Mandantenrundschreiben 04/2009
Für alle Steuerpflichtigen
1 Wahlrecht zwischen altem und neuem Erbschaftsteuerrecht
2 Elterngeld und Progressionsvorbehalt
3 Kein steuerlicher Abzug von Steuernachzahlungszinsen
4 Kein Vorsteuerabzug bei Bau eines gemischt genutzten Gebäudes
5 Kindergeldgewährung bei Grenzgängern
6 Aktuelle Urteile zum gewerblichen Grundstückshandel
7 Auszahlung des Kindergeldes bei behinderten Kindern an den Sozialhilfeträger?
8 Ausbildungsfreibetrag auch für hochbegabtes Kind erst bei Volljährigkeit
Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
9 Geänderter Krankenversicherungssatz ab 1.7.2009
10 Aktuelles zum häuslichen Arbeitszimmer
11 Kein Rechtsmissbrauch bei Gestaltung des Zuflusses einer Abfindung
12 (Bar-)Geldgutschein ist Barlohn und kein begünstigter Sachbezug
13 Ausweitung der Anwendungsfälle zum beruflich begründeten doppelten Haushalt
15 Übernahme von Geldbußen, Geldstrafen o.Ä. durch den Arbeitgeber
Für Unternehmer und Freiberufler
16 Elektronische Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen
17 Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen
18 Zulässigkeit der Bildung einer Gewerbesteuer-Rückstellung in der Steuerbilanz
19 Grenzen der Hinzuschätzung wegen behaupteter nicht ordnungsgemäßer Buchführung
20 Zum Nachweis dauernder Berufsunfähigkeit bei Betriebsveräußerung
22 Nachholverbot bei Pensionsrückstellungen auch bei Berechnungsfehlern
23 Angabe der handelsüblichen Bezeichnung in einer umsatzsteuerlichen Rechnung
24 Ansparabschreibung bei Freiberuflern ab 2007 nur noch für "kleine und mittlere” Betriebe
25 Steuerbelastung durch Geschäftsänderung
Für Personengesellschaften
26 Pensionszusagen an tätige Mitunternehmer
27 Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Für Bezieher von Kapitaleinkünften
28 Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer eines Kapitalanlegers sind nicht abzugsfähig
29 Frist bei der Veräußerung von Zertifikaten beachten
30 In 2009 gezahlte Depot-Kontoführungsgebühren u.U. noch für 2008 steuerwirksam
Für Hauseigentümer
31 Einbau einer hochwertigen, individuell geplanten Küche als Anschaffungsaufwand
Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer
35 Bis 2007: Kein Abzugsverbot für Teilwertabschreibungen auf eigenkapitalersetzende Darlehen
36 Abzugsfähiger Beteiligungsaufwand bei grenzüberschreitendem Dividendenbezug
37 Aktuelle Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung
38 Eigenkapitalersatzrecht für Altfälle vor Geltung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts
39 Außerordentliche Kündigung und Abberufung eines Geschäftsführers (unheilbares Zerwürfnis)
Beilage „Neue Regelungen für die Handelsbilanz - Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz“
40 Überblick und Handlungsbedarf
42 Aktivierung selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
43 Bewertung von Pensionsrückstellungen
45 Neuregelung der latenten Steuern
46 Ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital
47 Erweiterung der Anhangsberichterstattung
1 Wahlrecht zwischen altem und neuem Erbschaftsteuerrecht
Für Erbfälle der Jahre 2007 und 2008 besteht das gesetzliche Wahlrecht, entweder das bisherige oder aber das ab dem 1.1.2009 gültige Erbschaftsteuerrecht anzuwenden. Dieses Wahlrecht muss nach derzeitigem Stand mittels Antrag an die Finanzverwaltung spätestens bis zum 30.6.2009 ausgeübt werden. Das Wahlrecht kann von jedem Erben getrennt von den anderen ausgeübt werden.
Insoweit muss im konkreten Fall geprüft werden, welches Recht günstiger ist. So kann z. B. die umfangreiche Verschonung für Betriebsvermögen auch bereits für diese Erbfälle genutzt werden. Soweit das neue Recht auf Antrag zur Anwendung kommt, gilt dies allerdings nicht für die angehobenen Freibeträge. Im Einzelnen können folgende Punkte für die Anwendung des neuen Rechts sprechen:
- Anhebung der Tarifstufen des Steuertarifs, was bei gleicher Bewertung - so z. B. bei der Übertragung von Kapitalvermögen - zu einer geringeren Steuerbelastung führen kann;
- Ausweitung bestimmter Steuerbefreiungen, wie z. B. für Pflegeleistungen;
- Neuregelung der Verschonung für Betriebsvermögen, was im Einzelfall günstiger sein kann;
- sachliche Steuerbefreiung für die Übertragung einer selbst genutzten Immobilie bei anschließender Eigennutzung.
Hinweis:
Wie angesprochen, kann die Günstigerprüfung nur durch eine Vergleichsrechnung für den konkreten Fall erfolgen. Der Bundesrat regt eine Verlängerung dieser Frist bis zum 31.12.2009 an. Insoweit steht eine Entscheidung allerdings noch aus.
2 Elterngeld und Progressionsvorbehalt
Elterngeld nach dem Bundeselterngeldgesetz ist bei der Einkommensteuer steuerfrei. Allerdings unterliegt das Elterngeld dem Progressionsvorbehalt, was bedeutet, dass dieses bei der Ermittlung des auf die steuerpflichtigen Einkünfte anzuwendenden Steuersatzes einzubeziehen ist. Nach Ansicht der Finanzverwaltung unterliegt das Elterngeld in voller Höhe dem Progressionsvorbehalt. Dies wurde von dem Finanzgericht Nürnberg mit Urteil vom 19.2.2009 (Aktenzeichen 6 K 1859/2008) bestätigt. In diesem Verfahren versuchten die Eltern lediglich den den Mindestbetrag von 300 € übersteigenden Betrag des Elterngeldes in die Berechnung des Steuersatzes einzubeziehen. Der Mindestbetrag wird unabhängig davon gezahlt, ob vorher Einkünfte erzielt wurden.
Allerdings ist gegen dieses Urteil beim Bundesfinanzhof eine Nichtzulassungsbeschwerde anhängig. Zu prüfen ist, ob gegen einschlägige Steuerbescheide Einspruch eingelegt werden soll. Mit dem Hinweis auf das anhängige Verfahren kann gleichzeitig ein Ruhen des Einspruchsverfahrens beantragt werden.
Hinweis:
Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist das Elterngeld grundsätzlich als Bezug des Kindes anzusetzen, da es in der Regel Lohnersatz darstellt. Dies ist von Bedeutung, wenn die Eltern des Kindes für dieses noch Kindergeld erhalten, da das Kindergeld für ein volljähriges Kind nur dann gewährt wird, wenn es selbst Bezüge von nicht mehr als 7 680 € im Jahr hat. Nicht einzubeziehen ist allerdings der Mindestbetrag in Höhe von 300 € bzw. 150 € monatlich (bei Mehrlingsgeburten entsprechend vervielfacht), da dieser auch gezahlt wird, wenn vorher keine Einkünfte erzielt wurden.
3 Kein steuerlicher Abzug von Steuernachzahlungszinsen
Steuernachzahlungen und Steuererstattungen werden nach Verstreichen einer Karenzzeit von 15 Monaten verzinst. Wird bspw. die Einkommensteuererklärung für 2007 erst Ende 2008 abgegeben und erfolgt dann eine Veranlagung erst im Mai 2009 mit Festsetzung einer Steuerabschlusszahlung zum 15.6.2009, so ist die Steuernachzahlung für den Zeitraum vom 1.4.2009 bis zum 15.6.2009 mit 6 % p.a. zu Lasten des Steuerpflichtigen zu verzinsen. Steuerlich gilt nun die Besonderheit, dass Steuererstattungszinsen (also zu Gunsten des Steuerpflichtigen) als Zinseinkünfte der Einkommensteuer unterliegen, wohingegen Steuernachzahlungszinsen bei der Einkommensteuer nicht mindernd geltend gemacht werden können.
Ein Steuerpflichtiger hatte einen hohen Veräußerungsgewinn erzielt und den Erlös dann als Festgeld angelegt. Die erzielten Zinseinnahmen aus den Festgeldanlagen führten zu Steuernachzahlungen und auch zu Steuernachzahlungszinsen. Der Steuerpflichtige begehrte nun den Abzug der Steuernachzahlungszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies lehnte der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 22.9.2008 (Aktenzeichen VIII R 2/07) ab. Herausgestellt wurde auch, dass gegen das steuerliche Verbot des Abzugs von Steuernachzahlungszinsen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden.
Hinweis:
Steuererstattungszinsen können wegen des vergleichsweise hohen Zinssatzes von 6 % durchaus attraktiv sein. Steuernachzahlungszinsen sollten dagegen durch Anpassung der Vorauszahlungen oder frühzeitige Abgabe der Steuererklärung nach Möglichkeit vermieden werden.
4 Kein Vorsteuerabzug bei Bau eines gemischt genutzten Gebäudes
Der Europäische Gerichtshof hatte in dem viel beachten Urteil vom 8.5.2003 in der Rechtssache "Seeling" entschieden, dass die beim Erwerb gemischt unternehmerisch und nichtunternehmerisch genutzter Gegenstände geschuldete Umsatzsteuer grundsätzlich vollständig und sofort als Vorsteuer vom Finanzamt zu erstatten ist, wenn sich der Unternehmer dafür entscheidet, diese Gegenstände seinem Unternehmen zuzuordnen. Dies führte zu Steuersparmodellen insbesondere bei gemischt genutzten Gebäuden: Der Unternehmer kann die gesamten Vorsteuern aus den Baukosten sofort vom Finanzamt erstattet bekommen und muss dann lediglich in den Folgejahren die auf den nichtunternehmerisch genutzten Teil des Hauses entfallenden Vorsteuern ratierlich an das Finanzamt wieder zurückzahlen. Insgesamt ergibt sich ein erheblicher Liquiditätsvorteil.
Im Fall "Seeling" wurde der unternehmerisch genutzte Gebäudeteil zur Erzielung von der Umsatzsteuer unterliegenden Umsätzen genutzt. Fraglich blieb, wie zu verfahren ist, wenn der unternehmerisch genutzte Teil zur Erzielung von steuerfreien Umsätzen genutzt wird. Über einen solchen Fall hatte der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 8.10.2008 (Aktenzeichen XI R 58/07) für Zeiträume bis zum 1.4.1999 entschieden und keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten des Gebäudes eingeräumt, soweit nur umsatzsteuerfreie Umsätze zu erwarten seien. Diese Rechtsprechung ist nun für Zeiträume ab dem 1.4.1999 bestätigt worden. Im Urteilsfall wurde ein Teil des Gebäudes steuerfrei an eine Arztpraxis vermietet und im Übrigen zu privaten Wohnzwecken genutzt. Mit Urteil vom 11.3.2009 (Aktenzeichen XI R 69/07) hat der Bundesfinanzhof in diesem Fall den Vorsteuerabzug abgelehnt.
Hinweis:
Steuergestaltungsmodelle in Anlehnung an den Fall "Seeling" werden häufig empfohlen. Im Einzelfall kann dies auch durchaus berechtigt sein. Allerdings muss verdeutlicht werden, dass die Anwendbarkeit und die Vorteilhaftigkeit solcher Modelle für jeden Einzelfall sehr sorgfältig und unter Hinzuziehung steuerlichen Rats geprüft werden muss.
5 Kindergeldgewährung bei Grenzgängern
Bei Arbeitnehmern, die in Deutschland wohnen, aber in einem anderen EU-Staat arbeiten, ist zu prüfen, in welchem Staat Kindergeld zu gewähren ist. Der Europäische Gerichtshof hatte jedenfalls mit Urteil vom 20.5.2008 (Aktenzeichen C-352/06, Bosmann) entschieden, dass dann, wenn der Arbeitnehmer im Beschäftigungsmitgliedstaat dem System der sozialen Sicherung unterliegt, dies nicht dem Bezug von Familienleistungen, wie z. B. Kindergeld, im Wohnmitgliedstaat entgegensteht.
Hieraus folgt, dass ein Anspruch auf Festsetzung und Zahlung von deutschem Kindergeld in grenzüberschreitenden Fällen besteht, wenn das Recht des Beschäftigungsstaates weder Kindergeld noch eine vergleichbare Leistung vorsieht, z. B. weil dort eine Alters- oder Einkommensgrenze überschritten wird. Diese Sichtweise ist für die Eltern also günstig. Im Einzelfall muss dann geprüft werden, ob die Kindergeldvoraussetzungen im Wohnsitzstaat erfüllt sind.
Die Finanzverwaltung (Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern vom 6.5.2009, Aktenzeichen St II 2 - FG 2020 - 13/08) weist insoweit allerdings darauf hin, dass in Deutschland auf Grund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in folgenden Fällen kein Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes bzw. der Differenz zwischen dem ausländischen und dem höheren deutschen Kindergeld besteht:
- Ein Alleinerziehender bzw. eine Alleinerziehende wohnt in Deutschland und ist in einem anderen EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat bzw. in der Schweiz beschäftigt und im Beschäftigungsstaat ist eine dem Kindergeld vergleichbare Leistung zu zahlen oder wäre bei entsprechender Antragstellung zu zahlen.
- Beide Elternteile sind ausschließlich in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat bzw. in der Schweiz beschäftigt, Wohnsitz der Familie ist in Deutschland und im Beschäftigungsstaat ist eine dem Kindergeld vergleichbare Leistung zu zahlen oder wäre bei entsprechender Antragstellung zu zahlen.
6 Aktuelle Urteile zum gewerblichen Grundstückshandel
Werden von Privatpersonen Grundstücke veräußert, so ist ein sich dabei ergebender Gewinn (oder ggf. auch Verlust) steuerlich im Grundsatz unbeachtlich. Hiervon gibt es allerdings zwei wichtige Ausnahmen, nämlich zum einen unterliegt der Gewinn dann der Besteuerung, wenn zwischen Kauf und Verkauf ein Zeitraum von weniger als zehn Jahren liegt (Ausnahmen bestehen bei einer Selbstnutzung) und zum anderen unterliegt der Gewinn dann der Besteuerung, wenn ein sog. gewerblicher Grundstückshandel vorliegt. Als Indiz für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels gilt die Überschreitung der "Drei-Objekt-Grenze". Danach ist die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines Fünfjahreszeitraums grundsätzlich gewerblich und damit steuerlich relevant.
Hinweis:
Der gewerbliche Grundstückshandel ist gesetzlich nicht definiert, sondern nur als Abgrenzung zwischen der steuerlich unbeachtlichen Vermögensverwaltung und der steuerlich beachtlichen gewerblichen Tätigkeit durch die Rechtsprechung festgelegt. Insoweit haben sich bestimmte Leitlinien durch eine langjährige Rechtsprechung erst herausgebildet, wobei eine Vielzahl an Urteilen aber immer wieder zu neuen Abgrenzungen führt. Eine Abgrenzung ist deshalb nur im Einzelfall möglich und dann auch nur unter vielen Unwägbarkeiten. Nicht zuletzt die Vielzahl an Rechtsprechung zu dieser Thematik zeigt, wie streitanfällig die Abgrenzung ist. Von daher sollte in diesen Fällen dringend steuerlicher Rat eingeholt werden.
a) Gewerblicher Grundstückshandel auch bei Überschreiten des Fünfjahreszeitraums auf Grund besonderer Umstände
Die von der Rechtsprechung aufgestellte Drei-Objekt-Grenze gilt innerhalb eines Fünfjahreszeitraums hinsichtlich der Abgrenzung zwischen der steuerlich nicht relevanten privaten Vermögensverwaltung und einem steuerlich relevanten gewerblichen Grundstückshandel nur als Indiz. Insoweit kann auch bei Überschreiten dieses Zeitraums ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen. Das Finanzgericht Bremen betont in der Entscheidung vom 3.7.2008 (Aktenzeichen 1 K 50/07) allerdings, dass bei einem Zeitraum von mehr als fünf Jahren zwischen Erwerb und Veräußerung des Objekts nur dann von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen ist, wenn besondere Umstände vorliegen, die auf einen einheitlichen gewerblichen Betätigungswillen schließen lassen.
Im Streitfall erkannte das Gericht diese besonderen Umstände nicht. Ein Arzt veräußerte zwischen 1986 und 1991 27 Objekte, die er im Zeitraum von 1976 bis 1986 erworben hatte. Davon hatte der Kläger 1981 ein aus 21 Eigentumswohnungen bestehendes Objekt erworben und 1991 veräußert.
Im Urteilsfall lag die Interessenlage umgekehrt als sonst. Die Tätigkeit des Klägers war verlustreich und deshalb begehrte er eine Feststellung von Verlusten aus Gewerbebetrieb. Mangels Branchennähe und sonstiger Anhaltspunkte für eine frühere Veräußerungsabsicht oder händlertypischen Verhaltens verneinte das Finanzgericht aber das Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit und erkannte den steuerlichen Abzug der Verluste nicht an.
Hinweis:
Bei sich abzeichnenden Verlusten sollte frühzeitig überlegt werden, wie der Schritt in die Gewerblichkeit getan werden kann, um die Verluste steuerlich geltend machen zu können.
b) Erstmalige Bilanzaufstellung bei nicht erkanntem gewerblichen Grundstückshandel
Ein gewerblicher Grundstückshandel wird vielfach zunächst nicht erkannt. Dies ist für den Steuerpflichtigen vielfach positiv. Fallen allerdings Verluste an, so kann sich dies auch deutlich negativ auswirken. So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 26.11.2008 (Aktenzeichen X R 23/05) festgestellt, dass in diesem Fall bei der erstmaligen Aufstellung der Bilanz für den gewerblichen Grundstückshandel der Bilanzansatz der Immobilien sich nach dem Wert bemesse, zu dem er bei richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Die Einbuchung der Immobilien erfolgt somit gewinnneutral und frühere Wertminderungen können nicht berücksichtigt werden.
Hinweis:
Die Entscheidung zeigt, dass es in der Praxis sinnvoll ist, die Gewerblichkeit möglicherweise früher bewusst herbeizuführen, wenn Verluste absehbar sind. Die Anmeldung eines Gewerbes kann als Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit schon ausreichen. Auch insoweit ist also eine frühzeitige umfassende Beratung angezeigt.
c) Grundsätzlich keine Zusammenrechnung der von Schwesterpersonengesellschaften verkauften Grundstücke
Höchstrichterlich ist entschieden, dass Grundstücksveräußerungen einer Personengesellschaft bei der Frage, ob einer ihrer Gesellschafter die Drei-Objekt-Grenze überschritten hat, mitzuzählen sind. Danach wird bei dem Gesellschafter ein gewerblicher Grundstückshandel angenommen, wenn bspw. die Gesellschaft selbst zwei entsprechende Objekte veräußert hat und darüber hinaus der Gesellschafter ebenfalls zwei relevante Objekte veräußert.
Nun hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 17.12.2008 (Aktenzeichen IV R 72/07) für den umgekehrten Fall entschieden, dass bei der Beantwortung der Frage, ob eine Personengesellschaft wegen Überschreitung der sog. Drei-Objekt-Grenze den Bereich der privaten Vermögensverwaltung verlassen habe, solche Grundstücksaktivitäten nicht mitzuzählen seien, die die Gesellschafter allein oder im Rahmen einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft (Schwesterpersonengesellschaft) entwickelt haben. Auch die beruflichen Qualitäten der Gesellschafter, also ob sich diese bspw. professionell im Grundstücksgeschäft bewegen, sind insoweit irrelevant.
Auch hat der Bundesfinanzhof in diesem Urteil entschieden, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Grundstückserwerb und Grundstücksveräußerung für sich allein noch nicht ausreicht, um eine von Anfang an bestehende unbedingte Veräußerungsabsicht anzunehmen. Dies ist von Bedeutung, da dann unabhängig von der Drei-Objekt-Grenze ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt.
Hinweis:
Dies zeigt, dass die Beurteilung, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, nicht nur äußerst komplex ist, sondern auch gewisse Gestaltungsspielräume bietet, die allerdings nur bei sorgfältiger Beratung genutzt werden sollten.
7 Auszahlung des Kindergeldes bei behinderten Kindern an den Sozialhilfeträger?
Bei einem behinderten volljährigen Kind, das überwiegend auf Kosten des Sozialhilfeträgers in einer Pflegeeinrichtung untergebracht ist, kann das Kindergeld in bestimmten Fällen von der Familienkasse unmittelbar an den Sozialhilfeträger ausgezahlt werden. Der Bundesfinanzhof hat nun aber mit Urteil vom 9.2.2009 (Aktenzeichen III R 37/07) entschieden, dass dann eine Auszahlung an die Eltern zu erfolgen hat, wenn diese Aufwendungen mindestens in Höhe des Kindergeldes getragen haben. Dann besteht für den Sonderfall der Auszahlung des Kindergeldes an einen anderen als die Eltern keine Rechtfertigung, da die Eltern ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht nachgekommen sind. Insoweit dürfen allerdings nur tatsächlich entstandene Aufwendungen berücksichtigt werden.
Hinweis:
Im Einzelfall müssten dann die tatsächlich entstandenen Kosten nachgewiesen werden, was eine entsprechende Dokumentation erfordert.
8 Ausbildungsfreibetrag auch für hochbegabtes Kind erst bei Volljährigkeit
Die Berufsausbildung der Kinder verursacht bei den Eltern regelmäßig hohe Kosten. Steuerlich können Kosten für ein sich in Berufsausbildung befindendes, auswärtig untergebrachtes, volljähriges Kind geltend gemacht werden, wenn die Eltern Anspruch auf einen Kinderfreibetrag haben. Der Abzug ist durch einen Freibetrag in Höhe von 924 € möglich. Allerdings verringert sich dieser Freibetrag um die eigenen Einkünfte des Kindes, soweit diese 1 848 € im Kalenderjahr übersteigen, sowie um die von dem Kind als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln bezogenen Zuschüsse (z. B. BAföG).
Streitig war, ob dieser Ausbildungsfreibetrag bei einem hochbegabten Kind auch schon dann zu gewähren ist, wenn dieses eine auswärtige Ausbildung wahrnimmt, aber noch nicht volljährig ist. Im Streitfall hatte das im Jahr 1989 geborene Kind bereits im Jahr 2006 die Schulzeit mit dem Abitur abgeschlossen und studierte seit dem 1.10.2006 an einer auswärtigen Universität Wirtschaftswissenschaften. Die Eltern begehrten nun den Ausbildungsfreibetrag. Sie argumentierten insbesondere, dass es im Hinblick auf die immer kürzer werdende gymnasiale Ausbildungszeit unverständlich sei, wenn an der im Gesetz verankerten Altersbeschränkung festgehalten werde. Darüber hinaus würde durch die Altersgrenze minderjährigen Kindern, die durch das Überspringen einzelner Klassenstufen ihre schulische Laufbahn früher beenden, nicht die gleiche Förderung zuteil, wie den Kindern, die erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres ein Studium aufnähmen.
Das Finanzgericht Köln lehnte allerdings mit Urteil vom 18.3.2009 (Aktenzeichen 7 K 2854/08) die Gewährung des Ausbildungsfreibetrages ab. Insoweit sei die gesetzliche Altersvorgabe eindeutig.
Hinweis:
Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, sodass abgewartet werden muss, wie der Bundesfinanzhof über diesen Fall entscheidet.
9 Geänderter Krankenversicherungssatz ab 1.7.2009
Ein wesentlicher Bestandteil des sog. Konjunkturpaketes II ist die Absenkung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zum 1.7.2009. Eine Entlastung ergibt sich sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer. Die maßgeblichen Sätze stellen sich wie folgt dar:
bis 30.6.2009 | ab 1.7.2009 | |
Allgemeiner Beitragssatz | 15,5 % | 14,9 % |
davon Arbeitgeberanteil | 7,3 % | 7,0 % |
davon Arbeitnehmeranteil (einschließlich Zusatzbelastung von 0,9 %) | 8,2 % | 7,9 % |
Ermäßigter Beitragssatz | 14,9 % | 14,3 % |
davon Arbeitnehmer | 7,9 % | 7,6 % |
davon Arbeitgeber | 7,0 % | 6,7 % |
Freiwillige Krankenversicherungsbeiträge |
|
|
mit Krankengeldanspruch | 569,62 € | 514,50 € |
mit Krankengeldanspruch (mit Zusatzbeitrag) | 602,70 € | 547,58 € |
ohne Krankengeldanspruch | 547,58 € | 492,46 € |
ohne Krankengeldanspruch (mit Zusatzbeitrag) | 580,66 € | 525,53 € |
Hinweis:
Erforderlich sind entsprechende Anpassungen bei der Lohnabrechnung.
10 Aktuelles zum häuslichen Arbeitszimmer
a) Streit um die Verfassungsmäßigkeit der Abzugsbegrenzung
Ab 2007 sind die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grundsätzlich nicht mehr steuerlich abzugsfähig. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer befindet; dann ist ein unbeschränkter Abzug möglich. Ob der Steuerpflichtige für seine Tätigkeit einen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung hat oder nicht und ob er für seine Tätigkeit auf ein Arbeitszimmer nicht verzichten kann, ist danach unmaßgeblich.
Ob diese Regelung allerdings einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhält, ist noch offen. Ein völliger Ausschluss der Kosten bei Lehrkräften usw. könnte zumindest ein Verstoß gegen das sog. Nettoprinzip sein. Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hält jedenfalls die ab dem Jahr 2007 geltende Regelung zum Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zumindest teilweise für verfassungswidrig. Er hat das zu Grunde liegende finanzgerichtliche Verfahren ausgesetzt und die Frage der Verfassungswidrigkeit der Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt (Beschluss vom 8.5.2009, Aktenzeichen 1 K 2872/08 E).
Hinweis:
Abzuwarten bleibt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die Finanzverwaltung erlässt Bescheide hinsichtlich der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zurzeit vorläufig, sodass Einsprüche nicht erforderlich sind.
b) Abgrenzung eines häuslichen Arbeitszimmers von betrieblichen Räumen
Das Abzugsverbot gilt nur für ein "häusliches” Arbeitszimmer sowie für die Kosten der Ausstattung. Hiervon abzugrenzen sind insbesondere Betriebsräume, deren Aufwendungen unbeschränkt abzugsfähig sind. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.3.2009 (Aktenzeichen VI R 15/07) sind immer dann, wenn eine Zuordnung der Räume zum Typus des häuslichen Arbeitszimmers nicht möglich ist, die durch die berufliche Nutzung veranlassten Aufwendungen grundsätzlich unbeschränkt als Werbungskosten abzugsfähig.
Räume sind begrifflich keine "häuslichen Arbeitszimmer”, wenn sie nach außen erkennbar dem Publikumsverkehr gewidmet und für das Publikum, also Patienten, Mandanten oder Kunden leicht zugänglich sind. Daran fehlt es jedoch, wenn diese Personen erst einen den Privatbereich betreffenden Flur durchqueren müssen, der den Zugang zu den Wohnräumen ermöglicht; in einem solchen Fall handelt es sich bei den Räumen trotz nicht unwesentlichen Publikumsverkehrs um häusliche Arbeitszimmer. Ein "häusliches Arbeitszimmer” wird auch dann angenommen, wenn es gelegentlich für Besprechungen mit Auftraggebern oder Mitarbeitern genutzt wird und sogar, wenn dort zwei auf "400-Euro-Basis” angestellte Mitarbeiter Büroarbeiten erledigen.
Aufwendungen können nur für solche Räume als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt werden, die ganz überwiegend eine für ein häusliches Arbeitszimmer typische Ausstattung haben. Die Aufwendungen für wie Wohnräume ausgestattete Räume, die in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind und deren tatsächliche Nutzung durch die Finanzbehörde nicht kontrolliert werden kann, dürfen nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Die Abzugsbeschränkung gilt auch dann nicht, wenn es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer, sondern um einen Betriebs- oder Lagerraum, einen Ausstellungsraum oder eine Werkstatt handelt, selbst wenn sich diese im selben Haus wie die Wohnung befinden.
c) Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer bei einem Berufsbetreuer
Für eine Berufsbetreuerin hat das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 4.3.2008 (Aktenzeichen 3 K 3980/05) entschieden, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Die Klägerin (Dipl.-Sozialpädagogin) war in den Streitjahren als Berufsbetreuerin tätig. Sie betreute auf Grund entsprechender Beschlüsse der Vormundschaftsgerichte durchschnittlich etwa 40 Personen. Für einen Teil der Klienten hatte sie nur finanzielle Belange zu besorgen. Einen Teil ihrer Tätigkeit erledigte die Klägerin in einem in ihrer Wohnung befindlichen Arbeitszimmer. Dabei handelte es sich insbesondere um Schriftverkehr und Telefonate mit Ämtern, Banken, Krankenkassen und Ärzten. Ferner erfolgte von dort die Rechnungslegung. In Einzelfällen suchten die betreuten Personen die Klägerin in ihrem Arbeitszimmer auf. Den anderen Teil ihrer Tätigkeit übte sie außerhalb des Arbeitszimmers aus, indem sie u. a. Behördengänge, Bank- und Arztbesuche - sowohl in Begleitung der betreuten Personen als auch ohne diese - durchführte. Ferner besuchte sie die von ihr betreuten Personen in deren Wohnungen bzw. in den Einrichtungen (Seniorenzentren, Wohngruppen etc.), in denen diese lebten.
Das Finanzgericht Köln erkannte die Kosten für das Arbeitszimmer nicht an und argumentiert, dass zwar nicht zu verkennen sei, dass ein häuslicher Arbeitsplatz für die Klägerin unverzichtbar gewesen sei und sie hier auch wesentliche Teile ihrer Tätigkeit ausgeführt habe. Entscheidend für die Tätigkeit sei jedoch der persönliche Kontakt zu den betreuten Personen und dieser habe eben außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers stattgefunden.
11 Kein Rechtsmissbrauch bei Gestaltung des Zuflusses einer Abfindung
Das Niedersächsische Finanzgericht hat mit Urteil vom 19.2.2009 (Aktenzeichen 5 K 73/06) bestätigt, dass die steuerlich günstige Gestaltung des Zuflusses einer Abfindung i. d. R. kein Rechtsmissbrauch ist. Im Urteilsfall war die Zahlung einer Abfindung einvernehmlich verschoben worden. Das Finanzgericht hat bestätigt, dass damit zunächst noch kein Zufluss gegeben ist, auch wenn der ursprüngliche Zahlungstermin durch eine Betriebsvereinbarung festgelegt war.
Hinweis:
Bestätigt wird somit der weite Gestaltungsspielraum in diesen Fällen. Im konkreten Fall sollte der steuerliche Berater für verschiedene Varianten konkrete Belastungsrechnungen aufstellen, um den günstigsten Zuflusszeitpunkt ermitteln zu können. Da oftmals größere Beträge betroffen sind, können die steuerlichen Auswirkungen erheblich sein.
12 (Bar-)Geldgutschein ist Barlohn und kein begünstigter Sachbezug
Das Finanzgericht München hat mit Urteil vom 3.3.2009 (Aktenzeichen 8 K 3213/07) entschieden, dass ein vom Arbeitgeber überlassener Geschenkgutschein im Wert von 20 € auch dann Barlohn und kein steuerfreier Sachbezug ist, wenn der Gutschein nur in einem bestimmten Geschäft eingelöst werden kann, das den Gutschein ausgestellt hat. Im Urteilsfall hatte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zu Geburtstagen solche Geldgutscheine im Wert von 20 € ausgegeben. Den damit verbundenen geldwerten Vorteil hatte er nicht lohnversteuert, da er von einem unter der Freigrenze von 44 € liegenden Sachbezug ausging. Das Finanzgericht geht demgegenüber davon aus, dass der Gutschein die Funktion eines Zahlungsmittels hat und damit als Geldzuwendung eben nicht unter die Sachbezugsfreigrenze fällt.
Hinweis:
Zwar ist der Fall noch nicht rechtskräftig entschieden, da gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt wurde, doch zeigt dies, wie vorsichtig solche Maßnahmen zu planen und gestalten sind. Sachgutscheine - insbesondere in Form von Benzingutscheinen - sind ein sinnvolles Gestaltungsinstrument, um den Arbeitnehmern steuer- und sozialversicherungsfrei bestimmte Beträge zu gewähren. Doch gilt dies eben nur für Sachzuwendungen.
13 Ausweitung der Anwendungsfälle zum beruflich begründeten doppelten Haushalt
Kosten für die Wohnung und für Verpflegung sind grundsätzlich der Privatsphäre zuzuordnen und daher steuerlich nicht abzugsfähig. Hiervon gibt es die bedeutsame Ausnahme der Mehraufwendungen wegen einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung. Hauptanwendungsfall ist, dass der Arbeitnehmer ein Dienstverhältnis an einem auswärtigen Ort antritt, der Lebensmittelpunkt aber zunächst noch am bisherigen Wohnort verbleibt und am Beschäftigungsort lediglich eine Wohnung angemietet wird.
Kosten einer solchen doppelten Haushaltsführung sind in gewissen Grenzen dann steuerlich abzugsfähig, wenn der doppelte Haushalt beruflich veranlasst ist. Eine berufliche Veranlassung für den zweiten Haushalt liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung am Beschäftigungsort nutzt, um seinen Arbeitsplatz von dort erreichen zu können.
Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 5.3.2009 (Aktenzeichen VI R 58/06) diese Anwendungsfälle erweitert. Es kann eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er daraufhin in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können. Der Bundesfinanzhof argumentiert, dass auch für diesen Zweithaushalt eine berufliche Veranlassung gilt, wenn der Steuerpflichtige ihn am Beschäftigungsort einrichtet, um von dort aus die regelmäßige Arbeitsstätte aufzusuchen.
Hinweis:
Insoweit ist also eine Änderung der Rechtsprechung eingetreten, was in der Praxis erhebliche Bedeutung erlangen wird.
14 Mietausfall nach Umzug
Erfolgt ein beruflich veranlasster Umzug und kann die bisher zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung nicht unmittelbar weitervermietet werden, so kann nach dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 20.11.2008 (Aktenzeichen 10 K 4922/05) der entstandene Mietausfall nicht als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden. Das Finanzgericht hat so entschieden, obwohl unter bestimmten Voraussetzungen nach dem Bundesumzugskostengesetz eine Mietentschädigung möglich gewesen wäre.
15 Übernahme von Geldbußen, Geldstrafen o.Ä. durch den Arbeitgeber
Werden gegen den Arbeitnehmer Geldbußen, Geldstrafen oder Geldauflagen verhängt und übernimmt der Arbeitgeber diese Belastungen, so liegt in der Regel Arbeitslohn vor, sodass Lohnsteuer einzubehalten ist. Anders ist dies nur dann, wenn ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers gegeben ist. Dass die Ordnungswidrigkeit oder Straftat in engem Zusammenhang mit der Berufsausübung begangen wurde, reicht allerdings nicht aus. Verneint wurde vom Bundesfinanzhof (Urteil vom 7.7.2004, Aktenzeichen VI R 29/00) das Vorliegen von Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber die gegen einen Paketzusteller verhängten Verwarngelder wegen Verletzung des Halteverbots übernimmt.
Aktuell hatte der Bundesfinanzhof über einen anders gelagerten Fall zu entscheiden: Der Mitarbeiter einer Baufirma wurde wegen unzulässiger Preisabsprachen unter Baufirmen wegen Betrugs zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Dem Mitarbeiter wurde weiterhin auferlegt, zu Gunsten eines Geschädigten als Wiedergutmachung für dessen Vermögensschaden einen Geldbetrag von 100 000 € zu zahlen. Die Zahlung des Geldbetrags erfolgte dann aus Mitteln, die der Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hatte. Diesen Geldbetrag hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 15.1.2009 (Aktenzeichen VI R 37/06) einerseits als Arbeitslohn eingestuft, andererseits aber auch als Werbungskosten angesehen, sodass im Ergebnis bei dem Mitarbeiter keine steuerliche Belastung eintrat.
16 Elektronische Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen
Umsatzsteuer-Voranmeldungen sind seit dem 1.1.2005 elektronisch zu übermitteln, sofern der Unternehmer über einen internetfähigen Computer verfügt. Ein Unternehmer hatte nun die Papierform gefordert und geltend gemacht, dass bei der elektronische Übermittlung über das Internet Manipulationen oder Missbrauch durch Dritte nicht auszuschließen seien. Dies hat das Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 17.3.2009 (Aktenzeichen 5 K 303/08) als Argument abgelehnt, da nach Ansicht des Gerichts die elektronische Übermittlung im Vergleich zur Abgabe in papiergebundener Form zu keinem erhöhten Manipulationsrisiko führe.
Hinweis:
Abgesehen werden kann von der elektronische Übermittlung in Härtefällen. Davon ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige nicht über die erforderliche technische Ausstattung verfügt und die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre. Eine unbillige Härte wird auch angenommen, wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.
17 Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen
Bestimmte Geschäftsunterlagen unterliegen einer gesetzlichen Aufbewahrungsfrist. Zehn Jahre lang aufzubewahren sind insbesondere Jahresabschlüsse mit allen dazugehörenden Unterlagen, Buchungsbelege sowie Ein- und Ausgangsrechnungen. Handels- und Geschäftsbriefe sowie sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, sind sechs Jahre lang aufzubewahren.
Die Erfüllung dieser Aufbewahrungsverpflichtung verursacht in den Unternehmen nicht unerhebliche Kosten. Da es sich insoweit um eine gesetzliche Verpflichtung handelt, der sich die Unternehmen nicht entziehen können, sind die voraussichtlich anfallenden Kosten im Jahresabschluss aufwandswirksam durch eine Rückstellung abzubilden.
Bei der Berechnung sind nach Ansicht der Finanzverwaltung (so Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 27.6.2007, Aktenzeichen S 2137 - 106 - StO 222/221) folgende Kosten einzubeziehen:
- einmaliger Aufwand für die Einlagerung der am Bilanzstichtag noch nicht archivierten Unterlagen für das abgelaufene Wirtschaftsjahr, ggf. für die Mikroverfilmung bzw. Digitalisierung der Unterlagen, für das Brennen von CD und für die Datensicherung,
- Raumkosten, wie die anteilige Miete bzw. Gebäude-AfA, Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Instandhaltung, Heizung und Strom. Der anteilige Aufwand kann aus Vereinfachungsgründen entsprechend dem Verhältnis der Nutzfläche des Archivs zur Gesamtfläche ermittelt werden, soweit dies nicht zu einem offenbar unangemessenen Ergebnis führt,
- Einrichtungsgegenstände, also bspw. Abschreibung für Regale und Schränke,
- anteilige Personalkosten z. B. für Hausmeister, Reinigung, Lesbarmachung der Datenbestände.
Nicht rückstellungsfähig sind insbesondere:
- die Kosten für die zukünftige Anschaffung von zusätzlichen Regalen und Ordnern,
- die Kosten für die Entsorgung der Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist,
- die Kosten für die Einlagerung künftig entstehender Unterlagen.
Die Rückstellung kann nach zwei Methoden berechnet werden:
1. Die jährlichen Kosten werden für die Unterlagen eines jeden aufzubewahrenden Jahres gesondert ermittelt. Dieser Betrag ist dann jeweils mit der Anzahl der Jahre bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist zu multiplizieren.
2. Die jährlich anfallenden rückstellungsfähigen Kosten für einen Archivraum, in dem die Unterlagen aller Jahre aufbewahrt werden, können mit dem Faktor 5,5 multipliziert werden (arithmetisches Mittel der Jahre eins bis zehn). Eine Unterscheidung zwischen den zehn und sechs Jahre lang aufzubewahrenden Unterlagen kann in der Regel aus Vereinfachungsgründen unterbleiben. Die Aufwendungen für die Einlagerung, Mikroverfilmung, Digitalisierung und Datensicherung fallen nur einmal an; sie sind deshalb nicht zu vervielfältigen.
Hinweis:
Die zweite Berechnungsmethode wurde jüngst durch das Niedersächsisches Finanzgericht mit Urteil vom 21.1.2009 (Aktenzeichen 3 K 12371/07) bestätigt. Gegen das Urteil des Finanzgerichts wurde vor dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen X R 14/09 Revision eingelegt. Der Bilanzierende macht insofern geltend, dass die Raumkosten mit dem Faktor 10 zu multiplizieren seien, da der Raum volle zehn Jahre vorgehalten werden müsse und in dieser Zeit auch nicht anderweitig nutzbar sei.
18 Zulässigkeit der Bildung einer Gewerbesteuer-Rückstellung in der Steuerbilanz
Nach der Gesetzesänderung durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 sind die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen, wie z. B. Steuernachzahlungszinsen, keine steuerlichen Betriebsausgaben mehr und mindern daher die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht. Anwendung findet diese Regelung erstmals auf Gewerbesteuern für Jahre ab 2008. Gewerbesteuer für frühere Jahre ist unabhängig von dem Zeitpunkt der Aufwands- oder Ertragswirksamkeit steuerwirksam zu erfassen.
Ungeachtet dessen ist in der Handelsbilanz und dementsprechend auch in der Steuerbilanz eine Rückstellung für ausstehende Gewerbesteuerabschlusszahlungen zu bilden. Die Gewinnauswirkung durch die Einbuchung der Gewerbesteuer ist dann außerbilanziell, also bei der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage zu neutralisieren.
Hinweis:
Bedeutung hat der Ansatz der Gewerbesteuerrückstellung in der Steuerbilanz z. B. bei der Ermittlung des maßgebenden Betriebsvermögens für Zwecke der Prüfung, ob ein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen werden kann, da dies die Einhaltung bestimmter Größenklassen voraussetzt.
19 Grenzen der Hinzuschätzung wegen behaupteter nicht ordnungsgemäßer Buchführung
Gerade in Unternehmen, bei denen in hohem Umfang Barumsätze getätigt werden, wie bspw. bei Einzelhandelsunternehmen oder in der Gastronomie, entsteht in Betriebsprüfungen oftmals Streit über die Höhe der Einnahmen. Die Finanzverwaltung versucht dann nicht selten durch Vergleichsrechnungen oder mathematische Verfahren die Buchführung zu verwerfen und schätzt den Gewinn - regelmäßig mit deutlichen Mehrbelastungen für den Unternehmer. Dass dieser Vorgehensweise deutliche Grenzen gesetzt sind, zeigt aktuell wieder ein Urteil des Finanzgerichts Köln (Urteil vom 27.1.2009, Aktenzeichen 6 K 3954/07).
Im Urteilsfall erfolgte in einem Gastronomiebetrieb eine steuerliche Außenprüfung. Der Prüfer führte verschiedenste Verprobungen der Buchführung mit Hilfe der EDV durch (digitale Betriebsprüfung). Der Prüfer machte geltend, dass weder die mit den Registrierkassen erstellten Rechnungen noch die Kassenstreifen aufbewahrt worden seien. Außerdem beanstandete er, dass die vereinnahmten Trinkgelder nicht aufgezeichnet worden waren. Somit müsse eine Hinzuschätzung der Betriebseinnahmen vorgenommen werden. Dazu wurde die aus der Buchhaltung ermittelte Zeitreihe herangezogen. Schwankungen hinsichtlich der Rohgewinnaufschlagsätze wurden als nicht nachvollziehbar eingestuft und die Einnahmen dann anhand eines einheitlichen Rohgewinnaufschlags und zwar des zweithöchsten durchschnittlichen Aufschlags aus der Zeitreihe auf Basis des Wareneinkaufs geschätzt.
Das Finanzgericht lehnte diese Gewinnschätzung in vollem Umfang ab. Es führt aus, dass eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nur in bestimmten, im Gesetz genannten Fällen zulässig sei. Insbesondere sei die Buchführung formell ordnungsgemäß gewesen. Kleinere Mängel stellten dies nicht in Frage. Dass in den Registrierkassen die von den Gästen gezahlten Trinkgelder nicht erfasst worden sind, ist nach Ansicht des Finanzgerichts unerheblich, da diese regelmäßig steuerfrei sind. Die fehlende Aufbewahrung der Bewirtungsrechnungen wurde zwar als Verstoß gesehen, dies stellte die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung insgesamt aber nicht in Frage. Des Weiteren kann ein Zeitreihenvergleich als Schätzungsmethode nur dann angewandt werden, wenn die Buchführung aus anderen Gründen nicht der Besteuerung zu Grunde gelegt werden kann.
Hinweis:
Gegen solche Hinzuschätzungen im Rahmen von Betriebsprüfungen sollte in der Praxis entschieden vorgegangen werden. In sehr vielen Fällen sind solche Hinzuschätzungen rechtswidrig. Dennoch sollte bei Bargeschäften eine sehr sorgfältige und lückenlose Kassenaufzeichnung erfolgen.
20 Zum Nachweis dauernder Berufsunfähigkeit bei Betriebsveräußerung
Wird ein Betrieb - Einzelunternehmen oder freiberufliche Tätigkeit - veräußert, so wird oftmals gerade durch die Abgeltung eines Firmenwertes ein hoher Veräußerungserlös erzielt. Dieser spielt bei der Alterssicherung des bisherigen Betriebsinhabers meist eine wichtige Rolle. Umso wichtiger ist es, dass unter bestimmten Bedingungen der Veräußerungsgewinn steuerlich begünstigt wird. So wird ein Freibetrag gewährt und ein günstiger Steuersatz angewandt. Voraussetzung für die Gewährung dieser Vergünstigungen ist u. a., dass der bisherige Betriebsinhaber im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.
Hinweis:
Diese Merkmale müssen zum Zeitpunkt des Erfüllungsgeschäfts bzw. des Endes der Betriebsaufgabe erfüllt sein. Nicht ausreichend ist dagegen, wenn diese Merkmale erst am Ende des entsprechenden Besteuerungsjahres erfüllt sind. Insoweit kann im Einzelnen ein zeitliches Hinausschieben der Betriebsveräußerung zu prüfen sein.
Ob der Betriebsinhaber insoweit als dauernd berufsunfähig einzustufen ist, bestimmt sich ausschließlich nach Sozialversicherungsrecht. Streitig ist, wie der Nachweis der dauernden Berufsunfähigkeit zu führen ist. Nach dem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 16.9.2008 (Aktenzeichen 2 K 2140/07) kann dies nur mittels eines entsprechenden Bescheids des Sozialversicherungsträgers oder amtsärztlicher Bescheinigung erfolgen; eine fachärztliche Bescheinigung soll dagegen alleine nicht ausreichen. Insoweit ist in der Praxis also Vorsicht geboten.
21 Übertragung von atypischen Unterbeteiligungen und atypisch stillen Beteiligungen erbschaftsteuerlich begünstigt
Bislang vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass bei der Übertragung von atypischen Unterbeteiligungen bzw. atypisch stillen Beteiligungen kein erbschaftsteuerlich begünstigtes Unternehmensvermögen vorliegen soll. Dieser Auffassung wurde in der Literatur heftig widersprochen. Nun hat die Finanzverwaltung mitgeteilt (Verfügung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 23.3.2009, Aktenzeichen 34 - S 3811 - 035 - 11256/09), dass an dieser Rechtsauffassung nun nicht mehr festgehalten wird. Vielmehr wird darin nun begünstigtes Betriebsvermögen gesehen, da in diesen Fällen ertragsteuerlich eine Mitunternehmerschaft vorliegt.
Hinweis:
Diese geänderte Finanzverwaltungsauffassung bietet gerade bei Familienpersonengesellschaften interessante Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf den Generationenübergang im Betrieb.
22 Nachholverbot bei Pensionsrückstellungen auch bei Berechnungsfehlern
Bei der Dotierung von Pensionsrückstellungen gilt nach dem Gesetz ein strenges Nachholverbot. Dies bedeutet, dass in der Bilanz höchstens der Betrag zugeführt werden darf, der sich als Unterschied zwischen dem rechnerischen Wert zum Bilanzstichtag und dem zum vorhergehenden Bilanzstichtag ergibt. Wurde nun in den Vorjahren die Rückstellung nicht ausreichend dotiert, so kann dieser Betrag später nicht nachgeholt werden, vielmehr bleibt dieser Fehlbetrag bestehen.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 14.1.2009 (Aktenzeichen I R 5/08) dieses strenge Nachholverbot auch für den Fall bestätigt, dass dem versicherungsmathematischen Gutachter ein Berechnungsfehler unterlaufen ist und dieser fehlerhafte Betrag bei der Bilanzierung zu Grunde gelegt wurde.
Hinweis:
Dies unterstreicht, wie sorgfältig die Berechnung und Verbuchung zu erfolgen hat, da ansonsten steuerlicher Aufwand zunächst verloren geht.
23 Angabe der handelsüblichen Bezeichnung in einer umsatzsteuerlichen Rechnung
In einer umsatzsteuerlichen Rechnung muss die handelsübliche Bezeichnung des gelieferten Gegenstandes angegeben werden. Die Finanzverwaltung stellte nun mit Schreiben vom 1.4.2009 klar, dass dies nicht zwingend die Angabe einer Geräte-Identifikationsnummer, wie z. B. die von Mobiltelefonen, erfordert. Soweit allerdings das tatsächliche Vorliegen einer Lieferung und damit eben beim Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug streitig ist, so kann die Angabe der Geräte-Identifikationsnummer Indizwirkung haben. In der Praxis sollte diese also im Zweifel auf der Rechnung mit angegeben werden.
24 Ansparabschreibung bei Freiberuflern ab 2007 nur noch für "kleine und mittlere” Betriebe
Nach der Neuregelung der Ansparabschreibung können Betriebe, die ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, insbesondere also Freiberufler, diese Vergünstigung nur dann in Anspruch nehmen, wenn der Gewinn 100 000 € nicht überschreitet. Nach der Altregelung existierte insoweit keine Gewinngrenze. Fraglich war nun, ab wann diese einschränkende Neuregelung zur Anwendung kam, nämlich bereits ab 2007 oder erst ab 2008. Nach dem Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 26.2.2009 (Aktenzeichen 13 V 215/09 E) kommt die strengere Neuregelung bereits ab 2007 zur Anwendung.
Hinweis:
Das Urteil des Finanzgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Allerdings vertritt nun auch die Finanzverwaltung diese Auffassung.
25 Steuerbelastung durch Geschäftsänderung
Wesentliche stille Reserven sind regelmäßig im Geschäftswert gespeichert. Dieser verkörpert eben die Werte des Unternehmens, wie den "guten Ruf", die Kundenkontakte, die eingespielte Betriebsorganisation oder das Potenzial an Personal. Hohe Steuerbelastungen drohen, wenn diese stillen Reserven aufgedeckt werden. Dies ist ohne Zweifel der Fall, wenn der Betrieb verkauft oder aufgegeben wird. Schwieriger ist dies zu beurteilen, wenn beim Betrieb lediglich eine wesentliche Strukturänderung erfolgt. Hierzu können folgende Fälle angeführt werden:
- Im Falle der Betriebsverpachtung im Ganzen, wenn also der gesamte Betrieb an einen anderen verpachtet wird und dieser später aber auch wieder durch den Verpächter fortgeführt werden könnte, verbleibt der Geschäftswert in der Regel beim Verpächter, sodass es nicht zur Aufdeckung stiller Reserven kommt.
- Wird dagegen bei einer "Betriebsverpachtung" nur noch die Immobilie verpachtet und nicht mehr das übrige zur Betriebsfortführung notwendige Vermögen, so geht der Geschäftswert regelmäßig auf die Betriebsgesellschaft über.
Letztgenannter Fall ist steuerlich als sog. Betriebsaufspaltung einzustufen. Eine solche liegt vor, wenn der bisherige Betrieb nunmehr auf zwei selbständige Rechtsträger aufgespalten wird und beide Teile z. B. durch Gesellschafteridentität personell miteinander verflochten sind. Im Einzelnen sind solche Fallgestaltungen sehr vielfältig. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 2.9.2008 (Aktenzeichen X R 32/05) über folgenden Fall entschieden: Ein im Bereich der Entsorgungswirtschaft tätiger Einzelunternehmer hat den Betrieb ohne formelle Einbringungsvereinbarung faktisch durch eine GmbH fortführen lassen, die er infolge der Mitbeteiligung seiner Ehefrau allerdings nicht beherrschte. Zurück blieben bei ihm das zur Nutzung überlassene Betriebsgrundstück, das Personal sowie die Fahrzeuge und sonstigen Ausstattungsgegenstände für einen Containerbetrieb, der fortan allein für die GmbH tätig war. Fraglich war, ob der vorhandene Geschäftswert auf die GmbH übergegangen und damit der Besteuerung zu unterwerfen war. Dies hat der Bundesfinanzhof verneint und zwar mit dem Argument, dass ein Übergang des Geschäftswertes nicht stattfindet, wenn seine Übertragung nicht auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung dauerhaft erfolgt. Allerdings ordnete der Bundesfinanzhof die Anteile an der GmbH dem steuerlichen Betriebsvermögen des Einzelunternehmers zu, was im Falle einer späteren Anteilsveräußerung von Bedeutung ist.
Hinweis:
Die Beurteilung, ob bei solchen Umgestaltungen stille Reserven zu versteuern sind, ist im Einzelfall schwierig. Insbesondere ist die Abgrenzung zwischen den einzelnen Fällen fließend. Im konkreten Fall sollten wegen der großen materiellen Bedeutung solche Umgestaltungen sehr sorgfältig geprüft werden. Hierzu ist steuerlicher Rat einzuholen.
26 Pensionszusagen an tätige Mitunternehmer
Erteilt eine Personengesellschaft einem Gesellschafter eine Pensionszusage, so muss die Personengesellschaft hierfür in ihrer Bilanz eine Rückstellung passivieren. Korrespondierend hierzu hat dann allerdings der begünstigte Gesellschafter in einer für steuerliche Zwecke erstellten Sonderbilanz eine entsprechende Forderung einzustellen.
Hinweis:
Bislang war anders zu verfahren. Die zuvor geschilderte Vorgehensweise ist nach Ansicht der Finanzverwaltung erstmals für Pensionszusagen anzuwenden, die in einem nach dem 31.12.2007 endenden Wirtschaftsjahr (also Wirtschaftsjahr 2008 bzw. 2007/2008) erteilt worden sind. Für bereits bestehende Versorgungszusagen sieht die Finanzverwaltung dagegen eine Übergangsregelung vor, welche verschiedene Wahlmöglichkeiten eröffnet. Ggf. sind entsprechende Anträge gegenüber dem Finanzamt zu stellen.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.10.2008 (Aktenzeichen IV R 82/06) wird zugelassen, das mit steuerlicher Wirkung eine spezifische Ergebnisverteilungsvereinbarung getroffen werden kann, der zufolge der Rückstellungsaufwand allein dem pensionsberechtigten Gesellschafter zuzurechnen ist. Dies hat zur Folge, dass die Ergebnisauswirkungen auch nur diesen Gesellschafter und nicht etwa die anderen Gesellschafter betreffen.
Hinweis:
Im Einzelfall sind die steuerlichen Auswirkungen solcher Pensionsvereinbarungen sowohl für Alt- als auch für Neuzusagen sehr genau zu prüfen. Vielfach bieten sich gesellschaftsvertragliche Abreden über die insoweit sich ergebenden Ergebniswirkungen an.
27 Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Mittlerweile entspricht es der gefestigten Rechtsprechung, dass eine nach außen hin tätige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) teilweise rechtsfähig ist; sie kann also durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründen. Dies betrifft insbesondere Grundstücksgesellschaften. Für die Gesellschaft hat diese Sichtweise insbesondere den Vorteil, dass ein Wechsel im Gesellschafterbestand keine Auswirkungen auf bestehende Rechtsverhältnisse, wie z. B. Mietverträge, hat.
Nicht abschließend geklärt war bislang aber die Grundbuchfähigkeit einer solchen GbR. Der Bundesgerichtshof hat nun mit Beschluss vom 4.12.2008 (Aktenzeichen V ZB 74/08) entschieden, dass
- die GbR unter der Bezeichnung in das Grundbuch eingetragen werden kann, die ihre Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag für sie vorgesehen haben bzw.
- dann, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Bezeichnung der GbR vorsieht, diese als "Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus …" und den Namen ihrer Gesellschafter eingetragen wird.
Hinweis:
Diese Fortentwicklung der Rechtsprechung wirft in der Praxis allerdings eine Vielzahl an Fragen auf. So hat sich der Bundesgerichtshof nicht dazu geäußert, welche Anforderungen an die Bezeichnung einer GbR zu stellen sind. Als zulässig wird in der Literatur z. B. die Bezeichnung "Bonn, Müllerstraße 512 GbR" angesehen. Fraglich ist daneben, wie im Rechtsverkehr der Gesellschafterbestand bzw. eine vertraglich geregelte Vertretungsregelung nachgewiesen werden kann. Aus diesen Gründen wird teilweise empfohlen, statt einer GbR eine insoweit sichere Rechtsform, wie eine KG oder OHG zu wählen.
28 Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer eines Kapitalanlegers sind nicht abzugsfähig
Ab 2009 wirken sich mit Einführung der Abgeltungsteuer Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen grundsätzlich nicht mehr steuermindernd aus. Vielmehr sind diese mit dem Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 € bzw. 1 602 € bei Ehegatten pauschal abgegolten. Für die Rechtslage bis zum Jahr 2007 begehrte nun ein Steuerpflichtiger den Abzug der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Argumentiert wurde, dass die Anlageentscheidungen ausschließlich im häuslichen Arbeitszimmer getroffen worden seien. Dies wurde jedoch von der Finanzverwaltung und letztlich auch vom Bundesfinanzhof mit Urteil vom 27.3.2009 (Aktenzeichen VIII B 184/08) abgelehnt. Der Bundesfinanzhof argumentiert, dass der Kläger neben der Vermögensverwaltung eine Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeübt habe und daher das Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bilde.
29 Frist bei der Veräußerung von Zertifikaten beachten
Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden, werden steuerlich durch die 25 %ige Abgeltungsteuer erfasst. Auf Grund der Bestandsregelung bleiben dagegen Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren, die vor dem 1.1.2009 angeschafft wurden, steuerfrei, soweit die Wertpapiere länger als ein Jahr gehalten werden.
Insoweit existiert allerdings eine wichtige Ausnahme für Zertifikate, also insbesondere solche Schuldverschreibungen, deren Rückzahlung von der Entwicklung eines bestimmten Basiswertes, wie eines Indexes oder eines Aktienkurses abhängen. Die steuerfreie Veräußerung von Zertifikaten ist nach der einjährigen Behaltefrist nur dann möglich, wenn diese vor dem 15.3.2007 erworben wurden. Gewinne aus nach dem 14.3.2007 erworbenen Zertifikaten sind dagegen im Grundsatz steuerpflichtig. Insoweit besteht allerdings wiederum eine Ausnahme, also eine Steuerfreiheit, wenn das Zertifikat länger als ein Jahr gehalten wurde und bis zum 30.6.2009 verkauft wird. Insoweit ist also - vorbehaltlich, dass auch tatsächlich auf Grund der Entwicklung an den Finanzmärkten Gewinne mit dem Zertifikat erzielt wurden - diese Frist zu beachten.
30 In 2009 gezahlte Depot-Kontoführungsgebühren u.U. noch für 2008 steuerwirksam
Nach Einführung der Abgeltungsteuer für die Kapitaleinkünfte wirken sich Werbungskosten grundsätzlich nicht mehr steuermindernd aus. Diese sind vielmehr mit dem Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 € bzw. 1 602 € bei Ehegatten abgegolten.
Insoweit ist von Bedeutung, dass Depot-Kontoführungsgebühren und Verwaltungsgebühren für 2008, die bis zum 31.1.2009 gezahlt wurden, noch steuermindernd in 2008 erfasst werden können. Hierauf wies die Oberfinanzdirektion Magdeburg mit Verfügung vom 14.1.2009 (Aktenzeichen S 2252 - 114 - St 214) hin.
31 Einbau einer hochwertigen, individuell geplanten Küche als Anschaffungsaufwand
Wird eine einfache Kücheneinrichtung durch eine hochwertige, individuell geplante Küche ersetzt, so liegt nach dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 16.1.2008 (Aktenzeichen 14 K 4709/04) eine über die Bestandserneuerung hinausgehende wesentliche Verbesserung vor. Dies bedeutet, dass die Kosten steuerlich nicht sofort als Erhaltungsaufwand geltend gemacht werden können, sondern dass Anschaffungsaufwand vorliegt, der über die Nutzungsdauer von zehn Jahren zu verteilen ist.
Des Weiteren wurde entschieden, dass dann, wenn die Küche individuell geplant ist, diese als Gesamtheit anzusehen ist und damit einzelne Bestandteile keine sofort abzugsfähigen geringwertigen Wirtschaftsgüter darstellen.
32 Zinsen für ein Darlehen zur Finanzierung von Beiträgen für eine zur Sicherung eines Anschaffungsdarlehens abgetretene Lebensversicherung können Werbungskosten sein
Die Finanzierung von Immobilienobjekten erfolgte zumindest in der Vergangenheit oftmals mittels Lebensversicherungen. In diesem vor dem Bundesfinanzhof verhandelten Fall wurde das bei dem Erwerb der Immobilie aufgenommene Darlehen erst bei Endfälligkeit durch eine dann fällige Lebensversicherung getilgt. Der Kläger nahm im Streitfall im Zusammenhang mit dem Kauf verschiedener, zu Vermietungszwecken vorgesehener Immobilien Darlehen auf. Die Rückzahlung sollte durch gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherungen mit einer Mindestlaufzeit von zwölf Jahren erfolgen. Die Ansprüche aus den Lebensversicherungen wurden an die finanzierenden Kreditinstitute abgetreten. Die Versicherungsprämien finanzierte der Kläger durch verzinsliche Darlehen, wodurch in den Streitjahren 1992 bis 1997 jährlich Aufwendungen zwischen 4 066 DM und 73 177 DM entstanden. Der Steuerpflichtige machte nun bei der Einkommensteuer die Finanzierungskosten der Lebensversicherungsbeiträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Sie erkannte das Finanzamt nicht an. Der Bundesfinanzhof hat dagegen mit Urteil vom 25.2.2009 (Aktenzeichen IX R 62/07) zu Gunsten des Steuerpflichtigen entschieden und den Werbungskostenabzug zugelassen. Die Zinsen dienten eben der Finanzierung der Anschaffungskosten der Vermietungsobjekte im Rahmen eines einheitlichen und marktgängigen Finanzierungskonzepts.
Insoweit ist in der Praxis allerdings zu beachten, dass Beiträge zu einer Risikolebensversicherung zum Zwecke der Absicherung des Kaufpreises nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind. Im Streitfall handelte es sich aber um Schuldzinsen, die der Erwerber aufwenden musste, weil er die Prämienzahlungen durch Darlehen finanzierte. Diese Schuldzinsen dienten nun gerade nicht der Finanzierung der Tilgungsleistungen, welche dem privaten Vermögensbereich zuzuordnen wären, sondern der Finanzierung der Tilgung der Anschaffungskosten und sind deshalb in gleicher Weise zu beurteilen wie Schuldzinsen für ein Anschaffungsdarlehen.
Hinweis:
Die Abzugsfähigkeit der Finanzierungskosten kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Wegen der materiell hohen Bedeutung sollte dies unter Hinzuziehung steuerlichen Rats erfolgen.
33 Beiträge zur Instandhaltungsrücklage bei einzelnem Wohnungseigentümer zunächst keine Werbungskosten
Wohnungseigentümer zahlen regelmäßig Beiträge zur Instandhaltungsrücklage, die dann später vom Verwalter für die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verausgabt werden. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 9.12.2008 (Aktenzeichen IX B 124/08) bestätigt, dass mit Zahlung dieser Beträge bei den einzelnen Wohnungseigentümern noch keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können. Dies ist vielmehr erst dann der Fall, wenn die Beträge der Instandhaltungsrücklage tatsächlich für Instandhaltungsmaßnahmen ausgegeben werden. Zu diesem Zeitpunkt kann erst beurteilt werden, ob tatsächlich eine Verausgabung für Erhaltungsaufwendungen und mithin sofort abzugsfähige Werbungskosten gegeben sind.