Für alle Steuerpflichtigen

1 Wegfall der Steuerbefreiung für ein Familienheim bei Aufgabe des Eigentums

2 Können Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts steuerlich geltend gemacht werden?

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

3 Vergütungen „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“: Gesetzliche Einschränkung in Vorbereitung

4 Doppelte Haushaltsführung von Ledigen

5 Stellt ein vom Arbeitgeber gezahltes Entgelt für die Anbringung von Werbung auf privaten Fahrzeugen der Arbeitnehmer Arbeitslohn dar?

6 Rabattfreibetrag für Fahrvergünstigung der Deutschen Bahn AG im Fernverkehr

7 Keine Gemeinnützigkeit eines Betriebskindergartens bei vorrangiger Aufnahme von Mitarbeiterkindern

Für Unternehmer und Freiberufler

8 Elektronische Registrierkassen: Bonpflicht, Anzeigepflichten

9 Brexit: Folgen für Unternehmer

10 Anwendung des abgesenkten Umsatzsteuersatzes im Schienenfernverkehr

11 Vorsteuer aus einem unternehmerisch genutzten Arbeitszimmer

12 Umsatzsteuer: Rückwirkung berichtigter Rechnungen

13 Anforderungen zur Leistungsbeschreibung und zum Leistungszeitpunkt für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung

14 Vorsteuerabzug eines Mieters aus Mietereinbauten

15 Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei der Differenzbesteuerung unterliegenden Wiederverkäufern

16 Vorsicht bei unentgeltlicher Übertragung des Betriebs gegen Nießbrauchsvorbehalt

Für Personengesellschaften

17 Gesellschafterdarlehen bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft

18 Aktuelle Entwicklungen zur „Abfärberegelung“

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

19 Finanzgericht Hessen: Kapitalertragsteuer bei Cum-Cum-Geschäften versagt

Für Hauseigentümer

20 Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück nach der Arbeitshilfe der Finanzverwaltung

21 Photovoltaikanlage: Vorsteuerabzug nur bei rechtzeitiger Zuordnung zum Unternehmensvermögen

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

22 Abgeltungsteuer: Kein Antrag auf Regelbesteuerung bei erst nachträglich erkannter vGA

23 Kein Zufluss von Arbeitslohn im Zeitpunkt der Wertgutschrift auf dem Zeitwertkonto eines Fremd-Geschäftsführers

24 Zurechnung einer privaten Pkw-Nutzung als Gehalt oder vGA

25 VGA: Prüfung der Angemessenheit des Geschäftsführergehalts unter Beachtung von Gehaltsstrukturuntersuchungen

26 Umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft von Aufsichtsrats- und Beiratsmitgliedern

27 Vollumfängliche Haftung einer GmbH-Geschäftsführerin für Umsatzsteuerschulden bei Steuerhinterziehung

 

1 Wegfall der Steuerbefreiung für ein Familienheim bei Aufgabe des Eigentums

Steuerfrei ist unter bestimmten Voraussetzungen der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem sog. Familienheim von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner. Familienheim ist ein bebautes Grundstück, auf dem der Erblasser bis zum Erbfall eine Wohnung oder ein Haus zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Beim Erwerber muss die Immobilie unverzüglich „zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken” bestimmt sein. Auf Grund eines sog. Nachversteuerungstatbestands entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

Der Bundesfinanzhof stellt nun mit Urteil vom 11.7.2019 (Aktenzeichen II R 38/16) klar, dass die Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner rückwirkend entfällt, wenn der Erwerber das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt. Und zwar gilt dies auch dann, wenn er verbunden mit der Veräußerung die Selbstnutzung zu Wohnzwecken auf Grund eines lebenslangen Nießbrauchs fortsetzt.

Damit verwirft der Bundesfinanzhof eine Fallgestaltung, die in der Praxis nicht selten in Erwägung gezogen wird. Im Urteilsfall hatte nach dem Tod ihres Ehemannes die Stpfl. das gemeinsam bewohnte Einfamilienhaus geerbt und war darin wohnen geblieben. Anderthalb Jahre nach dem Erbfall schenkte sie das Haus ihrer Tochter. Sie behielt sich einen lebenslangen Nießbrauch vor und bewohnte weiter das Haus. Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung für die Übertragung des Familienheims im Rahmen des Erbgangs rückwirkend nicht mehr, weil die Stpfl. das Familienheim verschenkt hatte.

Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof bestätigten das rückwirkende Entfallen der Steuerbegünstigung. Mit der Steuerbefreiung habe der Gesetzgeber den familiären Lebensraum schützen und die Bildung von Wohneigentum durch die Familie fördern wollen. Deshalb könne die Befreiung nur derjenige überlebende Ehegatte oder Lebenspartner in Anspruch nehmen, der Eigentümer der Immobilie wird und sie selbst zum Wohnen nutzt. Wird die Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb aufgegeben, entfällt die Befreiung rückwirkend. Gleiches gilt bei der Aufgabe des Eigentums. Andernfalls könnte eine Immobilie steuerfrei geerbt und kurze Zeit später weiterveräußert werden. Dies würde dem Förderungsziel zuwiderlaufen. Auch eine Unterscheidung zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Übertragung sei im Nachversteuerungstatbestand nicht angelegt. Der in der Vorschrift verwendete Begriff „Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken” spreche dafür, dass sowohl die Nutzung als auch die Eigentümerstellung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners während des Zehnjahreszeitraums bestehen bleiben müssten.

Handlungsempfehlung:

Dies verdeutlicht, dass die Steuerbefreiung bei Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem sog. Familienheim von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner an enge Voraussetzungen geknüpft ist. Insbesondere die zehnjährige Bindungsfrist muss beachtet werden.

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2 Können Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts steuerlich geltend gemacht werden?

Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten können beim Zahlenden unter bestimmten Bedingungen auf Antrag als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden. In diesem Fall sind auf der Seite des Empfängers die Unterhaltszahlungen als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer zu unterwerfen (sog. Realsplitting). Das Finanzgericht Münster hatte nun die Frage zu klären, ob Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften des Unterhaltsempfängers abgezogen werden können.

Das Finanzgericht hat diese Frage mit Urteil vom 3.12.2019 (Aktenzeichen 1 K 494/18 E) bejaht. Die Prozessführungskosten würden mit dem Ziel aufgewendet, zukünftig (höhere) steuerbare Einkünfte in Form von Unterhaltsleistungen durch den geschiedenen Ehegatten zu erhalten. Daher liegen Werbungskosten vor. Dem Werbungskostenabzug steht nicht entgegen, dass bei Anstrengung der zivilgerichtlichen Verfahren noch nicht feststand, ob durch eine entsprechende Wahlrechtsausübung die Steuerpflicht der Unterhaltszahlungen begründet werden würde, da die steuerliche Erfassung nur auf Antrag erfolgt.

Handlungsempfehlung:

In vergleichbaren Fällen sollte der steuerliche Abzug der Prozessführungskosten begehrt werden. Zu beachten ist, dass gegen das Urteil des Finanzgerichts nun unter dem Aktenzeichen VI R 1/20 die Revision anhängig ist, so dass die Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt ist. Da Kosten der Scheidung selbst steuerlich nicht geltend gemacht werden können, ist darauf zu achten, dass die Prozessführungskosten betreffend den nachehelichen Unterhalt getrennt von Kosten für das Scheidungsverfahren und ggf. des Versorgungsausgleichs dokumentiert werden.

Im besprochenen Fall musste das Finanzgericht nicht entscheiden, inwieweit die Kosten der Prozessführung als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Dies wäre ein weiterer Weg, um die Kosten steuerlich berücksichtigen zu können.

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3 Vergütungen „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn”: Gesetzliche Einschränkung in Vorbereitung

Vielfach sind steuerliche Vergünstigungen für Vergütungen an Arbeitnehmer davon abhängig, dass sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden. Der Bundesfinanzhof hatte in Änderung der Rechtsprechung und entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung die Voraussetzungen auch dann als erfüllt angesehen, wenn die Bezüge an die Stelle steuerpflichtigen Bruttolohns treten; schädlich seien nur Gehaltsumwandlungen im engen Sinn (Urteile vom 1.8.2019, Aktenzeichen VI R 32/18, VI R 21/17 und VI R 40/17).

Im Urteilsfall traf der Arbeitgeber mit einigen Arbeitnehmern Vereinbarungen, dass das bis dahin vereinbarte Bruttogehalt herabgesetzt wurde. Die Differenz zu dem bisherigen Bruttogehalt wurde dann für freiwillige Zusatzleistungen verwendet, welche günstig pauschal versteuert wurden. Im Rahmen einer beim Stpfl. durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, eine Pauschalversteuerung der streitigen Zusatzleistungen sei nicht zulässig, da sich die Neugestaltung der Arbeitsverträge als steuerschädliche Gehaltsumwandlung darstelle. Der Bundesfinanzhof bestätigte aber die Ansicht des Arbeitgebers.

Dieser Rechtsprechung soll mit einer gesetzlichen Änderung kurzfristig begegnet werden.

Im Vorgriff auf diese gesetzliche Änderung hat die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 5.2.2020 (Aktenzeichen IV C 5 – S 2334/19/10017 :002) mitgeteilt, dass vorgenannte Rechtsprechung über die entschiedenen Fälle hinaus nicht angewandt wird. Vielmehr vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, die im Übrigen dann jetzt gesetzlich so festgeschrieben werden soll, dass Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” im Sinne des Einkommensteuergesetzes erbracht werden, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zu Gunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht

wird.

Handlungsempfehlung:

Gestaltungen nach der für Arbeitgeber und Arbeitnehmer günstigen Rechtsprechung werden von der Finanzverwaltung somit nicht mehr anerkannt.

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4 Doppelte Haushaltsführung von Ledigen

Liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, so können hierdurch entstehende Kosten als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dies betrifft z.B. die Kosten der Wohnung am Tätigkeitsort und Fahrtkosten zur Zweitwohnung. Hat der Arbeitnehmer eine Familie, so lässt sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen und damit die Erstwohnung regelmäßig leicht anhand der Familienwohnung festmachen. Schwieriger ist dies bei Ledigen, die am Wochenende z.B. im Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohnen oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird. In diesen Fällen prüft die Finanzverwaltung in Auslegung der gesetzlichen Regelung für das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung, ob sich der Arbeitnehmer auch finanziell an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Haushaltsführung) beteiligt.

Das Niedersächsische Finanzgericht hat nun mit Urteil vom 18.9.2019 (Aktenzeichen 9 K 209/19) diese enge Sichtweise teilweise zurückgewiesen. Entschieden wurde:

  • Wohnt ein lediger Arbeitnehmer, der in der Woche in einer angemieteten Wohnung am Arbeitsort lebt, an den Wochenenden und in seiner übrigen Freizeit zusammen mit seinem Bruder und seinen Eltern in einem Mehrgenerationenhaus, so sind die Aufwendungen für die wöchentlichen Familienheimfahren sowie die Mietaufwendungen der Zweitwohnung als Kosten einer doppelten Haushaltsführung anzuerkennen, wenn er sich an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten dieses Haupthaushaltes mehr als nur unwesentlich, d.h. oberhalb einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 %, finanziell beteiligt.
  • Unter Lebensführungskosten sind (nur) diejenigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens zu verstehen, die einen Haushaltsbezug aufweisen.
  • Eine regelmäßige Beteiligung an den laufenden Wohnungs- und Verbrauchskosten fordert die gesetzliche Neuregelung entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung nicht. Auch unregelmäßige Zahlungen oder nur Einmalzahlungen können – ungeachtet des Zeitpunkts der Zahlung (Anfang, Mitte oder Ende des Jahres) – als finanzielle Beteiligung angesehen werden.

Im Urteilsfall bewohnte der als Elektroingenieur tätige Stpfl. am Arbeitsort eine eigene Mietwohnung. Daneben bewohnt er in seinem Elternhaus, welches an einem anderen Ort gelegen war, eine nicht abgeschlossene Wohnung im Obergeschoss gemeinsam mit seinem Bruder. Der Stpfl. verbrachte dort seine Wochenenden und die Zeiten des Jahresurlaubs. Geltend gemacht wurde eine doppelte Haushaltsführung. Dabei wurden Kosten für die Miete der Wohnung am Beschäftigungsort, Abschreibungsbeträge für die Einbauküche und andere Einrichtungsgegenstände und Kosten für Familienheimfahrten geltend gemacht. An den Kosten des Haushalts in dem elterlichen Haus beteiligte sich der Stpfl. nach seinen Angaben z.B. durch Lebensmitteleinkäufe und Einmalzahlungen für Nebenkosten.

Das Finanzamt erkannte die doppelte Haushaltsführung aber wegen Fehlens von Nachweisen über eine finanzielle Beteiligung nicht an. Es vertrat die Auffassung, dass die Lebensmitteleinkäufe für den eigenen Bedarf erfolgt seien, möglicherweise auch für seine Wohnung am Beschäftigungsort. Er sei nicht verpflichtet gewesen, sich an den Kosten der Lebensführung zu beteiligen. Auch die nachweislich erbrachten Einmalzahlungen an den Vater könnten in diesem Zusammenhang nicht als finanzielle Beteiligung angesehen werden.

Das Finanzgericht lehnt diese enge Sichtweise aber ab. Das neu ab dem Jahr 2014 ins Gesetz aufgenommene Merkmal des „Innehabens einer Wohnung” als Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Hausstands enthält keine substanziell verschärfende Wirkung gegenüber der vorherigen Rechtslage, insbesondere für die Fälle des Wohnens in einem Mehrgenerationenhaushalt. Der Arbeitnehmer müsse die Wohnung oder das Haus, in dem sich der Haushalt befindet, aus eigenem Recht nutzen (Eigentum, Miete, sonstige Nutzungsgestattung). Neu ist allerdings das gesetzliche Tatbestandsmerkmal „finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung”. Daraus schließt das Finanzgericht, dass das Merkmal der finanziellen Beteiligung nunmehr ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal ist, und damit zwingende gesetzliche Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Hausstands. Eine weitergehende Verschärfung ergebe sich aber nicht.

Die nun geforderte Beteiligung an den Kosten der Lebensführung erfordere aber keine laufenden Mietzahlungen. Ausreichend ist auch eine Beteiligung an den übrigen Lebensführungskosten, also diejenigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens, die einen Haushaltsbezug aufweisen, im Wesentlichen also Miet- und Hauskosten, Verbrauchs- und sonstige Nebenkosten, Aufwendungen für die Anschaffung und Reparatur von Haushaltsgeräten und -gegenständen, Kosten für Lebensmittel und Telekommunikation. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung kann aus Sicht des Gerichts eine gleichmäßige Beteiligung an den monatlichen laufenden Aufwendungen für Miete usw. nicht gefordert werden.

Vorliegend reichten die teilweise durch Kreditkartenabrechnungen sowie Einkaufsbelege nachgewiesenen Lebensmitteleinkäufe, welche im Wesentlichen an Wochenenden am Ort des Mehrgenerationenhaushalts erfolgten, sowie die erfolgten Einmalzahlungen aus, um eine angemessene finanzielle Beteiligung anzunehmen. Die finanzielle Beteiligung lag hiernach über der Bagatellgrenze von 10 % der gesamten haushaltsbezogenen Lebensführungskosten.

Handlungsempfehlung:

Gegen das Urteil des Finanzgerichts ist nun die Revision vor dem Bundesfinanzhof anhängig (Aktenzeichen VI R 39/19), so dass diese Frage noch nicht endgültig geklärt ist. Strittige Fälle sollten mit Hinweis auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren offengehalten werden.

Die übernommenen Kosten der Lebensführung im gemeinsamen Haushalt sollten sorgfältig dokumentiert werden. Übernommene Dienstleistungen werden allerdings nicht anerkannt.

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5 Stellt ein vom Arbeitgeber gezahltes Entgelt für die Anbringung von Werbung auf privaten Fahrzeugen der Arbeitnehmer Arbeitslohn dar?

Das Finanzgericht Münster hatte über einen Fall einer Lohnsteuerpflicht für an Mitarbeiter gezahlte Entgelte für die Zurverfügungstellung ihres Pkw zur Anbringung eines mit Werbung versehenen Kennzeichenhalters zu entscheiden. Im Streitfall schloss der Arbeitgeber mit einer Vielzahl von Mitarbeitern Mietverträge über Werbeflächen an ihren privaten Fahrzeugen ab, die entweder Aufkleber oder Kennzeichenhalter mit den Schriftzügen „…” betrafen. In beiden Vertragsvarianten erhielten die Mitarbeiter ein Entgelt i.H.v. 255 € im Jahr. Die vertragliche Verpflichtung war auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses befristet.

Das Finanzamt sah hierin Arbeitslohn und wollte den Arbeitgeber wegen Lohnsteuer in Haftung nehmen. Der Arbeitgeber vertrat dagegen die Ansicht, dass es sich um gesondert zu behandelnde Werbeverträge handele. Die Anmietung stehe in eigenbetrieblichem Interesse und sei Teil des Marketings.

Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 3.12.2019 (Aktenzeichen 1 K 3320/18 L) die Ansicht des Finanzamts bestätigt, wonach die Zahlungen des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Anbringung der mit dem Schriftzug des Arbeitgebers versehenen Kennzeichenhalter als Lohn einzustufen waren.

Der Lohnbegriff ist sehr weit gefasst. Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zu Grunde liegen muss. Arbeitslohn liegt dagegen dann nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder auf Grund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Insoweit ist aber nicht ausreichend, dass nach der äußerlichen Gestaltung getrennte Verträge vorliegen. Vielmehr muss nach objektiver Betrachtung dem gesonderten Rechtsverhältnis eine wirtschaftliche Eigenständigkeit zukommen, bei der die betriebsfunktionale Zielsetzung des Arbeitgebers im Vordergrund steht. Hieran fehlt es nach Auffassung des Gerichts, wenn die Rechtsbeziehung nicht auch losgelöst vom Dienstverhältnis als marktgerechtes entgeltliches Geschäft bestehen könnte.

Unter diesen Gesichtspunkten stufte das Gericht vorliegend die Zahlungen als Arbeitslohn ein. Das Gericht hebt insoweit hervor:

  • Die Ausgestaltung der Mietverträge über die Werbefläche an den privaten Pkw spricht nicht dafür, dass die Stpfl. ihr eigenbetriebliches Interesse, eine optimale Werbewirkung zu erzielen, ernsthaft in den Vordergrund stellte. Die Verträge enthielten keinerlei Vorgaben, um einen werbewirksamen Einsatz des Fahrzeugs zu fördern bzw. sicherzustellen. Eine Regelung dazu, ob an dem Fahrzeug noch Werbung für andere Firmen angebracht werden durfte oder eine Exklusivität geschuldet war, wurde ebenfalls nicht getroffen.
  • Ein weiterer Aspekt war die Bemessung der Gegenleistung. Diese orientierte sich offensichtlich an der gesetzlich geregelten Freigrenze, innerhalb derer sonstige Einkünfte steuerfrei sind. Für sich gesehen kann dieser Umstand zwar nicht zu einer Einordnung als Lohn führen. Jedoch wird daran deutlich, dass bei der Vertragsgestaltung und der Preisfindung nicht der Wert des Werbeeffekts ausschlaggebendes Kriterium war, wie dies bei Verträgen im Wirtschaftsleben der Regelfall ist. Dies spricht ebenfalls dagegen, dass das betriebsfunktionale Interesse der Stpfl. im Vordergrund stand.
  • Schließlich spricht auch die Tatsache, dass die Laufzeit des Vertrags an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses geknüpft ist, dafür, dass die Stellung als Arbeitnehmer der Stpfl. Geschäftsgrundlage des Werbevertrags ist und es sich bei dem vereinbarten Entgelt daher um Arbeitslohn handelt.

Handlungsempfehlung:

In derartigen Fällen ist die individuell gewählte Gestaltung sorgfältig zu würdigen. In solchen Fällen kann – wie im Streitfall – Lohn vorliegen, es können aber auch separate Werbeverträge anerkannt werden. Soweit im konkreten Fall eine Vielzahl an Arbeitnehmern betroffen ist, empfiehlt sich die Absicherung über eine Lohnsteueranrufungsauskunft.

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6 Rabattfreibetrag für Fahrvergünstigung der Deutschen Bahn AG im Fernverkehr

In Höhe des Rabattfreibetrags von 1 080 € bleiben Waren oder Dienstleistungen, die ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält und von diesem nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden, pro Jahr steuerfrei. In Bezug auf die Deutsche Bahn AG als Arbeitgeberin erstreckt sich der Rabattfreibetrag auf alle Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG (ehemaligen) Arbeitnehmern gewährt. Dies gilt nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 26.9.2019 (Aktenzeichen VI R 23/17) auch dann, wenn die unentgeltlich oder verbilligt gewährten Freifahrtscheine auf Grund besonderer Nutzungsbestimmungen fremden Letztverbrauchern in dieser Form nicht angeboten werden. Gleichzeitig stellt das Gericht klar, dass mit dem Bezug der Freifahrtscheine der darin verkörperte geldwerte Vorteil unabhängig vom konkreten Fahrtantritt zugeflossen ist.

Der dem Urteil zu Grunde liegende Streitfall kommt in der Praxis häufig vor: Der Stpfl. ist Ruhestandsbeamter des Bundeseisenbahnvermögens. Im Streitjahr 2014 erzielte er neben seinen Versorgungsbezügen geldwerte Vorteile in Form von Fahrvergünstigungen (Tagesfreifahrtscheine im Fernverkehr mit und ohne Zuzahlungen für Mitarbeiter und Angehörige sowie im Regionalverkehr). Die Tagesfreifahrtscheine wurden von der DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften gewährt, in deren Geschäftsbereich der Stpfl. während seiner aktiven Dienstzeit eingesetzt war. Den Sachbezugswert der Fahrvergünstigungen bezifferte das Bundeseisenbahnvermögen mit 1 746,08 €. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 begehrte der Stpfl., den geldwerten Vorteil um den Rabattfreibetrag i.H.v. 1 080 € zu kürzen. Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung minderte das Finanzamt den geldwerten Vorteil aus den in Anspruch genommenen Fahrvergünstigungen lediglich insoweit, wie dieser auf Fahrvergünstigungen im Regionalverkehr entfiel. Dagegen nicht gemindert wurde der geldwerte Vorteil in Bezug auf die Tagesfreifahrtscheine im Fernverkehr. Diesbezüglich argumentierte das Finanzamt, die DB AG böte diese Freifahrtscheine in jener Form nur ihren Mitarbeitern und deren Angehörigen, nicht aber ihren Kunden an. Daher könne der Rabattfreibetrag insoweit nicht zur Anwendung kommen.

Der Bundesfinanzhof bestätigt dagegen die Anwendung des Rabattfreibetrags auch auf die Freifahrtscheine für den Fernverkehr. Bewertungsgegenstand ist nicht der Tagesfreifahrtschein als solcher, sondern die darin verkörperte Beförderungsleistung, welche unstreitig zum Portfolio der DB AG gehöre.

Handlungsempfehlung:

In vergleichbaren Fällen sollte also in der Einkommensteuererklärung der Rabattfreibetrag geltend gemacht werden.

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7 Keine Gemeinnützigkeit eines Betriebskindergartens bei vorrangiger Aufnahme von Mitarbeiterkindern

Gemeinnützige Einrichtungen erhalten weitgehende steuerliche Vergünstigungen. So sind diese von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit und können für Zuwendungen Spendenbescheinigungen ausstellen. Voraussetzung ist allerdings stets, dass die strengen Regeln des Gemeinnützigkeitsrechts eingehalten werden.

Vor diesem Hintergrund ist das aktuelle Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf zu sehen. Nach Ansicht des Finanzgerichts ist eine Kinderbetreuungseinrichtung, die vorrangig Kinder von Mitarbeitern eines Unternehmens aufnimmt, nicht gemeinnützig tätig. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn Kinderbetreuungsplätze nach dem Geschäftsmodell der Körperschaft, das sich aus den mit den Unternehmen abgeschlossenen Betreiberverträgen ergibt, nicht der Allgemeinheit, sondern ganz überwiegend Mitarbeitern bestimmter Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Auch eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit wegen Erfüllung mildtätiger Zwecke sei nicht gegeben, wenn eine Leistung als Gegenleistung für eine marktübliche Honorierung erbracht wird.

Im Urteilsfall betrieb eine gemeinnützige GmbH in den Streitjahren 2008 bis 2012 mehrere Kinderbetreuungseinrichtungen, darunter Betriebskindergärten unterschiedlicher Unternehmen. Hierzu schloss die Stpfl. gemeinsam mit ihrer Muttergesellschaft mit diversen Unternehmen Betreiberverträge ab. Auf Grund der Vertragswerke konnten die Kindergartenplätze nahezu ausschließlich durch Mitarbeiter der Unternehmen belegt werden. Die Inanspruchnahme der Leistungen der Betriebskindergärten waren marktüblich zu entlohnen. Wegen einer bei der Stpfl. für die Streitjahre durchgeführten Betriebsprüfung versagte die Finanzverwaltung der Stpfl. die Gemeinnützigkeit mangels Förderung der Allgemeinheit. Nach der Überzeugung der Finanzverwaltung fördere die Stpfl. ausschließlich die Interessen der Unternehmen, die einen Betriebskindergarten für ihre Beschäftigten vorhalten wollten. Selbst die mögliche Überlassung einzelner Plätze an Dritte führe nicht zur Förderung der Allgemeinheit, denn wenn der von Dritten besetzte Platz wieder für eigene Arbeitnehmer benötigt werde, habe das Unternehmen im Rahmen seines Belegungsrechts das ausdrückliche Recht, den Platz wieder erneut in Anspruch zu nehmen.

Das Finanzgericht bestätigte mit Urteil vom 28.10.2019 (Aktenzeichen 6 K 94/16 K) die Ansicht der Finanzverwaltung. Insbesondere liege keine Förderung der Allgemeinheit vor, da nur Kinder der Belegschaft eines Unternehmens aufgenommen und betreut werden. Mithin wurde die Gemeinnützigkeit nicht anerkannt und die erwirtschafteten Gewinne wurden der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterworfen.

Hinweis:

Gegen diese Entscheidung ist nun unter dem Aktenzeichen V R 1/20 die Revision vor dem Bundesfinanzhof anhängig, so dass die Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt ist. Vergleichbare Fälle sollten jedoch unter Hinzuziehung steuerlichen Rats daraufhin überprüft werden, ob entsprechende Risiken bestehen.

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8 Elektronische Registrierkassen: Bonpflicht, Anzeigepflichten

a) Belegausgabepflicht (Bonpflicht)

Bekanntlich besteht seit dem 1.1.2020 eine Belegausgabepflicht, wenn aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle mit elektronischen oder computergestützten Kassensystemen oder Registrierkassen erfasst werden. Ein Beleg ist anlässlich jedes einzelnen Geschäftsvorfalls auszugeben. Der Beleg muss allerdings nicht in Papierform ausgegeben werden, ein elektronischer Beleg reicht aus. So werden am Markt Kassensysteme angeboten, bei denen sich der Kunde unmittelbar nach dem Zahlungsvorgang z.B. mittels des Smartphones einen Beleg abrufen kann. Falls ein Papierbeleg ausgegeben wird, so muss dieser dem am Geschäftsvorfall Beteiligten zur Entgegennahme angeboten werden. Eine Pflicht zur Annahme oder gar Aufbewahrung des Belegs durch den Kunden besteht nicht; verweigert dieser die Annahme, kann der Unternehmer den Beleg vernichten.

Das Gesetz sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass die Finanzbehörden auf Antrag von der Belegausgabepflicht befreien können und zwar „aus Zumutbarkeitsgründen” bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen.

Hinweis:

Diese Ausnahme ist beim für den Betrieb zuständigen Finanzamt zu beantragen. Abzuwarten bleibt, wie restriktiv die Finanzverwaltung diese Regelung auslegen wird.

Verstöße gegen die Verpflichtung zur Belegausgabe ziehen keine unmittelbaren Sanktionen nach sich. Möglich ist für die Finanzverwaltung aber die Durchsetzung der Pflicht zur Belegausgabe mittels Zwangsgeld. Auch könnten nachhaltige Verstöße gegen die Belegausgabepflicht verstärkt zu einer unangekündigten Kassen-Nachschau (Kassenprüfung) veranlassen.

b) Meldung des Einsatzes von Kassensystem an das Finanzamt

Außerdem besteht eine Mitteilungspflicht über die Verwendung (und Außerbetriebnahme) von elektronischen Kassensysteme. Die Mitteilung muss vom Stpfl. an das zuständige Finanzamt erfolgen. Mitzuteilen sind Name und Steuernummer des Stpfl., Art der zertifizierten Sicherheitseinrichtung, Art, Anzahl und Seriennummern der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme, Datum der Anschaffung oder Datum der Außerbetriebnahme. Die Mitteilung hat innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme des elektronischen Aufzeichnungssystems zu erfolgen. Für die vor dem 1.1.2020 angeschafften elektronischen Aufzeichnungssysteme läuft die Mitteilungsfrist nach den gesetzlichen Vorgaben bis zum 31.1.2020.

Aktuell ist diese Mitteilungspflicht von der Finanzverwaltung allerdings ausgesetzt. Die Mitteilungspflicht soll erst dann einsetzen, wenn eine elektronische Übermittlungsmöglichkeit für die Mitteilung eingerichtet ist. Dies wird die Finanzverwaltung dann offiziell mitteilen.

Handlungsempfehlung:

Bei Einsatz von elektronischen Kassensystemen muss zwingend darauf geachtet werden, dass diese den Anforderungen der Finanzverwaltung genügen. Dies ist ausreichend zu dokumentieren. Insoweit ist die Verfahrensdokumentation von besonderer Bedeutung. Im Zweifel sollte dafür rechtzeitig steuerlicher Rat eingeholt werden.

c) Gefahr der Zuschätzung bei gravierenden Kassenmängeln

Ein aktuelles Urteil des Finanzgericht Münster bestätigt die Gefahr von Gewinnhinzuschätzungen bei gravierenden Kassenführungsmängeln.

Im Streitfall ging es um den Betrieb eines Sushi-Restaurants. Der Stpfl. setzte in den Streitjahren eine elektronische Registrierkasse ein. Sie verfügte über ein proprietäres Kassensystem, also ein herstellereigenes Betriebssystem mit geschlossener Firmware. Die Registrierkasse war älterer Bauart. Auf ihr konnte der Stpfl. Fiskaljournaldaten für die Streitjahre nicht speichern. Die in der Kasse zunächst gespeicherten Daten wurden wegen begrenzter Speichermöglichkeiten (während der Streitjahre 2 Megabyte) überschrieben. Während der Stpfl. die von dieser Kasse am Ende des Geschäftstags ausgedruckten Tagesendsummenbons (Z-Bons) aufbewahrte, vernichtete er die von der Registrierkasse ebenfalls ausgedruckten Warengruppenberichte. Für unbare Kreditkarten- und EC-Karten-Umsätze verfügte er über ein entsprechendes Kartenlesegerät. Im Kassensystem fand aber keine Trennung der baren von den unbaren Einnahmen statt, weshalb sämtliche Einnahmen als Bareinnahmen ausgewiesen wurden. Der Stpfl. erfasste Tageseinnahmen in einem Kassenbuch, das er mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms erstellte.

Das Finanzamt führte beim Stpfl. eine Außenprüfung durch, die die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer für die Streitjahre betraf. Während der Außenprüfung überließ der Stpfl. dem Außenprüfer zwei Speisekarten, die dieser während des Streitzeitraums eingesetzt hatte. Der Außenprüfer gelangte zu dem Ergebnis, dass die vom Stpfl. eingesetzte Kasse Aufzeichnungsmängel aufweisen würde, weil die erfassten Tageseinnahmen täglich gelöscht, der Stpfl. bis auf das Benutzerhandbuch weder Organisationsunterlagen noch die Verfahrensdokumentation zur elektronischen Registrierkasse habe vorlegen können und die Finanzwege nicht getrennt aufgezeichnet habe (also bar und unbar vereinnahmte Einnahmen jeweils nicht gesondert festgehalten habe). Wegen dieser Beanstandungen schätzte der Außenprüfer zusätzliche Betriebseinnahmen hinzu, indem er auf den Wareneinsatz des Stpfl. einen Rohgewinnaufschlagsatz nach der amtlichen Richtsatzsammlung anwandte.

Das Finanzgericht Münster bestätigte mit Urteil vom 20.12.2019 (Aktenzeichen 4 K 541/16 E, G, U, F) die vom Finanzamt vorgenommene Gewinnschätzung. Da vorliegend Bargeschäfte getätigt wurden, ist das Kassenbuch ein wesentlicher Teil der Buchführung. Damit können Mängel der Kassenführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen. Vorliegend führt das Gericht vor allem folgende Mängel auf:

  • Ein gravierender Mangel wird bereits in der Führung des Kassenbuchs mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms gesehen. Derartige Aufzeichnungen bieten mangels entsprechender Festschreibung keinerlei Gewähr für die fortlaufende, vollständige und richtige Erfassung aller Bargeschäfte ähnlich einem Kassenbuch oder einem Kassenbericht. Die Aufzeichnungen sind veränderbar, ohne dass die Veränderungen kenntlich gemacht werden.
  • Auch der im Kassenbuch ausgewiesene Kassenbestand zum Geschäftsjahresende war nicht plausibel. Nach Aussagen des Stpfl. verblieb am Geschäftstagsende jeweils nur ein Wechselgeldbestand. Im Kassenbuch wurde dagegen ein sehr viel höherer Bestand ausgewiesen. Insoweit sei auch die sog. Kassensturzfähigkeit nicht gewährleistet gewesen.

Handlungsempfehlung:

Die Rechtsprechung hat zwar vielfach bestätigt, dass nicht bereits kleinere, sondern erst gravierende Mängel in der Kassenführung zu Hinzuschätzungen führen können. Die Wichtigkeit einer formal ordnungsgemäßen Kassenführung kann dennoch nicht oft genug betont werden. In der Praxis sollte bei bargeldintensiven Betrieben in regelmäßigen Abständen anhand einer Checkliste die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung überprüft werden.

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9 Brexit: Folgen für Unternehmer

Mit Ablauf des 31.1.2020 ist das Vereinigte Königreich Großbritannien aus der EU ausgeschieden. Zur Anwendung kommt nun das zwischen der EU und Großbritannien verhandelte Austrittsabkommen. Dies hat zur Folge, dass nun eine Übergangszeit bis zum 31.12.2020 in Kraft tritt. Im Grundsatz ist das Vereinigte Königreich im Bundesrecht während des Übergangszeitraums wie ein Mitgliedstaat der Europäischen Union zu behandeln. Der Übergangszeitraum soll Unternehmen und Verwaltungen Gelegenheit geben, sich an den Brexit anzupassen. Dazu gilt das EU-Recht grundsätzlich auch für das Vereinigte Königreich weiter. National wird dieser Übergangszeitraum durch das Brexit-Übergangsgesetz flankiert. Rechtsänderungen treten erst nach Ablauf der Übergangsfrist am 31.12.2020 ein. Möglich ist nach dem Abkommen auch eine Verlängerung der Übergangsfrist.

Insbesondere im Umsatzsteuerrecht wird damit bis zum 31.12.2020 Großbritannien weiter wie ein EU-Land behandelt. Warenlieferungen nach Großbritannien werden also weiterhin als innergemeinschaftliche Lieferungen eingestuft.

Auch aus zollrechtlicher Sicht ergeben sich bis zum Ende der Übergangsfrist am 31.12.2020 keine Änderungen.

Hinweis:

Welche Regelungen ab dem 1.1.2021 zur Anwendung kommen (oder ob ggf. die Übergangsfrist verlängert wird) müssen die nun anstehenden Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich Großbritannien zeigen. Dies bleibt zunächst abzuwarten.

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10 Anwendung des abgesenkten Umsatzsteuersatzes im Schienenfernverkehr

Bekanntlich wurde der Umsatzsteuersatz im Schienenfernverkehr auf 7 % abgesenkt. Diese Änderung trat am 1.1.2020 in Kraft. Die Finanzverwaltung hat nun zu Fragen der erstmaligen Anwendung des abgesenkten Steuersatzes mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 21.1.2020 (Aktenzeichen III C 2 – S 7244/19/10002 :009) Stellung genommen. Im Wesentlichen gilt:

  • Der ermäßigte Steuersatz von 7 % ist auf die Beförderungsleistungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 bewirkt werden. Bei einer Bahnfahrt wird die Leistung im Zeitpunkt der Beendigung der Beförderung bewirkt. Auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung kommt es ebenso wenig an wie auf den Zeitpunkt der Entgeltvereinnahmung oder der Rechnungserteilung. Sonstige Leistungen sind zur Zeit ihrer Vollendung ausgeführt.
  • Die für den Ausweis der Umsatzsteuer auf den Fahrausweisen oder Rechnungen maßgebenden Verkaufssysteme beziehen sich beim Kauf an Automaten oder Schaltern für Zwecke des Umsatzsteuerausweises ausschließlich auf das Druckdatum bzw. beim Online-Ticketkauf auf das Erstelldatum der Fahrkarte. Folge hiervon ist, dass auf Fahrkarten im Schienenbahnverkehr bis zum Druck-/Erstelldatum 31.12.2019, die zu gemeindeübergreifenden Fahrten über 50 km berechtigen, der Regelsteuersatz in Höhe von 19 % ausgewiesen wird. Ab dem Druck-/Erstelldatum 1.1.2020 wird grundsätzlich der ermäßigte Steuersatz von 7 % ausgewiesen.
  • Stichtagsübergreifend gültige Fahrausweise: Die Bruttoerlöse aus dem Verkauf von Einzelfahrkarten, Hin- und Rückfahrkarten sowie Zeitkarten werden, sofern die Beförderungsleistungen bisher dem allgemeinen Steuersatz unterlegen haben, in den Fällen, in denen die Gültigkeitsdauer über den 31.12.2019 hinausreicht, abweichend vom Leistungszeitpunkt weiterhin dem Regelsteuersatz von 19 % unterworfen. Daneben ist es auch zulässig, wenn bei Fahrausweisen, für die das Entgelt in Form von monatlichen Raten entrichtet wird und deren Gültigkeitsdauer über den 31.12.2019 hinausreicht, die Raten mit Inkrafttreten der Steuersatzsenkung entsprechend angepasst werden und die zugehörigen Rechnungen ab diesem Zeitpunkt 7 % Umsatzsteuer ausweisen.
  • Bahn-Tix und Rail&Fly: Bei dem Verkaufsverfahren Bahn-Tix und Rail&Fly kommt es zu einer zeitlichen Trennung zwischen dem Zeitpunkt der Fahrkartenbuchung und dem Zeitpunkt des Fahrkartendrucks. Fahrkarten werden z. B. in 2019 gebucht und bezahlt, der Ausdruck erfolgt erst in 2020 am Automaten. Beim Ausdruck wird auf den Steuersatz zurückgegriffen, der zum Zeitpunkt der Buchung maßgebend war. Wegen dieser Besonderheit werden auch noch Fahrkarten mit Druckdatum nach dem 31.12.2019 einen Umsatzsteuersatz von 19 % ausweisen.
  • Vorsteuerabzug: Liegt einem vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer ein bis zum 31.12.2019 ausgestellter Fahrausweis oder an Stelle dessen ein anderes Abrechnungsdokument mit Angabe des anzuwendenden Regelsteuersatzes von 19 % vor, darf der Unternehmer die im Bruttofahrpreis enthaltene Umsatzsteuer im Zahlungsmonat als Vorsteuer geltend machen, sofern der ausgewiesene Umsatzsteuersatz richtig ist. Enthalten die Fahrausweise den Hinweis auf einen Beförderungsanspruch bis zum 31.12.2019 und verlieren sie danach ihre Gültigkeit, ist der Steuerausweis i.H.v. 19 % richtig.
    Findet hingegen die Leistungsausführung – also die Beförderung – erst ab dem 1.1.2020 statt, handelt es sich bei der Angabe des Regelsteuersatzes um einen unrichtigen Steuerausweis. In diesem Fall kann Vorsteuer nur in Höhe von 7 % aus dem Bruttobetrag gezogen werden.
  • Vereinfachungsregelung: Hat das leistende Schienenbahnverkehrsunternehmen Fahrausweise für eine nach dem 31.12.2019 an einen Bahnkunden erbrachte Beförderungsleistung vor dem 1.1.2020 verkauft und diese nach dem bis zum 31.12.2019 geltenden Regelsteuersatz versteuert, wird es aus Vereinfachungsgründen von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn das Schienenbahnverkehrsunternehmen in den Fahrausweisen und Rechnungen über die Beförderungsleistung den Umsatzsteuerausweis nicht berichtigt. Einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Bahnkunden wird aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen Rechnungen oder Fahrausweisen auch für die nach dem 31.12.2019 erbrachte Beförderungsleistung ein Vorsteuerabzug in Höhe des Regelsteuersatzes gewährt. Eine spätere Rechnungskorrektur oder Preisanpassung anlässlich der Steuersatzsenkung seitens des Schienenbahnverkehrsunternehmens gegenüber dem Bahnkunden darf dann nicht mehr erfolgen.

Hinweis:

Bei der Verbuchung von Bahnfahrkarten ist also besondere Sorgfalt hinsichtlich des Vorsteuerabzugs an den Tag zu legen.

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11 Vorsteuer aus einem unternehmerisch genutzten Arbeitszimmer

Strittig vor dem Bundesfinanzhof war folgender Fall: Der Stpfl., der einen Gerüstbaubetrieb unterhält, errichtete ein Einfamilienhaus mit einer Gesamtnutzfläche von ca. 150 m², wovon auf ein Zimmer („Arbeiten”) ca. 17 m² entfielen (Fertigstellung 2015). Erst in der am 28.09.2016 beim Finanzamt eingegangenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2015 – nicht aber in den zuvor eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen – machte der Stpfl. für die Errichtung des Arbeitszimmers anteilig Vorsteuern geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug wegen der nicht rechtzeitig (bis zum 31.7. des Folgejahres als gesetzlicher Abgabetermin der Steuererklärung) erfolgten Zuordnung des Zimmers zum Unternehmensvermögen.

Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass im Falle eines gemischt genutzten Wirtschaftsguts dieses zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ausdrücklich dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden muss. Im Zweifel geschieht dies schlicht dadurch, dass die entsprechenden Vorsteuern in der Umsatzsteuer-Voranmeldung geltend gemacht werden. Nach Ansicht der Finanzverwaltung muss eine solche Zuordnung zum Unternehmensvermögen spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung erfolgen.

Der Bundesfinanzhof hat nun mit Beschluss vom 18.9.2019 (Aktenzeichen XI R 3/19) Zweifel an dieser zeitlichen Restriktion geäußert. Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, die die unionseinheitliche Vorgaben macht, enthält hinsichtlich der Art und des Zeitpunkts der Dokumentation der „Zuordnungsentscheidung” jedenfalls keine Regelung. Der Bundesfinanzhof hat diese Frage nun dem Europäischen Gerichtshof zu Klärung vorgelegt. Mit dem Vorabentscheidungsersuchen soll auch geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine nicht (rechtzeitig) getroffene Zuordnungsentscheidung hat.

Handlungsempfehlung:

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs bleibt nun abzuwarten. In Gestaltungsfällen ist derweil weiterhin anzuraten, die zeitlichen Restriktionen der Finanzverwaltung einzuhalten. Abwehrfälle sollten nun aber mit Hinweis auf das Verfahren beim Europäischen Gerichtshof offengehalten werden.

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12 Umsatzsteuer: Rückwirkung berichtigter Rechnungen

Eingangsrechnungen berechtigen – unter den sonstigen Voraussetzungen – nur dann zum Vorsteuerabzug, wenn alle gesetzlich geforderten Angaben enthalten sind. Fehlen nun in der Rechnung Angaben oder sind Angaben unzutreffend, so ist eine Berichtigung der Rechnung möglich. Der Bundesfinanzhof hat nun mit Entscheidung vom 5.9.2019 (Aktenzeichen V R 12/17) nochmals ausdrücklich klargestellt, dass eine solche Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde. D.h., der Vorsteuerabzug ist in dem Monat möglich, in dem die ursprüngliche Rechnung vorlag. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um eine berichtigungsfähige Rechnung handelt, also mindestens Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthalten sind. Die Finanzverwaltung vertritt in diesen Fällen oftmals die Ansicht, dass der Vorsteuerabzug erst dann möglich wäre, wenn die berichtigte Rechnung vorliegt, was Steuernachzahlungszinsen auf die Korrektur des ursprünglichen Vorsteuerabzugs nach sich zieht.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis sollten alle eingehenden Rechnungen sorgfältig daraufhin überprüft werden, ob alle erforderlichen Rechnungsangaben vorhanden sind. Ansonsten sollte eine berichtigte Rechnung angefordert werden.

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13 Anforderungen zur Leistungsbeschreibung und zum Leistungszeitpunkt für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung

Wie so häufig war Streitpunkt, ob die für den Vorsteuerabzug erforderlichen Rechnungsangaben in den vorliegenden Rechnungen vorhanden waren. Für den Streitfall stellt der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 15.10.2019 (Aktenzeichen V R 29/19) fest:

  • Die Bezeichnung der erbrachten Leistungen als „Trockenbauarbeiten” kann den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung genügen, wenn sie sich auf ein konkret bezeichnetes Bauvorhaben an einem bestimmten Ort bezieht.
  • Die Angabe des Leistungszeitpunkts kann sich aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Werklieferung oder Werkleistung in dem Monat der Rechnungsausstellung erbracht („bewirkt”) wurde.

Insoweit grenzt das Gericht ab zu dem Beschluss vom 5.2.2010 (Aktenzeichen XI B 31/09). In diesem Beschluss hatte das Gericht entschieden, dass allgemeine Bezeichnungen wie „Trockenbauarbeiten”, „Fliesenarbeiten” und „Außenputzarbeiten” allein nicht den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung in einer zum Vorsteuerabzug geeigneten Rechnung genügen. Durch derartige Bezeichnungen werde eine mehrfache Abrechnung der damit verbundenen Leistungen (in einer anderen Rechnung) nicht ausgeschlossen. Im nun entschiedenen Fall erschöpft sich die Leistungsbeschreibung aber nicht lediglich in einer Tätigkeitsangabe, sondern beinhaltet darüber hinaus konkrete Angaben zum Ort der Leistungserbringung und erlaubt daher nicht nur Rückschlüsse auf die Steuerpflicht, sondern ermöglicht der Finanzverwaltung auch eine Überprüfung der erbrachten Leistungen.

Handlungsempfehlung:

Dies verdeutlicht, dass die Frage, was zur Erfüllung der Rechnungsanforderungen erforderlich ist, nur für den Einzelfall beantwortet werden kann. Die Rechnungsangaben müssen es der Finanzverwaltung ermöglichen zu prüfen, welche konkreten Leistungen erbracht wurden. In der Praxis kann nur dazu geraten werden, die Leistungsbeschreibung möglichst exakt und ausführlich vorzunehmen. Der Rechnungsempfänger sollte dies im Rahmen vorgegebener Prozesse bei der Entgegennahme der Eingangsrechnungen sorgfältig prüfen und ggf. eine ergänzte bzw. berichtigte Rechnung einfordern.

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14 Vorsteuerabzug eines Mieters aus Mietereinbauten

Der Bundesfinanzhof hatte über die Frage zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Mieter aus Rechnungen für von diesem vorgenommene Mietereinbauten den Vorsteuerabzug begehren kann. Der Fall wies darüber hinaus die Besonderheit auf, dass es sich um eine Arztpraxis handelte und die ärztliche Tätigkeit im Grundsatz umsatzsteuerfrei ist, so dass ein Vorsteuerabzug nicht gewährt wird.

Die Stpfl., eine Gemeinschaftspraxis zweier Augenärzte, mietete von der CV-GmbH (Vermieterin und Eigentümerin) Räumlichkeiten ausschließlich zum Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik inklusive eines Bereichs für ambulante Operationen an. Zum Aus- und Umbau der Räumlichkeiten gewährte der Vermieter einen Baukostenzuschuss in Höhe von 500 000 € zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer (in baufortschrittabhängigen Teilbeträgen). Die Parteien waren sich einig, dass die Stpfl. die bezuschussten Ausbaumaßnahmen im Falle des Auszugs im Mietgegenstand belässt und nicht wieder rückgängig machen muss. Sollte das Mietverhältnis aus einem vom Mieter zu vertretenden Grund vor Ablauf der regulären Mietzeit beendet werden, hatte die Stpfl. dem Vermieter den Baukostenzuschuss anteilig zurückzuzahlen. Die Stpfl. ließ die erforderlichen Ein- und Umbauten im eigenen Namen durch von ihr beauftragte Baufirmen durchführen. Gleichzeitig rechnete die Stpfl. gegenüber der CV-GmbH über einen „Nettobetrag” in Höhe von insgesamt 500 000 € sowie separat ausgewiesener „MwSt” in Gesamthöhe von 95 000 € ab. Entsprechend führte die Stpfl. Umsatzsteuer auf diesen Ausgangsumsatz ab und machte gleichzeitig die ihr von den Handwerkern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Im Übrigen erzielte die Stpfl. ausschließlich steuerfreie Umsätze aus der ärztlichen Tätigkeit. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug unter Einstufung des An- und Verkaufs der Mietereinbauten als Hilfsgeschäft zur ärztlichen Tätigkeit.

Der Bundesfinanzhof hat dagegen den Vorsteuerabzug zugelassen. Mit Urteil vom 13.11.2019 (Aktenzeichen V R 5/18) hat das Gericht entschieden, dass ein Mieter, der in angemieteten Räumlichkeiten Ein- und Umbauten („Mietereinbauten”) im eigenen Namen vornehmen lässt, die ihm hierfür von Bauhandwerkern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer im Falle einer entgeltlichen Weiterlieferung an den Vermieter als Vorsteuer abziehen kann. Eine Weiterlieferung („steuerpflichtige Werklieferung”) liege jedenfalls dann vor, wenn der Mieter dem Vermieter nicht nur das zivilrechtliche Eigentum überträgt, sondern auch einen unmittelbar von diesem tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet. Dies sei dann zu bejahen, wenn der Mieter schon bei Beginn des Nutzungsverhältnisses auf sein Wegnahmerecht verzichte, weil der Eigentümer ihm die Herstellungskosten erstattet oder diese mit dem Miet- oder Pachtzins verrechnet werden.

Hinweis:

Deutlich wird, dass die umsatzsteuerliche Behandlung von Mietereinbauten sehr maßgeblich von den vertraglichen Regelungen abhängt. Von besonderer Bedeutung ist daher die getroffene Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter, bei deren Abfassung steuerlicher Rat eingeholt werden sollte, um die umsatzsteuerlichen Konsequenzen zu prüfen. Werden entsprechende Ein- oder Umbauten hingegen unmittelbar vom Vermieter beauftragt und erfolgt die Vermietung wie im Urteilsfall steuerfrei, so wäre der Vorsteuerabzug auf Grund der steuerfreien Ausgangsumsätze zu versagen.

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15 Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei der Differenzbesteuerung unterliegenden Wiederverkäufern

Kann von der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung Gebrauch gemacht werden, so braucht keine Umsatzsteuer ausgewiesen und an das Finanzamt abgeführt zu werden, was vor allem dann interessant ist, wenn überwiegend an Endverbraucher verkauft bzw. geleistet wird. Die Kleinunternehmergrenze wurde aktuell zum 1.1.2020 angehoben. Diese Regelung kann angewendet werden, wenn der Bruttoumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 € (bisher: 17 500 €) nicht überstiegen hat und im lfd. Kalenderjahr voraussichtlich nicht mehr als 50 000 € betragen wird.

Der Bundesfinanzhof hatte nun über die Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei der Differenzbesteuerung unterliegenden Wiederverkäufern zu entscheiden. Mit Urteil vom 23.10.2019 (Aktenzeichen XI R 17/19) hat das Gericht klargestellt, dass bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nach der Kleinunternehmerregelung bei einem Händler, der der Differenzbesteuerung unterliegt, nicht auf die Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis (Handelsspanne), sondern auf die Gesamteinnahmen abzustellen ist.

Handlungsempfehlung:

Auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung kann verzichtet werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der Vorsteuerabzug eröffnet werden soll und die Steuerpflicht der Ausgangsumsätze für die Leistungsempfänger nicht zu einer Mehrbelastung führt, da ausschließlich (oder zumindest überwiegend) an zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer geliefert bzw. geleistet wird. Bei Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ist die geschuldete Umsatzsteuer (abzgl. Vorsteuern) nach den üblichen Regeln in den Voranmeldungen zu erklären und an das Finanzamt abzuführen. Hat der Unternehmer zur Regelbesteuerung optiert, ist er an diese Entscheidung fünf Jahre gebunden.

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16 Vorsicht bei unentgeltlicher Übertragung des Betriebs gegen Nießbrauchsvorbehalt

Die unentgeltliche Übertragung von Betrieben oder von Personengesellschaftsanteilen auf die nächste Familiengeneration kann ertragsteuerlich vielfach zu Buchwerten, also ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen. In diesen Fällen wird nicht selten zur Absicherung der Seniorgeneration ein Nießbrauchsrecht zu deren Gunsten vereinbart. In derartigen Gestaltungen ist allerdings sorgfältig zu prüfen, ob tatsächlich eine Buchwertfortführung möglich ist. Auf folgende Entscheidungen bzw. Aussagen der Finanzverwaltung ist hinzuweisen:

  • Die unentgeltliche Übertragung eines im Ganzen verpachteten gewerblichen Einzelunternehmens unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts kann nicht zu Buchwerten erfolgen, wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 25.1.2017, Aktenzeichen X R 59/14, entschieden hat.
  • Erfolgt die Übertragung eines Mitunternehmeranteils unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts und wird der neue Gesellschafter Mitunternehmer, steht der Nießbrauchsvorbehalt der Buchwertfortführung nicht entgegen. Dies hat die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 20.11.2019 (Aktenzeichen IV C 6 – S 2241/15/10003) bestätigt.
  • Nach dem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20.9.2019 (Aktenzeichen 11 K 4132/15 E, G) ist die unentgeltliche Übertragung eines Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt dagegen nicht zu Buchwerten möglich. In diesen Fällen sei nicht die Voraussetzung erfüllt, dass der bisherige Gewerbetreibende seine gewerbliche Tätigkeit aufgebe, da er diese wegen des Nießbrauchsrechts zwar nicht als rechtlicher Eigentümer, aber auf Grund des Nießbrauchsrechts fortführt. Gegen dieses Urteil ist nun aber unter dem Az. X R 35/19 die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig, so dass die Rechtsfrage noch nicht endgültig geklärt ist. In Gestaltungsfällen ist aber Vorsicht geboten.

Handlungsempfehlung:

Im Einzelnen ist die Abgrenzung der Fälle, die ertragsteuerlich zu Buchwerten erfolgen können, noch nicht abschließend geklärt. In einschlägigen Fällen sollte dringend steuerlicher Rat eingeholt werden.

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17 Gesellschafterdarlehen bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft

Häufiger Anwendungsfall der vermögensverwaltenden Personengesellschaften sind Erbengemeinschaften, die gemeinsam eine vermietete Immobilie verwalten. Steuerlich gilt bei solchen vermögensverwaltenden Gesellschaften die sog. Bruchteilsbetrachtung. D.h., das Vermögen und die Einkünfte werden anteilig den Gesellschaftern zugerechnet, so als hätten diese mit dem anteiligen Vermögen selbst Einkünfte erzielt. Wenn einer der Gesellschafter eine Wohnung in der gemeinsamen Immobilie auf Grund eines Mietvertrags mit der Personengesellschaft selbst nutzt, hat dies z.B. zur Folge, dass dann der Mietvertrag in der Höhe, mit der der nutzende Gesellschafter an der Personengesellschaft selbst beteiligt ist, steuerlich nicht anerkannt wird.

Das Finanzgericht Düsseldorf hatte nun über die steuerliche Anerkennung von Darlehensverhältnissen zu entscheiden. Im Urteilsfall hatte ein Gesellschafter der Personengesellschaft ein Darlehen gewährt und selber dieses Darlehen bei einer Bank refinanziert. Strittig waren nun die steuerliche Behandlung der Darlehensverhältnisse und der daraus resultierenden Zinsen. Hierzu hat das Finanzgericht mit Urteil vom 8.10.2019 (Aktenzeichen 13 K 1695/19 F) entschieden:

  • Ein Darlehensverhältnis zwischen einem Gesellschafter und einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist auf Grund der Bruchteilsbetrachtung steuerrechtlich nicht anzuerkennen, soweit der darlehensgewährende Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist. Nur soweit das Darlehensverhältnis steuerrechtlich anerkannt wird, erzielt der Gesellschafter aus den von der Gesellschaft gezahlten Zinsen Einnahmen aus Kapitalvermögen. Im Übrigen, also in Höhe der Beteiligungsquote des darlehensgewährenden Gesellschafter, sind die von der Personengesellschaft an den darlehensgewährenden Gesellschafter gezahlten Zinsen keine Werbungskosten der Personengesellschaft bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und in dieser Höhe auch keine steuerbaren Einnahmen aus Kapitalvermögen der Gesellschafter.
  • Hat der Gesellschafter das der Vermietungseinkünfte erzielenden Personengesellschaft verzinslich gewährte Darlehen refinanziert, stellen die vom Gesellschafter gezahlten Schuldzinsen insoweit keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern Sonder-Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar, als das Darlehensverhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist.

Hinweis:

Dieser Fall verdeutlicht, dass vermögensverwaltende Personengesellschaften in der Umsetzung vergleichsweise komplex sind.

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18 Aktuelle Entwicklungen zur „Abfärberegelung”

Bei Personengesellschaften existiert die gesetzliche Regelung, nach der insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt werden, wenn die Gesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Dies wird als Abfärberegelung bezeichnet. Problematisch ist dies insbesondere bei Freiberuflern oder auch bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, da dann im Grundsatz alle Einkünfte der Gewerbesteuer unterliegen. Die insoweit eintretende Mehrbelastung durch Gewerbesteuer wird vielfach durch die dann gewährte Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer nur teilweise ausgeglichen. Auch führt die Einstufung als gewerbliche Tätigkeit bei einer an sich vermögensverwaltenden Personengesellschaft zu einer umfassenden steuerlichen Erfassung von Wertsteigerungen in der Vermögenssubstanz, da sämtliche Vermögensgegenstände dem steuerlichen Betriebsvermögen der Gesellschaft zugeordnet werden.

Insofern haben sich Änderungen sowohl durch die Rechtsprechung als auch nun durch den Gesetzgeber ergeben. Es ist nun wie in der Übersicht dargestellt zu differenzieren.

Übersicht: Abfärberegelung bei Personengesellschaften

Fall

Anmerkung

Rechtsfolge

Erzielung geringfügiger gewerblicher Einkünfte neben freiberuflichen Einkünften

Geringfügigkeitsgrenze – Abfärbung tritt nicht ein, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24 500 € im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen

weiterhin freiberufliche Einkünfte

Erzielung nicht nur geringfügiger gewerblicher Einkünfte neben freiberuflichen Einkünften

Abfärberegelung greift unabhängig davon, ob aus der gewerblichen Tätigkeit im Veranlagungszeitraum Gewinne oder Verluste erwirtschaftet werden

insgesamt gewerbliche Einkünfte

Beteiligung einer vermögensverwaltend tätigen Gesellschaft an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft

Keine Geringfügigkeitsgrenze – Abfärbewirkung unabhängig davon, ob aus der Beteiligung Gewinne oder Verluste zugewiesen werden – Abfärbewirkung beschränkt sich auf die Einkommensteuer

Einkommensteuer: insgesamt steuerliches Betriebsvermögen – keine Gewerbesteuerpflicht (allgemeine Anerkennung dieser Rechtsprechung durch die Finanzverwaltung steht aber noch aus)

Hinweis:

Die Abfärbewirkung kann erhebliche steuerliche Folgen nach sich ziehen. Den negativen Rechtsfolgen kann vielfach durch Gründung einer beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaft und Auslagerung der gewerblichen Einkünfte oder Beteiligungen in diese begegnet werden. Auch die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft, welche die gewerblichen Beteiligungen hält und insoweit Abschirmwirkung entfaltet, kann abhelfen. In solchen Konstellationen ist rechtzeitig steuerlicher Rat einzuholen.

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19 Finanzgericht Hessen: Kapitalertragsteuer bei Cum-Cum-Geschäften versagt

Im Fokus der Cum-Ex- bzw. Cum-Cum-Geschäfte, bei denen es – vereinfacht gesagt – um eine mehrfache Erstattung von Kapitalertragsteuer auf Dividenden ging, stehen nicht nur die Initiatoren der Geschäfte und deren Berater, sondern Probleme ergeben sich auch für die involvierten Anleger. Bestandteil dieser Geschäfte waren auch inländische Anleger, die nach diesen Modellen die Aktien zum Dividendenstichtag erwerben sollten und entsprechend den Kapitalertragsteuerabzug begehrten. Im wirtschaftlichen Ergebnis wurde die vereinnahmte Dividende dann aber wieder der vermittelnden Bank zugewiesen und den Anlegern verblieb nur eine geringe Marge, die dann aber als Dividende steuerfrei gestellt sein sollte.

Das Hessische Finanzgericht hat nun mit Datum vom 28.1.2020 (Aktenzeichen 4 K 890/17) eine Grundsatzentscheidung über eine Cum-Cum-Gestaltung getroffen. Es wurden inländische Aktien ausländischer Anteilseigner vor dem Dividendenstichtag an inländische Gesellschaften verkauft oder verliehen und gleichzeitig vereinbart, dass nach dem Dividendenstichtag eine Rückübertragung erfolgte. Insgesamt wurde damit die gesetzlich vorgesehene pauschale Versteuerung von Dividendenerträgen bei Steuerausländern umgangen. Beim Inländer wird die Dividende im Ergebnis steuerfrei gestellt bzw. die Kapitalertragsteuer erstattet. Nach dem Dividendenstichtag werden die Aktien dann einschließlich steuerfrei vereinnahmter Dividende dem ausländischen Anteilseigner zurückübertragen. Der beteiligte Inländer erhält hierfür eine Beteiligung an der ersparten Kapitalertragsteuer.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass bei der Übertragung der Aktien über den Dividendenstichtag auf Grund der vertraglichen Gestaltung lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition an den Aktien, eine leere Eigentumshülle, verschafft worden ist und die Geschäfte von vornherein darauf angelegt waren, dem ursprünglichen Aktieninhaber die Erträge aus den Aktien im wirtschaftlichen Sinne zukommen zu lassen. Dies hat zur Folge, dass der ausländische Aktieninhaber wirtschaftlicher Eigentümer und damit Anteilseigner geblieben ist, dem die Dividendenerträge, die zum Kapitalertragsteuerabzug berechtigen, zuzurechnen sind. Der klagenden inländischen Gesellschaft wurde damit durch das Gericht mangels wirtschaftlichen Eigentums an den Aktien der beantragte Kapitalertragsteuerabzug versagt.

Auch hat das Gericht einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch bejaht. Eine Gestaltung ist rechtsmissbräuchlich, wenn sie gemessen an dem erstrebten wirtschaftlichen Ziel einen unangemessenen Weg wählt, der nur einer den Wertungen des Gesetzgebers widersprechenden Steuerminderung dienen soll, ohne dass sonstige beachtliche nichtsteuerliche Gründe für die Gestaltung vorliegen. Die Beurteilung als Gestaltungsmissbrauch führt steuerlich zur Rückabwicklung der Geschäfte.

Hinweis:

Dies verdeutlicht, dass die Aufarbeitung dieser Modelle für alle involvierten Beteiligten noch lange nicht abgeschlossen ist.

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20 Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück nach der Arbeitshilfe der Finanzverwaltung

Bei einer Immobilie können Abschreibungen nur auf die Anschaffungskosten des Gebäudes geltend gemacht werden. Da beim Kauf – so insbesondere bei Eigentumswohnungen – regelmäßig ein Gesamtkaufpreis festgesetzt wird, muss dieser für steuerliche Zwecke auf den Grund und Boden einerseits und das Gebäude andererseits aufgeteilt werden. Zu diesem Zweck hat die Finanzverwaltung eine „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” in Form eines Excel-Formulars veröffentlicht, die von den Finanzämtern regelmäßig strikt umgesetzt wird. Problematisch an dieser Vorgehensweise ist, dass die vielfach deutlich gestiegenen Bodenrichtwerte, welche in die Berechnung einfließen und andererseits aber eher zurückhaltend angesetzte Baupreissteigerungen vielfach zu sehr hohen Bodenwertanteilen führen.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte nun über einen solchen Fall zu entscheiden, bei dem sich nach dieser Kaufpreisaufteilung der Finanzverwaltung ein Bodenwertanteil von fast 70 % ergab. Der Stpfl. begehrt jedoch 81,8 % Gebäudeanteil entsprechend der vertraglichen Kaufpreisaufteilung und macht Ausführungen, warum die Lage in der Bodenrichtwertzone schlecht, das Gebäude hingegen besonders gut sei und warum die Arbeitshilfe des BMF grundsätzlich zu unsachgemäßen Ergebnissen komme.

Das Finanzgericht hat mit Urteil vom 14.8.2019 (Aktenzeichen 3 K 3137/19) die Vorgehensweise der Finanzverwaltung aber bestätigt. Die „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” der Finanzverwaltung sei für die Kaufpreisaufteilung, insbesondere für die Ermittlung des Sachwerts des Gebäudes, methodisch geeignet und führe zu nachvollziehbaren Ergebnissen. Das Finanzgericht sieht zwar auch, dass die Arbeitshilfe zwar die Bodenpreissteigerung örtlich exakt erfasst, die Baupreissteigerung jedoch nur im deutschlandweiten Mittel. Dies führe nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht zu nennenswerten Verschiebungen und bewegt sich noch im Rahmen zulässiger Typisierung.

Handlungsempfehlung:

Gegen dieses Urteil ist jetzt unter dem Aktenzeichen IX R 26/19 die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig. Vergleichbare Fälle können unter Hinweis auf dieses anhängige Verfahren offengehalten werden.

Grundsätzlich ist stets anzuraten, im Kaufvertrag eine Kaufpreisaufteilung vorzunehmen. Dies ist auch im Streitfall erfolgt. Solche vertraglichen Kaufpreisaufteilungen sind grundsätzlich der Berechnung der Abschreibung zu Grunde zu legen, sofern sie nicht nur zum Schein getroffen wurde und keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt. Insbesondere darf die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse nicht in grundsätzlicher Weise verfehlen. Letzteres hat das Finanzgericht im Streitfall aber bejaht.

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21 Photovoltaikanlage: Vorsteuerabzug nur bei rechtzeitiger Zuordnung zum Unternehmensvermögen

Wird der durch eine auf einem Privathaus installierten Photovoltaikanlage erzeugte Strom teils für eigene Zwecke des Hauseigentümers verwendet, teils aber auch in das öffentliche Stromnetz eingespeist, so liegt eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes vor. Dies hat zur Folge, dass Vorsteuern aus der Errichtung der Anlage beim Finanzamt geltend gemacht werden können, andererseits aber auch die Stromeinspeisung und auch der Selbstverbrauch von Strom der Umsatzsteuer unterliegt. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig vorteilhaft, da hiermit die Anlage zu einem Teil finanziert werden kann bzw. sich die Anschaffungskosten auf den Nettopreis reduzieren.

Von besonderer Bedeutung ist aber, dass der Vorsteuerabzug in diesem Fall an die Bedingung geknüpft ist, dass die Photovoltaikanlage dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden muss. Diese Zuordnungsentscheidung muss nach Auffassung der Finanzverwaltung zwingend spätestens bis zum 31.7. des auf die Installation der Anlage folgenden Jahres gegenüber dem Finanzamt erfolgen. Die Frist entspricht der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung.

Insoweit ist von Bedeutung, dass der Bundesfinanzhof nun mit Beschluss vom 18.9.2019 (Aktenzeichen XI R 7/19) dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt hat, ob das Unionsrecht einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, nach der im Falle eines sog. Zuordnungswahlrechts beim Leistungsbezug der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt nicht getroffen wurde. Damit wird die Handhabung der Finanzverwaltung in Frage gestellt und die Klärung durch den Europäischen Gerichtshof bleibt abzuwarten.

Handlungsempfehlung:

Auch wenn diese Rechtsfrage nun offen ist, sollten in der Praxis nach einer steuerlichen Beratung über die Vorteilhaftigkeit der umsatzsteuerlichen Behandlung der Anlage die Vorsteuern zeitnah in einer Umsatzsteuervoranmeldung oder einer rechtzeitig abgegebenen Umsatzsteuererklärung geltend gemacht werden.

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22 Abgeltungsteuer: Kein Antrag auf Regelbesteuerung bei erst nachträglich erkannter vGA

Für den Regelungskreis der sog. Abgeltungsteuer hat der Gesetzgeber für „unternehmerisch beteiligte Gesellschafter” ein explizites Wahlrecht geschaffen, mit dem der gesonderte Steuersatz von 25 % u.a. zu Gunsten eines unbeschränkten Werbungskostenabzugs „abgewählt” werden kann. So gilt der gesonderte Abgeltungsteuersatz auf Antrag nicht für Gewinnausschüttungen aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Stpfl. im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt war (oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt war und durch eine berufliche Tätigkeit für diese maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen konnte, z.B. als Geschäftsführer). In diesem Fall unterliegen die Kapitalerträge unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens, also einer 40 %igen Steuerfreistellung, der tariflichen Einkommensteuer.

Vor diesem Hintergrund ist das BFH-Urteil vom 14.5.2019 (Aktenzeichen VIII R 20/16, BStBl II 2019, 586) zu sehen, in dem sich der BFH mit der Frist für den Antrag auf Regelbesteuerung befasst hat. Der BFH hat entschieden, dass

  • Stpfl. mit Kapitalerträgen aus einer unternehmerischen Beteiligung den Antrag auf Regelbesteuerung unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens anstelle der Abgeltungsteuer spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung stellen müssen, und
  • die Antragsfrist auch dann gilt, wenn sich das Vorliegen von entsprechenden Kapitalerträgen erst durch die Annahme einer vGA im Rahmen einer Außenprüfung ergibt.

Im Streitfall war der Stpfl. (ein Rechtsanwalt) alleiniger Gesellschafter der A-GmbH und Geschäftsführer der B-GmbH, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der A-GmbH. Er bezog in den Streitjahren 2009 bis 2011 von der B-GmbH Gehalts- und Tantiemezahlungen sowie Honorare für von ihm als Rechtsanwalt erbrachte Beratungsleistungen. Diese erklärte er bei seinen Einkünften aus selbständiger bzw. nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus seiner Beteiligung an der A-GmbH erklärte er nicht; offene Ausschüttungen durch die A-GmbH erfolgten in den Streitjahren nicht. Der Stpfl. stellte zunächst keine Anträge auf die Regelbesteuerung. Erst nachdem sich im Rahmen einer Außenprüfung ergeben hatte, dass ein Teil des Geschäftsführergehalts, der Entgelte für Beratungsleistungen und der Tantieme als vGA anzusehen waren, stellte der Stpfl. Anträge auf Regelbesteuerung, was das FA jedoch zurückwies.

Der BFH hat diese Auffassung bestätigt und ausgeführt, dass,

  • der Stpfl. vorliegend unstreitig Kapitalerträge in Form von vGA erzielt habe. Im Urteilsfall stelle die unmittelbare Zuwendung der B-GmbH an den Stpfl. eine über die A-GmbH an den Stpfl. „durchgeleitete” vGA dar;
  • der Antrag auf Regelbesteuerung jedenfalls nicht fristgerecht gestellt worden sei, da ein solcher Antrag spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen ist. Nach der BFH-Rechtsprechung würde mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung die Frist zur Ausübung des Antragsrechts selbst dann ablaufen, wenn die Erklärung unrichtig und nach § 153 AO zu korrigieren sei.

Handlungsempfehlung:

Im Rahmen seiner Urteilsbegründung hat der BFH zugleich eine Handlungsempfehlung formuliert: Der Stpfl. könne („in Anbetracht einer häufig rechtlich problematischen oder zweifelhaften Qualifizierung von Einkünften”) sein Antragsrecht auch vorsorglich ausüben. Verzichte er auf einen solchen vorsorglichen Antrag, trage er das Risiko einer unzutreffenden Beurteilung von Einkünften im Rahmen seiner Steuererklärung. Wolle der unternehmerisch beteiligte Gesellschafter in Bezug auf die Einhaltung der Antragsfrist sicher sein, müsse er spätestens in bzw. mit der Einkommensteuererklärung einen vorsorglichen Antrag stellen.

Hinweis:

Praktisch bedeutet dies aber auch, dass der in Rede stehende Antrag den Stpfl. für insgesamt fünf Veranlagungszeiträume bindet (dabei erstmals für den Veranlagungszeitraum, für den er gestellt wurde), so dass entsprechende Prognosen über die künftigen Einkünfte und Aufwendungen unverzichtbar sind. Auch kann ein Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens ungünstiger sein als die Anwendung der Abgeltungsteuer, da die Maximalbelastung auf Gewinnausschüttungen bei Anwendung des Spitzensteuersatzes mit 60 % von 45 % = 27 % über dem Abgeltungsteuersatz von 25 % liegt.

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23 Kein Zufluss von Arbeitslohn im Zeitpunkt der Wertgutschrift auf dem Zeitwertkonto eines Fremd-Geschäftsführers

Mit Urteil vom 4.9.2019 (Aktenzeichen VI R 39/17, HFR 2020, 97) hat der BFH seine Rechtsprechung zur steuerlichen Anerkennung von Zeitwertkonten eines Fremd-Geschäftsführers ausdrücklich bestätigt. Danach sind Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands bei einem Fremd-Geschäftsführer einer GmbH kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn (vgl. BFH v. 22.2.2018, Aktenzeichen VI R 17/16, BStBl II 2019, 496). Die FinVerw hat sich dieser Rechtsprechung zwischenzeitlich ebenfalls angeschlossen (BMF v. 8.8.2019, IV C 5 – S 2332/07/0004 :004, BStBl I 2019, 874).

Im Streitfall hatte eine GmbH mit einem seit 2003 angestellten Geschäftsführer, der nicht an der Gesellschaft beteiligt war (Fremd-Geschäftsführer), eine Vereinbarung über den Anspruch auf Ansammlung von Bruttoentgelten zum Zwecke einer Beschäftigung in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung getroffen. Vereinbarungsgemäß zahlte die GmbH einen Teil des Geschäftsführergehalts nicht an den Geschäftsführer aus, sondern zahlte die einbehaltenen Beträge in eine hierfür abgeschlossene Zeitwertkontenrückdeckungsversicherung ein.

Der BFH entschied dazu, dass Gutschriften auf dem Wertguthabenkonto zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn sind, weil der Stpfl. über die Gutschriften auf dem Zeitwertkonto im Streitjahr nicht verfügen konnte und es sich auch nicht um Vorausverfügungen des Stpfl. über seinen Arbeitslohn gehandelt habe. Ein Zufluss durch Gutschrift komme nur dann in Betracht, wenn und soweit eine Zahlungsverpflichtung bestehe.

Hinweis:

Zu Arbeitszeitkonten bei Fremd-Geschäftsführern hat sich jüngst auch die OFD Frankfurt/a.M. mit Verfügung v. 1.10.2019 (Aktenzeichen S 2742 A – 38 – St 520, StEd 2019, 781) geäußert und bestätigt, dass für solche Arbeitszeitkonten erst der Zufluss durch die Auszahlung während der Freistellungsphase die Besteuerung auslöste, dies gilt nicht für sog. Flexi- und Gleitzeitkonten.

Zum Besteuerungszeitpunkt stellt die OFD fest, dass bei Fremd-Geschäftsführern die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos ebenso wie die Wertgutschrift auf dem Zeitkonto grundsätzlich noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn beim Arbeitnehmer führt, sondern erst die Auszahlung während der Freistellungsphase als Zufluss die Besteuerung auslöst. Für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer wird die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos lohn- und einkommensteuerrechtlich allerdings nicht anerkannt. Entsprechende Rückstellungen der Gesellschaft führen somit zur Annahme einer vGA. Demgegenüber soll bei nichtbeherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern nach den allgemeinen Grundsätzen zu prüfen sein, ob eine vGA vorliegt. Bei Nichtvorliegen einer vGA sind Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten lohn- und einkommensteuerlich grundsätzlich anzuerkennen.

Der Erwerb der Organstellung bzw. der Mehrheitsanteile soll den Zufluss des bis zu diesem Zeitpunkt aufgebauten Guthabens auf dem Zeitwertkonto nicht beeinflussen. Allerdings gelten nach Erwerb der Organstellung hinsichtlich der weiteren Zuführungen die genannten Grundsätze hinsichtlich des Vorliegens einer vGA.

Hinweis:

Davon strikt getrennt zu sehen sind allerdings entsprechende Vereinbarungen mit Gesellschafter-Geschäftsführern. Dazu hatte der BFH z.B. mit Urteil v. 11.11.2015 (Aktenzeichen I R 26/15, BStBl II 2016, 489) entschieden, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer für die GmbH eine „Allzuständigkeit” besitzt und die notwendigen Tätigkeiten auch dann erledigen muss, wenn dies einen Einsatz außerhalb und über die üblichen Arbeitszeiten hinaus bedeutet. Eine Vereinbarung, in der auf eine unmittelbare Entlohnung zu Gunsten von späterer (vergüteter) Freizeit verzichtet wird, entspreche nicht diesem Aufgabenbild. Denn mit einer solchen Vereinbarung würde eine mit der Organstellung unvereinbare Abgeltung von Überstunden erfolgen.

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24 Zurechnung einer privaten Pkw-Nutzung als Gehalt oder vGA

Mit Urteil vom 11.10.2019 (Aktenzeichen 13 K 172/17 E, EFG 2020, 96) hat sich das FG Münster mit der Problematik der Privatnutzung betrieblicher Pkw durch den Gesellschafter-Geschäftsführer befasst und in Fortführung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden,

  • dass die vertraglich nicht geregelte private Pkw-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft in Höhe der Vorteilsgewährung eine vGA darstellt. Denn nur diejenige Nutzung des Pkw sei betrieblich veranlasst, welche durch eine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung (z.B. im Geschäftsführervertrag) abgedeckt ist. Die ohne eine solche Vereinbarung erfolgende oder darüber hinausgehende oder einem ausdrücklichen Verbot widersprechende Nutzung sei hingegen durch das Gesellschaftsverhältnis zumindest mitveranlasst.
  • Für den Fall, dass das FA die private Nutzung des Pkw einer GmbH als vGA angesehen und dem Gesellschafter-Geschäftsführer die Einkünfte erhöhend zugerechnet habe, könne, wenn sich im Nachhinein diese Zurechnung als vGA als unzutreffend herausstelle, der Wert der Privatnutzung des Pkw als Gehaltsbestandteil kompensierend zugerechnet werden.

Im Urteilsfall war die steuerliche Behandlung zweier Pkw der Marke Porsche in den Jahren 2009 und 2010 strittig. Der Stpfl. betrieb ein Einzelunternehmen und war zudem alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH; die Anteile waren dem Betriebsvermögen des Einzelunternehmens zugeordnet. Im Anstellungsvertrag mit der GmbH war geregelt, dass ihm ein Pkw – auch zur privaten Nutzung – zur Verfügung gestellt werden sollte. Im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens wies er ein zweites Fahrzeug aus, das er ebenfalls privat nutzte; für beide Fahrzeuge wurde jeweils ein Fahrtenbuch geführt. Das FA erkannte beide Fahrtenbücher nicht an und erhöhte den Gewinn des Einzelunternehmens und rechnete dem Stpfl. eine vGA aus der privaten Nutzung des Pkw der GmbH zu.

Das FG hat zu diesem Sachverhalt festgestellt,

  • dass der Gewinn des Stpfl. zu Recht um den Wert der Privatnutzung des im Einzelunternehmen geführten Pkw (ermittelt nach der 1 %-Regelung) erhöht wurde, weil das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß war. Denn dieses müsse zeitnah und in geschlossener Form geführt werden und neben dem Datum sowie den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufführen.
  • Hinsichtlich der Privatnutzung des von der GmbH geführten Pkw sei dem Stpfl. jedoch keine vGA zuzurechnen, weil eine Privatnutzung nur vorliegen würde bei einer vertraglich nicht geregelten privaten Kfz-Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer. Im Streitfall liege jedoch mit dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag eine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung vor, so dass die Nutzung betrieblich veranlasst sei.

Hinweis:

Für die Praxis hervorzuheben ist insbesondere auch der Verweis des FG auf die einschlägige BFH-Rechtsprechung, nach der sich Stpfl. nicht mit Erfolg darauf berufen können, entsprechende Fahrtenbücher seien von der Vorbetriebsprüfung anerkannt worden. Denn die Finanzbehörde hat die Grundlagen der Besteuerung bei jeder Veranlagung ohne Rücksicht auf die Behandlung desselben Sachverhalts in Vorjahren selbständig festzustellen und die Rechtslage neu zu beurteilen; sie ist an die Sach- oder Rechtsbehandlung in früheren Jahren auf Grund des einkommensteuerlichen Abschnittsprinzips nicht gebunden.

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25 VGA: Prüfung der Angemessenheit des Geschäftsführergehalts unter Beachtung von Gehaltsstrukturuntersuchungen

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung – z.B. BFH-Urteil v. 4.6.2003 (Aktenzeichen I R 24/02, BStBl II 2004, 136) – liegt eine vGA u.a. dann vor, wenn die GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer für dessen Tätigkeit unangemessen hohe Bezüge gewährt. Da es für die Bemessung der angemessenen Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers keine festen Regeln gibt, ist der angemessene Betrag im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Bei dieser Schätzung ist zu berücksichtigen, dass häufig nicht nur ein bestimmtes Gehalt als angemessen angesehen werden kann, sondern sich der Bereich des Angemessenen auf eine gewisse Bandbreite von Beträgen erstreckt. Unangemessen im Sinne einer vGA sind nur diejenigen Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen.

In diesem Sinne können im Rahmen der Angemessenheitsprüfung auch Gehaltsstrukturuntersuchungen berücksichtigt werden. Die Auffassung hat in jüngerer Zeit z.B. das FG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil v. 21.12.2016, Aktenzeichen 3 K 272/13, EFG 2017, 1134, betreffend die Angemessenheit des Gehalts des Geschäftsführers einer gemeinnützigen GmbH) bestätigt – und dabei explizit die BBE-Dokumentationen 2006 bis 2013 (GmbH-Geschäftsführer-Vergütungen 2006 ff., BBE-Verlag) herangezogen. Vergleichbar hatte die Betriebsprüfung in einem Streitfall vor dem FG Münster (Urteil v. 21.2.2018, Aktenzeichen 10 K 2253/14 K, F, EFG 2018, 976) mit „einer Erhebung des BBE-Verlags” (BBE-Studie) in der Frage argumentiert, wie hoch denn der angemessene Unternehmerlohn anzusetzen ist.

Hinweis:

Vor diesem Hintergrund ist aktuell darauf hinzuweisen, dass der Deutsche Steuerberaterverband e.V. erneut gemeinsam mit BBE media und dem Handelsblatt eine Umfrage zur Höhe von GmbH-Geschäftsführer-Gehältern durchgeführt hat. Die neue Studie „GmbH-Geschäftsführer-Vergütungen 2020” gibt Auskunft über die aktuellen Gehälter und Zusatzleistungen von GmbH-Geschäftsführern – in 68 Branchen aus fünf Wirtschaftszweigen und nach Betriebsgrößenklassen gegliedert.

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26 Umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft von Aufsichtsrats- und Beiratsmitgliedern

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist geklärt, dass Geschäftsführer einer GmbH bei umsatzsteuerlicher Betrachtung nicht als Unternehmer anzusehen sind, weil sie nicht selbständig tätig sind. Die Frage, ob Aufsichtsratsmitglieder (vergleichbar den mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragten Beiratsmitgliedern bei einer GmbH) selbständig tätig sind, hatte der BFH in der Vergangenheit immer bejaht.

Mit seinem aktuellen Urteil vom 27.11.2019 (Aktenzeichen V R 23/19, www.stotax-first.de) hat der BFH nun aber seine umsatzsteuerliche Rechtsprechung geändert und entschieden, dass ein Aufsichtsratsmitglied dann nicht als Unternehmer tätig ist, wenn es wegen einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt.

Im konkreten Streitfall war der Kläger und Revisionskläger leitender Angestellter der S-AG und bis zum 2.3.2015 Aufsichtsratsmitglied der E-AG, deren Alleingesellschafter die S-AG war. Gemäß der Satzung der E-AG erhielt jedes Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit eine jährliche Festvergütung von 20 000 € oder einen zeitanteiligen Anteil hiervon. Nach dem Anstellungsvertrag zwischen dem Kläger und der S-AG waren Vergütungen für die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten in Konzern- und Beteiligungsgesellschaften zu melden und abzuführen. Die Abführung erfolgt jährlich über die Verrechnung bei der Auszahlung der Tantiemen.

Das FA behandelte den Kläger insoweit als Unternehmer und unterwarf die Aufsichtsratsvergütungen als Entgelt dem Regelsteuersatz. Der BFH hingegen verneinte, dass der Kläger als Aufsichtsratsmitglied unternehmerisch tätig geworden sei, und führte im Rahmen seiner Begründung aus, dass ein Aufsichtsratsmitglied entgegen bisheriger Rechtsprechung nicht als Unternehmer tätig sei, wenn es auf Grund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trage.

Ein Aufsichtsratsmitglied übt dann keine selbständige Tätigkeit aus, wenn es zwar weder dem Vorstand noch dem Aufsichtsrat hierarchisch untergeordnet ist, aber nicht in eigenem Namen, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung, sondern für Rechnung und unter Verantwortung des Aufsichtsrats handelt und dabei auch nicht das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit trägt.

Hinweis:

Auch Beiratsmitglieder (ohne Vergütungsrisiko) müssen daher keine Umsatzsteuer auf ihre Vergütung abführen. Gleichwohl ist die weitere Rechtsentwicklung zu beobachten, da der BFH explizit offengelassen hat, in welchen anderen Fällen die Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichtsrats demgegenüber weiterhin als unternehmerisch ausgeübt anzusehen sein könnte.

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27 Vollumfängliche Haftung einer GmbH-Geschäftsführerin für Umsatzsteuerschulden bei Steuerhinterziehung

Nach § 69 AO haften GmbH-Geschäftsführer u.a. für Schulden der GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Insofern sollte gerade den Verpflichtungen zur Erklärung und zur Zahlung von Lohnsteuer und von Umsatzsteuer höchste Priorität beigemessen werden.

Vor diesem Hintergrund ist das rechtskräftige Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 5.9.2019 (Aktenzeichen 9 K 9150/15, EFG 2019, 1949) zu sehen, mit dem das FG entschieden hat, dass dann, wenn die Geschäftsführerin einer Komplementär-GmbH (nachfolgend: K-GmbH) eine vollendete USt-Hinterziehung i.S.v. § 370 AO begeht, sie auch im Falle ihrer Inanspruchnahme nach § 69 i.V.m. § 34 AO für den beim FA eingetretenen Steuerschaden in vollem Umfang haftet, d.h. unabhängig von den individuellen Zahlungsmöglichkeiten der Steuerschuldnerin (K-GmbH) im sog. Haftungszeitraum.

Im Streitfall war die Stpfl. die alleinige Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH einer am 1.8.2004 gegründeten GbR, deren Unternehmensgegenstand der Erwerb und die Sanierung von Immobilienvermögen war. Ende des Jahres 2006 stellte die GbR ihre werbende Tätigkeit ein und wurde von ihren Gesellschaftern liquidiert, spätere Vollstreckungsversuche des FA blieben erfolglos, das Insolvenzverfahren wurde im Juli 2010 mangels Masse abgewiesen. Mangels Einreichung einer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2005 durch die GbR schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen und nahm mit einem auf § 69 AO gestützten Bescheid die Stpfl. wegen rückständiger Abgabenverbindlichkeiten der GbR persönlich in Haftung.

Dazu stellt das FG fest, dass durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden kann, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Die Stpfl. habe sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand des § 69 i.V.m. § 34 AO dadurch erfüllt, dass sie als alleinige gesetzliche Vertreterin der geschäftsführenden K-GmbH für die Streitjahre die Pflicht der GbR zur Einreichung einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung zumindest mit bedingtem Vorsatz nicht erfüllt und auch die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht geleistet hat (vorsätzliche Steuerhinterziehung).

Zur Höhe der Haftung führt das FG unter Bezug auf die BFH-Rechtsprechung aus, dass „wer Beihilfe zu einer Steuerhinterziehung leiste, [auch] für die verkürzte Steuer in voller Höhe [hafte], wenn der Vorsatz des Gehilfen darauf gerichtet ist, den Tätern die Vorteile ihrer Tat auf Dauer zu sichern”. Dies gelte auch für die gesetzliche Haftung nach § 69 AO für den gesetzlichen Vertreter, wenn wegen vorsätzlicher Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen eine vollendete Steuerhinterziehung vorliegt.

Hinweis:

Zu der Ermessensentscheidung des FA, ob und wen es als Haftenden in Anspruch nehmen will, hat das FG schlicht festgestellt, dass es bei Begehung einer Steuerhinterziehung (unabhängig von der Frage, ob auch noch andere Haftungsschuldner in Betracht kommen) ermessensgerecht ist, die Täterin einer Steuerhinterziehung als Haftungsschuldnerin (in voller Höhe) in Anspruch zu nehmen.

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