gewesen sind. Auch mit der Eingliederung der Interviewer in die betriebliche Organisation der Klägerin hat sich das Finanzgericht Köln befasst. Dabei hat es festgestellt, dass die Beschäftigten der Klägerin keine einem Selbständigen vergleichbare Initiative entfalten konnten und insbesondere hinsichtlich Ort und Inhalt ihrer Tätigkeit weisungsgebunden und organisatorisch in den Betrieb der Klägerin eingebunden gewesen sind. Der Bundesfinanzhof bestätigte die nach diesen Maßstäben vorgenommene rechtliche Würdigung des Finanzgerichts ausdrücklich.

Hinweis:

Die Kriterien der Rechtsprechung lassen sich zweifelsfrei auch auf andere Tätigkeiten etwaiger "freier Mitarbeiter" übertragen. In der Praxis ist daher bei der Beschäftigung von freien Mitarbeitern darauf zu achten, dass diese tatsächlich Unternehmerrisiko tragen und auch Unternehmerinitiative entwickeln können. Darüber hinaus ist entscheidend, dass die freien Mitarbeiter weder hinsichtlich Ort und Inhalt ihrer Tätigkeit weisungsgebunden noch organisatorisch in den Betrieb des Auftraggebers eingebunden sind.

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9 Geringfügige Beschäftigung: Sozialversicherungsrechtliche Kriterien für deren Beurteilung maßgeblich

Die Frage, ob ein Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielt wird, beurteilt sich ausschließlich nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben. Hierbei ist die Geringfügigkeitsgrenze auch unter Einbeziehung tariflich geschuldeter, aber tatsächlich nicht ausgezahlter Löhne zu bestimmen. Dies ist das Ergebnis des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 29.5.2008 (Aktenzeichen VI R 57/05) zu einer früheren Gesetzesfassung.

Die tatsächlich geleisteten Lohnzahlungen blieben im Urteilsfall zwar unter der damals für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse maßgeblichen Grenze von 630 DM, jedoch hatte der Arbeitgeber nicht beachtet, dass diese Arbeitsverhältnisse unter einen Manteltarifvertrag fielen, der für jeden Arbeitnehmer - auch für Teilzeitbeschäftigte - eine Urlaubsvergütung vorsah. Das Urlaubsgeld wurde den Aushilfen jedoch weder gezahlt noch von diesen eingefordert. Unter Berücksichtigung des laut Tarifvertrag zustehenden Urlaubsgeldes wurde die Entgeltgrenze für geringfügige Beschäftigte aber überschritten. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Arbeitsverhältnisse seien auf Grund des den Arbeitnehmern zustehenden Urlaubsgeldanspruchs nicht als geringfügige Beschäftigungsverhältnisse anzusehen und demgemäß nicht einkommensteuerbefreit.

Der Bundesfinanzhof hat diese Auffassung bestätigt. Nach dem Willen des Gesetzgebers seien die Voraussetzungen für die Annahme einer geringfügigen Beschäftigung ausschließlich nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben zu beurteilen. Bei der Ermittlung der Höhe der nachzuversteuernden Löhne darf hingegen das tariflich geschuldete, tatsächlich jedoch nicht ausgezahlte Urlaubsgeld nicht berücksichtigt werden.

Hinweis:

Die vorliegende Entscheidung des Bundesfinanzhofs hat nach wie vor Bedeutung, denn auch für die derzeitige Behandlung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse kommt es auf die betragsmäßige Grenze von nunmehr 400 € an. Um Nachforderungen zu vermeiden, sollte deshalb bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen stets geklärt werden, ob auf Grund eines einschlägigen (Mantel-)Tarifvertrags ein Urlaubs- oder Weihnachtsgeldanspruch besteht - und zwar auch dann, wenn eine Auszahlung tatsächlich unterbleibt.

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10 Pkw-Überlassung für Privatfahrten auch beim Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil

Stellt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer (hier: Geschäftsführer einer GmbH) unentgeltlich einen betrieblichen Pkw auch zur privaten Nutzung zur Verfügung, stellt dies beim Arbeitnehmer auch dann einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil dar, wenn der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter ist und über die Privatnutzung des Pkw keine Vereinbarung getroffen wurde.

Dies hat das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 26.3.2008 (Aktenzeichen 5 K 1599/07) entschieden. Im Streitfall stand dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer ein Pkw des Betriebsvermögens auch zur privaten Nutzung zur Verfügung, ohne dass jedoch eine vertragliche Vereinbarung über die Privatnutzung bestand. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Die von der GmbH errechneten Privatanteile der Pkw-Nutzung wurden dem Gesellschafter-Verrechnungskonto des Klägers belastet. Das Finanzamt sah in dieser Belastung keine steuerlich zu berücksichtigende Zuzahlung des Klägers, sondern erfasste in voller Höhe einen geldwerten Vorteil für die Privatnutzung des Pkw nach der 1 %- bzw. 0,03 %-Regelung.

Hinweis:

Der I. Senat des Bundesfinanzhofs, der für körperschaftsteuerrechtliche Fragen zuständig ist, hat für den Fall eines Nutzungsverbots anders entschieden (Urteil vom 23.1.2008, Aktenzeichen I R 8/06): Im Grundsatz ist die 1 %-Regelung auch dann anzuwenden, wenn dem Arbeitnehmer, dem ein Firmenwagen überlassen wird, die private Nutzung untersagt ist, er das Fahrzeug aber dennoch privat nutzt. Wird der Firmenwagen dagegen einem Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH zur Verfügung gestellt, der das Fahrzeug abredewidrig privat nutzt, gilt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs Folgendes: Die Betriebsaufwendungen stellen bei der GmbH steuerpflichtige verdeckte Gewinnausschüttungen dar und der Gesellschafter-Geschäftsführer vereinnahmt keinen Arbeitslohn, sondern Kapitaleinkünfte. Der Bundesfinanzhof bemisst die verdeckte Gewinnausschüttung nicht mit dem lohnsteuerrechtlichen Wert (1%-Regelung), sondern mit dem tatsächlichen Verkehrswert des Nutzungsvorteils und erhöht diesen Wert noch um einen Gewinnaufschlag.

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11 Lohnsteuer-Anmeldung 2009: Neue Eintragungspflicht

Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 18.8.2008 (Aktenzeichen IV C 5 - S 2533/08/10004) die Formulare für die Lohnsteuer-Anmeldung 2009 allgemein bekannt gemacht. Diese enthalten eine neue Zeile, die es ab 2009 zu beachten gilt.

Zum Hintergrund: Der Gesetzgeber hat mit Wirkung ab 2007 eine Pauschalierung der Einkommensteuer bei bestimmten Sachzuwendungen normiert. Der Zuwendende kann die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten - im Gesetz näher bestimmten - Sachzuwendungen mit 30 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer pauschalieren.

Insgesamt existieren folgende drei Pauschalierungskreise, innerhalb derer eine jeweils eigenständige Pauschalierungsentscheidung getroffen werden kann:

  • Zuwendungen an Nichtarbeitnehmer,
  • Zuwendungen an eigene Arbeitnehmer und
  • Zuwendungen an Arbeitnehmer verbundener Unternehmen.

Das Wahlrecht zur Anwendung der Pauschalierung innerhalb eines dieser Pauschalierungskreise ist einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten und erfassten Zuwendungen auszuüben. Die Finanzverwaltung lässt es allerdings zu, dass die Pauschalierungsentscheidung für Zuwendungen an Arbeitnehmer einerseits und für Zuwendungen an Dritte andererseits unterschiedlich ausgeübt wird. Die Entscheidung zur Anwendung der Pauschalierung kann nicht zurückgenommen werden.

Bislang kann die Finanzverwaltung nicht erkennen, welches Unternehmen sich für die Anwendung der neuen Pauschalierung entscheidet. Dies ist künftig anders: Ab 2009 wird in der Lohnsteuer-Anmeldung ein neues Eintragungsfeld geschaffen. Hierin ist die Summe der pauschalen Steuer einzutragen. Auf eine Unterscheidung, für welchen Pauschalierungskreis diese Steuer entrichtet wird, hat die Finanzverwaltung allerdings verzichtet.

Hinweis:

Die Finanzverwaltung hat ab 2009 ein Kontrollinstrument, um gezielt Pauschalierungsfälle erkennen zu können. Die Zuwendungen, die der Pauschalierung unterliegen, stellen in der Regel sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelte dar und sind demzufolge nicht beitragsfrei. Diese Entgelte sind vom Arbeitgeber zu erfassen und zwar selbst dann, wenn die Zuwendungen von einem Dritten erbracht werden. Hierzu hat der begünstigte Arbeitnehmer dem Arbeitgeber unverzüglich eine Mitteilung zu machen. Sozialversicherungsrechtlich wird darüber hinaus empfohlen, dass das zuwendende Fremdunternehmen den Arbeitgeber des begünstigten Arbeitnehmers über die Höhe der geleisteten Sachzuwendung informiert.

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12 GmbH-Reform verabschiedet

Die Reform des GmbH-Rechts (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen - MoMiG) ist vom Bundestag verabschiedet worden. Auch der Bundesrat hat das Gesetz passieren lassen. Mit einem Inkrafttreten der Neuregelungen ist zum 1.11.2008 oder 1.12.2008 zu rechnen. Die GmbH-Reform bringt für Unternehmer, Geschäftsführer, Gesellschafter und auch für Existenzgründer eine Fülle an Neuregelungen. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wichtigsten Änderungen.

Erleichterung von Unternehmensgründungen:

  • Das Mindeststammkapital der GmbH bleibt - entgegen früheren Absichten - bei 25 000 €. Allerdings steht für Kleingründungen zukünftig die Unternehmergesellschaft zur Verfügung. Diese Unternehmergesellschaft soll nach dem Willen des Gesetzgebers eine Alternative zur englischen Limited sein. Bei der Unternehmergesellschaft handelt es sich um eine Variante der GmbH, die nicht befugt ist, den Rechtsformzusatz "GmbH" zu führen. Der Rechtsformzusatz muss vielmehr lauten "Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" oder "UG (haftungsbeschränkt)". Die Unternehmergesellschaft verfügt über kein Mindeststammkapital. Allerdings sind in der Folge besondere Anforderungen an die Kapitalerhaltung zu beachten. Insbesondere darf die GmbH ihre Gewinne nicht voll ausschütten, um das Mindeststammkapital der "normalen" GmbH nach und nach anzusparen.
  • Nach den früheren Entwürfen war noch vorgesehen, dass GmbH-Gründungen mit einer dem GmbH-Gesetz beigefügten Mustersatzung ohne notarielle Beurkundung erfolgen können. Dies wurde nicht umgesetzt. Zukünftig kann aber eine GmbH in einem vereinfachten Verfahren gegründet werden, wenn sie höchstens drei Gesellschafter und nur einen Geschäftsführer hat. Hinsichtlich der Höhe des Stammkapitals gibt es keine Einschränkungen. Für die Gründung in dem vereinfachten Verfahren ist das in der Anlage zum GmbH-Gesetz enthaltene Musterprotokoll zu verwenden. Dabei wird unterschieden zwischen einem Musterprotokoll für die Gründung einer Einpersonengesellschaft und einer Mehrpersonengesellschaft (mit bis zu drei Gesellschaftern). Einen besonderen Gesellschaftsvertrag gibt es neben dem Musterprotokoll nicht mehr. Vielmehr gilt das Protokoll als Gesellschaftsvertrag. Ein Vorteil der Gründung mit dem Musterprotokoll ist, dass geringere Kosten anfallen können, wobei der Kostenvorteil allerdings vergleichsweise gering ist.
  • Hinweis:

    Zu beachten ist, dass die Verwendung des Musterprotokolls in vielen Fällen nicht den individuellen Wünschen der Gesellschafter entsprechen dürfte. Dies ist im Einzelfall sorgfältig zu prüfen.

Stärkung der Rechtsform "GmbH":

  • Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können EU-Auslandsgesellschaften ihren Verwaltungssitz in einem anderen Staat - also auch in Deutschland - wählen. Diese Auslandsgesellschaften sind in Deutschland als solche anzuerkennen. Umgekehrt haben deutsche Gesellschaften diese Möglichkeit bislang nicht. Zukünftig wird es deutschen Gesellschaften ermöglicht, einen Verwaltungssitz zu wählen, der nicht notwendig mit dem Satzungssitz übereinstimmt. Dieser Verwaltungssitz kann auch im Ausland liegen. Damit können deutsche Gesellschaften ihre Geschäftstätigkeit auch außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets entfalten. Das kann z.B. eine Möglichkeit für deutsche Konzerne sein, ihre Auslandstöchter in der Rechtsform der vertrauten GmbH zu führen. Übersehen werden darf dabei jedoch nicht, dass diese im Ausland ansässige GmbH regelmäßig auch dem dortigen Recht unterliegt.
  • Die Gesellschafterliste soll als Anknüpfungspunkt für einen gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen dienen. Wer einen Geschäftsanteil erwirbt, soll darauf vertrauen dürfen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist. Ist eine unrichtige Eintragung in der Gesellschafterliste für mindestens drei Jahre unbeanstandet geblieben, gilt der Inhalt der Liste dem Erwerber gegenüber als richtig. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die Eintragung zwar weniger als drei Jahre unrichtig, die Unrichtigkeit dem wahren Berechtigten aber zuzurechnen ist. Die vorgesehene Regelung schafft mehr Rechtssicherheit und senkt die Transaktionskosten. Bislang geht der Erwerber eines Geschäftsanteils das Risiko ein, dass der Anteil einem anderen als dem Veräußerer gehört.
  • Hinweis:

    Zukünftig wird es also sehr wichtig, die Gesellschafterliste auf dem aktuellen Stand zu halten.

    Missbrauchsbekämpfung:

  • Im Handelsregister muss zukünftig zwingend eine inländische Geschäftsanschrift eingetragen werden. Dies dient der Beschleunigung der Rechtsverfolgung gegenüber einer GmbH.
  • Im Falle einer Führungslosigkeit der Gesellschaft fällt zukünftig die Insolvenzantragspflicht den Gesellschaftern zu. Insofern kann die Insolvenzantragspflicht nicht mehr dadurch umgangen werden, dass sämtliche Geschäftsführer abberufen werden.
  • Die Haftung der Geschäftsführer wird verschärft. Danach müssen Geschäftsführer bei Zahlungen an die Gesellschafter damit rechnen, für die Mittelabflüsse persönlich zu haften, wenn die Zahlung zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt.

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13 Ländererlass zur Neuregelung der Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuerberechnung knüpft im Grundsatz zunächst an den steuerlichen Gewinn an, greift also auf die gleiche Größe zurück, die auch Bemessungsgrundlage für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer ist. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer werden allerdings Hinzurechnungen und Kürzungen zu diesem Gewinn vorgenommen. Mit diesen gewerbesteuerlichen Modifikationen soll dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer Rechnung getragen werden: Besteuert werden soll der inländische Gewerbebetrieb als solcher, unabhängig beispielsweise von dessen Finanzierung. Des Weiteren werden zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung mit Gewerbesteuer Gewinne aus einer anderen Personengesellschaft aus dem Gewinn herausgekürzt, da diese Gewinne ja bereits bei der Personengesellschaft selbst der Gewerbesteuer unterlegen haben.

Eine der zentralen Hinzurechnungsvorschriften war nach bisherigem Recht die Hinzurechnung von 50 % der Dauerschuldzinsen, also - vereinfacht gesagt - die Zinsaufwendungen für langfristige Darlehen. Mit der Unternehmensteuerreform 2008 ist diese Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen gänzlich neu geregelt worden. Diese Neuregelungen haben große Bedeutung und treffen im Grundsatz alle Unternehmen. Die Änderungen gelten erstmals für das Jahr 2008. Zur Anwendung dieser Neuregelungen haben die obersten Finanzbehörden der Länder mit gleichlautendem Erlass vom 4.7.2008 Stellung genommen.

a) Überblick über die Neuregelung

Die Hinzurechnung - und damit die Gewerbesteuerpflicht - von Finanzierungsanteilen wurde mit Wirkung ab 2008 grundlegend neu geregelt und erweitert. Im Vergleich mit dem bisherigen Recht stellen sich die nun geltenden Regeln wie folgt dar:

 

Recht bis 2007

Recht ab 2008

Vergütungsart

hinzugerechneter Anteil

fiktiver Zinsanteil

hinzugerechneter Anteil (25 %)

Vergütungen für Dauerschulden

50 %

100 %

25 %

Vergütungen für sonstiges Fremdkapital

0 %

100 %

25 %

Renten und dauernde Lasten

100 %, aber nur, wenn diese mit Erwerb oder Erweiterung des Betriebs zusammenhängen und beim Empfänger nicht der GewSt unterliegen

100 % - alle Renten und dauernde Lasten

25 %

Gewinnanteile des stillen Gesellschafters

100 %, aber nur, wenn diese beim Empfänger nicht der GewSt unterliegen

100 % - unabhängig von der Besteuerung beim Empfänger

25 %

Miet-/Pachtzinsen und Leasingaufwendungen für bewegliche Wirtschaftsgüter

50 %, aber nur, wenn diese beim Empfänger nicht der GewSt unterliegen

20 % - unabhängig von der Besteuerung beim Empfänger

5 %

Miet-/Pachtzinsen und Leasingaufwendungen für Immobilien

0 %

65 %

16,25 %

Zahlungen für die Nutzung von Rechten, Lizenzen, Warenzeichen usw.

0 %

25 %

6,25 %

Es ergeben sich folgende Veränderungen:

  • Betriebe, die in größerem Umfang langfristig fremdfinanziert sind, profitieren von den Änderungen, da der Zinsaufwand nicht mehr zu 50 %, sondern nur noch zu 25 % bei der Gewerbesteuerberechnung hinzugerechnet wird.
  • In der Praxis zeigt sich, dass nahezu alle Betriebe von der nun erfolgenden Hinzurechnung von fiktiven Zinsanteilen in Miet-/Pacht- und Leasingzahlungen betroffen sind. Gravierende Auswirkungen hat diese neue Hinzurechnung vor allem bei Handelsgeschäften, welche einen großen Betrag für die Anmietung des Ladenlokals bezahlen müssen.
  • Mehrfachbelastungen mit Gewerbesteuer können sich dann ergeben, wenn die hinzurechnungspflichtigen Aufwendungen auch beim Empfänger der Gewerbesteuer unterliegen.
  • Hinweis:

    Von dieser Änderung sind insbesondere steuerliche Betriebsaufspaltungen betroffen. In diesen Fällen sind die steuerlichen Gestaltungen zu überprüfen, insbesondere kann eine Herabsetzung des Mietzinses in Erwägung gezogen werden.

  • Die teilweise Hinzurechnung von Leasingaufwendungen führt dazu, dass die steuerlichen Vorteile des Leasings im Wesentlichen verloren gehen. Dies ist bei Finanzierungsentscheidungen zu beachten.

Daneben ist zu beachten, dass kleine Unternehmen durch den neu geschaffenen Freibetragin Höhe von 100 000 € entlastet werden. Der Freibetrag wird von der Summe der Finanzierungsanteile abgezogen. Nach Abzug des Freibetrags ergibt sich die Bemessungsgrundlage für die Anwendung des Hinzurechnungsfaktors von 25 %.

Beispiel:

Zinsaufwand

75 000 €

Ansatz zu 100 %

75 000 €

Leasingaufwand für bewegliche Wirtschaftsgüter

80 000 €

Ansatz zu 20 %

16 000 €

Pachtzins Gebäude

100 000 €

Ansatz zu 65 %

65 000 €

Summe der Finanzierungsanteile

156 000 €

Freibetrag (maximal 100 000 €)

100 000 €

verbleiben

56 000 €

davon 25 % Hinzurechnung bei der Gewerbesteuerberechnung

14 000 €

b) Allgemeine Grundsätze bei Anwendung der gesetzlichen Neuregelung

Die Finanzverwaltung stellt folgende allgemeine Grundsätze zur Anwendung der gesetzlichen Neuregelung heraus:

  • Eine Hinzurechnung bei der Berechnung der Gewerbesteuer kommt generell nur in Betracht, wenn die Aufwendungen vorher gewinnmindernd berücksichtigt wurden. Aus diesem Grund scheiden Hinzurechnungen für Sondervergütungen an Gesellschafter einer Personengesellschaft aus, weil diese den steuerlichen Gewinn nicht mindern. Als Beispiele sind Zinsen für ein Darlehen zu nennen, das der Gesellschafter seiner Personengesellschaft gewährt, oder Miet-/Pachtzinsen für vom Gesellschafter überlassene Wirtschaftsgüter.
  • Nach dem ab 2008 geltenden Recht ist es bei der Ermittlung der Hinzurechnungen im Gegensatz zum früheren Recht unmaßgeblich, ob die Aufwendungen beim Empfänger der Gewerbesteuer unterliegen oder nicht. Beispielsweise unterliegt bei einer steuerlichen Betriebsaufspaltung der vom Betriebsunternehmen an das Besitzunternehmen gezahlte Pachtaufwand bei dem Betriebsunternehmen (mit dem entsprechenden Finanzierungsanteil) der Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer, obwohl bei dem Besitzunternehmen die Pachteinnahmen ebenfalls der Gewerbesteuer unterliegen. Insoweit kann es zu gewerbesteuerlichen Mehrfachbelastungen kommen.
  • Vielfach enthalten Verträge verschiedene Leistungselemente (sog. gemischte Verträge). So umfasst z.B. ein Mietvertrag über Kopierer oft auch die laufende Wartung und die Bereitstellung von Verbrauchsmaterialien oder ein Mietvertrag über ein Ladenlokal auch die Miete der Ladeneinrichtung. Um in diesen Fällen die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen richtig berechnen zu können und nur Aufwendungen hinzuzurechnen, die in den Beispielsfällen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern gezahlt werden, ist das Entgelt auf die verschiedenen Leistungskomponenten aufzuteilen. Ist eine solche Aufteilung nicht möglich, muss geprüft werden, welche Elemente dem Vertrag insgesamt das Gepräge geben.
  • Hinweis:

    Sinnvoll ist es, die Entgelte für die einzelnen Leistungselemente bereits im Vertrag selbst zu vereinbaren, um Streit mit der Finanzverwaltung zu vermeiden.

c) Einzelhinweise zur Hinzurechnung von Zinsaufwendungen

Wichtigster Anwendungsfall der Hinzurechnungen sind Zinsaufwendungen. Hierzu weist die Finanzverwaltung auf folgende Besonderheiten hin:

  • Es kommt nicht (mehr) auf die Dauerhaftigkeit des Kredits an. Bislang wurden nur Zinsen für sog. Dauerschulden bei der Gewerbesteuer hinzugerechnet. Nun erfolgt eine Hinzurechnung grundsätzlich bei allen Zinsen, also auch bei Zinsen für kurzfristige Kredite.
  • Als hinzurechnungspflichtiges Entgelt gilt auch der Aufwand aus nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechenden gewährten Skonti oder wirtschaftlich vergleichbaren Vorteilen. Ob eine Skontigewährung als üblich gilt, ist nach den Verhältnissen der jeweiligen Branche zu beurteilen. Geschäftsübliche Abschläge aus anderen Gründen, wie Treue- oder Mengenrabatte, werden hingegen nicht hinzugerechnet.
  • Werden Forderungen verkauft (sog. Factoring), wird von der Finanzverwaltung angenommen, dass der vom Factor berechnete Abschlag (Differenz zwischen dem Entgelt für die Forderung und deren Nennwert) als Finanzierungsanteil anzusehen ist und damit der Hinzurechnung unterliegt. In den Abschlägen enthaltene Risikoprämien unterfallen nicht der Hinzurechnung.

d) Hinzurechnung von Miet- und Pachtaufwendungen

Deutlich ausgeweitet wurde die Hinzurechnung von Miet- und Pachtaufwendungen. Hierzu führt die Finanzverwaltung aus:

  • Unter die Hinzurechnung fallen sowohl Miet- und Pachtzinsen als auch Leasingaufwendungen. Im Falle eines Leasings kommt es jedoch nicht zu einer Hinzurechnung, wenn der Leasinggegenstand in der Bilanz des Leasingnehmers auszuweisen ist.
  • Neu ist insbesondere die Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung bzw. das Leasing von beweglichen Wirtschaftsgütern. Anwendungsfälle sind z.B. das Leasing von Fahrzeugen und Maschinen oder auch Büroausstattung wie Kopierer.
  • Stehen andere Leistungselemente als die Miete im Vordergrund, scheidet eine Hinzurechnung aus. Beispiel: Vereinbarung zur fortlaufenden Reinigung bzw. zum fortlaufenden Austausch beschädigter Teile bei einem Mietservice von Berufsbekleidung.
  • Zu den Miet- und Pachtzinsen sollen auch die Aufwendungen des Mieters oder Pächters für die Instandsetzung, Instandhaltung und Versicherung des Miet- oder Pachtgegenstandes gehören, die er über seine gesetzliche Verpflichtung nach bürgerlichem Recht hinaus auf Grund vertraglicher Verpflichtungen übernommen hat. Nicht hinzuzurechnen sind dagegen reine Betriebskosten wie Wasser, Strom und Heizung.
  • Hinweis:

    In der Praxis dürfte diese Unterscheidung oft Schwierigkeiten bereiten. Soweit für diese Bereiche getrennte Entgelte vereinbart sind, ist eine buchhalterische Trennung anzuraten, um die bei der Gewerbesteuerberechnung vorzunehmenden Hinzurechnungen effizient ermitteln zu können. Problematisch sind Fälle, in denen kein separates Entgelt für die Betriebskosten vereinbart wurde, sondern diese Kosten in der Gesamtmiete enthalten sind. Zur Minderung des Hinzurechnungsbetrages kann eine Vereinbarung über die separate Zahlung der Betriebskosten anzuraten sein.

Hinweis:

Es ist sinnvoll, die hinzurechnungspflichtigen Miet-/Pachtzinsen und Leasingaufwendungen in der Buchhaltung auf getrennte Konten zu buchen. Im ersten Schritt ist eine Bestandsaufnahme der unter die Hinzurechnung fallenden Aufwendungen durchzuführen.

e) Hinzurechnung von Aufwendungen für zeitlich befristete Überlassung von Rechten

Ebenfalls neu ist die Hinzurechnung von Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten. Hierzu führt die Finanzverwaltung aus:

  • Unter den neuen Tatbestand fällt die zeitlich befristete Überlassung von Rechten jedweder Art, insbesondere Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Urheberrechte, Lizenzrechte und Namensrechte.
  • Dies betrifft z.B. den Aufwand für die zeitlich befristete Überlassung einer Softwarelizenz. Eine Hinzurechnung scheidet dagegen aus, wenn in diesem Fall die Softwarelizenz erworben wird.
  • Entgelte, die für die Nutzung des sog. Grünen Punktes an die Duale System Deutschland GmbH (DSD) oder vergleichbare Systeme zur Erfüllung der Verpflichtung nach der Verpackungsverordnung entrichtet werden, erfüllen nach Ansicht der Finanzverwaltung diesen Tatbestand nicht.

Hinweis:

Die neu geregelten Hinzurechnungstatbestände können im Einzelfall zu sehr deutlichen Belastungen führen. Dringend anzuraten ist eine Bestandsaufnahme, um die Belastung abschätzen zu können. Im Einzelfall kann die Gewerbesteuerbelastung durch Gestaltungen gemindert werden. Daneben ist zu beachten, dass Kapitalgesellschaften von dieser Regelung stärker belastet sind als Personengesellschaften, da bei Personengesellschaften die Gewerbesteuerbelastung teilweise wieder ausgeglichen wird durch die Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer.

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14 Beruflich genutzte Räume im Privathaus als Steuerfalle bei Betriebsaufgabe?

Der Bundesfinanzhof hatte über folgenden häufig vorkommenden Fall zu entscheiden: Im Urteilsfall nutzte der Ehemann einen Kellerraum des im jeweils hälftigen Miteigentum der Ehegatten stehenden Einfamilienhauses als Lagerraum für seine Arztpraxis. Anteilige Hauskosten wurden bei der Gewinnermittlung für die Praxis geltend gemacht. Mit Aufgabe der Arztpraxis war nun strittig, wie hoch der Entnahmegewinn des Lagerraums anzusetzen ist. Ein solcher ist grundsätzlich anzusetzen, da der Lagerraum bislang steuerliches Betriebsvermögen war und nun mit der Betriebsaufgabe in das steuerliche Privatvermögen übergeht.

Die Finanzverwaltung wollte die gesamten auf den Raum entfallenden stillen Reserven, also die Wertsteigerung, die dieser Raum erfahren hat, der Besteuerung unterwerfen. Der Bundesfinanzhof entschied dagegen mit Urteil vom 29.4.2008 (Aktenzeichen VIII R 98/04) zu Gunsten des Steuerpflichtigen, dass die anteilig auf diesen Raum entfallenden stillen Reserven bei Veräußerung der Praxis nur zur Hälfte den Veräußerungsgewinn erhöhen. Dies soll auch dann gelten, wenn der nutzende Ehegatte alle Kosten für diesen Raum als Betriebsausgaben abgezogen hatte.

Hinweis:

Die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes, hier eines Raumes im privaten Wohnhaus, zum Betriebsvermögen kann zwar Steuervorteile mit sich bringen, weil die Kosten des Raumes als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können. Allerdings unterliegen die Wertsteigerungen des Wirtschaftsgutes (stille Reserven) spätestens im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung der Besteuerung. Diese Steuerlast kann die Vorteile aus der Geltendmachung von laufenden Aufwendungen bei weitem übersteigen!

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15 Bildung einer Ansparrücklage setzt einen Finanzierungszusammenhang zwischen Rücklage und Investition voraus

Nach der Rechtsprechung kann eine Ansparabschreibung nur dann gebildet werden, wenn ein sog. Finanzierungszusammenhang zwischen der Bildung der Ansparabschreibung und der später erfolgenden Investition besteht (vgl. hierzu bereits Mandanten-Rundschreiben 5/2008 unter der Rubrik "Für Unternehmer und Freiberufler" unter der Überschrift "Keine Ansparabschreibung zum ausgleich eines Mehrergebnisses nach Betriebsprüfung"). Im Einzelnen ist dies sehr streitanfällig. Aktuell hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 29.4.2008 (Aktenzeichen VIII R 62/06) die Bildung bzw. Aufstockung einer Ansparabschreibung nach Ablauf des Anschaffungsjahres versagt, wenn diese allein wegen zwischenzeitlicher Änderung des Einkommensteuerbescheids für das Investitionsjahr erfolgen soll. Die Steuerpflichtigen hatten im Jahr 2001 die bereits in 1998 gebildete Ansparabschreibung für im Jahr 2000 angeschaffte Wirtschaftsgüter aufstocken wollen.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs stellt der Tatbestand der Ansparabschreibung (nach damaligem Recht) auf die künftige Anschaffung ab. Die Rücklage für diese künftige Anschaffung bewirke die Vorverlagerung des Abschreibungspotenzials und fördere die Innenfinanzierung einer Investition. Dieser Zweck der Rücklage verlange in zeitlicher Hinsicht, dass sie die ihr zugedachte Funktion der Finanzierungserleichterung erfüllen kann. Zwischen der Bildung der Rücklage und der Investition müsse ein Finanzierungszusammenhang bestehen. Dieser könne zwar auch dann noch gegeben sein, wenn die Bilanz für das Jahr der Rücklage erst nach der Anschaffung oder Herstellung aufgestellt wird. Voraussetzung dafür sei aber, dass auch diese nach der Anschaffung gebildete Rücklage der Investitionserleichterung diene. Dieser Zusammenhang fehle bei typisierender Betrachtung, wenn die Bildung der Rücklage erstmals später als zwei Jahre nach der Anschaffung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werde.

Hinweis:

Diese Entscheidung ist zwar zur Ansparabschreibung nach auslaufendem Recht ergangen. Die Begründung kann aber sinngemäß auch auf die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags nach nunmehr geltendem Recht angewendet werden, weil Sinn und Zweck der Vorschrift insoweit identisch sind. Es zeigt sich also, dass die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags einer frühzeitigen Planung bedarf.

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16 Bundesregierung plant Verlängerung der Investitionszulage bis 2013

Das Bundeskabinett hat am 16.7.2008 beschlossen, die Investitionszulage für betriebliche Investitionen in den neuen Bundesländern und Berlin über das Jahr 2010 hinaus bis Ende des Jahres 2013 fortzuführen und hat den Regierungsentwurf eines Investitionszulagengesetzes 2010 vorgelegt. Die derzeit geltenden Fördersätze von 12,5 % bzw. 25 % werden voraussichtlich von 2010 bis 2013 jährlich um 2,5-Prozentpunkte für Großunternehmen bzw. um 5-Prozentpunkte für kleine und mittlere Unternehmen verringert.

Hinweis:

Gerade im Übergang vom jetzigen zum zukünftig geplanten Investitionszulagengesetz ist eine genaue zeitliche Planung des Investitionsvorhabens notwendig. In der Vergangenheit waren bei solchen Übergängen regelmäßig zeitliche "Förderlücken" festzustellen.

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17 Leiharbeitnehmer: Wann ist eine Abrechnung von Reisekosten zulässig?

Durch die Neufassung der Lohnsteuer-Richtlinien 2008 kommt der Beantwortung der Frage, ob der jeweils angefahrene Ort eine regelmäßige Arbeitsstätte begründet oder nicht, eine hohe Bedeutung zu. Nur wenn der angefahrene Ort keine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt, kann eine Abrechnung nach Reisekostengrundsätzen möglich sein. Die Qualifizierung der Fahrten als Reisekosten hat u.a. den Vorteil, dass 0,30 € pro gefahrenem Kilometer steuermindernd berücksichtigt werden können. Bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte können hingegen nur 0,30 € pro Entfernungskilometer angesetzt werden (ab 2007 gekürzt um die ersten 20 km).

Das Niedersächsische Finanzgericht hat mit Urteil vom 24.10.2007 (Aktenzeichen 12 K 611/04) eine Entscheidung zu outgesourceten Arbeitnehmern getroffen. Danach kann eine ortsfeste Einrichtung selbst dann als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen sein, wenn diese Einrichtung weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich dem Arbeitgeber zuzurechnen ist. Voraussetzung ist, dass ein "ausgelagerter" Arbeitnehmer die auswärtige Tätigkeitsstätte über Jahre hinweg arbeitstäglich anfährt und dort seine regelmäßige Arbeitszeit wie ein Arbeitnehmer des fremden Betriebs ableistet.

In die gleiche Richtung zielt die Finanzverwaltung mit der Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 22.7.2008 (Aktenzeichen S 2353 - 161b - StO 217). Danach wird eine regelmäßige Arbeitsstätte nur dann begründet, wenn ein Beschäftigter "dauerhaft" diesen Ort aufsucht. Ob eine Dauerhaftigkeit vorliegt, soll an folgenden Beispielen verdeutlicht werden.

Beispiel 1:

Sachverhalt: Ein bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigter Hochbauingenieur wird in regelmäßigem Wechsel verschiedenen Entleihfirmen überlassen und auf deren Baustellen eingesetzt. Den Betrieb seines Arbeitgebers sucht er nur hin und wieder auf, ohne dort eine regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen. Er wird für einen vor Beginn der Tätigkeit festgelegten Zeitraum von zwei Jahren an eine Baufirma überlassen und von dieser während des gesamten Zeitraums auf ein- und derselben Großbaustelle eingesetzt.

Lösung: In diesem Fall liegt ab dem ersten Tag der Tätigkeit auf der Baustelle eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Auf Grund der zeitlichen Befristung des Arbeitsvertrages musste der Arbeitnehmer auch nicht damit rechnen, im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses an anderen Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Ein steuerfreier Reisekostenersatz bzw. ein Werbungskostenabzug nach Reisekostengrundsätzen ist somit nicht zulässig.

Beispiel 2:

Sachverhalt: Ein Arbeitnehmer wird von einer Zeitarbeitsfirma einem Kunden als kaufmännischer Mitarbeiter überlassen. Der Überlassungsvertrag enthält keine zeitliche Befristung ("bis auf Weiteres").

Lösung: In diesem Fall liegt nach der gegenwärtigen Verwaltungsauffassung ab dem ersten Tag der Tätigkeit beim Kunden eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Ein steuerfreier Reisekostenersatz bzw. ein Werbungskostenabzug nach Reisekostengrundsätzen ist somit nicht zulässig.

Auch wenn ein jetzt entliehener Arbeitnehmer zuvor bei dem Entleiher (mit gleicher Tätigkeit) beschäftigt war, ist regelmäßig davon auszugehen, dass von vornherein eine dauerhafte Tätigkeit an einer (außerbetrieblichen) Arbeitsstätte vorliegt.

Beispiel 3:

Sachverhalt: Ein Automobilunternehmen lagert einen Teil der in der Montage beschäftigten Arbeitnehmer an eine Leiharbeitsfirma aus, die ihrerseits die Arbeitnehmer an das Automobilunternehmen entleihen. Dort üben sie die gleiche Tätigkeit aus wie zuvor im Automobilunternehmen.

Lösung: Es liegt ab dem ersten Tag der Tätigkeit eine regelmäßige Arbeitsstätte in einer außerbetrieblichen Einrichtung vor, denn die Tätigkeit dort ist nicht vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt. Ein steuerfreier Reisekostenersatz/Werbungskostenabzug ist somit nicht möglich.

Hinweis:

Die Ausführungen verdeutlichen die latente Haftungsgefahr für den Arbeitgeber, der steuerfreie Reisekostenerstattungen an seine Arbeitnehmer leistet. Wird im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung festgestellt, dass die Reisekostenerstattungen nicht steuerfrei geleistet werden konnten, kann dies eine hohe Haftungssumme nach sich ziehen. Zur Haftungsvermeidung bietet sich eine gebührenfreie Anrufungsauskunft beim Finanzamt an.

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18 Verfall von Anrechnungsüberhängen bei Gewerbesteueranrechnung verfassungsgemäß - keine Vor- oder Rücktragsmöglichkeit

Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb wird bei der Einkommensteuer eine Steuerermäßigung gewährt, welche im Grundsatz die Sonderbelastung dieser Einkünfte mit Gewerbesteuer ausgleichen soll. Nun tritt in der Praxis allerdings nicht selten der Fall auf, dass diese Steuerermäßigung ihr Ziel nicht erreicht. Eine wichtige Frage hierzu hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 23.4.2008 (Aktenzeichen X R 32/06) entschieden.

Im Streitfall erzielte die Klägerin neben Einkünften aus Gewerbebetrieb (aus einer Erbengemeinschaft) auch andere positive Einkünfte. Auf Grund eines bestehenden Verlustvortrags wurde die Einkommensteuer mit 0 € festgesetzt. Einen Steuerermäßigungsbetrag zur Kompensation der Gewerbesteuer in Höhe des 1,8-fachen anteiligen Gewerbesteuermessbetrags aus der Erbengemeinschaft (sog. Anrechnungsvolumen) konnte die Klägerin von der tariflichen Einkommensteuer nicht abziehen, da eben keine positive Einkommensteuer festgesetzt wurde. Im Ergebnis führte dies dazu, dass die Belastung der gewerblichen Einkünfte mit Gewerbesteuer nicht ausgeglichen wurde. Hiergegen wandte sich die Klägerin. Im Einspruchsverfahren gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid beantragte die Klägerin, eine negative Einkommensteuer in Höhe des 1,8-fachen anteiligen Gewerbesteuermessbetrags (- 4 263 DM) festzusetzen. Hilfsweise beantragte sie, den Betrag des nicht ausgeschöpften Anrechnungsvolumens für einen Vor- oder Rücktrag festzustellen. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Auch der Bundesfinanzhof entschied zu Lasten der Steuerpflichtigen und bestätigte, dass der Verfall von Anrechnungsüberhängen bei der Gewerbesteueranrechnung verfassungsmäßig sei und keine Vor- oder Rücktragsmöglichkeit bestehe. Die Steuerermäßigung zum Ausgleich der Vorbelastung mit Gewerbesteuer werde eben nur in einer pauschalen und nicht punktgenauen Art und Weise gewährt. Das Auftreten von Anrechnungsüberhängen sei hinzunehmen.

Hinweis:

Dies verdeutlicht für die Praxis die Notwendigkeit, Anrechnungsüberhänge durch vorausschauende Planung aufzudecken und soweit möglich durch Gestaltungen zu vermeiden. Eine gravierende Verschärfung dieser Problematik ist durch die Anhebung des Anrechnungsfaktors auf das 3,8-fache des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrages durch die Unternehmensteuerreform 2008 eingetreten. Treten ab 2008 Anrechnungsüberhänge auf, ergibt sich für Personenunternehmen ein ganz erheblicher Anstieg der steuerlichen Gesamtbelastung über das vom Gesetzgeber im Regelfall gewollte Maß hinaus.

Im Hinblick auf derartige Anrechnungsüberhänge sind insbesondere Fälle kritisch, bei denen Verlustvorträge bestehen oder aus anderen Einkunftsquellen Verluste zugerechnet werden.

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19 Rückwirkender Wegfall der Offenlegungspflicht einer GmbH & Co. KG bei Eintritt einer natürlichen Person

Jahresabschlüsse für alle publizitätspflichtigen Unternehmen, also insbesondere Kapitalgesellschaften und die GmbH & Co. KG, sind unabhängig von der Größe des Unternehmens im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen.

Hinweis:

Unter der Internetadresse www.unternehmensregister.de und www.ebundesanzeiger.de können die im Handelsregister hinterlegten Daten bzw. die veröffentlichten Jahresabschlüsse eingesehen werden. Somit können Kreditinstitute, Leasinggesellschaften, Lieferanten, Abnehmer, Konkurrenten und Arbeitnehmer online einen umfassenden Einblick in die wirtschaftliche Situation des Unternehmens erlangen. Auf diese gesetzlichen Änderungen muss mit individuellen Strategien zur Verhinderung oder zumindest Minimierung einer unerwünschten Informationspreisgabe reagiert werden.

Es gibt durchaus Fälle, bei denen die Offenlegung des Jahresabschlusses als nicht tragbar angesehen wird. Eine Offenlegung kann dann ganz vermieden werden, wenn eine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter in die Gesellschaft eintritt. Insoweit tritt die Besonderheit auf, dass dann, wenn die Gesellschaft bislang die Jahresabschlüsse noch nicht offengelegt hat, mit Eintritt der natürlichen Person als persönlich haftender Gesellschafter die Offenlegung nicht nachgeholt werden muss.

Hinweis:

Die Offenlegung des Jahresabschlusses ist im Mittelstand ein sensibles Thema. Ob der Eintritt eines persönlich haftenden Gesellschafters ein gangbarer Weg ist, muss im Einzelfall sehr sorgfältig geprüft werden. Ansonsten sind zumindest Strategien zur Milderung der Wirkungen einer Jahresabschlusspublizität zu prüfen. So kann es sinnvoll sein, ein Unternehmen in separate Funktionsgesellschaften aufzugliedern, um den Gesamtgewinn weniger transparent werden zu lassen. Auch können Leistungsvergütungen an die Gesellschafter das handelsrechtliche Ergebnis mindern. All diese Maßnahmen können aber nur für den Einzelfall geprüft werden.

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20 Steueramnestie war verfassungsgemäß

Nach dem sog. "Strafbefreiungserklärungsgesetz" (StraBEG) mussten Steuerpflichtige, die eine strafbefreiende Erklärung über nicht erklärte Kapitaleinkünfte bis zum 31.12.2004 abgaben, lediglich 60 % der bisher verschwiegenen Einnahmen mit einem pauschalen Steuersatz von 25 % versteuern. Diese Regelung wurde von nicht wenigen als verfassungswidrig eingestuft, da die Amnestie den Steuerunehrlichen belohne und den Steuerehrlichen als den "Dummen" darstelle. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine entsprechende Vorlage des Finanzgerichts Köln, mit der es die Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Regelungen des StraBEG geltend machte, als unzulässig verworfen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts habe sich das Finanzgericht nicht hinreichend mit den tatsächlichen rechtlichen Gegebenheiten, den Erwägungen des Gesetzgebers und den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Rechtsauffassungen auseinandergesetzt (Beschluss vom 25.2.2008, Aktenzeichen 2 BvL 14/05, vgl. hierzu Mandanten-Rundschreiben 4/2008 in der Rubrik "Für Bezieher von Kapitaleinkünften" unter "Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Kapitalerträgen" unter der Überschrift "Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetzes und Besteuerung von Kapitalerträgen in den Jahren 2000 bis 2002".

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts hat sich das Finanzgericht Köln nunmehr mit Urteil vom 5.6.2008 (Aktenzeichen 10 K 1880/05) de facto der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts angeschlossen und die Regelungen des StraBEG als verfassungsgemäß angesehen.

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21 Vorbereitung auf die Abgeltungsteuer

Zum 1.1.2009 wird die Besteuerung der Kapitaleinkünfte mit Einführung der Abgeltungsteuer grundlegend neu geregelt. Auf wichtige Details und Handlungsmöglichkeiten gehen wir ausführlich in der Sonderbeilage "Abgeltungsteuer - Besteuerung der privaten Kapitalanleger ab 2009" zu diesem Mandanten-Rundschreiben ein.

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22 Schuldzinsenabzug bei gemischt genutzten Gebäuden

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der diesem folgenden Ansicht der Finanzverwaltung kann ein Steuerpflichtiger, der ein teilweise vermietetes und teilweise selbst genutztes Gebäude mit Eigenmitteln und Fremdmitteln finanziert, Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, soweit er die Darlehensmittel tatsächlich zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des vermieteten Gebäudeteils verwendet. Soweit die Darlehenszinsen dagegen auf den selbst genutzten Teil der Immobilie entfallen, können diese steuerlich nicht geltend gemacht werden. Insofern besteht ein Interesse des Steuerpflichtigen, die Darlehensmittel in möglichst großem Umfang dem fremdvermieteten Teil zuzuordnen. Allerdings sind insoweit bestimmte Regeln einzuhalten.

Der Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten setzt zunächst voraus, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Gebäudeteilen, die eigenständige Wirtschaftsgüter bilden, zugeordnet werden. Insoweit gilt Folgendes:

  • Werden die Anschaffungskosten in einer nach außen erkennbaren Zuordnung dem fremdvermieteten und dem selbst genutzten Teil der Immobilie zugeordnet, wie z.B. in einem notariellen Kaufvertrag über die Immobilie, ist dieser Zuordnung grundsätzlich auch steuerlich zu folgen. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Aufteilung zu einer unangemessenen wertmäßigen Berücksichtigung der einzelnen Gebäudeteile führt.
  • Hinweis:

    Das Erfordernis einer sachgerechten Zuordnung wurde aktuell nochmals von dem Finanzgericht Münster (Urteil vom 29.4.2008, Aktenzeichen 8 K 3028/05 E) bestätigt. Die Kläger erwarben im Streitfall von der Mutter des Klägers ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneinheiten zum Kaufpreis von insgesamt 455 000 €. Vier der sechs Wohnungen waren fremdvermietet, zwei Wohnungen wurden von den Klägern eigengenutzt bzw. an die Mutter unentgeltlich überlassen (388 qm Eigennutzung - 301 qm Fremdnutzung). Die Anschaffung des Objekts wurde in vollem Umfang durch drei Darlehen fremdfinanziert. Nach dem erklärten Willen der Kläger sollte ein Darlehen über 150 000 € den eigengenutzten Wohnungen sowie die beiden weiteren Darlehen über insgesamt 305 000 € den fremdvermieteten Wohnungen zugeordnet werden. Dieser Zuordnung entsprachen auch die im Kaufvertrag für die einzelnen Wohnungen gesondert ausgewiesenen Kaufpreise. Das FA erkannte die Schuldzinsen lediglich anteilig im Verhältnis der fremdvermieteten Wohnfläche zur Gesamtwohnfläche (301 qm/689 qm) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steuerlich an. Diese Auffassung hat das Finanzgericht bestätigt.

  • Wird eine solche nach außen hin erkennbare Zuordnungsentscheidung nicht getroffen, so sind die Anschaffungskosten den einzelnen Gebäudeteilen nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen anteilig zuzuordnen.

Für den Werbungskostenabzug ist darüber hinaus ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und den zugeordneten Anschaffungs- oder Herstellungskosten für den vermieteten Gebäudeteil unabdingbar. Dieser liegt nur dann vor, wenn dieser Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten tatsächlich mit den dafür aufgenommenen Darlehensmitteln bezahlt worden ist. Hieraus ist zu folgern:

  • Im Falle der Anschaffung eines Gebäudes ist von einer gesonderten Zahlung der Anschaffungskosten für einzelne Gebäudeteile auszugehen, wenn der Steuerpflichtige die zugeordneten Anschaffungskosten mittels eines eigenständigen Darlehens auf ein Notaranderkonto überweist und der Notar den gesamten Kaufpreis vom Notaranderkonto auskehrt.
  • Bei der Herstellung eines Gebäudes ist von einem wirtschaftlichen Zusammenhang auszugehen, wenn der Steuerpflichtige ein Baukonto ausschließlich mit Darlehensmitteln ausstattet und die Zahlungen der zugeordneten Herstellungskosten zu Lasten dieses Kontos ergehen. Versäumt es der Steuerpflichtige, die den unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen gesondert zugeordneten Aufwendungen getrennt mit Eigen-/Darlehensmitteln zu finanzieren, sind die Schuldzinsen nach dem Verhältnis der Baukosten der einzelnen Gebäudeteile schätzungsweise aufzuteilen.

Hinweis:

Diese Grundsätze gelten auch bei der Renovierung eines gemischt genutzten Gebäudes.

Insgesamt zeigt sich also, dass ein erheblicher Gestaltungsspielraum besteht. Will der Steuerpflichtige diesen nutzen, sind allerdings vorausschauende Planungen erforderlich.

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23 Unternehmereigenschaft des Betreibers einer Photovoltaikanlage

Betreiben Privatpersonen auf dem selbst genutzten Haus eine Photovoltaikanlage, ist zu prüfen, ob diese als Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne einzustufen sind. Eine Behandlung als Unternehmer hat den Vorteil, dass die Vorsteuer aus dem Erwerb der Anlage vom Finanzamt erstattet wird. Zwar sind dann die zukünftigen Stromlieferungen aus der Anlage der Umsatzsteuer zu unterwerfen, da der Strom aber an das örtliche Energieversorgungsunternehmen geliefert wird, stellt sich insoweit für den Anlagenbetreiber keine Mehrbelastung ein. Nach der Verwaltungsauffassung ist unter Geltung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Unternehmereigenschaft bei Betrieb einer Photovoltaikanlage regelmäßig anzunehmen.

Anders war dies noch vor Inkrafttreten des EEG am 1.4.2000. Einen solchen Fall hatte der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 11.4.2008 (Aktenzeichen V R 10/07) zu entscheiden. Eine Besonderheit des Falles - und insoweit ist die Entscheidung auch für aktuelle Fälle wichtig - lag darin, dass der Anlagenbesitzer, welcher die Anlage im Jahr 1997 erwarb, den Vorsteuerabzug aus dem Anlagenerwerb erst mit einer im Jahr 2002 für das Jahr 1997 abgegebenen Umsatzsteuererklärung geltend machte. Der Bundesfinanzhof verneinte den Vorsteuerabzug. Notwendig sei eine zeitnah zur Anschaffung bzw. Herstellung erfolgte Zuordnung des Gegenstandes (hier: der Photovoltaikanlage) zum umsatzsteuerlichen Unternehmen. Die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers "bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstandes".

Hinweis:

Dieses Urteil verdeutlicht, dass in solchen Fällen eine steuerliche Beratung angezeigt ist, um zeitnah die notwendigen steuerlichen Folgen treffen zu können.

Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass in diesen Fällen regelmäßig die Anschaffungskosten sehr rasch über Abschreibungen steuerlich geltend gemacht werden können, wozu das Instrument des Investitionsabzugsbetrags genutzt werden kann.

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24 Finanzverwaltung zur Neuregelung der Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften

Mit der Unternehmensteuerreform 2008 sind die Regelungen zum sog. Mantelkauf erheblich verschärft worden (vgl. hierzu GmbH-Beilage 4/2008 unter "Mantelkauf: Umfang und Zeitpunkt des Ausschlusses des Verlustabzugs bei schädlicher Anteilsübertragung"). Diese Regelungen sollen - verkürzt dargestellt - die steuerliche Nutzung solcher Verluste bzw. Verlustvorträge unterbinden, die bei Kapitalgesellschaften angefallen sind, deren Anteile nach der Verlusterzielung übertragen worden sind. Klassisches Beispiel einer solchen Verlustnutzung war bislang die Veräußerung der Anteile einer nicht mehr operativ tätigen GmbH (also eines GmbH-Mantels), bei der ein steuerlicher Verlustvortrag auf einen gewinnträchtigen Geschäftsbetrieb des Erwerbers übertragen wurde. Dies hatte zur Folge, dass auf Grund der Verlustvorträge die Gewinne des erwerbenden Geschäftsbetriebs im Ergebnis zunächst nicht der Besteuerung unterlagen.

Nach der seit dem 1.1.2008 geltenden Rechtslage liegt ein den Verlustvortrag einschränkender bzw. ausschließender sog. schädlicher Beteiligungserwerb vor, wenn

  • mehr als 25 % oder mehr als 50 % (mit unterschiedlichen Folgen) der Anteile
  • innerhalb von fünf Jahren
  • mittelbar oder unmittelbar
  • an einen Erwerber oder an diesem nahe stehende Personen oder an eine Erwerbergruppe mit gleich gerichteten Interessen

übertragen werden.

Um Ausweichgestaltungen zu unterbinden, greift die Vorschrift auch bei vergleichbaren Sachverhalten (z.B. Erwerb eigener Anteile, Kapitalherabsetzung, Abspaltung sowie im Fall des Stimmrechtsverzichts einzelner Gesellschafter).

Die Rechtsfolgen der Mantelkauf-Regelung stellen sich zweistufig dar:

  • Werden innerhalb der Fünfjahresfrist mehr als 25 %, aber nicht mehr als 50 % der Anteile übertragen, sind "nicht genutzte Verluste" anteilig nicht mehr abziehbar.
  • Werden innerhalb der Fünfjahresfrist mehr als 50 % der Anteile übertragen, sind die Verlustvorträge in vollem Umfang nicht mehr abziehbar (schon eine Übertragung von 50,1 % vernichtet also 100 % der Verlustvorträge).

Die Neuregelung hat eine Fülle von Detailproblemen aufgeworfen, die in der Praxis - und letztendlich wohl auch durch die Rechtsprechung - noch zu lösen sein werden. Aktuell hat die Finanzverwaltung nach langwieriger Vorarbeit in einem umfangreichen Schreiben vom 4.7.2008 (Aktenzeichen IV C 7 - S 2745 - a/08/10001, DStR 2008, 1436) ihre Auffassung zur Klärung offener Fragen dargestellt, die hier nur in Stichworten aufgeführt werden kann:

  • Der Verlustrücktrag soll nach Auffassung der Finanzverwaltung (auch wenn dies gesetzlich gar nicht angesprochen wird) eingeschränkt werden;
  • die vorweggenommene Erbfolge stellt, wenn sie unentgeltlich erfolgt, keinen schädlichen Erwerb dar; ebenso wenig die unentgeltliche Erbauseinandersetzung und der Erbfall;
  • ein Zwischenerwerb durch Emissionsbanken im Zuge eines Börsengangs wird nicht als (schädliche) Anteilsübertragung angesehen; Gleiches gilt für den Erwerb von Bezugsrechten;
  • die Quoten werden nicht addiert, wenn mehrere Merkmale der Vorschrift erfüllt sind, wenn also z.B. neben Kapitalanteilen auch Stimmrechte übertragen werden (z.B. Stammaktien und stimmrechtslose Vorzugsaktien);
  • abgestellt wird auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, nicht des juristischen Eigentums;
  • auch die bloße Verkürzung einer Beteiligungskette (z.B. in einem Konzern) wird als Anwendungsfall der Verlustabzugsbeschränkung gesehen; Beispiel einer schädlichen konzerninternen Umstrukturierung: Die T-GmbH ist Alleingesellschafterin der E-GmbH, diese ist ihrerseits Alleingesellschafterin der Verlust-GmbH; Konzernspitze ist die M-AG. Die E-GmbH wird auf die T-GmbH verschmolzen;
  • der Fünfjahreszeitraum beginnt mit dem Tag des ersten unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungserwerbs; für den Beginn der Frist muss im Übrigen noch kein Verlustvortrag gegeben sein;
  • Unternehmenssanierungen werden - im Vergleich zur bisherigen Rechtslage - nicht mehr begünstigt;
  • in zeitlicher Hinsicht werden erstmals Übertragungen nach dem 31.12.2007 erfasst. Eine rückblickende Betrachtung auf den Zeitraum vor dem 1.1.2008 findet dabei nicht statt, d.h. Beteiligungserwerbe vor diesem Zeitpunkt werden im Rahmen der Neuregelung nicht berücksichtigt.

Hinweis:

Auf Grund der einschneidenden Konsequenzen der Neuregelung sind bei Kapitalgesellschaften, die über Verlustvorträge verfügen, Übertragungen bzw. Erwerbe (wie auch Kapitalherabsetzungen etc.) ungeachtet ihres Anlasses mit höchster Sorgfalt zu planen und fachlich kompetent zu begleiten. Aus gestalterischer Sicht besonders interessant sind das Tatbestandselement "Anteilsübertragung" (da Bezugsrechte insoweit nicht erfasst sein sollen) sowie die zeitlichen Voraussetzungen der Fünfjahresfrist (hier könnten zeitlich gestreckte Erwerbe in mehreren Schritten steuerlich vorteilhaft sein).

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25 Kein Gestaltungsmissbrauch bei Veräußerung von GmbH-Anteilen an beteiligungsidentische GmbH

Die Veräußerung von GmbH-Anteilen an eine von den Gesellschaftern der GmbH neu gegründete, beteiligungsidentische GmbH ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil die Anteile zu einem Zeitpunkt veräußert wurden, als die Veräußerung noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlag. Auch die Tatsache, dass sich die Tätigkeit der neu gegründeten GmbH nur auf das Halten der veräußerten Anteile beschränkt, führt nicht zu einem Rechtsmissbrauch. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 29.5.2008 (Aktenzeichen IX R 77/06, DStR 2008, 1586) zu Gunsten der Steuerpflichtigen entschieden.

Im Streitfall waren in 2001 drei Gesellschafter zu 41 %, 35 % und 24 % an der X-GmbH beteiligt. Am 13.12.2001 errichteten sie eine beteiligungsidentische Y-GmbH; an diese veräußerten sie am 28.12.2001 die Anteile an der X-GmbH (aus steuerlicher Sicht gerade noch rechtzeitig vor der Geltung des Halbeinkünfteverfahrens) zu einem Kaufpreis von insgesamt 50 000 DM und machten dann in ihren Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2001 einen Veräußerungsverlust geltend - und zwar in voller Höhe, da das Halbeinkünfteverfahren erst ab 2002 zur Anwendung kam. Die Finanzverwaltung und das Finanzgericht Münster (Urteil vom 30.5.2006, Aktenzeichen 11 K 6601/02 E, EFG 2006, 1302) lehnten eine Berücksichtigung dieses Veräußerungsverlusts ab, da ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliege.

Der Bundesfinanzhof hingegeben sah in dem vorliegenden Sachverhalt weder einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten noch ein Scheingeschäft. In seiner Begründung betonte er,

  • dass es den Gesellschaftern grundsätzlich frei stehe, ob, wann und an wen sie ihre Anteile veräußern, und
  • dass die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts gesetzeskonform sei, da auch die Ausschöpfung von Verlusten dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit entspreche.

Hinsichtlich der erwerbenden GmbH stellte der Bundesfinanzhof schließlich fest, dass ein Gestaltungsmissbrauch regelmäßig nicht gegeben ist, "wenn ein Steuerpflichtiger - aus welchen Gründen auch immer - auf Dauer zwischen sich und eine Einkunftsquelle eine inländische Kapitalgesellschaft schaltet und alle sich daraus ergebenden Konsequenzen zieht". Dabei komme es auf den Umfang der unternehmerischen Aktivitäten der zwischengeschalteten GmbH nicht an, da dies allein in der Entscheidungsbefugnis der Gesellschafter liege. Es genüge vorliegend also, wenn die Y-GmbH nur die Anteile an der erworbenen GmbH halte, also mithin lediglich vermögensverwaltend tätig sei.

Hinweis:

Der Finanzverwaltung ist nach den klaren Vorgaben des Bundesfinanzhofs im vorliegenden Sachverhalt nur ein "Strohhalm" verblieben, nämlich die Überprüfung der Höhe des vereinbarten Kaufpreises. Sollte der vereinbarte Kaufpreis hinter dem Wert der Anteile zurückbleiben, läge eine gemischte verdeckte Einlage vor. Für die Frage der Besteuerung des Vorgangs träte bei verdeckten Einlagen der gemeine Wert der Anteile an die Stelle des Veräußerungspreises, so dass auf diesem Wege versucht werden könnte, den Veräußerungsverlust zu mindern.

Aus der Sicht der Berater und ihrer Mandanten sind die klaren Ausführungen des Bundesfinanzhofs jedenfalls zu begrüßen: Nicht jede Disposition eines Steuerpflichtigen, die steuerliche Nachteile vermeidet, kann demnach über das Argument "Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten" ausgehebelt werden. Dies gilt insbesondere für Gestaltungen über zwischengeschaltete Kapitalgesellschaften, deren Abschirmwirkung der Bundesfinanzhof herausstellt.

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26 Keine nachträglichen Anschaffungskosten bei Finanzierungsmaßnahmen eines Aktionärs (Bürgschaft/Darlehensverlust)

Bei Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die zum steuerlichen Privatvermögen zählen, ist in vielen Fällen dann die Höhe der Anschaffungskosten des Veräußerers umstritten, wenn dieser "seiner" Gesellschaft Vorteile wirtschaftlicher Art (nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung) zugewendet hat.

Zu dieser Problematik haben wir bereits in der Beilage zum Mandanten-Rundschreiben 5/2008 (zum Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4.3.2008, Aktenzeichen IX R 78/06, DB 2008, 1129 - "Bürgschaftsübernahme" vgl. unter der Überschrift "Keine nachträglichen Anschaffungskosten bei Bürgschaftsübernahme für mittelbare Beteiligung", und zum Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4.3.2008, Aktenzeichen IX R 80/06, DB 2008, 1127 - "Aufwendungsersatzanspruch" vgl. unter der Überschrift "Nichtgeltendmachung eines Aufwendungsersatznspruchs in der Krise als nachträgliche Anschaffungskosten (darlehensähnliche Kreditierung") berichtet. Über einen ähnlichen Fall hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 2.4.2008 (Aktenzeichen IX R 76/06, DB 2008, 1604) entschieden.

Im Streitfall war der Steuerpflichtige als Gesellschafter an einer AG zunächst unmittelbar mit 15 %, später mit 13,51 % beteiligt. Für diese AG übernahm der Gesellschafter eine Höchstbetragsbürgschaft in Höhe von 400 000 DM und gewährte ihr seinen Anteil am Jahresüberschuss 1998 und am Gewinnvortrag als verzinsliches Darlehen. Im Jahr 2001 wurde über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet und der Gesellschafter Anfang des Jahres 2002 aus der Höchstbetragsbürgschaft in Anspruch genommen. In der Steuerklärung für das Streitjahr machte der Gesellschafter u.a. den Verlust des Darlehens und die Aufwendungen für seine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft als Auflösungsverlust geltend.

Der Bundesfinanzhof hat die Frage, ob die Aufwendungen aus dem Verlust des Darlehens und für die Bürgschaftsinanspruchnahme als nachträgliche Anschaffungskosten einzustufen sind, gegen die Auffassung des Fachschrifttums mit der Begründung verneint, dass der Aktionär an der Gesellschaft im Streitfall nicht unternehmerisch beteiligt war. Hierbei stellte der Bundesfinanzhof auf zivilrechtliche Überlegungen ab. Danach setzt die Anwendung der Grundsätze über die Behandlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen oder ihnen gleichstehender Finanzierungshilfen auf eine AG voraus, dass der Darlehensgeber an dieser unternehmerisch beteiligt ist. Dies setzt in der Regel einen Aktienbesitz von mehr als 25 % voraus (Sperrminoritätsgrenze).

Hinweis:

Die Entscheidung verdeutlicht wieder einmal, dass Bürgschaftsübernahmen und Darlehenshingaben gegenüber der "eigenen" Gesellschaft/GmbH in der Praxis sorgfältig zu überprüfen sind. In Fällen wie dem vorliegenden wären andere Maßnahmen zur Stärkung der Finanzkraft der AG insgesamt sicherlich vorzugswürdig gewesen. Bei Beteiligungen zu höchstens 25 % an einer AG wird künftig zu prüfen (und zu dokumentieren) sein, dass dem bürgenden Gesellschafter ein hinreichender Einfluss auf die Unternehmensleitung eingeräumt wird. Fehlt es daran, steht der Bürge/Darlehensgeber im Insolvenzfall auch aus steuerlicher Sicht "mit leeren Händen" da.

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27 Berücksichtigung von Verlusten aus einer ausländischen Betriebsstätte

Deutsche Unternehmen sind zunehmend auch im (europäischen) Ausland tätig. Aus steuerlicher Sicht interessant ist dabei insbesondere die Frage, ob Verluste aus den Auslandsaktivitäten genutzt werden können, um die inländische Steuerbelastung zu mindern.

Zu dieser sehr komplexen Problematik hat jüngst der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 15.5.2008 (Aktenzeichen C-414/06 - Lidl Belgium GmbH & Co. KG, GmbHR 2008, 709) Stellung genommen; diese Entscheidung sei hier nur kurz wie folgt skizziert:

Im Streitfall hatte die "Lidl Belgium KG", die ihren Sitz in Deutschland hat, im Steuerjahr 1999 mit ihrer Betriebsstätte in Luxemburg einen Verlust erwirtschaftet, den sie auch im Inland steuerlich geltend machen wollte.

Nunmehr stellte der Europäische Gerichtshof hierzu fest, dass ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit auch dann nicht vorliegt, wenn zwar inländische Betriebsstättenverluste mit Stammhausgewinnen ohne Einschränkung verrechenbar sind, ausländische Betriebsstättenverluste dagegen nicht. Verluste einer ausländischen Betriebsstätte können also im Inland unter Umständen nicht geltend gemacht werden. Entscheidend ist nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs, dass eine Symmetrie hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Gewinnen und Verlusten gelten muss: Sind ausländische Betriebsstättengewinne nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen im Betriebsstättenstaat (Ausland) zu versteuern, so kann der Stammhausstaat die Geltendmachung ausländischer Verluste versagen.

Hinweis:

Ob diese Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs Bestand haben werden, ist angesichts aktuell anhängiger weiterer Verfahren offen. Jedenfalls wird im Fachschrifttum deutliche Kritik an diesem Urteil geübt. Positiv hervorzuheben ist allerdings, dass nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs die Berücksichtigung endgültig erlittener Auslandsverluste im Inland dann zu erfolgen hat, wenn sich diese Verluste auch im Betriebsstättenstaat nicht auswirken können und somit definitiv wären.

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 eine generelle Neuordnung der Berücksichtigung von Auslandsverlusten erfolgen soll.

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28 Billigkeitsregelung für die Auszahlung von Kleinbeträgen beim Körperschaftsteuerguthaben

Aus der Umstellung des Körperschaftsteuersystems vom sog. Anrechnungsverfahren auf das sog. Halbeinkünfteverfahren resultieren noch umfangreiche Erstattungsansprüche der Körperschaften gegenüber dem Fiskus. Nach diversen Gesetzesänderungen in diesem Bereich steht nach aktueller Rechtslage den Körperschaften eine Auszahlung der Körperschaftsteuerguthaben von 2008 bis 2017 in zehn gleichen Jahresbeträgen zu.

Zu dieser ratierlichen Auszahlung von Körperschaftsteuerguthaben gilt eine Vereinfachungsregelung, zu der sich jüngst die Finanzverwaltung wie folgt geäußert hat (Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 21.7.2008, Aktenzeichen IV C 7 - S 2861/07/10001): Beträgt der festgesetzte Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nicht mehr als 1 000 €, ist er aus Billigkeitsgründen in einer Summe auszuzahlen.

Erhöht sich der Anspruch in derartigen Fällen später durch eine geänderte Festsetzung auf einen Betrag von mehr als 1 000 €, ist der ausgezahlte Betrag nicht zurückzufordern, um den Vereinfachungseffekt nicht zu beeinträchtigen. Ergibt sich aus der geänderten Festsetzung ein Auszahlungsanspruch, der den bisher ausgezahlten Einmalbetrag um nicht mehr als 1 000 € übersteigt, ist der übersteigende Betrag ebenfalls in einer Summe auszuzahlen. Ein höherer übersteigender Betrag ist allerdings auf die verbleibenden Fälligkeitstermine des Auszahlungszeitraums zu verteilen.

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29 Aktuelle Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung

a) Umsatztantiemen stellen regelmäßig verdeckte Gewinnausschüttungen dar, ebenso Pensionszusagen, die nach deren Höhe bemessen werden

Die möglichen Höchstgrenzen der finanziellen Ausstattung der Geschäftsführer und deren Zusammensetzung (Fix-Gehalt, Tantiemen, Pensionszusagen) stehen insbesondere bei Betriebsprüfungen oftmals im Zentrum der Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung; dies gilt auch für die Frage der Umsatztantiemen.

Zu diesem Problemkreis hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 4.3.2008 (Aktenzeichen 6 K 5337/05 K, G, F, EFG 2008, 1227) entschieden, dass eine einem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagte Pension insoweit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt, wie sie nach der Höhe der diesem gezahlten Umsatztantiemen bemessen wird, soweit diese Umsatztantiemen ihrerseits als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen sind.

Ausgangspunkt dieses Urteils ist die entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der Umsatztantiemen (im Gegensatz zu den "üblichen" Gehaltsbezügen) dem eigenen Gewinnstreben einer Kapitalgesellschaft entgegenstehen und mit dem Risiko einer Gewinnabsaugung verbunden sind. Daher ist die an einen Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Umsatztantieme im Regelfall als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen. Ausnahmen gelten nur in der Aufbauphase oder in einer Übergangsphase des Unternehmens; in diesen Fällen muss allerdings zur Anerkennung einer Umsatztantieme sichergestellt sein, dass deren Zahlung auf die Dauer dieser Phase beschränkt bleibt und die Höhe einem Fremdvergleich standhält. Im Rahmen des anzustellenden Fremdvergleichs wird stets auf das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters abgestellt und überprüft, ob die vertraglichen Vereinbarungen dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten üblich ist.

Hinweis:

Da das Verfahren nunmehr beim Bundesfinanzhof anhängig ist (Aktenzeichen: I R 45/08), wird die weitere Rechtsentwicklung zu beobachten sein. Nach den vorgenannten Überlegungen als kritisch einzustufende Pensionszusagen sollten jedenfalls zwischenzeitlich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

b) Verdeckte Gewinnausschüttungen auch bei irrtümlicher Annahme einer vertraglichen Leistungspflicht und Zahlung an ehemaligen Gesellschafter

Die Frage, ob auch solche Zahlungen zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen, die in der irrtümlichen Annahme einer vertraglichen Leistungspflicht an ehemalige Gesellschafter geleistet werden, hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 29.4.2008 (Aktenzeichen I R 67/06, DStR 2008, 1530) bejaht. Dies gelte zumindest für die Fälle, in denen die Begründung der (vermeintlichen) Leistungspflicht als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen wäre.

Im Streitfall hatte ein Geschäftsführer rund 2,9 Mio. DM irrtümlich an die ehemalige Allein-Gesellschafterin überwiesen und diesen Betrag dann - nach Erkennen des Irrtums - zurückgefordert.

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs soll der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung auch nicht entgegenstehen, dass durch die Zahlung ein entsprechender Erstattungsanspruch (auf Grund ungerechtfertigter Bereicherung) entstanden ist. Ein solcher Anspruch ist nach Auffassung des Gerichts nicht geeignet, die Vermögensminderung durch die verdeckte Gewinnausschüttung auszugleichen. Ebenso wenig setze eine verdeckte Gewinnausschüttung weder eine bestimmte Ausschüttungsabsicht noch eine Einigung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft über die "verdeckte" Zuwendung voraus. Auch die Kenntnis der Anteilseigner von der Auszahlung (oder gar das Einverständnis mit dieser) sei nicht erforderlich. Vielmehr solle für die Zurechnung der Auszahlung allein die Organstellung des Geschäftsführers ausreichend sein.

Hinweis:

Das Urteil verdeutlicht, dass in der Praxis jegliche Zahlung auch an ehemalige Gesellschafter kritisch zu prüfen ist. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs komme es weder auf eine bestimmte Ausschüttungsabsicht noch auf eine Einigung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter über die "verdeckte" Zuwendung und noch nicht einmal auf eine endgültige Vermögensminderung bei der leistenden GmbH an. Denn entsprechend der Rechtsprechung zur (Wieder-)Einlage erhaltener verdeckter Gewinnausschüttungen durch die begünstigten Gesellschafter, die nicht zu einer Rückgängigmachung der verdeckten Gewinnausschüttung führen kann, verneint der Bundesfinanzhof hier den Ausgleich der Vermögensminderung durch die Entstehung eines zivilrechtlichen Erstattungsanspruchs.

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30 Neues Besteuerungssystem für Kapitaleinkünfte

a) Überblick

Die einzelnen Arten von Kapitalanlagen werden derzeit steuerlich sehr unterschiedlich behandelt. Ab 2009 erfolgt mit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich eine steuerliche Gleichbehandlung der verschiedenen Kapitaleinkünfte. Die steuerliche Belastung beträgt künftig unabhängig von dem individuellen Einkommensteuersatz pauschal 25 %. Bei niedrigerem individuellen Steuersatz besteht allerdings für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, diesen anzuwenden (sog. "Günstigerprüfung").

Der 25 %-ige Steuereinbehalt hat grundsätzlich abgeltende Wirkung, d.h. die Kapitaleinkünfte werden nicht mehr in die Steuerveranlagung einbezogen.

Diese Sonderstellung der Kapitaleinkünfte erschöpft sich nicht allein in dem besonderen Steuersatz von 25 %, sondern bedingt auch eine Fülle weiterer Änderungen im Hinblick auf die Einkünfteermittlung, die Verlustberücksichtigung und die Steuerveranlagung. Die Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 bedarf daher der Vorbereitung und bietet Gestaltungsmöglichkeiten.

b) Bisherige Regelung

aa) Laufende Einkünfte

Nach bisher geltendem Recht ist die Besteuerung der Kapitaleinkünfte - vereinfacht dargestellt - wie folgt geregelt:

  • Laufende Zinseinkünfte sind vollumfänglich bei der Besteuerung zu erfassen; dabei ist in den meisten Fällen auch Kapitalertragsteuer einzubehalten (30 %, sog. Zinsabschlagsteuer). Diese gilt als Vorauszahlung auf die Einkommensteuer und wird im Rahmen der individuellen Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt. Entsprechendes gilt für Erträge aus sog. Finanzinnovationen (z.B. Zerobonds, Gleitzinsanleihen, inflationsindexierte Anleihen, Garantiezertifikate).
  • Laufende Einnahmen aus Wandelanleihen, anleiheähnlichen Genussrechten, Beteiligungen als typisch stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen sind ebenfalls vollumfänglich bei der Besteuerung zu erfassen. Die vom Schuldner der Erträge einzubehaltende Kapitalertragsteuer beträgt in diesen Fällen 25 % und wirkt ebenfalls als Vorauszahlung.
  • Auch Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen bei der Besteuerung zu erfassen. Sie sind aber für Privatanleger und betriebliche Anleger nur hälftig steuerpflichtig (sog. Halbeinkünfteverfahren). Im Gegenzug können die mit diesen Einkünften zusammenhängenden Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben auch nur hälftig abgezogen werden. Die vom Schuldner der Gewinnanteile einzubehaltende Kapitalertragsteuer beträgt 20 % und wirkt ebenfalls als Vorauszahlung.

bb) Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften

Für Privatanleger galt bislang der Grundsatz, dass Erträge aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerlich nicht erfasst werden; dies galt auch für Kapitalvermögen. Von diesem Grundsatz gibt es zwei wichtige Ausnahmen:

  • Gewinne/Verluste aus sog. Spekulationsgeschäften, bei denen An- und Verkauf, z.B. von Aktien, innerhalb von zwölf Monaten stattfinden; wie bei den laufenden Einkünften gilt auch hier das Halbeinkünfteverfahren mit seiner hälftigen Steuerbefreiung.
  • Gewinne/Verluste aus Veräußerungen bei sog. "wesentlichen Beteiligungen", d.h. von Anteilen an Kapitalgesellschaften, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu irgendeinem Zeitpunkt mit mindestens 1 % am Kapital beteiligt war - und zwar unabhängig von einer Haltefrist; auch hier gilt das Halbeinkünfteverfahren.

c) Eckpunkte der Neuregelung

Die Neuregelung der Abgeltungsteuer führt bei Privatanlegern zu einer umfassenden Änderung

  • des Umfangs der steuerpflichtigen Erträge,
  • des Steuersatzes und
  • der Durchführung der Besteuerung.

Als Eckpunkte der Neuregelung sind hervorzuheben:

  • Steuerpflicht aller Gewinne aus Wertpapierveräußerungsgeschäften (Wegfall der zwölfmonatigen Spekulationsfrist), d.h. Einführung einer umfassenden Veräußerungsgewinnbesteuerung unabhängig von der Haltedauer.
  • Abschaffung des sog. Halbeinkünfteverfahrens, d.h. Dividenden und Gewinnausschüttungen von einer GmbH werden beim Privatanleger künftig zu 100 % steuerpflichtig. Gleiches gilt für Veräußerungsgewinne (Aktienverkäufe), wenn die zu Grunde liegenden Aktien nach dem 31.12.2008 erworben wurden. Ansonsten gilt weiterhin die derzeitige "Spekulationsbesteuerung" in Verbindung mit dem Halbeinkünfteverfahren bei Veräußerungen innerhalb der Spekulationsfrist.
  • Einführung eines sog. Teileinkünfteverfahrens für die betrieblichen Anleger und für die Veräußerung von GmbH- und AG-Anteilen bei einer Beteiligungsquote von mehr als 1 %. Die Steuerbefreiung wird allerdings auf 40 % abgesenkt (daher "Teileinkünfte").
  • Einschränkung der Verlustverrechnung: Ein Verlustausgleich wird künftig nur noch innerhalb der Einkunftsart möglich sein, d.h. Veräußerungsverluste werden nicht mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten verrechenbar sein (z.B. mit gewerblichen Gewinnen, siehe dazu ausführlicher unten "Besonderheiten des Verlustausgleichs").
  • Einführung eines pauschalen Steuersatzes von 25 %, der unabhängig von dem individuellen Steuersatz ist. Die entsprechenden Einkünfte aus Kapitalvermögen gehen nicht in die Progression beim Steuerpflichtigen mit ein.
  • Da eine Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen künftig möglichst anonym erfolgen soll, ist im Grundsatz vorgesehen, dass diese Einkünfte im Rahmen der Steuerveranlagung überhaupt nicht mehr anzugeben sind. Viele, aber nicht alle Privatanleger werden von der bisher sehr komplizierten Steuererklärung der Kapitalerträge entlastet. Zu diesem Grundsatz existieren allerdings vielfältige Ausnahmen; so werden z.B. Geringverdiener entweder höher belastet oder müssen wie bisher ihre umfassende Steuerdeklaration vornehmen (im Rahmen der sog. "Günstigerprüfung"), um von ihrem unter 25 % liegenden Grenzsteuersatz zu profitieren.

Hinweis:

Als besonders bedeutsam sei hier nochmals hervorgehoben, dass künftig alle Wertzuwächse und Wertverluste ohne Beachtung einer Halte- bzw. Spekulationsfrist steuerlich relevant sein werden, so dass sich in Bezug auf die verschiedenen Anlageformen erhebliche Verschiebungen bei der Vorteilhaftigkeit und somit klare Gewinner und Verlierer ergeben (siehe dazu unten "Sachliche Steuerpflicht - die einzelnen Anlageformen" unter "Gewinner und Verlierer im Überblick").

d) Auswirkung auf die anderen Einkünfte

Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterlegen haben, werden für Zwecke der Einkommensteuer bei der Ermittlung der Einkünfte nicht berücksichtigt. Das steuerliche Einkommen ist allerdings Grundlage für eine Reihe von steuerlichen Vergünstigungen und außersteuerlichen Leistungen. Daher kann es insbesondere in folgenden Fällen erforderlich sein, das Einkommen unter Einbeziehung der Kapitaleinkünfte genau zu berechnen, so dass der Vereinfachungseffekt der Abgeltungsteuer insoweit nicht zum Tragen kommt:

  • Spendenabzug als Sonderausgaben, soweit dies vom Steuerpflichtigen beantragt wird (Erklärung der Kapitaleinkünfte kann vorteilhaft sein, da Spenden nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz des Einkommens abgezogen werden können);
  • Beantragung von Kindergeld/Kinderfreibetrag bzw. eines Ausbildungsfreibetrags;
  • Ermittlung des zumutbaren Eigenanteils bei außergewöhnlichen Belastungen;
  • Ermittlung des abzugsfähigen Unterhalts bei außergewöhnlichen Belastungen.

Hinweis:

Der Bitte des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren, auf diese Ausnahmen zu verzichten, ist nicht gefolgt worden. Daher wird es zu dem bemerkenswerten Ergebnis kommen, dass trotz der grundsätzlich abgeltenden Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen die betroffenen Steuerpflichtigen, die die vorgenannten steuerlichen Vorteile geltend machen wollen, diese Einkünfte dennoch dem Finanzamt erklären und offenlegen müssen. In diesem Fall muss der Anleger insbesondere entsprechende Informationen über die steuerlich anzusetzenden Werte bei den einzelnen Kapitalanlagen zusammentragen, was im Zweifel erfordert, dass bei den Kreditinstituten Steuerbescheinigungen angefordert werden. Dies widerspricht massiv der vom Gesetzgeber gewollten Vereinfachung der Besteuerung im Wege der Besteuerung an der Quelle in Form eines anonymisierten Abzugsverfahrens.

e) Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer

Auf die Abgeltungsteuer mit 25 %, die künftig die gesamte Einkommensteuer auf Einkünfte aus Kapitalvermögen abgilt, entfällt zusätzlich noch der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % sowie ggf. noch die Kirchensteuer mit 8 % oder 9 %, wenn der Steuerpflichtige Kirchenmitglied ist. Da die Kirchensteuer im Rahmen der Einkommensbesteuerung als Sonderausgabe abzugsfähig ist, erfolgt in diesen Fällen ein besonderer Berechnungsschritt, mit dem die Abgeltungsteuer um 25 % der Kirchensteuer ermäßigt wird.

Beispiel:

Sachverhalt: Der kirchensteuerpflichtige Kapitalanleger erhält eine Dividende in Höhe von 100 000 €. Der Kirchensteuersatz beträgt 9 %.

Lösung: (alle Angaben in €)

Dividende

100 000

Kapitalertragsteuer (100 000 / (4 + 0,09))

24 449

Solidaritätszuschlag (5,5 % von 24 449)

1 344

Kirchensteuer (9 % von 24 449)

2 200

vom auszahlenden Kreditinstitut
abzuführende Steuer gesamt

27 993

auszuzahlende Dividende

72 007

Hinweis:

Hinsichtlich der Abführung der Kirchensteuer bestehen zwei Alternativen:

1. Auf Antrag des Steuerpflichtigen (hier: an das Kreditinstitut) wird die Kirchensteuer bereits von der die Dividende auszahlenden Bank zusammen mit der Kapitalertragsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.

2. Wird dieser Antrag nicht gestellt, ist die Kirchensteuer erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung auf Basis der einbehaltenen Kapitalertragsteuer zu berechnen und abzuführen. Erforderlich ist in diesem Fall, dass der Steuerpflichtige eine Bescheinigung über die einbehaltene Kapitalertragsteuer vorlegt.

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31 Persönliche Steuerpflicht

a) Privatanleger

Die Abgeltungsteuer erfasst die natürlichen Personen, die entsprechende Finanzanlagen im Privatvermögen halten (sog. "Privatanleger"). Sie ist nicht anwendbar auf Finanzprodukte, die in einem Einzelunternehmen oder über eine gewerbliche Personengesellschaft gehalten werden (sog. "betriebliche Anleger"). Ebenfalls nicht von der Abgeltungsteuer erfasst werden Körperschaften als Anleger (sog. "institutionelle Anleger"). Bei betrieblichen und institutionellen Anlegern stellt die Kapitalertragsteuer weiterhin nur eine "Vorauszahlung" auf die tatsächlich festzusetzende Steuer dar. Demgegenüber führt die Kapitalertragsteuer für Privatanleger grundsätzlich zu einer Abgeltung der Einkommensteuer ohne Veranlagung ("Abgeltung an der Quelle"). In nachfolgend erläuterten Fällen findet die Abgeltungsteuer hingegen keine Anwendung:

b) Ausnahme: Veräußerung von qualifizierten Beteiligungen von mindestens 1 %

Bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit einer Beteiligungsquote von mindestens 1 % (zu einem Zeitpunkt innerhalb der vergangenen fünf Jahre) gilt der Gesellschafter nicht als Privatanleger, sondern als betrieblicher Anleger. Insoweit wird zukünftig der Veräußerungsgewinn in Höhe von 60 % bei der Einkommensteuerveranlagung angesetzt (Teileinkünfteverfahren).

c) Ausnahme: Darlehensgeber und Darlehensnehmer sind nahe stehende Personen

Mit dem Ziel, missbräuchliche Gestaltungen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber bezüglich der Erträge aus stillen Gesellschaften, aus partiarischen Darlehen und aus zinstragenden Forderungen geregelt, dass die Abgeltungsteuer nicht greift, wenn Darlehensgeber und Darlehensnehmer als nahe stehende Personen anzusehen sind.

Beispiel:

Arzt A muss eine neue Praxiseinrichtung für 100 000 € finanzieren. Die Finanzierung erfolgt durch ein Darlehen eines Kindes des Arztes. Nach dem normalen System würden die Zinsaufwendungen beim Arzt die Einkünfte zum normalen Steuertarif (maximal 45 %) mindern, die Zinserträge beim Kind dagegen nur der Abgeltungsteuer von 25 % unterliegen. Da in diesem Fall Darlehensnehmer und Darlehensgeber aber nahe stehende Personen sind, unterliegen die Zinseinnahmen beim Kind der normalen Besteuerung.

d) Ausnahme: Darlehen eines Gesellschafters

Erträge aus stillen Gesellschaften, aus partiarischen Darlehen und aus zinstragenden Forderungen unterliegen ebenfalls nicht der Abgeltungsteuer, wenn Gesellschafterdarlehen vorliegen, bei denen der Darlehensgeber zu mindestens 10 % an der darlehensnehmenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

Hinweis:

Die entsprechenden Kapitalerträge unterliegen nicht der Abgeltungsteuer, sondern werden dem individuellen Steuersatz des Gesellschafters unterworfen.

e) Ausnahme: sog. "Back-to-Back"-Finanzierungen

Bei sog. "Back-to-Back"-Finanzierungen greift die Abgeltungsteuer für Erträge aus stillen Gesellschaften, aus partiarischen Darlehen und aus zinstragenden Forderungen nicht. Derartige Sachverhalte sind dadurch gekennzeichnet, dass bei einem Steuerpflichtigen und z.B. einer Bank Kapitalanlage und Kapitalüberlassung (für betriebliche Zwecke) in einem Zusammenhang stehen. Ein solcher Fall liegt vor, wenn Aufnahme und Anlage auf einem einheitlichen Plan beruhen (z.B. die "private" Anlage Bedingung ist für die Darlehensgewährung). Zu dieser Ausnahme kommt es nicht, wenn die Zinsvereinbarungen marktüblich sind oder die Abgeltungsteuer beim Steuerpflichtigen zu keinem Belastungsvorteil führt.

Hinweis:

Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass durch den Steuerpflichtigen eigentlich progressiv zu versteuernde Einkünfte in solche Einkünfte umqualifiziert werden, die der Abgeltungsteuer unterliegen.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige nimmt ein betriebliches Darlehen bei seiner Bank auf, dessen Zinsen das steuerpflichtige Einkommen mit maximal 45 % entlasten. Gleichzeitig unterhält er ein privates Einlagekonto, dessen Zinsen nur mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 % besteuert werden.

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32 Sachliche Steuerpflicht - die einzelnen Anlageformen

a) Gewinner und Verlierer im Überblick

Die grundlegende Umwälzung und Vereinheitlichung der Besteuerung der privaten Kapitaleinkünfte bringt für die von der Abgeltungsteuer erfassten Anlageformen offenkundig Gewinner und Verlierer mit sich.

Verlierer sind die Anlageformen, deren Erträge bislang außerhalb der Spekulationsfrist steuerlich nicht erfasst wurden, z.B. die Zertifikate (Index-, Bonus-, Discountzertifikate).

Für Zinsen, Dividenden und Kursgewinne lassen sich einfache Steuerbelastungsziffern ermitteln und für die Rechtslage 2008 und 2009 vergleichend gegenüberstellen (siehe nachfolgende Tabelle). Dabei wird alternativ ein Einkommensteuersatz von 45 % (Spitzensteuersatz) und von 30 % unterstellt. In die Berechnung werden lediglich die Einkommensteuer und der Solidaritätszuschlag einbezogen.

Steuersatz

45 %

2008

45 %

ab 2009

Veränderung der Steuerbelastung

Dividenden

23,74 %

26,38 %

+  2,64 %

Zinsen

47,48 %

26,38 %

- 21,10 %

Kursgewinne aus Aktienverkäufen:

 

 

 

Haltedauer bis 1 Jahr

23,74 %

26,38 %

+  2,64 %

Haltedauer >> 1 Jahr

0,00 %

26,38 %

+ 26,38 %

Steuersatz

30 %

2008

30 %

ab 2009

Veränderung der Steuerbelastung

Dividenden

15,83 %

26,38 %

+ 10,55 %

Zinsen

31,65 %

26,38 %

-  5,27 %

Kursgewinne aus Aktienverkäufen:

 

 

 

Haltedauer bis 1 Jahr

15,83 %

26,38 %

+ 10,55 %

Haltedauer >> 1 Jahr

0,00 %

26,38 %

+ 26,38 %

Deutlich wird, dass Dividenden mit dem Ersatz des Halbeinkünfteverfahrens durch die Abgeltungsteuer (deutlich) höher belastet werden; Aktien und Aktienfonds zählen also zu den Verlierern. Dagegen werden Zinsen, z.B. aus Anleihen, Fest- und Termingeldanlagen, zukünftig deutlich geringer belastet. Daneben ergeben sich deutliche Nachteile für realisierte Kursgewinne bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr, welche bislang steuerlich gar nicht erfasst wurden, zukünftig aber wie andere Kapitaleinkünfte auch der Abgeltungsteuer unterliegen werden. Diese Änderungen bei der steuerlichen Belastung haben unmittelbare Auswirkungen auf die Rendite einer Kapitalanlage nach Steuern und damit auf die konkreten Anlageentscheidungen.

Die vorstehende Tabelle kann natürlich nur einen ersten Überblick über die Grundanlageformen geben. Im Detail ergeben sich bei den vielfältigen Anlageangeboten sehr unterschiedliche steuerliche Auswirkungen durch den Systemwechsel (z.B. erhebliche zukünftige Belastungen bei Finanzinnovationen und Zertifikaten).

b) ABC der von der Abgeltungsteuer erfassten Anlageformen

Aktien zählen zu den Verlierern, da das Halbeinkünfteverfahren wegfällt und die Belastung mit der Abgeltungsteuer höher ausfällt.

Aktienähnliche Genussrechte zählen ebenfalls zu den Verlierern, da das Halbeinkünfteverfahren wegfällt.

Aktienanleihen zählen wegen der hohen Verzinsung i.d.R. (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %) zu den Gewinnern.

Dachfonds: Bei einer Dachfondskonstruktion hält ein Investmentvermögen Anteile an einem oder mehreren anderen Fonds (Zielfonds). Vorteil gegenüber der Direktanlage: Die Veräußerung eines Zielfonds ist bei Direktanlage unmittelbar steuerpflichtig, bei zwischengeschaltetem Dachfonds erst bei Ausschüttung der Gewinne an den Anleger.

Fest- und niederverzinsliche Wertpapiere sind differenziert zu sehen: günstiger bei den laufenden Erträgen (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %), ungünstiger durch künftige von der Haltefrist unabhängige Veräußerungsgewinnbesteuerung.

Festzinsanleihen zählen (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %) zu den Gewinnern.

Garantiezertifikate zählen i.d.R. (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %) zu den Gewinnern, da die Erträge bislang in voller Höhe (maximal 45 %) der Besteuerung unterliegen.

GmbH-Beteiligungen zählen insoweit zu den Verlierern, als das Halbeinkünfteverfahren wegfällt und die Belastung der Ausschüttungen daher steigt. Die Veräußerung qualifizierter Beteiligungen (mindestens 1 %) ist von der Abgeltungsteuer nicht betroffen; in diesen Fällen gilt zukünftig das Teileinkünfteverfahren mit einer 40 %-igen Steuerfreistellung.

Investmentfonds zählen zu den Gewinnern, denn wenn in Fondsvermögen Veräußerungsgewinne durch Umschichten von Anlagen realisiert werden, werden diese beim Anleger steuerlich nur erfasst, wenn sie auch ausgeschüttet werden. Bei thesaurierenden Investmentfonds erfolgt eine steuerliche Erfassung erst dann, wenn die Investmentfondsanteile selbst veräußert werden, insoweit besteht weiterhin ein Vorteil gegenüber der Direktanlage durch die aufgeschobene Besteuerung. Im Übrigen sind Investmentanteile differenziert zu sehen:

  • Laufende Erträge: Bislang erfolgte eine Besteuerung der ausgeschütteten und thesaurierten laufenden Erträge zum persönlichen Steuersatz, für den Dividendenanteil mit Halbeinkünfteverfahren. Vom Investmentvermögen erzielte Veräußerungsgewinne sind bislang regelmäßig nicht steuerpflichtig. Künftig unterliegen die ausgeschütteten und die thesaurierten laufenden Erträge der Abgeltungsteuer ohne Teileinkünfteverfahren; Veräußerungsgewinne aus nach dem 31.12.2008 vom Investmentvermögen angeschafften Wertpapieren werden künftig erfasst. Die Steuerbefreiung thesaurierter Veräußerungsgewinne bleibt allerdings unangetastet.
  • Veräußerungsergebnisse: Bei Anteilsveräußerung bislang nur Besteuerung vor Ablauf der Jahresfrist, sonst steuerfrei; künftig Veräußerungsgewinnbesteuerung unabhängig von der Haltedauer mit 25 % Abgeltungsteuer.

Lebensversicherungen, nicht begünstigte: Unterliegen der Abgeltungsteuer und zählen (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %) zu den Gewinnern, da die vollumfänglich steuerpflichtigen Veräußerungserlöse nur noch mit 25 % belastet werden.

Lebensversicherungsverträge, Veräußerung: Künftig gehören auch derartige Gewinne zu den Einkünften aus Kapitalvermögen; dies gilt erstmals für die Veräußerung von Ansprüchen nach dem 31.12.2008, bei denen der Versicherungsvertrag nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurde.

Obligationsähnliche Genussrechte sind differenziert zu sehen: günstiger bei den laufenden Erträgen (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %), ungünstiger durch künftige Veräußerungsgewinnbesteuerung.

Partiarische Darlehen sind differenziert zu sehen: günstiger bei den laufenden Erträgen (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %), ungünstiger durch künftige Veräußerungsgewinnbesteuerung.

REIT-Anteile zählen i.d.R. (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %) zu den Gewinnern, da für diese bislang das Halbeinkünfteverfahren nicht galt.

Spareinlagen zählen i.d.R. (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %) zu den Gewinnern.

Termingeldeinlagen: siehe Spareinlagen.

Termingeschäfte zählen zu den Verlierern, da künftig eine deutliche Ausweitung der Steuerpflicht durch Wegfall der Jahresfrist erfolgt.

Typisch stille Gesellschaften sind differenziert zu sehen: günstiger bei den laufenden Erträgen (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %), ungünstiger durch künftige Veräußerungsgewinnbesteuerung.

Wandelanleihen sind differenziert zu sehen: günstiger bei den laufenden Erträgen (bei einem persönlichen Grenzsteuersatz von über 25 %), ungünstiger durch künftige Veräußerungsgewinnbesteuerung.

Zertifikate (ohne Garantiezertifikate, also z.B. Index-, Bonus-, Discountzertifikate) zählen zu den Verlierern, da künftig die Kursgewinne erfasst werden; zudem künftig keine Unterscheidung mehr zwischen Finanzinnovationen und diesen Zertifikaten.

c) ABC der Ausnahmen von der Abgeltungsteuer

Altersvorsorgeprodukte werden in der Regel nicht erfasst, siehe Rentenversicherungen.

Atypisch stille Gesellschaften sind von der Abgeltungsteuer nicht betroffen.

Immobilien: Hervorzuheben ist, dass Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien auch zukünftig nicht zu den Kapitaleinkünften zählen und damit auch nicht der Abgeltungsteuer unterliegen. Insoweit gilt weiterhin die zehnjährige "Spekulationsfrist". Dies bedeutet, dass Immobilienveräußerungsgewinne nur dann der Besteuerung unterliegen, wenn die Haltedauer zehn Jahre nicht überschreitet. Auch werden nach wie vor selbst genutzte Immobilien unter bestimmten Bedingungen von der Besteuerung generell ausgenommen.

Immobilienfonds sind von der Abgeltungsteuer grundsätzlich nicht betroffen.

Lebensversicherungen, begünstigte: Nicht der Abgeltungsteuer unterliegen Leistungen aus begünstigten Lebensversicherungen. Voraussetzung ist, dass die Versicherungsleistung nach Vollendung des 60. Lebensjahres und nach Ablauf von zwölf Jahren nach Vertragsabschluss ausgezahlt wird. In diesen Fällen wird die Hälfte des Unterschiedsbetrags zwischen der Versicherungsleistung und den geleisteten Beiträgen steuerpflichtig und unterliegt dem individuellen Einkommensteuertarif.

Rentenversicherungen sind ebenso wenig von der Abgeltungsteuer betroffen wie Rentenzahlungen aus Riester- oder Rürup-Verträgen; in Abgrenzung zu Sparplänen muss die Sicherstellung der Einnahmen für das Alter produktimmanent sein.

Riester-Verträge sind von der Abgeltungsteuer nicht betroffen.

Rürup-Verträge (sog. Basisversorgung) sind von der Abgeltungsteuer nicht betroffen.

Schiffsfonds sind von der Abgeltungsteuer grundsätzlich nicht betroffen.

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33 Zeitliche Anwendungsfragen

a) Erstmalige Anwendung

Im Grundsatz treten die Neuregelungen zum 1.1.2009 in Kraft; insoweit bleibt aktuell bei vorhandenem Kapitalvermögen die Möglichkeit, Gestaltungen vorzunehmen, um der Abgeltungsteuer zu entgehen, ihre Folgen zu mindern oder aber diese mit dem Ziel der Steuerminderung zu nutzen.

Die Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen bei einer Haltedauer von über einem Jahr gilt generell nur für Wertpapiere, die nach dem 31.12.2008 erworben werden. Für vor diesem Datum erworbene Wertpapiere gilt ein Bestandsschutz. Diese können nach einer Haltedauer von einem Jahr steuerfrei veräußert werden; diese Vertrauensschutzregelung gilt zeitlich unbefristet. Lediglich für Zertifikate gelten besondere Übergangsregelungen; hier kann der Bestandsschutz im Einzelfall nach dem 30.6.2009 enden.

Hinweis:

Die nahe liegende Gestaltungsempfehlung ist daher bei entsprechend hohem Grenzsteuersatz, Zinszahlungen gezielt in das kommende Jahr 2009 zu verlagern und die Steuerbelastung so auf 25 % abzusenken.

b) Wichtige Termine

aa) 15.3.2007

Zertifikate, die vor diesem Zeitpunkt erworben wurden, können nach einer einjährigen Haltedauer steuerfrei veräußert werden.

bb) 9.11.2007

Spezialfonds, die nach diesem Zeitpunkt erworben wurden, werden bereits von der Abgeltungsteuer erfasst. Eine steuerfreie Veräußerung nach Ablauf der zwölfmonatigen Spekulationsfrist ist insoweit nicht (mehr) möglich.

cc) 30.6.2008

Der 30.6.2008 war der letzte Anschaffungszeitpunkt für Zertifikate, die noch bis zum Ende der Übergangsfrist (die bis zum 30.6.2009 läuft) nach mindestens einjähriger Haltedauer steuerfrei veräußert werden können.

dd) 31.12.2008

Dies ist der letzte Anschaffungstermin für Anlagen (mit Ausnahme von Zertifikaten), um Bestandsschutz vor der Abgeltungsteuer zu erlangen. Werden z.B. Aktien oder Fonds vor diesem Zeitpunkt erworben, sind die Gewinne (aber auch etwaige Verluste) aus der Veräußerung nicht von der Abgeltungsteuer erfasst, wenn die einjährige Haltefrist (Spekulationsfrist) verstrichen ist. Laufende Ausschüttungen aus diesen Beteiligungen unterliegen nach dem 31.12.2008 allerdings der 25 %-igen Abgeltungsteuer.

ee) 30.6.2009

Der 30.6.2009 ist der letzte Termin für eine steuerfreie Veräußerung von Zertifikaten, die nach dem 14.3.2007, aber vor dem 30.6.2008 erworben und länger als zwölf Monate gehalten wurden.

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34 Besonderheiten des Verlustausgleichs

Bei der Verrechnung von erlittenen Verlusten aus Kapitalvermögen wird künftig zwischen Altverlusten, die vor 2009 entstanden sind, und Neuverlusten (die nach 2008 entstanden sind) unterschieden werden müssen. Die Altverluste dürfen noch bis 2013 mit Veräußerungsgewinnen aller Art verrechnet werden, danach ist es nur noch möglich, die Altverluste mit Veräußerungsgewinnen aus privaten Immobiliengeschäften zu verrechnen.

Für Neuverluste wird die Verrechnung ganz erheblich eingeschränkt - und zwar nach den folgenden beiden Grundregeln:

  • Eine Verlustverrechnung kann grundsätzlich nur noch mit Einkünften aus Kapitalvermögen, also innerhalb der Einkunftsart, erfolgen.
  • Innerhalb dieser Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen Verluste aus der Veräußerung von Aktien einer weiteren Beschränkung: Derartige Aktienverluste können nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien ausgeglichen werden.

Verluste, die danach nicht ausgeglichen bzw. verrechnet werden können, werden in künftige Veranlagungszeiträume vorgetragen; ein Verlustrücktrag ist nicht vorgesehen. Insoweit muss die Depotbank für jeden Steuerpflichtigen ggf. zwei sog. Verlustverrechnungstöpfe führen, wobei jede Depotbank zunächst isoliert eine Verlustverrechnung durchführt. Hat der Steuerpflichtige bei einer Bank Gewinne und bei einer anderen Bank Verluste, kann er zur Veranlagung optieren und im Rahmen der Veranlagung dann Gewinne und Verluste des Veranlagungszeitraums verrechnen.

Hinweis:

Auf Grund der Fristsetzung bis 2013 erscheint es ratsam, bestehende Altverluste möglichst bald steuerlich zu nutzen.

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35 Sparerpauschbetrag statt Werbungskostenabzug

Der bisherige Werbungskostenpauschbetrag von 51 € geht zusammen mit dem bisherigen Sparerfreibetrag von 750 € in einem einheitlichen Sparerpauschbetrag in Höhe von zusammen unverändert 801 € pro Person auf.

Damit verbunden ist allerdings der im Einzelfall schwerwiegende Nachteil, dass der Ansatz der tatsächlichen Werbungskosten ausgeschlossen ist. Dies gilt sowohl für das Abgeltungsverfahren als auch für die - nachfolgend dargestellte - Antragsveranlagung mit dem individuellen Steuersatz.

Der Werbungskostenabzug bleibt lediglich erhalten, wenn für Kapitalerträge in Ausnahmefällen kein abgeltender Steuersatz von 25 % gilt. Diese Kapitalerträge werden, nach Abzug der tatsächlichen Werbungskosten, gemeinsam mit anderen Einkünften dem individuellen Einkommensteuertarif unterworfen. Das betrifft unter weiteren Voraussetzungen Einkünfte im Zusammenhang mit Darlehensvereinbarungen an die eigene GmbH sowie mit einer Beteiligung als stiller Gesellschafter.

Hinweis:

Mit diesen Einschränkungen werden sämtliche Kapitalanlagen, mit denen höhere Werbungskosten und insbesondere Refinanzierungsaufwendungen verbunden sind, erheblich benachteiligt. Es ist fraglich, ob insoweit nicht ein Verstoß gegen das sog. objektive Nettoprinzip als eines der tragenden Besteuerungsprinzipien vorliegt. Daher ist davon auszugehen, dass diese Benachteiligung gerichtlich (Finanzgerichte, Bundesfinanzhof, ggf. Bundesverfassungsgericht) überprüft werden wird. In einschlägigen Fällen sollten also die Steuerveranlagungen für das Jahr 2009 durch Rechtsmittel offen gehalten werden.

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36 Veranlagung und Verfahrensfragen

Das Konzept der Abgeltungsteuer sieht im Idealfall vor, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen überhaupt nicht mehr im Rahmen der Veranlagung erfasst werden, sondern vielmehr anonym der Besteuerung unterliegen. Die Umsetzung dieses Konzeptes sieht aber einige Fälle vor, in denen es zu einer Veranlagung kommt bzw. kommen kann (Wahlrecht):

  • Verpflichtendes Veranlagungsverfahren zum individuellen Steuersatz: für die nicht dem Abgeltungsteuersatz unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen (z.B. Gesellschafterdarlehen).
  • Verpflichtendes Veranlagungsverfahren zum Abgeltungsteuersatz: für die nicht dem Kapitalertragsteuerabzug, aber dem Abgeltungsteuersatz unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen (z.B. bei Finanzanlagen in ausländischen Depots).
  • Besondere Veranlagungsoption zum Abgeltungsteuersatz (z.B. bei noch nicht berücksichtigten Verlusten oder Verlustvorträgen).
  • Allgemeine Veranlagungsoption zum individuellen Steuersatz (sog. "Günstigerprüfung").

Hinweis:

Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass ausländische Quellensteuern (z.B. erhoben auf ausländische Aktien) auch künftig zu berücksichtigen sind, entweder im Rahmen der Veranlagung oder aber sogar schon auf der Ebene der inländischen Depotbank (bereits bei Abzug der Kapitalertragsteuer), so dass ein Veranlagungsverfahren vermieden werden kann.

Herauszustellen ist auch, dass künftig die Möglichkeiten des sog. Kontenabrufs durch die Finanzverwaltung deutlich eingeschränkt werden; zudem soll der Steuerpflichtige über den Abruf unterrichtet werden.

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37 Pflichten der Kreditinstitute im Überblick

Auf die Kreditinstitute kommt eine Fülle neuer Aufgaben und Verpflichtungen zu, die an dieser Stelle nicht vertieft werden sollen. Für den einzelnen Steuerpflichtigen besonders relevant ist die Tatsache, dass die sog. Jahresbescheinigung zukünftig nicht mehr erstellt werden wird (letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2008).

Demgegenüber wird die Steuerbescheinigung ihre Gestalt verändern und die besonderen, für die Erfassung von Kapitalerträgen in der Einkommensteuerveranlagung erforderlichen Angaben nach amtlich vorgeschriebenem Muster enthalten.

Hinweis:

Da der Gesetzgeber grundsätzlich von der abgeltenden Wirkung der Abgeltungsteuer ausgeht, werden Steuerbescheinigungen zukünftig von den Banken oder anderen die Kapitalerträge auszahlenden Stellen nur noch auf Antrag des Steuerpflichtigen ausgestellt. Da oftmals zunächst noch nicht absehbar ist, ob die Kapitalerträge nicht doch in die Einkommensteuerveranlagung einbezogen werden und Informationen über die Kapitalerträge nur noch in den Steuerbescheinigungen gegeben werden, ist es regelmäßig sinnvoll, die Ausstellung von Steuerbescheinigungen bei der Bank zu beantragen.

Bei Depotübertragungen wird für Zwecke der Differenzierung in Alt- und Neufälle darauf zu achten sein, dass die abgebende Depotbank der aufnehmenden Depotbank auch die Anschaffungsdaten übermittelt.

Für Verlustfälle wird zudem zu beachten sein, dass die Banken in der Lage sein müssen, auf Antrag ihren Kunden Bescheinigungen über nicht ausgeglichene Verluste auszustellen (und gleichzeitig diesen Verlustverrechnungstopf auf Null zu stellen). Diesen Bescheinigungen kommt insbesondere eine entscheidende Bedeutung für die Verlustverrechnung von bei verschiedenen Depotbanken erzielten Gewinnen und Verlusten zu; die Bescheinigung ist unabdingbare Voraussetzung für die Verlustverrechnung.

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38 Fazit: Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen

a) Nutzung der Übergangsregelungen

Die Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr gilt - wie bereits erläutert - generell nur für die Wertpapiere, die nach dem 31.12.2008 erworben werden. Umgekehrt gilt für bis zum 31.12.2008 erworbene Wertpapiere ein Bestandsschutz, d.h. diese Wertpapiere können nach einer Haltedauer von einem Jahr steuerfrei verkauft werden - diese Vertrauensschutzregelung gilt zeitlich unbefristet. Vor diesem Hintergrund sollten langfristig angelegte Engagements, die künftig der Abgeltungsteuer unterliegen würden, noch bis zum Jahresende vorgenommen werden.

Hinweis:

Hinsichtlich der Nutzung der Übergangsregelung ist von besonderer Bedeutung, dass die bis zum 31.12.2008 erworbenen Wirtschaftsgüter separat aufbewahrt werden, um bei einer späteren Veräußerung genau identifizieren zu können, ob Wirtschaftsgüter veräußert werden, die unter die Vertrauensschutzregelung fallen oder eben nicht; ggf. sollte eine Trennung in separate Depots erfolgen.

Zu beachten ist allerdings, dass bei Zertifikatenbesondere Übergangsregelungen greifen (siehe oben "Zeitliche Anwendungsfragen" unter "Wichtige Termine - 15.3.2007").

Eine besondere Bedeutung erlangt die Übergangsregelung bei Investmentfonds. Werden in dem Fondsvermögen Veräußerungsgewinne durch Umschichtung von Anlagen realisiert, werden diese beim Anleger steuerlich nur dann erfasst, wenn diese ausgeschüttet werden. Bei thesaurierenden Investmentfonds erfolgt eine steuerliche Erfassung erst dann, wenn die Investmentfondsanteile selbst veräußert werden. Investmentfonds können also ein Instrument sein, um die Übergangsregelung langfristig zu nutzen, ohne auf Umschichtungen im Wertpapierportfolio selbst verzichten zu müssen.

b) Langfristige Gestaltungen

Langfristige Gestaltungen sollten unter zwei Aspekten angegangen werden:

  • Steht fest, dass ein Engagement in einer bestimmten Anlageform erfolgen soll, sollte geprüft werden, ob sich die Bestandsschutzregelungen durch ein Tätigwerden noch in 2008 nutzen lassen.
  • Steht die Anlageform nicht fest, lohnt ggf. auch eine Betrachtung der Anlagen, die gerade nicht der Abgeltungsteuer unterliegen. Auch hier wird letztlich - bei vergleichbarem Risikoprofil - die Nachsteuerrendite ein maßgebliches Entscheidungskriterium sein.

Dringender Handlungsbedarf wird auf Grund der Bestandsschutzregelungen jedenfalls nur in Ausnahmefällen gegeben sein, insbesondere dann, wenn z.B. langfristige Aktienneuanlagen beabsichtigt sind.

Dringender Handlungsbedarf besteht allerdings bei fremdfinanzierten Kapitalanlagen; hier sollten Kredite getilgt oder - soweit möglich - diese Anlagen samt Krediten in ein Betriebsvermögen überführt werden, da die Kreditzinsen im Privatvermögen nicht mehr als Werbungskosten geltend gemacht werden können.

Das aktuell empfohlene Engagement in Fonds bietet in der Tat die Möglichkeit, die Vorteile der bisherigen Besteuerung zu konservieren (Nicht-Besteuerung der Spekulationsgewinne, steuerfreie Umschichtung im Fonds), wenn der Erwerb noch vor dem 31.12.2008 erfolgt. Allerdings gilt die Konservierung des Steuervorteils natürlich nur solange, wie der Fonds gehalten wird; insoweit werden häufig auch sog. Dachfonds empfohlen. Der Steuervorteil wird also im Grundsatz mit einer langfristigen Vermögensbindung erkauft.

Als weiteres Problem dieser Empfehlung kann sich die Auswahl des "richtigen" Fonds herausstellen; angesichts der Langfristigkeit der Anlage sollte der Fonds dem eigenen Anlageinteresse entsprechen und das Management des Fonds sehr gut sein.

Hinweis:

Die Einführung der Abgeltungsteuer (sowie möglicherweise auch eine flankierende bankseitige Beratung) sollte in keinem Fall dazu verleiten, Engagements einzugehen, die sich auch nach Steuern nicht rechnen oder gar insgesamt nicht tragfähig sind. Stattdessen sollte auch weiterhin jedes Engagement sorgfältig hinsichtlich seines Chancen-Risiko-Potenzials und unter Berücksichtigung der eigenen Risikoneigung geprüft werden.

c) Kurzfristige Gestaltungen

Kurzfristig bieten sich gerade bei Zinsanlagen steuersparende Anlagestrategien an:

  • Bei Zinsanlagen kann eine Steueroptimierung dadurch erfolgen, dass Zinserträge in das Jahr 2009 verlagert werden und dann nur noch der regelmäßig günstigeren Abgeltungsteuer unterliegen. Als Instrument können Anlagen mit entsprechender Laufzeit, wie überlange Termingelder oder auch Zerobonds oder sonstige auf- bzw. abgezinste festverzinsliche Wertpapiere gewählt werden.
  • Daneben können Stückzinsen als Gestaltungsinstrument eingesetzt werden. In diesem Fall erwirbt ein Anleger in 2008 festverzinsliche Wertpapiere unter Ausweis von Stückzinsen und mit einem Zinskupon nach dem 1.1.2009. Dies hat zur Folge, dass die in 2008 gezahlten Stückzinsen als negative Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen die Steuerlast in Höhe des individuellen Steuersatzes mindern, die vereinnahmten Zinsen in 2009 dagegen nur der regelmäßig günstigeren Abgeltungsteuer unterliegen. Ähnliche Effekte können bei dem Erwerb von Investmentfondsanteilen unter Zahlung von Zwischengewinnen erzielt werden.

Hinweis:

Diese kurzfristigen Strategien zeigen allerdings nur bei einem vergleichsweise hohen Anlagevolumen eine merkliche Steuerwirkung.

d) Nutzung und Steuerung von Verlusten

Treten Verluste auf, ist zu beachten, dass nach den neuen Regelungen zwischen Altverlusten, die vor 2009 entstanden sind, und Neuverlusten (nach 2008 entstanden) unterschieden werden muss. Erstere dürfen nur noch bis 2013 mit Veräußerungsgewinnen aller Art verrechnet werden. Nach 2013 ist es nur noch möglich, die Verluste mit Veräußerungsgewinnen aus zumeist Immobiliengeschäften zu verrechnen, da private Veräußerungen von Wertpapieren ab 2009 als Einkünfte aus Kapitalvermögen geführt werden. Die Spekulationsverluste, die nach 2009 entstehen, können dagegen mit Gewinnen aus Dividenden, Zinsen und auch anderen privaten Veräußerungsgewinnen verrechnet werden. Eine Verrechnung mit anderen Einkünften ist allerdings nicht möglich. Ratsam ist es daher, bestehende Altverluste möglichst bald steuerlich zu nutzen.

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