Für alle Steuerpflichtigen

1 Steuerliche Entlastungsmaßnahmen durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz für alle Steuerpflichtigen

2 Ansatz von Vorsorgeaufwendungen bei der Einzelveranlagung von Ehegatten

3 Kindergeld: Berufsausbildung bei Nichtantritt zur letztmaligen Prüfung

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

4 Weitere steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmer

5 Weitere Sonderregelungen für Grenzpendler

6 Berechnung der Entfernungspauschale bei Hin- und Rückweg an unterschiedlichen Arbeitstagen

7 Kurzarbeitergeld: Besonderheiten bei gemeinnützigen Körperschaften

Für Unternehmer und Freiberufler

8 Steuerliche Entlastungsmaßnahmen für den betrieblichen Bereich

9 Befristete Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsleistungen

10 Elektronische Kassensysteme – Belegausgabepflicht, zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung

11 Vorsteuervergütungsverfahren: Anträge für 2019 müssen bis 30.9.2020 gestellt werden

12 Umsatzsteuer bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und Personalgestellungen für medizinische Zwecke in der Corona-Krise

13 Rückwirkende Rechnungsberichtigung kann auch zu Ungunsten des Unternehmers wirken

14 Schätzung von Einnahmen aus Schwarzarbeit

15 Gewerbesteuer: Abgrenzung einer der Hinzurechnung unterliegenden Rechteüberlassung

Für Personengesellschaften

16 Erwerb eines Gesellschaftsanteils an einer vermögensverwaltenden GbR – Angemessenheit des Kaufpreises von Mietwohngrundstücken

17 Teilabzugsverbot greift nicht bei Sondervergütungen

18 Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsteuer soll nun eingeführt werden

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

19 Kapitalmaßnahme von Air Liquide S.A. (Frankreich) im Jahr 2019

Für Hauseigentümer

20 Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung beim Betrieb einer Photovoltaikanlage

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

21 Zweites Corona-Steuerhilfegesetz

22 Zeitpunkt der Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG

23 Verlustabzugsbeschränkung gem. § 8c KStG – Vorliegen gleichgerichteter Interessen (Mantelkauf)

24 Subjektive Voraussetzungen einer vGA – vGA trotz Irrtums

25 Mit der Ausbuchung von Pensionsverpflichtungen einhergehende Auszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer sind als Arbeitslohn ermäßigt zu besteuern

Befristete Absenkung der Umsatzsteuersätze zum 1. Juli 2020

26 Zweites Corona-Steuerhilfegesetz

27 Handlungsbedarf im Überblick

28 Zeitliche Anwendung der abgesenkten Steuersätze

29 Sonderfälle beim Übergang auf die abgesenkten Steuersätze und beim erneuten Wechsel zum 1.1.2021

30 Folgen bei unzutreffendem Steuerausweis

31 Pflicht zur Preisanpassung ab dem 1.7.2020 bzw. Möglichkeiten der Überwälzung der Umsatzsteuererhöhung zum 1.1.2021?

32 Umsetzung der geänderten Steuersätze in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen

33 Prüfschema für Unternehmer

 

1 Steuerliche Entlastungsmaßnahmen durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz für alle Steuerpflichtigen

Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurden nun folgende weitere Änderungen umgesetzt:

Kinderbonus 2020:

  • Das Kindergeld wird für das Jahr 2020 um einen Einmalbetrag in Höhe von 300 € erhöht (Kinderbonus 2020). Der Kinderbonus wird nicht auf die Sozialleistungen angerechnet. Zudem mindert der Kinderbonus 2020 die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht.
  • Der Kinderbonus wird für jedes Kind, für das für den Monat September 2020 ein Anspruch auf Kindergeld besteht, in zwei Einmalbeträgen ausgezahlt, und zwar im September 200 € und im Oktober dann 100 € – jeweils gemeinsam mit dem Kindergeld.
  • Der Anspruch in Höhe der Einmalbeträge von insgesamt 300 Euro für das Kalenderjahr 2020 besteht auch für ein Kind, für das nicht für den Monat September 2020, jedoch für mindestens einen anderen Kalendermonat im Kalenderjahr 2020 ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Die Auszahlung des Kinderbonus erfolgt in diesen Fällen aber nicht zwingend im September und Oktober 2020 und nicht zwingend in Teilbeträgen. Die Einzelheiten der Auszahlung der Einmalbeträge durch die Familienkassen werden nach der Verkündung des Gesetzes zeitnah durch eine Einzelweisung geregelt.

Hinweis:

Der Kinderbonus 2020 wird bei der Einkommensteuerveranlagung wie das Kindergeld behandelt. Dies bedeutet, dass der Einmalbetrag im Rahmen der bei der Einkommensteuerveranlagung durchzuführenden Vergleichsberechnung (Familienleistungsausgleich) berücksichtigt wird. Hierbei wird verglichen, ob durch das unterjährig ausgezahlte Kindergeld oder den bei der Einkommensteuerveranlagung abzugsfähigen Kinderfreibetrag die höhere finanzielle Entlastung eintritt. Bei höheren Einkommen profitiert der Stpfl. im Ergebnis daher von dem Kinderbonus nicht. Insoweit gilt als Richtschnur, dass für ein zusammen veranlagtes Ehepaar sich der Kinderbonus bis rund 68 000 € zu versteuerndem Jahreseinkommen voll auswirkt, bei höheren Einkünften der Bonusvorteil abschmilzt. Bei einem Paar mit einem Kind schmilzt der Bonusvorteil vollständig ab bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 85 900 €, mit zwei Kindern liegt der Wert bei 93 700 €. Ein Paar mit höherem Einkommen muss den Bonus im Rahmen der Steuerveranlagung komplett über die Steuer wieder abgeben.

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende:

  • Auf Grund der eingeschränkten Betreuungsmöglichkeiten für Kinder in Zeiten der Corona-Pandemie und der für Alleinerziehende damit verursachten höheren Aufwendungen wird der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitlich begrenzt für die Jahre 2020 und 2021 von derzeit 1 908 € pro Jahr auf 4 008 € pro Jahr angehoben. Der Erhöhungsbetrag pro weiterem Kind in Höhe von 240 € bleibt unverändert.

Handlungsempfehlung:

Der erhöhte Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kann bereits über einen Freibetrag im Lohnsteuerabzugsverfahren geltend gemacht werden, so dass sich bereits die laufende Lohnsteuer in 2020 mindert. Insoweit muss ein Antrag beim örtlich zuständigen Wohnsitzfinanzamt gestellt werden. Der Freibetrag wird bei den ELStAM (Elektronische Lohn-SteuerAbzugsMerkmale) vermerkt, welche Basis der Berechnung der Lohnsteuer sind. In 2020 wird der zeitlich begrenzte Erhöhungsbetrag nach einer entsprechenden Antragstellung auf die verbleibenden Lohnzahlungszeiträume verteilt.

Soweit beim Lohnsteuerabzug kein Freibetrag berücksichtigt wurde, erfolgt die steuerliche Entlastung über die Einkommensteuerveranlagung.

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2 Ansatz von Vorsorgeaufwendungen bei der Einzelveranlagung von Ehegatten

Bei Ehegatten ist steuerlich regelmäßig die Zusammenveranlagung günstiger. Diese bringt vielfach Vorteile beim Einkommensteuertarif und es werden viele Freibeträge in doppelter Höhe angesetzt. In Einzelfällen kann aber auch die Einzelveranlagung der Ehegatten von Vorteil sein. Auch persönliche Gründe der Ehegatten führen vereinzelt zu Einzelveranlagungen für Ehegatten, wie z.B. im Falle einer Trennung. Sonderausgaben aller Art einschließlich Kinderbetreuungskosten, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen werden im Falle der Einzelveranlagung im Grundsatz demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Dies ist derjenige Partner, aus dessen Mitteln die Aufwendungen bezahlt worden sind.

Abweichend von diesem Grundsatz können die Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner übereinstimmend beantragen, dass die genannten Aufwendungen bei ihnen jeweils zur Hälfte abgezogen werden. Der Gesetzgeber erachtet es als ausreichend, wenn allein der Ehegatte oder Lebenspartner den Antrag stellt, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat.

Für diesen Fall des Antrags auf hälftige Berücksichtigung hat nun der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 28.11.2019 (Aktenzeichen III R 11/18) die Berechnungsmethode präzisiert. Beantragen Ehegatten die Einzelveranlagung und den hälftigen Abzug von Sonderausgaben, so sind die von beiden Ehegatten getragenen Vorsorgeaufwendungen zusammenzurechnen und hälftig zu verteilen. Erst danach ist getrennt für jeden Ehegatten die Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung bei den Vorsorgeaufwendungen durchzuführen.

Handlungsempfehlung:

Bei einer Vergleichsrechnung hinsichtlich der steuerlichen Vorteilhaftigkeit entweder der Zusammenveranlagung oder der Einzelveranlagung ist dies zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Antrag für Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nur einheitlich gestellt werden kann.

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3 Kindergeld: Berufsausbildung bei Nichtantritt zur letztmaligen Prüfung

Kindergeld wird volljährigen Kindern, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, gewährt, wenn diese eine Berufsausbildung absolvieren. Der Bundesfinanzhof stellt nun mit Urteil vom 27.11.2019 (Aktenzeichen III R 65/18) klar, dass zu einer ernsthaften und nachhaltigen Hochschulausbildung auch die Teilnahme an den für die Erlangung der angestrebten beruflichen Qualifikation erforderlichen Prüfungen gehört.

Im Urteilsfall erhielt die Stpfl. zunächst Kindergeld für ihren am 27.7.1993 geborenen Sohn F. F war an der Universität X im Wintersemester 2014/2015 im Studiengang Wirtschaftsinformatik eingeschrieben. Wegen des Nichterscheinens zur Prüfung „Einführung in die Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre” verlor F seinen Prüfungsanspruch in dem genannten Studiengang. Der zuständige Prüfungsausschuss stellte mit Bescheid vom 24.2.2015 den endgültigen Verlust des Prüfungsanspruchs fest. Nach vorheriger Anhörung wurde F mit Bescheid vom 5.5.2015 exmatrikuliert. Die Familienkasse hob für den Monat März 2015 die Kindergeldfestsetzung auf, weil F bereits exmatrikuliert gewesen sei. Die Stpfl. vertrat dagegen die Ansicht, dass es für das Ende der Berufsausbildung auf den Zeitpunkt ankomme, zu welchem die Exmatrikulation wirksam geworden sei.

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Ansicht der Familienkasse. In Berufsausbildung befindet sich, wer „sein Berufsziel” noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Die Hochschulausbildung ist grundsätzlich Ausbildungsmaßnahme, wenn und solange das Kind im In- oder Ausland als ordentlicher Studierender an einer öffentlichen oder privaten Hochschule immatrikuliert ist. Allerdings kommt es allein auf eine formelle Immatrikulation beim Fehlen der ernsthaften und nachhaltigen Ausbildungsbemühungen nicht an. Soweit Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Kind seinem gewählten Ausbildungsgang nicht ernsthaft und hinreichend nachgeht, indem etwa nur eine „Pro-forma-Immatrikulation” besteht, liegt keine Berufsausbildung vor. Zu einer ernsthaften und nachhaltigen Hochschulausbildung gehört auch die Teilnahme an den für die Erlangung der angestrebten beruflichen Qualifikation erforderlichen Prüfungen.

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4 Weitere steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmer

Mit dem bereits in Kraft getretenen Corona-Steuerhilfegesetz wurden weitere Steuererleichterungen für Arbeitnehmer beschlossen:

  • Zuschüsse des Arbeitgebers zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes sind grundsätzlich steuerpflichtiger Arbeitslohn. Nun wurde aber gesetzlich festgeschrieben, dass Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld bis 80 % des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch steuerfrei gestellt werden. Dies gilt für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.1.2021 enden. Im Übrigen besteht insoweit Sozialversicherungsfreiheit.

Hinweis I:

Die rückwirkende Steuerfreistellung erfordert ggf. eine Korrektur der Lohnsteuerabrechnungen und der Lohnsteueranmeldungen für Monate ab März 2020.

Hinweis II:

Der Bezug von Kurzarbeitergeld ist bis zu 12 Monate möglich. Bis Ende 2020 gilt unter der Voraussetzung, dass das Unternehmen bis zum 31. Dezember 2019 Kurzarbeit eingeführt und bei der Arbeitsagentur angezeigt hat, eine Bezugsdauer von längstens 21 Monaten. Aktuell wird eine weitere Verlängerung der Bezugsdauer diskutiert, diese ist aber noch nicht beschlossen.

Das Kurzarbeitergeld beträgt grds. 60 % des ausgefallenen Nettoentgelts (bei Arbeitnehmern mit mindestens einem Kind: 67 %). Aktuell gilt: Das Kurzarbeitergeld erhöht sich automatisch ab dem vierten Bezugsmonat auf 70 % (Beschäftigte mit mindestens einem Kind: 77 %). Ab dem siebten Bezugsmonat erhöht es sich nochmals auf 80 % (Beschäftigte mit mindestens einem Kind: 87 %). Die gestaffelte Erhöhung gilt für Kurzarbeit, die ab März 2020 angezeigt wurde bzw. wird. Das heißt: Das erhöhte Kurzarbeitergeld kann erstmalig im Juni 2020 (frühester 4. Bezugsmonat) in Anspruch genommen werden.

Voraussetzung für diese automatische Erhöhung des Kurzarbeitergeldes: Im jeweiligen Kalendermonat war das Arbeitsentgelt des oder der Beschäftigten um mindestens die Hälfte verringert.

  • Die durch die FinVerw angeordnete Steuerbefreiung für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlte Sonderzuwendungen an Arbeitnehmer auf Grund der Corona-Krise bis zu 1 500 € ist gesetzlich abgesichert worden. Inhaltlich bleibt es dabei, dass für den Zeitraum vom 1.3. bis zum 31.12.2020 Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern steuerfreie Unterstützungsleistungen wegen der Corona-Krise bis zu einem Betrag von 1 500 € steuer- und sozialversicherungsfrei leisten können. Wie sich die Arbeitgeberleistung zeitlich verteilt, ist unerheblich, es können z.B. auch in diesem Zeitraum drei Zahlungen von jeweils 500 € geleistet werden. Begünstigt sind Zuschüsse (Bonuszahlungen) und Sachbezüge. Voraussetzung ist, dass diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Die Steuerbefreiung ist damit insbesondere im Rahmen von einem Gehaltsverzicht oder von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen. Eine solche Vereinbarung über eine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu leistende Unterstützung kann durch eine einzelvertragliche Vereinbarung, durch Betriebsvereinbarung oder durch Tarifvertrag erfolgen.

Hinweis:

Nach den Hinweisen der FinVerw ist für die Steuerfreiheit der Leistungen erforderlich, dass aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erkennbar ist, dass es sich um steuerfreie Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise handelt. So soll es nicht möglich sein, eine Vereinbarung über Sonderzahlungen, die vor dem 1.3.2020 ohne einen Bezug zur Corona-Krise getroffen wurde, nachträglich in eine steuerfreie Beihilfe oder Unterstützung zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise umzuwandeln. Bestanden dagegen vor dem 1.3.2020 keine vertraglichen Vereinbarungen oder andere rechtliche Verpflichtungen des Arbeitgebers zur Gewährung einer Sonderzahlung, kann unter Einhaltung der sonstigen Voraussetzungen anstelle der Sonderzahlung auch eine steuerfreie Beihilfe oder Unterstützung zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise gewährt werden.

Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen, d.h. diese müssen in der Lohnabrechnung erfasst werden. Insbesondere sollte auch die Vereinbarung zur Zahlung des Bonus zum Lohnkonto genommen werden, damit der Zeitpunkt der Vereinbarung und der Grund der Zahlung dokumentiert ist.

Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurden nun folgende weitere Änderungen umgesetzt:

  • Bei der Besteuerung der privaten Nutzung von nach dem 31.12.2018 angeschafften bzw. geleasten Dienstwagen, die keine Kohlendioxidemission je gefahrenem Kilometer haben, wird der Höchstbetrag des Bruttolistenpreises von 40 000 € auf 60 000 € erhöht. Die Erhöhung der Anschaffungskostengrenze gilt bereits rückwirkend ab dem 1.1.2020. Bei diesen reinenElektrofahrzeugen (oder auch Brennstoffzellenfahrzeugen) wird der private Nutzungsanteil pauschal mit monatlich 0,25 % des Bruttolistenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung angesetzt. Im Falle der Anwendung der Fahrtenbuchregelung ist nur ein Viertel der Anschaffungskosten anzusetzen. Dies gilt sowohl für Firmenwagen, die vom Arbeitgeber Arbeitnehmern auch für private Zwecke zur Verfügung gestellt werden, als auch für betriebliche Fahrzeuge, die der Unternehmer auch privat nutzt. Dies gilt nicht für Hybrid-Fahrzeuge, die neben dem Elektromotor auch einen Verbrennungsmotor haben.

Handlungsempfehlung:

Insoweit bedarf es bei betroffenen Fahrzeugen einer Korrektur der seit Jahresbeginn angesetzten Privatentnahme bzw. des der Lohnsteuer unterworfenen Nutzungsanteils.

  • Weitere Belastungen sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer verhindert die Zusage, dass die Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40 % stabilisiert werden sollen (Sozialgarantie 2021).

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5 Weitere Sonderregelungen für Grenzpendler

Für Arbeitnehmer, die im Grenzgebiet ihre Tätigkeit ausüben (Grenzpendler), gibt es vielfach bestimmte Anforderungen an die tatsächliche Ausübung der Berufstätigkeit im anderen Staat als dem Ansässigkeitsstaat (Wohnsitzland). Um die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, insbesondere die vermehrte Einführung der Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten, auf die Anwendung und Auslegung der entsprechenden Regelungen in den bilateralen Vereinbarungen möglichst zu verringern, wurden weitere Konsultationsvereinbarungen abgeschlossen:

Land

Erläuterung der FinVerw mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom …

Schweiz

12.6.2020 (Aktenzeichen
IV B 2 – S 1301-CHE/07/10015-01)

Belgien (Verlängerung der bestehenden Vereinbarung)

25.6.2020 (Aktenzeichen
IV B 3 – S 1301-BEL/20/10002 :001)

Frankreich

25.5.2020 (Aktenzeichen
IV B 3 – S 1301-FRA/19/10018 :007)

Handlungsempfehlung:

Entsprechende arbeitsvertragliche Regelungen bzw. Anweisungen des Arbeitgebers zum Arbeitsort sollten dokumentiert werden.

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6 Berechnung der Entfernungspauschale bei Hin- und Rückweg an unterschiedlichen Arbeitstagen

Mit Urteil vom 12.2.2020 (Aktenzeichen VI R 42/17) hat der Bundesfinanzhof zur Entfernungspauschale klargestellt, dass diese für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte arbeitstäglich zwei Wege (einen Hin- und einen Rückweg) abgilt. Legt ein Arbeitnehmer nur einen Weg zurück, so ist nur die Hälfte der Entfernungspauschale je Entfernungskilometer und Arbeitstag als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Der Stpfl. war als Flugbegleiter in X beschäftigt. Er fuhr im Streitjahr mit seinem Pkw an 12 Arbeitstagen von seiner Wohnung zum X Flughafen und zurück. An 31 Tagen fuhr er mit seinem Pkw von der Wohnung zum X Flughafen, ohne an dem betreffenden Arbeitstag nach Hause zurückzufahren. In diesen Fällen kehrte er nach seinem Dienst als Flugbegleiter erst nach mindestens einem weiteren Arbeitstag an den X Flughafen zurück. Von dort trat der Stpfl. dann den Heimweg an.

Der Gesetzgeber hat die arbeitstäglichen „Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte” und damit den (Hin-)Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und den (Rück-)Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung zum Maßstab für die mit der Entfernungspauschale einhergehende Vereinfachung und Typisierung genommen. Daher setzt der Abzug der Entfernungspauschale voraus, dass der Stpfl. an einem Arbeitstag den Weg von der Wohnung zu seiner ersten Tätigkeitsstätte und von dort wieder zurück zu seiner Wohnung zurücklegt. Legt der Stpfl. diese Wege an unterschiedlichen Arbeitstagen zurück, kann er die Entfernungspauschale für jeden Arbeitstag nur zur Hälfte geltend machen.

Handlungsempfehlung:

Im konkreten Fall müssen also Aufstellungen über die zurückgelegten Wege angefertigt werden.

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7 Kurzarbeitergeld: Besonderheiten bei gemeinnützigen Körperschaften

Bei gemeinnützigen Körperschaften sind Besonderheiten im Hinblick auf eine Aufstockung von Kurzarbeitergeld zu beachten. Rahmenbedingungen setzen das Gebot der Mittelverwendung für satzungsmäßige Zwecke und die Marktüblichkeit. Die FinVerw hat nun mit Schreiben vom 26.5.2020 die Verlautbarung vom 9.4.2020 ergänzt. Folgende Regelungen sind zu beachten:

  • Wie bisher schon geregelt, wird bei Aufstockung des Kurzarbeitergeldes aus eigenen Mitteln bis zu einer Höhe von 80 % des bisherigen Entgelts weder die Mittelverwendung für satzungsmäßige Zwecke noch die Marktüblichkeit und die Angemessenheit der Aufstockung geprüft, wenn die Aufstockung einheitlich für alle Arbeitnehmer erfolgt. Klargestellt wurde, dass für das „bisherige Entgelt” das in den drei Monaten vor Einführung der Kurzarbeit durchschnittlich ausgezahlte Nettomonatsgehalt maßgeblich ist.
  • Bei Aufstockungen über 80 % des bisherigen Entgelts bedarf es einer entsprechenden Begründung, insbesondere zur Marktüblichkeit und Angemessenheit der Aufstockung. Sehen kollektiv-rechtliche Vereinbarungen des Arbeitsrechts, wie z.B. Tarifverträge, eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes vor, reicht für den Nachweis der „Marktüblichkeit und Angemessenheit” die Vorlage dieser Vereinbarung. Übernehmen kollektiv-rechtlich nicht gebundene Unternehmen in individuellen Verträgen mit allen Mitarbeitern einheitlich die kollektiv-rechtlichen Vereinbarungen der Branche zur Aufstockung, dient ein Mustervertrag nachweislich der Marktüblichkeit und Angemessenheit.

Handlungsempfehlung:

Entsprechende Nachweise der Marktüblichkeit sind dringend zu führen.

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8 Steuerliche Entlastungsmaßnahmen für den betrieblichen Bereich

Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wurden die ersten steuerlichen Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung umgesetzt. Zu nennen sind folgende Aspekte:

Verbesserung der Abschreibungsbedingungen:

  • Befristet für die Anschaffung oder Herstellung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens in den Kalenderjahren 2020 und 2021 kann anstelle der linearen Abschreibung steuerlich eine degressive Abschreibung in Anspruch genommen werden. Die degressive Abschreibung kann nach einem festen Prozentsatz vom jeweiligen Buchwert (Restwert) in Höhe von bis zu 25 %, höchstens das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung berechnet werden.
  • Dies gilt bereits für Anschaffungen seit dem 1.1.2020.
  • Die degressive Abschreibung kann bei neuen oder gebrauchten beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, wie z.B. Maschinen, Betriebsvorrichtungen, Fahrzeuge und Betriebs- und Geschäftsausstattung, angewendet werden. Bei immateriellen Wirtschaftsgütern wie z.B. Software kommt weiterhin nur die lineare Abschreibung in Betracht.

Beispiel:

Wurde im Januar 2020 eine Maschine für 100 000 € (Kaufpreis ohne Umsatzsteuer) angeschafft und beträgt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zehn Jahre, so belief sich nach bisherigem Recht die AfA für 2020 (und die Folgejahre) auf jeweils 10 000 €.

Nach neuer Rechtslage kann eine degressive AfA von 25 % in Anspruch genommen werden, also in 2020: 25 000 €, in 2021: 18 750 € (25 % vom Restbuchwert in Höhe von 75 000 €) usw.

Hinweis:

Bei Anschaffung im laufenden Jahr kann die Abschreibung im Jahr der Anschaffung nur für die restlichen Monate (einschließlich des Monats der Anschaffung) in Anspruch genommen werden. Also kann z.B. bei einer Anschaffung im Juli 2020 für 2020 6/12 der Jahres-AfA angesetzt werden.

  • Abschreibungen wirken sich zwar grundsätzlich erst im Rahmen der Steuerveranlagung aus, d.h. nach Abschluss des Veranlagungszeitraumes der maßgeblichen Investition. Allerdings kann die Tatsache, dass für eine Investition die degressive Abschreibung anstelle der linearen Abschreibung in Anspruch genommen werden kann, bereits unterjährig bei der Festsetzung der Vorauszahlungen berücksichtigt werden. Insoweit müssen betroffene Unternehmen eine Minderung der Steuervorauszahlungen für 2020 beantragen, um kurzfristige Liquiditätsvorteile durch Herabsetzung der Vorauszahlungen zu erzielen.
  • Soweit für ein bewegliches Wirtschaftsgut auch die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen für kleinere Unternehmen (bei Gewerbebetrieben darf das Betriebsvermögen maximal 235 000 € betragen) vorliegen, können diese neben der degressiven Abschreibung in Anspruch genommen werden. Die Sonderabschreibung kann im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben der regulären Abschreibung mit bis zu insgesamt 20 % in Anspruch genommen werden. Im Ergebnis kann dann im Jahr der Anschaffung eine Abschreibung von insgesamt bis zu 45 % (20 % Sonderabschreibung zzgl. 25 % degressive Abschreibung) angesetzt werden.

Erweiterter Verlustrücktrag:

  • Der Verlustrücktrag ist betragsmäßig begrenzt und zwar aktuell auf 1 Mio. € bzw. bei Zusammenveranlagung von Ehegatten auf 2 Mio. €. Die Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag sind nun für Verluste des Veranlagungszeitraums 2020 und auch 2021 von 1 Mio. € auf 5 Mio. € bei Einzelveranlagung und von 2 Mio. € auf 10 Mio. € bei Zusammenveranlagung angehoben worden. Hiervon profitieren Unternehmen, die jetzt im Jahr 2020 oder 2021 höhere Verluste ausweisen, aber im Vorjahr entsprechende Gewinne zu versteuern hatten.

Hinweis:

Ein Verlustrücktrag existiert bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer (z.B. bei einer GmbH). Bei der Gewerbesteuer existiert – nach wie vor – kein Verlustrücktrag.

Pauschalierte Herabsetzung der Vorauszahlungen 2019 bei erwarteten Verlusten in 2020:

  • Die FinVerw hatte mit Schreiben vom 24.4.2020 einen pauschalierten Verlustrücktrag zugelassen. Dieser wird nun in erweiterter Form gesetzlich geregelt.
  • Damit voraussichtliche Verluste in 2020 bereits zeitnah genutzt werden können und zwar nicht erst im Veranlagungsverfahren für 2020, welches erst im Jahr 2021 oder ggf. 2022 erfolgt, sondern bereits bei der Bemessung der Vorauszahlungen für 2019 gilt: Die Vorauszahlungen für 2019 werden auf Antrag des Stpfl. in Höhe des vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 nachträglich herabgesetzt, wenn die Vorauszahlungen für 2020 auf 0 € herabgesetzt wurden. Der vorläufige Verlustrücktrag für 2020 wird gesetzlich pauschal angesetzt mit 30 % des Gesamtbetrags der Einkünfte (max. 5 Mio. €/10 Mio. €), der der Festsetzung der Vorauszahlungen 2019 zu Grunde gelegt wurde.
  • Der vorläufige, pauschale Verlustrücktrag für 2020 in Höhe von 30 % findet für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit keine Anwendung.
  • Der Stpfl. kann auch eine Herabsetzung um mehr als 30 % beantragen, wenn er den voraussichtlichen Verlustrücktrag für 2020 anhand detaillierter Unterlagen glaubhaft machen kann. Als Nachweis sind z.B. betriebswirtschaftliche Auswertungen und Hochrechnungen bis zum Jahresende geeignet.
  • Ergänzend hierzu kann dieser pauschale Verlustrücktrag nicht nur bei der Bemessung der Vorauszahlungen für 2019, sondern auch bei der Veranlagung für 2019 berücksichtigt werden. Im Rahmen der Veranlagung 2020 wird der vorläufige Verlustrücktrag nach 2019 dann anhand der tatsächlich eingetretenen Verluste überprüft und der Steuerbescheid für 2019 wird an den tatsächlichen Verlustrücktrag angepasst.

Handlungsempfehlung:

Ist für 2020 ein Verlust absehbar, so sollte dringend die Anwendung dieses pauschalierten Verfahrens geprüft werden. Selbst dann, wenn der Steuerbescheid für 2019 kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes bestandskräftig geworden ist, eröffnet das Gesetz noch eine nachträgliche Berücksichtigung des vorläufigen Verlustrücktrags. Das pauschalierte Verfahren erfordert zwingend einen Antrag des Stpfl. beim zuständigen Finanzamt. Ein solcher Antrag sollte tunlichst unter Zuhilfenahme steuerlichen Rats geprüft werden, da mehrere Optionen zur Verfügung stehen.

Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb:

  • Die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb wird ausgeweitet durch Anpassung des Anrechnungsfaktors auf 4,0 (aktuell 3,8). Wirkung entfaltet dies bei gewerblichen Personengesellschaften und Einzelunternehmen. Damit wird den gestiegenen Gewerbesteuer-Hebesätzen Rechnung getragen. Bislang führt die Steuerermäßigung entsprechend deren gesetzgeberischer Zielsetzung zu einer vollständigen Entlastung von der Gewerbesteuer bei Hebesätzen bis zu ca. 400 %. Diese Schwelle wird mittlerweile aber in vielen Städten – zum Teil deutlich – überschritten. Der vorgesehene Ermäßigungsfaktor von 4,0 führt nun zu einer Entlastung von der Gewerbesteuer bei Hebesätzen bis ca. 422 %. Diese Änderung gilt bereits für das jetzt laufende Steuerjahr 2020.

Investitionsfristen:

  • Die Reinvestitionsfrist bei Übertragung von bei Grundstücksverkäufen aufgedeckten Gewinnen auf neu erworbene Grundstücke wird vorübergehend um ein Jahr verlängert. Solche Gewinne können gewinnmindernd in eine Rücklage eingestellt werden. Diese Rücklage wird eigentlich innerhalb von vier Jahren ebenfalls steuerfrei auf neu angeschaffte oder hergestellte Ersatzwirtschaftsgüter übertragen. Sofern eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 29.2.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist erst am Schluss des darauffolgenden Wirtschaftsjahres. Dies soll die Liquidität der Unternehmen während der COVID-19-Pandemie erhalten, indem in diesem Zeitraum keine Reinvestitionen zur Vermeidung der Rücklagenauflösung mit Gewinnzuschlag erzwungen werden.
  • Ebenso werden die in 2020 endenden Fristen für die Verwendung von Investitionsabzugsbeträgen bei kleineren Unternehmen um ein Jahr verlängert. Läuft die dreijährige Investitionsfrist in 2020 aus, kann diese also auch in 2021 getätigt werden, ohne negative steuerliche Folgen (Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags, Verzinsung der Steuernachforderung) befürchten zu müssen.

Gewerbesteuer:

  • Der Freibetrag für Zinshinzurechnungen (Zinsen und insbesondere auch anteilig Mieten und Leasingraten) wird von derzeit 100 000 € auf 200 000 € erhöht. Damit greift diese Hinzurechnungsvorschrift bei vielen Unternehmen im Ergebnis nicht. Dies gilt ab dem Jahr 2020.

Forschungszulage:

  • Die maximale Bemessungsgrundlage der steuerlichen Forschungszulage wird im Zeitraum 2020 bis 2025 auf 4 Mio. € erhöht. Damit wird die Forschungszulage noch attraktiver. Hinzuweisen ist darauf, dass die Forschungszulage unabhängig von der Gewinnsituation des Unternehmens, also auch in Verlustjahren gewährt wird.

Einfuhrumsatzsteuer:

  • Die Einfuhr von Gegenständen aus Drittländern, die nicht zur EU gehören (z.B. Russland, Schweiz, USA), unterliegt (ab einem Warenwert von 22,01 €) der Einfuhrumsatzsteuer. Diese wird bei der Einfuhr von der Zollverwaltung erhoben und bislang beim Grenzübertritt der Ware fällig. Für die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer ist eine Frist von höchstens zehn Tagen ab Mitteilung des Abgabenbetrags vorgesehen.
  • Die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wird nun auf den 26. des zweiten auf die Einfuhr folgenden Monats verschoben. Der Anwendungszeitpunkt wird gesondert von der FinVerw bekannt gegeben, sobald feststeht, bis wann die IT-Voraussetzungen geschaffen werden können. Die Bundesregierung strebt an, zusammen mit der Zollverwaltung eine Anwendung der Neuregelung im Januar 2021 zu erreichen.

Handlungsempfehlung:

Die Maßnahmen sind sehr umfassend und für den Einzelfall sollte der sich ergebende Handlungsbedarf unter Hinzuziehung steuerlichen Rats herausgearbeitet werden.

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9 Befristete Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsleistungen

Mit dem Corona-Steuerhilfegesetz wurde festgelegt, dass für Restaurant- und Verpflegungsleistungen befristet für den Zeitraum vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 nicht mehr der allgemeine Umsatzsteuersatz, sondern generell der ermäßigte Umsatzsteuersatz zur Anwendung kommt. Im Einzelnen gilt:

  • Dies gilt für alle Restaurant- und Verpflegungsleistungen, die in Gaststätten, durch Cateringunternehmen, Metzgereien, Bäckereien, Imbissbetriebe usw. erbracht werden. So muss z.B. in Bäckereien oder Metzgereien nicht mehr unterschieden werden, ob die Verpflegungsleistungen zum Verzehr an Ort und Stelle oder zum Mitnehmen verkauft werden – in beiden Fällen kommt der ermäßigte Umsatzsteuersatz zur Anwendung.
  • Der ermäßigte Umsatzsteuersatz beläuft sich nach den nunmehrigen Gesetzesbeschlüssen für den Zeitraum 1.7.2020 bis 31.12.2020 auf 5 % und ab 1.1.2021 dann wieder auf 7 %.
  • Ausdrücklich nicht einbezogen ist die Abgabe von Getränken – insoweit gilt in Restaurants usw. weiterhin der reguläre Umsatzsteuersatz (soweit die Getränke nicht ausnahmsweise dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen, wie z.B. Milch oder Milchmixgetränke). Dieser beläuft sich für den Zeitraum 1.7.2020 bis 31.12.2020 auf 16 % und ab 1.1.2021 auf 19 %.
  • Ist für Speisen und Getränke ein Gesamtpreis vereinbart, z.B. bei einem Gesamtpreis für ein Menü mit Getränken, ist dieser entsprechend aufzuteilen in einen Anteil für die begünstigten Speisen (7 %, ggf. 5 %) und einen Anteil für Getränke (19 %, ggf.16 %).
  • Entscheidend für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung. Dieser muss nach dem 30.6.2020 vorliegen. Findet also z.B. Mitte Juli eine Familienfeier in einem Restaurant statt, so kommt auf die Essenslieferung der ermäßigte Umsatzsteuersatz zur Anwendung. Dies gilt unabhängig davon, wann diese Feier gebucht wurde und ob z.B. bereits vor dem 1.7.2020 eine Anzahlung geleistet wurde.

Handlungsempfehlung:

Gaststätten und sonstige Unternehmen müssen rechtzeitig ihre Kassen- und Buchhaltungssysteme umstellen. Auf den Rechnungen bzw. Kassenbelegen darf für die Restaurant- und Verpflegungsleistungen nur noch der ermäßigte Umsatzsteuersatz ausgewiesen werden.

Wird fälschlicherweise weiterhin der reguläre Umsatzsteuersatz ausgewiesen, so schuldet der Unternehmer diese Umsatzsteuer auch. Insoweit müssen auch Preislisten und Menükarten überprüft werden, nämlich zum einen im Hinblick auf die ausgewiesenen Endpreise und insoweit die Frage, in welchem Umfang die Umsatzsteuersatzabsenkung an die Gäste weitergegeben wird und zum anderen im Hinblick auf eventuelle Hinweise auf den Umsatzsteuerausweis bzw. die enthaltene Umsatzsteuer unproblematisch sind insoweit Aussagen wie „enthalten ist die Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe”.

Im Übrigen ist die befristete Senkung des Umsatzsteuersatzes für den Zeitraum 1.7.2020 bis 31.12.2020 auf 16 % bzw. 5 % (ermäßigter Steuersatz) auch für andere Leistungen zu beachten. So sinkt z.B. der Umsatzsteuersatz für Übernachtungen und Außerhauslieferungen befristet auf 5 %. Das Frühstück wird bei einer Übernachtung nunmehr für den Zeitraum 1.7.2020 bis 30.6.2021 mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 5 % bzw. ab 1.1.2021 (wieder) von 7 % belastet.

Hinweis:

Die FinVerw lässt aus Vereinfachungsgründen zu, dass auf Bewirtungsleistungen (z.B. Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, Tabakwarenlieferungen usw.), die in der Nacht vom 30.6.2020 zum 1.7.2020 in Gaststätten, Hotels, Clubhäusern, Würstchenständen und ähnlichen Betrieben ausgeführt werden, der ab dem 1.7.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 16 % bzw. 5 % angewandt wird. Dies gilt nicht für die Beherbergungen und die damit zusammenhängenden Leistungen.

In zeitlicher Hinsicht gilt also nach der aktuellen Rechtslage:

Zeitraum

Bis 30.6.2020

1.7.2020 bis 31.12.2020

1.1.2021 bis 30.6.2021

Ab 1.7.2021

Restaurant- und Verpflegungsleistungen

19 %

5 %
(ermäßigter Satz)

7 %
(ermäßigter Satz)

19 %

Abgabe von Getränken

19 %

16 %

19 %

19 %

Übernachtungsleistungen und andere dem ermäßigten Satz unterliegende Leistungen, wie
z.B. Außerhauslieferung von Essen

7 %

5 %

7 %

7 %

Dem allgemeinen Steuersatz unterliegende Leistungen
(z.B. Parken am Hotel)

19 %

16 %

19 %

19 %

Handlungsempfehlung:

Es ist dringend anzuraten, im konkreten Einzelfall die umsatzsteuerliche Behandlung der einzelnen Leistungen zu prüfen und entsprechend die Kassen-/Abrechnungssysteme anzupassen.

Hinweis:

Von dieser befristeten Steuersatzsenkung profitieren nicht nur Restaurantbetriebe bzw. deren Kunden, sondern z.B. auch Unternehmer, die für ihre Arbeitnehmer eine Kantine unterhalten. In diesen Fällen ist der Unternehmer aus Eingangsumsätzen z.B. eines Caterers, der die Kantine betreibt, in der Regel nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, so dass dieser von der Steuersatzsenkung in Form von geringeren Kosten profitiert.

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10 Elektronische Kassensysteme – Belegausgabepflicht, zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung

Unternehmer, die elektronische Kassensysteme oder Registrierkassen nutzen, müssen dafür sorgen, dass ihre Systeme den neuen Anforderungen entsprechen und mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (tSE) ausgerüstet sind. Diese Verpflichtung sollte eigentlich zum 1.1.2020 greifen, der Anwendungszeitpunkt wurde aber auf den 30.9.2020 verschoben. Nach aktuellem Stand ist davon auszugehen, dass ab diesem Datum nun die Neuregelung greift, so dass dies entsprechend vorzubereiten ist. Es ist also zu erwarten, dass ab 1.10.2020 nur noch zertifizierte Kassensysteme verwendet werden dürfen, die folgende Merkmale aufweisen:

  • ein Sicherheitsmodul,
  • ein Speichermedium und
  • eine digitale Schnittstelle.

Hinweis:

Für Alt-Systeme existiert weiter die Übergangsregelung: Nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschaffte Registrierkassen, welche die bisherigen Anforderungen – insbesondere Einzelaufzeichnungspflicht und Speicherung der Daten – erfüllen, aber bauartbedingt nicht mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung aufrüstbar sind, dürfen längstens bis zum 31.12.2022 weiterhin verwendet werden. Die Nachweise des Vorliegens dieser Voraussetzungen sind für die jeweils eingesetzte Registrierkasse der Systemdokumentation beizufügen (z.B. durch eine Bestätigung des Kassenherstellers). Von der Ausnahmeregelung sind PC-Kassensysteme nicht umfasst.

Mitteilungspflicht an das Finanzamt: Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, muss dem zuständigen Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck Folgendes mitteilen:

  • Name und Steuernummer des Unternehmers, der das elektronische Aufzeichnungssystem nutzt,
  • Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,
  • Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
  • Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,
  • Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
  • Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
  • Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.

Hinweis:

Diese Mitteilungspflicht bestand nach den gesetzlichen Vorgaben bereits ab dem 1.1.2020. Allerdings wurde deren erstmalige Anwendung von der FinVerw ausgesetzt bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit zum Finanzamt. Diese Möglichkeit besteht nach wie vor nicht, so dass auch die Meldung aktuell noch nicht abzugeben ist.

Weiterhin hat sich die FinVerw zur Belegausgabepflicht und hier konkret zur Möglichkeit, den zwingend notwendigen Beleg bei Bargeschäften dem Kunden elektronisch bereitzustellen, geäußert. Hierzu führt die FinVerw aus:

  • Eine elektronische Bereitstellung des Beleges bedarf der Zustimmung des Kunden. Die Zustimmung bedarf dabei keiner besonderen Form und kann auch konkludent erfolgen. Ein elektronischer Beleg gilt als bereitgestellt, wenn dem Kunden die Möglichkeit der Entgegennahme des elektronischen Belegs gegeben wird. Unabhängig von der Entgegennahme durch den Kunden ist der elektronische Beleg in jedem Fall zu erstellen.
  • Die Sichtbarmachung eines Beleges an einem Bildschirm des Unternehmers (Terminal/Kassendisplay) allein, ohne die Möglichkeit der elektronischen Entgegennahme nach Abschluss des Vorgangs, reicht nicht aus.
  • Eine elektronische Belegausgabe muss in einem standardisierten Datenformat (z.B. JPG, PNG oder PDF) erfolgen, d.h. der Empfang und die Sichtbarmachung eines elektronischen Beleges auf dem Endgerät des Kunden müssen mit einer kostenfreien Standardsoftware möglich sein. Es bestehen keine technischen Vorgaben, wie der Beleg zur Entgegennahme bereitgestellt oder übermittelt werden muss. Es ist z.B. zulässig, wenn der Kunde unmittelbar über eine Bildschirmanzeige (z.B. in Form eines QR-Codes) den elektronischen Beleg entgegennehmen kann. Eine Übermittlung kann auch z.B. als Download-Link, per Near-Field-Communication (NFC), per E-Mail oder direkt in ein Kundenkonto erfolgen.

Handlungsempfehlung:

Dies verdeutlicht, dass die elektronische Bereitstellung des Belegs, was mittlerweile viele moderne Kassensystem ermöglichen, eine sinnvolle und in der Praxis gut umsetzbare Möglichkeit darstellt. Einzuhalten sind die vorstehenden Grundregeln. Dies muss auch ausreichend in der Systembeschreibung zum Kassensystem festgehalten werden.

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11 Vorsteuervergütungsverfahren: Anträge für 2019 müssen bis 30.9.2020 gestellt werden

Die EU-Mitgliedstaaten erstatten inländischen Unternehmern unter bestimmten Bedingungen die dort gezahlte Umsatzsteuer. Das Vorsteuer-Vergütungsverfahren ermöglicht inländischen Unternehmern, sich die im Ausland gezahlte Vorsteuer erstatten zu lassen. Die Anträge für 2019 sind bis zum 30.9.2020 über das Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern zu stellen.

Handlungsempfehlung:

Der Antrag muss zwingend elektronisch über das Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern gestellt werden. Zu beachten sind die Antragserfordernisse für die einzelnen Mitgliedsstaaten. So gibt es teilweise Mindestbeträge und teilweise sind Vorsteuern aus bestimmten Leistungsbezügen vom Vergütungsverfahren ausgeschlossen.

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12 Umsatzsteuer bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und Personalgestellungen für medizinische Zwecke in der Corona-Krise

Das Finanzministerium Sachsen-Anhalt teilt mit Erlass v. 4.5.2020 (Aktenzeichen 42-S 7109-24) mit, dass bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, wie insb. Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste, Pflege- und Sozialdienste, Alters- und Pflegeheime sowie weitere öffentliche Institutionen wie Polizei und Feuerwehr, von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege befristet bis 31.12.2020 abgesehen wird. Ebenfalls aus Billigkeitsgründen wird für die damit verbundenen Leistungsbezüge der Vorsteuerabzug anerkannt.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis sollte die Verwendung/Weitergabe ausreichend dokumentiert werden.

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13 Rückwirkende Rechnungsberichtigung kann auch zu Ungunsten des Unternehmers wirken

Der Bundesfinanzhof stellt mit Urteil vom 22.1.2020 (XI R 10/17) klar, dass die Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung beim Vorsteuerabzug unabhängig davon gilt, ob die Berichtigung zum Vorteil oder zum Nachteil des Leistungsempfängers wirkt. Auch der Stornierung einer Rechnung nebst Neuausstellung einer sie ersetzenden Rechnung kann eine solche Rückwirkung zukommen.

Im Urteilsfall wurden vom Stpfl. im Jahr 2007 Bauleistungen bezogen. In den Rechnungen war Umsatzsteuer ausgewiesen und der Stpfl. machte den Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt vertrat nun die Auffassung, dass es sich bei den Leistungen um Bauleistungen handele, auf die die Regelungen zur Steuerschuldumkehr anzuwenden seien, so dass der Stpfl. ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Subunternehmer der GmbH nicht zustehe. Daraufhin erteilten die leistenden Unternehmer im Jahr 2012 Gutschriften zu den Rechnungen aus 2007 und berechneten am gleichen Tag ohne Umsatzsteuer unter Hinweis auf § 13b UStG. Der Stpfl. erhielt auf dieser Grundlage die in den ursprünglichen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer zurück. Das Finanzamt korrigierte daraufhin die Umsatzsteuer des Stpfl. in 2007 und kürzte insoweit den geltend gemachten Vorsteuerabzug. Dies führte zu Nachzahlungszinsen.

Der Bundesfinanzhof bestätigte nun im Ergebnis die Auffassung des Finanzamtes. Die Rechnungen aus 2007 seien in 2012 berichtigt worden, was aber auf die ursprünglichen Rechnungen in 2007 zurückwirke. Nach der Rechtsprechung können Rechnungen, die fehlende oder fehlerhafte Angaben aufweisen, mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung berichtigt werden. Diese Rückwirkung gilt unabhängig davon, ob die Berichtigung zum Vorteil oder Nachteil des Stpfl. wirkt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Rechnung Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält und damit berichtigungsfähig ist. Ausdrücklich hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass eine Berichtigung dadurch erfolgen kann, dass der Rechnungsaussteller die ursprüngliche Rechnung storniert und eine Neuausstellung der Rechnung vornimmt.

Vorliegend sei auch unerheblich, ob die ursprünglichen Rechnungen berichtigungsfähig seien. Jedenfalls dann, wenn der offene Steuerausweis in der Rechnung später vom leistenden Unternehmer im Einvernehmen mit dem Leistungsempfänger geändert wird und der leistende Unternehmer im Rahmen der Änderung der Rechnung die vom Leistungsempfänger gezahlte, in der Rechnung offen ausgewiesene Umsatzsteuer an ihn zurückzahlt, liegt eine mit der Berichtigung eines „unzutreffend” angegebenen Steuerbetrags vergleichbare Lage vor, die eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Ausstellung der ursprünglichen Rechnung rechtfertigt.

Handlungsempfehlung:

Dies verdeutlicht, dass bei einer Rechnungsberichtigung zu Ungunsten des Stpfl. dies zeitlich so bald wie möglich erfolgen sollte, um den Zeitraum der Verzinsung der Nachzahlung der zu wenig entrichteten Umsatzsteuer (oder des zu hoch angesetzten Vorsteuerbetrages) möglichst kurz zu halten.

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14 Schätzung von Einnahmen aus Schwarzarbeit

Der Bundesfinanzhof hatte sich erneut mit einem Schätzungsfall zu beschäftigen. Der Urteilsfall ist äußerst praxisrelevant. Es ging um einen Stuckateur, der neben seiner Arbeitnehmertätigkeit nicht deklarierte gewerbliche Verputzarbeiten und Gerüstverleihungen vorgenommen hatte („Schwarzarbeit”). Ans Licht kam dies durch den Bruder des Stpfl., der diesen offenbar nach einem Streit angezeigt hatte. Dieser erklärte gegenüber der Zollverwaltung, der Stpfl. sei seit 20 Jahren auch gewerblich als Stuckateur tätig. Er führe Außen- und Innenputzarbeiten durch und habe ein eigenes Baugerüst, eine Verputzmaschine und einen Anhänger angeschafft. Die Vergütungen würden in bar entrichtet. Der Stpfl. berechne 5 bis 6 € je qm verputzter Fläche zzgl. Sonderleistungen (z.B. Stellung des Gerüsts). Insgesamt erhalte er je Gebäude durchschnittlich ca. 5 000 €. Bei den Arbeiten hätten ihm Verwandte – auch er selbst – geholfen; soweit dies entgeltlich geschehen sei, habe der Stpfl. deren Löhne bar ausgezahlt. Das erforderliche Material hätten die Bauherren selbst einkaufen müssen.

Daraufhin begann das Finanzamt eine Steuerfahndungsprüfung. Im Rahmen der Durchsuchung der Wohnung des Stpfl. wurden zahlreiche Bareinzahlungen auf die Bankkonten des Stpfl. sowie ein vom Stpfl. erstellter Kostenvoranschlag bekannt. Ferner vernahm die Steuerfahndung erneut B sowie mehrere Personen, die sie als Auftraggeber des Stpfl. ansah. Ausweislich der Vernehmungsprotokolle haben diese Personen durchweg zugestanden, den Stpfl. mit Verputzleistungen bzw. der Zurverfügungstellung eines Gerüsts beauftragt zu haben. Entgeltzahlungen haben sie aber überwiegend nur für die Zeit außerhalb der Streitjahre eingeräumt. Letztlich erfolgte durch die Steuerfahndungsprüfung eine Schätzung, welche aus einer Bargeldverkehrsrechnung abgeleitet wurde. Im Einspruchsverfahren nahm das Finanzamt umfangreiche Veränderungen in der Bargeldverkehrsrechnung vor. Als „Mindestbetrag” der Schätzung wurden die Bareinzahlungen auf den Girokonten des Stpfl. zuzüglich eines Sicherheitszuschlags angesetzt. Im anschließenden Finanzgerichtsprozess wurde dann der Bruder des Stpfl. als Zeuge geladen. Dieser machte aber von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

Der Bundesfinanzhof stellt nun mit Urteil vom 12.2.2020 (Aktenzeichen X R 9/19) zweierlei fest:

  • Entgegen der bisherigen Rechtsprechung darf das Finanzgericht die Urkunde über die vorgerichtliche Vernehmung eines seinerzeit ordnungsgemäß belehrten Zeugen auch dann verwerten, wenn der Zeuge sich vor dem Finanzgericht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft.
  • Die vom Finanzamt und Finanzgericht erfolgte Schätzung hielt einer Überprüfung aber nicht stand. Wenn das Finanzgericht Bareinzahlungen auf Bankkonten des Stpfl. als Ausgangsgröße für die Schätzung nicht erklärter Betriebseinnahmen heranzieht, darf es solche Bareinzahlungen, die der Stpfl. nach der eigenen Würdigung des Gerichts ausreichend und nachvollziehbar erläutert hat, nicht zugleich als „Schwarzeinnahmen” und damit als zusätzliche Betriebseinnahmen ansehen.

Handlungsempfehlung:

Dies verdeutlicht, dass vom Finanzamt vorgenommene Schätzungen sorgfältig überprüft werden müssen. Insbesondere muss ein Nachweis hinsichtlich Bareinnahmen auf privaten Konten geführt werden können.

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15 Gewerbesteuer: Abgrenzung einer der Hinzurechnung unterliegenden Rechteüberlassung

Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer wird der Gewinn aus Gewerbebetrieb um bestimmte im Gesetz genannte Hinzurechnungen korrigiert. Hinzugerechnet wird dabei auch ein Sechzehntel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten, insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen.

Strittig war nun, ob Lizenzzahlungen für die Überlassung von Sortenschutzrechten dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen sind. Die Stpfl. produzierte und vertrieb u.a. Saatgut. Für das verkaufte zertifizierte Saatgut war an den Züchter auf Basis einer „Produktions-, Vertriebs- und Lizenzvereinbarung” eine Lizenzgebühr zu entrichten. Das Finanzamt war der Auffassung, dass dieser Lizenzaufwand der Hinzurechnung unterliege. Im Klageverfahren vertrat auch das Finanzgericht die Ansicht, dass die Zahlungen für die Überlassung des Sortenschutzrechts zum Inverkehrbringen des Vermehrungsmaterials geleistet worden seien und damit der Hinzurechnung unterlägen.

Die Stpfl. wandte hiergegen ein, dass es sich nicht um die Überlassung einer Lizenz gehandelt, sondern eine Übertragung des Wirtschaftsgutes auf sie stattgefunden habe und eine zeitliche befristete Überlassung nicht vorläge. Die Lizenzzahlung sei Kaufpreiszahlung.

Der Bundesfinanzhof bestätigte nun mit Urteil vom 19.12.2019 (Aktenzeichen III R 39/17), dass eine Überlassung vorliege und damit die Aufwendungen bei der Gewerbesteuer anteilig hinzuzurechnen seien. Entscheidend sei:

  • Rechte in diesem Sinne sind Immaterialgüterrechte, d.h. subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigem Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition – ein Abwehrrecht – besteht. Als Rechte, die gegen Lizenzzahlung überlassen werden können, kommen wie im vorliegenden Fall auch die geschützten Rechte nach dem Sortenschutzgesetz in Betracht.
  • Das Finanzgericht hat festgestellt, dass nach der Produktions-, Vertriebs- und Lizenzvereinbarung der Stpfl. vom Züchter das exklusive Recht zur Produktion und zum Vertrieb überlassen wird, wenn diese erklärt, die jeweilige Sorte in die Vermarktung aufzunehmen.
  • Das Recht, Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen und in den Verkehr zu bringen, wurde der Stpfl. auch zeitlich befristet gegen Lizenzzahlungen überlassen. Die zeitlich befristete Überlassung von Rechten steht im Gegensatz zur endgültigen Rechtsübertragung. Sie liegt vor, soweit und solange der Verbleib des Rechts beim Berechtigten ungewiss ist, etwa weil das Recht an den Übertragenden zurückfallen kann. Eine zeitlich befristete Überlassung von Rechten liegt bereits vor, wenn bei Abschluss des Vertrags ungewiss ist, ob und wann die Überlassung zur Nutzung endet. Für die Annahme einer zeitlichen Begrenzung genügt bereits das Vorhandensein gesetzlicher Kündigungsmöglichkeiten, die auf bestimmte Fälle beschränkt sind, oder die Aufnahme einer auflösenden Bedingung in den Übertragungsvertrag.
  • Dagegen liegt eine endgültige Übertragung vor, wenn das Recht dem Berechtigten mit Gewissheit endgültig verbleiben wird, ein Rückfall des Rechts kraft Gesetzes oder Vertrags nicht in Betracht kommt oder das wirtschaftliche Eigentum an dem Recht auf den Berechtigten übergeht, weil es sich während der vereinbarten Nutzungsdauer in seinem wirtschaftlichen Wert erschöpft (sog. „verbrauchende” Rechtsüberlassung).
  • Die Frage, ob es sich um eine zeitlich befristete oder um eine endgültige Überlassung von Rechten handelt, ist nach dem Vertrag und damit auch nach den Verhältnissen zu beurteilen, wie sie sich bei Abschluss des Vertrags darstellen.

Hinweis:

Im Einzelnen kann die Abgrenzung zwischen einer Rechteüberlassung und einer Rechteübertragung schwierig sein. Im Einzelfall sind die vertraglichen Vereinbarungen sorgfältig zu würdigen.

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16 Erwerb eines Gesellschaftsanteils an einer vermögensverwaltenden GbR – Angemessenheit des Kaufpreises von Mietwohngrundstücken

Der Bundesfinanzhof hat in der grundlegenden Entscheidung v. 29.10.2019 zur Frage Stellung genommen, wie die Abschreibungsberechnung für den Fall des entgeltlichen Erwerbs eines Gesellschaftsanteils an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erfolgt. Daneben ging es in dem Streitfall um die Frage der Angemessenheit des Kaufpreises von Mietwohngrundstücken.

Der Sachverhalt stellte sich vereinfacht dargestellt wie folgt dar: Im Jahr 1997 hatten die Gesellschafter P, A und M eine GbR errichtet, an der sie zu jeweils gleichen Teilen, also jeweils 1/3 beteiligt waren. Noch im Jahr 1997 erwarb die GbR ein denkmalgeschütztes Mietwohngrundstück. Etwas über zehn Jahre später veräußerten die Gesellschafter insgesamt 94 % ihrer GbR-Gesellschaftsanteile an eine Familienstiftung, zu deren Destinatären sie selbst zählten. P und A blieben mit jeweils 3 % an der GbR beteiligt. Als Gesamtkaufpreis wurde ein Betrag von ca. 1,9 Mio. € vereinbart. Gegengerechnet wurde von der Erwerberin anteilig übernommenes Finanzierungsdarlehen. Der sich hiernach ergebende Barkaufpreis abzüglich des übernommenen Kapitals erfasste die GbR als zusätzliche Anschaffungskosten der Familienstiftung als Neugesellschafterin in einer Ergänzungsrechnung und teilte den Betrag zwischen Grund und Boden sowie Gebäude auf. Die auf das Gebäude entfallenden zusätzlichen Anschaffungskosten wurden über die Restnutzungsdauer abgeschrieben.

Das Finanzamt hielt den Kaufpreis für unangemessen hoch und schätzte den Verkehrswert unter Anwendung des Ertragswertverfahrens auf lediglich 950 000 €. In der Differenz zum tatsächlich gezahlten Kaufpreis lag nach Sicht des Finanzamts eine unentgeltliche Zuwendung der Familienstiftung an die Gesellschafter.

Der Bundesfinanzhof bestätigte nun mit Urteil vom 29.10.2019 (Aktenzeichen IX R 39/17) vollumfänglich die Ansicht der Stpfl. und verwarf die vom Finanzamt angestellten Überlegungen.

Zunächst ging es um die Frage der Angemessenheit des vereinbarten Kaufpreises. Das Gericht stellt heraus, dass insoweit der Grundsatz gilt, dass ein von den Vertragsbeteiligten vereinbarter und bezahlter Kaufpreis auch der Besteuerung zugrunde zu legen ist, sofern er nicht nur zum Schein getroffen wurde und kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Besteht eine Diskrepanz zwischen dem von den Vertragsparteien vereinbarten und bezahlten Kaufpreis und dem Verkehrswert, so rechtfertigt dies nicht ohne Weiteres, den Verkehrswert an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen. Ein abweichender Verkehrswert ist vielmehr lediglich Indiz dafür, dass die vertragliche Preisabsprache möglicherweise nicht die realen Werte wiedergibt.

Wichtig ist insofern die Aussage des Bundesfinanzhofs zur anzuwendenden Bewertungsmethode. Bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen ist grundsätzlich eine Kaufpreisaufteilung nach dem Sachwertverfahren angebracht, da neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens für den Erwerb ausschlaggebend sei. Eine Bewertung anhand des Ertragswertverfahrens ist nur im Ausnahmefall angezeigt. Lediglich bei zu Büro- oder anderen gewerblichen Zwecken vermieteten Grundstücken (sog. Geschäftsgrundstücken) kommt vorrangig das Ertragswertverfahren zum Einsatz.

Darüber hinaus hat das Gericht dazu Stellung genommen, wie bei dem Eintritt eines Gesellschafters in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft die Abschreibung zu berechnen ist. Entstehen einem Gesellschafter einer vermögensverwaltend tätigen GbR Anschaffungskosten für den Erwerb seiner Gesellschafterstellung, sind diese in einer separaten Ergänzungsrechnung zur Überschussrechnung der Gesellschaft zu erfassen und auf die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zu verteilen. Die in der Ergänzungsrechnung erfassten Anschaffungskosten sind in der Folgezeit abzuschreiben, soweit sie auf abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter entfallen. Die Restnutzungsdauer ist für die Ergänzungsbilanz/-rechnung nach Maßgabe der Verhältnisse zum Anteilserwerb neu zu schätzen und damit unabhängig von der Gesamthandsbilanz der GbR vorzunehmen.

Handlungsempfehlung:

Insoweit muss eine sorgfältige Ermittlung der Abschreibung erfolgen, welche bei Gebäuden vielfach über mehrere Jahrzehnte fortzuschreiben ist. Nicht selten tritt der Fall auf, dass im Zeitablauf mehrere Gesellschafterwechsel auftreten, so dass mehrere Ergänzungsrechnungen parallel fortzuführen sind.

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17 Teilabzugsverbot greift nicht bei Sondervergütungen

Bei Personengesellschaften werden vereinnahmte Gewinnausschüttungen aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen zu 40 % steuerfrei gestellt, um eine Mehrfachbelastung mit Körperschaft- und Einkommensteuer einzugrenzen. Entsprechend sind aber auch Betriebsausgaben im Zusammenhang mit solchen Beteiligungen nur zu 60 % steuerlich ansetzbar (sog. Teilabzugsverbot).

Der Bundesfinanzhof hatte nun die Frage zu klären, ob das Teilabzugsverbot auch bei Darlehen der Gesellschafter an die Personengesellschaft greift, mit der diese die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft finanziert. Mit Urteil vom 6.2.2020 (Aktenzeichen IV R 5/18) hat das Gericht dies verneint. Unter das Teilabzugsverbot fallen keine als Sondervergütung einzustufenden Zinszahlungen an die Gesellschafter. Somit wirken sich zum einen die im Gesamthandsvermögen verbuchten Zinsaufwendungen in voller Höhe aus und zum anderen unterliegen die in der Sonderbilanz erfassten Zinserträge nicht dem Teileinkünfteverfahren.

Handlungsempfehlung:

Dies verdeutlicht, dass die Einstufung als Sondervergütung weitreichende Rechtsfolgen nach sich zieht, welche im Rahmen der steuerlichen Konzeption zu berücksichtigen sind.

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18 Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsteuer soll nun eingeführt werden

Der Koalitionsausschuss hat am 3.6.2020 ein umfangreiches „Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket” beschlossen. Vorgesehen ist, dass das Körperschaftsteuerrecht „modernisiert” werden soll. Genannt wird als Maßnahme die Einführung eines Optionsmodells zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften. Dies ist ein bereits seit langem diskutiertes Modell und würde vor allem größeren thesaurierenden Personengesellschaften deutliche Entlastungen bringen. Aktuell besteht die Problematik darin, dass das Ergebnis bei Personengesellschaften im Grundsatz unabhängig von der Gewinnverwendung mit Gewerbesteuer und Einkommensteuer belastet wird, was zu einer Belastung von ca. 48 % führt. Demgegenüber werden Kapitalgesellschaften, die den Gewinn im Unternehmen belassen, also nicht ausschütten, lediglich mit ca. 30 % belastet. Auch wenn dieser Vorteil der thesaurierenden Kapitalgesellschaft nicht endgültig ist, ergibt sich doch gerade für mittelständische Unternehmen ein erheblicher Selbstfinanzierungseffekt.

Dies soll nun auch für Personengesellschaften geöffnet werden dadurch, dass diese für die Anwendung der eigentlich nur auf Kapitalgesellschaften anwendbaren Körperschaftsteuer optieren können. Dann wird die Personengesellschaft mithin wie eine Kapitalgesellschaft der Körperschaftsteuer unterworfen und kann bei Stehenlassen der Gewinne im Unternehmen von dem günstigen Körperschaftsteuersatz profitieren.

Hinweis:

In dem bereits beschlossenen (Zweiten) Corona-Steuerhilfegesetz wurden zunächst nur die ganz kurzfristig greifenden Maßnahmen umgesetzt. Dazu gehört das Optionsmodell nicht. Abzuwarten bleiben daher die Rahmenbedingungen für den Optionsfall. Dies wird sich kurzfristig im Gesetzgebungsverfahren zeigen. Bereits jetzt sollten sich insbesondere Personengesellschaften aus dem Mittelstand mit dieser weitreichenden gesetzlichen Änderung beschäftigen und ausloten, welche Möglichkeiten diese im konkreten Fall bietet.

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19 Kapitalmaßnahme von Air Liquide S.A. (Frankreich) im Jahr 2019

Die im Jahr 2019 erfolgte Kapitalmaßnahme der Air Liquide S.A. wurde von den depotführenden Banken teilweise aus steuerlicher Sicht falsch abgebildet. Teilweise buchten die depotführenden Kreditinstitute für die „jungen” Aktien die Anschaffungskosten in Höhe des Börsenkurses am ersten Handelstag ein. Außerdem wurde in gleicher Höhe ein steuerpflichtiger Kapitalertrag abgerechnet. Nach Feststellung der FinVerw liegen aber die Voraussetzungen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vor.

In dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 11.6.2020 wird nun aufgeführt, wie eine erforderliche Korrektur der Anschaffungskosten der Aktien erfolgt:

  • Befinden sich die Aktienbestände noch unverändert im Kundendepot, werden die Anschaffungskosten von dem depotführenden Kreditinstitut korrigiert. Konkret sind die Anschaffungskosten der Altaktien auf die mit der Kapitalmaßnahme eingebuchten jungen Aktien nach dem rechnerischen Bezugsverhältnis zu übertragen. In gleicher Höhe sind die Anschaffungskosten der „Altaktien” zu mindern. Zur Korrektur der einbehaltenen Kapitalertragsteuer erhält der Kunde eine Bescheinigung zur Vorlage beim zuständigen Wohnsitz-Finanzamt. In dieser bestätigt das Kreditinstitut, dass es lediglich eine Anschaffungskostenkorrektur vorgenommen hat. Die Prüfung und ggf. Erstattung der anlässlich der Kapitalmaßnahme einbehaltenen Kapitalertragsteuer erfolgt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2019 durch das zuständige Wohnsitz-Finanzamt.
    Hat das depotführende Institut eine Anschaffungskostenkorrektur durchgeführt, sind im Rahmen der Veranlagung vorzulegen:
    • die Bescheinigung des depotführenden Kreditinstituts über die vorgenommene Korrektur,
    • die Jahressteuerbescheinigung des depotführenden Kreditinstitutes für 2019 und
    • die Abrechnung der Kapitalmaßnahme durch das depotführende Kreditinstitut im Jahr 2019.
  • Wurden die Aktien in der Zwischenzeit teilweise oder vollständig veräußert oder haben Depotüberträge auf andere Kreditinstitute stattgefunden, sind die Anschaffungskosten ausschließlich im Wege der Veranlagung zu korrigieren. Um die tatsächlichen Anschaffungskosten im Rahmen der Veranlagung zu berücksichtigen, hat der Stpfl. vorzulegen:
    • die Jahressteuerbescheinigung des depotführenden Kreditinstitutes für 2019,
    • die Abrechnung der Kapitalmaßnahme durch das depotführende Kreditinstitut im Jahr 2019,
    • Belege über den Kauf- und Verkauf der Aktien und
    • Depotauszüge 2019 und 2020, die das Vorhandensein/Nichtvorhandensein der Aktienbestände belegen.

Handlungsempfehlung:

Stets ist diese Kapitalmaßnahme also im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2019 zu berücksichtigen. Ist die Einkommensteuerveranlagung 2019 bereits bestandskräftig, kann eine geänderte Festsetzung im Billigkeitsweg beantragt werden.

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20 Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung beim Betrieb einer Photovoltaikanlage

Wird ein Wohnungsunternehmen in der Rechtsform einer GmbH oder GmbH & Co. KG betrieben und ergibt sich damit zwar nicht auf Grund der Tätigkeit, aber auf Grund der Rechtsform eine Gewerbesteuerpflicht, so kann unter engen Voraussetzungen die erweiterte Grundstückskürzung in Anspruch genommen werden, so dass im Ergebnis keine Gewerbesteuerbelastung entsteht.

Diese Begünstigung wird aber auch nur gewährt, wenn der Betrieb ausschließlich eigenen Grundbesitz (oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen) verwaltet und nutzt, die Tätigkeit insoweit also nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgeht. Der Begriff der Ausschließlichkeit ist gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen. Eine gewerbliche Betätigung, die nicht zu den im Gesetz genannten unschädlichen Nebentätigkeiten zählt, schließt grundsätzlich die erweiterte Kürzung aus, auch wenn sie von untergeordneter Bedeutung ist.

Das Landesamt für Steuern Niedersachsen hat nun mit Verfügung vom 15.5.2020 zu der länger bereits in Fachkreisen diskutierten Frage Stellung genommen, ob bei solchen Wohnungsunternehmen der Betrieb einer Photovoltaikanlage für die Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung schädlich ist. Hierzu vertritt die FinVerw die Meinung, dass der Betrieb einer Photovoltaikanlage keine unschädliche Nebentätigkeit darstellt. Vielmehr handelt es sich bei dieser Betätigung – unter der Voraussetzung der Gewinnerzielungsabsicht – um eine gewerbliche Tätigkeit. Diese schließt die Anwendung der erweiterten Kürzung auch in den Fällen aus, in denen die Einnahmen lediglich von untergeordneter Bedeutung sind.

Ebenfalls schädlich für die erweiterte Kürzung ist die Auslagerung des Betriebs der Photovoltaikanlage auf ein Tochterunternehmen.

Handlungsempfehlung:

Die FinVerw zeigt aber auch ausdrücklich eine Gestaltungsmöglichkeit für solche Fälle auf: Und zwar muss der Betrieb der Photovoltaikanlage in eine Schwestergesellschaft ausgelagert werden. In diesen Fällen kann das Wohnungsunternehmen – unter den sonstigen Voraussetzungen – die erweiterte Grundstückskürzung in Anspruch nehmen.

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21 Zweites Corona-Steuerhilfegesetz

In einem sehr raschen Verfahren wurden mit dem „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz” weitere steuerliche Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise umgesetzt. Dieses Gesetz enthält eine Vielzahl an konjunkturellen Stützmaßnahmen aus dem Bereich des Steuerrechts, die schnell wirksam sein sollen.

Für GmbH und ihre Gesellschafter sind folgende Neuregelungen besonders hervorzuheben:

  • Höchstbetragsgrenzebeim Verlustrücktrag: Der steuerliche Verlustrücktrag wird für die Jahre 2020 und 2021 auf 5 Mio. € erweitert. Außerdem ist explizit vorgesehen, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2022 die Höchstbetragsgrenze beim Verlustrücktrag wieder auf 1 Mio. €, also auf den alten Rechtsstand zurückgeführt wird. In technischer Hinsicht wird insoweit zwar nur das EStG geändert, durch den Verweis aus dem KStG heraus gilt die Erweiterung aber auch für GmbH. Bei der Gewerbesteuer bleibt es allerdings unverändert dabei, dass nur ein Verlustvortrag gewährt wird, nicht jedoch ein Verlustrücktrag.
  • Pauschale Anpassung der Steuervorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für 2019 (nachträgliche Herabsetzung): Mit dem Ziel einer zeitnahen Liquiditätsentlastung wird die Möglichkeit eingeräumt, auf Antrag das für die Bemessung der Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum 2019 zu Grunde gelegte Einkommen pauschal um 30 % zu mindern, vorausgesetzt, die Vorauszahlungen für 2020 wurden auf 0 € herabgesetzt. Abweichend davon besteht zudem die Möglichkeit, auch einen höheren Betrag als 30 % vom Einkommen abzuziehen, wenn ein entsprechend höherer Verlustrücktrag i.S.d. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG für 2020 nachgewiesen werden kann; der Nachweis über betriebswirtschaftliche Auswertungen sollte genügen. Betragsmäßig gilt der Maximalbetrag für den Verlustrücktrag von 5 Mio. €. Diese Regelung tritt an die Stelle des pauschalierten Verlustrücktrags in Höhe von 15 %, wie er bislang nach dem Schreiben des BMF vom 24.4.2020 vorgesehen war.
  • Vorläufiger Verlustrücktrag: Ebenfalls mit dem Ziel einer zeitnahen Liquiditätsentlastung der Unternehmen wird zudem die Möglichkeit eröffnet, schon jetzt bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 2019 einen vorläufigen Verlustrücktrag für 2020 geltend zu machen. Die Möglichkeit des Verlustrücktrags wäre an sich erst mit der Steuerveranlagung 2020 eröffnet gewesen. Voraussetzung für die Anwendung dieses vorläufigen (und pauschalen) Verlustrücktrags für 2020 ist, dass die Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2020 auf 0 € herabgesetzt wurden. Ist diese Voraussetzung gegeben, dann kann auf Antrag bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer 2019 ein vorläufiger Verlustrücktrag für den Veranlagungszeitraum 2020 vorgenommen werden, und zwar im Regelfall i.H.v. pauschal 30 % des Einkommens des Veranlagungszeitraums 2019. Abweichend davon besteht die Möglichkeit, auch einen höheren Betrag als 30 % vom Einkommen abzuziehen, wenn ein entsprechend höherer Verlust für 2020 nachgewiesen werden kann. An den Nachweis sollten keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (der Nachweis über betriebswirtschaftliche Auswertungen sollte auch insoweit genügen). Nach Einreichung der Steuererklärung für 2020 ist der Steuerbescheid für 2019 zu ändern, wenn und soweit ein Verlustrücktrag aus 2020 tatsächlich doch nicht zu gewähren war oder sich in anderer Höhe ergibt.
  • Gewerbesteuerliche Hinzurechnung: Bei der Gewerbesteuer wird der Freibetrag für die Hinzurechnungstatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG auf 200 000 € verdoppelt. Das heißt, dass insbesondere solche Kapitalgesellschaften bei der Gewerbesteuer entlastet werden, die (vereinfacht dargestellt) mit hohem Fremdkapitaleinsatz bzw. gemieteten/gepachteten Wirtschaftsgütern arbeiten und nur geringe Gewinne oder gar Verluste erzielen – und damit in der Gefahr stehen, wegen der Hinzurechnungen mit der Folge einer Substanzbesteuerung zur Gewerbesteuer herangezogen zu werden.
  • Degressive Abschreibung: Einführung einer degressiven Abschreibung in Höhe von 25 % (höchstens das 2,5-fache der linearen Abschreibung) für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in den Jahren 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt werden. Die degressive Abschreibung kann dann (bei rechtzeitiger Anschaffung) bis zum Ende des Abschreibungszeitraums in Anspruch genommen werden. Diese Neuregelung gilt bereits für seit dem 1.1.2020 vorgenommene Anschaffungen.

Hinweis:

Umgesetzt wurden teilweise bedeutende Entlastungen. Für den Einzelfall sollte unter Hinzuziehung steuerlichen Rats geprüft werden, welche Handlungsoptionen genutzt werden sollen.

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22 Zeitpunkt der Berücksichtigung eines Auflösungsverlustes i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG

Mit seinem nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 19.11.2019 (Aktenzeichen IX R 7/19) hat der BFH in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung festgestellt,

  • dass die Frage des Zeitpunkts der Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG bereits höchstrichterlich geklärt ist und
  • dass danach ein Verlust in dem Jahr zu erfassen ist, in dem mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist (vgl. z.B. BFH v. 13.3.2018, IX R 38/16, HFR 2018, 535; BFH v. 23.11.2018, IX B 87/18, www.stotax-first.de).
  • Auflösungsverlust i.S.d. § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Stpfl. persönlich getragenen Kosten sowie seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen.

Ein Auflösungsverlust stehe dann fest, wenn der gemeine Wert des dem Stpfl. zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens einerseits (§ 17 Abs. 4 Satz 2 EStG) und die Liquidations- und Anschaffungskosten des Gesellschafters andererseits (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) feststehen. Gleiches gelte, wenn sicher ist, dass eine Zuteilung oder Zurückzahlung von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter ausscheidet und wenn die durch die Beteiligung veranlassten Aufwendungen feststehen. Die Frage ist aus der Sicht ex ante zu beurteilen; nachträgliche Ereignisse wie der tatsächliche Ausgang eines Insolvenzverfahrens seien nicht zu berücksichtigen.

Im Streitfall hatte der BFH das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung zurückverwiesen, weil grundsätzlich noch zu klären war, ob die Beteiligung des Stpfl. überhaupt zu dessen Privatvermögen gehört habe (weil § 17 EStG eine Beteiligung im Privatvermögen voraussetzt). Weiterhin hat der BFH die folgenden Grundsätze herausgestellt:

  • Ein Gewinn i.S.d. § 17 EStG ist erst in dem Jahr zu erfassen, in dem das auf die Beteiligung entfallende Vermögen der Gesellschaft verteilt wurde; ein Verlust kann bereits in dem Jahr erfasst werden, in dem mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist.
  • Im Fall der Liquidation der Gesellschaft schließt der BFH eine Zuteilung oder Zurückzahlung von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter regelmäßig erst dann aus, wenn die Liquidation abgeschlossen ist.
  • Etwas anderes hat der BFH in den Fällen der Auflösung der Gesellschaft infolge Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausnahmsweise dann für möglich gehalten, wenn auf Grund des Inventars und der Insolvenzeröffnungsbilanz oder einer Zwischenrechnungslegung des Insolvenzverwalters ohne weitere Ermittlungen und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr decken wird und ein Zwangsvergleich ausgeschlossen erscheint.
  • Zudem setzt die Entstehung eines Auflösungsverlusts voraus, dass die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten feststeht. Es muss daher absehbar sein, ob und in welcher Höhe dem Gesellschafter noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG berücksichtigungsfähige Veräußerungs- oder Aufgabekosten entstehen.

Hinweis:

Die besondere steuerliche Problematik des Zeitpunkts der Verlustrealisierung ist vor dem Hintergrund der gefestigten BFH-Rechtsprechung wie folgt zu sehen: Wird der Auflösungsverlust „zu früh” geltend gemacht, verliert der Stpfl. das Einspruchs- und ggf. das anschließende Klageverfahren, kann aber i.d.R. den Verlust in einem späteren Veranlagungszeitraum noch geltend machen. Wird der Verlust hingegen „zu spät” geltend gemacht, scheidet die Verlustberücksichtigung dann aus, wenn die Steuerbescheide des Veranlagungsjahres der Verlustentstehung schon bestandskräftig sind. Daher ist in einschlägigen Fällen dringend darauf zu achten, den Auflösungsverlust möglichst früh geltend zu machen und zudem die Bescheide für die betreffenden Jahre möglichst offen zu halten.

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23 Verlustabzugsbeschränkung gem. § 8c KStG – Vorliegen gleichgerichteter Interessen (Mantelkauf)

Mit dem Begriff Mantelkauf wird der Kauf einer vermögenslosen, regelmäßig nicht mehr betriebenen Körperschaft, die sich nach dem Erwerb mit einem zumeist neuen Unternehmensgegenstand wirtschaftlich betätigt, bezeichnet. Dabei wird der inhaltsleere Mantel der vermögenslosen Körperschaft i.d.R. erworben, um die angesammelten Verluste steuerlich zu nutzen. Weil beim steuerlichen Verlustabzug aber der Grundsatz gelten soll, dass Verluste nicht auf andere Personen übertragbar sind, sondern nur von der Person steuerlich geltend gemacht werden können, die sie erlitten hat (Personenidentität), ist in § 8c KStG geregelt, dass bei einer Kapitalgesellschaft allein schon der Anteilseignerwechsel dazu führt, dass der Verlustabzug bei Anteils- oder Stimmrechtsübertragungen von mehr als 50 % vollständig untergeht (wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals an einer Körperschaft an einen Erwerber oder an diesem nahestehende Personen übertragen werden). Als Erwerber gilt dabei nach dem Gesetzestext auch „eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen”.

Zur Frage der Verfassungswidrigkeit dieser Regelung ist i.Ü. beim BVerfG schon seit 2017 unter dem Aktenzeichen 2 BvL 19/17 ein Verfahren anhängig; das FG Hamburg (als Vorinstanz) wertet diese Regelung jedenfalls als verfassungswidrig. Es ist davon auszugehen, dass (auch) das BVerfG diese Regelung der Übertragung von mehr als 50 % für verfassungswidrig erklären wird, so dass einschlägige Sachverhalte mit Verweis auf das anhängige Verfahren offengehalten werden sollten.

In diesem Kontext ist das – aus verfahrenstechnischen Gründen erst jüngst veröffentlichte – rechtskräftige Urteil des FG Köln vom 17.5.2018 (Aktenzeichen 10 K 2695/15) zu sehen, in dem sich das FG mit der Vorschrift zur Verlustabzugsbeschränkung gem. § 8c KStG befasst und dabei gegen die Auffassung der FinVerw u.a. entschieden hat,

  • dass der unbestimmte Rechtsbegriff der Erwerbergruppe „mit gleichgerichteten Interessen” in § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG verfassungskonform einschränkend auszufüllen ist,
  • dass sich nach der Gesetzesbegründung ungeachtet des Trennungsprinzips (Ebene der Kapitalgesellschaft einerseits und des Anteilseigners andererseits) „die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners” ändert und dass dann zuvor erwirtschaftete Verluste für das „neue wirtschaftliche Engagement” des Erwerbers vollständig unberücksichtigt bleiben sollen,
  • dass § 8c Satz 3 KStG mit der Absicht einer Missbrauchsverhinderung auf das „typische Erwerberquartett” abstellt (Verlustmantel-Erwerb z.B. durch vier zu je 25 % beteiligte, einander nicht nahestehende Anteilserwerber, um hierdurch einem schädlichen Beteiligungserwerb zu entgehen und so die Verlustvorträge nutzbar zu machen),
  • dass der Begriff der Erwerbergruppe „mit gleichgerichteten Interessen” dahin zu verstehen ist, dass dieser ein Zusammenwirken der mehreren Erwerber beim Anteilserwerb an der Verlustgesellschaft zum Zwecke der personenübergreifenden Nutzbarmachung von Verlusten erfordert und diese Personen im Anschluss an den Erwerb (durch Stimmbindungsvereinbarungen, Konsortialverträge oder andere verbindliche Abreden) einen beherrschenden einheitlichen Einfluss bei der Verlustgesellschaft ausüben können,
  • dass die danach erforderlichen Abreden spätestens zum Erwerbszeitpunkt im Hinblick auf das spätere gemeinsame Beherrschen der Gesellschaft getroffen worden sein müssen, so dass entgegen der Auffassung der FinVerw die bloße Möglichkeit des Beherrschens nicht ausreicht.

Hinweis:

Da die Entscheidung des BVerfG hinsichtlich der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieser Verlustabzugsbeschränkung noch aussteht, ist die weitere Entwicklung aufmerksam zu beobachten; einschlägige Sachverhalte sollten offen gehalten werden.

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24 Subjektive Voraussetzungen einer vGA – vGA trotz Irrtums

Mit seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 29.11.2019 (Aktenzeichen 1 K 88/16) hat sich das Schleswig-Holsteinische FG mit den subjektiven Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) befasst und entschieden, dass ein Irrtum der für die Kapitalgesellschaft handelnden Person der Annahme einer vGA gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dann nicht entgegensteht, wenn der Irrtum einem gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter nicht unterlaufen wäre.

Im Streitfall hatte eine GmbH geklagt, deren alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin Frau B war, die neben einer Bareinlage auch ihren (100 %-igen) Geschäftsanteil an der A-GmbH eingebracht hatte, deren Geschäftsführerin Frau B ebenfalls war. Ende 2008 erfolgte bei der A-GmbH eine Kapitalerhöhung von 25 000 € auf 100 000 €. Ursprünglich war beabsichtigt, dass die zusätzliche Kapitaleinlage von der GmbH erbracht werden und diese auch den durch die Kapitalerhöhung entstehenden neuen Geschäftsanteil erwerben sollte. Notariell beurkundet wurde hingegen ein Gesellschafterbeschluss, demzufolge Frau B – und nicht die GmbH – zum Erwerb des neuen Geschäftsanteils zugelassen wurde. Beim Beurkundungstermin war Frau B als Geschäftsführerin der GmbH zugegen und unterzeichnete die Urkunde. Kurz darauf erbrachte die GmbH die zusätzliche Kapitaleinlage, die Kapitalerhöhung wurde Anfang 2009 entsprechend dem beurkundeten Gesellschafterbeschluss ins Handelsregister eingetragen.

Die GmbH bilanzierte in der Folge beide Geschäftsanteile an der A-GmbH in ihrem Anlagevermögen. Zudem wurden in der Folgezeit Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der A-GmbH allein durch die GmbH als Gesellschafterin gefasst. Das FA vertrat dazu die Auffassung, dass die GmbH im Jahr 2008 zugunsten von Frau B auf eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung bei der A-GmbH verzichtet habe. In diesem Verzicht liege eine vGA zugunsten von Frau B, die mit dem Teilwert des im Rahmen der Kapitalerhöhung erworbenen Geschäftsanteils zu bewerten sei. Auch sei die Einzahlung der Stammeinlage i.H.v. 75 000 € durch die Stpfl. statt durch Frau B als vGA zu qualifizieren.

Das FG hat die Klage als unbegründet abgewiesen und in seiner Begründung folgende Aspekte hervorgehoben:

  • Auf der Grundlage des Gesellschafterbeschlusses sei Frau B (unstreitig) zivilrechtliche Eigentümerin des durch die Kapitalerhöhung bei der A-GmbH entstandenen Geschäftsanteils geworden. Auch steuerrechtlich war ihr dieser zuzurechnen. Die so erfolgte Vermögensverschiebung von der Stpfl. (verhinderte Vermögensmehrung bei dieser) auf Frau B war gesellschaftlich veranlasst, ohne dass es darauf ankomme, ob Frau B bei der Beurkundung einem Irrtum entsprechend dem Vortrag der GmbH unterlag.
  • Der Wert des Bezugsrechts sei dem Einkommen der GmbH daher außerbilanziell hinzuzurechnen. Außerdem habe die GmbH die Kapitaleinlage im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung gezahlt; darin sei eine gesellschaftlich veranlasste Vermögensminderung zugunsten der Frau B zu sehen, die ebenfalls außerbilanziell zu korrigieren sei.
  • Auch die in 2010 vorgenommene (spätere) Geschäftsanteilsübertragung von Frau B an die GmbH stelle kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Denn dadurch lasse sich an dem, was einmal tatsächlich geschehen oder rechtlich vereinbart worden ist, rückwirkend nichts (mehr) ändern.
  • Der Umstand, dass Frau B den Beschluss mit dem konkreten Inhalt „versehentlich” gefasst haben bzw. dabei von unzutreffenden Annahmen ausgegangen sein könnte, ändere nichts an dem Umstand, dass die Handlung der Frau B, durch die die verhinderte Vermögensmehrung veranlasst wurde, der GmbH – objektiv – zuzurechnen ist. Ein etwaiger Irrtum der Frau B ändere an der gesellschaftlichen Veranlassung nichts. Es gelte im Ergebnis der objektivierende Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Ein solcher hätte sich nach Auffassung des FG im Beurkundungstermin aber nicht in einer Weise geirrt, wie es bei B der Fall gewesen sein soll.
  • Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestünden – über die Vermögensverschiebung hinaus – grundsätzlich keine weiteren subjektiven Handlungserfordernisse, um eine vGA bejahen zu können. Es bedürfe weder der Absicht, Gewinne verdeckt auszuschütten, noch eines entsprechenden Ausschüttungsbewusstseins. Schon gar nicht erfordere die Annahme einer vGA eine „Verständigung” oder eine Einigung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter über die „verdeckte” Zuwendung.

Hinweis:

Gegen die im Fachschrifttum vertretene Auffassung hat das FG also festgestellt, dass subjektive Entschuldigungsgründe die „konkrete” Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis gerade nicht entfallen lassen können – der Hinweis eines begünstigten Gesellschafters auf einen Irrtum oder ein Versehen kann die Annahme einer vGA folglich nicht verhindern. Gleichwohl sollte die weitere Rechtsentwicklung angesichts des anhängigen Revisionsverfahrens (Aktenzeichen I R 9/20) aufmerksam beobachtet werden. Denn der BFH hatte in der Vergangenheit bei Fehlbuchungen (die im Urteilsfall durch den Steuerberater zu vertreten waren) vGA mit der Begründung verneint, es fehle an einer Vermögensminderung, weil den Zahlungen entsprechende Ausgleichsansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter gegenüberstanden und zu aktivieren sein sollten.

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25 Mit der Ausbuchung von Pensionsverpflichtungen einhergehende Auszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer sind als Arbeitslohn ermäßigt zu besteuern

Mit seinem aus verfahrensrechtlichen Gründen erst am 15.4.2020 veröffentlichten Urteil vom 14.8.2008 hat das FG Köln (Aktenzeichen 10 K 2829/05) entschieden, dass an einen Gesellschafter-Geschäftsführer ausgezahlte Leistungen aus einer Rückdeckungsversicherung bei diesem als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu versteuern sind – und zwar ermäßigt nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten).

Im Streitfall hatten – verkürzt dargestellt – zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten geklagt, die beide zu Geschäftsführern einer GmbH bestellt waren, deren Alleingesellschafterin die Ehefrau war; beide bezogen aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Auf Grund entsprechender Pensionszusagen standen beiden lebenslängliche monatliche Ruhegelder zu, wenn sie nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der GmbH ausscheiden und in den Ruhestand treten würden. Zur Finanzierung dieser Verpflichtung hatte die GmbH Rückdeckungsversicherungen abgeschlossen, aus denen die GmbH bezugsberechtigt war. Die Versicherung leistete die Auszahlungsbeträge allerdings unmittelbar an die Stpfl. (noch vor deren Ruhestand), obwohl nach der Pensionsverpflichtung nur ein Anspruch der Stpfl. auf monatliche Rentenzahlungen bestand. Die Auszahlung erfolgte unmittelbar auf das Konto der Stpfl. In der Folge wurde die Pensionsrückstellung in der Bilanz der GmbH ausgebucht.

Gegen die Erfassung der Zahlungen als Arbeitslohn wandten sich die Stpfl. mit dem Hinweis, sie hätten noch keinen Anspruch auf monatliche Rentenzahlungen gehabt, da dieser auch das (noch nicht erfolgte) Ausscheiden aus der GmbH voraussetze. Durch die Auszahlung an die Stpfl. seien der GmbH Forderungen gegen diese entstanden, die mit Darlehensverbindlichkeiten der GmbH gegenüber den Stpfl. verrechnet worden seien; es sei insofern bei der GmbH eine Falschbuchung erfolgt.

Das FG hat die Klage abgewiesen, da auch Zahlungen an den Geschäftsführer einer GmbH zur Ablösung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionszusage zu dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehörten. Unabhängig von der Frage des Verzichts auf die Zusage stelle die direkte Auszahlung der Versicherung an die Stpfl. Arbeitslohn dar. Im Streitfall habe die Rückdeckungsversicherung zumindest auf Anweisung der Stpfl. und damit im Auftrag des Arbeitgebers gehandelt, als sie die Versicherungsbeträge unmittelbar auf das Konto der Stpfl. überwies. Damit liege eine Zuwendung an die Stpfl. für die in den vergangenen Jahren erbrachte Arbeitsleistung vor. Der Steuersatz richte sich insoweit nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG, da Einkünfte aus einer mehrjährigen Tätigkeit vorlägen, so dass eine Progressionsmilderung eintritt.

Hinweis:

In der Praxis ist mit der Ablösung, Abfindung oder Übertragung von Pensionszusagen eine Vielzahl von steuerlichen Fallstricken verbunden, so dass jede Gestaltung sehr sorgfältig zu prüfen und im Zweifelsfall steuerlicher Rat einzuholen ist – und zwar sowohl aus lohnsteuerlicher Sicht wie auch unter dem Gesichtspunkt verdeckter Gewinnausschüttungen.

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26 Zweites Corona-Steuerhilfegesetz

Zur Stützung der Binnennachfrage werden mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz befristet für den Zeitraum vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 die Steuersätze bei der Umsatzsteuer – umgangssprachlich oftmals auch als „Mehrwertsteuer” bezeichnet – abgesenkt worden. Es gelten im Zeitablauf folgende Steuersätze:

Zeitraum

bis 30.6.2020

1.7.2020 bis 31.12.2020

ab 1.1.2021

Allgemeiner Steuersatz

19 %

16 %

19 %

Ermäßigte Steuersatz

7 %

5 %

7 %

Hinweis:

Die Absenkung der Steuersätze gilt auch für die Einfuhrumsatzsteuer und für innergemeinschaftliche Erwerbe.

Der Versicherungssteuersatz wird nicht gesenkt und bleibt durchgängig bei 19 %. Umsatzsteuerliche Auswirkungen ergeben sich insoweit nicht, da Versicherungsleistungen grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit sind.

Die Auswirkungen der temporären Umsatzsteuersatzabsenkung und den Handlungsbedarf bei der Umstellung stellen wir im Folgenden dar. Dabei haben wir insbesondere auch die Äußerungen der FinVerw in dem Anwendungsschreiben vom 30.6.2020 mitberücksichtigt.

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27 Handlungsbedarf im Überblick

Aus der stichtagsbezogenen Absenkung der Umsatzsteuersätze – und entsprechend der dann zum 1.1.2021 wieder erfolgenden Anhebung – ergibt sich im Überblick folgender Handlungsbedarf:

Unternehmer:

  • Für Unternehmer ist es im Hinblick auf eine korrekte Rechnungsstellung, Verbuchung und Anmeldung der Umsatzsteuer wichtig, zunächst eine richtige Abgrenzung der Lieferungen und sonstigen Leistungen mit noch 19 %- bzw. 7 %-iger Umsatzsteuer von denjenigen vorzunehmen, die den temporär abgesenkten Sätzen unterliegen (siehe hierzu Tz. 3 bis 7).
  • Weiterhin müssen Unternehmer zum 1.7.2020 (und dann wieder zum 1.1.2021) Preislisten, Preisschilder, Kataloge, Werbematerialien usw. überprüfen und ggf. anpassen. Das Gleiche gilt für Verträge über Dauerleistungen. Vorzubereiten sind die notwendigen Änderungen in den EDV-Programmen für Fakturierung und Rechnungswesen, Anpassung des Rechnungslayouts zu den Stichtagen 1.7.2020 und 1.1.2021; ggf. müssen Daueraufträge und Abbuchungsaufträge geändert werden. Wichtig ist auch eine besondere Sorgfalt bei der Prüfung von Eingangsrechnungen, um einen fehlerhaften Vorsteuerabzug zu vermeiden. Sollte die Prüfung der Eingangsrechnungen automatisiert erfolgen, ist die Prüflogik anzupassen.

Hinweis:

Ziel des Gesetzgebers ist, dass die Unternehmer die Steuersatzsenkung an ihre Kunden weitergeben und damit letztlich den Konsum ankurbeln. Zwingend ist dies in der Regel aber nicht (hierzu auch Tz. 12). Jeder Unternehmer muss individuell die Auswirkungen auf seine Preisgestaltung prüfen. Ist mit dem Kunden eine Bruttopreis-Vereinbarung (also Kaufpreis einschließlich Umsatzsteuer) getroffen, so verbleibt der Vorteil aus der Steuersatzsenkung beim Unternehmer.

  • Liefern Unternehmer an Privatpersonen, sind Vereinbarungen so zu treffen, dass der jeweils geltende Umsatzsteuersatz an den Abnehmer weiterbelastet wird (siehe hierzu Tz. 12). Generell ist dabei die Preisgestaltung zu überprüfen, also die Frage, in welchem Umfang die temporäre Absenkung der Steuersätze an die Abnehmer weitergegeben wird.
  • Bezieht ein Unternehmer Leistungen, so hat die Umsatzsteuersatzabsenkung dann keine Auswirkungen, wenn der Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. In diesen Fällen ist die Umsatzsteuer nur ein durchlaufender Posten.
  • Temporäre Minderbelastungen können sich dagegen bei den Unternehmern einstellen, die nicht oder nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind. Insofern bedeutet die temporäre Absenkung der Steuersätze – jedenfalls wenn diese von dem Vorlieferanten in vollem Umfang weitergegeben wird – eine definitive Minderbelastung. Betroffen sind z.B. Ärzte oder Grundstücksgesellschaften, aber auch Betriebe der öffentlichen Hand, steuerbefreite Gesellschaften oder auch Kleinunternehmer. Deshalb ist ggf. eine zeitliche Steuerung des Leistungsbezugs und die Abrechnung von Teilleistungen zu prüfen (siehe hierzu Tz. 4-5).

Privatpersonen:

  • Entsprechende Überlegungen gelten für Privatpersonen, da bei diesen die Umsatzsteuer regelmäßig eine endgültige Belastung darstellt. Gerade bei hochpreisigen Anschaffungen wie Kfz, Möbel oder auch Handwerkerleistungen oder gar der Errichtung eines Fertighauses ist ein Leistungsbezug in dem Zeitraum vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 anzustreben bzw. es ist mindestens zu prüfen, ob Teilleistungen in diesem Zeitraum bezogen werden können.
  • Werden umfangreichere Handwerkerleistungen in Auftrag gegeben, so sollte bereits jetzt im Hinblick auf das vorgesehene Auslaufen der Steuersatzabsenkung zum 31.12.2020 in Erwägung gezogen werden, Teilleistungen zu vereinbaren, soweit dies möglich ist. Diese können dann – auch bei den üblichen Auftragsverschiebungen bei der Bauausführung – bei Leistungserbringung bis 31.12.2020 noch mit dem abgesenkten Steuersatz berechnet werden.
  • Bei Wohnungsvermietern können laufende Kosten, wie bspw. Energiebezug oder Treppenhausreinigung meist über die Nebenkosten an die Mieter weiterbelastet werden. Insoweit spielt die Umsatzsteuersatzabsenkung im Grundsatz keine Rolle, außer im Falle der Vermietung an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer unter Option zur Umsatzsteuer für die Vermietungsumsätze. Anders ist dies bei nicht weiterbelastbaren Kosten, wie z.B. Reparaturen. In diesem Fall führt die Umsatzsteuersatzsenkung zu endgültigen Entlastungen, so dass solche Arbeiten möglichst auf den Zeitraum 1.7.2020 bis 31.12.2020 gelegt werden sollten.

Hinweis:

Schon an dieser Stelle ist festzuhalten, dass die temporäre Senkung der Umsatzsteuersätze den Unternehmen einen erheblichen Aufwand und auch zusätzliche steuerliche Risiken im Hinblick auf eine richtige Einstufung im Übergang bringt.

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28 Zeitliche Anwendung der abgesenkten Steuersätze

a) Leistungszeitpunkt

Die abgesenkten Umsatzsteuersätze von 16 % bzw. 5 % sind auf die Lieferungen, sonstigen Leistungen, den Eigenverbrauch und die innergemeinschaftlichen Erwerbe anzuwenden, die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 ausgeführt werden. Maßgebend ist dabei für die Anwendung des neuen Steuersatzes stets der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird. Wann eine Leistung als ausgeführt gilt, hängt von der Art der Leistung ab:

  • Eine Lieferung wird im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht (i.d.R. bei Übergabe) an den Erwerber ausgeführt. Im Falle der Versendung oder Beförderung einer Ware markiert der Transportbeginn den Leistungszeitpunkt.
  • Bei einer Werklieferung und einer Werkleistung (z.B. Beratungsleistung, Handwerkerleistung, Dienstleistung) kommt es auf den Abschluss der Arbeiten und die Abnahme durch den Erwerber an.

Hinweis:

Gerade bei Werkleistungen, die sich vielfach über einen längeren Zeitraum hinstrecken, ist die Bestimmung des Leistungszeitraums entscheidend. Maßgeblich sind mithin der Abschluss bzw. die Abnahme der Leistung. Dies gilt auch, wenn Leistungsbeginn für eine Werkleistung oder Dienstleistung bereits vor dem 1.7.2020 ist, die Leistung jedoch bis zum 31.12.2020 ausgeführt wird. Andererseits unterliegen Leistungen, die ab dem 1.7.2020 beauftragt oder begonnen werden, aber erst nach dem 31.12.2020 beendet werden, dem in 2021 wieder geltenden Steuersatz von 19 % bzw. 7 %. Der Abschluss der Leistung bzw. die Abnahme sollte tunlichst z.B. in einem Abnahmeprotokoll dokumentiert werden. Bei Leistungen an Privatpersonen oder an nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer kann aktuell zu prüfen sein, ob der Zeitpunkt der Beendigung/Abnahme bis nach dem 30.6.2020 hinausgeschoben werden kann.

  • Dauerleistungen gelten mit Beendigung des vereinbarten Leistungszeitraums als ausgeführt (zu Einzelheiten siehe Tz. 10).

Unmaßgeblich ist der Zeitpunkt der Auftragserteilung, der Ausstellung der Rechnung oder der Vereinnahmung des Entgelts. So besteht auch insbesondere keine Verpflichtung, bis zum 30.6.2020 die zum bis dahin geltenden Umsatzsteuersatz von 19 % bzw. 7 % erbrachten Leistungen auch bis zum 30.6.2020 abzurechnen. Die Abrechnung kann vielmehr auch später – unter Berücksichtigung des bei Leistungserbringung maßgeblichen Umsatzsteuersatzes – erfolgen. Ebenso ist nicht entscheidend, ob die Umsatzsteuer wie im Regelfall nach vereinbarten Entgelten oder nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) berechnet und gegenüber dem Finanzamt erklärt wird.

Hinweis:

Im Rahmen der Steuersatzerhöhung kommt der Angabe des Leistungszeitpunkts bzw. Leistungszeitraums in der Rechnung besondere Bedeutung zu. Es dürfen sich keine Widersprüche zum angewendeten Steuersatz ergeben. Ausreichend ist hier die Angabe des Kalendermonats. Bei Eingangsrechnungen sollte dies stets sorgfältig überprüft werden.

b) Abrechnung von Anzahlungen

Erteilt der Unternehmer Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis über Teilentgelte (Anzahlungen oder Abschlagszahlungen), so ist grds. in der Anzahlungs-/Abschlagsrechnung der Steuersatz anzuwenden, der zu diesem Zeitpunkt gilt. Allerdings unterliegt die Lieferung oder Leistung, die dann auf dieser Basis später ausgeführt wird, dem Steuersatz bei Ausführung der Lieferung oder Leistung – siehe vorstehend Tz. 3. Insoweit erfolgt dann eine Anrechnung der in der Anzahlungs-/Abschlagsrechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer.

Beispiel

Ein Handwerker soll eine umfangreiche Heizungsmodernisierung durchführen. Die Auftragserteilung erfolgt im Juni 2020. Auf Grund von ersten Materiallieferungen wird am 10.6.2020 auch bereits eine Abschlagsrechnung gestellt über

Abschlagszahlung für Materiallieferung

10 000,00 €

zzgl. 19 % USt

1 900,00 €

Abschlagssumme brutto

11 900,00 €

Die Fertigstellung der Handwerkerleistung erfolgt im August 2020. Diese wird dann wie folgt abgerechnet:

Rechnungsbetrag gesamt

30 000,00 €

zzgl. 16 % USt

4 800,00 €

Rechnungsbetrag

34 800,00 €

Abrechnung:

Netto

USt

Brutto

Rechnungsbetrag

30 000,00 €

4 800,00 €

34 800,00 €

abzgl. Abschlagsrechnung 10.6.2020

10 000,00 €

1 900,00 €

11 900,00 €

verbleiben

20 000,00 €

2 900,00 €

22 900,00 €

Hinweis:

Im Ergebnis unterliegt also die gesamte Leistung dem Umsatzsteuersatz, der im Lieferungs-/Leistungszeitpunkt anzuwenden ist. Eine Korrektur der Umsatzsteuer in der Abschlagsrechnung ist nicht vorzunehmen. Die Korrektur der Umsatzsteuer erfolgt in der Schlussrechnung, was dann auch zu einer negativen Steuer führen kann.

Ist der Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt, so ist die in der jeweiligen Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen, wenn er die Rechnung erhalten und soweit er die verlangte Zahlung geleistet hat. Einer Berichtigung des Steuerausweises in diesen (Anzahlungs-)Rechnungen bedarf es nicht, wenn in einer Endrechnung die Umsatzsteuer für die gesamte Leistung oder Teilleistung mit dem ab 1.7.2020 bis 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 16 % bzw. 5 % ausgewiesen wird.

Aus Vereinfachungsgründen lässt es die FinVerw aber auch zu, dass in Rechnungen, die vor dem 1.7.2020 über die vor diesem Zeitpunkt vereinnahmten Teilentgelte für nach dem 30.6.2020 erbrachte stpfl. Leistungen oder Teilleistungen ausgestellt werden, die Umsatzsteuer nach dem zwischen 1.7.2020 und 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 16 % bzw. 5 % ausgewiesen wird. Der Leistungsempfänger kann den angegebenen Umsatzsteuerbetrag unter den übrigen Voraussetzungen als Vorsteuer abziehen, nachdem die Rechnung vorliegt und soweit der Rechnungsbetrag gezahlt worden ist.

Es ergeben sich folgende Szenarien:

Leistungszeitraum endet …

Abschlagsrechnung wird gestellt …

Steuersatz Abschlagsrechnung (bei Anwendung allg. Umsatzsteuersatz)

Steuersatz Schlussrechnung (bei Anwendung allg. Umsatzsteuersatz)

Vor dem 1.7.2020

Juni 2020

19 %

19 %

Nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021

Juni 2020

19 %
aus Vereinfachungsgründen auch wahlweise: 16 %

16 %

Zwischen 1.7.2020 und 31.12.2020

16 %

16 %

Nach dem 31.12.2020

Bis 30.6.2020

19 %

19 %

Zwischen 1.7.2020 und 31.12.2020

16 %
aus Vereinfachungsgründen auch wahlweise: 19 %

19 %

Nach dem 31.12.2020

19 %

19 %

Ebenso wird es bei Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (so bei bestimmten Bauleistungen) nicht beanstandet, wenn eine vor dem 1.7.2020 vereinnahmte Abschlagszahlung für eine nach dem 30.6.2020 ausgeführte Leistung dem Umsatzsteuersatz von 16 % bzw. 5 % unterworfen wird.

c) Erteilung von Vorausrechnungen

Besonderheiten gelten des Weiteren dann, wenn der Unternehmer vor dem 1.7.2020 Vorausrechnungen für Leistungen erteilt, die er nach dem 30.6.2020 ausführt. Grundsätzlich ist der Unternehmer in diesen Fällen berechtigt und ggf. auch verpflichtet, in dieser Vorausrechnung die Umsatzsteuer nach dem ab dem 1.7.2020 geltenden Steuersatz von 16 % bzw. 5 % zu berechnen. Relevant ist das derzeit bereits dann, wenn eine Vorausrechnung über eine Leistung (z.B. Werbemaßnahme oder Beratungsleistung) erteilt wird, die sich bis in das zweite Halbjahr 2020 erstreckt und damit erst bei Abschluss der Leistung als erbracht gilt. Im Einzelnen gilt Folgendes:

  • KeineEntgeltvereinnahmung vor dem 1.7.2020: In diesem Fall entsteht die in der Vorausrechnung ausgewiesene Umsatzsteuer – bei Besteuerung nach vereinbarten Entgelten, was den Regelfall darstellt – erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt wird. Der Leistungsempfänger kann auch – unter den übrigen Voraussetzungen – erst dann die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Falls bei einer Werklieferung, Werkleistung oder Dauerleistung vor dem 1.7.2020 Teilleistungen vereinbart werden, muss eine vorher über die gesamte Leistung erteilte Vorausrechnung entsprechend berichtigt werden.
  • Entgeltvereinnahmung vor dem 1.7.2020: Wird das vorausberechnete Entgelt für eine nach dem 30.6.2020 ausgeführte Leistung oder Teilleistung bereits vor dem 1.7.2020 vereinnahmt, entsteht die Umsatzsteuer schon im Voranmeldungszeitraum der Vereinnahmung. Der Leistungsempfänger ist, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen, zum Vorsteuerabzug in Höhe des ausgewiesenen Betrags berechtigt. Die FinVerw lässt es aber auch zu, wenn der Unternehmer im Voranmeldungszeitraum der Entgeltsvereinnahmung nur die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 geltenden Umsatzsteuersätze von 16 % bzw. 5 % berechnet und abführt. Eine Berichtigung der Berechnung der vor dem 1.7.2020 entstandenen Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung scheidet in diesen Fällen aus.

d) Entnahmen und Kfz-Gestellung an Arbeitnehmer

Entnahmen aus dem Betrieb werden umsatzsteuerlich den Lieferungen und Leistungen gleichgestellt. Auch insofern wirkt sich die Steuersatzsenkung für Entnahmen in dem Zeitraum 1.7.2020 bis 31.12.2020 aus.

Hinweis:

Oftmals werden Entnahmen mit automatischen Monatsbuchungen verbucht. Diese sind nun zum 1.7.2020 anzupassen.

Der geldwerte Vorteil aus der Überlassung eines betrieblichen Kfz an einen Arbeitnehmer auch zu dessen privater Nutzung unterliegt der Umsatzsteuer. Wird der lohnsteuerliche Wert auf der Grundlage der 1 %-Regelung ermittelt, sind die Werte als Bruttowerte anzusehen, aus denen die Umsatzsteuer mit 15,97 % (19/119 des lohnsteuerlichen Wertes) herauszurechnen ist. Im Zeitraum 1.7.2020 bis 31.12.2020 ist diese mit 16/116 aus dem lohnsteuerlichen Wert herauszurechnen. Damit vermindert sich für den Unternehmer die Umsatzsteuerbelastung.

Beispiel:

Bruttolistenpreis

30 000,00 €

Entfernung Wohnung/erste Tätigkeitsstätte

10 km

geldwerter Vorteil (pro Monat):

allg. Privatnutzung: 1 % von 30 000 €

300,00 €

Fahrten Wohnung/erste Tätigkeitsstätte

0,03 % x 30 000 € x 10 km

90,00 €

Bruttowert (pro Monat)

390,00 €

darin enthaltene Umsatzsteuer:

bis 30.6.2020: 19/119

62,27 €

1.7.2020 bis 31.12.2020: 16/116

53,79 €

e) Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise

Bei Rechnungen über Kleinbeträge, Fahrausweise und Belege im Reisegepäckverkehr kann die Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer bei Angabe des Steuersatzes aus dem Bruttobetrag wie folgt berechnet werden:

Zeitraum

Bis 30.6.2020

1.7.2020 bis 31.12.2020

Ab 1.1.2021

Normaler Steuersatz

19 % = 15,97 % aus Bruttowert (19/119)

16 % = 13,79 % aus Bruttowert (16/116)

19 % = 15,97 % aus Bruttowert (19/119)

Ermäßigter Steuersatz

7 % = 6,54 % aus Bruttowert
(7/107)

5 % = 4,76 % aus Bruttowert (5/105)

7 % = 6,54 % aus Bruttowert
(7/107)

f) Besonderheiten bei der Ist-Versteuerung

Im Falle der Ist-Versteuerung (so vielfach bei Freiberuflern und kleineren Gewerbetreibenden) ist für die Bestimmung des anzuwendenden Steuersatzes ebenso der Zeitpunkt der Leistung maßgebend, wenn die Steuer erst mit Vereinnahmung des Entgelts entsteht. Werden nach dem 30.6.2020 Entgelte oder Teilentgelte für Leistungen bzw. Teilleistungen vereinnahmt, die der Unternehmer vor dem 1.7.2020 ausgeführt hat, ist die auf diese Beträge entfallende Umsatzsteuer nach dem bis zum 30.6.2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 19 % bzw. 7 % zu berechnen.

Hat der Unternehmer in den Fällen der Ist-Versteuerung vor dem 1.7.2020 Anzahlungen für Leistungen vereinnahmt, die nach dem 30.6.2020 ausgeführt werden, ist entsprechend auch auf diese Beträge nachträglich der ab dem 1.7.2020 geltende Steuersatz von 16 % bzw. 5 % anzuwenden. Die Korrektur erfolgt dann in dem Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung ausgeführt wird; aus Vereinfachungsgründen kann die Korrektur auch dann erfolgen, wenn das Entgelt vereinnahmt wird.

g) Berechnung der Umsatzsteuer gegenüber dem Leistungsempfänger bei gesetzlich vorgeschriebenen Entgelten

Für bestimmte Leistungsbereiche sind Entgelte (Vergütungen, Gebühren, Honorare usw.) vorgeschrieben, die entsprechend dem umsatzsteuerrechtlichen Entgeltsbegriff die Umsatzsteuer für die Leistungen nicht einschließen. Derartige Entgeltsregelungen enthalten insbesondere das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, die Steuerberatergebührenverordnung, die Kostenordnung für Notare und die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Soweit die Unternehmer in diesen Fällen berechtigt sind, die für die jeweilige Leistung geschuldete Umsatzsteuer zusätzlich zu dem vorgeschriebenen Entgelt zu berechnen, haben sie für ihre nach dem 30.6.2020 ausgeführten Leistungen ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung die Umsatzsteuer nach dem zwischen dem 1.7.2020 und 31.12.2020 geltenden Umsatzsteuersatz von 16 % dem Entgelt hinzurechnen.

Andererseits ist in einigen Bundesländern mit den Gebühren z.B. für die Prüfingenieure die Umsatzsteuer abgegolten. In diesem Fall ist die Höhe der gesetzlich oder durch Verordnung vorgegebenen Gebühren von der Absenkung der Umsatzsteuer ohne weitere Regelung unberührt, was einer Bruttopreisvereinbarung entspricht. Mit der Senkung des Steuersatzes auf 16 % erhöht sich mithin das Nettoentgelt durch Anwendung eines Divisors von 1,16 statt 1,19, so dass ein Vorteil für den Prüfingenieur entsteht.

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29 Sonderfälle beim Übergang auf die abgesenkten Steuersätze und beim erneuten Wechsel zum 1.1.2021

Für Einzelfälle hat die FinVerw besondere Übergangsregelungen getroffen, die die Steuersatzänderung erleichtern. Hierauf wird im Folgenden bei dem jeweiligen Sachverhalt eingegangen. Die damit zugelassenen Erleichterungen und Verfahren können von allen Unternehmern angewandt werden, für die sie zutreffen. Einer Genehmigung durch das zuständige Finanzamt bedarf es dazu nicht.

Werklieferungen und Werkleistungen

Werklieferungen oder Werkleistungen unterliegen insgesamt der Besteuerung nach den Umsatzsteuersätzen von 16 % (bzw. im Ausnahmefall 5 %), wenn sie zwischen dem 1.7.2020 und 31.12.2020 ausgeführt werden. Eine andere umsatzsteuerrechtliche Behandlung kommt nur in Betracht, soweit Werklieferungen und Werkleistungen wirtschaftlich teilbar sind und in Teilleistungen erbracht werden.

Ausführung und Abrechnung von Teilleistungen

Teilleistungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Leistungen (z.B. Werklieferungen und Werkleistungen), für die das Entgelt gesondert vereinbart wird und die demnach statt der einheitlichen Gesamtleistung geschuldet werden. Auf Teilleistungen, die vor dem 1.7.2020 erbracht werden, sind die bis zum 30.6.2020 geltenden Umsatzsteuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden. Später ausgeführte Teilleistungen sind den befristeten Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % zu unterwerfen.

Vor dem 1.7.2020 erbrachte Teilleistungen liegen vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es muss sich um einen wirtschaftlich abgrenzbaren Teil einer Werklieferung oder Werkleistung handeln.
  • Der Leistungsteil muss, wenn er Teil einer Werklieferung ist, vor dem 1.7.2020 abgenommen worden sein; ist er Teil einer Werkleistung, muss er vor dem 1.7.2020 vollendet oder beendet worden sein.
  • Vor dem 1.7.2020 muss vereinbart worden sein, dass für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung entsprechende Teilentgelte zu zahlen sind. Sind für Teile einer Werklieferung oder Werkleistung zunächst keine Teilentgelte gesondert vereinbart worden, muss die vertragliche Vereinbarung vor dem 1.7.2020 entsprechend geändert werden.
  • Das Teilentgelt muss gesondert abgerechnet werden.

Hinweis:

Gerade vor dem Hintergrund der nur zeitlich befristeten Absenkung des Umsatzsteuersatzes macht es z.B. bei Handwerkern Sinn, in den kommenden Monaten vermehrt mit den Kunden Teilleistungen zu vereinbaren, soweit dies im Einzelfall darstellbar ist. Dann können selbst bei einer Verzögerung der Fertigstellung der Leistung oder auch bei einer planmäßigen Leistung erst in 2021 bereits Teilleistungen in 2020 mit dem noch abgesenkten Umsatzsteuersatz von 16 % abgerechnet werden. Die Abrechnung von Teilleistungen setzt stets voraus, dass die Gesamtleistung nach wirtschaftlicher Betrachtung teilbar ist. Dies kann z.B. bei einem Bauunternehmer gegeben sein, der an einem Bauwerk Rohbau und Verputzerarbeiten durchführt und beide Teilleistungen separat vereinbart und auch abgenommen werden.

Dauerleistungen

Auswirkungen hat die Absenkung der Umsatzsteuersätze insbesondere für Leistungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken (Dauerleistungen), sofern der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Umsatzsteuersatzänderung in den für die Leistung vereinbarten Zeitraum fällt. Anwendungsfälle sind sonstige Leistungen wie z.B. Vermietungen, Leasing, Wartungen, Überwachungen, laufende Finanz- und Lohnbuchführung oder auch die Gesamtheit mehrerer Lieferungen, wie z.B. die Lieferung von Baumaterial. Für Dauerleistungen werden unterschiedliche Zeiträume (z.B. ½ Jahr, 1 Jahr, 1 Kalenderjahr, 5 Jahre) oder keine zeitliche Begrenzung vereinbart.

  • Dauerleistungen werden ausgeführt:
    • im Falle einer sonstigen Leistung an dem Tag, an dem der vereinbarte Leistungszeitraum endet,
    • im Falle wiederkehrender Lieferungen – ausgenommen Lieferungen von elektrischem Strom, Gas, Wärme und Wasser – am Tag jeder einzelnen Lieferung.
    • Auf Dauerleistungen, die nach diesen Regeln vor dem 1.7.2020 erbracht werden und die der Umsatzbesteuerung unterliegen, ist der bis zum 30.6.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 19 % bzw. 7 % anzuwenden. Später ausgeführte Dauerleistungen sind der Besteuerung nach den Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % zu unterwerfen. Bei der Abrechnung von Nebenleistungen, für die ein anderer Abrechnungszeitraum als für die Hauptleistung vereinbart ist, richtet sich die Anwendung des zutreffenden Umsatzsteuersatzes nach dem Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Hauptleistung (z.B. monatlicher Zins für eine steuerpflichtige Vermietung mit monatlichem Abschlag für die Nebenleistungen und jährlicher Abrechnung der Nebenleistungen).

Hinweis:

Verträge über Dauerleistungen, die als Rechnung anzusehen sind, müssen an den neuen Steuersatz angepasst werden. Insoweit ist darauf zu achten, dass der geänderte Vertrag alle bei umsatzsteuerlichen Rechnungen erforderlichen Pflichtangaben enthalten muss. Ausreichend ist insoweit eine Vertragsergänzung, die unter Bezug auf den Vertrag alle erforderlichen Informationen zum Entgelt und Steuersatz für den Zeitraum vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 enthält. Erfolgt keine Vertragsanpassung/-ergänzung, so schuldet der leistende Unternehmer die im Vertrag ausgewiesene Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt.

  • Wird eine Dauerleistung nicht insgesamt für den vereinbarten Leistungszeitraum, sondern für kürzere Zeitabschnitte (z.B. Vierteljahr, Kalendermonat) abgerechnet, liegen insoweit Teilleistungen vor. Dies gilt auch für unbefristete Dauerleistungen, soweit diese für bestimmte Zeitabschnitte abgerechnet werden.
  • Jahreskarten (Saisonkarten, Abonnements usw.)
    Diese stellen Vorauszahlungen für eine einheitliche Dauerleistung dar, welche umsatzsteuerlich am Ende des Leistungszeitraums erbracht wird. Entscheidend ist also insoweit für den anzuwendenden Steuersatz, wann die Saisonkarte o.Ä. endet. Dies gilt im Grundsatz auch für Jahreskarten im öffentlichen Nahverkehr oder auch z.B. für die BahnCard. Etwas anderes gilt nur dann, wenn separat abrechenbare Teilleistungen vorliegen, so z.B. bei der monatlichen Ausgabe von Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr oder einer Saisonkarte eines Fußballvereins für eine genau definierte Zahl an Heimspielen oder z.B. ein Theaterabonnement für eine feststehende Zahl an Theateraufführungen.
  • Bei 10er-Karten o.Ä., wie z.B. bei Schwimmbädern, handelt es sich um Vorauszahlungen für Teilleistungen. Bei Zahlung der 10er-Karte entsteht die Umsatzsteuer auf Grund Vereinnahmung des Entgelts. Bei der späteren Inanspruchnahme der Leistung muss dann entsprechend dem dann geltenden Steuersatz eine anteilige Entlastung oder Nachversteuerung erfolgen.

Änderungen der Bemessungsgrundlagen:

Bei den in der Praxis häufigen nachträglichen Entgeltminderungen ist im Hinblick auf die Änderung des Umsatzsteuersatzes Folgendes zu beachten:

  • Boni, Skonti, Rabatte, Preisnachlässe: Mindert sich für eine vor dem 1.7.2020 ausgeführte Leistung nach dem 30.6.2020 die Bemessungsgrundlage, z.B. durch Skonto, Rabatt, Bonus, einen sonstigen Preisnachlass oder durch Nachberechnung, muss der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag korrigieren. Dabei ist der bis zum 30.6.2020 maßgebende Steuersatz von 19 % bzw. 7 % anzuwenden. Dies gilt dann auch für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs.
  • Einlösen von Preisnachlass- und Preiserstattungsgutscheinen: Vergütet ein Unternehmer von ihm ausgegebene Gutscheine für Umsätze bis zum 30.6.2020, durch die der Endabnehmer Leistungen um den Gutscheinbetrag verbilligt erwerben kann, führt dies grundsätzlich zur Minderung der Bemessungsgrundlage. Insoweit wäre die Umsatzsteuer zu berichtigen, wobei der Steuersatz sich aus der Lieferung ergibt, für die der Gutschein eingelöst worden ist.
    Um Zuordnungsprobleme zu vermeiden, kann folgendes vereinfachtes Verfahren angewandt werden: Erstattet der Unternehmer die von ihm ausgegebenen Gutscheine in der Zeit vom 1.7.2020 bis zum 31.8.2020, ist die Umsatzsteuer – soweit die zugrunde liegenden Umsätze dem allgemeinen Steuersatz unterliegen – nach dem bis zum 30.6.2020 geltenden Steuersatz von 19 % zu berichtigen. Bei der Erstattung von Gutscheinen nach dem 31.8.2020 ist die Umsatzsteuer nach dem ab 1.7.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16 % zu berichtigen.
    Bei Einzweckgutscheinen ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Besteuerung der Leistungsfiktion die Gutscheinausgabe des ausgebenden Unternehmers an den Kunden. Die spätere Gutscheineinlösung, also die tatsächliche Lieferung bzw. Leistungserbringung, ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt.
  • Einzweckgutscheine: Ein Einzweckgutschein ist ein Gutschein, bei dem bereits bei dessen Ausstellung alle Informationen vorliegen, die benötigt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zu Grunde liegenden Umsätze mit Sicherheit zu bestimmen. Die Besteuerung erfolgt demzufolge bereits im Zeitpunkt der Ausgabe bzw. Übertragung des Gutscheins. Folglich sind für die Bestimmung des anzuwendenden Steuersatzes die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins entscheidend. Ändern sich die Verhältnisse im Nachhinein, ist dies irrelevant. Die spätere Gutscheineinlösung ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt. Sollte bei Einlösung des Einzweckgutscheins jedoch eine Zuzahlung durch den Gutscheininhaber erfolgen, so ist die bislang noch nicht versteuerte Differenz nach den zum Zeitpunkt der Gutscheineinlösung geltenden Umsatzsteuersätzen zu versteuern.
  • Erstattung von Pfandbeträgen: Nimmt ein Unternehmer Leergut zurück und erstattet einen dafür gezahlten Pfandbetrag, liegt eine Entgeltminderung vor. Nach den Ausführungen der FinVerw gilt insoweit vereinfachend: Erstattet der Unternehmer Pfandbeträge in der Zeit vom 1.7.2020 bis zum 30.9.2020, ist die Umsatzsteuer, soweit die zugrunde liegenden Umsätze dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, nach dem bis zum 30.6.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 19 % zu berichtigen. Bei der Erstattung von Pfandbeträgen nach dem 30.9.2020 ist die Umsatzsteuer nach dem ab 1.7.2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16 % zu berichtigen. Bei dem Dreimonatszeitraum wird davon ausgegangen, dass der Bestand an Warenumschließungen sich viermal jährlich umschlägt. Bei kürzeren oder längeren Umschlagzeiträumen ist der Zeitraum, in dem die Entgeltminderungen noch mit dem Steuersatz von 19 % zu berücksichtigen sind, entsprechend zu kürzen oder zu verlängern, wobei der durchschnittliche Umschlagszeitraum in Abstimmung zwischen Unternehmer und Finanzamt zu ermitteln ist.
  • Jahresboni, Jahresrückvergütungen: Werden die Entgelte durch Jahresrückvergütungen, Jahresboni, Treuerabatte und dergleichen gemindert, führt dies zu einer entsprechenden Minderung der Umsatzsteuer. Probleme entstehen, wenn der Bezugszeitraum vor dem 1.7.2020 begonnen hat und nach dem 30.6.2020 endet.

Vereinfachend lässt die FinVerw folgende Vorgehensweisen zu:

  1. Der Unternehmer ermittelt das Verhältnis zwischen seinen stpfl. Umsätzen der anteiligen Jahreszeiträume vor und nach dem Stichtag 1.7.2020. Er teilt nach diesem Verhältnis die gemeinsamen Entgeltminderungen auf, die er den einzelnen Leistungsempfängern für den über den 1.7.2020 hinausreichenden Jahreszeitraum gewährt.
  2. Unterliegen die Umsätze des Unternehmers teils dem allgemeinen, teils dem ermäßigten Steuersatz, wird das Verhältnis zwischen den nichtbegünstigten und den begünstigten Umsätzen entweder für den über den 1.7.2020 hinausreichenden Jahreszeitraum insgesamt oder für die beiden anteiligen Zeiträume gesondert ermittelt. Der Unternehmer verteilt die den einzelnen Leistungsempfängern gewährten gemeinsamen Entgeltminderungen nach diesem Umsatzverhältnis auf die verschiedenen Steuersätze.
  3. Eine Jahresrückvergütung für das gesamte Kalenderjahr 2020 kann zu 50 % (Januar bis Juni) mit 7 % bzw. 19 % und zu 50 % (Juli bis Dezember) mit 5 % bzw. 16 % berücksichtigt werden, unabhängig davon, wann die zugrunde liegenden Umsätze ausgeführt wurden.

Letztlich lässt es die FinVerw auch zu, dass der Unternehmer von einer Aufteilung der gemeinsamen Entgeltminderungen absieht und der Steuerberichtigung ausnahmslos den allgemeinen Steuersatz von 19 % zugrunde legt. Der Leistungsempfänger muss dann bei der Berichtigung des Vorsteuerabzugs entsprechend verfahren.

Umtausch von Gegenständen

Beim Umtausch eines Gegenstands wird die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht und an ihre Stelle tritt eine neue Lieferung. Wird ein vor dem 1.7.2020 gelieferter Gegenstand nach diesem Stichtag umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstands, falls sie dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterliegt, der ab 1.7.2020 geltende Umsatzsteuersatz von 16 % anzuwenden.

Besteuerung von Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferungen sowie von Abwasserbeseitigung

Die Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen von Strom, Gas, Wasser, Abwasserbeseitigung (soweit nicht hoheitlich organisiert), Kälte und Wärme durch Versorgungsunternehmen an Kunden werden nach Ablesezeiträumen (z.B. vierteljährlich) abgerechnet. Sofern die Ablesezeiträume zu einem Zeitpunkt nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 enden, sind grundsätzlich die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums den ab 1.7.2020 geltenden Umsatzsteuersätzen von 16 % bzw. 5 % (bei Wasserlieferungen) zu unterwerfen. Soweit Ablesezeiträume nach dem 31.12.2020 enden, sind grundsätzlich die Lieferungen des gesamten Ablesezeitraums den Umsatzsteuersätzen von 19 % bzw. 7 % zu unterwerfen. Möglich sind auch gesonderte Abrechnungen für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 ausgeführte Leistungen. In diesen Fällen sind die Verbräuche aufzuteilen, wobei die FinVerw erleichterte Verfahren vorsieht.

Hinweis:

Diese Regelungen gelten entsprechend für die Anhebung der Umsatzsteuersatzsätze von 16 % auf 19 % und von 5 % auf 7 % zum 1.1.2021.

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30 Folgen bei unzutreffendem Steuerausweis

Die Veränderung der Steuersätze birgt die Gefahr, dass in Rechnungen oder Bons ein falscher Steuersatz ausgewiesen wird. Dies kann folgende Konsequenzen nach sich ziehen:

Leistender Unternehmer

Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger

Zu niedriger Umsatzsteuerausweis

Gegenüber dem Finanzamt wird die richtige (höhere) Umsatzsteuer geschuldet

Nur die tatsächlich ausgewiesene Umsatzsteuer kann als Vorsteuer geltend gemacht werden

Zu hoher Umsatzsteuerausweis

Gegenüber dem Finanzamt wird die ausgewiesene (zu hohe) Steuer geschuldet

Vorsteuerabzug ist nur in Höhe der zutreffend berechneten und nicht in Höhe der in der Rechnung ausgewiesenen Steuer möglich

Hinweis:

In diesen Fällen sollte stets zeitnah eine Rechnungsberichtigung erfolgen.

Die Finanzverwaltung sieht allerdings folgende Nichtbeanstandungsregelungen vor:

  • B2B – Nichtbeanstandungsregelung Juli 2020: Für Leistungen innerhalb der Unternehmerkette gilt für den Zeitraum 1.7.2020 bis 31.7.2020 folgende Vereinfachung: Hat der leistende Unternehmer für eine nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.8.2020 an einen anderen Unternehmer erbrachte Leistung in der Rechnung den vor dem 1.7.2020 geltenden Steuersatz ausgewiesen und diesen Steuerbetrag abgeführt, kann auf eine Berichtigung der Rechnung verzichtet werden. Einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger wird aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen unrichtigen Rechnungen auch für die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.8.2020 seitens eines Unternehmers erbrachte Leistung ein Vorsteuerabzug auf Grundlage des ausgewiesenen Steuersatzes gewährt.
  • Energielieferungen – Nichtbeanstandungsregelung für Abschlagsrechnungen: Für die Besteuerung von Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferungen sowie von Abwasserbeseitigung ist vorgesehen, dass es nicht beanstandet wird, wenn Rechnungen über Abschlagszahlungen für die genannten Leistungen, die im 2. Halbjahr 2020 fällig werden, die Umsatzsteuer i.H.v. 19 % bzw. 7 % ausweisen, erst im Rahmen der Endabrechnungen korrigiert werden. Voraussetzung ist, dass die ausgewiesene Umsatzsteuer auch abgeführt wird. Gleichzeitig soll es nicht beanstandet werden, wenn vorsteuerabzugsberechtigte Kunden aus diesen Abschlagsrechnungen auch den Vorsteuerabzug i.H.d. ausgewiesenen Steuer geltend machen, solange die Korrektur des Vorsteuerabzugs für die gesamte Leistung mit der Endabrechnung erfolgt.

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31 Pflicht zur Preisanpassung ab dem 1.7.2020 bzw. Möglichkeiten der Überwälzung der Umsatzsteuererhöhung zum 1.1.2021?

Aus den Regelungen zum Steuerausweis folgt nicht, dass der Unternehmer verpflichtet ist, bei der Abrechnung von vor dem 1.7.2020 vereinbarten Leistungen die Preise entsprechend der eingetretenen Steuerersatzsenkung anzupassen. Dies ist vielmehr eine zivilrechtliche Frage, die vom jeweiligen Vertragsverhältnis abhängt. Grundsätzlich sind jedenfalls Preisvereinbarungen aus zivilrechtlicher Sicht als Bruttopreis, also einschließlich Umsatzsteuer, zu verstehen. Dies gilt allerdings auch entsprechend zu Lasten des Unternehmers bei der Anhebung der Steuersätze ab dem 1.1.2021.

Allgemein ist die gesetzliche Regelung zu beachten, wonach – jedenfalls soweit nichts Gegenteiliges vereinbart wurde – ein angemessener Ausgleich für die Steuersatzanpassung von dem Vertragspartner verlangt werden kann, wenn der der Leistung zu Grunde liegende Vertrag vor dem 1.3.2020 abgeschlossen wurde. Wurde ein Vertrag nach dem 29.2.2020 geschlossen, besteht kein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch.

Hinweis:

Ist der Vertragspartner eine Privatperson oder ein nicht zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer (z.B. Arzt), empfiehlt sich in jedem Fall eine klare und eindeutige Vereinbarung. Unproblematisch ist die Umsatzsteuererhöhung immer dann, wenn die Entgeltvereinbarung „zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer” lautet (sog. Nettopreisvereinbarung), da in diesen Fällen der zum Zeitpunkt der Leistungserbringung maßgebliche Satz auf das vereinbarte Nettoentgelt zugeschlagen werden darf. Wurde im Vertrag die Höhe des Steuersatzes ausdrücklich und ohne weitere Einschränkung angegeben, also z.B. „Kaufpreis zzgl. 19 % Umsatzsteuer”, wird im Regelfall ebenfalls davon auszugehen sein, dass die Vertragsparteien die jeweils gesetzlich geschuldete Steuer vereinbaren wollten, die sich durch die vorübergehende Steuersatzänderung reduziert.

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32 Umsetzung der geänderten Steuersätze in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen

Hinsichtlich der Erklärungspflichten gilt:

  • Die Bemessungsgrundlage zu den Umsätzen und innergemeinschaftlichen Erwerben zu 16 % und 5 % sowie der dazugehörige Steuerbetrag sind in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung im Jahr 2020 (Vordruckmuster USt 1 A) und in der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 2020 (Vordruckmuster USt 2 A) gesammelt in den Kennzahlen für Umsätze zu anderen Steuersätzen einzutragen (Zeilen 28 und 35 der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. Zeilen 45, 84 und 96 der Umsatzsteuererklärung). Eine Differenzierung zwischen Umsätzen zum allgemeinen Steuersatz und Umsätzen zum ermäßigten Steuersatz ist bei der Eintragung nicht vorzunehmen.
  • Die Bemessungsgrundlage und die selbst ermittelte Umsatzsteuer für Umsätze, bei denen der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (z.B. bestimmte Bauleistungen), sind unabhängig vom anzuwendenden Steuersatz in den bestehenden Kennzahlen zu erfassen (Zeilen 48 bis 50 der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. Zeilen 99 bis 101 der Umsatzsteuererklärung).

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33 Prüfschema für Unternehmer

Unternehmer sind ausnahmslos und weitgehend betroffen. Für die Vorbereitung der notwendigen Umstellung kann folgende Maßnahmencheckliste hilfreich sein:

  • Kassensystem, ERP-/Buchhaltungssystem:
    • Anpassung Kassensystem: Steuerkennzeichen, ggf. Preisanpassungen, Sicherstellung, dass auf den Kassenbons die richtigen Steuersätze und Steuerbeträge ausgewiesen werden;

Hinweis:

Die Umprogrammierung des Kassensystems muss für steuerliche Zwecke dokumentiert werden!

    • ERP-Buchhaltungssystem: Anpassung Kontenplan, Einführung neuer Steuerkennzeichen;
    • Überprüfung automatisierter Buchungen (z.B. auch Buchung von Eigenverbrauch);
    • Überprüfung von Steuerkennziffern in Vorsystemen, wie z.B. bei der Personalabrechnung (z.B. Nutzungsvorteil Pkw);
    • Anpassung des Rechnungslayouts;
    • Anpassung von Vorlagen für Angebote;
  • Verträge/Preislisten:
    • Kalkulation von Preisen, ggf. Anpassung von Preislisten oder Preisauszeichnungen;
    • Anpassung von Preislisten/Homepage und der internen Programmierung (wie Warenkorb, Bestellablauf, Auftragsbestätigung, Rechnungsstellung) bei Onlineshops;
    • Überprüfung von Verträgen über Dauerleistungen (z.B. Miet-/Pachtverträge, Leasingverträge, Wartungsverträge, Lizenzverträge);
    • Prüfung von Verträgen auf Brutto- oder Nettovereinbarungen;
    • besondere Sorgfalt bei manuell erstellten Rechnungen;
    • Beachtung/Prüfung besonderer Sachverhalte, wie Gutscheine, Erstattung von Pfandbeträgen, Jahresrückvergütungen oder Jahresboni;
  • Werklieferungen:
    • sorgfältige Dokumentation der Fertigstellung/Abnahme bzw. Beendigung der Leistung;
    • Prüfung, ob Vereinbarung und Abrechnung von Teilleistungen möglich und sinnvoll;
  • laufende Buchhaltung:
    • Schulung der Mitarbeiter;
    • Kontrolle der Eingangsrechnungen auf richtigen Steuersatz/Steuerausweis.

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