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Steuerinfos

Für alle Steuerpflichtigen

1 Hochwasser Ende Mai/Anfang Juni: Steuerliche Unterstützungsmaßnahmen in Baden-Württemberg und Bayern

2 Entlastungen bei der Einkommensteuer insbesondere für kleinere und mittlere Einkommen angekündigt

3 Aufwendungen für PID mit nachfolgender künstlicher Befruchtung einer nicht verheirateten und gesunden Frau als außergewöhnliche Belastungen

4 Zur Frage der Doppelbesteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Zusatzkasse

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

5 Kostenerstattungen eines kirchlichen Arbeitgebers für erweiterte Führungszeugnisse kein Arbeitslohn

6 Strafverteidigungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

Für Unternehmer und Freiberufler

7 BFH versagt Gestaltungsmodelle der Pkw-Nutzung mit Leasingsonderzahlungen

8 Einnahmen aus Insolvenzanfechtung als nachträgliche Betriebseinnahmen oder Änderung des Betriebsaufgabegewinns

9 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auch nach jahrzehntelanger parzellenweiser Verpachtung der Betriebsgrundstücke

10 Aufteilung von Hotelumsätzen nach Steuersätzen – Klärung nun durch den Europäischen Gerichtshof

11 Online-Veranstaltungsdienstleistungen und Online-Dienstleistungsangebote im Bereich Kunst, Kultur und Bildung – Umsatzsteuerliche Beurteilung

12 Regelmäßig kein Vorsteuerabzug aus Zuschüssen an den Betreiber einer Betriebskantine

13 Familienstiftung als Instrument der Versorgung einer Familie und der Minderung der Erbschaftsteuer

14 Bewertung eines im Wege der Schenkung übertragenen Anteils am Betriebsvermögen eines in einen der großen Genossenschaftsverbünde eingebundenen Lebensmittelmarktes

Für Personengesellschaften

15 Jahressteuergesetz 2024: Buchwertneutrale Übertragung zwischen Schwester-Personengesellschaften soll nun auch gesetzlich geregelt werden

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

16 Regelmäßig kein Kapitalertragsteuerabzug bei einer Holdingkapitalgesellschaft

17 Veräußerungskosten bei Kapitalgesellschaftsbeteiligung: Steuerberatungskosten zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns

Für Hauseigentümer

18 Grundsteuerwertfeststellung im Bundesmodell: Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts im Einzelfall vorläufig möglich

19 Anerkennung eines Ehegattenmietverhältnisses

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

20 Voraussetzung der organisatorischen Eingliederung bei der umsatzsteuerlichen Organgesellschaft

21 Organschaftliche Folgen der Teilaufhebung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen

22 VGA: Beweislast für das Vorliegen einer vGA bei ungeklärten Vermögenszuwächsen

23 VGA: Irrtümliche Zuwendung und Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis

24 Keine Bindungswirkung gesetzlich nicht vorgesehener „Verabredungen“ mit der FinVerw

Abschreibungen und Investitionsabzugsbeträge als steuerliche Gestaltungschance – aktuelle Entwicklungen

25 Bedeutung der steuerlichen Abschreibung und der Investitionsabzugsbeträge

26 Abschreibung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

27 Investitionsabzugsbetrag

28 Gebäudeabschreibung

1 Hochwasser Ende Mai/Anfang Juni: Steuerliche Unterstützungsmaßnahmen in Baden-Württemberg und Bayern

Das FinMin Baden-Württemberg hat am 2.6.2024 einen Katastrophenerlass zur Unterstützung der vom Hochwasser in der Zeit von Ende Mai 2024 bis Anfang Juni 2024 betroffenen Bürger und Unternehmen veröffentlicht. Nahezu inhaltsgleich ist der Erlass des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 4.6.2024. Unternehmen, aber auch natürliche Personen, die von dem Schadensereignis nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen sind, können steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten nutzen. Insbesondere ist auf folgende Maßnahmen hinzuweisen:

  • Stundung von Steuerzahlungen: Die geschädigten Stpfl. können unter Darlegung ihrer Betroffenheit die Stundung der bis zum 31.10.2024 fälligen Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer beantragen. Die Stundungen sind grundsätzlich für drei Monate und längstens bis zum 31.1.2025 zu gewähren. Auf die Erhebung von Stundungszinsen und die Gestellung von Sicherheitsleistungen kann im Regelfall verzichtet werden. Eine Stundung der Lohnsteuer ist allerdings ausgeschlossen.

Hinweis:

Eine Stundung der Gewerbesteuerzahlungen wäre bei der jeweiligen Gemeinde zu beantragen.

  • Vollstreckungsaufschub: Wird dem Finanzamt auf Grund einer Mitteilung des Vollstreckungsschuldners bekannt, dass der Vollstreckungsschuldner Geschädigter ist, soll bis zum 31.1.2025 die Vollstreckung bei allen bis zum 31.10.2024 fälligen Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer einstweilen eingestellt werden. In diesen Fällen sind die im Zeitraum vom 31.5.2024 bis zum 31.1.2025 verwirkten Säumniszuschläge grundsätzlich zu erlassen.
  • Anpassung von Vorauszahlungen: Die geschädigten Stpfl. können bis zum 31.1.2025 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen-/Körperschaftsteuer und auf Anpassung des Gewerbesteuermessbetrags für Vorauszahlungszwecke 2024 stellen. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen.
  • Nachweis steuerbegünstigter Zuwendungen: Statt einer Zuwendungsbestätigung genügt als Nachweis der Zuwendungen, die bis zum 31.1.2025 zur Hilfe in Katastrophenfällen auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen oder bis zur Einrichtung des Sonderkontos auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger eingezahlt werden, der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z.B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking).
  • Spendenaktionen: Es ist unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine z.B. mildtätigen Zwecke fördert (z.B. Sportverein, Musikverein oder Kleingartenverein) oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion zur Hilfe für die Geschädigten des Schadensereignisses erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung unmittelbar selbst für den angegebenen Zweck verwendet. Auch ist es ausnahmsweise unschädlich, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, ohne Änderung der Satzung zur Hilfe für die Geschädigten des Schadensereignisses einsetzt. Gleiches gilt für die Überlassung von Personal und von Räumlichkeiten. Die Körperschaft hat bei der Förderung mildtätiger Zwecke die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung selbst zu prüfen und zu dokumentieren. Bei materiellen und finanziellen Hilfen reicht es aus, wenn die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit der unterstützten Person glaubhaft gemacht wird. Insoweit kann bei Hilfen bis zu einem Wert von 5 000 € die wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit geschädigter Personen unterstellt werden.

Hinweis:

Unterstützungsleistungen außerhalb der Verwirklichung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke, z.B. in den betrieblichen Bereich an von dem Schadensereignis besonders betroffene Unternehmen, an Selbständige oder an entsprechende Hilfsfonds der Kommunen, sind insoweit nicht begünstigt.

  • Zuwendung als Sponsoring-Maßnahme: Aufwendungen des sponsernden Stpfl. sind als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile für sein Unternehmen erstrebt. Diese wirtschaftlichen Vorteile sind u.a. dadurch erreichbar, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z.B. auf Bitte um Unterstützung durch die Gemeinde, durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen, Internet usw.) auf seine Leistungen aufmerksam macht. Durch solche Sponsoringmaßnahmen können vom Hochwasser Betroffene unterstützt werden.
  • Verlust von Buchführungsunterlagen: Sind unmittelbar durch das Schadensereignis Buchführungsunterlagen oder sonstige Aufzeichnungen vernichtet worden oder verloren gegangen, so sind hieraus steuerlich keine nachteiligen Folgerungen zu ziehen. Betroffene Stpfl. sollten die Vernichtung bzw. den Verlust zeitnah dokumentieren und soweit wie möglich nachweisen oder glaubhaft machen.
  • Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau von Betriebsgebäuden: Soweit es sich bei den Aufwendungen zum Wiederaufbau ganz oder z.T. zerstörter Gebäude (Ersatzherstellung) nicht um Erhaltungsaufwand handelt, können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) von den Herstellungs- oder Wiederherstellungskosten Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 30 % vorgenommen werden.
  • Sonderabschreibungen bei Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter: Bei beweglichen Anlagegütern, die als Ersatz für vernichtete oder verloren gegangene bewegliche Anlagegüter angeschafft oder hergestellt worden sind, können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen werden.
  • Für die Ersatzbeschaffung unbeweglicher und beweglicher Anlagegüter kann auf Antrag in besonders begründeten Ausnahmefällen in Wirtschaftsjahren vor dem Wirtschaftsjahr der Ersatzherstellung bzw. Ersatzbeschaffung die Bildung einer Rücklage zugelassen werden. Die Rücklage darf zusammen 30 % bzw. 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzwirtschaftsgüter nicht übersteigen.

Hinweis:

Die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen und Bildung von Rücklagen darf insgesamt höchstens 600 000 € betragen; sie darf in keinem Jahr 200 000 € übersteigen.

  • Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter: Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter können ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwand anerkannt werden, wenn mit der Wiederherstellung innerhalb von drei Jahren nach dem schädigenden Ereignis begonnen wurde und die bisherigen Buchwerte fortgeführt werden. Bei Gebäuden gilt dies allerdings nur, wenn die Aufwendungen 70 000 € nicht übersteigen (dabei ist von den gesamten Aufwendungen auszugehen, auch wenn diese teilweise durch Entschädigungen gedeckt sind). Höhere Aufwendungen als 70 000 € können bei Gebäuden nach Prüfung des Einzelfalls ebenso als Erhaltungsaufwendungen anerkannt werden.
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: Beim Wiederaufbau von ganz oder teilweise zerstörten Gebäuden gelten die vorstehend geschilderten Regelungen für Betriebsgrundstücke entsprechend.
  • Unterstützung an Arbeitnehmer: Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer sind bis zu 600 € im Kalenderjahr lohnsteuerfrei, wenn der Arbeitnehmer vom Schadensereignis betroffen ist. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Dabei ist auch zu dokumentieren, dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch das Schadensereignis zu Schaden gekommen ist. Auch der 600 € übersteigende Betrag führt nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt; hiervon kann bei vom Schadensereignis betroffenen Arbeitnehmern regelmäßig ausgegangen werden.
  • Arbeitslohnspende: Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens (a) zu Gunsten einer steuerfreien Beihilfe und Unterstützung des Arbeitgebers an vom Schadensereignis betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens (auch verbundener Unternehmen) oder Arbeitnehmer von Geschäftspartnern oder (b) zu Gunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung, so bleiben diese Lohnteile lohnsteuerfrei. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen oder es ist eine schriftliche Verzichtserklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto zu nehmen. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers nicht als Spende berücksichtigt werden.
  • Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung und für die Beseitigung von Schäden an dem eigengenutzten Wohneigentum können als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Unerheblich ist das Fehlen einer Elementarschadenversicherung.

Hinweis:

Weiterhin sind diverse Hilfsmaßnahmen für Land- und Forstwirte vorgesehen.

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2 Entlastungen bei der Einkommensteuer insbesondere für kleinere und mittlere Einkommen angekündigt

Nach der Mitteilung des BMF ist eine Anpassung der Lohn- und Einkommensteuer in drei Schritten bis 2026 geplant. Noch für 2024 soll der Grundfreibetrag um 180 € auf 11 784 € steigen. Bis zu diesem Jahresbetrag erfolgt keine Besteuerung.

Mit Wirkung ab dem 1.1.2025 soll dann der Grundfreibetrag um weitere 300 € auf 12 084 € steigen. Zudem soll dann auch der Tarif der Einkommensteuer verschoben werden, um die Wirkungen der Inflation auszugleichen (sog. kalte Progression).

Für das Jahr 2026 sei eine weitere Erhöhung des Grundfreibetrags um 252 € auf dann 12 336 € geplant. Auch der Steuertarif soll erneut verschoben werden. Der Spitzensteuersatz von 42 % soll dann erst ab 69 798 € einsetzen.

Hinweis:

Abzuwarten bleibt die gesetzliche Umsetzung. Zum Teil ist die Erhöhung verfassungsrechtlich vorgegeben. Die genauen Beträge, um die das Existenzminimum inflationsbedingt zwingend angehoben werden muss, werden aber erst im Herbst ermittelt. Sobald die vorgesehenen Änderungen beschlossen sind, profitieren Arbeitnehmer automatisch beim Lohnsteuerabzug und andere Einkommensbezieher mit der Einkommensteuerveranlagung.

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3 Aufwendungen für PID mit nachfolgender künstlicher Befruchtung einer nicht verheirateten und gesunden Frau als außergewöhnliche Belastungen

Krankheitskosten, die der Stpfl. selbst trägt, können unter engen Voraussetzungen steuerlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein. Insoweit hat der BFH nun mit Entscheidung vom 29.2.2024 (Az. VI R 2/22) zu Gunsten der Stpfl. entschieden, dass

  • Aufwendungen einer gesunden Stpfl. für eine Präimplantationsdiagnostik (PID) mit nachfolgender künstlicher Befruchtung auf Grund einer Krankheit ihres Partners als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein können.
  • Die Abziehbarkeit schließt auch diejenigen – auf Grund untrennbarer biologischer Zusammenhänge erforderlichen – Behandlungsschritte mit ein, die am Körper der nicht erkrankten Stpfl. vorgenommen werden.
  • Der Abziehbarkeit steht es dann nicht entgegen, dass die Partner nicht miteinander verheiratet sind.

Bei der im Streitfall vorliegenden chromosomalen Translokation des Partners der Stpfl. mit der wahrscheinlichen Folge schwerster Schädigungen für ein ohne ärztliche Behandlungsmaßnahmen gezeugtes Kind handelt es sich um einen objektiv regelwidrigen Körperzustand und mithin um eine Krankheit, die zum Abzug von außergewöhnlichen Belastungen berechtigt. Die durchgeführten Behandlungsmaßnahmen der PID i.V.m. der künstlichen Befruchtung der Stpfl. waren medizinisch auch indiziert, um die Krankheit des Partners auszugleichen und mithin deren nachteilige Folgen zu umgehen.

Da die ärztlichen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit dem Zweck dienten, eine durch Krankheit beeinträchtigte körperliche Funktion des Partners der Stpfl. auszugleichen, sind ausnahmsweise auch die Aufwendungen für die Behandlungsschritte, die bei der Stpfl. vorzunehmen waren, zwangsläufig entstanden. Denn wegen der biologischen Zusammenhänge konnte anders als bei anderen Erkrankungen durch eine medizinische Behandlung allein des Partners der Stpfl. keine Linderung der Krankheit eintreten. Entsprechend steht es der Zwangsläufigkeit der an der Stpfl. vorgenommenen Behandlungsmaßnahmen nicht entgegen, dass hierfür ein anomaler Zustand auf Seiten ihres Partners ursächlich war.

Handlungsempfehlung:

Der Abzug von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen ist zwar nur begrenzt möglich, die Rechtsprechung zeigt aber auch, dass es sich im Einzelfall lohnen kann, die Ansicht der FinVerw in Frage zu stellen und ggf. gerichtlich überprüfen zu lassen.

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4 Zur Frage der Doppelbesteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Zusatzkasse

Die Umstellung der Rentenbesteuerung auf eine nachgelagerte Besteuerung in Gestalt einer vollständigen steuerlichen Erfassung der Renten einerseits und einer Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen andererseits führt auch angesichts des zeitlich gestreckten Übergangs nach wie vor zu der Frage, ob im konkreten Fall eine doppelte Besteuerung vorliegt. Dies betrifft insbesondere die aktuellen Renteneintrittsjahrgänge.

Hinweis:

Als eine Maßnahme zur Verhinderung/Milderung einer doppelten Besteuerung der Alterseinkünfte wurde erst kürzlich der Übergang zur vollständigen Rentenbesteuerung zeitlich weiter hinausgeschoben. Ab dem Jahr 2023 ist der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang um einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert worden. Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2023 beträgt der maßgebliche Besteuerungsanteil anstatt 83 % nur noch 82,5 %. Erst bei einem Renteneintritt im Jahr 2058 wird eine volle Rentenbesteuerung erreicht. Ergänzend wurde bereits seit dem Jahr 2023 der vollständige Abzug der Rentenversicherungsbeträge als Sonderausgaben ermöglicht. Allerdings können auch diese Maßnahmen des Gesetzgebers nicht in jedem Fall eine doppelte Besteuerung verhindern.

Das FG des Saarlands hat nun mit Urteil vom 27.3.2024 (Az. 3 K 1072/20) bestätigt, dass entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine doppelte Besteuerung von Renteneinkünften dann nicht vorliegt, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Dies ist für den konkreten Fall anhand einer Vergleichs- und Prognoserechnung auf der Grundlage des Nominalwertprinzips zu ermitteln.

Dies basiert auf der vom BVerfG geprägten Rechtsprechung, wonach die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen in jedem Fall so aufeinander abgestimmt werden muss, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird. Kann der Stpfl. nachweisen, dass es in seinem konkreten Einzelfall zu einer doppelten Besteuerung kommt, steht ihm aus verfassungsrechtlichen Gründen, insbesondere aus den aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Geboten der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der folgerichtigen Ausgestaltung der Besteuerung und des Verbots einer Übermaßbesteuerung, ein Anspruch auf Milderung des Steuerzugriffs in der Rentenbezugsphase zu.

Handlungsempfehlung:

Im Einzelfall muss also eine konkrete Vergleichsrechnung aufgestellt werden. Zum einen sind die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Altersvorsorgeaufwendungen zu ermitteln. Zum anderen sind die – unter Zugrundelegung der statistischen Lebenserwartung – erwarteten steuerfreien Rentenbezüge zu schätzen. Insoweit trägt der Stpfl. die Feststellungslast.

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5 Kostenerstattungen eines kirchlichen Arbeitgebers für erweiterte Führungszeugnisse kein Arbeitslohn

Kostenerstattungen eines kirchlichen Arbeitgebers an seine Beschäftigten für die Erteilung erweiterter Führungszeugnisse, zu deren Einholung der Arbeitgeber zum Zwecke der Prävention gegen sexualisierte Gewalt kirchenrechtlich verpflichtet ist, führen nicht zu Arbeitslohn, wie der BFH nun mit Urteil vom 8.2.2024 (Az. VI R 10/22) bestätigt hat.

Die Einholung der erweiterten Führungszeugnisse durch die Arbeitnehmer erfolgte auf Grund einer nur die kirchlichen Rechtsträger, nicht aber die Arbeitnehmer treffenden (kirchenrechtlichen) Verpflichtung. Durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasste, zu Lohn führende Zuwendungen erbringt der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern aber regelmäßig nicht, wenn er ausschließlich eine eigene, insbesondere nicht gegenüber den Arbeitnehmern bestehende Verpflichtung erfüllt. Die zur Erfüllung einer entsprechenden Verpflichtung entstehenden Kosten wendet der Arbeitgeber in einer solchen Konstellation im eigenen Interesse auf. Sie sind Ausfluss seiner eigenbetrieblichen Tätigkeit.

Handlungsempfehlung:

In vergleichbaren Fällen ist stets sorgfältig zu prüfen, ob das eigenbetriebliche Interesse im Vordergrund steht.

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6 Strafverteidigungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

Im Einzelfall können Strafverteidigungskosten als Werbungskosten steuerlich abzugsfähig sein. So entschied das FG Düsseldorf mit Urteil vom 22.3.2024 (Az. 3 K 2389/21 E), dass

  • Strafverteidigungskosten als Werbungskosten abziehbar sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Stpfl. zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Ein Werbungskostenabzug ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Stpfl. seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat.
  • Allein der Vorwurf, der Stpfl. habe seinen Arbeitgeber schädigen wollen bzw. sich oder einen Dritten bereichert, führt nicht zu einer Überlagerung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs der Strafverteidigungskosten durch außerberufliche, private Gründe, wenn der strafrechtliche Handlungsvorwurf unmittelbar an die Berufsausübung des Stpfl. anknüpft.

Im Streitfall war der Stpfl. angestellter Geschäftsführer und Syndikusanwalt in mehreren Gesellschaften eines Konzerns. Ihm wurde vorgeworfen, im Rahmen von Vertragsabschlüssen sowie bei der Entscheidung über die Erbringung von Leistungen durch diese Gesellschaften bewusst zu deren Nachteil gehandelt und hierfür von einem begünstigten Dritten Ämter in konzernfremden Unternehmen erhalten zu haben. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wurden eingestellt. Die für seine anwaltliche Vertretung im Strafverfahren angefallenen Kosten machte der Stpfl. als Werbungskosten geltend. Das FG bestätigte die Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten, da dem Stpfl. das strafrechtlich relevante Verhalten „in Ausübung” seiner früheren beruflichen Tätigkeiten vorgeworfen wurde, der erhobene Vorwurf eines Schädigungsvorsatzes zu Lasten des Konzerns bzw. einer Bereicherung des Stpfl. sowie Dritter durch die vorgeworfenen Taten jedoch nicht nachgewiesen wurde.

Hinweis:

In vergleichbaren Fällen ist sorgfältig die berufliche Veranlassung nachzuweisen.

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7 BFH versagt Gestaltungsmodelle der Pkw-Nutzung mit Leasingsonderzahlungen

Der BFH verwirft ein in der Praxis eingesetztes Gestaltungsmodell, bei dem Fahrzeugaufwand durch eine hohe Leasingsonderzahlung vorgezogen werden soll. Im Streitfall erwarb der Stpfl. im Dezember 2013 ein Fahrzeug, welches er auch für betriebliche Zwecke einsetzte. Der Stpfl. leistete am 8.12.2013 für das Fahrzeug eine Leasingsonderzahlung i.H.v. 36 490,88 € zzgl. USt, insgesamt 43 424,15 €. Das Fahrzeug wurde vereinbarungsgemäß am darauffolgenden Tag an ihn ausgeliefert. Die Nutzung des Leasingfahrzeugs erfolgte im Dezember 2013 (unstrittig) zu 83,99 % für betriebliche/berufliche Zwecke (ganz überwiegend im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit und in geringem Umfang zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung). In den Folgejahren lag die betriebliche/berufliche Nutzung zwischen ca. 10 % und 20 %. Der Stpfl. machte im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2013 83,99 % der Leasingsonderzahlung, also netto 30 648,69 € als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend. Das FA wollte dagegen nur eine Verteilung der Leasingsonderzahlung über die Leasinglaufzeit zulassen.

Der BFH bestätigt mit Urteil vom 12.3.2024 (Az. VIII R 1/21) im Ergebnis die Verteilung der Leasingsonderzahlung über die Leasinglaufzeit. Das Gericht hat entschieden, dass

  • zur Ermittlung der jährlichen Gesamtaufwendungen für betriebliche Fahrten im Rahmen einer Nutzungseinlage eine Leasingsonderzahlung, die für ein teilweise betrieblich genutztes Fahrzeug aufgewendet wird, den einzelnen Veranlagungszeiträumen während der Laufzeit des Leasingvertrags unabhängig vom Abfluss im Rahmen einer wertenden Betrachtung zuzuordnen ist.
  • Der Anteil der Leasingsonderzahlung an den jährlichen Gesamtaufwendungen für die betrieblichen Fahrten eines Jahres ist danach kumulativ aus dem Verhältnis der betrieblich gefahrenen Kilometer zu den Gesamtkilometern des jeweiligen Jahres und zeitanteilig nach dem Verhältnis der im jeweiligen Jahr liegenden vollen Monate und der Laufzeit des Leasingvertrags zu bestimmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Leasingsonderzahlung dazu dient, die monatlichen Leasingraten während des Vertragszeitraums zu mindern.

Um den auf die betrieblichen Fahrten des Streitjahrs entfallenden Anteil der Leasingsonderzahlung an den jährlichen Gesamtaufwendungen zu bestimmen, bedarf es nach Ansicht des Gerichts neben der streckenbezogenen Aufteilung eines weiteren zeitbezogenen Aufteilungsmaßstabs. Da es sich bei der Leasingsonderzahlung im Streitfall um ein vorausgezahltes Nutzungsentgelt handelt, das dem Zweck dient, die Leasingraten während der Gesamtlaufzeit des Leasingvertrags zu mindern, finanziert die Leasingsonderzahlung maßgeblich auch die Nutzung des Fahrzeugs für Privatfahrten, betriebliche Fahrten und Fahrten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in den Folgejahren. Der auf das Streitjahr entfallende Anteil der Leasingsonderzahlung an den tatsächlichen Gesamtaufwendungen für die betrieblichen Fahrten ist wegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs der Leasingsonderzahlung zu allen Fahrten während des vertraglich bestimmten Leasingzeitraums und des damit vorliegenden multikausalen Veranlassungszusammenhangs im Rahmen einer wertenden Betrachtung typisierend nach dem Verhältnis der auf das jeweilige Streitjahr entfallenden vollen Monate zum Gesamtleasingzeitraum zu bestimmen.

Für die betrieblichen Fahrten im Dezember des Streitjahrs ist nach der Entscheidung des BFH die Leasingsonderzahlung bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit im Rahmen einer Nutzungseinlage als Bestandteil der für die betriebliche Nutzung getragenen tatsächlichen Aufwendungen i.H.v. 1/36 × 71,03 % (1,97 %, d.h. 719,99 € netto) als Betriebsausgabe abzugsfähig.

Hinweis:

Der BFH verwirft damit dieses Gestaltungsmodell zur Vorverlagerung von Aufwand mittels Leasingsonderzahlung und Steigerung der Abzugsquote dadurch, dass in dem Anschaffungsjahr eine hohe Nutzungsquote vorliegt. Solche Modelle sind also i.d.R. nicht tragfähig.

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8 Einnahmen aus Insolvenzanfechtung als nachträgliche Betriebseinnahmen oder Änderung des Betriebsaufgabegewinns

Fließen zeitlich nach einer Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung noch Einnahmen aus der ehemaligen betrieblichen Tätigkeit zu, so ist aus steuerlicher Sicht zu prüfen, ob diese als nachträgliche Betriebseinnahmen zu erfassen sind oder eine rückwirkende Änderung des Betriebsaufgabe-/Betriebsveräußerungsgewinns vorliegt. Dies kann einen Unterschied machen, weil der Betriebsaufgabe-/Betriebsveräußerungsgewinn bei der Einkommensteuer begünstigt besteuert wird und unter bestimmten Voraussetzungen ein Freibetrag abgezogen wird.

Das FG Baden-Württemberg hat mit Entscheidung vom 28.11.2023 (Az. 8 K 1180/21) entschieden, dass die zivilrechtliche Rückabwicklung vor Betriebsaufgabe vorgenommener Rechtsgeschäfte – im Streitfall auf Grund Insolvenzanfechtung – stets zur steuerlichen Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe führt und somit im Rahmen des Aufgabegewinns zu berücksichtigen ist. Die Insolvenzanfechtung ermöglicht, bestimmte Vermögensverschiebungen vor Insolvenzeröffnung, durch die die Insolvenzmasse verkürzt wurde, rückgängig zu machen. Es wird der Zustand hergestellt, der ohne die angefochtene Rechtshandlung bestanden hätte. Durch die Rückforderung und spätere Rückzahlung erhöht sich das Aktivvermögen. Außerdem lebt die ursprünglich durch Zahlung untergegangene Verbindlichkeit wieder auf. Mangels einer Folgebilanz können diese Änderungen nur rückwirkend in der Aufgabebilanz berücksichtigt werden. Die Rückflüsse aus der Insolvenzanfechtung stellen keine im Zeitpunkt des Zuflusses steuerbaren nachträglichen Betriebseinnahmen dar.

Hinweis:

Diese Frage ist auch für Insolvenzverwalter von erheblicher Bedeutung, die solche Vorgänge entsprechend abbilden müssen. Abzuwarten bleibt nun die Entscheidung des BFH in dem Revisionsverfahren. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der anderslautenden Rechtsprechung des Sächsischen Finanzgerichts.

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9 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auch nach jahrzehntelanger parzellenweiser Verpachtung der Betriebsgrundstücke

Werden ehemals – ggf. auch vor vielen Jahrzehnten – land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke veräußert, so entsteht vielfach Streit darüber, ob diese Grundstücke noch land- und forstwirtschaftliches Vermögen bilden – mit der Folge, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks der Besteuerung unterliegt, oder aber ob diese Flächen nunmehr steuerliches Privatvermögen bilden – mit der Folge, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks regelmäßig nicht besteuert wird.

Das FG Nürnberg bestätigt in dem nun veröffentlichten rechtskräftigen Urteil vom 11.8.2021, dass Flächen eines ehemals aktiven land- und forstwirtschaftlichen Betriebs auch nach jahrzehntelanger parzellenweiser Verpachtung Betriebsvermögen bleiben. Die Beweislast dafür, dass ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb in weit zurückliegenden Zeiten aufgegeben wurde, trägt der Stpfl. Dies gilt auch dann, wenn Finanzamtsakten nicht mehr existieren.

Streitig war, ob der Stpfl. im Streitjahr 2018 aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen und der Veräußerung eines Grundstücks Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielte. Der Stpfl. vertrat die Auffassung, dass das Grundstück Privatvermögen gewesen sei. Schon als sein Großvater in den 1930er Jahren gestorben sei, sei die „kleine Landwirtschaft (ca. 5 ha)” aufgegeben und die Flächen teilweise verpachtet worden. Sein Vater und er selbst hätten nie einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt oder in irgendeiner Weise Landwirtschaft betrieben. Als er vor einigen Jahren eine kleine Fläche verkauft habe, sei niemand auf die Idee gekommen, hier einen landwirtschaftlichen Betrieb zu konstruieren. Ein landwirtschaftlicher Betrieb sei nie gegründet worden und deshalb ermangele es auch an einer Aufgabeerklärung. Das FG bestätigt dagegen die Erfassung des Veräußerungsgewinns betreffend des Grundstücks bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Der Begriff der Land- und Forstwirtschaft setzt weder eine Mindestgröße noch vollen land- und forstwirtschaftlichen Besatz (Gebäude, Maschinen, sonstige Betriebsmittel) voraus. Deshalb stellt auch die ernsthaft und planmäßig betriebene Stückländerei grundsätzlich die Ausübung von Land- und Forstwirtschaft dar. Im Streitfall bestand ursprünglich in der Hand der Urgroßeltern und Großeltern des Stpfl. ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb. Die Grundstücke waren auch im Streitjahr 2018 in der Hand des Stpfl. als Rechtsnachfolger seiner Eltern und Großeltern noch Betriebsvermögen. Sie waren weder entnommen worden, noch war der Betrieb aufgegeben worden.

Handlungsempfehlung:

Eine Betriebsaufgabeerklärung muss also stets sorgfältig unter Ermittlung und Erklärung der aufzudeckenden stillen Reserven dokumentiert werden. Die Betriebsaufgabe muss ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt werden.

Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass die Feststellungslast dafür, dass Grundstücke nicht mehr land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen, sondern Privatvermögen sind, der Stpfl. trägt.

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10 Aufteilung von Hotelumsätzen nach Steuersätzen – Klärung nun durch den Europäischen Gerichtshof

Das Umsatzsteuergesetz enthält ein Aufteilungsgebot für Beherbergungsleistungen: Die Übernachtungsleistung unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, während Nebenleistungen, die nicht unmittelbar der Beherbergung dienen, dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegen. Ob diese Regelung im deutschen Umsatzsteuergesetz mit dem Unionsrecht vereinbar ist, wurde bereits seit langem diskutiert. Nun hat der BFH in drei Verfahren dem EuGH eine Vorlagefrage zum Aufteilungsgebot in Bezug auf die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei einer unselbständigen Nebenleistung zur Beherbergung zur Vorabentscheidung vorgelegt.

  • In dem Verfahren unter dem Az. XI R 11/23 (XI R 34/20) geht es um die Frage, ob der ermäßigte Steuersatz auch auf Umsätze aus Parkplatzgestellungen an Hotelgäste anzuwenden ist;
  • in dem Verfahren unter dem Az. XI R 13/23 (XI R 7/21) geht es um die Frage, ob der ermäßigte Steuersatz auch auf Umsätze aus Frühstücksleistungen im Rahmen einer Fremdenpension anzuwenden ist und
  • in dem Verfahren unter dem Az. XI R 14/23 (XI R 22/21) geht es um die Frage, ob der ermäßigte Steuersatz auch auf Umsätze aus der Parkplatzgestellung, der Gestellung von Fitness- und Wellnesseinrichtungen sowie von WLAN im Rahmen einer Hotelübernachtung anzuwenden ist.

Die Entscheidung des EuGH bleibt nun abzuwarten.

Handlungsempfehlung:

Der BFH macht deutlich, dass er an der bisherigen Sichtweise, also an dem Aufteilungsgebot festhalten will. Ob der EuGH diese Auffassung teilt, bleibt abzuwarten. Betroffene Unternehmer sollten prüfen, ob es angezeigt ist, Umsatzsteuerbescheide verfahrensrechtlich offen zu halten, bis diese Frage geklärt ist.

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11 Online-Veranstaltungsdienstleistungen und Online-Dienstleistungsangebote im Bereich Kunst, Kultur und Bildung – Umsatzsteuerliche Beurteilung

Veranstaltungen im Bereich der Kunst und Kultur, aber auch auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Bildung, des Sports oder der Unterhaltung werden zunehmend nicht nur in Präsenz, sondern auch über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz angeboten. Teilweise werden Liveveranstaltungen parallel in Echtzeit digital übertragen, teilweise ersetzt die Liveübertragung die persönliche Teilnahme vor Ort sogar vollständig und vielfach werden Livemitschnitte oder vorproduzierte Aufzeichnungen entsprechender Veranstaltungen (wie z.B. Konzerte, aber auch Unterrichts- oder Fitnesskurse) digital zum Auf- und Abruf via Streaming oder Download zur Verfügung gestellt. Insoweit stellen sich Fragen zum Leistungsort, aber auch der Anwendung der Steuerbefreiung für bestimmte Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie Theater, Orchester oder Museen und der Anwendung des ermäßigten Steuerersatzes insbesondere für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.

Zu Online-Veranstaltungsdienstleistungen im B2C-Bereich (Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmen und Privatpersonen), insbesondere auch auf dem Gebiet der Kunst und Kultur, hat das BMF mit Schreiben v. 29.4.2024 (Az. III C 3 – S 7117-j/21/10002 :004) Stellung genommen. Herauszustellen sind folgende Aspekte:

Vorproduzierte Inhalte:

  • Bei der Bereitstellung einer (auch vorproduzierten) Aufzeichnung einer Veranstaltung durch einen Unternehmer (Veranstalter) in digitaler Form, die durch den Empfänger individuell zu einem späteren festen oder frei wählbaren Zeitpunkt abgerufen werden kann und ausschließlich über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz übertragen wird, handelt es sich um eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung. Diese auf elektronischem Wege erbrachte sonstige Leistung wird an dem Ort erbracht, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer ist. Dies setzt das Bestimmungslandprinzip um, wonach Leistungen grundsätzlich dort versteuert werden sollen, wo sie verbraucht werden.

Hinweis:

Abweichend hiervon gilt die Leistung umsatzsteuerlich als am Ort des ausführenden Unternehmens ausgeführt, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte dieser Leistungen an Endverbraucher mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten insgesamt 10 000 € im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Auf diese Ausnahmeregelung kann gegenüber dem Finanzamt mit Wirkung für zwei Jahre verzichtet werden.

  • Demgegenüber stellt die Verbreitung und Weiterverbreitung von bereitgestellten vorproduzierten Inhalten im Internet keine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung, sondern eine Rundfunk- bzw. Fernsehdienstleistung dar, wenn diese Inhalte zeitgleich durch einen Rundfunk- oder Fernsehsender übertragen werden. Der Ort dieser Rundfunk- und Fernsehdienstleistung bestimmt sich allerdings ebenfalls nach den vorstehenden Regelungen, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer ist.
  • Für diese auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen oder Rundfunk- bzw. Fernsehdienstleistungen kommt weder die Steuerbefreiung für bestimmte Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie Theater, Orchester oder Museen in Betracht, noch ist die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes zulässig.

Live-Streaming:

  • Bei der Bereitstellung eines Live-Streaming-Angebotes einer Veranstaltung durch einen Unternehmer (Veranstalter), das parallel zu bzw. anstelle der „Vor-Ort”-Veranstaltung und in Echtzeit erfolgt, handelt es sich nicht um eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung. Wird diese Leistung an Nichtunternehmer erbracht, gilt als Leistungsort der Ort, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat.
  • Die Steuerbefreiung für bestimmte Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wie Theater, Orchester oder Museen ist anwendbar, sofern die Umsätze von einer nach dieser Vorschrift begünstigten Einrichtung erbracht werden. Maßgeblich für diese Beurteilung ist die Interaktion mit dem Publikum, die neben verschiedenen Bekundungen wie Beifall, Zugabe etc. (ggf. auch über Button-Funktionen oder soziale Netzwerke) aber auch im bloßen Zuhören bestehen kann und ausschließlich in Echtzeit stattfindet.
  • Sofern die Umsätze nicht von einer Einrichtung juristischer Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, kommt für den Verkauf einer digitalen Eintrittsberechtigung zu einem Live-Streaming-Angebot die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes insbesondere für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler in Betracht.

Dienstleistungskommission:

  • Erfolgt die Bereitstellung über externe Veranstaltungsportale oder andere Dritte, so ist zu prüfen, ob eine Dienstleistungskommission vorliegt. Dies ist der Fall, wenn ein anderer Unternehmer als der Veranstalter in die Erbringung der sonstigen Leistung (Bereitstellung von Live-Streaming-Angeboten oder Aufzeichnungen) eingeschaltet wird und dieser im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt oder ein Unternehmer in die Erbringung der sonstigen Leistung (Bereitstellung von Live-Streaming-Angeboten oder Aufzeichnungen) eingeschaltet wird, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird.
  • Erfolgt das Live-Streaming-Angebot im Rahmen einer Dienstleistungskommission, sind die leistungsbezogenen Merkmale der Steuerbefreiung oder -ermäßigung auf die an den Auftragnehmer erbrachte und die von ihm ausgeführte Leistung anzuwenden.

Hinweis:

Die Grundsätze sind auch auf andere Online-Dienstleistungsangebote, z.B. im Bildungs- und Gesundheitsbereich, anwendbar. Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen sind unter weiteren Voraussetzungen dann umsatzsteuerfrei, wenn die Unterrichtsleistung im Rahmen eines Live-Streaming-Angebots interaktiv erbracht wird. Auch Online-Sprechstunden per Video-Stream mit einem direkten Austausch zwischen dem Patienten und dem Arzt sind unter weiteren Voraussetzungen als Heilbehandlungsleistungen umsatzsteuerfrei.

Handlungsempfehlung:

Im Einzelnen ist die umsatzsteuerliche Prüfung von verschiedenen Aspekten abhängig, so dass stets der Einzelfall unter Hinzuziehung steuerlichen Rats beurteilt werden sollte.

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12 Regelmäßig kein Vorsteuerabzug aus Zuschüssen an den Betreiber einer Betriebskantine

Wird eine Betriebskantine unterhalten, in der den Arbeitnehmern verbilligte Mahlzeiten angeboten werden, so ist dies regelmäßig defizitär, so dass der Arbeitgeber diese Tätigkeit bezuschussen muss. Wird ein fremder Betreiber der Betriebskantine eingesetzt, so werden diesem regelmäßig vom Arbeitgeber Zuschüsse gewährt, damit ein Betrieb der Kantine für diesen wirtschaftlich darstellbar ist.

Insoweit stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber bezüglich dieser Zuschüsse an den Betreiber der Betriebskantine zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das FG Düsseldorf hat dies in der Entscheidung vom 18.8.2023 (Az. 1 K 2107/20 U) verneint. Entscheidend ist, dass die bezogene Bewirtschaftungsleistung nicht für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens verwendet wird, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe in Gestalt verbilligter Mahlzeiten an die Arbeitnehmer, welche aus Sicht der Arbeitnehmer privaten Zwecken dienen. Ist eine derartige Verwendung bereits bei Bezug der Leistung geplant, scheidet der Vorsteuerabzug aus.

Hinweis:

Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass im Einzelfall eine andere Sichtweise angezeigt sein kann, nämlich dann, wenn das Vorhalten der Betriebskantine aus betrieblichen Belangen notwendig ist und deshalb das eigene unternehmerische Interesse das private Interesse der Arbeitnehmer an der Verpflegung verdrängt. Ein derartiger Ausnahmefall kann z.B. gegeben sein, wenn die verbilligte Verpflegung der Arbeitnehmer bei einem abseits gelegenen Produktionsbetrieb auch durch ein auf den Stillstand der Fertigungslinien genau abgestimmtes Pausenreglement bedingt ist.

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13 Familienstiftung als Instrument der Versorgung einer Familie und der Minderung der Erbschaftsteuer

Der langfristige Zusammenhalt eines Familienvermögens unter sehr günstigen erbschaftsteuerlichen Rahmenbedingungen kann über das Instrument der Familienstiftung erreicht werden. Dies ist eine mit Vermögen ausgestattete Stiftung, die dauerhaft dem Interesse einer Familie dient. Der Stifter bringt entweder zu Lebzeiten oder beim Erbfall Privat- und/oder Betriebsvermögen in eine Stiftung ein. Dabei kann es sich um Bargeld, Wertpapierdepots, Immobilien oder auch ein Unternehmen bzw. Unternehmensanteile handeln. Die Erträge der Stiftung werden an die begünstigten Familienmitglieder ausgeschüttet. Die Anlage des Vermögens und die Begünstigten werden in der Stiftungssatzung geregelt.

Mittels einer Familienstiftung kann in erster Linie erreicht werden, dass das Vermögen langfristig zusammengehalten wird. Die Familienstiftung verhindert, dass das an die Familie fallende Vermögen im Laufe der Zeit durch Erbgänge oder auch Scheidungen zersplittert und auseinanderfällt. Daneben halten die Begünstigten keine Anteile an der Stiftung. Mithin ist die Veräußerung des Vermögens durch die Begünstigten nicht möglich. Auch bei der laufenden Besteuerung ist die Familienstiftung günstig, da diese lediglich der Körperschaftsteuer von 15 % unterliegt.

Handlungsempfehlung:

Solche Strukturen bedürfen stets einer sorgfältigen steuerlichen und rechtlichen Beratung.

Daneben kann die Errichtung einer Familienstiftung aber auch aus erbschaftsteuerlichen Gründen von Interesse sein.

Bei der Übertragung von Vermögenswerten auf die Stiftung, also insbesondere bei der Errichtung der Stiftung, fällt Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer an. Bei der Bemessung der Erbschaftsteuer – konkret der Ermittlung der Freibeträge und des Steuersatzes – ist das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Stifter und den berechtigten Familienangehörigen (Destinatäre) entscheidend. Sind dies nur der Ehegatte und Abkömmlinge (Kinder, Enkel), ist die günstige Steuerklasse I einschlägig. Konkret regelt das Gesetz, dass beim Übergang von Vermögen auf eine Familienstiftung für die Bestimmung der anwendbaren Steuerklasse und des Freibetrags als „entferntest Berechtigter” zum Schenker derjenige anzusehen ist, der nach der Stiftungssatzung potenziell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten kann. „Entferntest Berechtigter” ist stets derjenige Berechtigte, für den die ungünstigste Steuerklasse Anwendung fände, wäre die Zuwendung direkt vom Stifter an diesen erfolgt. Unerheblich ist, ob die Person zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren ist, jemals geboren wird und tatsächlich finanzielle Vorteile aus der Stiftung erlangen wird, wie der BFH nun mit Entscheidung vom 28.2.2024 (Az. II R 25/21) klarstellt.

Im Streitfall errichtete die Stpfl. zusammen mit ihrem Ehemann die U-Familienstiftung. Die Stiftung wurde mit Vermögen ausgestattet. Im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung wurde angegeben, die Familienstiftung habe zum Zweck die angemessene Versorgung der Stpfl. und ihres Ehemannes, die angemessene finanzielle Unterstützung der im Jahr … geborenen Tochter der Stifter sowie die angemessene finanzielle Unterstützung weiterer Abkömmlinge des Stammes der Stifter, jedoch erst nach Wegfall der vorherigen Generation. Das Finanzamt sah für Zwecke der Schenkungsteuer hinsichtlich der Übertragung des Vermögens auf die Familienstiftung als „entferntest Berechtigten” die in der Stiftungssatzung angeführten „weiteren Abkömmlinge” an. Das Finanzamt ordnete den Erwerb der Steuerklasse I („Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder”) zu und brachte für die „übrigen Personen der Steuerklasse I” einen Freibetrag i.H.v. 100 000 € in Abzug.

Dies bestätigte der BFH. Die gesetzliche Formulierung des „entferntest Berechtigten” ist dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige bezeichnet wird, der nach der Stiftungssatzung potenziell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten soll. Eine Unterscheidung dahingehend, dass mit dem Begriff des „Berechtigten” der sofort Anspruchsberechtigte gemeint ist und sich dieser vom „Begünstigten”, der erst später anspruchsberechtigt sein soll, unterscheidet, ist der Norm nicht zu entnehmen. Es kommt auch nicht darauf an, ob die nach der Stiftungssatzung „entferntest Berechtigten” zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren sind oder jemals geboren werden. Eine solche Voraussetzung enthält der Wortlaut der gesetzlichen Norm nicht. Der „entferntest Berechtigte” muss im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung daher noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt sein. Ausreichend ist, wenn er es erst in der Generationenfolge wird.

Hinweis I:

Wer bei der einzelnen Familienstiftung als „entferntest Berechtigter” anzusehen ist, ist der Formulierung in der jeweiligen Stiftungssatzung zu entnehmen. Insoweit weist der BFH darauf hin, dass es der Stifter in der Hand hat, das Privileg so zu nutzen, wie er es für am besten für seine Familie hält. Begünstigt er z.B. nur die nächste und übernächste Generation der direkten Abkömmlinge, kann er mit der Steuerklasse I und dem Freibetrag von 200 000 € eine geringere Besteuerung erreichen, als wenn er auch die Urenkelgeneration begünstigt.

Hinweis II:

Bei der Familienstiftung wird alle 30 Jahre ein Erbfall fingiert, auf den Erbersatzsteuer anfällt. Dabei kommt ein Freibetrag i.H.v. 800 000 € zur Anwendung. Besteht das Vermögen der Stiftung aus Betriebsvermögen, so kann unter den sonstigen Bedingungen die Steuerbefreiung für Unternehmensvermögen genutzt werden.

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14 Bewertung eines im Wege der Schenkung übertragenen Anteils am Betriebsvermögen eines in einen der großen Genossenschaftsverbünde eingebundenen Lebensmittelmarktes

Die Bewertung von Unternehmensvermögen erfolgt für erbschaft-/schenkungsteuerliche Zwecke grds. anhand einer Ertragswertermittlung. Dies kann anhand einer Unternehmensbewertung nach den Vorgaben des Standards IDW S 1 oder auch nach dem gesetzlich vorgesehenen vereinfachten Ertragswertverfahren erfolgen. Alternativ kann auch eine andere anerkannte, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Methode der Bewertung zu Grunde gelegt werden.

Im Urteilsfall, über den das FG Rheinland-Pfalz zu entscheiden hatte, handelte es sich um Lebensmittelmärkte, die wohl in einen der großen Genossenschaftsverbünde (wie z.B. Rewe oder Edeka) eingebunden war. Zur Bewertung der Schenkung wurde ein Unternehmenswertgutachten vorgelegt. In dem „Gutachten” wurde u.a. der Wert des Unternehmens nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren dargestellt und zugleich ausgeführt, dass der so ermittelte Wert i.H.v. insgesamt ca. 10 Mio. € zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führe, da hierbei wertbestimmende Faktoren, die einen erheblichen Einfluss auf den Unternehmenswert hätten, nicht ausreichend berücksichtigt würden.

Das FG hat nun mit Entscheidung vom 7.12.2023 (Az. 4 K 2006/20) die alternative Bewertung bestätigt. Entscheidet sich der Stpfl. gegen das vereinfachte Ertragswertverfahren, kann er für die Bestimmung des Unternehmenswerts – wenn sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten lässt, die weniger als ein Jahr vor dem Bewertungszeitpunkt liegen (Alt. 1) – entweder ein Verfahren unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten (Alt. 2) oder eine andere, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Methode der Wertbestimmung wählen (Alt. 3). Vorliegend kommt das FG zu dem Ergebnis, dass der von der Stpfl. ermittelte Unternehmenswert für den übertragenen Anteil am Betriebsvermögen anzuerkennen ist. Er beruht auf einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode.

Nach den von der Stpfl. vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Richtlinien des X-Genossenschaftsverbandes zur Unternehmenswertermittlung, den Auflistungen betreffend die tatsächlichen Verkäufe von in den Verband eingebundenen X-Lebensmittelmärkten in den Jahren 2015 bis 2020 (ADS Statistik zur Unternehmensbewertung) sowie den Ausführungen der Vertreter der Stpfl. im Erörterungstermin und in der mündlichen Verhandlung steht fest, dass bei der Veräußerung von X-Lebensmittelmärkten die jeweiligen Firmenwerte ausschließlich nach den durch die XY-Genossenschaft ermittelten Werten bezahlt bzw. vergütet werden. Die Kaufpreise orientieren sich stets an der Höhe des Warenbestandes am Übergabestichtag, bewertet zu Netto-Verkaufspreisen abzüglich eines Abschlags nach Warengruppen, und dem Wert der Ladeneinrichtung, bewertet mit dem handelsrechtlichen Buchwert, zuzüglich des durch die XY ermittelten Firmenwertes. Die vorliegende Methode, die der streitgegenständlichen Wertermittlung zu Grunde liegt, ist damit die, die ein gedachter Erwerber tatsächlich der Bestimmung seines Kaufpreises zu Grunde legen würde bzw. müsste.

Dem liegt zu Grunde, dass der Kaufmann, der einen X-Lebensmittelmarkt betreibt, zwar selbständig ist, durch die Mitgliedschaft in der XY zugleich aber in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft organisiert ist. Die Einbindung des Unternehmens in die genossenschaftliche Struktur bewirkt für den Unternehmer zwingend die Bindung an Vorgaben, die sich zum einen aus gesetzlichen Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes sowie zum anderen aus mitgliedschaftlichen und vertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen ihm und der X als Einkaufsgenossenschaft, der dem Konzern zugehörigen X Handelsgesellschaft Y GmbH und dem X Verband e.V. ergeben. Die genossenschaftliche Bindung führt hierdurch zu unternehmerischen Einschränkungen des Kaufmanns, die – auch bei einem Verkauf bzw. Übertragung eines Lebensmittelmarktes – darauf abzielen, den genossenschaftlichen Geschäftsbetrieb mit den für die Mitglieder spezifischen Vorteilen zu erhalten und zu fördern.

Hinweis:

Dies dürfte in der Praxis in vielen Fällen Bedeutung haben. Abzuwarten bleibt allerdings die Entscheidung des BFH in dem nun anhängigen Revisionsverfahren.

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15 Jahressteuergesetz 2024: Buchwertneutrale Übertragung zwischen Schwester-Personengesellschaften soll nun auch gesetzlich geregelt werden

Mit dem Jahressteuergesetz 2024 soll die Rechtsprechung des BVerfG vom 28.11.2023 (Az. 2 BvL 8/13), nach der die buchwertneutrale Übertragung zwischen Schwester-Personengesellschaften zuzulassen ist, umgesetzt werden. Vorgesehen ist, dass der Buchwert auch anzusetzen ist, wenn ein Wirtschaftsgut „unentgeltlich zwischen den Gesamthandsvermögen verschiedener Mitunternehmerschaften derselben identisch beteiligten Mitunternehmer” (Beteiligungsidentität) übertragen wird.

Die geänderte Gesetzesfassung soll auch auf alle offenen Fälle zur Anwendung kommen. Für alle Sachverhalte, die bis zur Veröffentlichung der Entscheidung des BVerfG am 12.1.2024 verwirklicht wurden, soll es möglich sein, durch gemeinsamen Antrag auf die Neuregelung zu verzichten. Sollte in diesen Fällen also eine Aufdeckung der stillen Reserven gewünscht sein, wäre dies demnach möglich.

Die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwester-Personengesellschaften gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten soll hingegen nicht erfasst werden – dieser Vorgang ist keine „unentgeltliche” Übertragung –, so dass in diesen Fällen die Buchwertfortführung nicht möglich ist.

Handlungsempfehlung:

Diese Rechtsprechung des BVerfG und die nun anstehende Gesetzesänderung bieten der Praxis insbesondere wichtige Möglichkeiten, um Grundstücke aus einer operativ tätigen Gesellschaft in eine beteiligungsidentische Schwester-Gesellschaft zu übertragen und damit eine Separierung der Grundstücke zu erreichen.

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16 Regelmäßig kein Kapitalertragsteuerabzug bei einer Holdingkapitalgesellschaft

Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften unterliegen im Grundsatz der Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 %. Dies gilt grds. auch dann, wenn Empfänger der Ausschüttung selbst eine Kapitalgesellschaft ist, bei der die Gewinnausschüttung im Rahmen der Einkommensermittlung steuerfrei gestellt ist. Zwar wird die insoweit bei der Gewinnausschüttung einbehaltene Kapitalertragsteuer bei der Körperschaftsteuerveranlagung der die Ausschüttung empfangenden Kapitalgesellschaft wieder angerechnet, jedoch ergibt sich durch das zeitliche Auseinanderfallen von Kapitalertragsteuereinbehalt und Anrechnung dieser bei der Veranlagung eine zwischenzeitliche Liquiditätsbelastung.

Der Kapitalertragsteuerabzug ist aber dann nicht vorzunehmen, wenn die Kapitalerträge Betriebseinnahmen des Gläubigers sind und die Kapitalertragsteuer bei ihm auf Grund der Art seiner Geschäfte auf Dauer höher wäre als die gesamte festzusetzende Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Diese Voraussetzungen sind durch eine Bescheinigung des für den Gläubiger zuständigen Finanzamts nachzuweisen. Diese Bescheinigung wird als Dauerüberzahler-Bescheinigung bezeichnet.

Bislang hat die Rechtsprechung diese Regelung restriktiv ausgelegt. Die Überzahlersituation muss danach auf der Geschäftsstruktur beruhen. Nun hat der BFH aber mit Urteil vom 12.12.2023 (Az. VIII R 31/21) entschieden, dass

  • soweit die Einnahmen einer Holdingkapitalgesellschaft ausschließlich aus (weitgehend) steuerfreien Beteiligungseinkünften bestehen, bei ihr eine zwangsläufige Überzahlersituation auf Grund der „Art der Geschäfte” dauerhaft gegeben ist.
  • Sieht die Satzung einer Holdingkapitalgesellschaft vor, dass die Gesellschaft auch eine weitere Geschäftstätigkeit entfalten darf, mit der sie die Überzahlersituation vermeiden könnte, kommt es darauf nicht an, wenn die Gesellschaft von dieser Möglichkeit tatsächlich dauerhaft keinen Gebrauch macht und nach ihrer Struktur auch nicht dazu in der Lage wäre, eine solche weitere Geschäftstätigkeit auszuüben. Auf den abstrakten Geschäftszweck kann jedenfalls nicht allein abgestellt werden. Dasselbe gilt, wenn die Gesellschaft von der Ermächtigung zwar Gebrauch macht, dabei aber nicht am Markt tätig wird und wenn sie ohne vorherige Änderung ihrer Struktur nicht in der Lage wäre, die entfaltete Tätigkeit mit Gewinn auch am Markt anzubieten. Der Dauerhaftigkeit einer solchen Situation steht nicht entgegen, dass die Gesellschaft ihre Struktur ändern könnte.

Die Stpfl. war eine GmbH. Gegenstand des Unternehmens war neben dem Halten und Verwalten eigenen Vermögens auch die Beratung von Unternehmen (ohne Rechts- oder Steuerberatung). Die Stpfl. war Alleingesellschafterin der XY GmbH (im Weiteren: Tochtergesellschaft). Andere Beteiligungen hat die Stpfl. seit ihrer Gründung nicht. Aus der Beteiligung bezog die Stpfl. jährliche Ausschüttungen. Beratungsleistungen erbrachte sie nur gegenüber ihrer Tochtergesellschaft, um ihre Gewinnausschüttungen zu steigern. Da sie nicht über eigenes Personal verfügte, kaufte sie die Beratungsleistungen ein und stelle sie der Tochtergesellschaft weitgehend kostendeckend zur Verfügung. Die festgesetzte Körperschaftsteuer war in der Vergangenheit stets niedriger als die anzurechnende Kapitalertragsteuer. Die Stpfl. beantragte eine Dauerüberzahler-Bescheinigung, was das Finanzamt aber ablehnte. Das FG gab dagegen der Stpfl. recht, was nun auch der BFH bestätigte.

Handlungsempfehlung:

Diese erweiterte Auslegung ist für die Praxis sehr positiv zu sehen. Betroffene Unternehmen sollten prüfen, ob eine Dauerüberzahler-Bescheinigung beantragt werden kann.

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17 Veräußerungskosten bei Kapitalgesellschaftsbeteiligung: Steuerberatungskosten zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns

Wird eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, an der der Stpfl. innerhalb der letzten fünf Jahren vor Veräußerung zu mindestens 1 % beteiligt war, veräußert, so unterliegt dieser Veräußerungsgewinn als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Besteuerung. Der Veräußerungsgewinn unterliegt nach Maßgabe des Teileinkünfteverfahrens, also mit einer Steuerbefreiung zu 40 % und dementsprechend mit einer steuerlichen Erfassung zu 60 %, der Besteuerung nach dem normalen Einkommensteuertarif. Veräußerungsgewinn ist in diesem Fall der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Einen darüber hinausgehenden Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten sieht das Gesetz in diesen Fällen – anders als bei anderen Einkunftstatbeständen – nicht vor.

Im Urteilsfall, über den das Hessische FG zu entscheiden hatte, machten die Stpfl. als Kosten der Veräußerung der Kapitalbeteiligung neben Notarkosten, Fahrtkosten und Kosten der rechtlichen Beratung auch Steuerberatungskosten geltend. Hierbei handelte es sich um die Gebühren aus der Ermittlung des in der Steuererklärung anzusetzenden Veräußerungsgewinns. Das Finanzamt versagte die Abzugsfähigkeit der Kosten, da diese nicht durch die Anteilsveräußerung, sondern durch die Erfüllung allgemeiner steuerlicher Verpflichtungen veranlasst seien. Das FG bestätigt nun mit Entscheidung vom 22.2.2024 (Az. 10 K 1208/23), dass diese Steuerberatungskosten als Veräußerungskosten abzugsfähig sind. Veräußerungskosten sind nicht nur solche Aufwendungen, die mit der Veräußerung in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen, sondern alle Aufwendungen, die durch den Veräußerungsvorgang veranlasst sind. Die streitgegenständlichen Steuerberatungskosten sind durch den Veräußerungsvorgang veranlasst, da das „auslösende Moment” für die Entstehung dieser Aufwendungen in dem Veräußerungsvorgang selbst besteht. Die Steuerberatungskosten für die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb nebst anteiliger Auslagen, um die es im Streitfall geht, sind allein auf den zu versteuernden Veräußerungsvorgang zurückzuführen.

Handlungsempfehlung:

Damit entscheidet das FG anders als der BFH mit Urteil vom 9.10.2013. Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts ist nun seinerseits die Revision beim BFH anhängig, so dass die Entscheidung in der Sache noch offen ist. In vergleichbaren Fällen sollten solche Steuerberatungskosten als Veräußerungskosten geltend gemacht werden. Dies sollte gegenüber dem Finanzamt offen geschehen.

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18 Grundsteuerwertfeststellung im Bundesmodell: Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts im Einzelfall vorläufig möglich

Aktuell erfolgt die Feststellung der Grundsteuerwerte, welche ab 2025 Basis für die Festsetzung der Grundsteuer sind. Im Bundesmodell, welches in den meisten Bundesländern Anwendung findet, erfolgt die Bewertung der Immobilien nach einem sehr stark pauschalierten Verfahren, welches individuelle Wertfaktoren grundsätzlich nicht berücksichtigt. Dies hat den Vorteil, dass die Bewertung vergleichsweise „einfach” ist, birgt aber die Gefahr, dass im Einzelfall eine deutliche Überbewertung erfolgt, weil z.B. eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks oder ein schlechter baulicher Zustand der Immobilie nicht berücksichtigt werden.

Der BFH bestätigt nun in dem Beschluss vom 27.5.2024 (Az. II B 78/23), dass dann, wenn der Nachweis erbracht wird, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist, eine Aussetzung der Vollziehung der Grundsteuerwertfeststellung geboten ist. In diesen Fällen ist bei der gebotenen summarischen Prüfung das Bewertungsgesetz verfassungskonform dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann.

Im Streitfall geht es um ein Grundstück, welches mit einem im Jahr 1880 erbauten Haus bebaut ist und seit dem Baujahr offensichtlich keine wesentlichen Renovierungen vorgenommen worden sind. Damit führt die pauschalierte Bewertung der Immobilie nach den Regeln des Bewertungsgesetzes zu einem deutlich über dem Verkehrswert liegenden Wertansatz.

Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Grundsteuerwertbescheids ergeben sich daraus, dass dem Stpfl. bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden muss, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Von einer solchen Übermaßbesteuerung ist nach der bisherigen Rechtsprechung auszugehen, wenn der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt. Eine abweichende Wertfeststellung sieht die aktuelle Gesetzesfassung aber gerade nicht vor. Die Aussetzung der Vollziehung beruht nach Auffassung des Gerichts aber nicht auf verfassungsrechtlichen Zweifeln. Diese Rechtsfragen hat das Gericht ausdrücklich offengelassen. Vielmehr beruht die Aussetzung auf der Rechtsprechung, wonach im Einzelfall auch dann der Nachweis eines niedrigeren Wertes möglich ist, wenn ein pauschalierendes und typisierendes Bewertungsverfahren nach dem Bewertungsgesetz dies eigentlich nicht zulässt.

Hinweis:

Diese nun vorliegende Rechtsprechung betrifft allerdings lediglich die Frage der Aussetzung der Vollziehung, beruht also nur auf einer summarischen Prüfung der Rechtslage. Eine endgültige Prüfung erfolgt erst in dem nachfolgenden Hauptsacheverfahren und muss insoweit abgewartet werden.

Handlungsempfehlung:

In vergleichbaren Fällen, bei denen individuelle Wertfaktoren zu einem deutlich niedrigeren Wertansatz führen als nach den pauschalierenden Vorgaben des Bewertungsgesetzes, sollte gegen Grundsteuerwertfestsetzungen der Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt werden. Der tatsächlich anzusetzende Wert muss ausreichend nachgewiesen werden.

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19 Anerkennung eines Ehegattenmietverhältnisses

Rechtsverhältnisse unter nahen Angehörigen werden steuerlich nur unter bestimmten Bedingungen anerkannt. Dies gilt auch für Mietverträge unter Ehegatten, so dass solche Gestaltungen in der Praxis sorgfältig aufgesetzt werden müssen. Solche Verträge müssen sowohl nach ihrem Inhalt als auch nach ihrer tatsächlichen Durchführung dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist. Es darf aber auch kein Scheingeschäft vorliegen. Ein Scheingeschäft liegt nach der Rechtsprechung insbesondere dann vor, wenn der Vermieter dem Mieter die Miete im Vorhinein zur Verfügung stellt oder die Miete nach Eingang auf seinem Konto alsbald wieder an den Mieter zurückzahlt. Ein Beweisanzeichen für eine solche Vorauszahlung oder Rückzahlung kann sich insbesondere daraus ergeben, dass der Mieter nicht oder nur schwer in der Lage ist, die Miete aufzubringen.

Über einen solchen Fall hatte das Niedersächsische FG zu entscheiden. Verkürzt dargestellt ging es um die Frage des Betriebsausgabenabzugs von Mietaufwendungen des Ehemanns an die Ehefrau aus der Anmietung von Räumen, die dieser für seine Rechtsanwaltstätigkeit nutzte. Die Besonderheit des Streitfalls lag nun darin, dass die Mietzahlungen auf einem sehr langfristigen Mietvertrag basierten, die Rechtsanwaltstätigkeit aber schrittweise zurückgefahren wurde. In den Streitjahren hatte der Stpfl. insoweit keinerlei Angestellte mehr und erzielte kontinuierlich und deutlich sinkende Umsätze, die die Kosten nicht deckten. Zwar wurde die Miete von einem Geschäftskonto an die Ehefrau überwiesen, jedoch glich die Ehefrau das sich ergebende Defizit auf dem Geschäftskonto dann aus ihren Mitteln wieder aus, so dass der Ehemann wirtschaftlich durch die Mietzahlungen nicht belastet war. Auch erfolgten Änderungen des Mietvertrages wohl nicht schriftlich. Daneben war unklar, welche Nebenkosten der Ehemann als Mieter zu tragen hatte und insoweit erfolgten wohl auch keine Abrechnungen.

Das FG hat mit jetzt veröffentlichtem Urteil vom 8.7.2021 (Az. 2 K 195/129) entschieden, dass das Mietverhältnis steuerlich nicht anzuerkennen ist. Ein Ehegattenmietverhältnis sei mangels Fremdüblichkeit nicht anzuerkennen, wenn die Nebenkosten nicht abgerechnet werden, der Mietvertrag nachträglich – trotz Veränderungen im Umfang der gemieteten Fläche und bei der Höhe der Miete sowie eingetretener Nutzungsänderungen – nur mündlich abgeändert wird und der Mieter nicht endgültig wirtschaftlich mit den Mietaufwendungen belastet ist.

Handlungsempfehlung:

Zwar ist gegen diese Entscheidung unter dem Az. VIII R 23/23 die Revision beim BFH anhängig, so dass die endgültige Entscheidung in diesem Streitfall noch offen ist. Jedoch verdeutlicht dieser Fall erneut, dass solche Verträge zwischen nahen Angehörigen einer sorgfältigen Prüfung und Durchführung bedürfen, da ansonsten die steuerliche Anerkennung verwehrt wird. Insbesondere sollten solche Verträge auch in regelmäßigen Abständen einer Überprüfung unterworfen werden.

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20 Voraussetzung der organisatorischen Eingliederung bei der umsatzsteuerlichen Organgesellschaft

Die Bedeutung der umsatzsteuerlichen Organschaft ist darin zu sehen, dass Leistungen zwischen Organträger und Organgesellschaft als sog. Innenleistungen nicht steuerbar sind. Steuervorteile können insbesondere bei Unternehmen eintreten, die steuerfreie Leistungen erbringen, da insoweit nichtabziehbare Vorsteuerbeträge verringert werden können.

Vor diesem Hintergrund ist der aktuelle Beschluss des BFH v. 13.3.2024 (Az. V B 67/22) in einem Verfahren über die Nichtzulassung der Revision zur umsatzsteuerlichen Organschaft zu sehen, mit dem der BFH festgestellt hat,

  • dass es unionsrechtskonform ist, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung voraussetzt, dass der Organträger bei der Organgesellschaft seinen Willen durchsetzen kann,
  • und dass die organisatorische Eingliederung durch personelle Verflechtung über leitende Mitarbeiter des Organträgers bedingt, dass der Organträger als Mehrheitsgesellschafter der Organ-GmbH seine Weisungsbefugnisse gegenüber seinem leitenden Mitarbeiter in dessen Eigenschaft als Geschäftsführungsorgan der Organgesellschaft auch gesellschaftsrechtlich bei der Organgesellschaft durchsetzen kann.

So hatte der BFH unter Berücksichtigung der nach dem GmbHG bestehenden Besonderheiten bereits die organisatorische Eingliederung einer GmbH bei einer teilweisen personellen Verflechtung über die Geschäftsführungsorgane bejaht, wenn einer von mehreren einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern der Organ-GmbH auch Geschäftsführer der Organträger-GmbH ist, der Organträger über ein umfassendes (gesellschaftsrechtliches) Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung der Organ-GmbH verfügt und er zur Bestellung und Abberufung aller Geschäftsführer der Organ-GmbH berechtigt ist. Unter diesen Voraussetzungen sei eine organisatorische Eingliederung auch anzunehmen, wenn einer der Geschäftsführer der Organgesellschaft nicht Mitglied des Geschäftsführungsorgans, sondern lediglich leitender Mitarbeiter des Organträgers ist.

Im Urteilsfall bestand der Vorstand der potenziellen Organ-AG aus zwei Personen, die beide Mitarbeiter im Facilitymanagement der Muttergesellschaft und bei dieser nicht als leitende Angestellte im arbeitsrechtlichen Sinne tätig waren. Der BFH hat für diese Konstellation eine umsatzsteuerliche Organschaft verneint, da die Muttergesellschaft ihren als Vorstandsmitgliedern bestellten (einfachen) Mitarbeitern gegenüber nicht weisungsbefugt war. Bei einer Aktiengesellschaft als Organgesellschaft ist die Herstellung der organisatorischen Eingliederung schwieriger, da der Vorstand die Geschäfte der AG unter eigener Verantwortung leitet (Weisungsunabhängigkeit).

Hinweis:

Für die Gestaltungspraxis ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beachten, dass eine organisatorische Eingliederung auch ohne personelle Verflechtung der Leitungsorgane dargestellt werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass die institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeit in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung der (potenziellen) Organgesellschaft in anderer Weise gewährleistet ist. Erforderlich dazu sind schriftlich fixierte Vereinbarungen über die Entscheidungsbefugnis des (potenziellen) Organträgers, die Möglichkeit der Offenbarung dieser Vereinbarungen gegenüber Dritten und die Haftung der Geschäftsführer der (potenziellen) Organgesellschaft bei Verstoß gegen Anweisungen des Organträgers. Die FinVerw nennt insoweit beispielhaft die Geschäftsführerordnung oder die Konzernrichtlinie; zudem wird der Abschluss eines Beherrschungsvertrags als institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeit anerkannt.

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21 Organschaftliche Folgen der Teilaufhebung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen

Die in der Praxis weit verbreitete Gestaltung der körperschaftsteuerlichen Organschaft setzt u.a. den Abschluss eines sog. Gewinn- oder Ergebnisabführungsvertrags (mit einer Laufzeit von mindestens fünf Jahren) voraus. Derartige Verträge werden häufig mit sog. Beherrschungsverträgen kombiniert.

Vor diesem Hintergrund ist nun der erst kürzlich bekannt gewordene Beschluss des OLG Jena vom 17.2.2021 (Az. 2 W 31/21) zu sehen, in dem sich das OLG mit der Problematik der Teilaufhebung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen befasst hat. Im Streitfall war ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag dahingehend geändert worden, dass die Regelungen über die Beherrschung aufgehoben wurden und nur noch der Gewinnabführungsvertrag bestehen blieb. Dies hat das OLG rechtlich als Beendigung des bis dahin bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages verbunden mit dem (Neu-)Abschluss eines isolierten Gewinnabführungsvertrages gewürdigt. Es handele sich bei diesem umfassenden Wechsel der Vertragsart, welcher u.a. erhebliche Änderungen in der Organisationsstruktur der abhängigen Gesellschaft bewirkt, insbesondere nicht um eine bloße Vertragsänderung.

Aus Sicht der körperschaftsteuerlichen Organschaft, deren steuerliche Anerkennung ja das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags (GAV) mit einer Laufzeit von mindestens fünf Jahren voraussetzt, ist der Inhalt dieser Entscheidung von besonderer praktischer Relevanz. Die Teilaufhebung entsprechender Verträge innerhalb der Mindestlaufzeit kann zur Versagung der steuerlichen Anerkennung der Organschaft und damit zum Verlust der steuerlichen Vorteile führen und sollte daher sorgfältig geplant werden.

Hinweis:

Für die Gestaltungspraxis ist aus diesem Beschluss (wie auch aus Entscheidungen anderer OLG) abzuleiten, dass zwar ein Gewinnabführungsvertrag zwingend für die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft erforderlich ist, dass aber sorgfältig geprüft werden sollte, ob dieser tatsächlich mit einem Beherrschungsvertrag verbunden werden muss; ggf. könnte sich anbieten, den Beherrschungs- und den Gewinnabführungsvertrag als getrennte Verträge abzuschließen. Im Übrigen wird auch im Fachschrifttum über die Entwicklung berichtet, zumindest mit einer beherrschten GmbH häufig nur (noch) einen isolierten Gewinnabführungsvertrag abzuschließen. Andererseits kann ein Beherrschungsvertrag wiederum unter Haftungsaspekten (die mögliche persönliche Haftung des Geschäftsleiters betreffend, der einen GAV unterschreibt) sinnvoll erscheinen, so dass die Vertragsgestaltung in jedem Einzelfall sorgfältig abzuwägen ist.

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22 VGA: Beweislast für das Vorliegen einer vGA bei ungeklärten Vermögenszuwächsen

Mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 16.8.2023 (Az. 10 K 2082/21) hat das FG Baden-Württemberg betreffend ungeklärte Vermögenszuwächse bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH entschieden,

  • dass das Finanzamt die objektive Feststellungslast (Beweislast) für das Vorliegen einer vGA trägt (das FA hatte im Streitfall nicht ausreichend dargelegt, dass unversteuerte Betriebseinnahmen der Kapitalgesellschaft für Zwecke des Gesellschafter-Geschäftsführers verwendet wurden),
  • und dass die fehlende Aufklärung der Herkunft von beim Gesellschafter-Geschäftsführer festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächsen regelmäßig nur diesem in seiner Person angelastet werden und bei ihm zu entsprechenden Schlussfolgerungen führen kann.

Im konkreten Streitfall wurde – verkürzt dargestellt – der Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen einer an die FinVerw gerichteten Anzeige beschuldigt, Einnahmen persönlich und zu Gunsten der GmbH nicht der Besteuerung unterworfen und dadurch aus unversteuerten Mitteln beträchtliches in- und ausländisches Vermögen angehäuft zu haben. Die Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle ergaben, dass sich die Aufwendungen für den privaten Lebensunterhalt und die versteuerten Einkünfte nicht deckten. Neben der Verausgabung privater Aufwendungen hatte der Stpfl. seine Verbindlichkeiten gegenüber der GmbH getilgt und zudem noch erhebliche Beträge in bar auf seine privaten Konten eingezahlt. Ausweislich der persönlichen Steuererklärungen des Stpfl. der Jahre 2008 bis 2014 hatte dieser aber nur Arbeitslohn als Geschäftsführer bzw. Arbeitnehmer versteuert. Die FinVerw wertete die Tilgung der Verbindlichkeiten sowie die Bareinzahlungen auf dem Privatkonto als vGA und als (gewinnerhöhende) Betriebseinnahmen der GmbH.

Der Stpfl. erläuterte dazu, er habe private Darlehen aus Osteuropa erhalten. Weitere Barmittel habe er aus der Veräußerung eines Grundstücks an osteuropäische Käufer für die GmbH in bar erhalten und an die GmbH weitergereicht. Die FinVerw wies die darauf gestützten Einsprüche als unbegründet zurück, da die Angaben des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht plausibel und nicht nachvollziehbar seien. So sei insoweit nicht feststellbar, woher die Mittel für Einlagen in das Betriebsvermögen stammten, so könne der Schluss gerechtfertigt sein, dass diese aus unversteuerten Einnahmen stammen.

Das FG hat die umstrittenen Steuerbescheide als rechtswidrig verworfen und im Rahmen seiner Begründung u.a. folgende Aspekte herausgestellt:

  • Im Streitfall habe das FA nach Aktenlage keine bei der GmbH eingetretene verhinderte Vermögensmehrung nachweisen können. Es sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass unversteuerte Betriebseinnahmen der GmbH vorliegen, die für Zwecke des Gesellschafter-Geschäftsführers verwendet wurden.
  • Die Kapitalzuführungen seien im Streitfall zwar unaufgeklärt, rechtfertigten jedoch nicht den von dem FA gezogenen Schluss darauf, dass diese auf nicht versteuerten Einnahmen der GmbH beruhen und diese Einnahmen für Zwecke des Gesellschafters verwendet wurden.
  • Auch betreffend die Verwendung erheblicher Barbeträge zur Rückführung der durch die GmbH gewährten Darlehen an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer könne regelmäßig nicht gefolgert werden, dass die Kapitalgesellschaft zusätzliche Betriebseinnahmen in Höhe der Rückführungen erzielt habe.

Hinweis:

Zu einem vergleichbaren Ergebnis ist jüngst auch das FG Münster mit seinem rechtskräftigen Urteil v. 18.5.2022 (Az. 10 K 261/17) gelangt. Hier hat das FG Münster auf der Basis der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeführt, dass in Fällen, in denen nicht bei der Kapitalgesellschaft selbst, sondern beim Gesellschafter-Geschäftsführer ungeklärte Vermögenszuwächse festgestellt werden, alleine auf Grund dieser Feststellung nicht die Schlussfolgerung gezogen werden könne, dass die Kapitalgesellschaft entsprechende bislang nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt hat. Vielmehr könne aus einer fehlenden Aufklärung der Mittelherkunft beim Gesellschafter-Geschäftsführer auf bei ihm bisher steuerlich nicht erfasste Einnahmen aus Eigengeschäften zu schließen sein. Das FG bezieht sich u.a. auf das Urteil des BFH v. 26.2.2003 (Az. I R 52/02), nach dem allein auf Grund festgestellter ungeklärter Vermögenszuwächse eben nicht der Schluss gezogen werden kann, die Kapitalgesellschaft hätte entsprechende bislang nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt.

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23 VGA: Irrtümliche Zuwendung und Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis

Mit seinem zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil v. 22.11.2023 (Az. I R 9/20) hat der BFH zu den Voraussetzungen einer vGA entschieden,

  • dass für die Frage, ob eine Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, bei der Prüfung eines möglicherweise fehlenden Zuwendungswillens auf Grund Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht darauf abzustellen ist, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre,
  • sondern dass allein maßgebend ist, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem solchen Irrtum unterlegen ist.

Im Streitfall hatte – verkürzt dargestellt – eine GmbH-Neu geklagt, deren Stammkapital durch Einbringung eines 100 %igen Geschäftsanteils an einer anderen GmbH sowie durch eine Bareinlage erbracht worden war. Alleingesellschafterin der GmbH-Neu war B. Nach der Gründung war eine Kapitalerhöhung bei der eingebrachten GmbH durchgeführt worden; die Alleingesellschafterin B wurde – entgegen der ursprünglichen Vertragsfassung – zur Übernahme des neuen Geschäftsanteils zugelassen. Die Einzahlung der Stammeinlage auf den neuen Gesellschaftsanteil erfolgte jedoch durch die GmbH-Neu (Stpfl.). In der Folge wurden zudem beide Geschäftsanteile von der Stpfl. bilanziert und auch die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der GmbH (in 2008 und 2009) allein durch die Stpfl. gefasst. In 2010 wurde dann ein Geschäftsanteilsübertragungsvertrag beurkundet, auf dessen Basis nun die Stpfl. auch die neuen Anteile an der eingebrachten GmbH erwerben sollte. Im notariellen Vertrag wurde ausgeführt, dass die vorherige Übernahme des neu gebildeten Geschäftsanteils durch B irrtümlich erfolgte und eigentlich für die Stpfl. vorgesehen war.

Die FinVerw vertrat dazu die Auffassung, dass die Stpfl. auf eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung bei der GmbH in 2008 verzichtet und sie stattdessen unentgeltlich ihrer Alleingesellschafterin B ermöglicht habe, daran teilzunehmen. In diesem Verzicht liege eine vGA zu Gunsten der Alleingesellschafterin, die mit dem Teilwert des im Rahmen der Kapitalerhöhung von B erworbenen Geschäftsanteils zu bewerten sei. Ferner habe die Stpfl. anstelle der Alleingesellschafterin die Stammeinlage eingezahlt – auch darin sei eine vGA zu sehen.

Nach Abweisung der dagegen gerichteten Klage durch das FG hat der BFH im Revisionsverfahren die Sache an das FG zurückverwiesen und in seiner Begründung u.a. auf folgende Aspekte abgestellt:

  • Es sei allein maßgebend, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem Irrtum unterlegen war, so dass diese Frage vom FG nicht offen gelassen werden konnte (dieser Aspekt muss also vorliegend noch aufgeklärt werden).
  • VGA seien nach ständiger Rechtsprechung Vermögensminderungen (verhinderte Vermögensmehrungen), die u.a. durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wird regelmäßig dann angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
  • Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bedürfe es i.d.R. weder der Absicht, Gewinne verdeckt auszuschütten, noch eines entsprechenden Ausschüttungsbewusstseins. Der handelnde Gesellschafter muss auch nicht mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis handeln, er muss den Tatbestand der vGA nicht kennen und er muss das Geschehene auch nicht richtig würdigen. Die objektiven Abläufe sprechen insoweit grundsätzlich für sich und reichen aus, um den Tatbestand einer vGA erfüllen zu können.
  • Sollte es allerdings am Zuwendungswillen fehlen, der zur Annahme einer vGA erforderlich ist, dann scheide eine vGA aus, weil es dann an der konkreten Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis fehlt. Dies könne etwa bei subjektiven Entschuldigungsgründen (auf Grund Unerfahrenheit oder der besonderen persönlichen Situation des Handelnden) der Fall sein.

Hinweis:

Mit diesem Urteil hat der BFH seine Rechtsprechung bestätigt und fortentwickelt, nach der im Rahmen des Tatbestands der vGA ausnahmsweise doch subjektive Elemente von Bedeutung sein können – wenn es nämlich an jeglichem finalem Zuwendungswillen in Richtung eines Vermögenstransfers zu Lasten der Gesellschaft und zu Gunsten des Gesellschafters fehlt (gegeben z.B. bei Buchungsfehlern eines steuerlichen Beraters).

Für diesen und auch für weitere Sachverhalte herauszustellen ist die sehr klare Formulierung des BFH, wonach „der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter eine idealtypische Denkfigur ist, die alle Gegebenheiten des Geschäftsvorfalls kennt und sich infolgedessen per definitionem nicht in einem Irrtum befinden kann”.

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24 Keine Bindungswirkung gesetzlich nicht vorgesehener „Verabredungen” mit der FinVerw

In der steuerlichen Gestaltungspraxis besteht nicht selten das Interesse, geplante Sachverhalte hinsichtlich ihrer steuerlichen Wirkungen mit der FinVerw abzustimmen. Dazu stehen insbesondere die gesetzlich vorgesehenen Instrumente der sog. verbindlichen Auskunft, der verbindlichen Zusage und der tatsächlichen Verständigung zur Verfügung, nicht jedoch schlichte „Verabredungen”.

Vor diesem Hintergrund ist das jüngst veröffentlichte rechtskräftige Urteil des FG Düsseldorf vom 10.3.2022 (Az. 9 K 299/21 H) zu sehen, mit dem das FG entschieden hat, dass Verabredungen, die weder tatsächliche Verständigungen noch verbindliche Auskünfte noch verbindliche Zusagen sind, die Finanzbehörde auch nicht binden.

Im konkreten Streitfall hatte – verkürzt dargestellt – eine Stpfl. geklagt, die als ehemalige Gesellschafter-Geschäftsführerin einer T-GmbH als Haftungsschuldnerin für Steuerschulden der T-GmbH in Anspruch genommen wurde. Diese im Inland ansässige T-GmbH (über deren Vermögen in 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde) vertrat bis 2014 internationale Musiker und Ensembles und organisierte innerhalb Europas Konzerte, Festivals und Veranstaltungen, wobei überwiegend Bands in Deutschland vermarktet wurden.

Die streitigen Haftungsbeträge beruhten inhaltlich auf dem Ergebnis einer steuerlichen Betriebsprüfung, die betreffend die Künstler einen fehlenden Steuerabzug nach § 50a EStG bemängelte. Dagegen trug die Stpfl. (erfolglos) vor, dass in 2001 eine Verständigung anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung mit dem seinerzeit (bis 2003) zuständigen FA getroffen worden war, wonach auf den Steuerabzug verzichtet werden konnte. Das FG Düsseldorf hat die Klage abgewiesen und in seiner Begründung folgende Aspekte hervorgehoben, die für den Umgang mit den Finanzbehörden (über den entschiedenen Fall hinaus) besonders relevant sind:

  • Eine tatsächliche Verständigung könne nur Tatsachen und nicht etwa Rechtsfragen betreffen und wirke grundsätzlich nicht für die Zukunft.
  • Im Streitfall hätten weder eine verbindliche Auskunft für künftig zu verwirklichende geplante Sachverhalte noch eine verbindliche Zusage vorgelegen – beide Institute würden i.Ü. die Schriftform voraussetzen.
  • Selbst wenn faktisch ein Einvernehmen mit der FinVerw erzielt worden wäre, würde für die Geschäftsführerin einer GmbH die Pflicht fortbestehen, die einzelnen Geschäftsvorfälle auf ihre steuerliche Relevanz zu prüfen.

Hinweis:

Das Vertrauen in die Ergebnisse früherer Betriebsprüfungen ist also nicht geschützt, da nach dem für Veranlagungssteuern geltenden Prinzip der Abschnittsbesteuerung jeder Sachverhalt für jeden Veranlagungszeitraum durch die FinVerw erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen ist, so dass die Beurteilung in einem Veranlagungszeitraum keine Bindung der FinVerw für spätere Steuerabschnitte entfaltet. Der Betriebsprüfer kann also bei einer späteren Prüfung von einem vorhergehenden Prüfungsbericht abweichen.

Handlungsempfehlung:

Das Urteil des FG Düsseldorf unterstreicht die Notwendigkeit, für geplante Sachverhalte schriftliche Stellungnahmen bei den Finanzbehörden einzuholen (verbindliche Auskunft oder verbindliche Zusage), um für die Zukunft Rechtssicherheit gewährleisten zu können. Das Vertrauen allein auf ein lediglich faktisches Einvernehmen mit dem FA ist jedenfalls rechtlich nicht geschützt.

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25 Bedeutung der steuerlichen Abschreibung und der Investitionsabzugsbeträge

Der über die Abschreibung abgebildete Wertverzehr von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens beläuft sich über die Gesamtnutzungsdauer stets auf die Anschaffungs-/Herstellungskosten (abzgl. ggf. eines Restwertes). Dies ist unabhängig von der Abschreibungsdauer und -methode. Abschreibungsdauer und -methode sowie Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen beeinflussen aber die zeitliche Verteilung der Abschreibung über die Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes. Eine zeitlich raschere Aufwandsverrechnung mittels Abschreibungen führt zu einem Vorziehen von steuerlichem Abschreibungsaufwand und damit zu einem Hinausschieben von Steuerzahlungen und im Ergebnis zu einem Liquiditäts- und Zinsvorteil – stets vorausgesetzt, dass ausreichende Gewinne erzielt werden, um den Abschreibungsaufwand nutzen zu können.

Hinweis:

Bei geringeren Gewinnen ist im Hinblick auf Progressionsnachteile beim Einkommensteuertarif ein Vorziehen von Abschreibungsaufwand ggf. kritisch zu prüfen. Befinden sich die Einkünfte insgesamt noch im progressiven Bereich des Einkommensteuertarifs, welcher aktuell bis 66 760 € (bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten: 133 520 €) geht, so ist aus steuerlicher Sicht ein eher konstanter Gewinnausweis anzustreben. Solche Progressionseffekte müssen in einer individuellen Planrechnung betrachtet werden, um eine steueroptimale Verteilung des Abschreibungsaufwands zu erreichen.

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26 Abschreibung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

a)  Überblick über die steuerlich zulässigen Abschreibungsmethoden und Verhältnis zur Handelsbilanz

Mit dem Wachstumschancengesetz sind punktuelle Verbesserungen bei der Abschreibung beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens umgesetzt worden. Diese greifen allerdings erst bei Anschaffung/Herstellung in 2024, so dass für den Jahresabschluss zum 31.12.2023 noch die bisherigen Regelungen gelten. Im Überblick stellen sich die steuerlich zulässigen Abschreibungsmethoden und die sich aus dem Wachstumschancengesetz ergebenden Änderungen folgendermaßen dar:

Regelung

Erläuterung

Inkrafttreten

lineare AfA

unverändert – lineare Verteilung der Anschaffungs-/Herstellungskosten über die voraussichtliche Nutzungsdauer

degressive AfA

Wiedereinführung (ausgelaufen – letztmals für Investitionen bis 31.12.2022) aber nun max. zweifache der linearen AfA, max. 20 %

Anschaffung/Herstellung nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025

Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter

GWG-Grenze unverändert bei 800 €

Sammelposten

Keine Änderung: AK/HK von 250 € bis 1 000 € und Auflösung über fünf Jahre

Sonderabschreibung für kleinere Unternehmen

Sonderabschreibung: 40 % (bisher: 20 %) Voraussetzung: Gewinngrenze 200 000 € im Vorjahr

Anschaffung/Herstellung nach dem 31.12.2023

Abschreibung von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung

Weiterhin: nach FinVerw kann (Wahlrecht) die Nutzungsdauer in der steuerlichen Gewinnermittlung mit 1 Jahr angesetzt werden – unabhängig von der Handelsbilanz

Hinweis:

Unverändert geblieben ist die GWG-Grenze von 800 € und auch der Anwendungsbereich für den Sammelposten. Die im Rahmen des Wachstumschancengesetzes beabsichtigten Erhöhungen der Grenzbeträge wurden nicht umgesetzt.

Ist auch eine Handelsbilanz aufzustellen, so ist zu beachten, dass die steuerliche Abschreibung unabhängig von der handelsrechtlichen Vorgehensweise erfolgen kann. Handelsrechtlich bestehen keine Vorgaben hinsichtlich der AfA-Methode. Diese muss vielmehr den tatsächlichen Abnutzungsverlauf sachgerecht abbilden. Vielfach können in der Praxis die steuerlichen Abschreibungen auch in der Handelsbilanz angewandt werden, so dass keine Unterschiede zwischen beiden Rechenwerken bestehen.

Hinweis:

Die im Rahmen des Wachstumschancengesetzes vorgesehene umfangreiche Förderung durch das Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz ist insgesamt nicht umgesetzt worden.

b)  Wiedereinführung der degressiven Abschreibung ab 1.4.2024

Für im Zeitraum vom 1.1.2023 bis 31.3.2024 angeschaffte/hergestellte Wirtschaftsgüter ist die degressive AfA steuerlich nicht zulässig, sondern die laufenden Abschreibungen sind nach der linearen Methode vorzunehmen (soweit nicht ausnahmsweise eine Abschreibung nach Maßgabe der Leistung des Wirtschaftsgutes in Betracht kommt). Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist nun aber befristet wieder eingeführt worden für

  • Investitionen nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 (also lediglich für einen Zeitraum von neun Monaten) – damit gilt keine degressive AfA bei Wirtschaftsgütern, die im Zeitraum vom 1.1.2023 bis zum 31.3.2024 angeschafft bzw. hergestellt wurden – und
  • betragsmäßig begrenzt auf das Zweifache der linearen AfA und max. 20 % – bis zum 31.12.2022 galt das 2,5fache der linearen AfA, max. 25 %.

Hinweis:

Im Hinblick auf die erfolgte Wiedereinführung der degressiven AfA zum 1.4.2024 und deren Auslaufen zum 31.12.2024 ist insbesondere der Zeitpunkt der Anschaffung des Wirtschaftsgutes von Bedeutung. Der Anschaffungszeitpunkt wird allgemein als der Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums angenommen. Ist vertraglich oder gesetzlich eine Abnahme des erworbenen Wirtschaftsguts vorgesehen, so geht das wirtschaftliche Eigentum erst mit dieser über.

c)  Abschreibung von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung

Nach der Anweisung der FinVerw kann (Wahlrecht) die Nutzungsdauer bestimmter Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung – im Rahmen der normalen AfA-Regeln – mit einem Jahr angesetzt werden. Im Jahr der Anschaffung kann darüber hinaus unabhängig vom Anschaffungszeitpunkt die volle Jahres-AfA angesetzt werden. Im Ergebnis bedeutet dies eine Sofortabschreibung im Jahr der Anschaffung. Die Anwendung dieser verkürzten Nutzungsdauer für steuerliche Zwecke ist unabhängig von der Höhe der Anschaffungskosten.

Hinweis:

Der Ansatz einer Nutzungsdauer von einem Jahr ist keine Verpflichtung. Vielmehr können die Wirtschaftsgüter auch entsprechend der amtlichen AfA-Tabellen über eine Nutzungsdauer von drei Jahren abgeschrieben werden.

Aufwendungen für eine Homepage fallen nicht unter den Anwendungsbereich des einschlägigen BMF-Schreibens, so dass bei einer Homepage nicht von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von einem Jahr, sondern in Anknüpfung an die als üblich anerkannte technische Nutzungsdauer von Software von einer Nutzungsdauer von drei Jahren ausgegangen werden muss.

Hinweis:

Ob diese verkürzte Nutzungsdauer von einem Jahr auch in der Handelsbilanz angesetzt werden darf, muss im Einzelfall geprüft werden. Unstreitig muss bei diesen Wirtschaftsgütern die AfA in der Handelsbilanz über die „voraussichtliche Nutzungsdauer” erfolgen. In der Regel wird diese nicht mit einem Jahr anzusetzen sein. Bei Positionen mit untergeordneter Bedeutung dürfte auch in der Handelsbilanz der Ansatz einer Nutzungsdauer von einem Jahr zulässig sein.

d)  Sonderabschreibung für kleinere und mittlere Betriebe

Kleinere und mittlere Betriebe können (Wahlrecht) bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens neben der laufenden Abschreibung eine Sonderabschreibung in Anspruch nehmen. Diese beträgt bei Anschaffung/Herstellung

  • bis zum 31.12.2023: 20 % bzw.
  • ab dem 1.1.2024: 40 %

der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Diese Sonderabschreibung kann im Jahr der Anschaffung/Herstellung und in den vier folgenden Jahren in Anspruch genommen werden. Auf diesen Begünstigungszeitraum kann die Sonderabschreibung beliebig verteilt werden. Eine zeitanteilige Kürzung bei Inanspruchnahme der Sonderabschreibung im Jahr der Anschaffung/Herstellung findet nicht statt. Möglich ist es daher, die Sonderabschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in der vollen Höhe von 40 % in Anspruch zu nehmen.

Hinweis:

Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung kann neben dem Investitionsabzugsbetrag erfolgen (hierzu unten unter 6.), kann aber auch dann genutzt werden, wenn kein Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht wurde.

Beispiel 1:

Sachverhalt: Erwerb im Mai 2024 einer Maschine, die über zehn Jahre genutzt werden soll, zu Anschaffungskosten i.H.v. 100 000 €.

Anschaffungskosten

100 000,00 €

Sonderabschreibung 40 %

40 000,00 €

degressive AfA 20 %, zeitanteilig 8 Monate

13 333,00 €

Restbuchwert 31.12.2024

46 667,00 €

degressive AfA 2025

9 333,00 €

Restbuchwert 31.12.2025

37 334,00 €

degressive AfA 2026

7 467,00 €

Restbuchwert 31.12.2026

29 867,00 €

degressive AfA 2027

5 973,00 €

Restbuchwert 31.12.2027

23 894,00 €

Mithin kann bereits im Jahr der Anschaffung eine Abschreibung von insgesamt über 53 % der Anschaffungskosten geltend gemacht werden.

Beispiel 2:

Sachverhalt: Erwerb im Mai 2024 einer Maschine, die über zehn Jahre genutzt werden soll, zu Anschaffungskosten i.H.v. 100 000 €. Für den Erwerb wurde in 2023 gewinnwirksam ein Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht.

Investitionsabzugsbetrag 2023

50 000,00 €

Anschaffungskosten

100 000,00 €

Sonderabschreibung 40 % von 50 000 €

20 000,00 €

degressive AfA 20 %, zeitanteilig 8 Monate

6 667,00 €

Restbuchwert 31.12.2024

23 333,00 €

degressive AfA 2025

4 667,00 €

Restbuchwert 31.12.2025

18 666,00 €

degressive AfA 2026

3 733,00 €

Restbuchwert 31.12.2026

14 933,00 €

degressive AfA 2027

2 987,00 €

Restbuchwert 31.12.2027

11 946,00 €

In diesem Fall werden die laufende AfA und die Sonderabschreibung auf Basis der um den Investitionsabzugsbetrag geminderten Anschaffungskosten ermittelt.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung ist, dass

  • der Betrieb im Wirtschaftsjahr, das der Anschaffung oder Herstellung vorangeht (Vorjahr), die Gewinngrenze von 200 000 € nicht überschritten und
  • das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Stpfl. ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.

Ein Wirtschaftsgut wird ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt, wenn es der Stpfl. zu nicht mehr als 10 % privat nutzt. Dies ist bezogen auf die gesamte Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes zu prüfen. Zum Merkmal der „ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblichen Nutzung” folgende Beispiele:

  • Unternehmer A erwirbt einen Firmenwagen, den er auch für Privatfahrten nutzt. Die Privatnutzung wird mittels der 1 %-Methode angesetzt. In diesem Fall ist ohne Vorlage ergänzender Belege, die eine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Kraftfahrzeuges zweifelsfrei dokumentieren, von einem schädlichen Nutzungsumfang auszugehen.
  • Unternehmer A erwirbt einen Firmenwagen, den er auch für Privatfahrten nutzt. Es wird ein Fahrtenbuch geführt, das eine Privatnutzung von 10 % ausweist. In diesem Fall sind die Voraussetzungen für die Sonderabschreibung erfüllt.
  • Unternehmer A erwirbt einen Firmenwagen, den er einem Mitarbeiter für betriebliche und auch für private Fahrten zur Verfügung stellt. Dies steht der Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nicht entgegen, da auch in der Überlassung des Fahrzeugs an einen Arbeitnehmer eine betriebliche Nutzung liegt, selbst wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug für private Zwecke nutzen darf. Das gilt auch für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer, denen die private Nutzung eines Dienstfahrzeugs zusteht.

Hinweis:

Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung erfolgt ausschließlich in der steuerlichen Gewinnermittlung und nicht in der Handelsbilanz.

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27 Investitionsabzugsbetrag

Kleinere und mittlere Betriebe können für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gewinnmindernd einen Investitionsabzugsbetrag geltend machen. Dieser kann bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten betragen und muss bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres für eine Investition verwendet werden. Bei Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrages braucht das später angeschaffte Wirtschaftsgut nicht konkret benannt zu werden. Wichtig ist nur, dass innerhalb der Dreijahresfrist der gebildete Investitionsabzugsbetrag für eine begünstigte Investition verwendet wird.

Voraussetzungen für die Bildung eines solchen Investitionsabzugsbetrages sind:

  • Der Gewinn des Betriebes darf im Wirtschaftsjahr, in dem die Abzüge vorgenommen werden sollen (ohne Berücksichtigung der Investitionsabzugsbeträge), 200 000 € nicht überschreiten.
  • Die Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrages muss auf elektronischem Weg an die Finanzbehörde übermittelt werden (mit der Steuererklärung).
  • Die Summe der Abzugsbeträge, die im Wirtschaftsjahr des Abzugs und in den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren insgesamt abgezogen und noch nicht für Investitionen verwendet worden sind, darf je Betrieb 200 000 € nicht übersteigen.
  • Das später angeschaffte Wirtschaftsgut muss mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden.

Hinweis:

Steuerlich wird hiermit im Ergebnis ein Teil der Abschreibung des später angeschafften Wirtschaftsgutes bereits vorweggenommen und die sich hieraus ergebende Steuerminderung kann bereits zur Finanzierung der Anschaffung des Wirtschaftsgutes eingesetzt werden. Die spätere Abschreibung des Wirtschaftsgutes bemisst sich dann nach den um den geltend gemachten Abzugsbetrag verminderten Anschaffungskosten.

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28 Gebäudeabschreibung

a)  Überblick über die steuerlichen Abschreibungsregelungen und aktuelle Änderungen

Insbesondere die Rahmenbedingungen für die steuerliche Abschreibung von Wohnbauten wurden durch das Wachstumschancengesetz deutlich verbessert. Im Überblick stellen sich diese wie folgt dar:

Regelung

Erläuterung

Inkrafttreten

lineare Gebäude-AfA

Gebäude, die nach dem 31.12.2022 fertiggestellt wurden: 3 %

Nachweis einer tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer bei der Gebäude-AfA

(restriktive Anwendung der FinVerw – hohe Nachweisanforderungen – entgegen der Rechtsprechung)

degressive Gebäude-AfA Wohnbauten

Neueinführung für Wohnbauten – AfA 5 % vom Restbuchwert – Wechsel zur linearen AfA mit 3 % vom Restwert möglich

Beginn Herstellung/Anschaffung nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 – maßgebend: Baubeginnsanzeige bzw. obligatorischer Vertrag

Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubauten

Zeitliche Anwendung: Baumaßnahmen, die nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 beantragt werden

Anhebung der Grenze für Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf 5 200 € je qm Wohnfläche

Sonderabschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung sowie in den folgenden drei Jahren von bis zu 5 % jährlich auf einen förderfähigen Teil von bis zu 4 000 € je qm Wohnfläche (bislang nur 2 500 €)

Sonderabschreibung neben der linearen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG oder neben der degressiven Gebäude-AfA

b)  Lineare Gebäude-AfA

Im Grundsatz müssen Gebäude steuerlich nach gesetzlich vorgegebenen Prozentsätzen (fiktive Nutzungsdauer) linear abgeschrieben werden. Insoweit gelten folgende Abschreibungssätze:

Betriebsvermögen

nicht Wohnzwecken dienende Gebäude (z.B. Betriebsgebäude)

bei Bauantrag nach dem 31.3.1985

3 %

Wohnzwecken dienende Gebäude

Fertigstellung nach dem 31.12.1924 und vor dem 1.1.2023

2 %

Fertigstellung nach dem 31.12.2022

3 %

Privatvermögen (also bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung)

unabhängig von der Nutzung

Fertigstellung vor dem 1.1.1925

2,5 %

Fertigstellung nach dem 31.12.1924 und vor dem 1.1.2023

2 %

Fertigstellung nach dem 31.12.2022

3 %

Hinweis:

Diese festen Abschreibungssätze – und damit angenommene Nutzungsdauer – gelten unabhängig davon, ob der Stpfl. das Gebäude selbst herstellt (erbaut) oder eine Bestandsimmobilie erwirbt. Entscheidend ist lediglich das ursprüngliche Baujahr des Gebäudes.

Abweichend hiervon steht es dem Stpfl. allerdings auch offen, eine tatsächlich kürzere Nutzungsdauer nachzuweisen. Insoweit muss nachgewiesen werden, dass das konkrete Gebäude vor Ablauf dieser aus den festen AfA-Sätzen resultierenden Nutzungsdauer (bei Fertigstellung nach dem 31.12.2022 also 33 1/3 Jahre) objektiv betrachtet technisch oder wirtschaftlich verbraucht ist. Diesen Nachweis muss der Stpfl. erbringen. Die FinVerw stellt insoweit allerdings hohe Anforderungen an diesen Nachweis. Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen. Die FinVerw fordert grds. ein Bausubstanzgutachten.

Hinweis:

Die Rechtsprechung des BFH hat allerdings bereits entschieden, dass diese strengen Nachweisanforderungen der FinVerw nicht durch das Gesetz gedeckt sind. Nach der Rechtsprechung kann sich der Stpfl. zur Darlegung einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes jeder sachverständigen Methode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Die gewählte Methode muss über die maßgeblichen Determinanten der Nutzungsdauer – z.B. technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung, rechtliche Nutzungsbeschränkungen – Aufschluss geben. Insbesondere die sachverständige Ermittlung der Restnutzungsdauer gem. der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) ist eine gutachterlich anerkannte Schätzungsmethode, die ohne eine gesetzliche Anordnung für steuerrechtliche Schätzungen nicht ausgeschlossen werden kann. Stets bedarf es für die Schätzung der Nutzungsdauer aber einer sachverständigen Begutachtung, die sich insbesondere zu den individuellen Gegebenheiten des Objekts (z.B. durchgeführte oder unterlassene Instandsetzungen oder Modernisierungen) verhält.

c)  Degressive Gebäude-AfA für Wohnbauten

Zeitlich befristet ist eine degressive AfA für Wohngebäude eingeführt worden, und zwar mit 5 % vom Restwert. Zur zeitlichen Anwendung gilt:

  • Voraussetzung ist, dass mit der Herstellung nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wird. Als Beginn der Herstellung gilt das Datum in der nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften einzureichenden Baubeginnsanzeige. Soweit landesrechtlich im Einzelfall keine Baubeginnsanzeige vorgeschrieben ist, hat der Stpfl. zu erklären, dass er den Baubeginn gegenüber der zuständigen Baubehörde freiwillig angezeigt hat.
  • Bei Anschaffung des Gebäudes durch den Stpfl. ist diese degressive Gebäude-AfA nur eröffnet, wenn der obligatorische Vertrag nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wird.

Im Jahr der Herstellung bzw. Anschaffung erfolgt die AfA zeitanteilig.

Der Stpfl. hat ein Wahlrecht, zur linearen Gebäude-AfA zu wechseln. Dann erfolgt die lineare Abschreibung aus dem Restwert des Gebäudes und einem unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden Prozentsatz.

Die degressive AfA kann für alle Wohngebäude, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes belegen sind, in Anspruch genommen werden. Eine Nutzung dieser degressiven AfA ist sowohl für betriebliche Gebäude als auch im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung möglich, soweit diese Wohnzwecken dienen. Unter Wohngebäude fallen z.B.:

  • insgesamt Wohnzwecken dienende Gebäude,
  • Eigentumswohnungen,
  • zu Wohnzwecken dienende Wohnungen in einem gemischt genutzten Gebäude (die übrigen nicht Wohnzwecken dienenden Flächen dürfen nicht degressiv abgeschrieben werden).

d)  Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau

Die bestehende Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau wurde mit dem Wachstumschancengesetz punktuell verbessert:

  • der Anwendungszeitraum wurde verlängert für Baumaßnahmen, die vor dem 1.10.2029 (bisher: 1.1.2027) begonnen werden;
  • die Anschaffungs-/Herstellungskosten dürfen 5 200 € (bisher 4 800 €) je qm Wohnfläche nicht übersteigen;
  • die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen beträgt max. 4 000 € (bisher: 2 500 €) je qm Wohnfläche;
  • unverändert bleiben die Nachhaltigkeitsvoraussetzungen: Die Wohnung muss in einem Gebäude liegen, das die Kriterien eines „Effizienzhaus 40” mit Nachhaltigkeits-Klasse erfüllt und dies muss durch das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) nachgewiesen werden.

Entscheidende Anwendungsvoraussetzung ist, dass neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen geschaffen werden. Dies ist z.B. gegeben

  • bei Neubauten (Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhäuser), die zu Wohnzwecken genutzt werden,
  • aber auch für den Aus- und Umbau bestehender Gebäudeteile, wenn dadurch erstmals eine Wohnung entsteht, z.B. beim Ausbau eines Dachgeschosses, dem Anbau an ein bestehendes Gebäude oder beim Umbau einer bisher gewerblich genutzten Einheit zu einer Wohnung.

Hinweis:

Keine neue Wohnung in diesem Sinne entsteht hingegen, wenn vorhandener Wohnraum nur modernisiert oder saniert wird, auch wenn dies mit hohen Kosten verbunden ist und sich die Ausstattungsmerkmale der Wohnung dadurch deutlich verbessern.

Weiterhin muss für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung die begünstigte Wohnung der entgeltlichen Überlassung zu fremden Wohnzwecken dienen. Wird eine Wohnung selbst genutzt oder unentgeltlich zu fremden Wohnzwecken überlassen, kann die Sonderabschreibung dagegen nicht genutzt werden.

Liegen die Voraussetzungen vor, können für Wohnungen mit Bauantrag/Bauanzeige/Einreichung der Bauunterlagen – je nach landesrechtlicher Regelung – nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 im Jahr der Anschaffung oder Herstellung sowie in den folgenden drei Jahren bis zu 5 % Sonder-AfA jährlich auf einen förderfähigen Teil der Anschaffungs-/Herstellungskosten von maximal 4 000 € je qm Wohnfläche in Anspruch genommen werden. Daneben erfolgt die lineare Gebäude-AfA mit 3 % oder wahlweise die degressive Gebäude-AfA für Wohnbauen. Gerade die Kombination der laufenden Abschreibung mit der Sonderabschreibung ist steuerlich sehr günstig und führt dazu, dass die Investitionskosten vergleichsweise rasch steuermindernd geltend gemacht werden können.

Beispiel:

Zum 1.1.2024 wird ein Wohngebäude fertiggestellt, welches über eine Wohnfläche von 250 qm verfügt. Die Gesamtherstellungskosten betragen 1 250 000 €.

Die Sonderabschreibung kann geltend gemacht werden max. auf 250 qm x 4 000 €/qm = 1 000 000 € und mithin ergibt sich eine Sonderabschreibung von 50 000 € jährlich. Daneben wird die degressive Gebäude-AfA mit 5 % vom jeweiligen Restwert geltend gemacht.

Sonder-
abschreibung

degressive
Gebäude-AfA

Restbuchwert

Herstellungskosten 2024

1 250 000 €

2024

50 000 €

62 500 €

1 137 500 €

2025

50 000 €

56 875 €

1 030 625 €

2026

50 000 €

51 531 €

   929 094 €

2027

50 000 €

46 455 €

   832 639 €

2028

41 632 €

   791 007 €

usw.

In diesem Beispiel kann das Gebäude in den ersten fünf Jahren insgesamt zu ca. 37 % und in den ersten zehn Jahren zu ca. 51 % steuerlich abgeschrieben werden. Damit kann frühzeitig eine Minderung der Steuerlast und damit ein Liquiditätsvorteil erzielt werden. Durch die Sonderabschreibung steigen die Abschreibungsbeträge in den ersten vier Jahren deutlich.

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