Für alle Steuerpflichtigen

1 Verschiedene Billigkeitsmaßnahmen zur Förderung des Engagements von durch die Corona-Krise Betroffene

2 Weiterveräußerung von Tickets für das Finale der UEFA Champions League steuerpflichtig

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

3 Steuerfreie Bonuszahlungen

4 Verlängerung der Erklärungsfrist für vierteljährliche und monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen während der Corona-Krise

5 Kosten eines Arbeitszimmers/Home-Office

6 Aktuelle Sonderregelung für Grenzpendler

7 Weitere Entlastungen insbesondere beim Kurzarbeitergeld

8 Krankheitskosten auf Grund eines Wegeunfalls sind als Werbungskosten abziehbar

9 Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen bei steuerfreiem Arbeitslohn aus der Schweiz

10 Sachbezugsversteuerung: Nur tatsächlich erbrachte Leistungen gehen in die Besteuerung ein

Für Unternehmer und Freiberufler

11 Steuerliche Behandlung von Corona-Soforthilfen

12 Anpassung der Vorauszahlungen für 2019 durch pauschalierte Berücksichtigung eines Verlustes des Jahres 2020

13 Entlastungsmaßnahmen bei der Umsatzsteuer

14 Information der Finanzverwaltung zur Belegausgabepflicht

15 Externe Datenschutzbeauftragte sind gewerbliche Unternehmer

Für Personengesellschaften

16 Klagebefugnis bei streitiger Gewinnerhöhung eines einzelnen Gesellschafters einer Personengesellschaft

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

17 Verluste aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien können steuerlich geltend gemacht werden

Für Hauseigentümer

18 Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden

19 Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück

20 Abzug von Schuldzinsen bei Herstellung und anschließender teilweiser Veräußerung eines Mehrfamilienhauses

21 Entgelt für die Übertragung des Rechts auf Betrieb von Windkraftanlagen als sonstige Einkünfte zu versteuern

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

22 Vertrauensschutz bei der Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen

23 Berücksichtigung eines Darlehensausfalls als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen oder bei der Ermittlung eines Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG

24 Beraterhonorar an die als Geschäftsführerin tätige nahe Angehörige der Alleingesellschafterin kann vGA sein

25 Bindungswirkung unanfechtbarer Körperschaftsteuer-Bescheide hinsichtlich der Annahme von vGA beim Gesellschafter

26 Gehaltsverzicht durch den Geschäftsführer in der Corona-Krise

27 Geschäftsführerhaftung nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Fall einer Kontosperre

 

1 Verschiedene Billigkeitsmaßnahmen zur Förderung des Engagements von durch die Corona-Krise Betroffene

Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 9.4.2020 (Aktenzeichen IV C 4 – S 2232/19/10003 :003) einen umfangreichen Katalog von Billigkeitsmaßnahmen bekannt gegeben, um damit mannigfaltiges Engagement zur Hilfe der von im Rahmen der Corona-Krise Betroffenen steuerlich zu fördern. Die Regelungen gelten für Unterstützungsmaßnahmen, die vom 1.3.2020 bis längstens zum 31.12.2020 durchgeführt werden. Herauszustellen sind folgende Aspekte:

  • Vergleichbar zu den Regelungen bei früheren Naturkatastrophen gelten vereinfachte Zuwendungsnachweise für Spenden auf zur Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene eingerichtete Sonderkonten inländischer juristischer Personen des öffentlichen Rechts, inländischer öffentlicher Dienststellen oder amtlich anerkannter inländischer Verbände der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliederorganisationen.
  • Gemeinnützige Körperschaften können steuerunschädlich Spenden zur Förderung der Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene sammeln, auch wenn dies nicht dem Satzungszweck entspricht. So kann z.B. ein Sportverein oder Brauchtumsverein solche Spenden sammeln. Zu beachten ist, dass die Körperschaft bei der Förderung mildtätiger Zwecke die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung selbst zu prüfen und zu dokumentieren hat. Bei Maßnahmen, z.B. Einkaufshilfen für Personen in häuslicher Quarantäne oder für Personen, die wegen ihres Alters, Vorerkrankungen o.Ä. zum besonders gefährdeten Personenkreis gehören, ist die körperliche Hilfsbedürftigkeit zu unterstellen. Gleiches gilt für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit bei der kostenlosen Zurverfügungstellung von Lebensmitteln oder Einkaufsgutscheinen, die an die Stelle des Angebots der vielfach geschlossenen Tafeln getreten sind, oder Hilfen für Obdachlose. Bei finanziellen Hilfen ist die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit der unterstützten Person glaubhaft zu machen.

Hinweis:

Unterstützungsleistungen in Form von Spenden außerhalb der Verwirklichung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke, z.B. an von der Corona-Krise besonders betroffene Unternehmen, Selbständige oder an entsprechende Hilfsfonds der Kommunen, sind insoweit nicht begünstigt.

Handlungsempfehlung:

Anzuraten ist also eine sorgfältige Dokumentation der geförderten Personen oder Unternehmen.

Es reicht aber aus, wenn die Spenden entweder an eine steuerbegünstigte Körperschaft, die z.B. mildtätige Zwecke verfolgt, oder an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. eine inländische öffentliche Dienststelle zur Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene weitergeleitet werden. Die gemeinnützige Einrichtung muss entsprechende Zuwendungsbestätigungen für Spenden, die sie für die Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene erhält und verwendet, ausstellen. Auf die Sonderaktion ist in der Zuwendungsbestätigung hinzuweisen.

  • Großzügig wird der Betriebsausgabenabzug für Sponsoring-Maßnahmen von Unternehmen einschließlich Zuwendungen an von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffene Geschäftspartner gehandhabt. Wenn der Stpfl. seinen so betroffenen Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen in angemessenem Umfang unentgeltlich Leistungen aus seinem Betriebsvermögen zuwendet, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar.
  • Sachzuwendungen von einem Unternehmer an durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich geschädigte oder mit der Bewältigung der Corona-Krise befasste Unternehmen und Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser) sind grundsätzlich als Betriebsausgabe zu behandeln.

Für gemeinnützige Vereine und andere Körperschaften gilt:

  • Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, wie insbesondere Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste, Pflege- und Sozialdienste, Alters- und Pflegeheime sowie weitere öffentliche Institutionen wie Polizei und Feuerwehr, wird von der Umsatzbesteuerung im Billigkeitswege abgesehen.
  • Durch die Corona-Krise bis zum 31.12.2020 entstandene Verluste im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder in der Vermögensverwaltung können unschädlich mit Mitteln des ideellen Bereichs, Gewinnen aus Zweckbetrieben, Erträgen aus Vermögensverwaltung oder Gewinnen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ausgeglichen werden.
  • Bei steuerbegünstigten Organisationen ist die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes für eigene Beschäftigte bis zur Höhe von 80 % des bisherigen Entgelts steuerunschädlich möglich.
  • Die Fortzahlung von Ehrenamts- oder Übungsleiterpauschalen ist gemeinnützigkeitsunschädlich möglich, obwohl eine Ausübung der Tätigkeit auf Grund der Corona-Krise zumindest zeitweise nicht mehr möglich ist.

Handlungsempfehlung:

Im Einzelfall sollten die Maßnahmen unter Hinzuziehung steuerlichen Rats geprüft werden.

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2 Weiterveräußerung von Tickets für das Finale der UEFA Champions League steuerpflichtig

Veräußert der Stpfl. ein kurz zuvor entgeltlich erworbenes Ticket für ein Spiel der UEFA Champions League, unterliegt ein daraus erzielter Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer, wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 29.10.2019 (Aktenzeichen IX R 10/18) klarstellt.

Im Streitfall hatten die Stpfl. im April 2015 über die offizielle UEFA-Webseite zwei Tickets für das Finale der UEFA Champions League in Berlin zugelost bekommen (Anschaffungskosten: 330 €) und diese im Mai 2015 über eine Ticketplattform wieder veräußert (Veräußerungserlös abzüglich Gebühren 2 907 €).

Einkünfte aus solchen privaten Veräußerungsgeschäften unterliegen der Einkommensteuer. Zu ihnen gehören u.a. Veräußerungen von sog. „anderen Wirtschaftsgütern” des Privatvermögens, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Von der Besteuerung ausgenommen ist die Veräußerung von Gegenständen des täglichen Gebrauchs wie das private Kraftfahrzeug (insbesondere Jahreswagen, nicht aber Oldtimer), Möbel, Hausrat, Fahrräder und Lebensmittel. Die Tickets jedoch stellen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs keine „Gegenstände des täglichen Gebrauchs” dar, da sie keinem Wertverzehr unterliegen, sondern ein Wertsteigerungspotential aufweisen und zudem nicht zum täglichen Gebrauch i.S. einer regelmäßigen oder zumindest mehrmaligen Nutzung geeignet sind. Der Gewinn aus der Veräußerung ist somit nicht von der Besteuerung ausgenommen.

Hinweis:

Das Urteil dürfte recht große praktische Relevanz haben, denn erfasst werden etwa auch Konzertkarten. Zu beachten ist, dass Gewinne steuerfrei bleiben, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 600 € betragen hat (Freigrenze). Wird diese Grenze auch nur geringfügig überschritten, so ist der gesamte Veräußerungsgewinn steuerpflichtig.

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3 Steuerfreie Bonuszahlungen

Gesetzlich ist geregelt, dass unter ganz bestimmten Voraussetzungen private Arbeitgeber steuerfreie Unterstützungsleistungen erbringen können (z.B. eine steuerfreie Leistung von bis zu 600 € je Kalenderjahr wegen eines Krankheits- oder Unglücksfalls). Durch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 9.4.2020 (Aktenzeichen IV C 5 – S 2342/20/10009 :001) hat die Finanzverwaltung nun bestimmt, dass für den Zeitraum vom 1.3. bis zum 31.12.2020 Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern steuerfreie Unterstützungsleistungen wegen der Corona-Krise bis zu einem Betrag von 1 500 € steuer- und sozialversicherungsfrei leisten können. Wie sich die Arbeitgeberleistung zeitlich verteilt, ist unerheblich, es können z.B. auch in diesem Zeitraum drei Zahlungen von jeweils 500 € geleistet werden.

Hierzu gelten folgende Voraussetzungen:

  • Begünstigt sind Zuschüsse (Bonuszahlungen) und Sachbezüge. Voraussetzung ist, dass diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Die Steuerbefreiung ist damit insbesondere im Rahmen von einem Gehaltsverzicht oder von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen. Eine solche Vereinbarung über eine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu leistende Unterstützung kann durch eine einzelvertragliche Vereinbarung, durch Betriebsvereinbarung oder durch Tarifvertrag erfolgen.
  • Die Steuerfreistellung ist nicht etwa an bestimmte Branchen oder sonstige Bedingungen geknüpft, sondern wird von der Finanzverwaltung allgemein für alle Arbeitnehmer akzeptiert. Die steuerfreie Corona-Beihilfe kann an alle Arbeitnehmer geleistet werden, auch an 450 €-Minijobber. Eine Angemessenheitsprüfung ist nicht vorzunehmen. Bei Arbeitsverhältnissen unter nahen Angehörigen muss die Gewährung einer solchen Beihilfe oder Unterstützung jedoch auch unter Fremden üblich sein (sog. Fremdvergleichsgrundsatz).

Hinweis:

Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass es für die Steuerfreiheit der Leistungen erforderlich ist, dass aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erkennbar ist, dass es sich um steuerfreie Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise handelt. So soll es nicht möglich sein, eine Vereinbarung über Sonderzahlungen, die vor dem 1.3.2020 ohne einen Bezug zur Corona-Krise getroffen wurde, nachträglich in eine steuerfreie Beihilfe oder Unterstützung zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise umzuwandeln. Bestanden dagegen vor dem 1.3.2020 keine vertraglichen Vereinbarungen oder andere rechtliche Verpflichtungen des Arbeitgebers zur Gewährung einer Sonderzahlung, kann unter Einhaltung der sonstigen Voraussetzungen anstelle der Sonderzahlung auch eine steuerfreie Beihilfe oder Unterstützung zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise gewährt werden.

  • Arbeitgeberseitige Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld fallen nicht unter diese Regelung. Diese Zahlungen sind grundsätzlich als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten. Allerdings sollen nach dem aktuellen Entwurf des Corona-Steuerhilfegesetzes auch Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld bis 80 % des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll- und Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch steuerfrei gestellt werden. Dies soll für Lohnzahlungszeiträume gelten, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.1.2021 enden.
    Allerdings kann neben dem Kurzarbeitergeld auch ein steuerfreier Bonus als Corona-Beihilfe bis zu einem Betrag von bis zu 1 500 € gezahlt werden. D.h. der vorgesehene Aufstockungsbetrag des Arbeitgebers kann als steuerfreie Beihilfe gezahlt werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Anspruch auf Zuschuss zum Kurzarbeitergeld nicht bereits vor dem 1.3.2020 z.B. in einem Tarifvertrag vereinbart war.

Hinweis:

Der Gesetzgeber will Aufstockungsbeträge des Arbeitgebers bis zu 80 % des eigentlichen Nettoentgelts steuerfrei stellen, so dass dann solche Lösungen einer „Aufstockung” über eine Corona-Beihilfe nicht erforderlich sind.

  • Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen, d.h., diese müssen in der Lohnabrechnung erfasst werden. Insbesondere sollte auch die Vereinbarung zur Zahlung des Bonus zum Lohnkonto genommen werden, damit der Zeitpunkt der Vereinbarung und der Grund der Zahlung dokumentiert ist.

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4 Verlängerung der Erklärungsfrist für vierteljährliche und monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen während der Corona-Krise

Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 23.4.2020 (Aktenzeichen IV A 3 – S 0261/20/10001 :005) herausgestellt, dass aktuell Möglichkeiten der Verlängerung der Erklärungsfrist für die vierteljährliche und die monatliche Lohnsteuer-Anmeldungen bestehen. Demnach kann Arbeitgebern die Frist zur Abgabe monatlicher oder vierteljährlicher Lohnsteuer-Anmeldungen während der Corona-Krise im Einzelfall auf Antrag verlängert werden, soweit sie selbst oder der mit der Lohnbuchhaltung und Lohnsteuer-Anmeldung Beauftragte (z.B. der Steuerberater) nachweislich unverschuldet daran gehindert sind, die Lohnsteuer-Anmeldungen pünktlich zu übermitteln. Die Fristverlängerung darf maximal zwei Monate betragen.

Dies verdeutlicht aber auch, dass sich in der aktuellen Situation an der Verpflichtung zur pünktlichen Abgabe der Lohnsteueranmeldungen nichts geändert hat.

Handlungsempfehlung:

Im Einzelfall muss also ein Antrag auf Fristverlängerung an das zuständige Finanzamt gestellt und angemessen begründet werden.

Mit einer solchen Fristverlängerung geht auch eine spätere Zahlung/Abbuchung der Lohnsteuer einher. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit einer Stundung der Lohnsteuer nicht besteht. Erfolgt im Betrieb Kurzarbeit, so führt dies zu einer Minderung der Lohnsteuer. Nur der steuerpflichtige Arbeitslohn unterliegt der Lohnsteuer. Das Kurzarbeitergeld ist eine Lohnersatzleistung, die steuerfrei ist, und sich nur im Einkommensteuerveranlagungsverfahren bei der Ermittlung des Steuersatzes des einzelnen Arbeitnehmers auswirkt.

Die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge kann jedoch auf Antrag gestundet werden. Ein solcher Antrag ist an die jeweilige Krankenkasse als Einzugsstelle zu richten. An den Nachweis sind im Lichte der aktuellen Situation angemessene Anforderungen zu stellen. Eine glaubhafte Erklärung des Arbeitgebers, dass er durch die Pandemie erheblichen finanziellen Schaden, z.B. in Form von erheblichen Umsatzeinbußen, erlitten hat, ist in aller Regel ausreichend. Allerdings wird eine Stundung nur dann gewährt, wenn zunächst alle anderen Hilfsmaßnahmen, wie Kurzarbeitergeld, Liquiditätskredite oder Soforthilfen, ausgeschöpft sind.

Handlungsempfehlung:

In diesen Fällen sollte frühzeitig mit der zuständigen Krankenkasse Kontakt aufgenommen werden.

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5 Kosten eines Arbeitszimmers/Home-Office

Aktuell arbeiten viele Arbeitnehmer im Home-Office. Daher stellt sich die Frage, ob in diesem Zusammenhang entstehende Kosten als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden können.

Im Hinblick auf anteilige Mieten und Nebenkosten ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein Arbeitszimmer im steuerlichen Sinne vorliegt. Ein häusliches Arbeitszimmer wird steuerlich nur anerkannt, wenn es

  • so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird (Privatanteil bis höchstens 10 %) und
  • deutlich von den Privaträumen getrennt ist (d.h. keine „Arbeitsecke” und kein sog. Durchgangszimmer).

Liegt ein steuerlich anerkanntes Arbeitszimmer vor, so gilt allerdings im Grundsatz ein Abzugsverbot für eben diese Kosten. Hiervon gelten jedoch folgende Ausnahmen:

  • Wenn dem Stpfl. für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, können die Aufwendungen bis höchstens 1 250 € im Jahr berücksichtigt werden.
  • Wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Stpfl. bildet, können die Aufwendungen sogar in voller Höhe berücksichtigt werden.

Arbeitet aktuell ein Arbeitnehmer im Home-Office, so ist dies in aller Regel durch die Corona-Pandemie verursacht. D.h. dem Arbeitnehmer steht im Grunde ein „anderer Arbeitsplatz” zur Verfügung, er nutzt diesen aktuell aber nicht entweder

  1. aus persönlichen Gründen (z.B. weil er eine Ansteckung im Betrieb fürchtet oder Kinder beaufsichtigen muss), obwohl ihm sein Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers jederzeit zur Verfügung steht oder
  2. er kann den Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers nicht nutzen, weil
    • ihm dies z.B. wegen angeordneter Quarantäne nicht erlaubt ist oder
    • der Arbeitgeber vorsorglich (z.B. um Ansteckungen von vornherein zu vermeiden oder weil er organisatorisch in seinen Büroräumen den empfohlenen Mindestabstand von 1,5 bis 2 Metern zwischen den Mitarbeitern nicht einhalten kann) die Nutzung der Büroräume einschränkt und den Mitarbeitern zeitweise Heimarbeit empfiehlt.

Im erstgenannten Fall ist der Abzug von Kosten des Arbeitszimmers nicht zulässig, da dem Arbeitnehmer ein „anderer Arbeitsplatz” zur Verfügung steht. Anders ist dies dagegen im zweitgenannten Fall: In diesem Fall steht dem Arbeitnehmer gerade kein „anderer Arbeitsplatz” zur Verfügung, so dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bis höchstens 1 250 € im Jahr als Werbungskosten angesetzt werden können. Der Höchstbetrag von 1 250 € wird nicht gekürzt, auch wenn das Arbeitszimmer nur für einen Teil des Jahres genutzt wird oder nur für einige Monate „kein anderer Arbeitsplatz” zur Verfügung steht

Handlungsempfehlung:

In diesen Fällen ist zum einen zu dokumentieren, dass der genutzte Raum die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, die an ein steuerliches Arbeitszimmer gestellt werden und zum anderen, dass kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Hierzu sollte die Quarantäneanordnung oder die Anweisung des Arbeitgebers zum Arbeiten im Home-Office dokumentiert bzw. aufbewahrt werden.

Werden Mitarbeiter ausschließlich oder an mindestens drei Tagen pro Woche am Heimarbeitsplatz tätig und steht ihnen in einem Büro des Arbeitgebers auch kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, kann sich hier sogar der Mittelpunkt der betrieblichen/beruflichen Tätigkeit befinden. Die Kosten für das Arbeitszimmer sind dann – bezogen auf diesen Zeitraum – voll abzugsfähig.

Erhält der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Kosten für sein Arbeitszimmer ersetzt, z.B. für Heizung und Beleuchtung, so ist die Erstattung als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.

Nicht von der Abzugsbeschränkung erfasst sind die Aufwendungen für die beruflich genutzten Einrichtungsgegenstände im Arbeitszimmer (z.B. Schreibtisch, Stuhl, Bücherregale, Computer), bei denen es sich im steuerlichen Sinne um Arbeitsmittel handelt. Dies gilt auch, wenn das Arbeitszimmer selbst nach den o.g. Grundsätzen steuerlich nicht anerkannt werden kann, also z.B. am Wohnzimmertisch gearbeitet wird.

Im Übrigen gilt hinsichtlich der Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch den Arbeitgeber:

  • Die leihweise Überlassung betrieblicher Geräte, die im Eigentum des Arbeitgebers stehen, bleibt lohnsteuerfrei. Dies gilt auch insoweit, als die Geräte vom Arbeitnehmer privat genutzt werden. Dies gilt auch für den Ersatz der privaten Telefonkosten usw. für diese Geräte.
  • Stellt der Arbeitgeber andere Arbeitsmittel, wie z.B. Schreibtisch und -stuhl, Bücherschränke, Kopiergerät etc. und bleiben diese im Eigentum des Arbeitgebers und dürfen ausschließlich für Zwecke der Arbeit im Home-Office und nicht privat verwendet werden, erwächst dem Arbeitnehmer aus der Gestellung kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil.
  • Werden dem Arbeitnehmer die Betriebskosten (Stromkosten) für den Betrieb der Arbeitsmittel (PC, Drucker, Fax) ersetzt, liegt grundsätzlich steuerfreier Auslagenersatz vor. Die Steuerfreiheit wird erreicht, wenn sich die Höhe des Ersatzes nach der durchschnittlichen Betriebszeit und dem bekannten Stromverbrauch der Geräte richtet. Ein pauschaler Auslagenersatz führt allerdings zu steuerpflichtigem Arbeitslohn.

Handlungsempfehlung:

Die lohnsteuerlichen Folgen sollten für den Einzelfall sorgfältig geprüft werden.

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6 Aktuelle Sonderregelung für Grenzpendler

Für Arbeitnehmer, die im Grenzgebiet ihre Tätigkeit ausüben (Grenzpendler), gibt es vielfach bestimmte Anforderungen an die tatsächliche Ausübung der Berufstätigkeit im anderen Staat als dem Ansässigkeitsstaat (Wohnsitzland). So z.B. im Verhältnis Deutschland–Luxemburg. Danach wird die Tätigkeit nur dann im Tätigkeitsstaat besteuert, wenn der Arbeitnehmer im Ansässigkeitsstaat oder in Drittstaaten weniger als 20 Tage im Jahr seiner Arbeit nachgeht. Da aktuell auf Grund des Gesundheitsschutzes oftmals im Home-Office, also im Wohnsitzstaat, gearbeitet wird, würde dies zu einer Änderung der Besteuerungssituation führen. Damit dies nun nicht eintritt, wurde zwischen Deutschland und Luxemburg eine Verständigungsvereinbarung abgeschlossen, die der aktuellen Situation Rechnung trägt. Danach gilt insbesondere:

  • Arbeitstage, für die Arbeitslohn bezogen wird und an denen Arbeitnehmer nur auf Grund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ihre Tätigkeit im Home-Office ausüben, können als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage gelten, in dem die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ausgeübt hätten. Für Arbeitstage, die unabhängig von diesen Maßnahmen im Home-Office oder in einem Drittstaat verbracht worden wären, gilt diese Tatsachenfiktion nicht. Insbesondere gilt sie nicht, wenn Arbeitnehmer auf Grund arbeitsvertraglicher Regelungen grundsätzlich im Home-Office tätig sind.
  • Die Arbeitnehmer, die Gebrauch von dieser Tatsachenfiktion machen, sind verpflichtet, geeignete Aufzeichnungen zu führen (d.h. eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die Arbeitstage, in denen die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit auf Grund der Corona-Pandemie im Home-Office ausgeübt haben).

Entsprechende Regelungen gibt es für Grenzpendler von und nach Österreich, für die Niederlande und Belgien. Bzgl. Frankreich bedarf es wegen Besonderheiten des Doppelbesteuerungsabkommens keiner Ausnahmeregelung.

Hinweis:

Zu beachten sind die länderbezogenen Besonderheiten.

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7 Weitere Entlastungen insbesondere beim Kurzarbeitergeld

Von der Bundesregierung wurde das Gesetz zur weiteren Abfederung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für Arbeitnehmer (Sozialschutz-Paket II) eingebracht. Im Kern sollen folgende Änderungen gelten:

  • Änderungen bei der Höhe des Kurzarbeitergeldes: Das Kurzarbeitergeld soll für Arbeitnehmer, deren Arbeitsentgelt um mindestens die Hälfte reduziert ist, bis zum 31.12.2020 ab dem vierten Bezugsmonat auf 70 % bzw. 77 % für Beschäftigte mit Kindern und ab dem siebten Bezugsmonat auf 80 % bzw. 87 % der Nettoentgeltdifferenz erhöht werden (bislang: 60 % bzw. 67 % des Nettoentgelts).
  • Öffnung der Regelung zum Hinzuverdienst während Kurzarbeit: Für Arbeitnehmer in Kurzarbeit sollen bis zum Jahresende die bestehenden Hinzuverdienstmöglichkeiten mit einer Hinzuverdienstgrenze bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens für alle Berufe geöffnet werden. Die Beschränkung auf systemrelevante Berufe wird aufgehoben.
  • Verlängerung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes I in Sonderfällen: Für Personen, deren Ansprüche auf Arbeitslosengeld I in der Zeit vom 1.5.2020 bis zum 31.12.2020 wegen Erschöpfens enden würden, wird die Anspruchsdauer pauschal um drei Monate verlängert.
  • Warmes Mittagessen trotz pandemiebedingter Schließungen: Weiterhin soll sichergestellt werden, dass Schüler sowie Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, auch bei pandemiebedingten Schließungen dieser Einrichtungen mit Mittagessen im Rahmen des Bildungspakets versorgt werden können.
  • Weiterzahlung von Waisenrenten: Mit Sonderregelungen im Sechsten und Siebten Buch Sozialgesetzbuch sowie im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte wird ferner sichergestellt, dass Waisenrenten auch dann (weiter-)gezahlt werden, wenn bedingt durch die Corona-Pandemie Ausbildungen und Freiwilligendienste später als üblich beginnen.

Darüber hinaus soll nach dem Entwurf des Corona-Steuerhilfegesetzes geregelt werden:

  • Entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung werden Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld bis 80 % des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll- und Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch steuerfrei gestellt. Dies gilt für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.1.2021 enden.

Handlungsempfehlung:

Gerade das Kurzarbeitergeld ist aktuell ein wichtiges Instrument, um einerseits die Mitarbeiter halten zu können, andererseits aber Entlastung auf Seiten der Unternehmer zu gewährleisten. Hinsichtlich der begrenzten Steuerfreiheit von Aufstockungsbeträgen müssen ggf. Korrekturen des Steuereinbehalts für März und April 2020 erfolgen. Beide Gesetze bedürfen noch der abschließenden Zustimmung von Bundestag und Bundesrat.

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8 Krankheitskosten auf Grund eines Wegeunfalls sind als Werbungskosten abziehbar

Kosten der Wegstrecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können steuerlich im Rahmen der Entfernungspauschale angesetzt werden, also grds. mit 0,30 € je Entfernungskilometer. Der Werbungskostenabzug ist auf 4 500 € im Kalenderjahr begrenzt, sofern der Arbeitnehmer nicht einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.

Hinweis:

Der erhöhte Satz von 0,35 € ab dem 21. Entfernungskilometer gilt erst ab dem Jahr 2021.

Die Entfernungspauschale hat abgeltende Wirkung, d.h. mit dieser sind grundsätzlich sämtliche fahrzeug- und wegstreckenbezogenen Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind. Dies gilt auch für Unfallkosten, soweit es sich um echte Wegekosten handelt (z.B. Reparaturaufwendungen).

Nun hat der Bundesfinanzhof aber mit Urteil vom 19.12.2019 (Aktenzeichen VI R 8/18) insoweit abgegrenzt: Die abgeltende Wirkung der Entfernungspauschale bezieht sich nur auf die fahrzeug- und wegstreckenbezogenen Aufwendungen. Andere Aufwendungen, insbesondere Aufwendungen in Zusammenhang mit der Beseitigung oder Linderung von Körperschäden, die durch einen Unfall auf einer beruflich veranlassten Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte eingetreten sind, werden von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale dagegen nicht erfasst. Solche beruflich veranlassten Krankheitskosten können daher neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden.

Im Streitfall erlitt die Stpfl. durch einen Verkehrsunfall auf dem Weg von ihrer ersten Tätigkeitsstätte nach Hause erhebliche Verletzungen. Sie machte die hierdurch verursachten Krankheitskosten, soweit sie nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen wurden, als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Bundesfinanzhof bestätigte nun den Werbungskostenabzug.

Hinweis:

Folgekosten eines Unfalls sind also nicht generell neben der Entfernungspauschale abzugsfähig, sondern nur dann, wenn es sich nicht um fahrzeug- und wegstreckenbezogene Aufwendungen handelt.

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9 Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen bei steuerfreiem Arbeitslohn aus der Schweiz

Im Grundsatz ist der Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen (so z.B. Krankenversicherung und Altersvorsorgeaufwendungen) dann ausgeschlossen, wenn diese im Zusammenhang mit im Ausland erzieltem Arbeitslohn stehen, der im Inland nach einem Doppelbesteuerungsabkommen nicht besteuert wird. Dies verstößt aber innerhalb der EU/EWR gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit und ist daher rechtswidrig. Es erfolgte insoweit eine gesetzliche Änderung für Fälle mit Bezug zu EU-/EWR-Staaten.

Nach wie vor ungelöst waren solche Fälle im Verhältnis zur Schweiz. Dies erstaunte deshalb, weil durch das Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz für diese vergleichbare Rechte wie innerhalb der EU und des EWR-Raums gelten. Nun hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 5.11.2019 (Aktenzeichen X R 23/17) bestätigt, dass der Ausschluss vom Sonderausgabenabzug auch in Bezug auf die Schweiz nicht gilt. Dies ist zwar nicht vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt, wohl aber im Wege unionsrechtskonformer Auslegung auch für Fälle einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz anzuwenden. Die Ausnahme vom Abzugsverbot in Bezug auch auf die Schweiz gebietet der Grundsatz des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts, der sich auch auf den Inhalt des Freizügigkeitsabkommens erstreckt.

Handlungsempfehlung:

Die Finanzverwaltung hatte bislang insoweit den Sonderausgabenabzug abgelehnt. In strittigen Fällen bzw. noch offenen Veranlagungen sollte nun auf Basis dieses Urteils der Sonderausgabenabzug begehrt werden. Betroffen sind insbesondere Grenzgänger.

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10 Sachbezugsversteuerung: Nur tatsächlich erbrachte Leistungen gehen in die Besteuerung ein

Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber verbilligt Waren oder Dienstleistungen aus dem normalen Sortiment des Arbeitgebers, so liegt ein geldwerter Vorteil vor, der der Lohnsteuer zu unterwerfen ist. Basis für die Ermittlung des geldwerten Vorteils ist nach den gesetzlichen Vorgaben der um pauschal 4 % geminderte Endpreis, zu dem die Waren oder Dienstleistungen üblicherweise Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten werden. Darüber hinaus sind die sich für die Arbeitnehmer ergebenden Vorteile pro Jahr um einen Freibetrag in Höhe von 1 080 € (sog. Rabattfreibetrag) zu mindern.

Strittig ist nicht selten, welches der übliche Endpreis ist. Über einen solchen, in der Praxis häufig vorkommenden Fall hatte der Bundesfinanzhof zu entscheiden. Im Urteilsfall gewährte ein Automobilhersteller Arbeitnehmern für den Kauf von Fahrzeugen Belegschaftsrabatte. Die Mitarbeiter konnten die Fahrzeuge anders als fremde Endkunden bei den verschiedenen Produktionsstandorten sowie einem der Versandzentren in Empfang nehmen, zu dem üblicherweise die Fahrzeuge zunächst vor ihrem Verkauf überführt werden. Daher erhob die Stpfl. anders als bei Endkunden von ihren Mitarbeitern keine Überführungskosten. Das Finanzamt wollte nun auf den für Letztverbraucher üblichen Endpreis abstellen, der auch Überführungskosten beinhaltet.

Der Bundesfinanzhof hat dies aber mit Urteil vom 16.1.2020 (Aktenzeichen VI R 31/17) zurückgewiesen. Da tatsächlich keine Überführung der Fahrzeuge stattgefunden hatte, waren solche Kosten auch nicht in den Endpreis einzubeziehen. Abzustellen ist also jeweils auf die konkret zu bewertende Leistung als geldwerten Vorteil.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis sollte genau dokumentiert werden, welche Leistung die Arbeitgeber vergünstigt erhalten. Sodann gilt es für eine vergleichbare Leistung den üblichen Endverbraucherpreis zu ermitteln.

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11 Steuerliche Behandlung von Corona-Soforthilfen

Zur Milderung der wirtschaftlichen Belastungen in Folge der Corona-Pandemie wurden Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Solo-Selbständige in wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch die Corona-Pandemie beschlossen und werden bereits umgesetzt. Anträge sind bei den zuständigen Landesbehörden zu stellen. Das Bundesprogramm sieht vor:

  • Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten (Vollzeitäquivalente) erhalten einen einmaligen Zuschuss bis zu 9 000 € für drei Monate;
  • Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern (Vollzeitäquivalente) erhalten einen einmaligen Zuschuss bis zu 15 000 € für drei Monate.

Ergänzt wird dies durch Programme der Bundesländer, nach denen auch größere Unternehmen gefördert werden. So ergänzt z.B. das Land NRW das Bundesprogramm zusätzlich für Unternehmen mit zehn bis 50 Beschäftigten, welche Zuschüsse in Höhe von 25 000 € erhalten.

Bei dieser Soforthilfe handelt es sich um einen Zuschuss des Staates, der nicht als Kredit zu betrachten ist und nicht zurückgezahlt werden muss.

Hinweis:

Die Voraussetzungen für die Zuwendungen sind mittlerweile verschärft worden. So weist z.B. das Land NRW ausdrücklich darauf hin, dass eine Überkompensation nach der dreimonatigen Förderphase zurückzuerstatten ist. Eine Überkompensation entsteht, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhält, als sein tatsächlich eingetretener Schaden – also insbesondere der durch die Corona-Krise eingetretene Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) ist.

Steuerlich gilt für diese Soforthilfe:

  • Ertragsteuern: Die Soforthilfe ist als Betriebseinnahme zu erfassen. Diese ist nicht steuerfrei, löst also Einkommensteuer bzw. bei einer GmbH Körperschaftsteuer sowie ggf. Gewerbesteuer aus. Die Finanzbehörden werden in der Regel über die Zahlung der Zuschüsse informiert, so dass kontrolliert werden kann, dass diese in der Steuererklärung erfasst werden.
  • Bei den aktuellen Steuervorauszahlungen zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer 2020 soll die Soforthilfe nicht berücksichtigt werden. Auswirkungen ergeben sich also erst bei der Steuerveranlagung für 2020, welche frühestens im Jahr 2021 erfolgt. Welche konkreten Liquiditätsbelastungen sich dann aus dem Steuerbescheid für 2020 ergeben, hängt von der Gewinnsituation für 2020 insgesamt ab. Eine Steuerbelastung ergibt sich für 2020 auf die Soforthilfe nur dann, wenn (einschließlich der Soforthilfe) in 2020 ein steuerlicher Gewinn erwirtschaftet wird. Ansonsten vermindert die Soforthilfe den steuerlichen Verlustrücktrag auf positive Einkünfte des Jahres 2019 bzw. den Verlustvortrag, der in 2021 und ggf. den Folgejahren verrechnet werden kann.
  • Umsatzsteuer: Der Zuschuss unterliegt mangels Leistungsaustausch nicht der Umsatzsteuer.

Handlungsempfehlung:

Auf die zutreffende Verbuchung dieser Soforthilfen ist zu achten.

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12 Anpassung der Vorauszahlungen für 2019 durch pauschalierte Berücksichtigung eines Verlustes des Jahres 2020

Wird für das Jahr 2020 mit einem steuerlichen Verlust gerechnet, so kann auf dieser Basis eine Herabsetzung der bereits geleisteten Vorauszahlungen für das Jahr 2019 beantragt werden, bei deren Berechnung dann der Verlustrücktrag aus 2020 Berücksichtigung findet. Dies erfordert allerdings, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt glaubhaft gemacht werden kann, dass in 2020 insgesamt mit einem steuerlichen Verlust zu rechnen ist. Dies ist vielfach schwierig, da sich aktuell noch nicht abschätzen lässt, wie lange die Einschränkungen auf Grund der Corona-Pandemie anhalten werden und wie schnell sich dann die wirtschaftliche Situation wieder erholen wird. Daher sollen Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019 auf der Grundlage eines pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 für alle Beteiligten vereinfacht abgewickelt werden können. Die Möglichkeit, im Einzelfall unter Einreichung detaillierter Unterlagen einen höheren rücktragsfähigen Verlust darzulegen, bleibt hiervon unberührt.

Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 24.4.2020 (Aktenzeichen IV C 8 - S 2225/20/10003 :010) bestehen für die Inanspruchnahme des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 folgende Voraussetzungen:

  • Die Inanspruchnahme des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 zur nachträglichen Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019 erfolgt nur auf Antrag beim zuständigen Finanzamt.
  • Voraussetzung für den Antrag ist, dass im Laufe des Jahres 2020 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, freiberuflicher Tätigkeit oder aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden. Werden daneben noch andere Einkünfte erzielt, so ist dies unschädlich.
  • Der Antragsteller muss von der Corona-Krise „unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffen sein”. Hiervon geht die Finanzverwaltung aus, wenn die Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro herabgesetzt wurden und der Stpfl. versichert, dass er für 2020 auf Grund der Corona-Krise eine nicht unerhebliche negative Summe der Einkünfte (Saldo aller Einkunftsquellen) erwartet.

Hinweis:

Herauszustellen ist, dass diese pauschalierte Methode auch für Stpfl. mit Vermietungseinkünften gilt, die auf Grund der Corona-Krise in diesem Jahr mit einem Verlust rechnen. Dies dürfte insbesondere Vermieter mit gewerblichen Einheiten betreffen, die vielfach z.B. im Einzelhandel Mietausfälle haben.

Die Abwicklung des pauschal ermittelten Verlustrücktrags erfolgt folgendermaßen:

  • Höhe des pauschal ermittelten Verlustrücktrags: Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15 % des Saldos der maßgeblichen Gewinneinkünfte und/oder der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, welche der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 zu Grunde gelegt wurden. Er ist auf einen Maximalbetrag von 1 Mio. € bzw. bei Zusammenveranlagung von 2 Mio. € begrenzt.
  • Die Vorauszahlungen für 2019 sind dann unter Berücksichtigung des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 neu zu berechnen und festzusetzen. Eine Änderung der Festsetzung der Vorauszahlungen führt zu einem Erstattungsanspruch.
  • Steuerveranlagung für 2019: Wenn die Steuerveranlagung für 2019 später erfolgt, kann der Verlustrücktrag aus 2020 regelmäßig noch nicht berücksichtigt werden, da dies die Veranlagung für 2020 voraussetzt. Die Veranlagung für 2019 dürfte mangels Berücksichtigung eines Verlustrücktrags aus 2020 in der Regel zunächst zu einer Nachzahlung in entsprechender Höhe führen. Daher wird der Minderungsbetrag auf Grund des pauschalen Verlustrücktrags auch dann, wenn die Steuerveranlagung 2019 erfolgt, weiter zinslos gestundet, wenn zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung für 2019 weiterhin von einer nicht unerheblichen negativen Summe der Einkünfte für 2020 auszugehen ist.
  • Steuerveranlagung für 2020: Erfolgt dann später die Steuerveranlagung für 2020, so wird der tatsächliche Verlust berücksichtigt und führt dann zu einem Verlustrücktrag in das Jahr 2019. Die sich insoweit ergebende Erstattung wird mit dem Minderungsbetrag aus dem pauschalen Verlustrücktrag verrechnet. Je nach Höhe des tatsächlich entstandenen Verlusts kann sich dann eine Erstattung oder eine Nachzahlung ergeben.

Handlungsempfehlung:

Diese von der Finanzverwaltung vorgesehene Verfahrensweise ist eine sehr praktikable Möglichkeit, um in Fällen, in denen in 2020 mit einem Verlust gerechnet wird, die Vorauszahlungen für 2019 herabzusetzen und unmittelbar einen Liquiditätszufluss zu erhalten. Die Anwendung ist für den Einzelfall zu prüfen. In manchen Fällen muss auf das reguläre Verfahren mittels Glaubhaftmachung des erwarteten Verlusts 2020 z.B. durch eine Ergebnisplanung zurückgegriffen werden.

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13 Entlastungsmaßnahmen bei der Umsatzsteuer

Die Umsatzsteuer stellt eine wesentliche Liquiditätsposition dar. Insbesondere sind die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen regelmäßig monatlich zu entrichten, wohingegen die Vorauszahlungen zur Einkommen-, Gewerbe- und Körperschaftsteuer nur quartalsweise anfallen. In der in vielen Betrieben aktuell angespannten Liquiditätssituation und zur Schonung vorhandener Liquiditätsreserven sind alle Aspekte im umsatzsteuerlichen Bereich zu prüfen, die eine liquiditätsschonende Wirkung entfalten. Zu nennen sind insbesondere folgende Aspekte:

  • Stundung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen: Bei akuten Liquiditätsengpässen können Umsatzsteuer-Vorauszahlungen auf Antrag gestundet werden, so dass die Zahlung zeitlich hinausgeschoben wird. Stundungen werden aktuell zinslos gewährt.
  • Erstattung der Sondervorauszahlung 2020: Viele Bundesländer sehen die Erstattung von bereits getätigten Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen 2020 vor, was einen Liquiditätsaufschub bis zur Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2020 bedeutet.
  • Berichtigung der Umsatzsteuer bei Nichtzahlung des Kunden: Die Umsatzsteuer auf Lieferungen und Leistungen wird grundsätzlich bereits für den Monat geschuldet, in dem die Lieferung ausgeführt bzw. die Leistung erbracht wird. Allerdings ist bei offenen Forderungen die bereits gegenüber dem Finanzamt erklärte und abgeführte Umsatzsteuer in dem Voranmeldungszeitraum zu berichtigen, in dem die Nichtzahlung oder teilweise Nichtzahlung des Kunden feststeht oder sehr wahrscheinlich ist. Falls dann später doch eine Zahlung durch den Kunden erfolgen sollte, muss eine erneute Berichtigung vorgenommen werden.
  • Vorsteuer: Vorsteuer sollte frühestmöglich beim Finanzamt geltend gemacht werden. Dazu kann z.B. ein schnellerer Rechnungsprüfungsprozess beitragen.
  • Umsatzsteuer-Voranmeldung mit Erstattungsüberhängen: Bei erwarteten höheren Erstattungsüberhängen sollte unmittelbar eine Erläuterung der Ursache für den Erstattungsüberhang an das Finanzamt gegeben werden, um Rückfragen und damit eine verzögerte Auszahlung zu vermeiden.
  • Umsatzsteuer in der Gastronomie: Eine Gesetzesänderung ist nun auf den Weg gebracht, wonach zeitlich befristet vom 1.7.2020 bis zum 30.6.2021 auf Speisen in der Gastronomie nur der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % zu erheben ist statt dem aktuell regulären Satz von 19 %. Dies gilt ausdrücklich nicht für die Abgabe von Getränken. Der Gesetzgeber erhofft sich von dieser Maßnahme eine Stimulierung der Nachfrage und eine Belebung der Konjunktur. Hiervon profitieren auch andere Bereiche, wie Cateringunternehmen, Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien und Metzgereien, soweit sie mit der Abgabe verzehrfertig zubereiteter Speisen bislang Umsätze zum normalen Umsatzsteuersatz erbracht haben.

Hinweis:

Die generelle Pflicht zur pünktlichen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen bleibt unverändert bestehen. Dies gilt auch für Unternehmen, die erheblich von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie betroffen sind. Sollten betriebliche Abläufe wegen Quarantänemaßnahmen massiv gestört sein, können Anträge auf Fristverlängerung gestellt werden. In diesen Fällen sollte rechtzeitig mit der Finanzverwaltung Kontakt aufgenommen werden.

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14 Information der Finanzverwaltung zur Belegausgabepflicht

Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe hat mit Schreiben vom 31.3.2020 (Aktenzeichen S 0315 St 42) zur Belegausgabepflicht bei elektronischen Kassensystemen Hinweise gegeben. Hervorzuheben sind folgende Aspekte:

  • Die seit dem 1.1.2020 geltende zwingende Belegausgabepflicht ist ein Baustein zur Verhinderung von Kassenmanipulationen. Weiterer Baustein ist die Sicherung der Daten mit Hilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE). Im Grundsatz bestehen vergleichbare Regelungen in den anderen europäischen Ländern.
  • Die Verpflichtung zur Belegausgabe besteht immer dann, wenn ein elektronisches Aufzeichnungssystem genutzt wird. Hierunter fallen elektronische oder computergestützte Aufzeichnungssysteme, die „Kassenfunktion” haben (also z.B. elektronische Registrierkassen, PC-Kassen, App-Systeme, Cloudsysteme, Kassenverbundsysteme etc.). Nicht darunter fallen Fahrscheinautomaten, Fahrscheindrucker, elektronische Buchhaltungsprogramme, Waren- und Dienstleistungsautomaten, Geldautomaten, Taxameter und Wegstreckenzähler sowie Geld- und Warenspielgeräte.
  • Bei Nutzung einer sog. „offenen Ladenkasse” besteht keine Belegausgabepflicht.
  • Der Beleg kann in elektronischer Form und in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Für die Belegübergabe in elektronischer Form stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. So ist die Bereitstellung des Belegs z.B. über Kundenkarten, QR-Codes oder Apps, Near Field Communication (NFC) sowie per E-Mail oder SMS möglich.
  • Das Angebot zur Entgegennahme reicht aus, wenn zuvor der Beleg erstellt wurde. Der auf Papier ausgedruckte Beleg muss nicht vom Kunden mitgenommen werden. Beim elektronischen Beleg reicht es jedoch nicht aus, diesen lediglich auf einem Terminal/Display sichtbar zu machen. Er muss dem Kunden zur Verfügung gestellt werden (z.B. mittels QR-Code über die Handykamera).
  • Sehr zurückhaltend äußert sich die Finanzverwaltung zur Möglichkeit der Befreiung von der Belegausgabepflicht. Eine solche besteht auf Antrag, wenn die Belegausgabepflicht im konkreten Einzelfall unzumutbar ist. Dies muss durch den Unternehmer nachgewiesen werden. Der erhöhte Verbrauch an Bonrollen, damit entstehende Kosten und Umwelteinflüsse stellen für sich genommen keinen ausreichenden Grund dar, eine Befreiung zu genehmigen. Die Befreiung von der Belegausgabepflicht setzt voraus, dass durch die Unterdrückung der Belegausgabe die Funktion der zertifizierten TSE nicht eingeschränkt wird. Dies sollte durch eine Bestätigung des Kassenherstellers nachgewiesen werden.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis sollte geprüft werden, ob der Beleg in elektronischer Form bereitgestellt werden kann. Bei modernen Kassensystemen ist dies vielfach möglich und stößt bei den Kunden auf positive Resonanz.

Hinweis:

Verstöße gegen die Verpflichtung zur Belegausgabe ziehen keine unmittelbaren Sanktionen nach sich. Es besteht aber für die Finanzverwaltung die Möglichkeit, diese Pflicht mittels eines Zwangsgelds durchzusetzen. Auch dürften nachhaltige Verstöße gegen die Belegausgabepflicht die Finanzbehörde zu unangekündigten Kassen-Nachschauen veranlassen.

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15 Externe Datenschutzbeauftragte sind gewerbliche Unternehmer

Der Bundesfinanzhof stellt mit Urteil vom 14.1.2020 (Aktenzeichen VIII R 27/17) klar, dass ein externer Datenschutzbeauftragter gewerblicher Unternehmer ist, auch wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist. Da ein Datenschutzbeauftragter ohne eine akademische Ausbildung tätig werden kann, übt er auch keine dem Beruf des Rechtsanwalts ähnliche Tätigkeit aus. Der externe Datenschutzbeauftragte ist daher gewerbesteuerpflichtig und bei Überschreiten bestimmter Gewinngrenzen und nach Aufforderung durch das Finanzamt auch buchführungspflichtig.

Im Streitfall war der Stpfl. als selbständiger Rechtsanwalt im Bereich des IT-Rechts tätig. Daneben arbeitete er für verschiedene größere Unternehmen als externer Datenschutzbeauftragter. Das Finanzamt sah diese Tätigkeit als gewerblich an. Es setzte Gewerbesteuer fest und forderte den Stpfl. wegen seiner Gewinnhöhe als gewerblichen Unternehmer auf, ab dem Folgejahr Bücher zu führen und Abschlüsse zu erstellen.

Handlungsempfehlung:

Dieser nachteiligen Entscheidung kann zum Teil dadurch begegnet werden, dass die einzelnen Tätigkeiten klar getrennt werden. Dann unterliegt auch nur die Tätigkeit als externer Datenschutzbeauftragter der Gewerbesteuer.

Bei einer Personengesellschaft muss dagegen die Abfärbewirkung beachtet werden, wonach bei Ausübung auch einer gewerblichen Tätigkeit insgesamt gewerbliche Einkünfte vorliegen. So würden z.B. bei einer Rechtsanwaltssozietät, die auch als externer Datenschutzbeauftragter tätig ist, insgesamt gewerbliche Einkünfte vorliegen. In solchen Fällen muss die Tätigkeit als externer Datenschutzbeauftragter zwingend in einer separaten Gesellschaft ausgeübt werden.

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16 Klagebefugnis bei streitiger Gewinnerhöhung eines einzelnen Gesellschafters einer Personengesellschaft

Besteht Streit über Grund oder Höhe des in einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen festgestellten Gesamthandsgewinns einer Personengesellschaft, ist nur die Gesellschaft selbst klagebefugt, wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 23.1.2020 (Aktenzeichen IV R 48/16) bestätigt. Eine Klagebefugnis des Gesellschafters ergibt sich nicht schon daraus, dass ihm der streitige Gewinn alleine zugerechnet wurde.

Im Urteilsfall ging es um den Erlös für den Verzicht auf eine Put-Option auf einen Anteil an einer Kommanditgesellschaft. Der Stpfl. behandelte den Verzicht als Vorgang im Privatvermögen und erklärte diesbezüglich bei seiner Einkommensteuererklärung 2003 einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft von 0 €, weil die Jahresfrist zwischen Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft überschritten gewesen sei. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der entgeltliche Verzicht auf die Put-Option zu einem Gewinn aus Gewerbebetrieb geführt habe. Die Put-Option sei ein Annex zu der Kommanditbeteiligung gewesen. Entsprechend wurde der Gesamthandsgewinn der Kommanditgesellschaft erhöht. Der Gesellschafter wandte sich nun gegen die diesbezügliche einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Gesellschaft.

Der Bundesfinanzhof bestätigt aber, dass der Stpfl. nicht zur Erhebung der Klage gegen die Feststellung des Gesamthandsgewinns befugt war. Gegen den gesondert und einheitlich ergangenen Gewinnfeststellungsbescheid könne im Grundsatz nur die Personengesellschaft im eigenen Namen, vertreten durch ihre Geschäftsführer, Klage erheben, obwohl sich dieser Bescheid inhaltlich an die einzelnen Gesellschafter als Inhaltsadressaten richtet. Einem Gesellschafter stehe eine eigene Klagebefugnis lediglich in einem Verfahren zur Verteilung des Gesamthandsgewinns zu oder wenn er sich gegen die Berücksichtigung seiner Sonderbetriebseinnahmen bzw. -ausgaben wendet.

Handlungsempfehlung:

Diese formalen Aspekte sind in der Praxis sorgfältig zu beachten, damit ein Rechtsbehelf bzw. eine Klage nicht bereits an dieser Hürde scheitert. In solchen Fällen muss im Zweifel die Geschäftsführung der Gesellschaft gegen den Gewinnfeststellungsbescheid für die Gesellschaft verfahrensrechtlich vorgehen.

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17 Verluste aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien können steuerlich geltend gemacht werden

Werden (nach dem 31.12.2008, also unter Geltung der Abgeltungsteuer erworbene) Aktien einem Aktionär ohne Zahlung einer Entschädigung entzogen, indem in einem Insolvenzplan das Grundkapital einer Aktiengesellschaft auf null herabgesetzt und das Bezugsrecht des Aktionärs für eine anschließende Kapitalerhöhung ausgeschlossen wird, erleidet der Aktionär einen Verlust, der bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuerlich geltend gemacht werden kann. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 3.12.2019 (Aktenzeichen VIII R 34/16 und das Parallelverfahren unter dem Aktenzeichen VIII R 43/18) gegen die Auffassung der Finanzverwaltung entschieden. Damit korrigiert das Gericht erneut die vielfach einschränkende Ansicht der Finanzverwaltung zur steuerlichen Anerkennung von Verlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Im Streitfall hatte die Stpfl. am 14.2.2011 und am 16.1.2012 insgesamt 39 000 Namensaktien einer inländischen Aktiengesellschaft zu einem Gesamtkaufpreis von 36 262,77 € erworben. Im Streitjahr 2012 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. In einem vom Insolvenzgericht genehmigten Insolvenzplan wurde das Grundkapital der Aktiengesellschaft zur Verlustdeckung auf null herabgesetzt und eine Kapitalerhöhung beschlossen, für die ein Bezugsrecht der Altaktionäre ausgeschlossen wurde (sog. „sanierende Kapitalherabsetzung auf null”). Der börsliche Handel der Altaktien wurde eingestellt und die Altaktionäre verloren ihre Gesellschafterstellung endgültig.

Wirtschaftlich betrachtet bewirkte die Kapitalherabsetzung auf null samt des Bezugsrechtsausschlusses für die Stpfl. als Altaktionärin, dass sie von jeder Beteiligung an den Fortführungswerten der A-AG, auch um den Preis weiterer Einlageleistungen, definitiv ausgeschlossen war. Da nur ein Gläubiger der A-AG an der anschließenden Kapitalerhöhung teilnehmen durfte, handelt es sich aus Sicht sämtlicher Altaktionäre um einen „totalen Squeeze-out”, denn das Insolvenzverfahren wurde dazu genutzt, die bisherigen Gesellschafter ohne Entschädigung aus dem insolventen, jedoch sanierungsfähigen Unternehmen zu drängen.

Da die Stpfl. für den Untergang ihrer Aktien keinerlei Entschädigung erhielten, entstand bei ihr ein Verlust in Höhe ihrer ursprünglichen Anschaffungskosten. Das Finanzamt wollte den Verlust aber steuerlich nicht berücksichtigen.

Der Bundesfinanzhof gab dagegen der Stpfl. Recht. Er beurteilte den Entzug der Aktien in Höhe von 36 262,77 € als steuerbaren Aktienveräußerungsverlust.

Zwar sei der Untergang der Aktien keine Veräußerung, da es sich um einen Vorgang handele, bei dem weder ein Entgelt gezahlt wurde noch hinsichtlich der Aktien ein Rechtsträgerwechsel stattfand. Auch werde der Vorgang vom Steuergesetz nicht ausdrücklich erfasst. Das Gesetz weise insoweit aber eine planwidrige Regelungslücke auf, die im Wege der Analogie zu schließen sei. Die in der Insolvenzordnung geregelte Sanierungsmöglichkeit sei erst später eingeführt worden, ohne die steuerlichen Folgen für Kleinanleger wie die Stpfl. zu bedenken. Es widerspreche den Vorgaben des Gleichheitssatzes des Grundgesetzes in seiner Konkretisierung durch das Leistungsfähigkeits- und Folgerichtigkeitsprinzip, wenn der von der Stpfl. erlittene Aktienverlust steuerlich nicht berücksichtigt werde, wirtschaftlich vergleichbare Verluste (z.B. auf Grund eines Squeeze-out oder aus einer Einziehung von Aktien durch die Aktiengesellschaft) aber schon.

Handlungsempfehlung:

Dies zeigt erneut, dass im Grundsatz wirtschaftliche Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuerlich zu berücksichtigen sind. Eine insoweit ablehnende Haltung der Finanzverwaltung ist kritisch zu überprüfen, da sich schon mehrfach gezeigt hat, dass die Ansicht der Finanzverwaltung insoweit durch das Gesetz nicht gedeckt ist.

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18 Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden

Die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden kann nur in Anspruch genommen werden, wenn durch eine nach amtlichem Muster erstellte Bescheinigung des ausführenden Fachunternehmens nachgewiesen wird, dass die steuergesetzlichen Voraussetzungen sowie die Anforderungen nach der Energetischen Sanierungsmaßnahmen-Verordnung erfüllt sind. Die Finanzverwaltung hat nun mit Schreiben vom 31.3.2020 (Aktenzeichen IV C 1 – S 2296-c/20/10003 :001) zur Ausstellung derartiger Bescheinigungen Stellung genommen.

Die wesentlichen Punkte sind:

  • Für die Bescheinigung sind die amtlich vorgeschriebenen Muster zu verwenden. Vom Inhalt, Aufbau und von der Reihenfolge der Angaben darf nicht abgewichen werden. Eine individuelle Gestaltung der Felder für die Bezeichnung des ausführenden Fachunternehmens und des Bauherrn sowie eine Ergänzung der Bescheinigungen um ein zusätzliches Adressfeld sind zulässig.
  • Bescheinigungsberechtigt ist jedes ausführende Fachunternehmen, welches die Anforderungen der Energetischen Sanierungsmaßnahmen-Verordnung erfüllt.
  • Die Kosten der jeweiligen energetischen Maßnahme sind grundsätzlich einzeln in der Bescheinigung auszuweisen.
  • Als Kosten für die energetische Maßnahme können die Aufwendungen für den Einbau bzw. die Installation, für die Inbetriebnahme von Anlagen, für notwendige Umfeldmaßnahmen und die direkt mit der Maßnahme verbundenen Materialkosten ausgewiesen werden. Zudem ist ein Ausweis der Kosten möglich, die dem Stpfl. dadurch entstanden sind, dass ein Energieberater mit der planerischen Begleitung oder Beaufsichtigung der energetischen Maßnahme beauftragt wurde. Berücksichtigt werden die Aufwendungen für Energieberater, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) als fachlich qualifiziert zum Förderprogramm „Energieberatung für Wohngebäude” zugelassen sind und die Aufwendungen für die Energieeffizienz-Experten, die für das KfW-Förderprogramm „Energieeffizient Bauen und Sanieren – Wohngebäude” (KfW-Programme Nr. 151/152/153 und 430) gelistet sind.
  • Die Bescheinigung des ausführenden Fachunternehmens kann nur für energetische Maßnahmen erteilt werden, mit denen nach dem 31.12.2019 begonnen wurde.
  • Bei der Erneuerung der Heizungsanlage sind besondere Nachweise erforderlich. Es reicht aus, wenn dem Fachunternehmen diese bei Erstellung der Bescheinigung vorliegen, mit der Bescheinigung dem Stpfl. übergeben werden und dieser sie vorhält. Der Antragsteller (Eigentümer) muss sie dem Finanzamt nur nach Aufforderung vorlegen.
  • Werden energetische Maßnahmen an einem aus mehreren selbstgenutzten Eigentumswohnungen bestehenden Gebäude durchgeführt, ist grundsätzlich für jede einzelne Eigentumswohnung eine Bescheinigung auszustellen. Es wird nicht beanstandet, dass das ausführende Fachunternehmen aus Vereinfachungsgründen eine Gesamtbescheinigung ausstellt, wenn es sich entweder um das Gesamtgebäude betreffende Sanierungsaufwendungen handelt oder die auf das Sondereigentum einzelner Wohnungen entfallenden Aufwendungen den einzelnen Wohnungen klar und eindeutig zugeordnet werden können. Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Interessen einen Verwalter bestellt, ist dieser als Auftraggeber zu adressieren. Der Verwalter kann in diesen Fällen die anteiligen auf das Miteigentum entfallenden Aufwendungen nach dem Verhältnis des Miteigentumsanteils aufteilen und dem einzelnen Wohnungseigentümer mitteilen.

Handlungsempfehlung:

Diese formalen Anforderungen sollten dringend beachtet werden.

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19 Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück

Die Finanzverwaltung hat eine Arbeitshilfe veröffentlicht, mit Hilfe derer in einem typisierten Verfahren bei Erwerb eines bebauten Grundstücks zu einem Gesamtkaufpreis entweder eine Kaufpreisaufteilung selbst vorgenommen oder die Plausibilität einer vorliegenden Kaufpreisaufteilung geprüft werden kann. Die Aufteilung eines Gesamtkaufpreises auf Grund und Boden einerseits und das Gebäude andererseits ist insbesondere für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Abschreibung des Gebäudes von Bedeutung.

Handlungsempfehlung:

Ist im Kaufvertrag eine solche Aufteilung von den Vertragsparteien vorgenommen worden, so ist dieser grds. auch steuerlich zu folgen, sofern sie zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen die tatsächlichen Wertverhältnisse nicht gänzlich verfehlt.

Problematisch an der vergleichsweise pauschalen Aufteilungsmethodik der Finanzverwaltung ist, dass die vielfach deutlich gestiegenen Bodenrichtwerte, welche in die Berechnung einfließen und andererseits aber eher zurückhaltend angesetzte Baupreissteigerungen vielfach zu sehr hohen Bodenwertanteilen führen.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte keine Bedenken gegen die grds. Geeignetheit dieser Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises (Urteil vom 14.8.2019, Aktenzeichen 3 K 3137/19). Hiernach gehe die Arbeitshilfe über eine bloße Bestimmung der Bodenrichtwerte und deren Abgleich mit der kaufvertraglichen Bestimmung des Bodenwertanteils deutlich hinaus. Sie sei methodisch geeignet und entspreche der Vorgabe der Rechtsprechung, Bodenwert und Gebäudewert unabhängig voneinander zu ermitteln; ihre Ergebnisse seien nachvollziehbar. Es handele sich um eine qualifizierte Schätzung. Gegen dieses Urteil ist unter dem Aktenzeichgen IX R 26/19 die Revision vor dem Bundesfinanzhof anhängig. Im Revisionsverfahren stellt sich die Frage, ob die von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellte „Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)” bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises auf Grund und Gebäude für Zwecke der Bemessung der Abschreibung zugrunde gelegt werden kann.

Mit Beschluss vom 21.1.2020 (Aktenzeichen IX R 26/19) hat der Bundesfinanzhof das Bundesfinanzministerium zum Verfahrensbeitritt aufgefordert. Das Gericht will sich in diesem Verfahren grundlegend mit der Bindungswirkung der Ergebnisse der Arbeitshilfe befassen.

Handlungsempfehlung:

Fälle, in denen die Kaufpreisaufteilung strittig ist, sollten mit Hinweis auf dieses Verfahren verfahrensrechtlich offengehalten werden.

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20 Abzug von Schuldzinsen bei Herstellung und anschließender teilweiser Veräußerung eines Mehrfamilienhauses

Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4.2.2020 (Aktenzeichen IX R 1/18) verdeutlicht die Grundsätze hinsichtlich der Zuordnung von Darlehenszinsen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Im Urteilsfall hatten die Stpfl. ein Mehrfamilienhaus errichtet. Die Finanzierung erfolgte im Wesentlichen über zwei Darlehen und Eigenmittel. Die beiden Darlehen dienten ausdrücklich der Finanzierung des Gesamtbauvorhabens und sämtliche Baurechnungen wurden von einem Bankkonto beglichen.

Noch vor Fertigstellung erfolgte eine Aufteilung des Gesamtobjekts gemäß Wohnungseigentumsgesetz in drei separate Wohnungen (Untergeschoss, Erdgeschoss und Dachgeschoss). Die Wohnung im Dachgeschoss veräußerten die Stpfl. dann an ihre Tochter. Der insoweit erzielte Kaufpreis floss ebenfalls auf das Baukonto.

In ihren Steuererklärungen für die Streitjahre rechneten die Stpfl. die aufgenommenen Darlehen insgesamt den beiden vermieteten Wohnungen zu und behandelten dementsprechend die hierfür entrichteten Zinsen in voller Höhe als sofort abziehbare Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Dem folgte das Finanzamt nicht. Dieses teilte vielmehr die Zinsaufwendungen auf die vorhandenen Wohnungen entsprechend den jeweiligen Miteigentumsanteilen auf und berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden nur die auf die beiden vermieteten Wohnungen entfallenden anteiligen Zinsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Dies bestätigte nun auch der Bundesfinanzhof und entschied:

  • Schuldzinsen sind insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, soweit sie mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Maßgebend ist die tatsächliche Verwendung des Darlehens. Der wirtschaftliche Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart kann grundsätzlich nicht durch einen bloßen Willensakt des Stpfl. begründet werden.
  • Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften (etwa aus Vermietung und Verpachtung), sondern anteilig auch der (nicht steuerbaren) Selbstnutzung, und werden die Darlehensmittel lediglich teilweise zur Einkünfteerzielung verwandt, so sind die für den Kredit entrichteten Zinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar.
  • In vollem Umfang sind sie nur dann zu berücksichtigen, wenn der Stpfl. ein Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil zuordnet, indem er mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich die Aufwendungen begleicht, die der Herstellung dieses Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.
  • Demgegenüber hat die Rechtsprechung eine gesonderte Zuordnung von Darlehen zu den Herstellungskosten eines später fremdvermieteten Teils abgelehnt, wenn der Stpfl. die Kosten der Errichtung des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet hat, ohne die auf den vermieteten Gebäudeteil entfallenden Herstellungskosten gesondert auszuweisen und zu bezahlen.
  • Diese zu anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind entsprechend anzuwenden auf die gesonderte Zuordnung von Darlehen zu den (anteiligen) Herstellungskosten eines Gebäudes, das wie im Streitfall teilweise dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie teilweise dem Erzielen von sonstigen Einkünften (durch Veräußerung) dient.

Handlungsempfehlung:

Die Stpfl. hätten vorliegend also bei rechtzeitiger Planung ein günstigeres Ergebnis erzielen können, wenn die Aufwendungen für die drei Wohnungen von vorneherein getrennt worden wären und die eingesetzten Mittel (Darlehen und Eigenmittel) entsprechend zugeordnet worden wären. Dies hätte sinnvollerweise durch eine separate Rechnungstellung der Bauunternehmen und eine Abrechnung der einzelnen Wohnungen über getrennte Bankkonten geschehen müssen.

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21 Entgelt für die Übertragung des Rechts auf Betrieb von Windkraftanlagen als sonstige Einkünfte zu versteuern

Im Urteilsfall hatte der Stpfl. als Grundstückseigentümer einer GmbH, an der er auch beteiligt war, die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen gestattet. Später wurden diese Windkraftanlagen von der GmbH auf eine Bürgerwindpark-KG übertragen. Zugleich nahm die KG ein Angebot des Stpfl. an, wonach dieser gegen eine Entschädigung i.H.v. 500 000 € mit einer Aufhebung des Pachtvertrags mit der GmbH bzw. einer Übertragung des Pachtvertrags sowie der Stromeinspeiserechte auf die KG einverstanden war. Strittig war nun die steuerliche Behandlung dieser Entschädigungszahlung beim Stpfl.

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht sieht in dem Urteil vom 27.11.2019 (Aktenzeichen 5 K 114/18) insoweit sonstige Einkünfte, die der Einkommensteuer unterliegen.

Hinweis:

Vorliegend lag die Besonderheit vor, dass der Stpfl. auch an der GmbH, mit der zunächst der Nutzungsvertrag bestand, beteiligt war. Daher war auch eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht auszuschließen. Nun ist gegen dieses Urteil unter dem Aktenzeichen VIII R 2/20 die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig.

In der Praxis muss bei solchen Fällen sehr sorgfältig geklärt werden, welche Leistung einer Entschädigungszahlung zu Grunde liegt. Dies ist vielfach nicht klar. Von dieser Frage hängt auch die steuerliche Einstufung ab.

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22 Vertrauensschutz bei der Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen

Mit seiner Entscheidung v. 11.7.2017 (Aktenzeichen IX R 36/15, HFR 2017, 1032) hatte der IX. Senat des BFH neue Maßstäbe für die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus nach früherer Rechtslage als eigenkapitalersetzend bezeichneten Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten i.Sd. § 17 EStG entwickelt und für Altfälle zugleich einen Bestands- bzw. „Vertrauensschutz” formuliert. Für Altfälle sind die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen dann weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine nach früherem Recht als eigenkapitalersetzend einzustufende Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 (Tag der Urteilsverkündung) geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist. Das BMF hatte mit seinem Schreiben vom 5.4.2019 (IV C 6 – S 2244/17/10001, BStBl I 2019, 257) die Rechtsprechungsänderung des BFH und insbesondere die Vertrauensschutzregelung mit dem Stichtag 27.9.2017 für alle noch offenen Fälle bestätigt.

Steuerpflichtige, die ihrer GmbH als Gesellschafter bis zum 27.9.2017 eine (ehemals) eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe geleistet haben, können also den Ausfall ihrer Rückzahlungs- oder Regressansprüche im Fall der Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft als nachträgliche Anschaffungskosten steuerlich geltend machen.

Vor diesem Hintergrund ist nun das BFH-Urteil v. 10.12.2019 (Aktenzeichen IX R 1/19, HFR 2020, 448) zu sehen, mit dem der BFH in erneuter Bestätigung seiner Rechtsprechung ausgeführt hat, dass die bis zum Urteil v. 11.7.2017 anerkannten Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen weiter anzuwenden sind, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 geleistet hatte oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden war. Damit wies er das FG Berlin-Brandenburg zurück, das die Auffassung vertreten hatte, der BFH könne keine übergangsweise Weiteranwendung der früheren Grundsätze anordnen, weil es bei Gesetzesänderungen strukturell kein Vertrauen des Stpfl. geben könne, dass die neue Rechtslage in der Folge von den Gerichten in einer ganz bestimmten, nämlich für den Stpfl. günstigen Weise ausgelegt werde.

Im Übrigen hat der BFH für den Streitfall hinsichtlich des Nachweises der hingegebenen Gesellschafterdarlehen entschieden, dass dem festgestellten Jahresabschluss Indizwirkung zukommt für das Bestehen und die Höhe einer Verbindlichkeit gegenüber einem Gesellschafter.

Hinweis:

Dieses Urteil ist gerade auch von großer Bedeutung für die Frage, wie und in welchem Umfang das Bestehen ggf. schon vor vielen Jahren geleisteter Gesellschafterdarlehen nachzuweisen ist. Oftmals bestehen Gesellschafterdarlehen bereits seit langer Zeit und Nachweise in Form z.B. von Kontoauszügen über die Gewährung können nicht mehr beigebracht werden.

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23 Berücksichtigung eines Darlehensausfalls als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen oder bei der Ermittlung eines Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG

Mit Urteil vom 28.1.2020 (Aktenzeichen 10 K 2166/16 E, EFG 2020, 444) war das FG Düsseldorf mit der Frage befasst, ob die vor Eintritt der Krise einer GmbH vom Gesellschafter gewährten Darlehen bei der Ermittlung eines Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG oder als Darlehensverlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen sind, wenn diese bei Kriseneintritt stehen gelassen wurden.

Im Streitfall hatten die Stpfl. (zusammen veranlagte Ehegatten) einer GmbH mehrere Darlehen gewährt, die diese nicht zurückgezahlt hat. Der Stpfl. war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Die Ehegatten gewährten der GmbH zwischen 2010 und 2013 diverse unbesicherte Darlehen, die i.d.R. eine Laufzeit von 36 Monaten hatten und mit 5 % p.a. zu verzinsen waren. Durch Gesellschafterbeschluss vom 15.12.2014 löste der Stpfl. die GmbH zum 31.12.2014 auf. Nach Beendigung der Liquidation, bei der dem Stpfl. nur ein geringer Liquidationserlös zufloss, wurde die GmbH am 7.4.2016 gelöscht. Die Stpfl. machten Verluste aus der Auflösung der GmbH gem. § 17 Abs. 1 und 4 EStG geltend, was das FA allerdings nicht anerkannte.

Das FG hat dazu festgestellt,

  • dass es der Gesellschafter im Streitfall unterlassen habe, ein Darlehen zurückzufordern, als erste Anzeichen einer Krise sichtbar wurden. Der Gesellschafter habe das vor Kriseneintritt gewährte Darlehen vielmehr stehen gelassen und damit in seinem Wert bis auf 0 € verfallen lassen. Mit diesem Wert sei dieses auch bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts anzusetzen.
  • Der Ausfall eines in der Krise stehen gelassenen Darlehens sei als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Denn der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führe nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust.
  • Diese Grundsätze sollen (wegen des Erfordernisses der Einkünfteerzielungsabsicht) nur für solche Darlehen gelten, die zu Zeitpunkten gewährt wurden, zu denen sich die GmbH noch nicht in einer Krise i.S. der Rechtsprechung zur Eigenschaft eigenkapitalersetzender Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten befand.
  • Sofern Darlehen vorliegend erst nach Eintritt in die Krise gewährt wurden, also ein ordentlicher Kaufmann nur noch Eigenkapital, nicht aber Fremdkapital zugeführt hätte, handele es sich um Finanzierungshilfen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst waren und im Rahmen des Auflösungsverlusts nach § 17 EStG zu berücksichtigen seien.

Hinweis:

Das FG hat die Revision zugelassen (anhängig beim BFH unter dem Aktenzeichen IX R 5/20), so dass die weitere Rechtsentwicklung aufmerksam zu verfolgen ist. So ist auch die gesetzliche Neuregelung in § 17 Abs. 2a EStG zu beachten. Daher ist sorgfältig für jeden Einzelfall zu prüfen, welche Regelung Anwendung finden kann und für den Stpfl. günstiger ist. Dabei ist die in Teilen noch unsichere Rechtsprechungslage zu berücksichtigen.

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24 Beraterhonorar an die als Geschäftsführerin tätige nahe Angehörige der Alleingesellschafterin kann vGA sein

Mit Urteil vom 16.1.2020 (Aktenzeichen 10 K 3930/18 K, G, F, eNews Steuern 11/2020 v. 16.3.2020) hat das FG Münster die Frage bejaht, ob ein Beraterhonorar, das von einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) an die Geschäftsführerin, die die Tante der Alleingesellschafterin ist, gezahlt wird, als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu qualifizieren sein kann.

Im Streitjahr 2013 war die Nichte der Geschäftsführerin A Alleingesellschafterin der Klägerin, einer in 2008 gegründeten Unternehmergesellschaft. Neben einem Geschäftsführeranstellungsvertrag bestand zwischen A und der Gesellschaft ein Beratungsvertrag (Beratung zu Umstrukturierungsmaßnahmen, honoriert in 2013 mit 60 T€ zzgl. USt), der das Datum 1.11.2014 trug. In der Folge einer steuerlichen Außenprüfung wurden die Leistungen aus dem Beratervertrag als vGA qualifiziert mit der Begründung, Tante und Nichte seien nahestehende Personen, der Beratervertrag verstoße gegen das Rückwirkungsverbot und sei i.Ü. auch nicht tatsächlich durchgeführt worden, da die Leistungen lediglich die laufenden Geschäftsführungsaufgaben umfassten.

Das FG Münster hat die Klage der Gesellschaft gegen die gewinnerhöhende außerbilanzielle Hinzurechnung der Zahlungen als unbegründet zurückgewiesen und im Rahmen seiner Begründung auf folgende Aspekte abgestellt:

  • Im Streitfall sei eine Vermögensminderung auf Ebene der Klägerin zu bejahen, als das Beratungshonorar auf einem bei der Klägerin für die Geschäftsführerin geführten Verrechnungskonto aufwandswirksam verbucht worden sei.
  • Zudem mangele es vorliegend bereits an der tatsächlichen Durchführung einer im Voraus getroffenen, klaren und eindeutigen sowie zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Geschäftsführerin (sog. formeller Fremdvergleich). Die Grundsätze des formellen Fremdvergleichs seien vorliegend im Verhältnis der Klägerin zu Geschäftsführerin – als eine der Alleingesellschafterin nahestehenden Person – anzuwenden.
  • Im Ergebnis hielten die getroffenen Vereinbarungen damit dem formellen Fremdvergleich nicht stand.
  • Offengelassen hat das FG die Frage, ob und unter welchen Umständen die Vereinbarung eines Beratungshonorars neben dem gewöhnlichen Geschäftsführungsgehalt fremdüblich sein kann.

Hinweis:

In der Praxis ist zur Vermeidung von vGA also darauf zu achten, dass Vereinbarungen mit beherrschenden Gesellschaftern (ebenso wie mit diesen nahestehenden Personen) nicht nur dem materiellen, sondern auch dem formellen Fremdvergleich entsprechen – und zudem auch tatsächlich durchgeführt werden.

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25 Bindungswirkung unanfechtbarer Körperschaftsteuer-Bescheide hinsichtlich der Annahme von vGA beim Gesellschafter

Mit seinem vorläufig nicht rechtskräftigen Urteil vom 23.1.2020 (Aktenzeichen 6 K 1497/16, EFG 2020, 423) hat das FG Rheinland-Pfalz entschieden, dass bei Vorliegen unanfechtbarer Körperschaftsteuer-Bescheide, die der GmbH-Gesellschafter hätte anfechten können und denen eine außerbilanzielle Hinzurechnung von vGA zu Grunde liegt, der Geltendmachung von Einwendungen gegen die Annahme von vGA im Rahmen der Veranlagung des GmbH-Gesellschafters die Regelung § 166 AO entgegensteht (sog. Drittwirkung der Steuerfestsetzung).

Ist nach § 166 AO die Steuer einer GmbH gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen die GmbH erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.

Im Streitfall war der Stpfl. als alleiniger Geschäftsführer einer GmbH gem. § 34 AO ihr gesetzlicher Vertreter. Nach Auffassung des FG ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Sinn und Zweck des § 166 AO, dass sich bei Vorliegen unanfechtbarer Körperschaftsteuer-Bescheide, denen der Stpfl. als Geschäftsführer der GmbH gem. § 34 AO hätte widersprechen können, ihm nicht nur im Hinblick auf mögliche Haftungsbescheide, die – wie Steuerbescheide – eigenständige Bescheide darstellen, sondern auch im Hinblick auf die Einkommensteuer-Bescheide die Drittwirkung der unanfechtbaren Steuerfestsetzung der Körperschaftsteuer-Bescheide einschließlich der damit unanfechtbar festgestellten vGA entgegensteht.

Im Ergebnis hatte der Stpfl. im Insolvenzverfahren keinen Widerspruch gegen die Feststellung der (Körperschaft-)Steuerforderungen, die auch die vGA umfassten, durch den Insolvenzverwalter, erhoben, so dass er die unanfechtbare Feststellung dieser Bescheide gegen sich gelten lassen muss. Dies hat zur Folge, dass der Stpfl. die Rechtmäßigkeit der in den Einkommensteuer-Bescheiden 1999 bis 2006 als Einkünfte angesetzten vGA der GmbH an ihn ab dem Streitjahr 1999 dem Grunde und der Höhe nach nicht mehr überprüfen lassen kann.

Hinweis:

Das FG-Urteil ist mittlerweile rechtskräftig geworden. Dennoch muss die Würdigung des FG als umstritten eingestuft werden. Ob die Finanzverwaltung die Argumentation des FG in anderen Fällen aufgreifen wird, bleibt abzuwarten.

Für die Praxis ist dennoch anzuraten, dass selbst in den Fällen, in denen sich eine vGA auf der Ebene der GmbH im Ergebnis nicht auswirkt, auch schon die Folgen bei der Einkommensteuer des Gesellschafters zu berücksichtigen und bereits auf der Ebene der GmbH Einwendungen gegen die Feststellung einer vGA zu prüfen sind.

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26 Gehaltsverzicht durch den Geschäftsführer in der Corona-Krise

Angesichts der aktuellen Situation werden es einige Geschäftsführer in Betracht ziehen, zur Entlastung „ihrer” GmbH auf Gehaltszahlungen zu verzichten. Aus steuerlicher Sicht hängen an derartigen Gestaltungen je nach Einzelfall unterschiedliche Rechtsfolgen, die in der nachfolgenden Darstellung der gängigen Konstellationen kurz skizziert werden sollen; diese Darstellung kann eine individuelle Beratung natürlich nicht ersetzen.

Fremdgeschäftsführer – Stärkung der Liquidität: Zur Stärkung der Liquidität kann ein nicht an der GmbH beteiligter Geschäftsführer vorübergehend auf die Auszahlung seines bereits verdienten Gehalts verzichten – die GmbH baut dann eine Verbindlichkeit auf, die Ertragslage ist nicht betroffen, Lohnsteuer ist zu berücksichtigen. Da Zeitwertkonten für Fremdgeschäftsführer auch steuerlich anerkannt werden, kann insoweit sogar ein Zufluss beim Fremdgeschäftsführer vermieden werden (keine Lohnsteuer).

Fremdgeschäftsführer – Minderung der Aufwendungen: Zur Minderung der Aufwendungen kann ein nicht an der GmbH beteiligter Geschäftsführer auf bereits verdientes Gehalt verzichten. Insoweit führt der Verzicht zu einem Ertrag der Gesellschaft, was dann die Ertragslage der GmbH stärkt, die Lohnbesteuerung beim Fremdgeschäftsführer aber nicht rückwirkend beseitigt. Der (teilweise oder vollständige) Verzicht auf künftiges Gehalt stärkt die künftige Ertragslage, Lohnsteuer fällt nicht an.

Nicht beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer – Stärkung der Liquidität: Zur Stärkung der Liquidität kann auch ein nicht beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer vorübergehend auf die Auszahlung seines bereits verdienten Gehalts verzichten – die GmbH baut dann eine Verbindlichkeit auf, die Ertragslage ist nicht betroffen, Lohnsteuer ist zu berücksichtigen. Voraussetzung ist, dass er nicht doch als beherrschend anzusehen ist, weil er zusammen mit einem anderen Minderheitsgesellschafter gleichgerichtet agiert (sog. gleichgerichtete Interessen). Die Finanzrichter gehen i.Ü. davon aus, dass ein fremder Geschäftsführer Gehaltsforderungen allenfalls für drei Monate stunden würde, dauert die Stundung durch den Gesellschaftergeschäftsführer länger, droht die Unterstellung von vGA betreffend den gesamten Lohnaufwand (weil die Vereinbarungen nicht wie vereinbart durchgeführt werden).

Nicht beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer – Minderung der Aufwendungen: Zur Minderung der Aufwendungen kann ein nicht beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer auf bereits verdientes Gehalt verzichten, was dann als Zuführung von Eigenkapital in die GmbH zu werten ist, die Lohnbesteuerung aber nicht rückwirkend beseitigt. Insoweit würde der bilanzielle Ertrag als verdeckte Einlage gewertet, welche die Anschaffungskosten der Beteiligung erhöhen.

Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer – Stärkung der Liquidität: Zur Stärkung der Liquidität kann auch ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer vorübergehend auf die Auszahlung seines bereits verdienten Gehalts verzichten – die GmbH baut dann eine Verbindlichkeit auf, die Ertragslage ist nicht betroffen, Lohnsteuer ist zu berücksichtigen. Eine solche Stundung des Gehalts wird steuerlich aber nur dann und insoweit anerkannt, als auch ein Fremdgeschäftsführer dies in der aktuellen Lage so vornehmen würde, z.B. um den Fortbestand der GmbH und damit seines Arbeitgebers zu sichern.

Beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer – Minderung der Aufwendungen: Zur Minderung der Aufwendungen kann ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer auf bereits verdientes Gehalt verzichten (nachträglicher Vergütungsverzicht), was als Zuführung von Eigenkapital in die GmbH zu werten ist, die Lohnbesteuerung aber nicht rückwirkend beseitigt. Es würde der bilanzielle Ertrag als verdeckte Einlage gewertet, welche die Anschaffungskosten der Beteiligung erhöht. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern könnte die FinVerw einen Verstoß gegen das Durchführungsgebot sehen, so dass zu erwägen ist, einen Vergütungsverzicht gegen Besserungsklausel – in schriftlicher Form – aufzusetzen. Die Rspr. erkennt dies an, wenn der Besserungsfall hinreichend konkret umschrieben wird. Es muss im Voraus eine ernsthafte Abrede getroffen werden, die dann auch vereinbarungsgemäß durchgeführt wird; andernfalls droht auch für diesen Fall die Unterstellung von vGA betreffend den gesamten Lohnaufwand. Gehaltsverzicht im Voraus: Der (teilweise oder vollständige) Verzicht auf künftiges Gehalt stärkt die Ertragslage, Lohnsteuer fällt nicht an.

Hinweis:

Besondere Sorgfalt ist zudem geboten, wenn – was vorstehend nicht betrachtet wurde – auf Pensionsansprüche verzichtet werden soll.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis sind also selbst mit einem Gehaltsverzicht Fallstricke verbunden, so dass unbedingt fachlicher Rat eingeholt werden sollte.

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27 Geschäftsführerhaftung nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Fall einer Kontosperre

Nach § 69 AO haften GmbH-Geschäftsführer u.a. für Schulden der GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Insofern sollte gerade den Verpflichtungen zur Erklärung und zur Zahlung von Lohnsteuer wie auch von Umsatzsteuer höchste Priorität beigemessen werden.

Vor diesem Hintergrund ist das BFH-Urteil vom 22.10.2019 (Aktenzeichen VII R 30/18, www.stotax-first.de) zu sehen. In diesem Urteil hat sich der BFH mit der Frage der Haftung eines GmbH-Geschäftsführers nach Bestellung eines vorläufigen (sog. „schwachen”) Insolvenzverwalters befasst und im Ergebnis die Sache an das FG zurückverwiesen.

Im Streitfall hatte der Bruder (A) und alleinige Erbe des ursprünglichen Klägers (B) als damaligem alleinigem Geschäftsführer einer G-GmbH geklagt. Am 8.2.2013 ging beim Beklagten eine Lohnsteuer-Anmeldung der GmbH für den Monat Februar 2013 über einen fünfstelligen Eurobetrag ein, die Lohn- und Gehaltszahlungen für den Monat Januar 2013 betraf, die wegen einer Betriebsvereinbarung erst Anfang Februar 2013 vorgenommen wurden. Die Lohnsteuer wurde bei Fälligkeit am 11.3.2013 und auch in der Folgezeit nicht entrichtet. Am 7.3.2013 stellte die GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht.

In der Folge ist B persönlich in Haftung genommen worden. Das FA hatte darauf abgestellt, dass B auch nach der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters alleinverantwortlicher gesetzlicher Vertreter der GmbH geblieben sei. Das Recht zur Ausübung der Arbeitgeberbefugnis sei ausdrücklich bei der GmbH verblieben, weshalb B weiterhin für die Entrichtung der streitgegenständlichen Abgabenverbindlichkeiten zuständig gewesen sei. Dennoch habe B bei Fälligkeit der Rückstände nichts unternommen, um diese begleichen zu können, und insoweit auch nicht beim vorläufigen Insolvenzverwalter angefragt.

Das FG Berlin-Brandenburg als Vorinstanz verneinte die Haftung des B, da diesen kein Verschulden treffe. Der BFH hat diese Entscheidung jedoch aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Denn im Streitfall sei B im Haftungszeitraum tatsächlich Geschäftsführer der GmbH gewesen, die die Lohnsteuer nicht entrichtet habe.

Zur Erfüllung des Haftungstatbestands nach § 69 AO, so der BFH, müsse die Nichtabführung der Lohnsteuer auf einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung der Pflichten des B als Geschäftsführer beruhen. Auch durch den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei B rechtlich nicht gehindert gewesen, die Lohnsteuer abzuführen. Da nur ein sog. „schwacher” vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt gewesen sei, hatte B als gesetzlicher Vertreter der GmbH weiterhin die Pflicht, Löhne zu zahlen und Lohnsteuer abzuführen.

Offen bleibt, ob bei einem angeordneten Zustimmungsvorbehalt ein Verschulden des Geschäftsführers i.S.d. § 69 Satz 1 AO dann zu verneinen ist, wenn er trotz fortbestehender Verfügungsbefugnis und vorhandener finanzieller Mittel die Begleichung der Steuerschuld in einem Fall unterlässt, in dem der vorläufige Insolvenzverwalter die erbetene Einwilligung hierzu versagt. Im Zweifel müsse vom Geschäftsführer eine entsprechend dokumentierte Anfrage an den vorläufigen Insolvenzverwalter erwartet werden können.

Hinweis:

Die weitere Rspr. (im Streitfall: FG Berlin-Brandenburg) ist aufmerksam zu beobachten, zumal der BFH diesem aufgegeben hat, hier noch Feststellungen betreffend die erhöhten Pflichten des Geschäftsführers in der Krise der Gesellschaft zu treffen. Gerade in der finanziellen Krise, so der BFH, bestünden erhöhte Pflichten, so lebe z.B. die uneingeschränkte Gesamtverantwortung jedes einzelnen Geschäftsführers wieder auf.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis ergeben sich in der Krise der GmbH erhöhte Dokumentationsanforderungen, so dass zu empfehlen ist, dass GmbH-Geschäftsführer und andere gesetzliche Vertreter, die nach § 69 AO persönlich in Haftung genommen werden könnten, im Fall einer Insolvenzantragstellung über den Inhalt der Gespräche mit dem Insolvenzverwalter genaue schriftliche Aufzeichnungen (z.B. Aktenvermerke) anfertigen und ggf. auch Beweismittel sichern (z.B. Mitarbeiter als Zeugen hinzuziehen).

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