Mandantenrundschreiben 03/2011

 

Für alle Steuerpflichtigen

1 Grunderwerbsteuersätze teilweise gestiegen

2 Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer der Erd- und Seebebenkatastrophe in Japan im März 2011

3 Werbungskosten bei sog. Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung

4 Höhe des Ausbildungsfreibetrags verfassungsgemäß

5 Steuerliche Zurechnung von Kinderbetreuungskosten

6 Freiwillige Vorsorgeaufwendungen mindern nicht die beim Kindergeld schädlichen Bezüge

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

7 Schreiben der Finanzverwaltung zur Abzugsfähigkeit von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer

8 Umgekehrte Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung

9 Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-8-Länder ab 1.5.2011

Für Unternehmer und Freiberufler

10 Verkauf von Speisen an Imbissständen und in Kino-Foyers unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz

11 Grenzen des Vorsteuerabzugs: Betriebsausflug, Anteilsveräußerung

12 Bildung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Vergütung von zurückgenommenen Mehrwegpaletten

13 Hinzurechnung eines Investitionsabzugsbetrags nach Eintritt der Gewerbesteuerpflicht

14 Auch bei kleineren Betrieben können Anschlussbetriebsprüfungen erfolgen

Für Personengesellschaften

15 Umsatzsteuerliche Organschaft setzt unmittelbare Beteiligung voraus

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

16 Neues Musterverfahren gegen die Einschränkung des Werbungskostenabzugs bei der Abgeltungsteuer

Für Hauseigentümer

17 Werbungskostenabzug ist gefährdet, wenn der Vermieter die Einstellung der Mietzahlung über einen längeren Zeitraum hinnimmt

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

18 Zeitpunkt der Wirksamkeit der Veräußerung von GmbH-Anteil

19 Bedingungen für die steuerliche Anerkennung einer stillen Beteiligung des GmbH-Gesellschafters am Unternehmen der GmbH

20 Zuflussbesteuerung bei Anteilsveräußerung mit Ratenzahlung und Kaufpreisstundung?

21 Anschaffungskosten für GmbH-Beteiligung bei Gewährung einer Leibrente

22 Aktuelle Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung (vGA)

23 Rückgängigmachung einer Gewinnausschüttung

24 Haftungsinanspruchnahme des (faktischen) Geschäftsführers einer GmbH für Vorsteuern und innergemeinschaftliche Lieferungen mit Scheinsitzangaben

Strafbefreiende Selbstanzeige nach dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz

25 Einleitung

26 Anlässe für eine Selbstanzeige - Beispiele

27 Einschränkung der steuerlichen Selbstanzeige

28 Ausschlussgründe

29 Zuschlagzahlung für Steuersünder

30 Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes und Übergangsregelung

 

1 Grunderwerbsteuersätze teilweise gestiegen

Beim Erwerb einer Immobilie fällt zwar keine Umsatzsteuer an, dafür aber Grunderwerbsteuer. Der Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer, welche ausschließlich den Bundesländern zusteht, lag bislang bundeseinheitlich bei 3,5 % des Kaufpreises bzw. des Grundstückswerts. Nach der Föderalismusreform kann nunmehr jedes Bundesland selbst den Steuersatz festlegen. Aktuell sind folgende abweichende Steuersätze zu beobachten:

Berlin

4,5 % (ab 1.1.2007)

Brandenburg

5 % (ab 1.1.2011)

Bremen

4,5 % (ab 1.1.2011)

Hamburg

4,5 % (ab 1.1.2009)

Niedersachsen

4,5 % (ab 1.1.2011)

Saarland

4 % (ab 1.1.2011)

Sachsen-Anhalt

4,5 % (ab 1.3.2010)

Schleswig-Holstein

5 % (ab 1.1.2012)

Thüringen

5 % (ab 7.4.2011)

Hinweis:

Die Erhöhung um teilweise 1,5 %-Punkte wirkt sich beim Immobilienkauf merklich aus. So bedeutet dies z.B. bei einem Kaufpreis für die Immobilie von 250 000 € eine Mehrbelastung von 3 750 €. Damit sollte noch stärker darauf geachtet werden, dass Kaufpreisbestandteile, welche nicht auf die Immobilie selbst entfallen, aus dem Kaufpreis herausgerechnet und im Kaufvertrag separat ausgewiesen werden. Dies sind z.B. Inventar, Möbel und Einbauküche (soweit es sich nicht um speziell in das Haus eingepasste Möbel/Einbauküche handelt oder das miterworbene Heizöl im Öltank. Soweit der Kaufpreis auf diese Bestandteile entfällt, fällt keine Grunderwerbsteuer an.

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2 Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer der Erd- und Seebebenkatastrophe in Japan im März 2011

Eine Unterstützung der Opfer der Naturkatastrophe im März 2011 in Japan und der weitergehenden Folgen, wie der Nuklearkatastrophe, kann steuerlich in verschiedenen Konstellationen geltend gemacht werden. Die Finanzverwaltung hat mit Schreiben vom 24.3.2011 (Aktenzeichen IV C 4 – S 2223/07/0015 :005, DOK 2011/0219607) für die steuerliche Geltendmachung von Unterstützungsmaßnahmen Vereinfachungsregeln veröffentlicht. Diese sind zeitlich befristet für den Zeitraum vom 11.3.2011 bis zum 31.12.2011.

a) Zuwendungen aus einem Unternehmen (Betriebsvermögen)

Aufwendungen eines Unternehmers sind als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die Ausgaben als Sponsoring eingestuft werden. Dies ist dann gegeben, wenn der sponsernde Unternehmer wirtschaftliche Vorteile, die in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen erstrebt. Diese wirtschaftlichen Vorteile sind u.a. dadurch erreichbar, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z.B. durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen usw.) auf seine Leistungen aufmerksam macht.

Wendet der Unternehmer seinen durch die Flut geschädigten Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen unentgeltlich Leistungen aus seinem Betriebsvermögen zu, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Die ansonsten geltenden Abzugsbeschränkungen wendet die Finanzverwaltung aus Billigkeitsgründen nicht an.

In anderen Fällen lässt die Finanzverwaltung aus Billigkeitsgründen einen Betriebsausgabenabzug zu, wenn Wirtschaftsgüter oder sonstige betriebliche Nutzungen und Leistungen, nicht hingegen Geld, an durch die Flut geschädigte Unternehmen zugewandt werden.

b) Lohnsteuer

Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können steuerfrei sein, wenn die Unterstützungen dem Anlass nach gerechtfertigt sind. Die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 € je Kalenderjahr steuerfrei. Der 600 € übersteigende Betrag gehört nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im Allgemeinen kann bei von Naturkatastrophen und den Folgeschäden betroffenen Arbeitnehmern von einem besonderen Notfall ausgegangen werden.

Hinweis:

Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Dabei ist auch zu dokumentieren, dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch die Naturkatastrophe und deren Folgen zu Schaden gekommen ist.

Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens

  • zu Gunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an von der Flut betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens oder an Arbeitnehmer im selben Konzern oder
  • zu Gunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung,

so bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert.

Hinweis:

Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen. Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erteilt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben.

Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht als Spende berücksichtigt werden.

c) Spenden

Für alle Sonderkonten, die von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, inländischen öffentlichen Dienststellen oder von den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege eingerichtet wurden, gilt ohne betragsmäßige Beschränkung der vereinfachte Zuwendungsnachweis. Danach genügt in diesen Fällen als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z.B. Kontoauszug) eines Kreditinstituts oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking. Soweit bis zum 30.3.2011 im Hinblick auf ergangene Verwaltungsanweisungen Zuwendungen nicht auf ein Sonderkonto, sondern auf ein Konto der o.a. Spendenempfänger geleistet wurden, gilt auch hier der vereinfachte Zuwendungsnachweis.

Aus Solidarität mit den Opfern der Flut haben auch nicht steuerbegünstigte Spendensammler Spendenkonten eingerichtet und zu Spenden aufgerufen. Diese Zuwendungen sind steuerlich abziehbar, wenn das Spendenkonto als Treuhandkonto geführt wird und die Zuwendungen anschließend entweder an eine gemeinnützige Körperschaft oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle weitergeleitet werden. Zur Erstellung von Zuwendungsbestätigungen muss dem Zuwendungsempfänger auch eine Liste mit den einzelnen Spendern und dem jeweiligen Anteil an der Gesamtsumme übergeben werden.

d) Spendenaktionen von gemeinnützigen Körperschaften für durch die Flut geschädigte Personen

Einer gemeinnützigen Körperschaft ist es grundsätzlich nicht erlaubt, Mittel für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden, die sie nach ihrer Satzung nicht fördert. Ruft eine gemeinnützige Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine hier in Betracht kommenden Zwecke verfolgt (z.B. Sportverein, Bildungsverein, Kleingartenverein oder Brauchtumsverein), zu Spenden zur Hilfe für die Opfer der Flut auf und kann sie die Spenden nicht zu Zwecken, die sie nach ihrer Satzung fördert, verwenden, verfährt die Finanzverwaltung nach folgenden Grundsätzen: Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine z.B. mildtätigen Zwecke fördert oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für Opfer der Flut erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung für den angegebenen Zweck verwendet. Hierzu reicht es aus, wenn die Spenden entweder an eine gemeinnützige Körperschaft, die z.B. mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zu diesem Zweck weitergeleitet werden. Die gemeinnützige Einrichtung, die die Spenden gesammelt hat, muss entsprechende Zuwendungsbestätigungen für Spenden, die sie für die Hilfe für Opfer der Flut erhält und verwendet, bescheinigen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.

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3 Werbungskosten bei sog. Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung

Die erstmalige Berufsausbildung führt noch nicht zu Werbungskosten hinsichtlich der später aus dem Beruf erzielten Einnahmen. Anders ist dies aber bei einem Studium nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder auch bei einem Zweitstudium – so auch ein Masterstudium nach einem Bachelorstudium. In diesen Fällen können die Kosten des Studiums als vorweggenommene Werbungskosten geltend gemacht werden. Soweit keine anderen positiven Einkünfte zur Verrechnung zu Verfügung stehen, führt dies dazu, dass zunächst einkommensteuerliche Verluste festgestellt werden, die in späteren Jahren mit Einnahmen verrechnet werden können.

Streitig war nun, ob ein Student nach abgeschlossener Berufsausbildung am Studienort eine doppelte Haushaltsführung begründet und damit deren Kosten, also Miete, Fahrtkosten usw. als (vorweggenommene) Werbungskosten geltend machen kann. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat dies in dem Urteil vom 16.12.2009 (Aktenzeichen 1 K 3933/09) abgelehnt; jedenfalls für den Fall, dass der Student neben seiner Wohnung am Studienort nur in der Wohnung seiner Eltern sein bisheriges „Kinderzimmer“ nutzt, ohne darin einen eigenen Haushalt zu führen.

Hinweis:

Gegen dieses Urteil ist die Revision dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 78/10 anhängig, so dass die endgültige Klärung der Frage, welche Kosten in einem solchen Fall geltend gemacht werden können, noch aussteht. In vergleichbaren Fällen sollten die Kosten der auswärtigen Unterbringung vorsorglich geltend gemacht werden.

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4 Höhe des Ausbildungsfreibetrags verfassungsgemäß

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 25.11.2010 (Aktenzeichen III R 111/07) entschieden, dass gegen die vergleichsweise geringe Höhe des Ausbildungsfreibetrags für auswärtig untergebrachte Kinder i.H.v. 924 € keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Das Gericht stellte darauf ab, dass die zu erfolgende Entlastung der Eltern anhand der insgesamt gewährten Begünstigungen, also auch unter Einbezug des Kindergelds bzw. der Kinderfreibeträge und des Freibetrags für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf zu berücksichtigen ist.

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5 Steuerliche Zurechnung von Kinderbetreuungskosten

Kinderbetreuungskosten können nach verschiedenen Vorschriften steuerlich berücksichtigt werden. Vor allem gilt dies für sog. erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten, wenn also Kinderbetreuungskosten wegen der Erwerbstätigkeit des Stpfl. anfallen. In diesem Fall ist – unter weiteren Bedingungen – ein begrenzter Abzug bis zu 4 000 € je Jahr und Kind möglich.

Hierbei gilt es allerdings zu beachten, dass nur derjenige die Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend machen kann, der diese auch getragen hat. So entschied der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 25.11.2010 (Aktenzeichen III R 79/09). Im Urteilsfall lebten die nicht verheirateten Eltern zusammen und wirtschafteten auch wie „aus einem Topf“, allerdings ohne gemeinsames Konto. Beide Elternteile waren berufstätig. Das gemeinsame Kind wurde in einer Kindertagesstätte betreut. Den Betreuungsvertrag mit der Kindertagesstätte schloss die Mutter ab und zahlte von ihrem Konto auch das Entgelt. Der Vater des Kindes begehrte nun den Abzug von zwei Drittel dieser Aufwendungen in seiner Steuererklärung, was sich auf Grund des höheren Einkommens deutlich günstiger ausgewirkt hätte als die volle Berücksichtigung bei der Mutter. Der Bundesfinanzhof ließ den Abzug der Kinderbetreuungskosten nur bei der Mutter zu, da diese die Kosten auch getragen habe. Eine teilweise Berücksichtigung der Kosten beim Vater käme auch nicht unter dem Gesichtspunkt des abgekürzten Zahlungs- und Vertragswegs in Frage, so der Bundesfinanzhof.

Hinweis:

Dies verdeutlicht, dass im Vorhinein geprüft werden muss, bei welcher Person sich die Aufwendungen steuerlich mehr auswirken. Dann sollte auch diese Person die Aufwendungen tragen. Insofern ist also eine vorausschauende Planung erforderlich. Hinzuweisen ist darauf, dass bei zusammenveranlagten Ehegatten die steuerliche Zurechnung der Kinderbetreuungskosten keine Relevanz hat, da bei der Einkommensteuerveranlagung die Ehegatten zusammengefasst betrachtet werden.

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6 Freiwillige Vorsorgeaufwendungen mindern nicht die beim Kindergeld schädlichen Bezüge

Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag wird für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt. Insbesondere dürfen die Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht mehr als 8 004 € im Jahr betragen. Der Arbeitslohn des Kindes ist auch um abgeführte Sozialversicherungsbeiträge zu mindern. Das Finanzgericht München bestätigt in dem Gerichtsbescheid vom 14.1.2011 (Aktenzeichen 10 K 3574/08), dass freiwillige Vorsorgeaufwendungen des Kindes bei der Ermittlung der maßgeblichen Einkünfte nicht mindernd zu berücksichtigen sind.

Hinweis:

Besteht eine gesetzliche Versicherungspflicht in der Sozialversicherung, so ist der Abschluss freiwilliger Zusatzversicherungen regelmäßig nicht hilfreich, um die Einkommensgrenze zu unterschreiten, wie dieses Urteil bestätigt. Abziehbar sind nur Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung oder unvermeidbare Beiträge für eine private Krankenversicherung.

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7 Schreiben der Finanzverwaltung zur Abzugsfähigkeit von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer

Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wurde auf Druck der Rechtsprechung die Regelung zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer rückwirkend ab dem Jahr 2007 wieder entschärft. Die Finanzverwaltung hat dies zum Anlass genommen, das frühere Anwendungsschreiben aus dem Jahr 2007 zu aktualisieren. Mit Schreiben vom 2.3.2011 (Aktenzeichen IV C 6 – S 2145/07/10002, DOK 2011/0150549) wurden die Standpunkte der Finanzverwaltung zur einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer umfassend dargestellt. In diesem Bereich bestehen für eine Reihe von Arbeitnehmern Möglichkeiten, die Steuerlast dauerhaft zu senken. Aus diesem Grunde stellen wir die wesentlichen Aspekte vor.

Hinweis:

Im Folgenden wird sich zeigen, dass eine Abgrenzung hinsichtlich der steuerlichen Abzugsfähigkeit oftmals schwierig ist. Da es sich aber um einen steuerlichen Dauersachverhalt mit entsprechend großer Steuerauswirkung handelt, lohnt eine sehr sorgfältige Erstüberprüfung und eine entsprechende Dokumentation.

a) Grundsatz der steuerlichen Abzugsmöglichkeiten

Gesetzlich ist festgelegt, dass im Grundsatz die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen. Hiervon gibt es zwei wichtige Ausnahmen:

1. Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden.

2. Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Aufwendungen bis zur Höhe von 1 250 € pro Jahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar.

Hinweis I:

Der Betrag von 1 250 € ist als objektbezogener Höchstbetrag zu verstehen. Dieser Höchstbetrag kann also nicht mehrfach für verschiedene Tätigkeiten oder Personen in Anspruch genommen werden, sondern ist ggf. auf die unterschiedlichen Tätigkeiten oder Personen aufzuteilen, wenn das Arbeitszimmer z.B. von mehreren Personen genutzt wird.

Hinweis II:

Diese gesetzliche Einschränkung hinsichtlich der steuerlichen Abziehbarkeit der Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers gilt nicht nur für Arbeitnehmer, sondern für sämtliche Einkunftsarten, also insbesondere auch für Selbständige und Gewerbetreibende.

b) Begriff des häuslichen Arbeitszimmers

Von Bedeutung ist zunächst, dass die dargestellte gesetzliche Regelung nur für ein „häusliches Arbeitszimmer“ gilt. Liegt ein solches nicht vor, so sind die entstandenen Aufwendungen im Grundsatz unbeschränkt abzugsfähig. Im Praxisfall ist deshalb zunächst immer zu prüfen, ob der Begriff „häusliches“ und der des „Arbeitszimmers“ erfüllt ist.

Ein Arbeitszimmer ist als „häusliches“ Arbeitszimmer einzustufen, wenn dieses nach seiner Lage, Funktion und Ausstattung in die häusliche Sphäre des Stpfl. eingebunden ist. In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein als Arbeitszimmer genutzter Raum regelmäßig dann, wenn er zur privaten Wohnung oder zum Wohnhaus des Stpfl. gehört. Dies betrifft nicht nur die Wohnräume, sondern ebenso Zubehörräume. So kann auch ein Raum, z.B. im Keller oder unter dem Dach (Mansarde) des Wohnhauses, in dem der Stpfl. seine Wohnung hat, ein häusliches Arbeitszimmer sein, wenn die Räumlichkeiten auf Grund der unmittelbaren Nähe mit den privaten Wohnräumen des Stpfl. als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind.

Dagegen kann es sich bei einem im Keller oder Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses befindlichen Raum, der nicht zur Privatwohnung des Stpfl. gehört, sondern zusätzlich angemietet wurde, um ein außerhäusliches Arbeitszimmer handeln, so dass die Abzugsbeschränkung nicht gilt. Maßgebend für die Bestimmung eines häuslichen Arbeitszimmers ist, ob eine innere häusliche Verbindung des Arbeitszimmers mit der privaten Lebenssphäre des Stpfl. besteht. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Wohnung, zu der das häusliche Arbeitszimmer gehört, gemietet ist oder ob sie sich im Eigentum des Stpfl. befindet. Auch mehrere Räume können als ein häusliches Arbeitszimmer anzusehen sein; die Abtrennung der Räumlichkeiten vom übrigen Wohnbereich ist erforderlich.

Daneben ist zu prüfen, ob es sich um ein „Arbeitszimmer“ handelt. Nach der abstrakten Definition des Bundesfinanzhofs ist dies ein Raum, der

  • vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten dient und
  • ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird; eine untergeordnete private Mitbenutzung (< 10 %) wird als unschädlich angesehen.

Nicht unter die Abzugsbeschränkung fallen Räume, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen (z.B. Betriebsräume, Lagerräume, Ausstellungsräume), selbst wenn diese ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Stpfl. verbunden und so in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind.

Die Finanzverwaltung nennt folgende Beispiele, in denen ein häusliches Arbeitszimmer vorliegen soll:

  • häusliches Büro eines selbständigen Handelsvertreters, eines selbständigen Übersetzers oder eines selbständigen Journalisten;
  • bei Anmietung einer unmittelbar angrenzenden oder unmittelbar gegenüberliegenden Zweitwohnung in einem Mehrfamilienhaus;
  • Aufwendungen für einen zugleich als Büroarbeitsplatz und als Warenlager betrieblich genutzten Raum unterliegen der Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer, wenn der Raum nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, v.a. auf Grund seiner Ausstattung und Funktion, ein typisches häusliches Büro ist und die Ausstattung und Funktion als Lager dahinter zurücktritt.

Kein häusliches Arbeitszimmer, sondern betrieblich genutzte Räume liegen regelmäßig in folgenden Fällen vor:

  • Arzt-, Steuerberater- oder Anwaltspraxis grenzt an das Einfamilienhaus an oder befindet sich im selben Gebäude wie die Privatwohnung, wenn diese Räumlichkeiten für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet und z.B. bei häuslichen Arztpraxen für Patientenbesuche und -untersuchungen eingerichtet sind.
  • In einem Geschäftshaus befinden sich neben der Wohnung des Bäckermeisters die Backstube, der Verkaufsraum, ein Aufenthaltsraum für das Verkaufspersonal und das Büro, in dem die Buchhaltungsarbeiten durchgeführt werden. Das Büro ist in diesem Fall auf Grund der Nähe zu den übrigen Betriebsräumen nicht als häusliches Arbeitszimmer zu werten.
  • Im Keller ist ein Arbeitsraum gelegen, der – anders als z.B. ein Archiv – keine Funktionen erfüllt, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen, z.B. Lager für Waren und Werbematerialien.

Hinweis:

Zu betonen ist, dass eine Einstufung nur für den Einzelfall unter Gesamtwürdigung aller Umstände erfolgen kann. Deshalb ist eine sorgfältige Dokumentation der Einrichtung und der Nutzung des Raums sehr wichtig.

Im Einzelnen sind viele Fälle allerdings noch nicht abschließend geklärt. So hatte das Finanzgericht Köln über einen Fall zu entscheiden, bei dem eine selbständige Musikerin Aufwendungen für einen innerhalb ihrer Wohnung gelegenen Raum geltend machte, der zum Proben, Einüben und Einstudieren der von ihr aufzuführenden Musikstücke genutzt wurde. Büromöbel standen nicht in dem Raum. Der Raum hatte mit einer Fläche von 45,12 qm einen Anteil von 21,49 % an der Gesamtwohnfläche von 210 qm. Das Finanzamt stufte diesen Raum als häusliches Arbeitszimmer ein und versagte den steuerlichen Abzug. Dem widersprach nun das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 13.10.2010 (Aktenzeichen 9 K 3882/09).

Das Finanzgericht stellt darauf ab, dass ein häusliches „Arbeitszimmer“ vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, organisatorischer oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Hiervon abzugrenzen sind aber andere Betriebsräume, für welche kein Abzugsverbot gilt. So z.B. für als Lager-, Werkstatt-, Arztpraxis- und Ausstellungsraum genutzte Räume. Die Abgrenzung ist im Einzelfall anhand der Gesamtumstände vorzunehmen. Dabei spielt die Einrichtung und die Nutzung des Raums eine besondere Rolle. In Abgrenzung zu Betriebsräumen ist ein typisches Arbeitszimmer mit Büromöbeln eingerichtet und ein Schreibtisch bildet das zentrale Möbelstück. Bei derartigen Betriebsräumen ist es dann auch unschädlich, wenn diese ihrer Lage nach mit den Wohnräumen des Stpfl. verbunden und deswegen in dessen häuslicher Sphäre eingebunden sind.

Hinweis:

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, sondern es wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Auch wenn die endgültige Entscheidung des Bundesfinanzhofs abzuwarten bleibt, so zeigt dieses Urteil doch, dass eine sorgfältige Abgrenzung im Einzelfall geboten ist. Im Zweifelsfall sollte ein Abzug sämtlicher Kosten begehrt werden. Dabei sollte eine sorgfältige Dokumentation der Einrichtung und der Nutzung des Raums erfolgen.

c) Vom Abzugsverbot betroffene Aufwendungen

Zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gehören insbesondere die anteiligen Aufwendungen für:

  • Miete,
  • Gebäudeabschreibung bei einer eigenen Immobilie,
  • Schuldzinsen für Kredite, die zur Anschaffung, Herstellung oder Reparatur des Gebäudes oder der Eigentumswohnung verwendet worden sind,
  • Wasser- und Energiekosten,
  • Reinigungskosten,
  • Grundsteuer, Müllabfuhrgebühren, Schornsteinfegergebühren, Gebäudeversicherungen,
  • Renovierungskosten,
  • Aufwendungen für die Ausstattung des Zimmers, wie z.B. Tapeten, Teppiche, Fenstervorhänge, Gardinen und Lampen.

Hinweis:

Soweit die Aufwendungen dem Arbeitszimmer nicht unmittelbar zugeordnet werden können, wie z.B. Miete für die Gesamtwohnung oder Wasser- und Energiekosten, sind diese Aufwendungen anteilig zu schlüsseln. Soweit möglich, sollte aber versucht werden, die Kosten unmittelbar zuzuordnen. So kann z.B. für Reinigungskosten des Arbeitszimmers eine separate Rechnung des Reinigungsunternehmens verlangt werden.

Nicht unter das Abzugsverbot fallen Aufwendungen für Arbeitsmittel, wie Schreibtisch, Stuhl, Regale usw.

d) Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen in voller Höhe steuerlich berücksichtigt werden. Dazu ist auf den inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Stpfl. abzustellen. Zu prüfen ist, welche Leistungen für die Tätigkeit wesentlich und prägend sind. Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt im Rahmen dieser Würdigung lediglich eine indizielle Bedeutung zu. So schließt das zeitliche Überwiegen der außerhäuslichen Tätigkeit einen unbeschränkten Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht von vornherein aus.

Übt ein Stpfl. nur eine betriebliche oder berufliche Tätigkeit aus, die in qualitativer Hinsicht gleichwertig sowohl im häuslichen Arbeitszimmer als auch am außerhäuslichen Arbeitsort erbracht wird, so liegt der Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung dann im häuslichen Arbeitszimmer, wenn der Stpfl. mehr als die Hälfte der Arbeitszeit im häuslichen Arbeitszimmer tätig wird. Übt ein Stpfl. mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist nicht auf eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Betätigung abzustellen; vielmehr sind alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen.

Beispiele, in denen das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilden kann:

  • Bei einem Verkaufsleiter, der zur Überwachung von Mitarbeitern und zur Betreuung von Großkunden auch im Außendienst tätig ist, kann das häusliche Arbeitszimmer Tätigkeitsmittelpunkt sein, wenn er dort die für den Beruf wesentlichen Leistungen (z.B. Organisation der Betriebsabläufe) erbringt.
  • Bei einem Ingenieur, dessen Tätigkeit durch die Erarbeitung theoretischer, komplexer Problemlösungen im häuslichen Arbeitszimmer geprägt ist, kann dieses auch der Mittelpunkt der beruflichen Betätigung sein, wenn die Betreuung von Kunden im Außendienst ebenfalls zu seinen Aufgaben gehört.
  • Bei einem Praxis-Konsultant, der ärztliche Praxen in betriebswirtschaftlichen Fragen berät, betreut und unterstützt, kann das häusliche Arbeitszimmer auch dann den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bilden, wenn er einen nicht unerheblichen Teil seiner Arbeitszeit im Außendienst verbringt.

Beispiele, in denen das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet:

  • Bei einem – freien oder angestellten – Handelsvertreter liegt der Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers, wenn die Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durch die Arbeit im Außendienst geprägt ist, auch wenn die zu Hause verrichteten Tätigkeiten zur Erfüllung der beruflichen Aufgaben unerlässlich sind.
  • Ein kaufmännischer Angestellter eines Industrieunternehmens ist nebenbei als Mitarbeiter für einen Lohnsteuerhilfeverein selbständig tätig und nutzt für letztere Tätigkeit sein häusliches Arbeitszimmer als „Beratungsstelle“, in dem er Steuererklärungen erstellt, Beratungsgespräche führt und Rechtsbehelfe bearbeitet. Für diese Nebentätigkeit ist das Arbeitszimmer zwar der Tätigkeitsmittelpunkt. Auf Grund der erforderlichen Gesamtbetrachtung ist das Arbeitszimmer jedoch nicht Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung.
  • Bei einer Ärztin, die Gutachten über die Einstufung der Pflegebedürftigkeit erstellt und dazu ihre Patienten ausschließlich außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers untersucht und dort (vor Ort) alle erforderlichen Befunde erhebt, liegt der qualitative Schwerpunkt nicht im häuslichen Arbeitszimmer, in welchem lediglich die Tätigkeit begleitende Aufgaben erledigt werden.
  • Bei einem Architekten, der neben der Planung auch mit der Ausführung der Bauwerke (Bauüberwachung) betraut ist, kann diese Gesamttätigkeit keinem konkreten Tätigkeitsschwerpunkt zugeordnet werden. Das häusliche Arbeitszimmer bildet in diesem Fall nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung.
  • Bei Lehrern befindet sich der Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung regelmäßig nicht im häuslichen Arbeitszimmer, weil die berufsprägenden Merkmale eines Lehrers im Unterrichten bestehen und diese Leistungen in der Schule o.Ä. erbracht werden. Deshalb sind die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer auch dann nicht in voller Höhe abziehbar, wenn die überwiegende Arbeitszeit auf die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts verwendet und diese Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird.

Hinweis:

Es sollte – zumindest für einen repräsentativen Zeitraum – eine genaue Dokumentation mit umfassender Darstellung der Tätigkeit erfolgen. Schwierigkeiten bereitet oftmals die Einstufung von Tätigkeiten, die einem Wandel unterworfen sind. Gerade durch den zunehmenden Einsatz von EDV können viele Tätigkeiten aus dem Arbeitszimmer heraus erledigt werden. In diesen Fällen sollte eine ablehnende Haltung der Finanzverwaltung besonders sorgfältig geprüft werden.

e) Für die betriebliche oder berufliche Betätigung steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung

Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Aufwendungen bis zur Höhe von 1 250 € je Jahr als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Anderer Arbeitsplatz in diesem Sinne ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Hier werden keine hohen Anforderungen gestellt.

Ein anderer Arbeitsplatz steht dem Stpfl. dann zur Verfügung, wenn dieser ihn in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers entfällt nicht bereits, wenn dem Stpfl. irgendein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sondern nur, wenn dieser Arbeitsplatz grundsätzlich so beschaffen ist, dass der Stpfl. auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist. Die Beurteilung, ob für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ist jeweils tätigkeitsbezogen vorzunehmen. Ein anderer Arbeitsplatz soll auch dann zur Verfügung stehen, wenn er außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, wie z.B. am Wochenende oder in den Ferien, nicht zugänglich ist.

Beispiele, in denen kein anderer Arbeitsplatz vorhanden ist und damit die Kosten des Arbeitszimmers bis zu 1 250 € je Jahr abzugsfähig sind:

  • Ein Lehrer hat für seine Unterrichtsvorbereitung in der Schule keinen Schreibtisch. Das jeweilige Klassenzimmer oder das Lehrerzimmer stellt keinen Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung dar.
  • Ein angestellter Krankenhausarzt übt eine freiberufliche Gutachtertätigkeit aus. Dafür steht ihm im Krankenhaus kein Arbeitsplatz zur Verfügung.

Beispiele dafür, dass ein vorhandener anderer Arbeitsplatz nicht für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht, so dass ein beschränkter Abzug der Kosten des Arbeitszimmers möglich ist:

  • Ein EDV-Berater übt außerhalb seiner regulären Arbeitszeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus Bereitschaftsdienst aus und kann dafür den Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber tatsächlich nicht nutzen.
  • Einer Schulleiterin mit einem Unterrichtspensum von 18 Wochenstunden steht im Schulsekretariat ein Schreibtisch nur für die Verwaltungsarbeiten zur Verfügung. Für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts kann dieser Arbeitsplatz nach objektiven Kriterien wie Größe, Ausstattung und Nutzung nicht genutzt werden; diese Arbeiten müssen im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden.
  • Einem Grundschulleiter, der zu 50 % von der Unterrichtsverpflichtung freigestellt ist, steht für die Verwaltungstätigkeit ein Dienstzimmer von 11 qm zur Verfügung. Das Dienstzimmer bietet keinen ausreichenden Platz zur Unterbringung der für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts erforderlichen Gegenstände.
  • Muss ein Bankangestellter in einem nicht unerheblichen Umfang Büroarbeiten auch außerhalb der üblichen Bürozeiten verrichten und steht ihm hierfür sein regulärer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung, können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich (bis zu einer Höhe von 1 250 €) als Werbungskosten zu berücksichtigen sein.

Hinweis:

Der Stpfl. muss konkret darlegen, dass ein anderer Arbeitsplatz für die jeweilige betriebliche oder berufliche Tätigkeit nicht zur Verfügung steht. Die Art der Tätigkeit kann hierfür Anhaltspunkte bieten. Wichtiges Indiz ist eine entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers.

f) Sonderfälle

Wird das Arbeitszimmer zur Erzielung unterschiedlicher Einkünfte genutzt, so ist zu differenzieren:

  • Übt ein Stpfl. mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus und bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, so sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen. Liegt dabei der Mittelpunkt einzelner Tätigkeiten außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers, ist der Abzug der anteiligen Aufwendungen auch für diese Tätigkeiten möglich.
  • Liegt der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, steht für einzelne Tätigkeiten jedoch kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können die Aufwendungen bis zur Höhe von 1 250 € abgezogen werden. Dabei sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen. Soweit der Kostenabzug für eine oder mehrere Tätigkeiten möglich ist, kann der Stpfl. diese anteilig insgesamt bis zum Höchstbetrag abziehen. Der Höchstbetrag von 1 250 € kann also nur einmal in Anspruch genommen werden.

Beispiel:

Ein Angestellter nutzt sein Arbeitszimmer zu 40 % für seine nichtselbständige Tätigkeit und zu 60 % für eine unternehmerische Nebentätigkeit. Nur für die Nebentätigkeit steht ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. An Aufwendungen sind für das Arbeitszimmer insgesamt 2 500 € entstanden. Diese sind nach dem Nutzungsverhältnis aufzuteilen. Auf die nichtselbständige Tätigkeit entfallen 40 % von 2 500 € = 1 000 €, die nicht abgezogen werden können. Auf die Nebentätigkeit entfallen 60 % von 2 500 € = 1 500 €, die bis zu 1 250 € als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Nutzen mehrere Stpfl. das Arbeitszimmer gemeinsam, so kann im Grundsatz jede Person die Kosten ansetzen, die selbst getragen wurden. Greift die Abzugsbeschränkung i.H.v. 1 250 €, so ist diese nach den Nutzungsanteilen aufzuteilen. Der Höchstbetrag kann also insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden.

Beispiel:

A und B nutzen gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer jeweils zu 50 %. Die Gesamtaufwendungen betragen 4 000 €. Sowohl A als auch B steht für die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Das Arbeitszimmer bildet auch nicht jeweils den Mittelpunkt der Tätigkeit. Sie können daher jeweils 625 € (50 % des begrenzten Abzugs) als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen.

Ändern sich die Nutzungsverhältnisse innerhalb eines Jahres, können nur die auf den Zeitraum, in dem das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, entfallenden Aufwendungen in voller Höhe abgezogen werden. Für den übrigen Zeitraum kommt ein beschränkter Abzug nur in Betracht, wenn für die betriebliche oder berufliche Betätigung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Höchstbetrag von 1 250 € ist auch bei nicht ganzjähriger Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers in voller Höhe zum Abzug zuzulassen.

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8 Umgekehrte Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung

Im Rahmen einer steuerlich anerkannten doppelten Haushaltsführung können die Kosten für wöchentliche Familienheimfahrten steuerlich geltend gemacht werden. Der Bundesfinanzhof hatte über den in der Praxis durchaus nicht selten vorkommenden Fall zu entscheiden, dass der am Familienwohnsitz lebende Ehegatte zu der im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung unterhaltenen Wohnung des anderen Ehegatten reiste (sog. umgekehrte Familienheimfahrten).

Mit Beschluss vom 2.2.2011 (Aktenzeichen VI R 15/10) verneinte der Bundesfinanzhof für diese Fälle den Werbungskostenabzug. Entscheidend war, dass der Ehefrau durch die Besuchsfahrten ihres Ehemanns keine Aufwendungen für ihre Berufstätigkeit entstanden waren, die Fahrtkosten wurden als private Ausgaben eingestuft.

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9 Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-8-Länder ab 1.5.2011

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit erlaubt es EU-Bürgern, ungeachtet ihres Wohnorts in jedem Mitgliedstaat unter den gleichen Bedingungen eine Beschäftigung aufnehmen und ausüben zu dürfen wie die Angehörigen dieser Staaten. Diese Grundfreiheit ist im Europarecht verankert. Die Länder Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn sind zum 1.5.2004 der EU beigetreten. Diese Länder werden auch als EU-8-Länder bezeichnet.

In den Verträgen über den Beitritt dieser Länder war für eine Übergangszeit die Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeschränkt. Dies diente dazu, ein moderates Zusammenwachsen der unterschiedlichen Arbeitsmärkte zu ermöglichen. Diese Übergangsfrist läuft nun aus, so dass ab dem 1.5.2011 Arbeitnehmer aus den genannten Ländern ohne Arbeitsgenehmigung eine Beschäftigung in Deutschland aufnehmen können und zwar unabhängig von Qualifikation und Branche. Dies bedeutet, dass in den arbeitsintensiven Branchen des Handwerks, des Hotel- und Gaststättengewerbes und in der Pflege Arbeitskräfte aus diesem Bereich nunmehr ungehindert tätig werden können. Bislang war deren Einsatz in Deutschland im Regelfall nur zeitlich begrenzt möglich.

Hinweis:

Die auch zum 1.5.2004 beigetretenen Länder Malta und Zypern waren von der Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht betroffen.

Zum 1.1.2007 sind die Länder Bulgarien und Rumänien der EU beigetreten. Auch hier gilt zunächst eine eingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit bis zum 31.12.2011. Diese Frist kann um weitere zwei Jahre verlängert werden, wenn dies von Deutschland beantragt wird. Davon ist auszugehen.

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10 Verkauf von Speisen an Imbissständen und in Kino-Foyers unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz

Die Lieferung von Lebensmitteln unterliegt (in der Regel) dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Anders ist dies aber dann, wenn zubereitete Speisen oder Nahrungsmittel „zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle“ verkauft werden. In diesem Fall kommt der Regelsteuersatz von 19 % zur Anwendung. Relevant ist dies z.B. bei dem Verkauf von Speisen an Imbissständen oder Imbisswagen oder auch in Metzgereien. Die Abgrenzung war im Einzelfall oft schwierig, da darauf abgestellt wurde, ob die Kunden vor Ort die Möglichkeit zum Verzehr der Speisen hatten. Dabei war die von der Rechtsprechung und der Verwaltung vorgenommene Unterscheidung oftmals wenig überzeugend.

Dieser Sichtweise ist der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 10.3.2011 nun nicht mehr gefolgt. Vielmehr ist entsprechend des EU-einheitlichen Mehrwertsteuerrechts wie folgt zu unterscheiden:

  • Die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder -wagen oder in Kino-Foyers unterliegt immer dann dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, wenn eine Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die Dienstleistungselemente, die der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen, qualitativ nicht überwiegen. Dabei ist es i.d.R. eine untergeordnete Nebenleistung, wenn die Speisen oder Mahlzeiten durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind. Auch das Bereitstellen von behelfsmäßigen Vorrichtungen, wie Theken oder Stehtische zum sofortigen Verzehr, ist unschädlich.
  • Dagegen unterliegen die Tätigkeiten eines Partyservices außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, dem Regelsteuersatz von 19 %. Von dem Partyservice wird regelmäßig eine einheitliche Leistung erbracht, die einheitlich entsprechend zu würdigen ist.

Deshalb ist aus Sicht des Verbrauchers zu bestimmen, ob es diesem auf die Lieferung von Nahrungsmitteln (dann in der Regel 7 % Umsatzsteuer) oder auf die Erbringung einer Dienstleistung (dann 19 % Umsatzsteuer) ankommt. Der Verkauf einer gebratenen Wurst oder von Pommes Frites an einem Imbissstand unterliegt deshalb nur dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Zwar wird in diesem Fall auch eine Dienstleistung erbracht, nämlich das Braten bzw. Frittieren, doch handelt es sich hierbei nur um eine einfache und standardisierte Handlung, die dem Endprodukt nicht das Gepräge gibt. Anders ist dies z.B. in einem Restaurant, wo der Gast nicht nur eine Lieferung von Speisen, sondern v.a. verschiedene Dienstleistungen erwartet, wie den Kellnerservice, Beratung durch das Bedienpersonal, Weiterleitung der Bestellung in die Küche, Darreichung der Speisen am Tisch, Vorhaltung beheizter Räume, Garderobe und Toiletten usw. Wie die Situation bei „einfachen Restaurants“, wie z.B. Fast-Food-Restaurants einzustufen ist, ist allerdings noch unklar.

Bei Leistungen eines Partyservices ist zu differenzieren:

  • Liefert dieser lediglich Speisen, wie bspw. kalte Platten, so liegt eine mit 7 % besteuerte Warenlieferung vor.
  • Werden aber auch damit verknüpfte Dienstleistungen erbracht, wie z.B. die Bereitstellung von Besteck und Geschirr, die Reinigung desselben, die Bereitstellung von Bedienpersonal, so liegt insgesamt eine Dienstleistung vor, die dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegt.

Hinweis:

Nach dieser Rechtsprechungsänderung wird vielfach nun der ermäßigte Umsatzsteuersatz zur Anwendung kommen. Da sich der Endpreis i.d.R. nicht verändern wird, bedeutet dies, dass eine geringere Umsatzsteuer herauszurechnen und abzuführen ist.

Die Reaktion der Finanzverwaltung auf diese grundlegende Rechtsprechungsänderung bleibt abzuwarten.

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11 Grenzen des Vorsteuerabzugs: Betriebsausflug, Anteilsveräußerung

Der Bundesfinanzhof hat in zwei grundlegenden Urteilen, die zeitgleich veröffentlicht wurden, zum Vorsteuerabzug Stellung genommen. Das Recht auf Vorsteuerabzug setzt bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen zunächst voraus, dass diese von einem Unternehmer für das Unternehmen bezogen wird und eine Rechnung nach den Anforderungen des Umsatzsteuerrechts vorliegt. In einem zweiten Schritt ist allerdings zu prüfen, ob der Unternehmer beabsichtigt, die bezogene Leistung für Zwecke eines steuerfreien oder bestimmten nicht steuerbaren Umsatzes zu verwenden, denn dies schließt den Vorsteuerabzug regelmäßig aus. Die Problematik liegt nun oftmals darin, dass eine Einzelzuordnung von bezogenen Leistungen zu bestimmten Ausgangsumsätzen nicht möglich ist. Hier ist zu differenzieren:

  • Einzelzuordnung zu steuerpflichtigen Umsätzen: Liegt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang  zu einem einzelnen Ausgangsumsatz, der steuerpflichtig ist, vor, so ist der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt.
  • Einzelzuordnung zu nicht steuerbaren oder steuerfreien Umsätzen: Besteht dagegen der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der nicht von der Umsatzsteuer erfasst wird (nichtwirtschaftliche Tätigkeit) oder steuerfrei ist, kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug nicht in Anspruch nehmen.
  • Zuordnung zur wirtschaftlichen Gesamttätigkeit: Fehlt es an einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, ist der Unternehmer nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und damit Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten steuerpflichtigen Leistungen sind.

Nach diesen Grundsätzen hat der Bundesfinanzhof folgende, für die Praxis wichtige Fälle entschieden:

  • Im Urteil vom 27.1.2011 (Aktenzeichen V R 38/09) veräußerte ein Industrieunternehmen eine Beteiligung. In diesem Zusammenhang wurden Beratungsleistungen in Anspruch genommen und die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuerabzug geltend gemacht worden. Der Bundesfinanzhof lehnte den Vorsteuerabzug ab, da die Beteiligungsveräußerung umsatzsteuerlich als steuerfreier Umsatz eingestuft wurde.
  • Anders ist dies, wenn eine sog. Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, da es sich hierbei, im Gegensatz zu einem steuerfreien, um einen nicht steuerbaren Umsatz handelt. Dies ist regelmäßig dann gegeben, wenn eine 100 %-Beteiligung veräußert wird. In diesem Fall ist der Vorsteuerabzug aus der Beratungsleistung möglich, da es bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen kraft Gesetzes damit an der Verknüpfung der Beratungsleistung zu einem steuerfreien Umsatz fehlt. Der Abzug ist aber nur dann möglich, soweit das veräußernde Unternehmen im Übrigen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

  • In dem mit Urteil vom 9.12.2010 (Aktenzeichen V R 17/10) entschiedenen Fall ging es um einen üblichen Betriebsausflug einer Steuerkanzlei, die Aufwendungen pro Mitarbeiter über 110 € auslösten und für die wegen des Sachbezugs 25 % Pauschal-Lohnsteuer entrichtet worden ist. Auch in diesem Fall lehnte der Bundesfinanzhof – entgegen der bisherigen Rechtsprechung – den Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen für die Veranstaltung ab, weil es sich dabei nicht um eine bloße Aufmerksamkeit des Arbeitgebers handelte, sondern der Zweck der Veranstaltung ausschließlich im außerbetrieblichen Bereich lag. Als Gegenargument ließ der Bundesfinanzhof nicht gelten, dass mit dem Betriebsausflug eine allgemeine Verbesserung des Betriebsklimas angestrebt wird. Derartige mittelbare Verknüpfungen sind für den Vorsteuerabzug nicht relevant. Nach bisheriger Rechtsprechung war dagegen der Vorsteuerabzug möglich, wobei dann allerdings auch die „Leistung“ an das Personal in Form des Betriebsausflugs der Entnahmebesteuerung unterlag.
  • Der Vorsteuerabzug ist allerdings dann möglich, wenn die Leistung an das Personal als Aufmerksamkeit eingestuft wird. Dies ist z.B. bei einem Betriebsausflug gegeben, wenn die 110 €-Grenze nicht überschritten wird.

    Hinweis:

    Aufmerksamkeiten sind Zuwendungen des Arbeitgebers, die nach ihrer Art und nach ihrem Wert Geschenken entsprechen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen. Zu den Aufmerksamkeiten rechnen danach gelegentliche Sachzuwendungen bis zu einem Wert von 40 €, wie z.B. Blumen, Genussmittel, ein Buch oder ein Tonträger, die dem Arbeitnehmer oder seinen Angehörigen aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden. Gleiches gilt für Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich überlässt.

    In Einzelfällen kann sich die neue Rechtsprechung, also der fehlende Vorsteuerabzug, auch günstig für den Unternehmer auswirken. Wendet ein Unternehmer seinem Personal Leistungen zu, die ihn nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, wie z.B. teure Theaterkarten (Leistungen der Theater sind steuerfrei), so war bislang trotz fehlendem Vorsteuerabzug die Zuwendung an den Arbeitnehmer der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Diese Verpflichtung zur Durchführung der Entnahmebesteuerung dürfte künftig entfallen.

Hinweis:

Abzuwarten bleibt, ob die Finanzverwaltung hinsichtlich dieser Neuorientierung des Bundesfinanzhofs eine Übergangsregelung erlässt, damit zumindest nicht alle bereits verwirklichten Sachverhalte nach einer von der bisherigen abweichenden Sichtweise – und regelmäßig zu Lasten der Unternehmen – beurteilt werden.

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12 Bildung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Vergütung von zurückgenommenen Mehrwegpaletten

Im Streitfall ging es um eine Gesellschaft, die Baustoffe vertreibt. Die Auslieferung der Produkte erfolgte auf besonders gekennzeichneten und damit dem Lieferanten eindeutig zuordenbaren Mehrwegpaletten. Den Abnehmern wurde für die Paletten ein Betrag von 8,70 € pro Stück berechnet, welcher bei Rückgabe der unbeschädigten Palette rückvergütet wurde. Das Unternehmen bildete nun gewinnmindernd eine Rückstellung für die voraussichtlichen Vergütungen für die zurückzunehmenden Mehrwegpaletten. Dabei wurde aus den Erfahrungen der Vergangenheit von einer Rücknahmequote i.H.v. 75 % ausgegangen. Das Finanzamt versagte die Anerkennung der Rückstellung.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz bestätigte dagegen mit rechtskräftigem Urteil vom 22.9.2010 (Aktenzeichen 2 K 2467/08) die Zulässigkeit der Rückstellung. Die Rücknahmeverpflichtung werde begründet mit dem Inverkehrbringen der Ware. Des Weiteren betont das Gericht, dass hierbei keine – steuerlich nicht ansetzbare – Drohverlustrückstellung, sondern eine steuerlich ansetzbare Verbindlichkeitsrückstellung vorliege. Entscheidend hierfür sei, dass es sich um individualisierte Paletten handle, welche nur bei diesem Lieferanten (und bei Partnerunternehmen) zurückgegeben werden könnten. Wegen deren individueller Kennzeichnung sei davon auszugehen, dass der Wille des Lieferanten dahin gehe, die Paletten zurückzuerhalten, um sie anschließend weiterverwenden zu können. Damit gehe einher, dass dem Lieferanten nicht an einer dauerhaften Übereignung der Paletten gelegen sei. Auch das Interesse der Kunden erstrecke sich nicht auf den Erwerb der Paletten, sondern nur auf deren Gebrauch für den Transport der Waren.

Ferner habe der Lieferant ausreichend nachgewiesen, dass mit einer Rücknahme ernsthaft zu rechnen war. Dies folgte zum einen aus den Erfahrungen der Vergangenheit, zum anderen aber auch aus dem Umstand, dass das Pfand von 8,70 € deutlich über dem Einkaufspreis für die Paletten von 4,50 € lag, so dass eine Rückgabe der Paletten aus Sicht der Abnehmer wirtschaftlich vernünftig war.

Daneben stellt das Gericht heraus, dass die Paletten beim Lieferanten dem Anlagevermögen zuzuordnen seien und als geringwertiges Wirtschaftsgut sofort abgeschrieben würden können.

Hinweis:

Diese Rechtsprechung gilt auch in vergleichbaren Fällen von Verkaufsverpackungen.

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13 Hinzurechnung eines Investitionsabzugsbetrags nach Eintritt der Gewerbesteuerpflicht

Steuerpflichtige können unter bestimmten Voraussetzungen für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen (sog. Investitionsabzugsbetrag). Erfolgt später die Investition, so werden technisch bei Anschaffung des Wirtschaftsguts der Investitionsabzugsbetrag dem Gewinn wieder hinzugerechnet und gleichzeitig die Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts entsprechend gewinnmindernd herabgesetzt. Im Ergebnis wird ein Teil der Abschreibung steuerlich vorgezogen.

Die steuerliche Erfassung einer gewerblichen Tätigkeit für die Einkommensteuer beginnt bereits mit den ersten Vorbereitungshandlungen. Bei der Gewerbesteuer beginnt die Steuerpflicht dagegen erst mit Aufnahme der nach außen gerichteten Tätigkeit, wie der Eröffnung eines Ladenlokals oder durch Versenden von Angeboten, Empfehlungen oder durch Reklame in Zeitungen; bloße Vorbereitungshandlungen, wie die Anmietung eines Geschäftslokals, das erst hergerichtet werden muss, begründen noch keine Gewerbesteuerpflicht. Soweit nun vor Beginn der Gewerbesteuerpflicht ein Investitionsabzugsbetrag gebildet wurde, welcher sich zu diesem Zeitpunkt nicht auf die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage ausgewirkt hat, stellt sich die Frage, wie die spätere gewinnerhöhende Auflösung im Investitionsjahr gewerbesteuerlich zu behandeln ist, wenn dann die Gewerbesteuerpflicht schon eingetreten ist. Die Finanzverwaltung führt hierzu aus (gleich lautender Ländererlass vom 26.1.2011), dass die Auflösung des Investitionsabzugsbetrags in dieser Konstellation auch die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage erhöhe. Aus Billigkeitsgründen könne allerdings auf Antrag dieser Betrag von der Gewerbesteuer ausgenommen werden, soweit die Bildung des Investitionsabzugsbetrags nicht die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage gemindert hat.

Hinweis:

Die Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung bedarf eines Antrags des Stpfl.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass allgemein Betriebsausgaben, die vor dem Beginn der Gewerbesteuerpflicht anfallen, gewerbesteuerlich nicht geltend gemacht werden können. Deshalb sollten nur die notwendigsten Vorbereitungsmaßnahmen vor Aufnahme der Markttätigkeit getroffen werden.

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14 Auch bei kleineren Betrieben können Anschlussbetriebsprüfungen erfolgen

Die richtige Ermittlung von Einkünften aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft und aus selbständiger Arbeit (Freiberufler) kann im Veranlagungsverfahren nur sehr begrenzt überprüft werden, da der Finanzverwaltung nur wenige Informationen zur Verfügung stehen. Bei diesen Einkünften kann vielmehr zur Überprüfung der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen eine steuerliche Außenprüfung erfolgen. Da die Finanzverwaltung wegen begrenzter Prüfungskapazitäten aber nicht alle Betriebe im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung prüfen kann, erfolgt eine Auswahl. Derzeit bestimmt die Einteilung Betriebe in Größenklassen als Kleinst-, Klein-, Mittel- oder Großbetrieb den Prüfungsrhythmus. So werden bei Großbetrieben lückenlos alle Besteuerungszeiträume geprüft, bei den anderen Betrieben erfolgt dagegen nur eine Auswahl. Kleinst- und Kleinbetriebe werden nur in Stichproben geprüft.

Der Bundesfinanzhof hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem bei einem Freiberufler für die Jahre 1998 bis 2000 eine Außenprüfung durchgeführt wurde, die wegen des Verdachts auf leichtfertige Steuerverkürzung auf die Jahre 1996 und 1997 erweitert wurde. Entsprechend den Ergebnissen dieser Betriebsprüfung erfolgten auch Änderungen der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2001. Dann wurde eine weitere Betriebsprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 angeordnet. Gegen diese Prüfungsanordnung wehrte sich der Stpfl. Er hielt diese weitere Prüfung nach nur einem prüfungsfreien Jahr für willkürlich und schikanös. Diese Ansicht verwarf der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 16.2.2011 (Aktenzeichen VIII B 246/09) ausdrücklich. Das Gericht betonte, dass die Finanzverwaltung den Prüfungsrhythmus nach freiem Ermessen festlegen kann. Im vorliegenden Fall war die erneute Prüfung von der Finanzverwaltung ausreichend begründet worden. Danach kann eine Betriebsprüfung dann erfolgen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zur rechnen ist oder der Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit besteht.

Hinweis:

Bei Kleinst- und Kleinbetrieben ist statistisch gesehen mit einer steuerlichen Außenprüfung nur in einem Rhythmus von mehreren Jahrzehnten zu rechnen. Dennoch kann die Finanzverwaltung auch anlassbezogen Betriebsprüfungen durchführen, daneben wird ein bestimmter Anteil der zu prüfenden Betriebe auch mittels Zufallsauswahl bestimmt. Insofern muss auch bei kleineren Betrieben mit einer steuerlichen Außenprüfung gerechnet werden. Dennoch sollte eine Prüfungsanordnung sorgfältig auf deren Rechtmäßigkeit hin überprüft werden.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Finanzverwaltung die Auswahl der zu prüfenden Betriebe umstellen will, von der starren Einteilung nach Größenklassen hin zu einer Auswahl nach dem individuellen Risiko eines Steuerausfalls. Hierzu richtet die Finanzverwaltung ein Risikomanagementsystem ein, mit welchem dieses Risiko ermittelt werden soll. Damit eine elektronische Auswertung erfolgen kann, müssen, wie jetzt schon die Einnahmen-Überschuss-Rechnung, zukünftig auch die Daten der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung in einer von der Finanzverwaltung vorgegebenen Datenform elektronisch an diese übermittelt werden. In die Auswahl sollen auch persönliche Risikofaktoren des Stpfl. mit einfließen, z.B. Aspekte wie die pünktliche Zahlung der Steuerschulden oder auch das Vorhandensein eines steuerlichen Beraters.

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15 Umsatzsteuerliche Organschaft setzt unmittelbare Beteiligung voraus

Ist eine Kapitalgesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert, so wird von einer umsatzsteuerlichen Organschaft gesprochen. Folge einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist, dass die Umsätze zwischen Organträger und den Organgesellschaften nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden. Hierbei wird von Innenumsätzen gesprochen. Die umsatzsteuerliche Organschaft führt also insoweit zu Arbeitserleichterungen, da bei den Rechnungen über die Innenumsätze keine Umsatzsteuer ausgewiesen und abgeführt und beim Empfänger dann kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden muss.

Bislang wurde eine finanzielle Eingliederung in eine Personengesellschaft auch angenommen, wenn nicht diese selbst eine Mehrheitsbeteiligung an der Organgesellschaft hält, sondern deren Gesellschafter. Ertragsteuerlich sind dann die Anteile an der Organgesellschaft regelmäßig als sog. Sonderbetriebsvermögen einzustufen. Der Bundesfinanzhof hat hierzu seine Rechtsprechung geändert. Eine Kapitalgesellschaft ist danach finanziell nicht in das Unternehmen einer Personengesellschaft eingegliedert, wenn sich deren Anteile nicht im Besitz der Personengesellschaft selbst befinden, sondern mehreren Gesellschaftern der Personengesellschaft zustehen und diese nur gemeinsam eine Anteilsmehrheit an der GmbH und der Personengesellschaft haben. Der Bundesfinanzhof hat allerdings zunächst – da in den Urteilsfällen nicht entscheidungserheblich – ausdrücklich offengehalten, ob eine finanzielle Eingliederung in verschiedenen anderen Fällen vorliegt.

Mit Urteil vom 1.12.2010 (Aktenzeichen XI R 43/08) hat der Bundesfinanzhof für den Fall, dass zwischen zwei Schwesterngesellschaften ein Beherrschungsvertrag besteht, das Vorliegen einer finanziellen Eingliederung und damit einer umsatzsteuerlichen Organschaft abgelehnt. In der Urteilsbegründung stellt das Gericht auch für den Fall heraus, dass wenn nur ein Gesellschafter über eine Anteilsmehrheit sowohl an der Kapitalgesellschaft als auch an der Personengesellschaft verfügt, keine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt, auch wenn für diesen Fall vom Gericht keine Entscheidung getroffen werden musste.

Hinweis:

Generell muss davon ausgegangen werden, dass eine finanzielle Eingliederung – und damit eine umsatzsteuerliche Organschaft – nicht mehr vorliegt, wenn die Beteiligung an der Organ-Kapitalgesellschaft nicht im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft, sondern lediglich im ertragsteuerlichen Sonderbetriebsvermögen gehalten wird. Die Finanzverwaltung wendet die geänderte Rechtsprechung aber noch nicht generell an. Die weitere Vorgehensweise bleibt abzuwarten. Für derzeit bestehende Organschaftsverhältnisse wird die Finanzverwaltung voraussichtlich eine Übergangsregelung schaffen.

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16 Neues Musterverfahren gegen die Einschränkung des Werbungskostenabzugs bei der Abgeltungsteuer

Unterliegen die Kapitaleinkünfte der Abgeltungsteuer, was der Regelfall ist, so können tatsächlich angefallene Werbungskosten nicht mehr geltend gemacht werden. Diese sind vielmehr durch den vergleichsweise niedrigen Steuersatz von 25 % und den Sparer-Pauschbetrag von 801 € (bzw. 1 602 € bei zusammenveranlagten Ehegatten) abgegolten. In Einzelfällen kann der fehlende Werbungskostenabzug äußerst nachteilig sein.

Der Bund der Steuerzahler e.V. unterstützt ein neues Musterverfahren gegen die Einschränkung des Werbungskostenabzugs bei der Abgeltungsteuer. Das Verfahren ist beim Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 6 K 607/11 F anhängig. Bei bisherigen Verfahren ist es letztlich nicht zu einer Entscheidung gekommen, so dass diese Frage noch nicht durch die Finanzgerichte geklärt ist.

Hinweis:

Im Einzelfall sollte nun geprüft werden, ob tatsächlich angefallene Werbungskosten, insbesondere Zinsen aus einer Fremdfinanzierung der Kapitalanlagen, bei der Steuererklärung geltend gemacht werden. Es sollte geprüft werden, ob gegen den Nichtabzug der Werbungskosten Einspruch eingelegt und im Hinblick auf das nunmehr anhängige Verfahren ein Ruhen des Einspruchsverfahrens beantragt werden. Teilweise lehnt die Finanzverwaltung allerdings ein Ruhen der Verfahren ab und erlässt vielmehr ablehnende Einspruchsentscheidungen, gegen die dann nur noch der (kostspielige) Klageweg gegangen werden kann.

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17 Werbungskostenabzug ist gefährdet, wenn der Vermieter die Einstellung der Mietzahlung über einen längeren Zeitraum hinnimmt

Bei Vermietungsobjekten können Werbungskosten nur dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn eine Einkünfteerzielungsabsicht besteht. Bei fremdvermieteten Objekten ist davon grundsätzlich auszugehen. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 24.2.2010 (Aktenzeichen 2 K 894/05) entschieden, dass die Einkünfteerzielungsabsicht zu verneinen ist, wenn der Vermieter die Einstellung der Mietzahlung über einen längeren Zeitraum hinnimmt und keine geeigneten Maßnahmen ergreift, diesen Zustand zu beenden.

Hinweis:

Gegen dieses Urteil ist die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig, so dass dessen endgültige Entscheidung über diesen Streitfall abzuwarten bleibt. Dennoch ist in der Praxis in solchen Fällen Vorsicht geboten.

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18 Zeitpunkt der Wirksamkeit der Veräußerung von GmbH-Anteil

Eine der entscheidenden Fragen der Besteuerung der Veräußerungen von GmbH-Anteilen nach § 17 EStG ist die Frage nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Veräußerung. Dazu hatte der BFH bereits mit Urteil vom 22.7.2008 (Aktenzeichen IX R 74/06) entschieden, dass der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums voraussetze, dass der Erwerber das Risiko einer Wertminderung zu tragen habe und die Chance einer Wertsteigerung wahrnehmen könne. Zudem müssen die mit den Anteilen verbundenen wesentlichen Rechte auf den Erwerber übergehen. Es genügt danach nicht, die Anteile dinglich zu übertragen, wenn die mit den Anteilen verbundenen Rechte und Pflichten (insbesondere das Gewinnbezugsrecht) erst später übergehen.

In Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH mit Urteil vom 20.7.2010 (Aktenzeichen IX R 38/09, BFH/NV 2011, 41) festgestellt: Nach Würdigung des Gesamtbilds der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall geht das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil erst dann auf einen Erwerber über, wenn der Käufer des Anteils

  • auf Grund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts schon eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und
  • die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte auf ihn übergegangen sind (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) und
  • das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.
  • Zudem setzt ein besitzloses wirtschaftliches Eigentum weiter voraus, dass der Inhaber des zivilrechtlichen Eigentums bezüglich des Wirtschaftsguts allein den Weisungen des anderen zu folgen verpflichtet ist und dieser jederzeit die Herausgabe (Übertragung des Eigentums an sich) verlangen kann.

Im Streitfall hatte ein Ehepaar eine wesentliche Beteiligung (ein Aktienpaket) auf Grundlage eines notariell beurkundeten Kauf- und Übertragungsvertrags vom 17.3.2003 veräußert. Das Verwahrdepot, auf dem die veräußerten Aktien verbucht waren, sollte zu Gunsten der Erwerber bis zum (dinglichen) Eigentumsübergang aller verkauften Aktien (dem sog. „Closing“) gesperrt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten alle Rechte an den veräußerten Aktien – einschließlich der Stimmrechte – bei den bisherigen Eigentümern verbleiben. Nach einer im Sachverhalt zusätzlich noch erforderlichen kartellrechtlichen Genehmigung erfolgten die Zahlung des Kaufpreises und die Übertragung der Aktien am 2.9.2003.

Der BFH hat diesen Sachverhalt gegen die Auffassung des Finanzamts dahingehend entschieden, dass das wirtschaftliche Eigentum nicht schon am 17.3.2003 übergegangen sei, weil die Rechte (einschließlich der Stimmrechte) aus den verkauften Aktien bis zum Zeitpunkt des dinglichen Eigentumsübergangs bei den bisherigen Eigentümern verblieben und die bisherigen Eigentümer in Bezug auf die zu übertragenden Aktien auch nicht verpflichtet waren, allein den Weisungen der Erwerberin zu folgen.

Im Urteilsfall lag die Veräußerung zwar auch nach Ansicht des Bundesfinanzhofs im Jahr 2003. Die Entscheidung, dass der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums erst am 2.9.2003 erfolgte, spielte aber deshalb eine Rolle, weil die Veräußerin zuletzt nicht mehr wesentlich beteiligt war. Es reicht zwar aus, wenn die Wesentlichkeitsschwelle in einem Moment innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung überschritten war, dieser Fünfjahreszeitraum war aber bereits am 18.8.2003 abgelaufen.

Hinweis:

Dieses Urteil verdeutlicht erneut die Notwendigkeit, in Beteiligungskaufverträgen den Übergang des rechtlichen und des wirtschaftlichen Eigentums mit besonderer Sorgfalt zu regeln, damit auch die gewünschten Ergebnisse erzielt werden können. Auch bei GmbH-Anteilen muss darauf geachtet werden, dass dann, wenn das wirtschaftliche Eigentum bereits vor dem rechtlichen Eigentum übergehen soll, der wirtschaftliche Eigentümer die maßgeblichen Rechte aus den Anteilen auch tatsächlich ausüben kann. Insoweit müssen auch die entsprechenden Regelungen des Gesellschaftsvertrags überprüft werden.

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19 Bedingungen für die steuerliche Anerkennung einer stillen Beteiligung des GmbH-Gesellschafters am Unternehmen der GmbH

Die Vereinbarung einer stillen Beteiligung zwischen einem Gesellschafter und seiner GmbH zählt zum anerkannten steuerlichen Gestaltungsinstrumentarium. Es bietet insbesondere die Möglichkeit, auch die Finanzierungssituation der GmbH zu verbessern.

Unter stiller Beteiligung ist eine Gesellschaft zu verstehen, bei der sich jemand mit einer Vermögenseinlage an dem Handelsgewerbe eines anderen, d.h. am Gewinn bzw. Verlust, beteiligt. Dabei kann die Verlustbeteiligung ausgeschlossen werden. Es genügt ein formloser Vertrag, eine Handelsregistereintragung ist bei der stillen Beteiligung an einer GmbH nicht erforderlich.

Wenn der stille Gesellschafter an den stillen Reserven des Betriebs beteiligt ist und/oder Mitunternehmerrisiko bzw. Mitunternehmerinitiative hat, liegt eine sog. atypisch stille Gesellschaft vor. Aus steuerlicher Sicht können gerade mit einer atypisch stillen Gesellschaft gewerbesteuerliche Vorteile wie auch Vorteile in Verlustphasen verbunden sein. Es kann damit gelingen, Verluste der GmbH mit anderen Einkünften des Gesellschafters zu verrechnen. Die konkrete Einzelfallprüfung sollte in diesen Fällen aber keinesfalls unterbleiben.

Zu den Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung einer solchen stillen Beteiligung hat das FG Baden-Württemberg mit seinem erst in 2011 veröffentlichten Urteil vom 23.11.2009 (Aktenzeichen 10 K 282/06, EFG 2011, 243) Stellung genommen. Im Streitfall hatte ein Stpfl. im Wege der Bargründung eine GmbH errichtet. Darüber hinaus machte er steuerlich geltend, dass er an dieser GmbH auch ein stilles Beteiligungsverhältnis begründet habe, dessen Existenz allerdings streitig war. Zu dieser Problematik führt das FG aus:

  • Bei der atypisch stillen Beteiligung des GmbH-Gesellschafters am Unternehmen der GmbH im Wege des Selbstkontrahierens ist als Nachweis für die tatsächliche Durchführung die zeitnahe Einbuchung der Einlage in der Buchhaltung der GmbH erforderlich.
  • Die Zuordnung der Einlage zum Betriebsvermögen muss zeitnah in einer Art und Weise dokumentiert werden, die es einem sachverständigen Dritten ohne weitere Erklärung des Gesellschafters ermöglicht, die Zugehörigkeit des eingelegten Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen der GmbH zu erkennen.

Hinweis:

Auch ohne Formerfordernis empfiehlt es sich aus steuerlichen (Nachweis-)Gründen, entsprechende stille Gesellschaften erstens schriftlich zu vereinbaren und zweitens deren Vollzug auch in der Buchhaltung durch zeitnahes Einbuchen und entsprechende Belege (Kontoauszüge oder Zahlungsbelege über die Leistung der stillen Einlage) zweifelsfrei zu dokumentieren.

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20 Zuflussbesteuerung bei Anteilsveräußerung mit Ratenzahlung und Kaufpreisstundung?

Die Vorschrift des § 17 EStG erfasst die Veräußerung von GmbH-Beteiligungen des steuerlichen Privatvermögens dann, wenn der Veräußerer zu einem Zeitpunkt innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung zu mindestens 1 % am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt war (sog. Wesentlichkeitsgrenze). Ein solcher Veräußerungsgewinn entsteht grundsätzlich im Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums, und zwar unabhängig davon, wann der Kaufpreis gezahlt wird. So kann es bei einer Kaufpreisstundung auf der Verkäuferseite noch am Liquiditätszufluss fehlen, während andererseits die Steuerzahlung auf einen etwaigen Veräußerungsgewinn bereits zu leisten ist.

Zu dieser Problematik hat der BFH mit Urteil vom 20.7.2010 (Aktenzeichen IX R 45/09, BStBl II 2010, 969) Stellung genommen. Im Streitfall hatte ein Veräußerer durch notariellen Vertrag vom 29.12.2000 mit sofortiger Wirkung sämtliche Geschäftsanteile einer C-GmbH an einen Erwerber zum Preis von 500 000 DM veräußert. Noch vor der Kaufpreiszahlung wurde am 11.1.2001 eine privatschriftliche Zusatzvereinbarung geschlossen, nach der der Kaufpreis nicht sofort, sondern über zehn Jahre hinweg in jährlichen Raten von 50 000 DM gezahlt werden sollte, erstmalig am 3.1.2006.

Dazu führt der BFH aus, dass der entsprechende Veräußerungsgewinn grundsätzlich zu dem Zeitpunkt zu erfassen ist, in dem das rechtliche oder zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Anteilen auf den Erwerber übergeht, unabhängig davon, ob dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt schon das Entgelt zufließt oder nicht.

Nach der Rechtsprechung besteht allerdings ein Wahlrecht zwischen der Erfassung des Barwerts des Rechts auf die wiederkehrenden Bezüge im Zeitpunkt der Veräußerung oder aber der sog. Zuflussbesteuerung der Summe der in den Folgejahren tatsächlich zufließenden Bezüge. Voraussetzung für die Anerkennung der Zuflussbesteuerung ist aber, dass der Veräußerungspreis in langfristig wiederkehrenden Bezügen besteht, die wagnisbehaftet sind oder die Bestimmungen hauptsächlich im Interesse des Veräußerers, um dessen Versorgung zu sichern, und nicht im Interesse des Erwerbers getroffen worden sind.

Hinweis:

Werden GmbH-Anteile gegen wiederkehrende Zahlungen veräußert und will der Veräußerer den Veräußerungsgewinn nicht sofort, sondern erst bei Zufluss steuerlich erfassen, was auch erhebliche Liquiditätsvorteile mit sich bringt, dann ist zwingend darauf zu achten, dass die Zahlungen (von Beginn an) Versorgungscharakter haben. Im Streitfall war der Versorgungscharakter i.Ü. schon zu deshalb zu verneinen, weil die Ratenzahlungsvereinbarung erst geschlossen wurde, nachdem der Kaufpreis fällig war. Damit stellte diese Vereinbarung lediglich eine nachträgliche Umgestaltung eines bereits entstandenen Anspruchs dar. Insoweit muss im Einzelfall rechtzeitig steuerlicher Rat eingeholt werden.

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21 Anschaffungskosten für GmbH-Beteiligung bei Gewährung einer Leibrente

Bei der steuerlichen Erfassung von Gewinnen aus der Veräußerung von GmbH-Beteiligungen werden dem Veräußerungserlös die Anschaffungskosten gegenübergestellt. Zu der Frage, welcher Wert bei einem Erwerb gegen Gewährung einer Leibrente anzusetzen ist, hat das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 28.4.2010 (Aktenzeichen 3 K 5794/08, GmbHR 2010, 1162) Stellung genommen.

Das FG kommt dabei zu dem Ergebnis, dass als Anschaffungskosten der Betrag anzusetzen ist, der dem nach § 14 BewG ermittelten, kapitalisierten Barwert der Rentenverpflichtung zum Zeitpunkt des Erwerbs entspricht.

Die derart ermittelten Anschaffungskosten bleiben von der Tatsache unberührt, ob der aus der Rente Berechtigte länger lebt als erwartet oder eher verstirbt. Zur Ermittlung des Rentenwerts bzw. korrespondierend dazu den Anschaffungskosten werden die maßgeblichen versicherungsmathematischen Sterbetafeln zu Grunde gelegt.

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22 Aktuelle Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung (vGA)

a) Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit für Geschäftsführer

Der BFH hat mit dem Beschluss v. 12.10.2010 (Aktenzeichen I B 45/10) seine ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach an Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit regelmäßig vGA darstellen.

Hinweis:

Die Vereinbarung solcher Zuschläge führt regelmäßig zur Annahme von vGA. Nur in besonderen Ausnahmefällen werden Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit als ausschließlich betrieblich veranlasst angesehen (und damit vGA verneint), z.B. wenn mittels eines betriebsinternen Fremdvergleichs nachgewiesen werden kann, dass derartige Zuschläge gleichermaßen auch mit gesellschaftsfremden leitenden Arbeitnehmern vereinbart und an sie gewährt worden sind.

b) VGA: Änderung des Einkommensteuerbescheids zu Gunsten eines Gesellschafter-Geschäftsführers

Die Feststellung einer vGA (z.B. in Gestalt unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge) im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung führt auf der Ebene der GmbH zu einer entsprechenden Korrektur des Aufwands und damit zu einer Erhöhung der steuerlichen Bemessungsgrundlage. Auf der Ebene des Gesellschafters ist der Einkommensteuerbescheid entsprechend zu korrigieren, z.B. der Betrag der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit zu reduzieren und der Betrag der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erhöhen.

Allerdings schied in der Vergangenheit eine Korrektur des Einkommensteuerbescheids des Gesellschafters dann aus, wenn dieser bereits bestandskräftig war, so dass es zu einer Mehrfachbelastung kam.

So war auch der Fall gelagert, über den das FG Saarland mit Urteil vom 24.11.2010 (Aktenzeichen 2 K 1060/08, GmbHR 2011, 221) entschieden hat. Im Streitfall waren die Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 des Geschäftsführers nicht mehr änderbar. Zur Vermeidung der Mehrfachbelastung beantragte er eine niedrigere Festsetzung der Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen und klagte gegen die Ablehnung.

Das FG wies die Klage als unbegründet zurück, da für Unbilligkeit kein Raum bestehe; der Gesetzgeber habe eine solche Mehrfachbelastung gesehen und in Kauf genommen.

Hinweis:

Der Gesetzgeber hat diese Problematik einer möglichen doppelten Steuerbelastung im Zuge des Jahressteuergesetzes 2007 dahingehend gelöst, indem er für Bescheide gegenüber einem Gesellschafter, die nach dem 18.12.2006 erlassen, aufgehoben oder geändert wurden bzw. werden, eine eigenständige Änderungsnorm in das Körperschaftsteuergesetz eingefügt hat.

Für möglicherweise noch einschlägige Altfälle (d.h. Betriebsprüfungen, die ggf. noch für Altjahre zur Annahme von vGA kommen) sind vor diesem Hintergrund die entsprechenden Belastungswirkungen besonders sorgfältig zu prüfen.

c) VGA bei Veräußerung von Aktien an den Gesellschafter-Geschäftsführer

Mit rechtskräftigem Urteil vom 16.11.2010 (Aktenzeichen 8 K 943/07, GmbHR 2011, 218) hat das FG Sachsen anlässlich eines Aktienverkaufs an den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer zu dem für die Annahme einer vGA erforderlichen Merkmal der „Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung“ auf der Ebene der GmbH Stellung genommen.

Im Streitfall hatte eine GmbH ihrem Gesellschafter in 1998 ein Aktienpaket verkauft, das dieser dann bereits in 1999 zum 4,6-fachen Einstandspreis weiterveräußerte. Die Finanzverwaltung nahm nun an, dass die GmbH das Aktienpaket ihrem Gesellschafter zu einem unter dem Marktwert liegenden Preis veräußert habe und damit eine vGA vorliege.

Das FG verneinte dies, weil belegt werden konnte, dass das erste Veräußerungsgeschäft einerseits auf der Basis einer Wertermittlung nach dem (mittlerweile obsoleten) sog. Stuttgarter Verfahren erfolgt war, und andererseits der Gesellschafter in zeitlicher Nähe auch von Dritten Aktien zu einem entsprechend niedrigen Preis erworben hatte. Das FG stellt dazu fest, dass

  • per Ende 1998 keine Vermögensminderung bei der GmbH eingetreten war, da der Kaufpreis die Buchwertansätze der Aktien bei der GmbH überstieg, und
  • es Ende 1998 auch keinen anderen Kaufinteressenten gab, der bindend ein höheres Kaufangebot als der Gesellschafter abgegeben hätte, so dass auch nicht vom Vorliegen einer verhinderten Vermögensmehrung ausgegangen werden konnte.

Hinweis:

Veräußerungsgeschäfte (insbesondere solche über Beteiligungen oder Immobilien) zwischen einer GmbH und ihrem Gesellschafter sollten immer sorgfältig geplant und dokumentiert werden. Sind keine Vergleichspreise oder -werte verfügbar, sollte in Zweifelsfällen die Erstellung eines ordentlichen Bewertungsgutachtens durch einen Wirtschaftsprüfer in Erwägung gezogen werden.

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23 Rückgängigmachung einer Gewinnausschüttung

Mit der Frage der (Un-)Möglichkeit der Rückgängigmachung einer Gewinnausschüttung auch mit einkommensteuerlicher Wirkung hat sich das FG Münster befasst (rechtskräftiges Urteil vom 15.9.2010, Aktenzeichen 10 K 3460/09 E, GmbHR 2011, 150).

Im Streitfall waren zwei Brüder zu je 50 % an einer GmbH beteiligt. Sie stellten im Rahmen einer Gesellschafterversammlung am 2.1.2006 den Jahresabschluss der GmbH zum 31.12.2004 fest und beschlossen eine Gewinnausschüttung, die am Folgetag auch durchgeführt wurde. Im Rahmen einer weiteren Gesellschafterversammlung am 7.3.2006 beschlossen die Gesellschafter, den Gewinnausschüttungsbeschluss wieder aufzuheben, da diesem irrtümlich unzutreffende Annahmen zu Grunde lagen. Die Gesellschafter zahlten die zugeflossenen Ausschüttungsbeträge auch wieder zurück und erklärten diese in der Einkommensteuer 2006 als negative Einnahmen. Dazu stellt das FG fest, dass

  • Einkünfte aus Kapitalvermögen bereits dann vorliegen, wenn dem Gesellschafter auf Grund eines Gewinnverteilungsbeschlusses der Betrag tatsächlich zufließt, er also die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahmen erlangt,
  • die spätere Rückzahlung den Zufluss rückwirkend auch dann nicht entfallen lässt, wenn die Ausschüttung auf einem Versehen beruht, und
  • die Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung nicht zu negativen Einkünften führt.

Hinweis:

Diese Entscheidung liegt auf der Linie der aktuellen Rechtsprechung des BFH, der das Vorliegen negativer Einnahmen regelmäßig selbst in den Fällen einer rechtlichen oder tatsächlichen Rückzahlungsverpflichtung verneint. Entsprechende Gewinnverteilungsbeschlüsse sind daher auch unter steuerlichen Aspekten sorgfältig vorzubereiten.

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24 Haftungsinanspruchnahme des (faktischen) Geschäftsführers einer GmbH für Vorsteuern und innergemeinschaftliche Lieferungen mit Scheinsitzangaben

Mit einer besonderen Frage der Haftung des (faktischen) GmbH-Geschäftsführers hat sich das FG Hamburg mit dem rechtskräftigen Beschluss vom 26.10.2010 (Aktenzeichen 3 V 85/10) befasst.

Im Streitfall, in dem es um die Aussetzung der Vollziehung eines Haftungsbescheids ging, war ein Stpfl. als GmbH-Geschäftsführer aufgetreten, ohne als solcher bestellt zu sein. Er hatte – sehr verkürzt dargestellt – für die Autohandels-GmbH neue Kraftfahrzeuge der oberen Preisklasse über wechselnde „Firmen“ von Markenhändlern erworben. Aus den entsprechenden Einkaufsrechnungen dieser „Firmen“, die der Geschäftsführer „in die Buchführung“ der GmbH gab, machte die GmbH zu Unrecht Vorsteuern geltend. Die Finanzverwaltung nahm den Geschäftsführer für die zu Unrecht gezogenen Vorsteuern durch Haftungsbescheid in Anspruch. Aus dem Beschluss des mit diesem Fall befassten FG Hamburg lassen sich über den Einzelfall hinaus folgende Praxishinweise ableiten:

  • In Haftung genommen werden kann nicht nur der ordnungsgemäß bestellte Geschäftsführer, sondern auch derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, der also nach außen hin auftritt, als könne er umfassend über fremdes Vermögen verfügen, und faktisch die Aufgaben des Rechtsinhabers wahrnimmt (faktischer Geschäftsführer). Dazu genügt es, dass der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses nach Treu und Glauben so verstehen darf, dass der Handelnde bevollmächtigt ist. Es ist dabei weder erforderlich, dass der „Bevollmächtigte“ gegenüber der Finanzverwaltung auftritt, noch, dass er den ordentlichen Geschäftsführer in seiner Amtsstellung völlig verdrängt.
  • Die Finanzverwaltung erkannte die Eingangsrechnungen der „Firmen“ nicht an, da diese nicht den umsatzsteuerlichen Anforderungen genügten. Danach muss eine Rechnung, die zum Abzug der ausgewiesen Vorsteuer berechtigen soll, den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten. Dazu zählt auch, dass der in der Rechnung angegebene Sitz des leistenden Unternehmens bei der Ausführung der Leistung und bei Rechnungsstellung tatsächlich bestanden hat (woran es im Streitfall fehlte, weil die „Firmen“ Adressen von Büroserviceunternehmen angegeben hatten). Die Feststellungslast für das Bestehen des Sitzes des Lieferanten trägt die GmbH als Leistungsempfänger.
  • Die GmbH trägt demnach als Leistungsempfänger die Obliegenheit, sich über die Richtigkeit der in einer Rechnung angegebenen Geschäftsdaten (Anschrift, Firma, Rechtsform u.Ä.) zu vergewissern. Im Streitfall wäre es nach Auffassung des FG dem (faktischen) Geschäftsführer auf Grund der räumlichen Nähe zu den angegebenen Anschriften und der hohen Anzahl der getätigten Einkäufe sogar zumutbar gewesen, sich vor Ort von der Richtigkeit der angegebenen Adressen zu vergewissern. Hätte der Geschäftsführer dies getan, hätte er gesehen, dass es sich um Büroserviceunternehmen gehandelt hat, bei denen weder Büroräume angemietet wurden noch einer seiner Geschäftspartner anzutreffen war.

Hinweis:

Das Urteil verdeutlicht, welche hohen Anforderungen an den Vorsteuerabzug gestellt werden; der Leistungsempfänger – also der Vorsteuerabzugsberechtigte – sieht sich kontinuierlich dem Risiko ausgesetzt, auf den gezahlten Vorsteuern „sitzen zu bleiben“. In Zweifelsfällen – und insbesondere bei neuen Geschäftskontakten und bei frisch gegründeten Lieferanten – sollte die GmbH bzw. ihr Geschäftsführer die strengen Formvorschriften beachten, weitergehende Erkundigungen über den Lieferanten einholen und dies v.a. sorgfältig dokumentieren.

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25 Einleitung

Der Bundestag hat am 17.3.2011 das sog. Schwarzgeldbekämpfungsgesetz (Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung) beschlossen. Mit einem Inkrafttreten ist kurzfristig zu rechnen. Im Wesentlichen geht es in diesem Gesetzesvorhaben um eine verbesserte Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Mit dem Gesetz wird die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige für Steuerhinterzieher beibehalten, aber die Regeln dafür stark eingeschränkt.

Vor allem wird zukünftig eine Teilselbstanzeige gesetzlich ausgeschlossen. Eine strafbefreiende Wirkung tritt vielmehr nur noch ein, wenn alle Hinterziehungssachverhalte offengelegt werden. Daneben soll ein „Strafzuschlag“ eingeführt werden. Die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige gilt an sich nur noch bis zu einem Hinterziehungsbetrag von 50 000 €. Ist der hinterzogene Steuerbetrag höher, tritt zukünftig zunächst keine Straffreiheit ein, jedoch wird von einer Strafverfolgung abgesehen, wenn eine „freiwillige“ Zahlung von 5 % der hinterzogenen Steuer geleistet wird.

Ausgangspunkt der Gesetzesänderung ist zum einen die breite politische Diskussion über die strafbefreiende Selbstanzeige nach den vielen Selbstanzeigen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Steuerdaten-CD. Daneben aber auch die Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte mit Beschluss vom 20.5.2010 (Aktenzeichen 1 StR 577/09, HFR 2010, 988) im Kern die strafbefreiende Selbstanzeige eingeschränkt, so dass eine Teilselbstanzeige nicht mehr die gewünschte Straffreiheit bewirkt.

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26 Anlässe für eine Selbstanzeige – Beispiele

Die Brisanz der Verschärfungen durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz kann verdeutlicht werden durch folgende Beispiele, die – je nach Schwere des konkreten Einzelfalls – als Steuerhinterziehung eingestuft werden können:

  • Im Grundsatz liegt eine Tathandlung der Steuerhinterziehung dann vor, wenn der Täter der Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Strafbar ist es insbesondere, in Steuererklärungen unvollständige oder falsche Angaben zu machen.
  • Wird in einer Rechnung Umsatzsteuer unberechtigt ausgewiesen, so wird diese Steuer nach den ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen auch geschuldet. Wird dieser Umsatz in der Umsatzsteuererklärung nicht angegeben, so ist die Steuererklärung unvollständig.
  • Der Missbrauch von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten ist als solcher nicht strafbar. Teilt allerdings der Stpfl. der Finanzbehörde die für die zutreffende Besteuerung der wirtschaftlichen Vorgänge steuerlich erheblichen Tatsachen nicht mit, so sind seine Angaben unvollständig. Problematisch ist auch der Fall, wenn der Sachverhalt unrichtig dargestellt wird.
  • Scheingeschäfte führen regelmäßig zur Strafbarkeit, weil durch den Scheincharakter das Geschäft verschleiert wird und die Besteuerungsgrundlagen des verdeckten Geschäfts nicht mitgeteilt werden.
  • Genügt eine Rechnung den Vorgaben des Umsatzsteuergesetzes nicht, so kann diese vom Rechnungsempfänger nicht berichtigt werden. Eine Berichtigung kann nur der Rechnungsaussteller durchführen. Berichtigt oder ergänzt dennoch der Rechnungsempfänger die Rechnung und legt diese seiner Umsatzsteuererklärung zu Grunde, so macht er unrichtige Angaben.

Letztlich ist noch auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17.3.2009 (Aktenzeichen 1 StR 479/08) zur Anzeige- und Berichtigungspflicht hinzuweisen. Zunächst gilt der Rechtsgrundsatz, dass kein Straftäter verpflichtet ist, sich selbst anzuzeigen. Allerdings sehen die Steuergesetze eine Berichtigungspflicht für die Fälle vor, in denen der Stpfl. die Unrichtigkeit seiner früheren Erklärung nachträglich erkennt, sich also grundsätzlich mangels Vorsatzes bei ihrer Abgabe nicht strafbar gemacht hat. Der Bundesgerichtshof hat hierzu verschärfend festgestellt, dass auch dann eine Berichtigungspflicht besteht, wenn der Stpfl. bei der Abgabe der Steuererklärung eine Unrichtigkeit der Angaben für möglich hält und billigend in Kauf nimmt und später die Unrichtigkeit der gemachten Angaben erfährt. Kommt der Stpfl. seiner Berichtigungspflicht nicht nach, so macht sich der Stpfl. strafbar.

Der Urteilsfall war kein ungewöhnlicher Fall, sondern dürfte in ähnlicher Weise in der Praxis häufiger vorkommen und zeigt, dass eine Steuerstraftat auch unbewusst bzw. durch nicht sorgfältige Arbeit erfolgen kann: Angeklagt war ein Geschäftsführer. Eine Zeit lang entstanden in der Buchhaltung des Unternehmens Buchungsrückstände. Dies hatte zur Folge, dass die erzielten Umsätze und gezahlten Vorsteuerbeträge der EDV-Buchhaltung des Unternehmens nicht mehr entnommen werden konnten. Beim Finanzamt wurden daher Umsatzsteuervoranmeldungen von der angestellten Buchhaltungskraft anhand der vorliegenden Eingangs- und Ausgangsrechnungen manuell erstellt eingereicht, wobei ihr allerdings schwerwiegende Fehler unterliefen. Der Geschäftsführer erfuhr zwischenzeitlich von den Rückständen in der Buchhaltung. Auch wusste er, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen manuell erstellt wurden. Gleichwohl überprüfte er die Voranmeldungen nicht.

Hinweis:

Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten bei der Einkommensteuer ist zu beachten, dass durch seine Unterschrift unter die gemeinsame Steuererklärung der zusammenveranlagte Ehegatte nur die eigenen Angaben bestätigt. Er/Sie übernimmt dagegen keine Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben des anderen Ehegatten, selbst wenn er/sie von der Unrichtigkeit Kenntnis hat. Der Ehegatte wird also allein durch die Unterschrift unter eine Steuererklärung, die falsche oder unvollständige Angaben des Ehegatten enthält, noch nicht zum Mittäter oder Gehilfen einer durch den anderen Ehegatten begangenen Steuerhinterziehung.

Weiterhin sind Nebenfolgen einer Selbstanzeige zu beachten. So kann insbesondere bei Beamten, Richtern und Soldaten trotz Selbstanzeige eine Disziplinarmaßnahme eingeleitet werden. Kommt es gar zu einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung, so kann die Aberkennung der Amtsfähigkeit und Wählbarkeit in Betracht kommen. Bei Angehörigen der steuer- und rechtsberatenden Berufe (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Notare) und auch Ärzten kann eine Selbstanzeige ein berufsrechtliches Verfahren nach sich ziehen. Weiterhin kann eine Verurteilung wegen Steuerdelikten eine Gewerbeuntersagung zur Folge haben.

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27 Einschränkung der steuerlichen Selbstanzeige

a) Ausschluss der Teilselbstanzeige

Mit den Änderungen durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz wird das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige im Grundsatz beibehalten, aber die Hürden zur Erlangung der Straffreiheit deutlich erhöht. Damit soll – so der Gesetzgeber – das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige nicht mehr für eine „Hinterziehungsstrategie“ missbraucht werden. Die Rechtsfolge der Straffreiheit tritt nunmehr – unter den weiteren Voraussetzungen – ein, wenn der Stpfl. zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. Damit wird die bisher gesetzlich mögliche Teilselbstanzeige ausgeschlossen.

Nach der zukünftigen Gesetzeslage ist für die Wirksamkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige erforderlich, dass alle Steuerstraftaten hinsichtlich einer Steuerart für alle noch unverjährten Jahre nacherklärt werden. Die strafbefreiende Wirkung tritt – vorbehaltlich der weiteren Anforderungen – dann hinsichtlich dieser Steuerart ein. Hinsichtlich der einzubeziehenden Zeiträume ist dabei auf die strafrechtliche Verfolgungsverjährungsfrist von in der Regel fünf und nur in besonders schweren Fällen zehn Jahren abzustellen.

Beispiel:

Sachverhalt: Der Unternehmer A hat in den Jahren 2008 und 2009 betriebliche Einnahmen nicht deklariert, was zu einer Verkürzung der Einkommen- und der Umsatzsteuer geführt hat. Nach Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes erklärt er die Besteuerungsgrundlagen bei der Einkommensteuer für 2008 und für 2009 vollständig nach, nicht dagegen für die Umsatzsteuer.

Lösung nach neuem Recht: Da für die Einkommensteuer eine vollständige Selbstanzeige gemacht wird, tritt für diese Steuerart Straffreiheit ein. Das Auslassen der Umsatzsteuer ist insoweit nicht schädlich. Wegen der hinterzogenen Umsatzsteuer ist aber keine Straffreiheit eingetreten, was im Hinblick auf die hohe Gefahr der Tatentdeckung nach der Nacherklärung der Einnahmen bei der Einkommensteuer sehr gefährlich ist.

Hinweis I:

Das Erfordernis der „vollständigen“ Nacherklärung ist sehr ernst zu nehmen. Auch wenn der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ausführt, dass Bagatellabweichungen nicht zur Unwirksamkeit führen sollen, ist der Umfang der Selbstanzeige im Einzelfall sehr sorgfältig zu prüfen, um deren strafbefreiende Wirkung nicht zu gefährden.

Hinweis II:

Folge der Gesetzesänderung ist auch, dass bei einer Selbstanzeige in jedem Fall ein Steuerstrafverfahren einzuleiten ist. In diesem Verfahren wird dann in einem ersten Schritt geprüft, ob die Selbstanzeige „vollständig“ und damit geeignet ist, eine Straffreiheit eintreten zu lassen. Bislang wurde in vielen Fällen kein Strafverfahren eingeleitet.

Hinweis III:

Durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz ist keine Änderung hinsichtlich der Möglichkeiten einer Selbstanzeige bei einer lediglich leichtfertigen Steuerverkürzung eingetreten. In diesen – nicht strafrechtlich, sondern lediglich mit einem Bußgeld bewährten – Fällen ist nach wie vor eine Teilselbstanzeige möglich und diese ist auch noch während einer laufenden Betriebsprüfung möglich, wobei es ausreichend ist, wenn der Stpfl. bei der Betriebsprüfung mitwirkt und hilft. Eine leichtfertige Steuerverkürzung kann z.B. vorliegen, wenn ein steuerlich nicht vorgebildeter und nicht beratener Stpfl. eine unternehmerische Tätigkeit aufnimmt und dabei steuerliche Pflichten übersieht. Eine Abgrenzung zur Steuerhinterziehung kann allerdings nur für den Einzelfall durch einen Fachmann erfolgen.

b) Weiterhin gültige Grundsätze zur Wirksamkeit der Selbstanzeige

Zunächst ist von Bedeutung, dass von einer strafbefreienden Selbstanzeige nicht nur der Täter der Steuerhinterziehung Gebrauch machen kann, sondern auch alle Teilnehmer der Tat, also Anstifter und Gehilfen.

Hinweis:

Hier ist allerdings Vorsicht angebracht: Erstattet z.B. der Anstifter eine Selbstanzeige, so entfaltet diese eine strafbefreiende Wirkung nur auf den Anstifter selbst und nicht etwa auf den Täter. Der Täter hat dann allerdings den entscheidenden Nachteil, dass die Tat der Finanzbehörde bekannt ist. Dringend anzuraten ist also eine zeitliche und inhaltliche Abstimmung zwischen den Beteiligten.

Das Gesetz sieht für die Selbstanzeige keine besondere Form vor. Aus Beweisgründen sollte diese allerdings immer schriftlich erfolgen. Die Selbstanzeige muss auch nicht als solche bezeichnet werden, sondern kann völlig neutral abgefasst werden. Vielfach erfolgt die Selbstanzeige schlicht durch Abgabe geänderter Steuererklärungen.

Adressiert werden muss die Selbstanzeige an das zuständige Finanzamt. Hinsichtlich der Gewerbesteuer bedarf es keines Handelns gegenüber der hebeberechtigten Gemeinde bzw. Stadt. Vielmehr reicht eine Korrektur der Gewerbesteuererklärung gegenüber dem Finanzamt, da diese Grundlagenfunktion für die Gewerbesteuerfestsetzung der Gemeinde hat, d.h. Letztere wird automatisch angepasst.

Die Selbstanzeige besteht darin, dass frühere unrichtige oder fehlende Angaben berichtigt, ergänzt bzw. nachgeholt werden. Die in der Selbstanzeige gemachten Angaben müssen so gestaltet sein, dass die Finanzverwaltung in die Lage versetzt wird, auf dieser Grundlage den Sachverhalt ohne weitere Mithilfe des Stpfl. aufklären zu können. Deshalb sollte die Darstellung so exakt wie möglich sein.

Problematisch sind z.B. die Fälle, in denen Unterlagen nicht mehr vorhanden oder verfügbar sind. In diesen Fällen sollte eine Selbstanzeige auf Basis einer großzügigen Schätzung erfolgen. Allerdings müssen später die Grundlagen der Schätzung dargelegt werden können. Wird zu niedrig geschätzt, ist die Selbstanzeige unter Umständen nicht wirksam. Durch die „versuchte“ Selbstanzeige ist die Finanzverwaltung dann jedoch auf die unrichtigen Angaben hingewiesen worden, so dass Strafbefreiung nicht mehr eintreten kann.

Die Selbstanzeige sollte auch alle betroffenen Steuerarten umfassen. So führen nicht erklärte betriebliche Einnahmen nicht nur zu einer höheren Einkommen- oder Körperschaftsteuer, sondern regelmäßig auch zu einer höheren Umsatzsteuer. Wird die Umsatzsteuer nicht in die Selbstanzeige einbezogen, so tritt insofern keine Straffreiheit ein.

Hinweis:

Von besonderer Wichtigkeit ist zunächst eine exakte Ermittlung des Sachverhalts. Notwendige Belege und Bescheinigungen sollten möglichst umfassend vorhanden sein, um den zu erklärenden Hinterziehungstatbestand entsprechend genau erklären zu können und kein Risiko einzugehen, dass im Nachhinein doch noch weitere Hinterziehungsaspekte auftauchen.

Zwar existieren für die strafbefreiende Selbstanzeige – wie dargestellt – keine Formvorschriften und kein Mindestinhalt, doch handelt es sich z.B. in folgenden Fällen nicht um eine wirksame Selbstanzeige:

  • Die schlichte Erklärung gegenüber dem Finanzamt, die eingereichten Steuererklärungen seien falsch;
  • die schlichte Erklärung, „eine Selbstanzeige erstatten zu wollen“;
  • die anonyme Nachzahlung der Steuer, ohne gleichzeitig irgendwelche Angaben zu machen;
  • die Beantragung einer Betriebsprüfung.

Hinweis:

Es ist ganz dringend darauf hinzuweisen, dass die Materie der Selbstanzeige äußerst komplex ist und daher in jedem Fall eine Beratung erfordert. Dies gilt insbesondere deshalb, weil Fehler bei der Erstellung der Selbstanzeige nicht mehr geheilt werden können. Vielmehr müssen der Zeitpunkt, die Form und der Inhalt der Selbstanzeige sehr sorgfältig abgestimmt werden.

c) Maßgebliche Zeiträume

Hinsichtlich der Steuerjahre, die für eine Selbstanzeige relevant sind, ist zunächst die strafrechtliche Verjährungsfrist von fünf bzw. in besonders schweren Fällen in zehn Jahren zu beachten. Aus strafrechtlicher Sicht macht eine Selbstanzeige nur für diesen Zeitraum Sinn, weil nur für noch nicht verjährte Zeiträume Straffreiheit erlangt wird.

Die steuerrechtliche Festsetzungsverjährung, also der Zeitraum, in dem noch Steuern festgesetzt werden können, beläuft sich dagegen auf zehn Jahre im Falle der Steuerhinterziehung bzw. bei Steuerverkürzungen abermals fünf Jahre. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die unrichtige bzw. unvollständige Steuererklärung eingereicht wurde.

Hinweis:

Die im Einzelfall relevanten Verjährungs- bzw. Festsetzungsfristen sollten durch Hinzuziehung fachlicher Beratung ermittelt werden.

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28 Ausschlussgründe

Von besonderer Bedeutung ist, dass eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung unter bestimmten Bedingungen ausgeschlossen ist. Dies folgt aus dem Sinn der Selbstanzeige, nämlich dem Fiskus bisher nicht erkannte Steuerquellen zu erschließen. Hat der Fiskus nun die Quelle aber bereits ohne Zutun des Stpfl. entdeckt, so kann eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr erstattet werden. Ausschlussgründe sind:

  • Tatentdeckung;
  • Bekanntgabe der Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens;
  • Erscheinen eines Amtsträgers der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit (auch als „Fußmattenprinzip“ bezeichnet).

Letzteres wird nun gesetzlich verschärft, da nach Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes bereits die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung die Straffreiheit durch eine Selbstanzeige verwehrt.

Nach wie vor sperrt also zunächst die Tatentdeckung die Möglichkeit der Straffreiheit durch Selbstanzeige. Insoweit ist eine Verschärfung eingetreten, da nunmehr nicht auf die einzelne Tat abgestellt wird. Die Sperrwirkung tritt bereits dann ein, wenn „eine der Steuerstraftaten … bereits entdeckt war“. Ist also z.B. die Nichtangabe von Kapitaleinkünften bei der Einkommensteuer im Jahr 2008 entdeckt worden, so kann hinsichtlich nicht angegebener Kapitaleinkünfte anderer nicht verjährter Jahre bei der Einkommensteuer keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr gestellt werden.

Hinweis:

In der Praxis ist oftmals nicht einwandfrei zu erkennen, ob ein Ausschlussgrund für die steuerliche Selbstanzeige gegeben ist. Deshalb sollte bei drohendem Erkennen durch die Finanzbehörde die Selbstanzeige im Zweifel möglichst bald gestellt werden, da eine zu spät gestellte Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung entfalten kann.

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29 Zuschlagzahlung für Steuersünder

a) Grundsatz der Straffreiheit

Allein die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige reicht nicht aus. Vielmehr tritt die strafbefreiende Wirkung für den Täter nur ein, wenn die hinterzogenen Steuern vollständig innerhalb einer vom Finanzamt bestimmten angemessenen Frist nachentrichtet werden. Die Nachzahlungsfrist ist in der Regel sehr kurz bemessen.

Hinweis:

Vor der Erstattung einer Selbstanzeige ist also sorgfältig zu prüfen, ob die Mittel für die notwendigen Steuernachzahlungen vorhanden sind. Die sofortige und vollständige Zahlung ist anzuraten. Dies hat auch den Vorteil, dass keine weiteren Zinsen (i.d.R. 6 % p.a.) anfallen.

b) Strafzuschlag bei Beträgen ab 50 000 €

Die Straffreiheit bei wirksamer Selbstanzeige und Nachentrichtung der hinterzogenen Steuern gilt nunmehr aber nur noch dann, wenn der Hinterziehungsbetrag je Tat höchstens 50 000 € beträgt.

Bei darüber hinausgehenden Beträgen gilt zunächst noch keine Straffreiheit. Vielmehr wird lediglich von einer Strafverfolgung abgesehen, wenn auf die nachentrichtete hinterzogene Steuer noch ein Strafzuschlag von 5 % des hinterzogenen Steuerbetrags gezahlt wird.

Die Grenze von 50 000 € bezieht sich dabei auf die jeweilige Tat im strafrechtlichen Sinne, die durch Steuerart, den Besteuerungszeitraum und den Stpfl. definiert wird.

Beispiel:

Sachverhalt: Der Unternehmer A hinterzieht im Jahr 2008 Einkommensteuer i.H.v. 45 000 € und im Jahr 2009 i.H.v. 55 000 €. Darüber hinaus hinterzieht er im Jahr 2008 Umsatzsteuer i.H.v. 20 000 €. Nach Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes wird eine umfassende Selbstanzeige erstattet.

Lösung: Den Strafzuschlag von 5 % muss A nur im Hinblick auf die Einkommensteuer 2009 leisten.

Hinweis:

Dieser Strafzuschlag ist in einschlägigen Fällen also quasi der Preis für die Straffreiheit. Der Strafzuschlag ist nicht zu zahlen, wenn eine Steuerstraftat aufgedeckt wird und sich der Stpfl. insoweit strafrechtlich zu verantworten hat.

Nach dem Gesetz ist der Strafzuschlag im Übrigen immer vom Täter zu leisten. Reicht nun ein Teilnehmer an einer Straftat eine Selbstanzeige ein, so ist dessen Straffreiheit – nach derzeitigen Erkenntnissen – davon abhängig, dass der Täter den Strafzuschlag leistet. Vorsorglich sollte in diesen Fällen der Teilnehmer den Strafzuschlag im Namen des Täters an die Staatskasse entrichten.

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30 Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes und Übergangsregelung

Am 15.4.2011 hat der Bundesrat abschließend dem Gesetz zugestimmt, so dass das Gesetz bereits Ende April oder spätestens im Mai am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten kann.

Von besonderer Bedeutung ist die im Gesetz verankerte Übergangsregelung. Danach ist die bisher gängige, durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs aber ­verworfene Teilselbstanzeige bis zum Datum des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes (Datum der Gesetzesausfertigung durch den Bundespräsidenten) möglich. Damit werden auch rückwirkend alle bisherigen Teilselbstanzeigen geschützt und die schärfere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht angewandt.

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