Für alle Steuerpflichtigen

1 Grundsatzentscheidungen des BFH zur nachgelagerten Rentenbesteuerung

2 Bonuszahlungen einer privaten Krankenkasse als Beitragserstattung

3 Steuererklärungsfristen für 2019 und für 2020

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

4 Steuererklärungspflicht für 2020 bei Bezug von Kurzarbeitergeld

5 Fahrzeugüberlassung in Zeiten vermehrter Nutzung des Home-Office – Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte

6 Firmenwagen: Berücksichtigung von zeitraumbezogenen Zuzahlungen des Arbeitnehmers

7 Lohnsteuervorteile durch Überlassung eines Mobiltelefons

Für Unternehmer und Freiberufler

8 Überbrückungshilfe III: erneute Erweiterung der Hilfen

9 Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen): Befristete Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen

10 Anforderungen an die Kassenberichte bei Einsatz einer elektronischen Registrierkasse

11 Basisregister und einheitliche Wirtschaftsnummer

12 Leasingsonderzahlung für auch privat genutztes Betriebsfahrzeug nicht sofort abzugsfähig?

13 Weitere Verlängerung der Reinvestitionsfristen

14 Keine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung bei Kassen- und Parkscheinautomaten der Parkraumbewirtschaftung sowie Ladepunkte für Elektro- oder Hybridfahrzeuge

15 Mehrwertsteuer-Digitalpaket: Änderungen für Versandhändler bei Lieferschwellen und Online-Marktplätzen

Für Personengesellschaften

16 FinVerw zur weiteren Erleichterung der unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

17 BFH hält die Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste für verfassungswidrig

Für Hauseigentümer

18 Stellplatzvermietung an Wohnungsmieter umsatzsteuerpflichtig?

19 Kleine Photovoltaikanlagen und vergleichbare Blockheizkraftwerke können ggf. als steuerlich unbeachtlich behandelt werden

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

20 Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung

21 GmbH & atypisch stille Beteiligung

22 Vorliegen von vGA bei Zahlungen auf Rechnungen einer Schein-/Strohmanngesellschaft durch eine GmbH

23 Option zur tariflichen Besteuerung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG auch für die dem Antragsjahr (Erstjahr) folgenden vier Veranlagungszeiträume

Aktuelle Steuergesetzesänderungen: Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz, ATAD-Umsetzungsgesetz, Share Deal

24 Neue Steuergesetze

25 Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz: Option für Personengesellschaften zur Körperschaftsteuer

26 ATAD-Umsetzungsgesetz

27 Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes („Share Deals“)

 

1 Grundsatzentscheidungen des BFH zur nachgelagerten Rentenbesteuerung

Von großer Tragweite sind zwei Grundsatzentscheidungen des BFH v. 19.5.2021 zur nachgelagerten Rentenbesteuerung (Az. X R 33/19 und X R 20/19). In beiden Entscheidungen ging es um Freiberufler, die ihre Beiträge zur Altersversorgung in der Ansparphase auf Grund der damals geltenden Rechtslage nur teilweise als Sonderausgaben steuerlich absetzen konnten, jedoch der nunmehr geltenden nachgelagerten Rentenbesteuerung, also der grds. steuerlichen Erfassung der Rentenzahlungen, unterliegen. Grundsätzlich sieht der BFH keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Einführung der nachgelagerten Besteuerung von Alterseinkünften. In beiden Fällen wurden im Ergebnis die Revisionen abgewiesen. Die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidungen liegt jedoch darin, dass der BFH davon ausgeht, dass es für zukünftige Rentnerjahrgänge zu einer verfassungswidrigen „doppelten Besteuerung” kommen kann und der Gesetzgeber deshalb die aktuell geltenden steuerlichen Regelungen nachbessern muss.

Zum Hintergrund: Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichen Altersvorsorgeprodukten, die steuerlich unterschiedlich behandelt werden. Hieran hat sich durch die Neuregelung der Besteuerung von Alterseinkünften zum 1.1.2005 nur teilweise etwas geändert, da diese Änderungen mit einer langen Übergangsphase verbunden sind. Diese Übergangsphase ist notwendig, da es einerseits um die steuerliche Berücksichtigung der Beitragsleistungen in der Ansparphase und andererseits um die steuerliche Erfassung der Leistungen in der Rentenphase geht. Beide Phasen müssen aufeinander abgestimmt sein.

Seit dieser Reform werden grundsätzlich Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zunehmend steuerlich erfasst, im Gegenzug Altersvorsorgeaufwendungen aber auch ebenso zunehmend als Sonderausgaben steuerlich berücksichtigt. Dieser Übergang zu einer am Ende vollständigen nachgelagerten Besteuerung dauert insgesamt bis zum Jahr 2040. Bei Personen, die im Jahr 2040 oder später in Rente gehen, unterliegt die Rente nach aktueller Gesetzeslage dann in voller Höhe der Besteuerung.

Steuerlich ist hinsichtlich wichtiger Altersvorsorgeprodukte zu unterscheiden:

  • Leibrenten und andere Leistungen aus den gesetzlichen Alterssicherungssystemen: Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Basisrentenverträgen unterliegen seit 2005 grundsätzlich der nachgelagerten Besteuerung, d.h. die steuerliche Erfassung erfolgt in der Rentenphase. Auf Grund des Systemwechsels im Jahre 2005 kommt für die Besteuerung von Renten aus den gesetzlichen Alterssicherungssystemen und Basisrentenverträgen bis zum Jahr 2039 eine Übergangsregelung zur Anwendung. Dabei steigen sowohl die Besteuerung der Leistungen als auch der Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen sukzessive an. Für jede Rente wird der anteilige Rentenbetrag gesondert ermittelt, der zu versteuern ist (Besteuerungsanteil). Maßgebend ist insoweit das Jahr des erstmaligen Rentenbezugs und dieser Rentenanteil bleibt dann für die gesamte Rentenbezugsdauer konstant. Der Besteuerungsanteil bei einem Rentenbeginn im Jahr 2020 beträgt z.B. 80 %.
  • Andere Leibrenten: Lebenslange Leibrenten, die nicht aus einem der gesetzlichen Alterssicherungssysteme bzw. aus einer Basisrente stammen, werden mit dem sog. Ertragsanteil steuerlich erfasst. Mit dem Ertragsanteil soll in typisierender Form der Teil der ab dem Beginn der Auszahlungsphase anfallenden Zinsen ermittelt werden. So beträgt bspw. der Ertragsanteil bei Beginn der Rente mit der Vollendung des 65. Lebensjahres 18 %. Dies betrifft z.B. Renten aus privaten Lebensversicherungen. Andererseits können die Beitragszahlungen grundsätzlich nicht als Sonderausgaben angesetzt werden. Lediglich Beiträge zu Lebens- und Rentenversicherungen, die vor 2005 abgeschlossen wurden, sind als Sonderausgaben abzugsfähig, wobei allerdings Maximalbeträge gelten, die oftmals bereits durch die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung ausgeschöpft sind.
  • Riester-Versicherungen: Der Staat fördert die Riester-Rente sowohl direkt über Zulagen als auch indirekt über Steuervorteile durch den Sonderausgabenabzug von max. 2 100 €. Der Sonderausgabenabzug wird aber nur gewährt, wenn er für die Stpfl. günstiger ist als die Zulagen. Ob das der Fall ist, hängt von mehreren Faktoren ab, etwa der Zahl der Kinder, dem Steuersatz und der gezahlten Riester-Beiträge. Insoweit erfolgt im Rahmen der Steuerveranlagung eine Günstigerprüfung durch das Finanzamt. Entsprechend werden die Leistungen in der Auszahlungsphase besteuert. Allerdings korrespondiert die Höhe der Besteuerung mit der steuerlichen Freistellung der Beiträge in der Ansparphase. Wurden die jeweiligen Beitragszahlungen steuerlich gefördert, dann sind die sich daraus ergebenden Altersleistungen voll nachgelagert zu versteuern. Hat der Anleger hingegen keine Förderung erhalten, werden maximal die entstandenen Erträge und Wertsteigerungen besteuert.
  • Besteuerung von Pensionen: Versorgungsbezüge (insbesondere Beamten- und Werkspensionen) gehören als Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen zu den – nachträglichen – Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Da für diese Altersbezüge anders als für Renten im aktiven Arbeitsleben keine eigenen Beiträge gezahlt werden, unterliegen Versorgungsbezüge grundsätzlich in vollem Umfang der Besteuerung. Allerdings wird der Versorgungsfreibetrag gewährt, so dass ein Teil der Pensionszahlungen steuerfrei ist.

Hinweis:

Im Einzelfall sind weitere Varianten zu differenzieren, so dass die steuerliche Behandlung für jeden Fall unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse zu ermitteln ist.

Entscheidend ist nun der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung deshalb, weil schon aktuell beginnende Renten mit einem hohen Anteil und ab einem Rentenbeginn im Jahr 2040 Renten in vollem Umfang besteuert werden, andererseits aber bei diesem Personenkreis in der langen Rentenansparphase viele Jahre liegen, in denen die Rentenbeiträge nur zu einem geringen Anteil steuerlich berücksichtigt werden konnten. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts müssen die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen „in jedem Fall” so aufeinander abgestimmt sein, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird. Dies wird negativ abgegrenzt: Eine solche doppelte Besteuerung ist dann nicht gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus bereits versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen.

Erstmals hat der X. Senat jetzt konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer etwaigen doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Dabei hat er klargestellt, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen sind.

Alle anderen Beträge, die die FinVerw ebenfalls als „steuerfreien Rentenbezug” in die Vergleichsrechnung einbeziehen möchte, bleiben allerdings nach Auffassung des BFH unberücksichtigt. Sie dienen anderen – überwiegend verfassungsrechtlich gebotenen und daher für den Gesetzgeber nicht dispositiven – Zwecken und können daher nicht nochmals herangezogen werden, um eine doppelte Besteuerung von Renten rechnerisch zu vermeiden. Damit bleibt insbesondere auch der sog. Grundfreibetrag, der das steuerliche Existenzminimum jedes Stpfl. sichern soll, bei der Berechnung des „steuerfreien Rentenbezugs” unberücksichtigt.

Bei Anwendung dieser Berechnungsgrundsätze konnte die Revision der Stpfl. in den Urteilsfällen keinen Erfolg haben. Angesichts der jeweils noch recht hohen Rentenfreibeträge von 46 % (Rentenbeginn im Jahr 2007) bzw. 42 % (Rentenbeginn im Jahr 2009) der Rentenbezüge der Stpfl. ergab sich nach Ansicht des BFH keine doppelte Besteuerung. Diese zeichnet sich allerdings für spätere Rentnerjahrgänge, für die der Rentenfreibetrag nach der gesetzlichen Übergangsregelung immer weiter abgeschmolzen wird, ab. Denn auch diese Rentnerjahrgänge haben erhebliche Teile ihrer Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet.

Hinweis:

Der Gesetzgeber muss nun für künftige Rentnerjahrgänge steuerliche Erleichterungen schaffen, um eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung zu vermeiden.

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2 Bonuszahlungen einer privaten Krankenkasse als Beitragserstattung

Beiträge zu Krankenversicherungen sind unbegrenzt als Sonderausgaben abzugsfähig, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung (KV) sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die – mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile – in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) vergleichbar sind. Über die Basisabsicherung hinausgehende Beiträge, die auf Wahlleistungen wie bspw. Chefarztbehandlung, Ein- oder Zweibettzimmer entfallen, sind nur dann als Sonderausgaben abzugsfähig, soweit die Höchstbeträge von 1 900 € (sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, Beamte und Rentner) bzw. 2 800 € (Selbständige) noch nicht ausgeschöpft wurden, was aber regelmäßig bereits durch die Basisabsicherung gegeben ist.

Im Streitfall bestand eine private Krankenversicherung mit einer Bonusregelung. Die Regelung sah im Wesentlichen Folgendes vor: „In den Tarifstufen (...) erhält der Versicherungsnehmer für jede versicherte Person für jeden versicherten Monat (...) einen Bonus von 30 € – maximal ergibt dies einen Bonus von 360 € je Kalenderjahr je versicherte Person. Der Bonus wird monatlich auf ein Konto des Versicherungsnehmers ausgezahlt. (...) Werden Rechnungen zur Erstattung eingereicht, wird der gesamte jährliche Bonus von 360 € auf den Erstattungsbetrag angerechnet.”

Nach dieser Maßgabe bezogen die Stpfl. für sich und der Stpfl. für die beiden Kinder in den Streitjahren Boni von jährlich 1 080 € (3 x 360 €). Die KV verrechnete die Boni vertragsgemäß mit den zur Erstattung angemeldeten Gesundheitsaufwendungen, und zwar in den Jahren 2014 und 2016 jeweils in voller Höhe (1 080 €) und im Jahr 2015 i.H.v. 922 €. Das Versicherungsunternehmen meldete die Boni gegenüber der FinVerw für jedes Streitjahr i.H.v. 984 € als Beitragserstattung (360 € x 3 x 91,36 % Anteil Basiskrankenversicherungsschutz). Das Finanzamt minderte entsprechend den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge. Hiergegen wandten sich die Stpfl. Sie führten an, in Höhe der Verrechnung der Boni mit Gesundheitsaufwendungen lägen keine Beitragserstattungen vor.

Der BFH bestätigte nun mit Urteil v. 16.12.2020 (Az. X R 31/19) die Vorgehensweise des Finanzamtes. Die Bonuszahlungen haben als Beitragserstattungen den Sonderausgabenabzug gemindert. Als Beiträge sind nur die Zahlungen abzugsfähig, die im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen. Dies ist z.B. für einen vom Stpfl. vereinbarten und getragenen Selbstbehalt nicht der Fall, da die KV insoweit nicht das Risiko übernimmt, für künftige Schadensfälle einzutreten.

Stets sind auch nur solche Aufwendungen abzugsfähig, durch die der Stpfl. letztlich wirtschaftlich belastet ist. Werden dem Stpfl. Versicherungsbeiträge erstattet, mindert die Erstattung im Jahr des Zuflusses den Sonderausgabenabzug. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Zahlung des Versicherungsunternehmens nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt auch als Beitragserstattung und nicht als eine hiervon losgelöste Leistung zu werten ist. Die streitgegenständlichen Boni stellten keine von den Versicherungsbeiträgen der Stpfl. unabhängige Leistungen der KV dar. Sie minderten vielmehr laufend die Gegenleistung, die die Stpfl. für sich und der Stpfl. für die beiden Kinder zu erbringen hatten, um den vertraglich vereinbarten Krankenversicherungsschutz zu erhalten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die KV die als Bonus bezeichneten monatlichen Zahlungen von 30 € je versicherter Person nach den im Streitfall geltenden Versicherungsbedingungen unabhängig davon erbrachte, ob den Stpfl. erstattungsfähiger Gesundheitsaufwand entstanden war oder nicht. Die Bonuszahlungen als solche waren somit garantiert. Der von den Stpfl. in Anspruch genommene – garantierte – Bonus ging damit einher, dass sie Gesundheitsaufwendungen bis zu 360 € je versicherter Person selbst zu tragen hatten. Diese Vereinbarung kommt einem Selbstbehalt gleich. Für einen vertraglich vereinbarten Selbstbehalt wurde bereits entschieden, dass die hieraus entstehenden Aufwendungen nicht als „Beiträge zu Krankenversicherungen” zu werten sind.

Hinweis:

Die Krankenkassen übermitteln im Regelfall die Höhe der Beitragszahlungen an die FinVerw. Die insoweit gemeldete Höhe der Zahlung ist allerdings nicht bindend für die Steuerveranlagung und sollte vom Stpfl. stets überprüft werden.

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3 Steuererklärungsfristen für 2019 und für 2020

Die Steuererklärungsfristen wurden auf Grund der schwierigeren Bedingungen während der Corona-Pandemie sowohl für das Jahr 2019 als auch für 2020 verlängert. Diese stellen sich folgendermaßen dar:

Steuererklärungsjahr

2019

2020

Allgemeine Abgabefrist bei vom Stpfl. selbst erstellter Erklärung

31.7.2020

1.11.2021

Abgabefrist für Steuererklärungen, die von Steuerberatern erstellt werden

31.8.2021

31.5.2022

Wenn Bezieher von Arbeitslohn nicht verpflichtet sind, eine Steuererklärung abzugeben, dies aber freiwillig vornehmen (Antragsveranlagung)

31.12.2023

31.12.2024

Hinweis:

  • Das Finanzamt kann aus verschiedenen Gründen die Steuererklärung auch vor Ablauf dieser Fristen beim Stpfl. anfordern.
  • Zu beachten ist, dass ein Versäumnis dieser Fristen zu Verspätungszuschlägen führt. In solchen Fällen sollte – möglichst vor Ablauf der Frist – mit dem Finanzamt Kontakt aufgenommen und um Fristverlängerung gebeten werden.

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4 Steuererklärungspflicht für 2020 bei Bezug von Kurzarbeitergeld

Personen, die ausschließlich als Arbeitnehmer tätig sind, sind i.d.R. nicht verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, da auf die Lohneinkünfte bereits Lohnsteuer einbehalten wurde. Im Einzelfall kann allerdings die Abgabe einer Steuererklärung sinnvoll sein, wenn z.B. Werbungskosten oder Steuerermäßigungen für Handwerkerleistungen geltend gemacht werden sollen oder Lohneinkünfte nur einen Teil des Jahres bezogen wurden. Eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht allerdings dann, wenn steuerfreie Einkünfte von mehr als 410 € bezogen wurden, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Hierzu zählen z.B. Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- und Elterngeld. Aktuell besteht vor allem eine Erklärungspflicht, wenn in 2020 Kurzarbeitergeld von mehr als 410 € bezogen wurde. Auf der Lohnsteuerbescheinigung für 2020 ist dies in der Zeile 15 ausgewiesen. Über die Lohnsteuerbescheinigung hat auch das Finanzamt Kenntnis über insoweit vom Arbeitgeber aufgezeichnete steuerfreie Leistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen.

Bezieher von solchen steuerfreien Einkünften sollen nun nicht bessergestellt werden als Arbeitnehmer, die durchgängig Lohn bezogen haben. Das Kurzarbeitergeld selbst ist zwar steuerfrei, unterliegt aus diesem Grund aber dem sog. Progressionsvorbehalt, was bedeutet, dass das Kurzarbeitergeld bei der Ermittlung des auf den stpfl. Lohn anzuwendenden Steuersatz einbezogen wird, was angesichts des progressiven Einkommensteuertarifs von Bedeutung ist.

Mit der Abgabe der Steuererklärung kann das Finanzamt die korrekte Steuerberechnung vornehmen. Vielfach führt die vom Finanzamt durchgeführte Steuerveranlagung zu einer Steuererstattung, weil für den Arbeitslohn zu viel Lohnsteuer einbehalten wurde. Es können aber auch Steuernachzahlungen anfallen. Dies ist insbes. dann möglich, wenn in den Monaten der Kurzarbeit die Arbeitszeit nicht auf 0 herabgesetzt wurde, sondern teilweise gearbeitet wurde.

Handlungsempfehlung:

Zunächst sollten Betroffene prüfen, ob eine Steuererklärungspflicht besteht. Wenn dies zu bejahen ist, sollte geprüft werden, ob weitere Werbungskosten, außergewöhnliche Belastungen oder z.B. Kosten für Handwerkerleistungen steuerlich geltend gemacht werden können. Das Ergebnis einer Steuerveranlagung (Steuererstattung oder -nachzahlung) sollte rechtzeitig abgeschätzt werden, damit sich der Stpfl. darauf einstellen kann. Bei Ehegatten kann in Fällen, bei denen der Progressionsvorbehalt zur Anwendung kommt, ggf. auch eine Einzelveranlagung von Vorteil sein.

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5 Fahrzeugüberlassung in Zeiten vermehrter Nutzung des Home-Office – Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte

Das Finanzministerium Schleswig-Holstein hat mit Kurzinformation v. 21.5.2021 zur Frage des Ansatzes eines Nutzungsvorteils für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bei der Firmenwagengestellung nochmals folgende Grundsätze bestätigt:

  • Wird dem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug dauerhaft zur Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte überlassen, so findet die monatliche Zuschlagsregelung mit 0,03 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer – unabhängig von der Möglichkeit der ganzjährigen Einzelbewertung – auch Anwendung für volle Kalendermonate, in denen das Fahrzeug tatsächlich nicht für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird.
  • Die Methode (Anwendung der 0,03 %-Regelung oder Einzelbewertung) darf zwar während des Kalenderjahres nur einheitlich angewendet werden, eine rückwirkende Änderung des Lohnsteuerabzugs (Wechsel von der 0,03 %-Regelung zur Einzelbewertung oder umgekehrt für das gesamte Kalenderjahr) ist jedoch grds. möglich.

Zum Hintergrund: Wird dem Arbeitnehmer ein Firmenwagen gestellt und kann dieser auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt werden, so gilt – soweit nicht ausnahmsweise ein Fahrtenbuch geführt wird – dass grundsätzlich ein pauschaler Ansatz i.H.v. kalendermonatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vorzunehmen ist. In diesem Ansatz ist auch ein Nutzungsausfall, etwa durch Urlaub oder Krankheit, pauschal berücksichtigt. Insoweit gilt allerdings beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber:

  • Möglich ist alternativ zur 0,03 %-Methode eine auf das Kalenderjahr bezogene Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit jeweils 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer für höchstens 180 Tage.
  • Der Arbeitnehmer hat gegenüber dem Arbeitgeber kalendermonatlich fahrzeugbezogen schriftlich zu erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das betriebliche Kfz tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat. Diese Erklärungen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren. Aus Vereinfachungsgründen kann für den Lohnsteuerabzug jeweils die Erklärung des Vormonats zu Grunde gelegt werden.
  • Wird im Lohnsteuerabzugsverfahren eine Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vorgenommen, so hat der Arbeitgeber für alle dem Arbeitnehmer überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge eine jahresbezogene Begrenzung auf insgesamt 180 Fahrten vorzunehmen. Eine monatliche Begrenzung auf 15 Fahrten ist ausgeschlossen.

Handlungsempfehlung:

Mithin kann auch jetzt noch geprüft werden, ob rückwirkend zum 1.1.2021 ein Wechsel zur Einzelbewertung sinnvoll ist. Alternativ kann der Arbeitnehmer auch im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung den Ansatz der Einzelbewertung beantragen, auch wenn im Lohnsteuerabzugsverfahren die pauschale 0,03 %-Regelung angewendet wurde.

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6 Firmenwagen: Berücksichtigung von zeitraumbezogenen Zuzahlungen des Arbeitnehmers

Nicht selten ist die Überlassung eines Firmenwagens an den Arbeitnehmer, welcher diesen auch für private Fahrten verwenden kann, damit verbunden, dass der Arbeitnehmer gewisse Kosten übernimmt oder Zuzahlungen leistet. Dies können Zuzahlungen zu laufenden Kosten sein, genauso aber auch Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten.

Der BFH hatte nun über einen solchen Fall zu entscheiden. Strittig waren die steuerlichen Konsequenzen aus folgender Regelung in der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinsichtlich der Gestellung des Firmenwagens: „Der Arbeitnehmer leistet für die Anschaffung des Fahrzeugs eine einmalige Zuzahlung i.H.v. 20 000,00 €, die er auf das Konto des Arbeitgebers überweist. Die Zuzahlung wird für einen Zeitraum von 96 Monaten gezahlt. Sollte das Fahrzeug vorzeitig zurückgegeben, veräußert oder getauscht werden, werden dem Arbeitnehmer für jeden nicht genutzten Monat 1/96stel erstattet.”

Hierzu hat der BFH nun mit Urteil vom 16.12.2020 (Az. VI R 19/18) entschieden, dass solche zeitraumbezogenen (Einmal-)Zahlungen des Arbeitnehmers für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kfz bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und vorteilsmindernd zu berücksichtigen sind. Das heißt im Streitfall war der monatliche Vorteil für die Privatnutzung, welcher mittels der 1 %-Regelung berechnet wurde, um 208 € (20 000 € / 96 Monate) zu mindern.

Hinweis:

Damit entscheidet der BFH ausdrücklich anders, als dies von der FinVerw vertreten wird. Nach deren Ansicht mindert die vom Arbeitnehmer geleistete Zuzahlung den geldwerten Vorteil bis auf 0 €, bis der Betrag der Zuzahlung insgesamt verrechnet ist.

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7 Lohnsteuervorteile durch Überlassung eines Mobiltelefons

Lohnsteuerfrei sind die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen.

Vor diesem Hintergrund hatte das FG München über folgenden Gestaltungsfall zu entscheiden:

  • Der Arbeitgeber beabsichtigte sein Entlohnungssystem für seine Mitarbeiter zu optimieren. In diesem Rahmen war vorgesehen, den Mitarbeitern steuerfreie Sachzuwendungen und Aufwandsentschädigungen zu gewähren. Unter anderem sollten den Arbeitnehmern Mobiltelefone auch zur privaten Nutzung überlassen werden. Die Mobiltelefone sollten dabei im Eigentum des Arbeitgebers verbleiben. Der insoweit vom Arbeitgeber geleistete Kostenersatz für die mit diesen Telefonen geführten Gespräche sollte lohnsteuerfrei sein.
  • Hierzu schloss der Arbeitgeber mit den jeweiligen Arbeitnehmern Kaufverträge zum Erwerb der ursprünglich den Arbeitnehmern gehörenden Handys. Der Kaufpreis betrug zwischen 1 € und 6 € in bar. Die erworbenen Geräte wurden den jeweiligen Arbeitnehmern unmittelbar wieder zur Nutzung zur Verfügung gestellt.
  • Vertraglich wurde festgelegt, dass den Arbeitnehmern ein Mobilfunktelefon zur Verfügung gestellt und die für das Mobiltelefon entstehenden Kosten des Mobilfunkvertrages (Grundgebühr, Verbindungsentgelte oder auch Flatrate-Gebühr) bis zu einer in den jeweiligen Verträgen vereinbarten monatlichen Höhe vom Arbeitgeber erstattet werden. Die jeweiligen Arbeitnehmer hatten die Kosten des Mobilfunkvertrages, den sie mit einem Mobilfunkanbieter abgeschlossen hatten, nachzuweisen.

Das FG München hat nun mit Urteil v. 20.11.2020 (Az. 8 K 2655/19) die Steuerfreiheit der übernommenen Mobilfunkkosten bestätigt. Entscheidend für die Steuerbefreiung sei, dass der Arbeitnehmer ein betriebliches Gerät privat nutzt. Für den vorliegenden Fall bestätigt das FG, dass die von den Arbeitnehmern erworbenen Geräte dem Arbeitgeber als eigenständiges Wirtschaftsgut zuzurechnen sind, da er sowohl zivilrechtliches als auch wirtschaftliches Eigentum an dem jeweiligen Telefon innehatte. Im Streitfall hatten die Arbeitnehmer zivilrechtlich wirksam ihr damaliges Handy an den Arbeitgeber verkauft. Es ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für eine zivilrechtliche Unwirksamkeit der Übereignung der Handys und es bestanden keine Anzeichen für ein Scheingeschäft.

Der Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift stehe auch nicht entgegen, dass der Arbeitgeber für von den Arbeitnehmern abgeschlossene und auf deren Namen laufende Mobilfunkverträge die Verbindungsentgelte übernahm. Denn es komme allein darauf an, dass der Arbeitgeber die Verbindungsentgelte letztendlich getragen hat.

Hinweis:

Gegen dieses Urteil ist nun unter dem Az. VI R 50/20 die Revision beim BFH anhängig, so dass die Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt ist. In vergleichbaren Fällen kann ggf. eine Absicherung über eine Lohnsteueranrufungsauskunft angezeigt sein.

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8 Überbrückungshilfe III: erneute Erweiterung der Hilfen

Die Überbrückungshilfe III umfasst nach derzeitigem Stand nach wie vor die Phase von November 2020 bis Juni 2021. Allerdings wird das zentrale Programm nun als Überbrückungshilfe III Plus bis Ende September 2021 verlängert.

Im Einzelnen ist auf aktuell eingetretene Änderungen hinzuweisen:

  • Eigenkapitalzuschuss für Unternehmen mit einem Umsatzeinbruch von mindestens 50 % in mind. drei Monaten im Zeitraum von November 2020 bis Juni 2021: Die entsprechenden Monate müssen nicht unmittelbar aufeinander folgen. Es werden nur Monate berücksichtigt, für die Überbrückungshilfe III beantragt wurde. Bei Unternehmen, die November- und/oder Dezemberhilfe erhalten, wird im jeweiligen Monat November und/oder Dezember ein Umsatzrückgang von 50 % angenommen. Der Eigenkapitalzuschuss zur Substanzstärkung beträgt bis zu 40 % der förderfähigen Fixkosten. Insoweit erfolgt eine Staffelung des Eigenkapitalzuschusses nach der Anzahl der Monate mit einem Umsatzeinbruch von mindestens 50 %. Der Eigenkapitalzuschuss wird gewährt, wenn mindestens drei Monate mit einem Umsatzeinbruch von mindestens 50 % vorliegen.

    Beispiel:

    Ein Unternehmen A erleidet in den Monaten Januar, Februar und März 2021 einen Umsatzeinbruch von 55 %. Das Unternehmen hat jeden Monat 10 000 € betriebliche Fixkosten (u.a. Mietverpflichtungen, Zinsaufwendungen und Ausgaben für Elektrizität, Wasser und Heizung) und beantragt dafür die Überbrückungshilfe III. Das Unternehmen erhält eine reguläre Förderung aus der Überbrückungshilfe III i.H.v. jeweils 6 000 € für Januar, Februar und März (60 % v. 10 000 €). Es erhält für den Monat März zusätzlich einen Eigenkapitalzuschuss i.H.v. 1 500 € (25 % v. 6 000 €).

  • Erhöhung der Fixkostenerstattung auf 100 % für Unternehmen mit einem Umsatzeinbruch von mehr als 70 %: Nach wie vor muss für jeden Monat des Förderzeitraums geprüft werden, ob Überbrückungshilfe III gewährt wird. Dies ist dann gegeben, wenn in dem einzelnen Monat ein Umsatzeinbruch (verglichen mit dem Vergleichsmonat 2019) von mindestens 30 % vorliegt. Die Fixkostenerstattung ist wie folgt gestaffelt:

    Umsatzrückgang

    Förderfähige Fixkosten

    > 70 %

    Bis zu 100 %

    ≥ 50 % und ≤ 70 %

    Bis zu 60 %

    ≥ 30 % und < 50 %

    Bis zu 40 %

  • Antragsberechtigung für kirchliche Unternehmen und bis 31.10.2020 gegründete Start-ups.
  • Sonderabschreibungsmöglichkeiten für mehr Waren (bisher nur Winterware und verderbliche Ware) auf Hersteller, Großhändler und professionelle Verwender erweitert.
  • Für Unternehmen der Veranstaltungs-, Kultur- und Reisewirtschaft wird zusätzlich zur allgemeinen Personalkostenpauschale für jeden Fördermonat eine Anschubhilfe i.H.v. 20 % der Lohnsumme eingeführt, die im entsprechenden Referenzmonat 2019 angefallen wäre. Die maximale Gesamtförderhöhe dieser Anschubhilfe beträgt 2 Mio. €.
  • Die Veranstaltungs- und Kulturbranche kann zusätzlich Ausfall- und Vorbereitungskosten, die bis zu 12 Monate vor Beginn des geplanten Veranstaltungsdatums angefallen sind, geltend machen.
  • Antragstellenden wird in begründeten Fällen bei außergewöhnlichen betrieblichen Umständen die Möglichkeit eingeräumt, alternative Vergleichszeiträume zur Ermittlung des Umsatzrückgangs im Jahr 2019 zu wählen: Antragsteller haben bei begründeten außergewöhnlichen betrieblichen Umständen (z.B. Umbau, längere Elternzeit, krankheitsbedingte Schließung) die Möglichkeit, den monatlichen Durchschnittsumsatz eines Quartals von 2019 (z.B. Q1: Januar bis März 2019 oder Q3: Juli bis September 2019) als Vergleichsumsatz heranzuziehen. Alternativ kann in solchen Fällen auf den Durchschnitt aller Monate im Jahr 2019, in denen ein Umsatz erzielt wurde, abgestellt werden. Insoweit muss der Ansatz des abweichenden Zeitraums begründet und nachgewiesen werden.
  • Unternehmen und Soloselbständige erhalten nachträgliches Wahlrecht zwischen Neustarthilfe und Überbrückungshilfe III zum Zeitpunkt der Schlussabrechnung.

Gefördert werden auch Kosten für Digitalisierungs- und Hygienemaßnahmen. Die Hygienemaßnahmen müssen Teil eines schlüssigen Hygienekonzeptes sein. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass eine Begründung und eine Einzelfallprüfung in jedem Fall erforderlich sind. In den FAQ zur Überbrückungshilfe werden Beispiele für solche Maßnahmen genannt, die als Orientierungshilfe herangezogen werden können, allerdings einer Überprüfung im Einzelfall bedürfen:

Beispiele für Investitionen in Digitalisierung

Beispiele für bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen

Beispiele für Hygienemaßnahmen bzw. Maßnahmen zur temporären Verlagerung des Geschäftsbetriebs in Außenbereiche

  • Aufbau oder Erweiterung eines Online-Shops
  • Eintrittskosten bei großen Plattformen
  • Lizenzen für Videokonferenzsystem
  • Bearbeitung/Aktualisierung des Internetauftritts/der Homepage zur Umsetzung von Click-and-Collect- oder Click-and-Meet-Konzepten
  • Anschaffung von Hardware und Software-Lizenzen zur Umsetzung von Homeoffice-Lösungen
  • Investitionen in digitales Marketing (Social Media, SEO, SEA, E-Mail Marketing etc.)
  • Neuinvestitionen in Social-Media-Aktivitäten
  • Kompetenz-Workshops in digitalen Anwendungen
  • Weiterbildungsmaßnahmen zur Weiterentwicklung digitaler Geschäftsmodelle
  • Update von Softwaresystemen zur Weiterentwicklung digitaler Geschäftsmodelle
  • Implementierung von digitalen Buchungs-, Reservierungs- und Warenwirtschaftssystemen
  • Wechsel des Kassensystems, um neue digitale Services zu ermöglichen, z.B. „am Tisch per Handy ordern”
  • Entwicklung oder Anpassung einer App für Kundenregistrierung
  • Ausrüstung zur Bereitstellung digitaler Service-Angebote (Kamera, Mikrofon etc.)
  • Foto-/Video-Shootings, wenn sie zur Ausübung der betrieblichen oder selbständigen Tätigkeit erforderlich sind
  • Abtrennungen, Trennwände und Plexiglas
  • Teilung von Räumen
  • Absperrungen oder Trennschilder
  • Errichtung von Doppelstrukturen im Indoorbereich, um Schlangenbildung im To-Go-Geschäft vorzubeugen (zweite Theke)
  • Umstrukturierung des Gastraums im Restaurantbereich zur Einhaltung der Sitzabstände (z.B. Elektroinstallationsarbeiten zur Verlegung von Lampen über den Tischen)
  • Umrüstung von Türschließanlagen auf kontaktlos
  • Bauliche Erweiterung des Außenbereichs
  • Bauliche Maßnahmen zur Nutzung des Außenbereichs bei schlechterem Wetter (z.B. Überdachung)
  • Anschaffung mobiler Luftreiniger, z.B. durch Hepafilter oder UVC-Licht
  • Nachrüstung bereits bestehender stationärer Luftreiniger bspw. durch Hepafilter oder UVC-Licht
  • Anschaffung Handtrockner,
    z.B. mit Hepafilter oder UVC-Licht
  • Anschaffung Dampfreiniger mit UVC-Licht zur Oberflächen- und Bodenreinigung
  • Anschaffung von Besucher-/Kundenzählgeräten
  • Anschaffung mobiler Raumteiler
  • Schulung von Mitarbeiter/innen zu Hygienemaßnahmen
  • Nicht-bauliche Maßnahmen zur Nutzung des Außenbereichs bei schlechterem Wetter (Heizpilz, Sonnenschirm etc.)
  • Einmalartikel zur Umsetzung von Hygienemaßnahmen, wie Schnelltests, Desinfektionsmitteln und Schutzmasken

Im Übrigen gilt für den Ansatz von baulichen Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen:

  • Förderfähig sind Kosten, die im Zeitraum März 2020 bis Juni 2021 angefallen sind.
  • Die Kosten, die ab November 2020 anfallen, sind dem jeweiligen Fördermonat zuzuordnen. Die Kosten März 2020 bis Oktober 2020 können frei auf den Förderzeitraum verteilt werden.
  • Dabei ist für jeden einzelnen Monat die Höchstgrenze von 20 000 € zu beachten.
  • Das Fehlen einer Schlussrechnung zum Zeitpunkt der Antragstellung steht der Erstattungsfähigkeit der Kosten nicht entgegen; eine reine Beauftragung der baulichen Maßnahmen reicht hingegen nicht aus; es ist mindestens eine Zwischenrechnung erforderlich.

Hinweis:

Zur Überbrückungshilfe III gilt, dass Neuanträge bis zum 31.10.2021 gestellt werden können. Allerdings wurden Abschlagszahlungen nur für Neuanträge gewährt, die bis 30.5.2021 gestellt wurden.

Weiterhin können mittlerweile auch Änderungsanträge für bereits gestellte Anträge (sowohl bewilligte/teilbewilligte als auch noch nicht bewilligte/teilbewilligte Anträge) gestellt werden. Dies bietet die Möglichkeit, weitere Fördermonate einzubeziehen und von den mittlerweile erweiterten Fördermöglichkeiten auch in diesen Fällen zu profitieren, in denen ein Antrag schon frühzeitig gestellt wurde. Alternativ können die Änderungen auch in der späteren Schlussabrechnung berücksichtigt werden, was aber wohl mit einer späteren Auszahlung der Hilfe verbunden ist.

Neu ist die Verlängerung der Überbrückungshilfe III bis September 2021 – sog. „Überbrückungshilfe III Plus”:

  • Inhaltlich ist das Programm Überbrückungshilfe III Plus weitgehend identisch mit der Überbrückungshilfe III. Insbesondere sind auch in der Überbrückungshilfe III Plus nur Unternehmen mit einem Corona-bedingten Umsatzeinbruch von mind. 30 % antragsberechtigt.
  • Neu im Programm der Überbrückungshilfe III Plus ist, dass Unternehmen, die im Zuge der Wiedereröffnung Personal aus der Kurzarbeit zurückholen, neu einstellen oder anderweitig die Beschäftigung erhöhen, wahlweise zur bestehenden Personalkostenpauschale eine Personalkostenhilfe („Restart-Prämie”) als Zuschuss zu den dadurch steigenden Personalkosten erhalten können. Konkret werden folgende Zuschüsse gewährt: Auf die Differenz der tatsächlichen Personalkosten im Fördermonat Juli 2021 zu den Personalkosten im Mai 2021 wird ein Zuschuss von 60 % gewährt, im August beträgt der Zuschuss 40 % und im September 20 %. Nach September 2021 wird kein Zuschuss mehr gewährt.
  • Ersetzt werden künftig Anwalts- und Gerichtskosten von bis zu 20 000 € pro Monat für die insolvenzabwendende Restrukturierung von Unternehmen in einer drohenden Zahlungsunfähigkeit.
  • Auch wird die Neustarthilfe für Soloselbständige verlängert und erhöht sich von bis zu 1 250 € pro Monat für den Zeitraum von Januar bis Juni 2021 auf bis zu 1 500 € pro Monat für den Zeitraum von Juli bis September 2021.

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9 Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen): Befristete Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen

Entnimmt der Stpfl. aus dem Unternehmen Waren für seinen privaten Verbrauch, so ist diese Entnahme bei der Gewinnermittlung gewinnerhöhend zu berücksichtigen, um den vorherigen Betriebsausgabenabzug beim Warenbezug zu kompensieren. Ebenfalls sind die Entnahmen der Umsatzsteuer zu unterwerfen, da beim zuvor erfolgten Warenbezug auch Vorsteuern geltend gemacht wurden. Für bestimmte Einzelhandelsgeschäfte und Gaststätten hat die FinVerw Pauschalbeträge festgesetzt, welche vom Stpfl. angesetzt werden können, so dass Einzelaufzeichnungen entbehrlich werden.

Durch das Corona-Steuerhilfegesetz war für die nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.7.2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken der ermäßigte Steuersatz der Umsatzsteuer anzuwenden. Diese Regelung wurde mit dem Dritten Corona-Steuerhilfegesetz über den 30.6.2021 befristet bis zum 31.12.2022 verlängert. Dies wurde nun in den Sachbezugswerten für den Zeitraum ab 1.7.2020 berücksichtigt. Das BMF hat nun mit Schreiben v. 15.6.2021 die Werte für den Zeitraum 1.7.2021 bis 31.12.2021 bekannt gegeben. Diese bleiben – entgegen der Anfang diesen Jahres bekannt gegebenen Werte – identisch mit denen des ersten Halbjahres und betragen:

Gewerbezweig

Halbjahreswert für eine Person ohne Umsatzsteuer

 

7 % USt

19 % USt

insgesamt

Bäckerei

664 €

154 €

818 €

Fleischerei/Metzgerei

637 €

255 €

892 €

Gaststätten aller Art

 

   

   

a) mit Abgabe von kalten Speisen

731 €

376 €

1 107 €

b) mit Abgabe von kalten und warmen Speisen

1 247 €

443 €

1 690 €

Getränkeeinzelhandel

54 €

155 €

209 €

Café und Konditorei

637 €

269 €

906 €

Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier (Einzelhandel)

302 €

41 €

343 €

Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel)

617 €

309 €

926 €

Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffeln (Einzelhandel)

141 €

121 €

262 €

Handlungsempfehlung:

Die bisherigen Werte können somit für das zweite Halbjahr 2021 fortgeführt werden.

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10 Anforderungen an die Kassenberichte bei Einsatz einer elektronischen Registrierkasse

Nach wie vor besteht in der Praxis vielfach Streit über die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung. Bei Bareinnahmen kann sowohl eine „offene Ladenkasse” geführt als auch eine elektronische Registrierkasse eingesetzt werden. Bei einer Vielzahl an Bareinnahmen wird in der Praxis regelmäßig eine elektronische Registrierkasse eingesetzt. Die Aufzeichnung der einzelnen Kassenvorgänge erfolgt dann in der elektronischen Registrierkasse. Diese muss die gesetzlich geforderten Voraussetzungen erfüllen, so die Einzelaufzeichnung und Speicherung der Daten und die Ausrüstung mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung.

In einem vor dem FG Münster strittigen Fall war nun fraglich, wie in einer solchen Situation, also bei Einsatz einer elektronischen Registrierkasse, das Kassenbuch beschaffen sein muss. Die Stpfl. betrieb in den Streitjahren einen Irish Pub mit Getränke- und Speisenangebot. Sie ermittelte ihren Gewinn durch Bilanzierung und verwendete für die Erfassung der Bareinnahmen im Pub eine elektronische Registrierkasse. Die in den vollständig vorliegenden Z-Bons ausgewiesenen Einnahmen übertrug die Stpfl. unter Ergänzung von Ausgaben und Bankeinzahlungen in eine Excel-Tabelle, mit der sie täglich den Soll- mit dem Ist-Bestand der Kasse abglich. Darüber hinausgehende Kassenberichte erstellte die Stpfl. nicht.

Das Finanzamt beanstandete insbes. die Verwendung der Excel-Tabelle im Rahmen der Kassenführung. Wegen der jederzeitigen Änderbarkeit erfülle die Verwendung eines solchen Computerprogramms nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung. Das FG bestätigte dagegen insoweit die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung. Die Bareinnahmen seien ordnungsgemäß in der elektronischen Registrierkasse erfasst. Der tägliche Abgleich von Soll- und Ist-Bestand durch Nutzung einer Excel-Tabelle sei unschädlich, da ein derartiger Kassensturz nach den gesetzlichen Vorgaben gar nicht erforderlich sei.

Handlungsempfehlung:

Nach wie vor gilt die Empfehlung, dass die Kassenführung in regelmäßigen Abständen auf ihre Ordnungsmäßigkeit hin überprüft werden sollte. Dabei müssen auch die Ordnungsmäßigkeit der Verfahrensdokumentation und die betrieblichen Kontrollen betreffend der tatsächlichen Handhabung mit einbezogen werden. Das besprochene Urteil stellt eine für die Praxis hilfreiche Abgrenzung und Klarstellung dar.

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11 Basisregister und einheitliche Wirtschaftsnummer

Bei natürlichen Personen erfolgt eine eindeutige Identifikation bei vielen Verwaltungsprozessen mittels der steuerlichen Identifikationsnummer, die jeder natürlichen Person unveränderlich zugeteilt wird. Bei Wirtschaftsunternehmen ist dieser Schritt noch nicht gegangen worden. Dies führt dazu, dass Informationen zu einem Unternehmen oftmals in verschiedensten Registern vorhanden sind, aber eine Zusammenführung mangels eindeutiger Identifikation nicht oder nur mit sehr großem Aufwand möglich ist. Diese Situation war Anlass für das „Gesetz zur Errichtung und Führung eines Registers über Unternehmensbasisdaten und zur Einführung einer bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer für Unternehmen und zur Änderung weiterer Gesetze” (Unternehmensbasisdatenregistergesetz – UBRegG), das die Rechtsgrundlage für die Schaffung des sog. Registers über Unternehmensbasisdaten darstellt. Das Register wird alle Stammdaten wie Namen, Sitz, Geschäftsanschrift, Rechtsform und Wirtschaftszweig erfassen. Es schafft weiterhin die Voraussetzungen für die Einführung einer bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer, um eine register- und verwaltungsübergreifende Identifikation der Unternehmen zu ermöglichen. Als solche dient die bereits existierende Wirtschafts-Identifikationsnummer (steuerliche Identifikationsnummer). In der Praxis ist deren Einführung allerdings noch nicht erfolgt.

Hinweis:

Der bereits bestehende Datenaustausch bei natürlichen Personen mittels der steuerlichen Identifikationsnummer zeigt die deutliche Vereinfachung der Abläufe. Abzuwarten bleibt, wann ein solcher Schritt auch für Wirtschaftsunternehmen tatsächlich umgesetzt wird.

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12 Leasingsonderzahlung für auch privat genutztes Betriebsfahrzeug nicht sofort abzugsfähig?

Überwiegend betrieblich genutzte Fahrzeuge (Nutzungsanteil über 50 %) sind notwendiges steuerliches Betriebsvermögen und damit sind die hierdurch verursachten Kosten als Betriebsausgaben abzugsfähig. Wird das Fahrzeug auch für private Zwecke genutzt, so ist insoweit eine Entnahme zu erfassen, um den steuerlichen Aufwand auf den betrieblichen Anteil zu beschränken.

Bei solchen Fahrzeugen ergibt sich vielfach allerdings tatsächlich ein geringerer betrieblicher Nutzungsanteil als 50 %. Um dieser Problematik zu entgehen, werden in der Praxis Gestaltungen gesucht. Über einen solchen Fall hatte das FG Schleswig-Holstein zu entscheiden. Der Entscheidungssachverhalt lag – verkürzt dargestellt – wie folgt: Der Stpfl. schloss im Dezember einen Leasingvertrag über 36 Monate ab und leistete eine hohe Leasingsonderzahlung. Den Pkw nutzte er im Dezember überproportional betrieblich und machte deshalb eine entsprechende Quote der Kfz-Aufwendungen einschl. der Leasingsonderzahlung als Betriebsausgabe geltend. In den Folgejahren betrug die betriebliche Nutzung weniger als 20 %; der Stpfl. machte deshalb in der Folgezeit nur noch 0,30 € pro km für die mit dem Pkw durchgeführten Betriebsfahrten geltend.

Das FG Schleswig-Holstein hat hierzu mit Urteil v. 23.11.2020 (Az. 3 K 1/20) festgestellt:

  • Wird ein geleaster Pkw für berufliche Zwecke genutzt und werden steuerlich die tatsächlichen Kosten geltend gemacht, stellt eine zu Beginn der Nutzungsdauer geleistete Leasingsonderzahlung in Höhe der anteiligen beruflichen Nutzung des Fahrzeugs Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben dar.
  • Die Vereinbarung einer Leasingsonderzahlung stellt grundsätzlich keinen Gestaltungsmissbrauch dar. Gestaltungsmissbrauch ist aber gegeben, wenn die Zahlung in einem Monat mit ungewöhnlich hoher beruflicher Nutzung des Fahrzeugs geleistet wird und dies auf eine planvolle Gestaltung zurückgeht.

Im Streitfall hat das Finanzgericht den vollen Betriebsausgabenabzug der Leasingsonderzahlung abgelehnt. Das FG verneint insbesondere das Vorliegen von notwendigem Betriebsvermögen. Zwar lag vorliegend im Dezember 2013 die betriebliche Nutzung bei 71 %. Jedoch muss eine solche Ermittlung über einen längeren repräsentativen Zeitraum erfolgen. Ein Zeitraum von nur drei Wochen und zwei Tagen reicht nach Auffassung des FG für die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen nicht aus. Dies würde sonst zu einer eher willkürlichen und zufälligen Berücksichtigung sowohl zum Betriebs- als auch zum Privatvermögen führen und einen Gestaltungsmissbrauch ermöglichen. Die Verwaltungsauffassung sieht in diesem Zusammenhang einen repräsentativen Zeitraum von (mindestens) drei Monaten für angemessen, was durch das Gericht bestätigt wurde. Im Ergebnis wurde die Leasingsonderzahlung nur entsprechend des laufzeitbezogenen Anteils der unternehmerischen Nutzung als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe zugelassen.

Handlungsempfehlung:

Gegen dieses Urteil ist nun unter dem Az. VIII R 1/21 die Revision vor dem BFH anhängig. Die Rechtsfrage ist also noch nicht geklärt. In vergleichbaren Fällen ist jedoch Vorsicht geboten, da das Risiko einer Nichtanerkennung besteht.

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13 Weitere Verlängerung der Reinvestitionsfristen

Die Reinvestitionsfristen betreffend Gewinne aus der Veräußerung langfristig gehaltenen Grundbesitzes (§ 6b EStG) sind um ein weiteres Jahr verlängert worden. Soweit eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 28.2.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist erst am Schluss des zweiten darauffolgenden Wirtschaftsjahres. Generell wird die Reinvestitionsfrist um ein Jahr verlängert, sofern eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 31.12.2020, aber vor dem 1.1.2022 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und aufgelöst werden müsste.

Auch die Investitionsfrist für Investitionsabzugsbeträge ist abermals verlängert worden: läuft die dreijährige oder bereits verlängerte vierjährige Frist in 2021 aus, können die Investitionen noch steuerunschädlich im Jahr 2022 erfolgen.

Handlungsempfehlung:

In diesen Fällen ist anzuraten, steuerlichen Rat einzuholen, da die Einhaltung der Reinvestitionsfristen große materielle Bedeutung haben kann.

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14 Keine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung bei Kassen- und Parkscheinautomaten der Parkraumbewirtschaftung sowie Ladepunkte für Elektro- oder Hybridfahrzeuge

Auch wenn Kassen- und Parkscheinautomaten der Parkraumbewirtschaftung sowie Ladepunkte für Elektro- oder Hybridfahrzeuge über Bezahlfunktionen verfügen, brauchen diese nicht wie andere elektronische Kassensysteme durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung geschützt zu werden. Nach aktuellem Recht fallen diese zwar noch unter den Anwendungsbereich der Kassensicherungsverordnung. Es soll aber eine gesetzliche Änderung erfolgen. Die FinVerw hat im Vorgriff auf die Änderung der Kassensicherungsverordnung die Pflicht zur Aufrüstung dieser Systeme mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung bis zum Inkrafttreten dieser Änderung ausgesetzt (so Schreiben des BMF v. 3.5.2021, Az. IV A 4 – S 0319/21/10001 :001). Der Änderung der Kassensicherungsverordnung hat der Bundesrat am 25.6.2021 zugestimmt, so dass diese dann auch kurzfristig in Kraft treten kann.

Handlungsempfehlung:

Soweit also aktuell Aufrüstungen/Neuanschaffungen in diesem Bereich vorgesehen sind, sollten diese nun bestätigten geringeren Anforderungen berücksichtigt werden.

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15 Mehrwertsteuer-Digitalpaket: Änderungen für Versandhändler bei Lieferschwellen und Online-Marktplätzen

Die zweite Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets ist im Wesentlichen zum 1.7.2021 in Kraft getreten. Änderungen ergeben sich insbesondere

  • für Versandhändler hinsichtlich der für die Bestimmung des Orts einer Lieferung relevanten Lieferschwellen und
  • für Online-Marktplätze.

Auf die wichtigsten Regelungen gehen wir im Folgenden nochmals ein.

Versandhandelsregelung und Lieferschwellen

Für den Versandhandel an Verbraucher aus EU-Mitgliedsstaaten gelten nun folgende Regelungen, wobei sich die Darstellung auf die wesentlichen Grundzüge beschränkt:

  • Die nationalen Lieferschwellen sind durch eine EU-weit einheitliche, sämtliche EU-Mitgliedsstaaten umfassende einzige Lieferschwelle i.H.v. 10 000 € ersetzt worden. Wird diese überschritten, so gilt bei Lieferungen an Endverbraucher das Bestimmungslandprinzip. Ansonsten sind die Lieferungen an Endabnehmer in anderen EU-Staaten in Deutschland steuerpflichtig.

    Hinweis:

    Großbritannien ist seit dem Brexit als Drittland einzustufen, so dass Lieferungen an Endverbraucher in Großbritannien stets dort der Umsatzsteuer unterliegen und daher eine Registrierung bei der britischen Finanzbehörde erforderlich ist.

  • Begrifflich werden Lieferungen an private Verbraucher oder andere Nicht-Unternehmer im EU-Ausland nun als „Fernverkauf” bezeichnet, wenn der Händler den Transport veranlasst.
  • Entscheidend ist ausschließlich der Warentransport, nicht jedoch die Ansässigkeit des Online-Händlers selbst. Das heißt auch folgender Fall wird als Fernverkauf behandelt: Ein Online-Händler aus China unterhält in Deutschland ein Warenlager und beliefert aus diesem heraus EU-weit Endverbraucher.
  • Anders kann dies dann sein, wenn sog. Fulfillment-Strukturen genutzt werden, wie dies z.B. der Versandhändler Amazon vornimmt. In diesen Systemen wird der Kunde aus einem Versandlager im Bestimmungsland beliefert, um eine schnelle Lieferung sicherzustellen. Daneben kommt es je nach lokaler Nachfrage dazu, dass Waren durch den Dienstleister selbständig von einem Fulfillment-Lager in ein anderes Fulfillment-Lager eines weiteren EU-Mitgliedsstaates umgelagert werden. Diese Umlagerungen sind keine Lieferungen an Endverbraucher, so dass diese den üblichen USt-Regeln unterliegen und daher als ein umsatzsteuerpflichtiges innergemeinschaftliches Verbringen und korrespondierend im Bestimmungsland als innergemeinschaftlicher Erwerb einzustufen sind.

„One-Stop-Shop”:

  • Wird die Lieferschwelle überschritten, so unterliegen die Fernverkäufe grds. im Bestimmungsland der Umsatzsteuer. Dies erfordert im Grundsatz in jedem betroffenen EU-Land eine Registrierung und eine Erfüllung der umsatzsteuerlichen Pflichten. Insofern bietet nun die neue „einzige Anlaufstelle” („One-Stop-Shop”) beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) für den deutschen Online-Händler die Möglichkeit, diese Erklärungs- und Zahlungspflichten zentral mit dem BZSt als einziger Anlaufstelle zu erfüllen. Damit wird die EU-weite Umsatzsteuer-Compliance deutlich vereinfacht.

    Hinweis:

    Auch Online-Händler, die die EU-Lieferschwelle von 10 000 € nicht überschreiten, können freiwillig ihre europäischen USt-Pflichten über den One-Stop-Shop erfüllen, indem auf die Anwendung der Schwelle verzichtet wird.

Reihengeschäfts-Fiktion und Haftung bei Vertrieb über Online-Plattformen:

  • Mit umfassenden Haftungsregeln zu Lasten der Betreiber von Online-Plattformen soll sichergestellt werden, dass alle über diese Plattformen gehandelten Waren auch umsatzsteuerlich erfasst werden.
  • Dies wurde nun noch weitergeführt für Händler, die in einem Drittland ansässig sind und die Ware über einen Online-Marktplatz vertreiben: Die Online-Marktplätze werden seit dem 1.7.2021 per fingiertem Reihengeschäft so behandelt, als ob sie selbst die Ware vom Online-Händler mit Sitz im Drittland eingekauft und diese im Anschluss an den Verbraucher weiterverkauft hätten. Die Lieferung des Online-Händlers an den Marktplatzbetreiber ist dann umsatzsteuerfrei und die Lieferung des Marktplatzbetreibers an den Endkunden wird mit Umsatzsteuer belastet. Damit werden die Online-Marktplatzbetreiber zum Steuerschuldner.

Handlungsempfehlung:

Sorgfältig ist zu prüfen, ob im Einzelfall Änderungen eintreten. Dabei sind die vorkommenden Lieferungen im Detail zu würdigen. Vorstehend konnten nur Grundzüge dargestellt werden. Insoweit sind dann die betrieblichen Abläufe umzustellen. In der Regel müssen die Warenwirtschafts- und Abrechnungssysteme entsprechend umgestellt werden.

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16 FinVerw zur weiteren Erleichterung der unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen

Gesetzlich ist ausdrücklich vorgesehen, dass Mitunternehmeranteile unentgeltlich übertragen werden können, ohne dass dies zur Aufdeckung stiller Reserven führt. Dies ist vor allem dann von Interesse, wenn im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge Mitunternehmeranteile auf die nächste Familiengeneration übertragen werden sollen. In diesen Fällen ist eine hohe Flexibilität gefragt. So sollen oftmals vom Übertragenden an die Personengesellschaft überlassene Wirtschaftsgüter – also steuerliches Sonderbetriebsvermögen – zur finanziellen Absicherung zurückbehalten werden oder es werden im Vorgriff auf die Übertragung des Mitunternehmeranteils einzelne Wirtschaftsgüter steuerlich zu Buchwerten in eine separate Gesellschaft übertragen.

In all diesen Fällen ist darauf zu achten, dass die Voraussetzungen für eine Buchwertübertragung des Mitunternehmeranteils gewahrt sind. Die Rechtsprechung des BFH hat insoweit in den letzten Jahren die Gestaltungsspielräume für Stpfl. zunehmend ausgeweitet. Bereits mit Schreiben des BMF v. 20.11.2019 (Az. IV C 6 – S 2241/15/10003) ist die FinVerw dieser Rechtsprechung weitgehend gefolgt. Nun erfolgten weitere – für die Praxis vorteilhafte – Klarstellungen durch Schreiben v. 5.5.2021 (Az. IV C 6 — S 2240/19/10003 :017). Dies betrifft vor allem die Behandlung von sog. Sonderbetriebsvermögen im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung des Mitunternehmeranteils. Sonderbetriebsvermögen liegt insbes. dann vor, wenn der Gesellschafter im Privatvermögen eine Immobilie hält, die der Personengesellschaft zur betrieblichen Nutzung überlassen wird. Vielfach ist es bei der vorweggenommen Erbfolge Wunsch der Seniorgeneration, solche Immobilien zunächst noch zurückzubehalten, um eine sichere Versorgung zu gewährleisten. Hierzu führt die FinVerw aus:

  • Grundsätzlich ist es nach wie vor für die Übertragung des Personengesellschaftsanteils ohne Aufdeckung stiller Reserven („zu Buchwerten”) schädlich, wenn funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen zurückbehalten und zeitgleich in das Privatvermögen des Übertragenden überführt wird.
  • Allerdings ist es unschädlich, wenn Sonderbetriebsvermögen durch Veräußerung an Dritte oder Überführung in das Privatvermögen vor der Anteilsübertragung ausscheidet. Es reicht aus, wenn das Sonderbetriebsvermögen eine juristische Sekunde vor dem (verbleibenden) Mitunternehmeranteil veräußert bzw. entnommen wird.
  • Nach wie vor kann solches Sonderbetriebsvermögen auch ohne Aufdeckung stiller Reserven in ein anderes Betriebsvermögen des Übertragenden überführt werden.

    Beispiel:

    V ist Kommanditist einer Personengesellschaft. Dieser vermietet eine ihm gehörende Immobilie an die KG zur betrieblichen Nutzung. Ziel ist die unentgeltliche Übertragung der Kommanditbeteiligung auf den Sohn S unter Zurückbehaltung der Immobilie. Der gesamte Vorgang soll ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen.

    Lösung:

    V gründet zunächst eine neue GmbH & Co. KG und überträgt die Immobilie zu Buchwerten auf diese. Sodann wird die Kommanditbeteiligung zu Buchwerten auf S übertragen.

Handlungsempfehlung:

Derartige Vorgänge sind steuerlich komplex und benötigen stets steuerliche Beratung.

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17 BFH hält die Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste für verfassungswidrig

Der VIII. Senat des BFH hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass nach den gesetzlichen Vorgaben Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien und nicht mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen.

Zum Hintergrund: Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 hat die Besteuerung von Kapitalanlagen, die dem steuerlichen Privatvermögen zuzurechnen sind, grundlegend neu gestaltet. Durch die Zuordnung von Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (u.a. Aktien) zu den Einkünften aus Kapitalvermögen unterliegen die dabei realisierten Wertveränderungen – also Gewinne und Verluste – in vollem Umfang und unabhängig von einer Haltefrist der Besteuerung. Allerdings ist die Geltendmachung von Verlusten in zweierlei Weise eingeschränkt:

  • Da Einkünfte aus Kapitalvermögen grds. abgeltend mit einem speziellen Steuersatz von 25 % besteuert werden, ist gesetzlich vorgesehen, dass Verluste aus Kapitalvermögen nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden dürfen.
  • Eine zusätzliche Verlustverrechnungsbeschränkung gilt für Verluste aus der Veräußerung von Aktien. Diese dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern nur mit Gewinnen, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden. Nach der Gesetzesbegründung sollen dadurch Risiken für den Staatshaushalt verhindert werden.

Im Streitfall hatte der Stpfl. aus der Veräußerung von Aktien ausschließlich Verluste erzielt. Er beantragte, diese Verluste mit seinen sonstigen Einkünften aus Kapitalvermögen, die nicht aus Aktienveräußerungsgewinnen bestanden, zu verrechnen. Nach Auffassung des BFH bewirkt die besondere Verlustverrechnungsbeschränkung für Verluste aus Aktienengagements eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil sie Stpfl. ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sie Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder anderer Kapitalanlagen erzielt haben. Eine Rechtfertigung für diese nicht folgerichtige Ausgestaltung der Verlustausgleichsregelung für Aktienveräußerungsverluste ergebe sich weder aus der Gefahr der Entstehung erheblicher Steuermindereinnahmen noch aus dem Gesichtspunkt der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen oder aus anderen außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszielen. Der rein fiskalische Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung komme als Rechtfertigungsgrund nicht in Betracht.

Handlungsempfehlung:

Ob das geltende Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist, muss nun das Bundesverfassungsgericht prüfen. Insoweit sollten Steuerfälle mit Verlusten aus Aktienverkäufen und gleichzeitig positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verfahrensrechtlich offengehalten werden, um ggf. von einer Bestätigung der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht profitieren zu können.

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18 Stellplatzvermietung an Wohnungsmieter umsatzsteuerpflichtig?

Strittig war die Frage, ob die separate Stellplatzvermietung an Wohnungsmieter umsatzsteuerpflichtig ist. Im Grundsatz ist die Vermietung von Grundstücken zu Wohnzwecken umsatzsteuerfrei und insoweit kann auch nicht zur Umsatzsteuer optiert werden. Im Kern ging es dem Vermieter im Urteilsfall um den Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Tiefgaragenstellplätze, welcher nur zu gewähren ist, wenn die Vermietung der Stellplätze als umsatzsteuerpflichtig angesehen wird.

In einem dem BFH vorgelegten Fall ging es um einen Gebäudekomplex, der überwiegend zu Wohnzwecken steuerfrei vermietet wurde. Der Stpfl. nutzte die Tiefgaragenstellplätze teilweise selbst, vermietete den größten Teil aber. Für diese Vermietung schloss der Stpfl. mit den Mietern jeweils einen gesonderten Mietvertrag mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer ab. Die Mietverträge über die Wohnungen und über die Stellplätze hatten unterschiedliche Kündigungsfristen. Ein Teil der Mieter der Tiefgaragenstellplätze war gleichzeitig auch Mieter einer Wohneinheit.

Der BFH stellt nun mit Urteil v. 10.12.2020 (Az. V R 41/19) klar, dass die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen wie die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke steuerfrei ist, wenn sie im Rahmen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs mit dieser eng verbunden ist, da die Mietflächen Teil eines Gebäudekomplexes sind und von ein und demselben Vermieter an ein und denselben Mieter vermietet werden. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob andere (externe) Mieter von Stellplätzen Zugang zu diesen hatten, ohne das Mietwohngebäude betreten zu müssen. Der Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Stellplätze war mithin nicht zu gewähren.

Hinweis:

Ist die Stellplatzvermietung dagegen nicht Nebenleistung zu der steuerfreien Grundstücksvermietung, so ist diese umsatzsteuerpflichtig (und entsprechend kann der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden), unabhängig davon, ob es sich um eine kurzfristige oder langfristige Vermietung handelt.

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19 Kleine Photovoltaikanlagen und vergleichbare Blockheizkraftwerke können ggf. als steuerlich unbeachtlich behandelt werden

Der Betrieb einer Photovoltaikanlage ist grds. eine gewerbliche Tätigkeit. Bei der Gewerbesteuer führt dies bei kleineren Anlagen allerdings im Ergebnis regelmäßig nicht zu einer Belastung mit Gewerbesteuer, da ein Freibetrag von 24 500 € gilt. Gewinne und Verluste aus einer solchen Anlage sind im Grundsatz aber bei der Einkommensteuer als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn mit dem Betrieb der Anlage eine Gewinnerzielungsabsicht besteht. Ein solcher Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht und die Tatsache, dass bei solchen Anlagen auf dem privatgenutzten Einfamilienhaus regelmäßig nur geringe Erträge erzielt werden, führt zu vergleichsweise hohem Aufwand für den Stpfl. und das Finanzamt bei der Erfassung dieser Einkünfte. Aus diesem Grund gewährt die FinVerw mit Schreiben des BMF v. 2.6.2021 (Az. IV C 6 – S 2240/19/10006 :006) eine Billigkeitsregelung.

Im Kern gilt:

  • Anwendungsbereich: Die Regelung gilt für kleine Photovoltaikanlagen und vergleichbare Blockheizkraftwerke (BHKW). „Kleine Photovoltaikanlagen” sind Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW, die auf zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken einschließlich Außenanlagen (z.B. Garagen) installiert sind und nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen wurden. Unschädlich ist ein evtl. vorhandenes häusliches Arbeitszimmer und auch Räume (z.B. Gästezimmer), die nur gelegentlich entgeltlich vermietet werden, wenn die Einnahmen hieraus 520 € im Jahr nicht überschreiten. Vergleichbare BHKW sind solche mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5 kW, wenn die übrigen vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Fehlende Gewinnerzielungsabsicht: Bei diesen Photovoltaikanlagen und vergleichbaren BHKW ist auf schriftlichen Antrag der stpfl. Person aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen verfahrensrechtlich offenen Jahren zu unterstellen, dass diese nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Bei ihnen liegt grds. eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre. Veranlagte Gewinne und Verluste (z.B. bei unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig durchgeführten Veranlagungen) aus zurückliegenden Jahren, die verfahrensrechtlich noch änderbar sind, sind in der Steuerveranlagung nicht mehr zu berücksichtigen.
  • Nachweis Gewinnerzielungsabsicht durch den Stpfl.: Unabhängig von den Regelungen dieses Schreibens bleibt es der stpfl. Person unbenommen, eine Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen.

Hinweis:

Der Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht erfolgt anhand einer Einkünfteprognose über die voraussichtliche Nutzungsdauer der Anlage. Der Nachweis einer Gewinnerzielungsabsicht und damit die steuerliche Berücksichtigung der Anlage kann im Einzelfall sinnvoll sein, wenn Abschreibungen oder auch Sonderabschreibungen in den ersten Jahren des Betriebs der Anlage zu steuerlichen Verlusten führen, die mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden können.

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20 Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung

Mit dem Begriff der sog. Betriebsaufspaltung wird eine besondere Art der Verflechtung zweier Unternehmen beschrieben. Diese Verflechtung kann z.B. die Folge eines Aufspaltungsvorgangs sein, bei dem ein Besitzunternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage, wie z.B. ein Grundstück oder Produktionsanlagen, an ein Betriebsunternehmen vermietet/verpachtet. In der „klassischen” Variante der Betriebsaufspaltung wird die wesentliche Betriebsgrundlage von einer Personengesellschaft gehalten und der Gewerbebetrieb von einer Kapitalgesellschaft (insbes. einer GmbH) betrieben.

Das Instrument der Betriebsaufspaltung dient i.d.R. der Einschränkung des Haftungsrisikos, da die Kapitalgesellschaft (GmbH) als Betriebsunternehmen die betrieblichen Aufgaben/Risiken übernimmt, während das Besitzunternehmen werthaltige wesentliche Betriebsgrundlagen in seinem Vermögen hält und diese an die Betriebsgesellschaft verpachtet. Somit ist in einem ersten Schritt die für das Betriebsunternehmen wesentliche Betriebsgrundlage dem Zugriff der Gläubiger der GmbH, die grds. nur mit ihrem eigenen Vermögen haftet, entzogen.

Steuerlich setzt die Annahme einer Betriebsaufspaltung die sachliche sowie die personelle Verflechtung zwischen dem Besitzunternehmen und dem originär gewerblichen Betriebsunternehmen voraus. Dabei ist es für die Begründung einer Betriebsaufspaltung und deren steuerliche Konsequenzen nicht relevant, ob die Betriebsaufspaltung gezielt herbeigeführt wurde oder ob sie zufällig entstanden ist. Die Annahme einer Betriebsaufspaltung führt jedenfalls dazu, dass die originär vermögensverwaltende Tätigkeit des Besitzunternehmens in eine gewerbliche Tätigkeit umqualifiziert wird, dann also gewerbliche Einkünfte vorliegen.

Vor diesem Hintergrund hat der BFH mit seinem Urteil vom 17.11.2020 (Az. I R 72/16) klargestellt, dass die Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch dann zur Anwendung kommen, wenn ein inländisches Besitzunternehmen ein im Ausland belegenes Grundstück an eine ausländische Betriebskapitalgesellschaft verpachtet. In diesem Fall liegt hinsichtlich des Besitzunternehmens eine originäre gewerbliche Tätigkeit vor.

Der BFH hat es für entscheidend gehalten, dass der „einheitliche geschäftliche Betätigungswille”, der hinter dem Besitzunternehmen einerseits und der Betriebsgesellschaft andererseits steht (personelle Verflechtung), die Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens deutlich von einer „normalen” Vermietung mit der Folge abhebt, dass hinsichtlich der Tätigkeit des Besitzunternehmens von einer originär gewerblichen Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG auszugehen ist. Auf dieser dogmatischen Grundlage gebe es aber keinen sachlichen Grund, bei der Qualifikation der Einkünfte des Besitzunternehmens danach zu differenzieren, ob sich das im Streitfall überlassene Geschäftsgrundstück aus Sicht des Besitzunternehmens vor oder hinter der Landesgrenze befindet.

Im Streitfall lag die Besonderheit vor, dass Eigentümerin der Grundstücke und der Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung mit Sitz im Inland war. Insoweit hatte sich die Frage gestellt, ob die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S.d. § 14 AO gehalten wurde. Dies hat der BFH auf Grund des Vorliegens der Betriebsaufspaltung und damit originär gewerblicher Einkünfte bejaht.

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21 GmbH & atypisch stille Beteiligung

Die Errichtung einer sog. „GmbH & Still” kann unter verschiedenen Gestaltungsaspekten interessant sein. Neben der Möglichkeit, die Beteiligung des stillen Gesellschafters geheim zu halten (Anonymitätsinteresse), kann die stille Beteiligung als Finanzierungsmaßnahme z.B. der Herabsetzung der fixen Fremdfinanzierungskosten dienen, als Sanierungsmaßnahme in Betracht gezogen werden, Vehikel für eine Mitarbeiterbeteiligung sein wie auch als Mittel der Unternehmensnachfolge bzw. der Versorgung der Hinterbliebenen für den Todesfall des Geschäftsinhabers dienen.

Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des BFH vom 12.4.2021 (Az. VIII R 46/18) zu sehen, bei dem dieser sich mit der Annahme einer typisch stillen Gesellschaft und der Abgrenzung zur sog. atypisch stillen Gesellschaft befasst hat. Zu den Voraussetzungen des Vorliegens eines stillen Gesellschaftsverhältnisses mit einer GmbH hat der BFH konkret festgestellt,

  • dass auch dann von einem atypisch stillen Gesellschaftsverhältnis auszugehen ist, wenn zwar einerseits das Mitunternehmerrisiko eines stillen Gesellschafters hinter der Rechtsstellung zurückbleibt, die das HGB dem Kommanditisten zuweist, wenn demgegenüber aber andererseits die Möglichkeit des stillen Gesellschafters zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist,
  • und dass sich eine solche Möglichkeit zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative bei einer GmbH & Still auch aus der Stellung des stillen Gesellschafters als Geschäftsführer oder Prokurist der GmbH ergeben kann.

Im Streitfall hatte sich der Stpfl. als stiller Gesellschafter an einer GmbH beteiligt, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Vater des Stpfl. war. Seine Beteiligung belief sich auf 20 % des Stammkapitals der GmbH i.H.v. 150 000 €. Der Stpfl., dem schon im Jahr 2002 Einzelprokura erteilt worden war, war zu 20 % am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt, wobei der Vertrag keine betragsmäßigen Obergrenzen vorsah. An der Vermögenssubstanz und dem Firmenwert des Unternehmens war der Stpfl. nicht beteiligt; bei Beendigung der Gesellschaft stand ihm eine Abfindung zu, bei deren Ermittlung stille Reserven unberücksichtigt blieben. Die Geschäftsführung oblag allein dem Vater des Stpfl.

Zu dieser Gestaltung hat der BFH die nachfolgenden Feststellungen getroffen:

  • Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter oder aus partiarischen Darlehen, es sei denn, dass der Gesellschafter oder Darlehensgeber als Mitunternehmer anzusehen ist. Mitunternehmer ist derjenige Gesellschafter, der kumulativ Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt.
  • Mitunternehmerinitiative bedeutet dabei vor allem Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie z.B. Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführer, Prokuristen oder anderen leitenden Angestellten obliegen.
  • Mitunternehmerrisiko trägt, wer gesellschaftsrechtlich oder diesem Status wirtschaftlich vergleichbar am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens teilnimmt. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines Geschäftswerts vermittelt.
  • Diese Merkmale können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein und ein geringeres mitunternehmerisches Risiko kann durch eine besonders starke Ausprägung des Initiativrechts ausgeglichen werden und umgekehrt; dabei müssen beide Merkmale allerdings vorliegen.
  • Im Grundsatz muss der Stille nicht nur am laufenden Unternehmenserfolg beteiligt sein, sondern für den Fall der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend seinem Gewinnanteil auch Anspruch auf den Zuwachs der stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Zuwachses an dem Firmenwert haben. Fehlt es hingegen z.B. an einer Beteiligung an den stillen Reserven, so kann nur dann von einem atypisch stillen Gesellschaftsverhältnis ausgegangen werden, wenn bei Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles seine Möglichkeit zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist.
  • Dafür ist erforderlich, dass dem Stillen – sei es als Geschäftsführer, als Prokurist oder leitender Angestellter – Aufgaben der Geschäftsführung, mit denen ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum und damit auch Einfluss auf grundsätzliche Fragen der Geschäftsleitung verbunden ist, zur selbständigen Ausübung übertragen werden; der stille Gesellschafter muss wie ein Unternehmer auf das Schicksal des Unternehmens Einfluss nehmen können. Dies kann zwar auch bei Einräumung umfassender Weisungsrechte zu bejahen sein. Faktische Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Unternehmensführung reichen nicht.

Im Ergebnis hat der BFH daher für den Streitfall die Möglichkeit des Vorliegens einer atypisch stillen Gesellschaft bejaht.

Hinweis:

In der Gestaltungspraxis sollte also, wenn die Erzielung von Kapitaleinkünften (und nicht etwa gewerblichen Einkünften) beim stillen Gesellschafter beabsichtigt ist, darauf geachtet werden, dass dem Stillen (z.B. als Geschäftsführer, Prokurist oder leitender Angestellter) nicht zu weitreichende Einflussmöglichkeiten eingeräumt werden.

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22 Vorliegen von vGA bei Zahlungen auf Rechnungen einer Schein-/Strohmanngesellschaft durch eine GmbH

Mit seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 18.3.2021 (Az. 10 K 1556/16, K,G) hat das FG Münster (ohne die Revision zuzulassen; insoweit ist nun allerdings unter dem Az. I B 38/21 die Nichtzulassungsbeschwerde anhängig) entschieden, dass Zahlungen einer Kapitalgesellschaft (im Streitfall: GmbH) auf Rechnungen einer Schein-/Strohmanngesellschaft als vGA zu beurteilen sein können, wenn die Kapitalgesellschaft nicht hinreichend an der Aufklärung des den Rechnungen zu Grunde liegenden tatsächlichen Sachverhalts mitwirkt.

Im konkreten Streitfall hatte eine GmbH gegen die (nach einer steuerlichen Außenprüfung durch die FinVerw vorgenommene) gewinnerhöhende Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben (in den Jahren 2009 und 2012) geklagt. Die GmbH ist in 2008 von Herrn E gegründet worden (Alleingesellschafter-Geschäftsführer) und betreibt ein Bauunternehmen (Hochbau). Im Jahr 2009 stellte die Fa. C der Stpfl. Rechnungen für von ihr erbrachte Bauleistungen. Auf diesen Rechnungen, auf denen unterschiedliche Bauvorhaben angegeben waren, war als Inhaberin der Firma Frau C ausgewiesen. Die Stpfl. bezahlte die Rechnungsbeträge jeweils per Banküberweisung an die auf den Rechnungen ausgewiesene Bankverbindung.

In den Jahren 2014 und 2015 führte das Finanzamt eine Außenprüfung bei der Stpfl. für die Jahre 2009 bis 2012 durch. Anlass dieser Außenprüfung war die rechtskräftige Verurteilung von Frau C wegen Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall und Beihilfe zur Steuerhinterziehung, zur Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt und zum Betrug zum Nachteil von Sozialversicherungsträgern. Das Strafverfahren führte zu der Feststellung, dass es sich bei der Fa. C um eine Strohmannfirma gehandelt habe, wobei Frau C jedenfalls von März bis Dezember 2009 als Strohfrau fungiert habe. Eine solche Strohmannfirma werde lediglich zum Schein betrieben und entfalte selbst keine wirtschaftliche Tätigkeit im Baugewerbe. Sie sei genutzt worden, um durch eigene Arbeiter erbrachte Bauleistungen und insbes. die im Baugewerbe verbotene entgeltliche Überlassung der weisungsgebundenen Arbeiter an dritte Bauunternehmen über die Strohmannfirma ihren Auftraggebern scheinbar legal anbieten und diese abrechnen zu können. Zweck sei es insbesondere auch gewesen, die Ausgaben für eigene Schwarzarbeiter buchhalterisch zu erfassen und dadurch steuerlich zu berücksichtigen.

Die Stpfl. hat dazu i.R.d. Außenprüfung vorgetragen, sie habe im Zusammenhang mit der Beauftragung der Fa. C alles getan, was man von einem ordentlichen Unternehmer erwarten könne. Es seien sämtliche Freistellungsbescheinigungen angefordert worden, zu jedem Bauprojekt sei ein Werkvertrag geschlossen und zu jedem Vertrag eine Rechnung geschrieben worden. Da sämtliche Unterlagen vor Baubeginn angefordert wurden, hätten sich für sie keine Zweifel dahingehend ergeben, dass es sich bei dieser Firma nicht um eine ordnungsgemäße Firma handeln könnte. Es sei ihr nicht bekannt gewesen, dass es sich um eine Strohmannfirma gehandelt habe. Die Arbeitnehmer seien mit der entsprechenden Sachausstattung auf den Baustellen erschienen und hätten die Arbeiten erledigt.

Zwar seien in den vorgelegten Auftragsunterlagen nicht die Auftragswerte angegeben und diese auch nicht von Herrn E als Geschäftsführer der Stpfl. unterzeichnet worden, gleichwohl seien die Werkverträge gültig. Die Auftragswerte seien nicht angegeben, weil der Umfang der zu erledigenden Arbeiten noch nicht bekannt gewesen sei. Herr E habe das an die Fa. C ausgehändigte Exemplar unterzeichnet, nicht aber das für die GmbH bestimmte Exemplar.

Zu diesem Sachverhalt hat das FG Münster folgende Feststellungen getroffen:

  • Für das Jahr 2012 hat das FG keine Grundlage dafür gesehen, überhaupt einen Betrag als nicht abziehbare Betriebsausgabe dem Gewinn der Stpfl. hinzuzurechnen. Denn in diesem Jahr 2012 habe sich gar keine Gewinnminderung ergeben, welche hätte hinzugerechnet werden können.
  • Demgegenüber sei die Hinzurechnung für das Jahr 2009 (in Gestalt einer außerbilanziellen Gewinnerhöhung) nicht zu beanstanden. Zunächst lägen zwar Betriebsausgaben vor, da es Kapitalgesellschaften an einer außerbetrieblichen Sphäre fehle. Allerdings könnten solche Aufwendungen, welche nicht betrieblich, sondern im Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien, bei Kapitalgesellschaften in einem zweiten Schritt als vGA zu beurteilen und dann nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Gewinn außerbilanziell hinzuzurechnen sein.
  • Eine vGA i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG liege vor bei einer Vermögensminderung oder einer verhinderten Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.
  • Eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis mit der Folge einer vGA könne im Einzelfall dann anzunehmen sein, wenn erhebliche Anhaltspunkte dafür bestünden, dass es sich bei den von einer Kapitalgesellschaft als Aufwand verbuchten Rechnungen tatsächlich um Scheinrechnungen handelt und ein tatsächlicher Leistungsaustausch zwischen der Gesellschaft und dem in den Rechnungen ausgewiesenen Auftragnehmer nicht stattgefunden habe.
  • Für den Streitfall ergebe sich aus dem vorliegenden Strafurteil des Amtsgerichts, dass die Rechnungen von einer Scheinfirma stammten. Soweit die Stpfl. vorgebracht habe, sie habe sich von der Fa. C Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkasse, der Berufsgenossenschaft und des FA sowie die Freistellungsbescheinigung des FA, die Gewerbeanmeldung, den Nachweis über eine Haftpflichtversicherung, die Handwerkskarte und den Nachweis der Bundesagentur für Arbeit über eine Betriebsnummer vorlegen lassen, genüge dies nicht, um die im Strafurteil getroffenen Feststellungen zu entkräften, dass die Firma als Scheinfirma oder Strohmannfirma keine eigene Geschäftstätigkeit ausgeübt habe.
  • Da die Stpfl. ihrer Mitwirkungspflicht bei der weiteren Sachaufklärung nicht nachgekommen und das Gericht daher nicht in die Lage versetzt worden sei, den möglichen tatsächlichen Sachverhalten weiter nachzugehen und zu überprüfen, ob tatsächlich eine betriebliche Veranlassung oder eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis vorgelegen habe, sei es gerechtfertigt, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass es sich bei den Rechnungen um sog. „Abdeckrechnungen” gehandelt habe, bei denen die Stpfl. einen Rückfluss erhielt, diesen jedoch nicht für betriebliche Zwecke verwendete – also um vGA.

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23 Option zur tariflichen Besteuerung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG auch für die dem Antragsjahr (Erstjahr) folgenden vier Veranlagungszeiträume

Für den Regelungskreis der sog. Abgeltungsteuer hat der Gesetzgeber für „unternehmerisch beteiligte Gesellschafter” ein explizites Wahlrecht geschaffen, mit dem der gesonderte Steuersatz von 25 % u.a. zu Gunsten eines unbeschränkten Werbungskostenabzugs „abgewählt” werden kann. So gilt nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG der gesonderte Tarif des § 32d Abs. 1 EStG auf Antrag nicht für Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Stpfl. im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und zugleich beruflich für diese tätig ist (nach der seit Veranlagungszeitraum 2017 geltenden Rechtslage: „und durch eine berufliche Tätigkeit für diese maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann”). In diesem Fall unterliegen die Kapitalerträge der tariflichen Steuer (§ 32a EStG – Regelbesteuerung) und das sog. Teileinkünfteverfahren findet Anwendung.

Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des FG Köln vom 15.12.2020 (Az. 11 K 1048/17) zu sehen, mit dem sich das FG mit den Tatbestandsvoraussetzungen für diese Option befasst hat. Das FG hat hier entschieden,

  • dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung des Optionsrechts zur tariflichen Besteuerung von Kapitalerträgen aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG auch für die dem Antragsjahr (Erstjahr) folgenden vier Veranlagungszeiträume fingiert werden und
  • dass daher der Wegfall einer beruflichen Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft in einem der dem Antragsjahr folgenden vier Veranlagungszeiträume für die Fortgeltung der Option unerheblich ist.

Das FG Köln hat bei seiner Entscheidung insbesondere auf den Gesetzeswortlaut abgestellt, nach dem der Antrag auf Anwendung der tariflichen Einkommensteuer spätestens zusammen mit der ESt-Erklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen ist; dieser Antrag gelte, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.

Im Urteilsfall (in dem die Voraussetzungen im Erstjahr unstrittig erfüllt waren) umstritten war nun die Frage, ob § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG für die dem Erstjahr folgenden vier Veranlagungszeiträume eine Nachweiserleichterung oder eine gesetzliche Fiktion der Tatbestandsvoraussetzungen des Optionsrechts normiert. Nach Auffassung des FG spricht hier schon der Gesetzeswortlaut für eine Fiktionswirkung hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen. Dies ergebe sich auch aus der Gesetzesbegründung, da der Antrag auf tarifliche Besteuerung als für fünf Jahre gestellt gelten solle. Schließlich spreche auch der Gesetzeszweck für eine solche Fiktionswirkung, da eine Überbesteuerung auf Grund des Werbungskostenabzugsverbots nach § 20 Abs. 9 EStG vermieden werden solle. Der Stpfl. solle durch das Optionsrecht die Möglichkeit erhalten, insbesondere auf Grund des Erwerbs einer Beteiligung aus beruflichen Gründen anfallende Schuldzinsen steuermindernd geltend zu machen.

Hinweis:

Das FG Köln hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen, so dass die weitere Rechtsentwicklung aufmerksam zu verfolgen ist. Für das Ergebnis des FG spricht, dass der BFH schon mit Urteil v. 25.8.2015 (Az. VIII R 3/14) eine solche Optionsausübung u.a. zugelassen hatte mit dem Hinweis, dass durch das Wahlrecht nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG eine Überbesteuerung auf Grund des Werbungskostenabzugsverbots nach § 20 Abs. 9 EStG vermieden werden solle.

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24 Neue Steuergesetze

Noch kurz vor Ende der Legislaturperiode sind wichtige Steuergesetze von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Teilweise wurden wichtige Änderungen nur mit den allernotwendigsten Schritten des parlamentarischen Verfahrens und ohne große Fachdiskussion beschlossen. In dieser Beilage stellen wir drei Gesetzesvorhaben vor, nämlich das Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz (KöMoG), das sog. ATAD-Umsetzungsgesetz und das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes, das insbesondere gegen sog. Share Deals zielt.

Hinweis:

Im Einzelnen sind die Regelungen sehr vielfältig und teilweise komplex. Im Folgenden stellen wir daher nur die Grundzüge vor, damit erkennbar ist, welche Stpfl. von Änderungen betroffen sind, und in welchen Fällen Chancen genutzt werden können bzw. Risken vermieden werden müssen. In diesen Fällen ist auf Grund der Komplexität der Regelungen und der materiellen Bedeutsamkeit steuerlicher Rat unbedingt erforderlich.

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25 Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz: Option für Personengesellschaften zur Körperschaftsteuer

a) Weg zu einer rechtsformneutralen Besteuerung

Mit dem KöMoG wird ab 2022 Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften die Möglichkeit eröffnet, sich wie eine Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen (Option zur Körperschaftsteuer). Damit wird also insbes. der OHG, KG und GmbH & Co. KG eine Besteuerungsoption eröffnet, die steuerliche Rechtsformnachteile zur Kapitalgesellschaft verhindert.

Vorteilhaft ist eine solche Option zur Körperschaftsteuer (KSt) dann, wenn die Gewinne im Unternehmen (zumindest überwiegend) belassen werden. Dann beträgt die Steuerbelastung lediglich ca. 30 %, während eine Personengesellschaft (PersGes) im Grundsatz unabhängig von der Gewinnverwendung mit ca. 48 % Ertragsteuern besteuert wird. Mit der Option zur KSt kann nun zukünftig auch eine PersGes die (temporären) steuerlichen Vorteile im Thesaurierungsfall (Nichtentnahme) und damit die Möglichkeiten der sehr viel umfassenderen Selbstfinanzierung nutzen und wird insoweit einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt. Ebenso können sich auf Gesellschafterebene Vorteile bei Anteilsveräußerungen ergeben, da steuerlich von Kapitalgesellschaftsanteilen ausgegangen wird.

Hinweis:

Die Vorteile durch eine Option zur KSt können vielfältig sein, es können sich aber auch Nachteile einstellen. Insofern ist eine Prüfung des konkreten Einzelfalls erforderlich. Es können ggf. auch andere Instrumente, wie z.B. der Einsatz einer Beteiligungs-Kapitalgesellschaft, sinnvoll sein, um eine günstige steuerliche Belastung zu erreichen. Hierzu bestehen diverse Möglichkeiten.

b) Folgen der Optionsausübung für die laufende Besteuerung

Mit der Option zur Körperschaftsteuer wird die Personengesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft behandelt, d.h. diese unterliegt dann der Gewerbe- und der Körperschaftsteuer. Die Gesellschafter der PersGes werden steuerlich wie Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt. Dies bedeutet, dass die Gewinne der Gesellschaft auf Ebene der Gesellschafter erst und nur insoweit steuerlich erfasst werden, als die Gewinne entnommen werden – dann erfolgt eine steuerliche Erfassung wie eine Gewinnausschüttung einer Kapitalgesellschaft. Auch Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft werden steuerlich wie bei einer Kapitalgesellschaft anerkannt, führen also nicht zur Entstehung von Sonderbetriebsvermögen und somit zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. So sind bspw. Gesellschafter-Geschäftsführer-Vergütungen bei der optierenden Gesellschaft steuerlich als Betriebsausgaben abzugsfähig und mindern damit die Körperschaft- und Gewerbesteuer; auf Ebene des Gesellschafters liegen Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit vor, die dem regulären Einkommensteuertarif unterliegen (insoweit ist dann von der optierenden Gesellschaft als Arbeitgeber Lohnsteuer einzubehalten).

Allerdings erfolgt dann auch eine Angemessenheitsprüfung: Überhöhte Leistungsvergütungen an Gesellschafter werden steuerlich nicht als Betriebsausgaben anerkannt, sondern gelten – soweit das angemessene Maß überschritten wird – als „verdeckte Gewinnausschüttung”. Daher ist bei einer optierenden PersGes eine klare Trennung zwischen der Ebene der Gesellschaft und der der Gesellschafter erforderlich.

Zu beachten ist, dass alle Entnahmen aus dem Eigenkapital einer solchen optierenden Gesellschaft beim Anteilseigner als Gewinnausschüttung besteuert werden. Hiervon zu unterscheiden sind Zahlungen über ein Verrechnungskonto des Gesellschafters bei der Gesellschaft, welches als Forderungs- bzw. Verbindlichkeitskonto einzustufen ist. Insofern ist dann eine klare Zuordnung erforderlich.

Die Option der Personengesellschaft zur KSt ist eine rein steuerliche Option, die gegenüber dem Finanzamt ausgeübt wird. Es erfolgt also kein gesellschaftsrechtlicher Formwechsel. Vielmehr verbleibt es bei der Rechtsform der Personengesellschaft, welche in manchen Bereichen Vorteile gegenüber der Kapitalgesellschaft bietet:

  • so z.B. bei der Mitbestimmung und
  • durch Einsatz einer persönlich haftenden natürlichen Person kann die Jahresabschlusspublizität vermieden werden und
  • es bleiben die gesellschaftsrechtlichen Vorteile – z.B. hinsichtlich der Flexibilität bei der Kapitalbereitstellung und -rückführung und bei der Gewinnverteilung – erhalten.
  • Auch verbleibt es steuerlich bei der Behandlung als PersGes im Erbschaft-/Schenkungsteuerrecht und bei der Grunderwerbsteuer, so dass insoweit bestehende Vorteile erhalten bleiben. Lediglich bei der Grunderwerbsteuer sind die Möglichkeiten steuerfreier Übertragungen für die optierende Gesellschaft eingeschränkt worden.

Handlungsempfehlung:

Soll die Option für 2022 gelten, so muss der Antrag beim Finanzamt bis zum 30.11.2021 gestellt werden. Dem muss ein Gesellschafterbeschluss der PersGes zu Grunde liegen. Damit müsste bereits jetzt eine Prüfung erfolgen, ob eine Option zur KSt sinnvoll ist und welche konkreten Auswirkungen sich ergeben, damit auf dieser Basis die notwendigen Schritte – Gesellschafterbeschluss, Antrag beim Finanzamt und ggf. punktuelle Anpassung des Gesellschaftsvertrags – erfolgen können.

c) Konsequenzen der Optionsausübung und Möglichkeit einer Rückoption

Die Option selbst und damit der Wechsel von der transparenten Mitunternehmerbesteuerung in das System der Kapitalgesellschaftsbesteuerung wird steuerlich wie ein fiktiver Formwechsel behandelt. Ertragsteuerlich kann dieser grds. ohne Aufdeckung stiller Reserven, also zu Buchwerten, erfolgen. Vorsicht ist allerdings dann geboten, wenn Sonderbetriebsvermögen vorhanden ist, so z.B. von einem Gesellschafter an die Gesellschaft zur Nutzung überlassene Immobilien. Dieses Vermögen muss zur Sicherstellung des buchwertneutralen Formwechsels grds. in das Gesamthandsvermögen der PersGes übertragen werden.

Handlungsempfehlung:

Die Optionsausübung ist unter Hinzuziehung steuerlichen Rats sorgfältig vorzubereiten. Zu denken ist insbesondere an folgende Prüfpunkte:

  • Sicherstellung der Buchwertfortführung bei Optionsausübung, also insbesondere Analyse steuerlichen Sonderbetriebsvermögens,
  • Überprüfung des Gesellschaftsvertrages hinsichtlich der Abrede zur Gewinnverwendung und zu Entnahmen,
  • Überprüfung von Verträgen über Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft (z.B. Geschäftsführervertrag, Pachtvertrag) auf Angemessenheit und Vorhandensein klarer und eindeutiger Regelungen,
  • zeitliche und organisatorische Planung der Optionsausübung (Gesellschafterbeschluss, Antrag beim Finanzamt).

Möglich ist eine spätere Rückoption zur Mitunternehmerbesteuerung. Diese ist allerdings faktisch erst nach sieben Jahren möglich und führt – wie ein tatsächlicher Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft – zu einer fiktiven Vollausschüttung bislang nicht entnommener Gewinne und Besteuerung auf Gesellschafterebene. Daher sollte die Option zur KSt als mittel- bis langfristige Entscheidung angesehen werden.

d) Anwendungsfälle für die Option zur Körperschaftsteuer

Hauptanwendungsfall der Option zur Körperschaftsteuer werden mittlere bis größere Familien-Personengesellschaften oder inhabergeführte Personengesellschaften sein, die die Gewinne ganz oder weitgehend im Unternehmen belassen. Aber auch für Immobilieninvestments kann die zur Körperschaftsteuer optierende PersGes eine sinnvolle Struktur darstellen.

Im Einzelfall bedarf die Frage, ob die Option zur KSt sinnvoll ist, einer sorgfältigen Analyse und die Optionsausübung muss steuerlich und durch Überprüfung und ggf. Anpassung des Gesellschaftsvertrages vorbereitet werden. Dabei sind auch bestehende Alternativen zu prüfen, so bspw. der Einsatz von Beteiligungskapitalgesellschaften oder die Nutzung des Sondersteuersatzes für nicht entnommene Gewinne einer PersGes. Mit der Option zur KSt steht nun aber eine weitere Gestaltungsalternative bereit, die zur steuerlichen Optimierung beitragen kann. Gerade dies sollte zum Anlass genommen werden, bestehende Strukturen aus steuerlicher Sicht zu überprüfen und ggf. anzupassen.

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26 ATAD-Umsetzungsgesetz

a) Ausgangspunkt: Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der EU

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz) wird im Wesentlichen die Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der EU in nationales Recht umgesetzt. Diese verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zur Anpassung ihrer steuerlichen Regelungen zur Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung, zur Hinzurechnungsbesteuerung sowie zur Neutralisierung von Besteuerungsinkongruenzen im Zusammenhang mit hybriden Gestaltungen, soweit diese nicht bereits dem von der ATAD vorgegebenen Mindeststandard entsprechen.

Im Detail ist diese Materie sehr komplex. Im Folgenden stellen wir Ihnen daher nur die Grundzüge vor, um aufzuzeigen, welche Fallkonstellationen sich auf geänderte Rahmenbedingungen einstellen müssen. Vereinfacht dargestellt sind folgende Unternehmen betroffen:

  • Anteilseigner einer inländischen Kapitalgesellschaft, die in das Ausland wegziehen,
  • inländische Gesellschaften mit ausländischen Tochtergesellschaften und
  • inländische Gesellschaften mit einer ausländischen Muttergesellschaft.

b) Hinzurechnungsbesteuerung

Zielsetzung der sog. Hinzurechnungsbesteuerung ist die Bekämpfung niedrigbesteuerter Einkünfte grenzüberschreitend tätiger Unternehmen. Unter bestimmten Bedingungen werden im Ausland niedrig besteuerte Gewinne einer weiteren Besteuerung im Inland unterworfen. Grundsätzlich werden nur sog. „passive Einkünfte” einer ausländischen verbundenen Gesellschaft erfasst. Abgegrenzt wird dies durch einen im Gesetz verankerten Aktivkatalog. So werden bspw. Zinsen als passive Einkünfte eingestuft. Eine „Niedrigbesteuerung” im Ausland ist nach den gesetzlichen Vorgaben immer dann gegeben, wenn die dortige Besteuerung 25 % unterschreitet.

Hinweis:

Betroffen von der Hinzurechnungsbesteuerung können alle inländischen Unternehmen sein, die ausländische Unternehmen alleine oder gemeinsam mit anderen beherrschen. In diesen Fällen ist zum einen zu prüfen, ob passive Einkünfte in diesem Sinne vorliegen und zum anderen, ob diese einer „niedrigen” Besteuerung im Ausland unterliegen.

c) Wegzugsbesteuerung

Bei der sog. Wegzugsbesteuerung geht es um die Sicherung des Besteuerungsrechts Deutschlands an den Anteilen eines Gesellschafters einer inländischen Kapitalgesellschaft (KapGes). Problematisch ist dies für den Fiskus dann, wenn der Gesellschafter einer KapGes in das Ausland verzieht und dann möglicherweise das Besteuerungsrecht nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen nicht mehr Deutschland, sondern dem ausländischen Wohnsitzstaat zusteht.

Im Grundsatz sind in diesen Konstellationen die stillen Reserven in den Anteilen des wegziehenden Gesellschafters zu versteuern, was hohe Belastungen nach sich ziehen kann. Die dann fällige Steuer kann ggf. gestundet werden. Bislang war bei einem Wegzug in ein anderes EU-Land eine unbefristete und zinslose Stundung möglich; erst ein weiterer Umzug in ein Nicht-EU-Land oder der Verkauf der Anteile löste die Fälligkeit der Steuer aus. Insoweit ist nun eine deutliche Verschärfung eingetreten und es wird nicht mehr zwischen Wegzug in ein EU/EWR-Land einerseits und in ein Drittland andererseits unterschieden. Für alle Fälle wird die Möglichkeit einer Ratenzahlung der Steuer über sieben Jahre (ggf. Erweiterung um zwei Jahre) gewährt, die zinslos ist. Im Grundsatz sind Sicherheitsleistungen vorgesehen.

Eine Entlastung bieten die (mit der Neuregelung erweiterten) Möglichkeiten im Fall einer Rückkehr nach Deutschland. So kann unter bestimmten Voraussetzungen wie insbes. dem Fortbestand des Anteilsbesitzes und einer Rückkehr nach Deutschland innerhalb von sieben Jahren die festgesetzte Steuer rückwirkend entfallen. Wird eine durchgehende Absicht zur Rückkehr nachgewiesen, soll diese Frist auf Antrag um max. fünf, also auf insgesamt zwölf Jahre verlängert werden können.

Hinweis:

Diese Änderungen gelten erstmals für Wegzugsfälle ab dem Jahr 2022. Bei in der Vergangenheit liegenden Fällen bleiben bestehende Stundungen bestehen. Insoweit kann bei Wegzug in ein EU/EWR-Land dieser noch in 2021 günstiger sein als erst in 2022.

Handlungsempfehlung:

Gerade bei Familien-Kapitalgesellschaften mit einem größeren Gesellschafterkreis müssen solche Fragen eines Wegzugs eines Gesellschafters in das Ausland stets steuerlich geprüft werden. Entsprechendes gilt, wenn Anteile ins Ausland vererbt oder verschenkt werden.

d) Verhinderung hybrider Gestaltungen

Daneben werden die „Anti-Hybrid-Regeln” der EU-Richtlinie umgesetzt. Verhindert werden sollen Fälle, bei denen auf Grund einer unterschiedlichen Einstufung in verschiedenen Staaten Besteuerungslücken entstehen – durch einen doppelten Abzug oder einen Abzug der Zahlung bei gleichzeitiger steuerlicher Nichtberücksichtigung des korrespondierenden Ertrages. Als Instrument erfolgt eine Versagung des Betriebsausgabenabzugs, wenn Aufwendungen in einem Staat abgezogen werden können, ohne dass die entsprechenden Erträge im anderen Staat der Besteuerung unterliegen. Betroffen sind insbes. hybride Finanzierungsformen, die in einem Staat als Eigenkapital und in dem anderen als Fremdkapital eingestuft werden.

Hinweis:

Die Neuregelung ist äußerst komplex und daher in der Anforderung schwierig. Betroffen sind insbesondere in einen internationalen Konzern eingebundene Unternehmen, wenn konzernweit Finanzierungen, Lizenzvereinbarungen o.Ä. bestehen. Es wird eine ausführliche Dokumentation erforderlich werden.

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27 Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes („Share Deals”)

a) Übertragung von Anteilen an einer grundstückshaltenden Gesellschaft

Wird eine Immobilie übertragen, so fällt Grunderwerbsteuer (GrESt) an. Werden dagegen Anteile an einer grundstückshaltenden Gesellschaft veräußert (Share Deal), so fällt bisher keine GrESt an, wenn bestimmte Beteiligungsgrenzen bzw. Haltefristen eingehalten werden. Von diesen bislang bestehenden Möglichkeiten der Vermeidung von GrESt wurde bisher vor allem bei größeren Immobilientransaktionen Gebrauch gemacht. Nun sind zum 1.7.2021 verschärfte Regelungen in Kraft getreten.

Betroffen von der Neuregelung sind im Grundsatz alle Gesellschaftsformen, die inländischen Grundbesitz halten. Dabei braucht es sich nicht um Immobilienunternehmen zu handeln, die vorwiegend oder ausschließlich Grundbesitz halten und verwalten.

Bereits nach bisherigem Recht führte eine sog. Anteilsvereinigung zur Entstehung von GrESt. Konkret wird die Vereinigung von mind. 95 % der Anteile an einer Gesellschaft in einer Hand als Grundstückserwerb behandelt, wenn zum Vermögen der Gesellschaft auch ein inländisches Grundstück gehört. Die Schwelle von 95 % kann dabei entweder durch einen erstmaligen Erwerb von mind. 95 % der Anteile oder durch Hinzuerwerb der für eine solche Anteilsquote noch fehlenden Anteile erreicht werden. Insoweit sollen Steuerumgehungen vermieden werden. Verhindert werden soll, dass anstatt einer unmittelbaren Übertragung des Grundstücks die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft übertragen werden.

Folgende Änderungen sind nun zum 1.7.2021 in Kraft getreten:

  • Die bisherige 95 %-Grenze wird für – ggf. auch mittelbare – grunderwerbsteuerpflichtige „Anteilsvereinigungen” an Personen- oder Kapitalgesellschaften auf 90 % abgesenkt. Das heißt es fällt – vereinfacht ausgedrückt – GrESt auf die von der Gesellschaft gehaltenen Grundstücke an, wenn ein Erwerber mind. 90 % der Anteile auf sich vereinigt.
    Damit sind bisherige Gestaltungen nicht mehr umsetzbar, bei denen ein mit 5,1 % beteiligter fremder Dritter die Entstehung von GrESt verhindern konnte. Die nun bestehende 10 %-Schwelle erschwert entsprechende Ausweichgestaltungen maßgeblich.
  • Ein korrespondierender Besteuerungstatbestand wird für die (ggf. auch mittelbare) Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen auf neue Gesellschafter eingeführt. Damit löst auch die bloße Anteilsübertragung von mindestens 90 % Grunderwerbsteuer aus, wenn eine unmittelbare und mittelbare Veränderung im Gesellschafterbestand der Kapitalgesellschaft i.H.v. mind. 90 % innerhalb eines Zehnjahreszeitraums stattfindet, ohne dass ein einzelner Gesellschafter eine bestimmte Beteiligungshöhe überschreiten muss.

Hinweis:

Steuerschuldner der GrESt ist in diesen Fällen die Gesellschaft. Diese trifft auch die Anzeigepflicht gegenüber dem Finanzamt, wenn der Steuertatbestand ausgelöst wird. Daher muss die Geschäftsführung einer immobilienhaltenden Kapitalgesellschaft zukünftig Anteilsübergang an der Gesellschaft (auch mittelbar in der „darüberliegenden” Konzernstruktur) dahingehend überwachen, ob innerhalb des Zehnjahreszeitraums die Schwelle von 90 % erreicht wird. Im Grundsatz ist bspw. ausreichend, wenn ein 10 %-Anteil an der Gesellschaft in diesem Zeitraum neunmal den Besitzer wechselt.

  • Die Besteuerung von Gesellschafterwechseln bei Personengesellschaften wird dahingehend verschärft, dass zukünftig ein (ggf. auch mittelbarer) Übergang von Anteilen am Vermögen an einer grundbesitzenden PersGes auf neue Gesellschafter von mindestens 90 % (bislang: 95 %) der Grunderwerbsteuer unterworfen wird. Der neue Überwachungszeitraum beträgt zehn Jahre (bislang: fünf Jahre).

Zusammenfassend stellen sich die von der Grunderwerbsteuer erfassten Fälle betreffend Anteile an Gesellschaften, zu deren Vermögen inländischer Grundbesitz gehört, folgendermaßen dar:

Fall 1

Fall 2

Fall 3

Fall 4

Grundbesitzende Gesellschaft

nur Personengesellschaft

nur Kapitalgesellschaft

Personen- und Kapitalgesellschaft

Personen- und Kapitalgesellschaft

Tatbestand

90 %-Gesellschafterwechsel innerhalb von 10 Jahren

90 %-Gesellschafterwechsel innerhalb von 10 Jahren

90 %ige Anteilsvereinigung

90 %ige Anteilsvereinigung

Anzahl Erwerber

irrelevant

irrelevant

einer (Ausnahme bei Organschaften)

einer

Betrachtungszeitraum

10-Jahres-Zeitraum

10-Jahres-Zeitraum

unbegrenzt

unbegrenzt

Steuerschuldner

Personengesellschaft

Kapitalgesellschaft

Erwerber (bei Anteilsübertragung auch Verkäufer)

Erwerber (bei Anteilsübertragung auch Verkäufer)

Hinweis:

Diese Vorgänge sind komplex und oftmals schwer zu erkennen. Außerdem existieren Ausnahmeregelungen (Börsen- und Konzernklausel). Daher sollte im Zweifel steuerlicher Rat eingeholt werden.

b) Grundstücksübertragungen zwischen Gesellschafter und Personengesellschaft und umgekehrt

Weiterhin existiert eine Befreiung von der GrESt, wenn Grundstücke von einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter oder umgekehrt übertragen werden. Dies jedenfalls insoweit, als der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist. Somit besteht eine

  • Mindest-Vorbesitzzeit für den Anteil an der PersGes bei Grundstücksübertragung auf die Gesellschaft bzw.
  • Bindung betreffend des Anteils des übertragenden Gesellschafters an der PersGes bei Übertragung eines Grundstücks vom Gesellschafter auf die Gesellschaft.

Dieser Überwachungszeitraum ist nun von fünf auf zehn Jahre verlängert worden.

Beispiel:

Sachverhalt: Herr A hält 75 % der Kommanditanteile der A GmbH & Co. KG. Dieser überträgt ein Grundstück auf die Gesellschaft.

Lösung: Die Grundstücksübertragung ist in der Höhe der Beteiligungsquote des A, also zu 75 % von der GrESt befreit.

Variante: A veräußert drei Jahre nach der Übertragung die Hälfte seines Anteils an der PersGes an einen Dritten.

Lösung Variante: Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend zur Hälfte.

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