Mandantenrundschreiben 06/2021
Für alle Steuerpflichtigen
2 Kindergeldbezug auf Grund inländischer Einkünfte
3 Kein Abzug von Kinderbetreuungskosten in Höhe steuerfrei gezahlter Arbeitgeberzuschüsse
4 Berücksichtigung von Sonderausgaben bei unbeschränkter Steuerpflicht auf Antrag
Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
6 Weitere Erleichterungen zum Nachweis des Corona-Bonus
8 Finanzverwaltung: Bußgeldübernahme seitens des Arbeitgebers weiterhin regelmäßig Arbeitslohn
9 Steuerliche Anerkennung von Umzugskosten
10 Betriebliche Altersversorgung kann als außerordentliche Einkünfte begünstigt zu versteuern sein
11 Unentgeltliche Mahlzeitengestellung an Flugpersonal nicht immer Arbeitslohn
12 Doppelte Haushaltsführung in Zeiten von Home-Office(-Pflicht)
Für Unternehmer und Freiberufler
13 Steuerliche Anerkennung von Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben
16 Gutachtertätigkeiten im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK)
Für Personengesellschaften
18 Erbschaft- und Schenkungsteuer: begünstigtes Vermögen bei sog. Betriebsaufspaltung
Für Bezieher von Kapitaleinkünften
19 Kann ein Antrag auf Günstigerprüfung auch nachträglich gestellt werden?
Für Hauseigentümer
21 Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau läuft Ende 2021 aus
Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer
23 Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) v. 25.6.2021
24 Ausfall einer privaten Darlehensforderung
Unwetterschäden: Steuerliche und sonstige Hilfsmaßnahmen
28 Zerstörungen durch Unwetter
29 Soforthilfen der Bundesländer für betroffene Bürger und Unternehmen
30 Vereinfachungen hinsichtlich steuerbegünstigter Zuwendungen – „Spenden“
31 Sonderabschreibungen usw. bei Wiederherstellung von Gebäuden oder Anlagen
32 Steuerliche Vereinfachungen bei Lohnsteuer/Einkommensteuer
33 Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen sowie Anpassung der Vorauszahlungen
34 Unterstützung von Arbeitgebern und Selbstzahlern bei Sozialversicherungsabgaben
35 Billigkeitsmaßnahmen bei der Umsatzsteuer
36 Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für geschädigte Firmen
1 Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig
Sowohl Steuernachforderungen als auch -erstattung werden nach Ablauf einer Karenzzeit von 15 Monaten (aktuell auf Grund der Corona-Pandemie für 2019 und 2020 verlängerte Frist) zu Lasten wie zu Gunsten des Stpfl. verzinst. Damit sollen Vor-/Nachteile aus der verspäteten Zahlung bzw. Erstattung zwischen Finanzamt und Stpfl. ausgeglichen werden. Der insoweit anzuwendende Zinssatz ist gesetzlich festgeschrieben und beträgt 6 % p.a.
In Anbetracht der seit langem deutlich niedrigeren Kapitalmarktzinsen mehrten sich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe dieses gesetzlichen Zinssatzes. Dies hat nun das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 8.7.2021 (Az. 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) bestätigt. Nach diesem Beschluss ist der gesetzliche Zinssatz ab dem 1.1.2014 verfassungswidrig. Hinsichtlich der Folgen der Verfassungswidrigkeit unterscheidet das Gericht:
- Trotz der festgestellten Verfassungswidrigkeit der Höhe des Zinssatzes bleibt das bisherige Recht für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Insoweit ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, auch für diesen Zeitraum rückwirkend eine verfassungsgemäße Regelung zu schaffen.
- Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die aktuellen Gesetzesvorschriften dagegen unanwendbar. Der Gesetzgeber ist nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet, bis zum 31.7.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen, die sich rückwirkend auf alle Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 erstreckt und alle noch nicht bestandskräftigen Fälle erfasst. Das Gericht hat es insoweit dem Gesetzgeber überlassen, wie er die zu treffende Neuregelung ausgestalten will; dies bleibt abzuwarten.
Für Stpfl. ergeben sich hieraus folgende Konsequenzen:
- Zukünftig ist eine Verzinsung von Steuernachforderungen und auch Steuererstattungen mit einem marktgerechten Zinssatz vorzunehmen. Insoweit bleibt die gesetzliche Neuregelung abzuwarten.
- Für Zinszeiträume ab 1.1.2019 ist weiter zu differenzieren:
- Kommt es zukünftig zu Zinsfestsetzungen, so sind diese zu Gunsten wie zu Lasten des Stpfl. unter Maßgabe der noch vom Gesetzgeber zu treffenden Neuregelung durchzuführen.
- Erfolgte bereits eine Zinsberechnung zu Gunsten oder zu Lasten des Stpfl. und ist der insoweit ergangene Zinsbescheid verfahrensrechtlich nicht mehr änderbar, so bleibt die bisherige Zinsberechnung bestehen.
- Die Zinsberechnungen zu Gunsten wie zu Lasten des Stpfl. wurden bereits seit einiger Zeit im Hinblick auf die beim Bundesverfassungsgericht anhängige Streitfrage nur noch vorläufig erlassen. Solche Zinsberechnungen können nun nach Neuregelung durch den Gesetzgeber für Zinszeiträume ab 1.1.2019 durch die Finanzämter automatisch neu berechnet werden und es erfolgt eine Korrektur. Allerdings ist eine Änderung zu Lasten des Stpfl. auf Grund der gesetzlichen Vertrauensschutzregelung ausgeschlossen.
Hinweis:
Ob aus Zinsberechnungen für Zeiträume ab 1.1.2019 Korrekturen zu Gunsten oder auch zu Lasten des Stpfl. erfolgen müssen, ist individuell zu prüfen. In der Zukunft dürfte auf Grund des aktuell niedrigen Zinsniveaus eine späte Korrektur einer Steuerfestsetzung bspw. im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung deutlich geringere Zinseffekte verursachen.
Abzuwarten bleiben die Konsequenzen auf andere Zinsregelungen in den Steuergesetzen, so bspw. bei der Ermittlung des Bilanzwertes für Pensionsrückstellungen. Diese Fälle waren nicht Gegenstand dieser nun entschiedenen Streitfälle, sondern sind weiter beim Bundesverfassungsgericht anhängig.
2 Kindergeldbezug auf Grund inländischer Einkünfte
Die Berechtigung zum Bezug von Kindergeld steht nur Stpfl. zu, die als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden. Neben Personen, die ihren Wohnsitz im Inland haben, gelten auf Antrag auch solche Personen mit Wohnsitz im Ausland als unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie nahezu nur Einkünfte erzielen, die im Inland steuerpflichtig sind. Auf Grund der gesetzlichen Ausgestaltung ist jedoch beim Kindergeld eine monatliche Betrachtung erforderlich.
Dies hat der BFH nun mit Entscheidung vom 23.3.2021 (Az. III R 11/20) wie folgt konkretisiert:
- Ob der Anspruchsteller als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wurde und deshalb Kindergeld beanspruchen kann, richtet sich nach dem Einkommensteuerbescheid, soweit dieser nicht auf falschen Angaben des Stpfl. beruht.
- Erzielt ein im Ausland wohnender Stpfl. aus der Verpachtung einer inländischen Immobilie oder eines inländischen Betriebs inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung, so berechtigt dies zum Kindergeldbezug in allen Monaten, in denen das Pachtverhältnis besteht und für die auf Antrag eine Behandlung als unbeschränkt Stpfl. erfolgt. Aktiver Tätigkeiten (z.B. Instandhaltungsmaßnahmen) oder Zahlungseingängen in den jeweiligen Monaten bedarf es dazu nicht.
Im Urteilsfall lebte die Stpfl. seit 1967 auf einer deutschen Insel und betrieb dort ein Hotel. Im Oktober 2015 verpachtete sie das Hotel; ausgenommen war die Wohnung im ersten Obergeschoss, die sie zunächst weiterhin nutzte. Aus der Verpachtung erzielte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Am 20.5.2016 meldete sie sich bei der Gemeinde mit einer neuen Anschrift in Italien ab.
Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für die im November 2001 geborene Tochter der Stpfl. für die Monate Juni 2016 bis Oktober 2017 auf und forderte das für diesen Zeitraum gezahlte Kindergeld zurück.
Das für sie zuständige Finanzamt bestätigte, dass die Stpfl. und ihr Ehemann bis Mai 2016 unbeschränkt steuerpflichtig gewesen seien; danach sei sie wegen inländischer Einkünfte auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt worden. Ab dem Veranlagungszeitraum 2017 würden die Eheleute von einem anderen Finanzamt als beschränkt steuerpflichtig geführt.
Der BFH bestätigte nun, dass eine Berechtigung zum Kindergeldbezug für 2016 bestand. Entscheidend sei, dass das Finanzamt die unbeschränkte Steuerpflicht bestätigt habe. Dem Steuerbescheid kommt für den Kindergeldanspruch Bindungswirkung zu, soweit er nicht auf falschen Angaben des Stpfl. beruht. Anders sei dies aber für den Zeitraum Januar bis Oktober 2017. Für diesen Zeitraum war der Nachweis der unbeschränkten Steuerpflicht nicht erbracht. Insoweit muss nun für den Entscheidungsfall das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang Feststellungen treffen. Zudem ist für die Monate, in denen danach die Voraussetzungen eines Kindergeldanspruches erfüllt sind, noch zu ermitteln, ob für die Tochter in einem anderen Mitgliedstaat Familienleistungen beansprucht werden können, die mit dem Kindergeldanspruch in Deutschland zu koordinieren sind.
Handlungsempfehlung:
Deutlich wird, dass die Behandlung als unbeschränkt Stpfl. bei Bezug von inländischen Einkünften auch eine Kindergeldberechtigung zur Folge hat. Dies ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber einer lediglich beschränkten Stpfl., was materiell einen großen Unterschied machen kann. Insoweit sollte rechtzeitig steuerlicher Rat eingeholt werden.
3 Kein Abzug von Kinderbetreuungskosten in Höhe steuerfrei gezahlter Arbeitgeberzuschüsse
Kinderbetreuungskosten können steuerlich unter bestimmten Voraussetzungen – und betragsmäßig i.H.v. 2/3 der Aufwendungen, maximal 4 000 € je Kind und Jahr – als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Anderseits sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen lohnsteuerfrei. Der BFH hat nun mit Beschluss vom 14.4.2021 (Az. III R 30/20) das Verhältnis beider Regelungen zueinander klargestellt. Danach gilt:
- Als Sonderausgaben abziehbare Kinderbetreuungskosten sind um steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen.
- Der Abzug von Sonderausgaben setzt Aufwendungen voraus, durch die der Stpfl. tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird.
- Der Stpfl. wird durch Beiträge in dem Umfang nicht belastet, die der Arbeitgeber hierfür durch einen zweckgebundenen Zuschuss gewährt.
Im Urteilsfall wendeten die verheirateten Stpfl. für den Kindergarten ihrer Tochter Kosten i.H.v. 926 € (ohne Verpflegung) auf. Von seinem Arbeitgeber hatte der Stpfl. einen steuerfreien Kindergartenzuschuss in Höhe von 600 € erhalten. In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Stpfl. 926 € als Sonderausgaben für Kinderbetreuungskosten geltend. Das Finanzamt kürzte die abziehbaren Kinderbetreuungskosten wie folgt:
Aufwendungen Kindergarten | 926 € |
abzüglich steuerfreier Arbeitgeberzuschuss | 600 € |
verbleiben | 326 € |
davon 2/3 abziehbar | 218 € |
Der BFH bestätigte die Vorgehensweise des Finanzamtes. Die Stpfl. seien nur in Höhe des um den steuerfreien Arbeitgeberzuschusses gekürzten Betrag belastet.
Hinweis:
Insoweit ist also eine doppelte Begünstigung ausgeschlossen. Der steuerfreie Arbeitgeberzuschuss ist regelmäßig insoweit günstiger, weil dieser (in voller Höhe) steuerfrei ausgezahlt werden kann.
4 Berücksichtigung von Sonderausgaben bei unbeschränkter Steuerpflicht auf Antrag
Grenzgänger werden unter bestimmten Bedingungen inländischen Stpfl. gleichgestellt, damit insoweit keine Nachteile entstehen. Damit können Grenzgänger auf Antrag in dem Beschäftigungsstaat als unbeschränkt Stpfl. behandelt werden und damit in vollem Umfang die persönlichen Parameter in die Besteuerung einbringen. Darüber hinaus kann unter bestimmten Bedingungen auch das Splittingverfahren im Inland Anwendung finden, auch wenn der Ehegatte selbst nicht als Grenzgänger einzustufen ist. In diesen Konstellationen ist dann fraglich, ob im Ausland geleistete Vorsorgeaufwendungen des Ehegatten im Rahmen der Veranlagung im Inland als Sonderausgaben steuermindernd berücksichtigt werden können. Gesetzlich wurde insoweit klargestellt (sowohl für Fälle eines EU/EWR-Grenzgängers als auch gegenüber der Schweiz), dass solche Vorsorgeaufwendungen im Grundsatz als Sonderausgaben berücksichtigt werden können, allerdings unter dem Vorbehalt, dass diese nicht im Ausland bereits steuermindernd angesetzt werden können.
Dieser Ausschlusstatbestand ist nun in der Praxis häufig erfüllt und muss beachtet werden. So hat aktuell das FG Düsseldorf in zwei Parallelentscheidungen v. 20.5.2021 (Az. 9 K 3063/19 E und 9 K 3168/19 E) entschieden, dass die niederländische Heffingskorting eine den Sonderausgabenabzug ausschließende Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen ist. Im Urteilsfall war der Stpfl. Grenzgänger, der Ehegatte dagegen ausschließlich in den Niederlanden nicht selbständig tätig. Bei der Versteuerung des Lohnes des Ehegatten in den Niederlanden wurde die sog. Heffingskorting abgezogen. Dabei handelt es sich um einen Abgabennachlass auf Steuern unter Berücksichtigung der Sozialversicherungsabgaben an Stelle eines persönlichen Grundfreibetrages. Dies bedeutet eine steuerliche Vergünstigung unter Berücksichtigung der persönlichen Gesamtumstände im Zusammenhang mit der Pflicht-Sozialversicherung (Volksverzekering).
Das Gericht hat den Ansatz der in den Niederlanden entrichteten Vorsorgeaufwendungen bei der Antragsveranlagung in Deutschland abgelehnt, da ansonsten eine doppelte Begünstigung entstehen würde, nämlich sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland. Eine steuerliche Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen des Ehegatten durch das niederländische Besteuerungssystem steht einem steuerlichen Abzug im Inland entgegen.
Handlungsempfehlung:
In der Praxis ist dies eine vielfach anzutreffende Konstellation. Insofern ist zu beachten, dass gegen die Entscheidung nun unter dem Aktenzeichen I R 26/21 die Revision beim BFH anhängig ist, so dass die Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt ist. In vergleichbaren Fällen ist daher zu prüfen, ob vorsorglich Steuerbescheide verfahrensrechtlich offen gehalten werden sollen.
5 Keine Grunderwerbsteuerbefreiung bei Übertragung und Tausch von Miteigentumsanteilen unter Geschwistern
Die Übertragung von Grundvermögen unterliegt grds. der Grunderwerbsteuer. Hiervon ausgenommen ist allerdings die Übertragung von Eltern auf ihre Kinder und umgekehrt. Dagegen ist nicht steuerbefreit die Übertragung eines Grundstücks zwischen Geschwistern. Der BFH stellt nun mit Beschluss vom 25.5.2021 (Az. II B 87/20) klar, dass die Übertragung zwischen Geschwistern auch dann nicht steuerbefreit ist, wenn dem eine Übertragung des Grundstücks von den Eltern vorausgeht. Insoweit ist keine zusammengefasste Betrachtung vorzunehmen.
Der BFH führt ausdrücklich aus, dass selbst bei einer Schenkung mit Auflage kein abgekürzter Leistungsweg vorliegt, der der Zusammenschau zugänglich wäre, wenn der Gegenstand der Auflage bereits ganz oder teilweise Gegenstand der Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Erstbeschenkten war. Denn in diesem Falle hätte der Schenker den Gegenstand der Auflage auch unmittelbar dem Zweitbeschenkten zuwenden können. Es stellt keine Abkürzung, sondern eine Verlängerung des Leistungswegs dar, wenn der Schenker dasjenige, was er im Ergebnis dem Zweitbeschenkten zuwenden will, dem Erstbeschenkten mit der Auflage zuwendet, es an den Zweitbeschenkten weiterzureichen, statt eine unmittelbare Zuwendung an den Zweitbeschenkten zu bewirken.
Handlungsempfehlung:
In solchen Fällen muss also stets vorausschauend überlegt werden, welcher Person letztlich das Grundstück zugewendet werden soll.
6 Weitere Erleichterungen zum Nachweis des Corona-Bonus
Das Bundesministerium der Finanzen hat die FAQ „Corona” (Steuern) aktualisiert. Unter anderem wurden Erleichterungen zum Nachweis des sog. Corona-Bonus von 1 500 € aufgenommen.
Zum Hintergrund: Steuerfrei sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1.3.2020 bis zum 31.3.2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 €. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Der Betrag von 1 500 € kann insgesamt nur einmal innerhalb dieses Zeitraums in Anspruch genommen werden, die Auszahlung ist aber in mehreren Beträgen möglich. Die maßgeblichen Passagen der FAQ lauten:
- Für die Steuerfreiheit der Leistungen ist es erforderlich, dass aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder anderen Vereinbarungen bzw. Erklärungen erkennbar ist, dass es sich um steuerfreie Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise handelt und die übrigen Voraussetzungen des § 3 Nr. 11a EStG eingehalten werden.
- Der Zusammenhang der Beihilfen und Unterstützungen mit der Corona-Krise kann sich aus einzelvertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aus ähnlichen Vereinbarungen oder aus Erklärungen des Arbeitgebers ergeben. Ähnliche Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können zum Beispiel Tarifverträge oder gesonderte Betriebsvereinbarungen sein. Als Erklärungen des Arbeitgebers werden zum Beispiel individuelle Lohnabrechnungen oder Überweisungsbelege anerkannt, in denen die Corona-Sonderzahlungen als solche ausgewiesen sind.
Handlungsempfehlung:
Die Hürden für die Steuerfreiheit wurden also nochmals abgesenkt. Wichtig ist aber, dass die steuerfreien Leistungen im Lohnkonto aufzuzeichnen sind, so dass sie bei der Lohnsteuer-Außenprüfung als solche erkennbar sind und die Rechtsgrundlage für die Zahlung bei Bedarf geprüft werden kann.
7 Betriebsveranstaltung: Aufteilung der angefallenen Kosten auf die tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer
Der BFH hat zum aktuellen Einkommensteuerrecht bestätigt, dass
- bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen sind, ungeachtet dessen, ob sie beim Arbeitnehmer einen Vorteil begründen können.
- die danach zu berücksichtigenden Aufwendungen (Gesamtkosten) des Arbeitgebers zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen sind.
Der Sachverhalt stellte sich wie folgt dar: Ende des Jahres 2016 plante die Arbeitgeberin die Durchführung eines gemeinsamen Kochkurses als Weihnachtsfeier, zu der sie alle Betriebsangehörigen einlud. Insgesamt 27 Arbeitnehmer sagten ihre Teilnahme zu. Die Stpfl. gab dementsprechend bei der Auftragserteilung an den externen Veranstalter eine Teilnehmeranzahl von 27 Personen an, anhand derer die Veranstaltung kalkuliert wurde. Da zwei Arbeitnehmer kurzfristig abgesagt hatten, nahmen tatsächlich nur 25 Arbeitnehmer an dem Kochkurs teil, ohne dass dies zu einer Verminderung der Veranstaltungskosten führte. Vielmehr stellte der Veranstalter der Stpfl. die ursprünglich kalkulierten Kosten i.H.v. brutto 3 052,35 € in Rechnung. Die Stpfl. war der Ansicht, dass die Kosten, die auf die beiden angemeldeten, aber nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfielen, nicht Teil der Zuwendungen an die tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer seien.
Unstrittig war die Einstufung des Kochkurses als Betriebsveranstaltung und ebenso die Anwendung des Freibetrags von 110 € je Teilnehmer. Wird dieser Freibetrag überschritten, liegt in Höhe des übersteigenden Betrags stpfl. Arbeitslohn vor. Die Anwendung dieses Freibetrags gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich. Fraglich war aber, ob die Kosten i.H.v. 3 052,35 € auf 27 Personen (Anzahl der angemeldeten Arbeitnehmer) und mithin jedem teilnehmenden Arbeitnehmer (vor Freibetrag) ein Vorteil von 113,05 € oder aber auf 25 Personen (Anzahl der teilnehmenden Arbeitnehmer) und mithin jedem teilnehmenden Arbeitnehmer (vor Freibetrag) ein Vorteil von 122,09 € zuzurechnen war.
Der BFH stellt hierzu klar:
- Die Zuwendungen im Rahmen der Betriebsveranstaltung sind mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen. In die Bemessungsgrundlage sind damit alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon einzubeziehen, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.
- Dabei ist insoweit abzustellen auf die teilnehmenden Arbeitnehmer/Begleitpersonen. Eine Bemessung des dem einzelnen Arbeitnehmer zufließenden Vorteils nach der Anzahl der angemeldeten Arbeitnehmer komme nach aktueller Gesetzesfassung nicht in Betracht.
Hinweis:
Damit bestätigt der BFH die Auffassung der FinVerw.
8 Finanzverwaltung: Bußgeldübernahme seitens des Arbeitgebers weiterhin regelmäßig Arbeitslohn
Mit Urteil vom 13.8.2020 (Az. VI R 1/17) hat der BFH entgegen der früheren Rechtsprechung und der Verwaltungsansicht entschieden, dass kein Zufluss von Arbeitslohn beim Arbeitnehmer anzunehmen ist, wenn der Arbeitgeber Bußgelder übernimmt, die seinen Arbeitnehmern auferlegt wurden – so bspw. Bußgelder für Parkverstöße bei Paketzustellern oder Handwerkern. Ein Arbeitslohn sei grds. dann zu verneinen, wenn die Zahlung eines Verwarnungsgeldes auf eigene Schuld des Arbeitgebers als Halterin des Fahrzeugs erfolgt. Es ist aber zu prüfen, ob dem Arbeitgeber wegen der von ihren Fahrern unstreitig begangenen Parkverstöße ein (vertraglicher oder gesetzlicher) Regressanspruch gegen den jeweiligen Verursacher zusteht. Sollte ein realisierbarer Schadensersatzanspruch bestehen, so ist in dem Erlass desselben ein Zufluss von Arbeitslohn zu sehen. Jedenfalls wäre in diesem Fall Arbeitslohn nicht etwa zu verneinen, weil ein eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers vorliegen würde. Der BFH brachte zum Ausdruck, dass ein rechtswidriges Tun (hier die von den Arbeitnehmern entgegen der geltenden StVO begangenen Parkverstöße) keine beachtliche Grundlage einer solchen betriebsfunktionalen Zielsetzung sein kann.
Hinweis:
Der BFH konnte in dem angesprochenen Verfahren den Fall selbst nicht entscheiden, sondern hat diesen an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen. Für den Entscheidungsfall muss das FG im zweiten Rechtsgang prüfen, ob und wenn ja in welcher Höhe der Arbeitgeberin wegen der von ihren Fahrern unstreitig begangenen Parkverstöße ein (vertraglicher oder gesetzlicher) Regressanspruch gegen den jeweiligen Verursacher zusteht. Ein Regress gegen den jeweiligen Arbeitnehmer dürfte im Regelfall aber ausscheiden.
Die FinVerw hat dieses Urteil des BFH im Bundessteuerblatt veröffentlicht, so dass dieses über den entschiedenen Fall hinaus anwendbar ist. Nun hat auch die Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M. mit Verfügung v. 30.6.2021 (Az. S 2332 A – 094 – St 212) hierzu Stellung genommen. Bislang ruhend gestellte Einspruchsverfahren sollen auf Basis der nun vorliegenden Entscheidung des BFH wieder aufgenommen werden. Die Äußerung der FinVerw ist so zu verstehen, dass im Regelfall Arbeitslohn anzunehmen ist.
9 Steuerliche Anerkennung von Umzugskosten
Das BMF teilt mit Schreiben v. 21.7.2021 (Az. IV C 5 – S 2353/20/10004 :002) die Änderung der maßgebenden Beträge für umzugsbedingte Unterrichtskosten und sonstige Umzugsauslagen ab 1.4.2021 sowie 1.4.2022 mit. Insoweit gelten nun folgende Beträge – maßgeblich für die Ermittlung der Pauschalen ist der Tag vor dem Einladen des Umzugsguts:
Ab 1.4.2021 | Ab 1.4.2022 | |
Höchstbetrag, der für die Anerkennung von Auslagen für den durch den Umzug bedingten zusätzlichen Unterricht für ein Kind des Berechtigten maßgebend ist | 1 160 € | 1 181 € |
Pauschbetrag für sonstige Umzugsauslagen beträgt - für den Berechtigten - zusätzlich für jede andere Person |
870 € 580 € |
886 € 590 € |
Für Berechtigte, die am Tage vor dem Einladen des Umzugsguts keine Wohnung hatten oder nach dem Umzug keine eigene Wohnung eingerichtet haben | 174 € | 177 € |
Hinweis:
Anstelle der genannten Pauschalbeträge nach dem Bundesumzugskostengesetz (BUKG) können auch die im Einzelfall nachgewiesenen höheren Umzugskosten als Werbungskosten abgezogen werden. Ein Werbungskostenabzug entfällt, soweit die Umzugskosten vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet worden sind.
10 Betriebliche Altersversorgung kann als außerordentliche Einkünfte begünstigt zu versteuern sein
Der BFH hatte über eine in der Praxis vielfach anzutreffende Form der betrieblichen Altersvorsorge zu entscheiden: Wird ein Abfindungsbetrag (ganz oder teilweise), ohne dass er im Ergebnis dem Arbeitnehmer wirtschaftlich zur Verfügung steht, im Wege der Entgeltumwandlung direkt einem Aufbaukonto der betrieblichen Altersvorsorge im Rahmen einer Direktzusage zugewiesen, kommt es – unter bestimmten weiteren Voraussetzungen – zunächst nicht zu einer Versteuerung als Arbeitslohn. Damit wird die Möglichkeit, Abfindungsbeträge direkt der Altersversorgung zuzuführen, steuerlich begünstigt. Eine spätere Auszahlung in Form einer Einmalzahlung ist dann als Arbeitslohn zu versteuern, kann aber als außerordentliche Einkünfte einem reduzierten Steuersatz unterliegen. Voraussetzung für diese begünstigte Behandlung bei der Einkommensteuer ist, dass die Beitragszahlungen sich
- über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstrecken und
- einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfassen.
Diese steuerliche Behandlung hat der BFH mit Urteil vom 23.4.2021 (Az. IX R 3/20) bestätigt. Im Streitfall stand dem Merkmal der Außerordentlichkeit nicht entgegen, dass dem Arbeitnehmer daneben eine weitere Altersversorgung aus einem vom Aufbaukonto getrennten arbeitgeberfinanzierten Basiskonto zustand, das darauf angesparte Versorgungsguthaben jedoch noch nicht zur Auszahlung gelangt ist.
Hinweis:
Insoweit kann also nicht nur die Besteuerung zeitlich hinausgeschoben, sondern auch eine Begünstigung bei der Anwendung des Einkommensteuertarifs erreicht werden.
11 Unentgeltliche Mahlzeitengestellung an Flugpersonal nicht immer Arbeitslohn
Das FG Düsseldorf hatte über die Frage der Lohnsteuer bei unentgeltlicher Mahlzeitengestellung zu entscheiden. Streitig war die lohnsteuerliche Behandlung der Gestellung von Mahlzeiten an Bord von Flugzeugen für Kabinenpersonal und Cockpit-Personal. Die Klage hatte teilweise Erfolg. Mit Urteil vom 13.8.2020 (Az. 14 K 2158/16 L) entschied das FG, dass es sich bei der unentgeltlichen Mahlzeitengestellung sowohl an das Kabinenpersonal als auch an das Cockpit-Personal nicht um Arbeitslohn handelt für die Mahlzeiten, die auf Lang- und Mittelstreckenflügen bei Flugzeiten von über sechs Stunden mit kurzen „Turn-Around-Zeiten” unentgeltlich überlassen wurden. Soweit in einzelnen Fällen das Kabinenpersonal nur eine einzelne (Mittel-)Strecke geflogen ist, kann ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Fluggesellschaft dagegen nicht angenommen werden.
Die Gestellung unentgeltlicher Mahlzeiten ist zwar grds. ein der Lohnsteuer zu unterwerfender Vorteil. Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern nur als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn auf Grund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. Die danach erforderliche Gesamtwürdigung muss insbes. Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck berücksichtigen.
Ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse wurde bspw. in folgenden Fällen der unentgeltlichen Mahlzeitengestellung bejaht:
- die Bewirtung anlässlich von gewöhnlichen Betriebsveranstaltungen, soweit sie nach Art, Teilnehmerkreis, Häufigkeit und Dauer üblich ist;
- im Rahmen eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes (z.B. Dienstbesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen, unerwarteter Arbeitsanfall), wenn die unentgeltliche Überlassung des Essens der Beschleunigung des Arbeitsablaufes dient, so dass ein Belohnungscharakter verneint werden kann;
- bei betriebsfunktionalen Zwangslagen wie bspw. Mahlzeitengestellung an Mitarbeiter auf einer nur per Helikopter erreichbaren Offshore-Plattform, die im 14-tägigen Schichtdienst tätig waren.
Im Urteilsfall bestätigte das FG, dass die unentgeltliche Gestellung der Mahlzeiten den außergewöhnlichen Arbeitsumständen an Bord sowie der hiermit verbundenen erforderlichen effizienten Gestaltung der Arbeits- und Betriebsabläufe geschuldet war und damit überwiegend betriebsfunktionalen Zielsetzungen dient. Die Essensgestellung erfolgte in erster Linie, um einen reibungslosen und effizienten Ablauf während der Flugzeiten und „Turn-Around-Zeiten” auf Mittel- und Langstreckenflügen zu gewährleisten und auch den Arbeitsablauf zu beschleunigen. Bei objektiver Beurteilung der Art der Tätigkeiten und der räumlichen Verhältnisse in einem Flugzeug boten sich keine Möglichkeiten, dass die Piloten und das Kabinenpersonal sich selbst versorgten oder während ihrer Einsätze „zum Essen” gingen. Ein Kühlschrank und Kochgelegenheiten waren nicht vorhanden. Für ein überwiegendes Eigeninteresse der Fluggesellschaft spricht darüber hinaus die Zwangsläufigkeit der Zuwendung. Während der Flugdienstzeit („Flight Duty Period”) durfte bzw. konnte das Flugpersonal das Flugzeug nicht verlassen. Die Mahlzeitengestellung diente zudem der Sicherstellung des Flugbetriebs und der Flugsicherheit. Die Fluggesellschaft war angesichts der europarechtlichen Vorgaben gesetzlich verpflichtet, ab einer Flugdienstzeit von über sechs Stunden der Besatzung die Möglichkeit zur Einnahme von Mahlzeiten und Getränken einzuräumen, um jede Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit eines Besatzungsmitglieds zu vermeiden und damit der erhöhten Gefährdungslage im Luftverkehr Rechnung zu tragen.
Hinweis:
Dieses Urteil kann auch in vergleichbaren Sachverhalten herangezogen werden. Allerdings muss das überwiegende eigenbetriebliche Interesse einer Mahlzeitengestellung im konkreten Einzelfall sehr sorgfältig begründet werden.
12 Doppelte Haushaltsführung in Zeiten von Home-Office(-Pflicht)
Der Ansatz einer doppelten Haushaltsführung geht regelmäßig mit einem materiell bedeutsamen Werbungskostenabzug einher. Im Hinblick auf die vermehrte Home-Office-Tätigkeit und teilweise gar Home-Office-Pflicht in 2020 und teilweise auch in 2021 ist zu beobachten, dass die Finanzämter sehr genau prüfen, ob die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung im steuerlichen Sinne gegeben sind.
Notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, können als Werbungskosten abgezogen oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer
- außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält (Hauptwohnung) und
- auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (Zweitwohnung).
Geht nun der Stpfl. seiner beruflichen Tätigkeit über einen längeren Zeitraum aus dem Home-Office nach, so ist fraglich, ob die berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung (noch) besteht. Dies gilt insbes. dann, wenn in dieser Zeit die doppelte Haushaltsführung erstmals begründet wird. Problematisch ist, wenn der Stpfl. nachhaltig am Ort seines Haupthausstandes tätig wird oder andere Umstände einen solchen Entschluss erkennen lassen. Dann kann die berufliche Veranlassung für die Zweitwohnung entfallen.
Handlungsempfehlung:
Im Regelfall wird eine Home-Office-Tätigkeit die berufliche Veranlassung einer bestehenden doppelten Haushaltsführung nicht in Frage stellen. Betroffene Stpfl. sollten dennoch sorgfältig darlegen, dass sie entweder von der Zweitwohnung aus tätig werden oder die Home-Office-Tätigkeit nicht auf Dauer erfolgen soll.
13 Steuerliche Anerkennung von Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben
Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben ist zwingend an die Einhaltung bestimmter Formerfordernisse geknüpft. So muss zeitnah ein schriftlicher Nachweis über Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen geführt werden. Grundsätzlich ist ein formloses Dokument (Bewirtungsbeleg als Eigenbeleg) ausreichend, welches vom Stpfl. unterschrieben werden muss. Bei Bewirtung in einem Bewirtungsbetrieb (Restaurant o.Ä.) ist zum Nachweis die Rechnung über die Bewirtung beizufügen. Diese Rechnung muss den umsatzsteuerlichen Anforderungen an eine Rechnung genügen. Sie muss maschinell erstellt und elektronisch aufgezeichnet sein. Bei Rechnungen mit einem Gesamtbetrag bis zu 250 € (Kleinbetragsrechnungen) reichen die vereinfachten Anforderungen aus.
Zu Details dieser Nachweisanforderungen hat die FinVerw nun mit Schreiben vom 30.6.2021 (Az. IV C 6 – S 2145/19/10003 :003) Stellung genommen. Auf diese Neuregelungen – verbunden mit der unten dargestellten Übergangsregelung – muss sich die Praxis einstellen. Auf folgende Aspekte ist hinzuweisen:
Zum Inhalt des Bewirtungsbelegs gilt:
Merkmal | Anmerkung | Besonderheit bei Kleinbetragsrechnung (Gesamtbetrag bis zu 250 €) |
Name und Anschrift des Bewirtungsbetriebs | Die Rechnung muss den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Bewirtungsbetriebs enthalten. | Angabe erforderlich |
Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer | Die Rechnung muss die dem Bewirtungsbetrieb vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer enthalten. | Nicht erforderlich |
Ausstellungsdatum | Die Rechnung muss das Ausstellungsdatum enthalten. | Angabe erforderlich |
Rechnungsnummer | Die Rechnung muss eine fortlaufende Nummer enthalten, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben worden ist. | Nicht erforderlich |
Leistungsbeschreibung | Die Rechnung muss zu der Bewirtungsleistung die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten. Bewirtungsleistungen sind im Einzelnen zu bezeichnen; die Angabe „Speisen und Getränke” und die Angabe der für die Bewirtung in Rechnung gestellten Gesamtsumme reichen nicht. Bezeichnungen wie z.B. „Menü 1”, „Tagesgericht 2” oder „Lunch-Buffet" und aus sich selbst heraus verständliche Abkürzungen sind jedoch zulässig. | Angabe erforderlich |
Tag der Bewirtung | Zwingend anzugeben ist der Tag der Bewirtung. Ein Verweis auf das Ausstellungsdatum, z.B. in der Form „Leistungsdatum entspricht Rechnungsdatum”, ist ausreichend. Handschriftliche Ergänzungen oder Datumsstempel reichen nicht aus. | Angabe erforderlich |
Rechnungsbetrag | Die Rechnung muss den Preis für die Bewirtungsleistungen enthalten. Ein ggf. vom bewirtenden Stpfl. zusätzlich gewährtes Trinkgeld kann durch die maschinell erstellte und elektronisch aufgezeichnete Rechnung zusätzlich ausgewiesen werden. Wird das Trinkgeld in der Rechnung nicht ausgewiesen, gelten für den Nachweis von Trinkgeldzahlungen die allgemeinen Regelungen. Der Nachweis kann z.B. dadurch geführt werden, dass das Trinkgeld vom Empfänger des Trinkgeldes auf der Rechnung quittiert wird. | Angabe erforderlich |
Name des Bewirtenden | Die Rechnung muss den Namen des bewirtenden Stpfl. enthalten. Unschädlich ist, wenn der leistende Unternehmer (Bewirtungsbetrieb) den Namen des bewirtenden Stpfl. handschriftlich auf der Rechnung vermerkt. | Nicht erforderlich |
Neu sind die Anforderungen an den Bewirtungsbeleg, wenn der Bewirtungsbetrieb ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion verwendet:
- Dann werden für den Betriebsausgabenabzug nur maschinell erstellte, elektronisch aufgezeichnete und mit Hilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) abgesicherte Rechnungen anerkannt. Der Bewirtungsbetrieb ist in diesen Fällen verpflichtet, mit dem elektronischen Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion Belege über die Geschäftsvorfälle zu erstellen.
- Rechnungen in anderer Form, z.B. handschriftlich erstellte oder nur maschinell erstellte, erfüllen die Nachweisvoraussetzungen nicht; die darin ausgewiesenen Bewirtungsaufwendungen sind vollständig vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.
- Soweit der Beleg mit einer Transaktionsnummer, der Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder der Seriennummer des Sicherheitsmoduls versehen wurde, kann der Stpfl. grundsätzlich auf die Ordnungsmäßigkeit vertrauen.
- Werden Bewirtungsleistungen zu einem späteren Zeitpunkt als dem Tag der Bewirtung in Rechnung gestellt und unbar bezahlt (z.B. bei der Bewirtung eines größeren Personenkreises im Rahmen einer geschlossenen Veranstaltung) oder sind in dem bewirtenden Betrieb ausschließlich unbare Zahlungen möglich, ist die Vorlage eines Belegs eines elektronischen Aufzeichnungssystems mit Kassenfunktion nicht zwingend erforderlich. In diesem Fall ist der Rechnung der Zahlungsbeleg über die unbare Zahlung beizufügen.
- Werden für Gäste eines Unternehmens Verzehrgutscheine ausgegeben, gegen deren Vorlage die Besucher auf Rechnung des Unternehmens in einem Bewirtungsbetrieb bewirtet werden, reicht für den Betriebsausgabenabzug die Vorlage der Abrechnung über die Verzehrgutscheine aus.
Zulässig sind auch digitale oder digitalisierte Bewirtungsrechnungen und -belege. An diese werden folgende Anforderungen gestellt:
- Die Rechnung über die Bewirtung in einem Bewirtungsbetrieb kann dem Stpfl. bereits in digitaler Form übermittelt werden (digitale Bewirtungsrechnung). Eine Bewirtungsrechnung in Papierform kann vom Stpfl. digitalisiert werden (digitalisierte Bewirtungsrechnung).
- Ein digitaler oder digitalisierter Eigenbeleg muss digital mit der Bewirtungsrechnung zusammengefügt oder durch einen Gegenseitigkeitshinweis auf Eigenbeleg und Bewirtungsrechnung verbunden werden. Eine elektronische Verknüpfung (z.B. eindeutiger Index, Barcode) ist zulässig. Die geforderten Angaben können auch in digitaler Form auf der digitalen oder digitalisierten Bewirtungsrechnung angebracht werden.
In diesen Fällen werden von der FinVerw die steuerlichen Nachweiserfordernisse als erfüllt angesehen, wenn
- der Stpfl. zeitnah einen elektronischen Eigenbeleg mit den gesetzlich erforderlichen Angaben erstellt oder die gesetzlich erforderlichen Angaben zeitnah auf der digitalen oder digitalisierten Bewirtungsrechnung elektronisch ergänzt,
- der Zeitpunkt der Erstellung oder Ergänzung im Dokument elektronisch aufgezeichnet wird,
- das erstellte Dokument oder die Ergänzung der Bewirtungsrechnung vom Stpfl. digital signiert oder genehmigt wird,
- der Zeitpunkt der Signierung oder Genehmigung elektronisch aufgezeichnet wird,
- das erstellte Dokument – ggf. zusammen mit der digitalen oder digitalisierten Bewirtungsrechnung (z.B. durch einen gegenseitigen Verweis) – oder die ergänzte Bewirtungsrechnung elektronisch aufbewahrt wird und
- bei den genannten Vorgängen die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) erfüllt und die jeweils angewandten Verfahren in der Verfahrensdokumentation beschrieben werden.
Handlungsempfehlung:
Die Verfahrensdokumentation muss den im Betrieb angewandten Verfahren angepasst werden.
Diese Anforderungen sind grds. auch bei einer Bewirtung im Ausland zu erfüllen. Ausnahmsweise gilt aus Sicht der FinVerw vereinfachend:
- Wird jedoch glaubhaft gemacht, dass eine detaillierte, maschinell erstellte und elektronisch aufgezeichnete Rechnung nicht zu erhalten war, genügt in Ausnahmefällen die ausländische Rechnung, auch wenn sie diesen Anforderungen nicht voll entspricht.
- Liegt im Ausnahmefall nur eine handschriftlich erstellte ausländische Rechnung vor, hat der Stpfl. glaubhaft zu machen, dass im jeweiligen ausländischen Staat keine Verpflichtung zur Erstellung maschineller Belege besteht.
Hinweis:
Ausdrücklich gewährt die FinVerw hinsichtlich der getroffenen Neuregelungen, insbesondere also hinsichtlich der Beleganforderungen nach der Kassen-Sicherungsverordnung, eine Übergangsregelung: Für bis zum 31.12.2022 ausgestellte Belege über Bewirtungsaufwendungen ist der Betriebsausgabenabzug unabhängig von den nach der Kassen-Sicherungsverordnung geforderten Angaben zulässig. Führen die Regelungen in diesem Schreiben über die nach der Kassensicherungsverordnung geforderten Angaben im Vergleich zu den bisherigen Regelungen zu erhöhten Anforderungen an die Nachweisführung hinaus, sind diese verpflichtend erst für Bewirtungsaufwendungen vorauszusetzen, die nach dem 1.7.2021 anfallen.
Handlungsempfehlung:
Frühzeitig sollten Reisekostenrichtlinien u.Ä. an diese neuen Anforderungen angepasst werden, damit rechtzeitig ordnungsgemäße Rechnungen vorliegen und der Betriebsausgabenabzug insoweit nicht gefährdet ist.
14 Erweiterte Grundstückskürzung: Bei Verwaltung fremden Grundbesitzes muss es sich um Wohnbauten handeln
Die erweiterte Grundbesitzkürzung ist in der Praxis von großer Bedeutung für Immobilienunternehmen, die nur auf Grund der Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielen und der Gewerbesteuerpflicht unterliegen. Allerdings wird die gewerbesteuerliche Kürzung nur unter sehr restriktiven Bedingungen gewährt. Gewährt wird diese erweiterte Grundstückskürzung bei Unternehmen, die
- ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder
- daneben Wohnungsbauten betreuen oder
- Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen i.S.d. Wohnungseigentumsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung errichten und veräußern.
Der Streitfall lag wie folgt: Die Stpfl. – eine GmbH & Co. KG – verwaltete fast ausschließlich eigenen Grundbesitz, und zwar 5 831 Wohnungen, 79 gewerbliche und sonstige Einheiten sowie 2 930 Garagen und Stellplätze. Daneben nahm sie seit 2011 die Verwaltung fremden Grundbesitzes auf und erzielte im Streitjahr daraus Erträge von nur 75 960 €. Die Verwaltung des fremden Grundbesitzes umfasste ganz überwiegend Wohnungen, aber in geringem Maße auch gewerbliche Einheiten.
Der BFH hat nun mit Urteil vom 15.4.2021 (Az. IV R 32/18) entschieden, dass die Gesetzesformulierung der Verwaltung fremder „Wohnungsbauten” eindeutig sei und nur Gebäude umfasse, die ausschließlich Wohnzwecken dienen; die Verwaltung fremder gemischt genutzter Gebäude sei dagegen steuerschädlich. Dabei spielt es keine Rolle, wie niedrig der gewerbliche Anteil an der gesamten nutzbaren Fläche der gemischtgenutzten Gebäude sei. Im Urteilsfall wurde daher die erweiterte Grundstückskürzung insgesamt versagt.
Handlungsempfehlung:
Wie in anderen Fällen geringfügiger steuerschädlicher Tätigkeiten muss in solchen Konstellationen die Ausgliederung auf einen selbständigen Rechtsträger geprüft werden.
15 Ermäßigter Umsatzsteuersatz: Abgrenzung der Dienstleistung von der Lieferung beim Mitbenutzungsrecht an Verzehrvorrichtungen Dritter
Umsatzsteuerlich ist hinsichtlich des anzuwendenden Steuersatzes zu unterscheiden: Die Abgabe von Lebensmitteln unterliegt im Regelfall dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, wohingegen Restaurationsleistungen als eigenständige Dienstleistung dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegen. Erwirbt also z.B. ein Kunde in einer Bäckerei ein belegtes Brötchen, so unterliegt dieser Umsatz dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Wird das Brötchen aber in der Bäckerei an dort bereitgestellten Tischen und mittels bereitgestellter Teller, Besteck usw. verzehrt, so unterliegt dieser Umsatz dem regulären Umsatzsteuersatz.
In diesem Zusammenhang hatte der BFH mit Urteil v. 3.8.2017 entschieden, dass die Abgabe von Brezeln („Wiesnbrezn”) in Festzelten durch einen vom Festzeltbetreiber personenverschiedenen Unternehmer dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, weil die damit zusammenhängenden Dienstleistungselemente (Bereitstellung von Tischen und Bänken usw.) von einem Dritten (dem Festzeltbetreiber) erbracht werden.
Die FinVerw teilt nun mit Schreiben vom 22.4.2021 (Az. III C 2 – S 7210/19/10002 :005) mit, dass diese Urteilsgrundsätze allgemein anzuwenden sind. Herausgestellt wird, dass die Dienstleistungselemente nur dann steuerschädlich (mit der Folge der Anwendung des allgemeinen Steuersatzes) zu berücksichtigen sind, wenn sie dem Kunden vom speiseabgebenden Unternehmer im Rahmen einer einheitlichen Leistung zur Verfügung gestellt werden und vom Leistenden ausschließlich dazu bestimmt wurden, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern. Dabei wird ausdrücklich Bezug genommen auf das Urteil des BFH vom 30.6.2011. In diesem Urteil hatte der BFH entschieden, dass Verzehrvorrichtungen nur als Dienstleistungselement berücksichtigt werden dürfen, wenn sie vom Leistenden als Teil einer einheitlichen Leistung zur Verfügung gestellt werden und dass die Abgabe von Bratwürsten, Pommes frites u.ä. standardisiert zubereiteten Speisen zum Verzehr an einem Tisch mit Sitzgelegenheiten zu einem dem Regelsteuersatz unterliegenden Restaurationsumsatz führt.
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn dem Leistenden durch den Dritten der Art nach ein Mitbenutzungsrecht in Form von Verfügungs- und Dispositionsmöglichkeiten an dessen Dienstleistungselementen (z.B. Verzehrvorrichtungen) ausdrücklich zugestanden worden ist.
Hinweis:
Letztlich muss stets der Einzelfall betrachtet werden. Aktuell findet nach den Regelungen des Dritten Corona-Steuerhilfegesetzes für bis zum 31.12.2022 erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken, ebenfalls der ermäßigte Steuersatz Anwendung, so dass die geschilderte Problematik erst wieder ab dem 1.1.2023 von Bedeutung sein wird.
16 Gutachtertätigkeiten im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK)
In Umsetzung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8.10.2020 (Az. C-657/19) hat der BFH nun mit Urteil vom 24.2.2021 (Az. XI R 30/20) entschieden, dass Leistungen einer Gutachterin, die im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt, nach nationalem Recht nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Auch eine Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht ist nicht zu gewähren.
Im Streitfall war die Stpfl. ausgebildete Krankenschwester mit medizinischer Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in Qualitätsmanagement im Bereich der Pflege. In den Streitjahren 2012 bis 2014 erstellte sie für den MDK Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Die Gutachterleistungen rechnete der MDK ihr gegenüber monatlich ohne Ausweis der Umsatzsteuer ab. Die betreffenden Umsätze erklärte die Stpfl. als steuerfrei, nahm jedoch den Vorsteuerabzug aus allen Eingangsleistungen ungekürzt in Anspruch. Das Finanzamt war der Auffassung, die Gutachtertätigkeit sei weder nach nationalem noch nach Unionsrecht steuerbefreit und unterwarf diese Umsätze der Umsatzsteuer.
Der BFH bestätigt, dass sich die Stpfl. weder auf die Steuerbefreiung nach nationalem Recht noch auf die nach Unionsrecht berufen kann. Es handelt sich bei den im Rahmen der Gutachtertätigkeit erbrachten Leistungen zwar um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen. Ein erfolgreiches Berufen auf die Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht scheitert im Streitfall allerdings daran, dass die Stpfl. nicht von der Bundesrepublik Deutschland als „Einrichtung mit sozialem Charakter” anerkannt ist; eine solche Anerkennung, die Voraussetzung für die unionsrechtliche Steuerbefreiung ist, folgt insbesondere nicht aus der Beauftragung durch eine solche Einrichtung noch aus der nur mittelbaren Kostenerstattung über den MDK.
Hinweis:
Die Steuerfreistellung der Umsätze von ausgebildeten Krankenschwestern, die für den MDK Gutachten erstellen, kann vielmehr nur dann erreicht werden, wenn mit der Pflegekasse entsprechende Verträge geschlossen werden oder die Pflegekasse explizit die Entscheidung trifft, dass für die konkrete Krankenschwester die Kosten übernommen werden. Für die Praxis gilt es daher zu prüfen, ob die Entscheidung auf die konkreten Sachverhaltskonstellationen anzuwenden ist.
17 Vermögensverwaltende Personengesellschaft: Wechsel von einer gewerblich geprägten zu einer entprägten Gesellschaft
Eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, die Immobilien verwaltet, vermittelt ihren Gesellschaftern steuerlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Insoweit wird der Gesellschafter so gestellt, als würde er anteilig die Immobilie selbst vermieten. Dies bedeutet auch, dass erzielte Wertsteigerungen aus der Vermögenssubstanz – so etwa bei einem Verkauf der Immobilie – nach Ablauf der zehnjährigen Bindungsfrist als privates Veräußerungsgeschäft steuerlich nicht erfasst werden.
Anders ist dies allerdings dann, wenn eine sogenannte gewerblich geprägte Personengesellschaft vorliegt. Dann werden Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und das eingesetzte Vermögen ist als Betriebsvermögen steuerlich gebunden, so dass auch etwaige Veräußerungsgewinne unabhängig von der Haltedauer steuerlich erfasst werden. Eine gewerblich geprägte Gesellschaft liegt bei einer an sich vermögensverwaltend tätigen Gesellschaft vor, wenn ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind.
Deutlich dürfte sein, dass die gewerbliche Prägung durch die jeweilige Gestaltung der Gesellschafter und der Geschäftsführungsbefugnis gestaltet werden kann. Diese kann also bei Bedarf bewusst eingerichtet werden. Andererseits kann die gewerbliche Prägung auch wieder vermieden werden, z.B. indem eine natürliche Person die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters einnimmt. Dieser Vorgang wird steuerlich als Entprägung und die Gesellschaft dann als entprägte Gesellschaft bezeichnet.
Zu beachten sind die steuerlichen Wirkungen einer solchen Entprägung: Diese wird als Betriebsaufgabe eingestuft, da ab diesem Zeitpunkt kein steuerliches Betriebsvermögen mehr vorliegt, sondern vielmehr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden. Diese Betriebsaufgabe bewirkt, dass bis dahin im Vermögen erfolgte Wertsteigerungen besteuert werden.
Genau ein solcher Fall war nun strittig. Es ging um eine entprägte Gesellschaft. Die gewerbliche Prägung bestand allerdings lediglich für drei Jahre. Die mit der Betriebsaufgabe im Zeitpunkt der Entprägung erfolgte Bewertung des Immobilienvermögens zu Zeitwerten ergab, dass sich im Immobilienvermögen keine Wertsteigerungen ergeben hatten. Strittig war nun aber die Abschreibungsberechnung in den Folgejahren. Die Gesellschaft berechnete die Abschreibungen ausgehend von diesen Werten im Zeitpunkt der steuerlichen Betriebsaufgabe. Das Finanzamt wollte dagegen die Abschreibungen auf Basis der historischen Anschaffungskosten abzüglich der bisher vorgenommenen Abschreibungen vornehmen, also die früheren Abschreibungsreihen fortschreiben.
Der BFH bestätigte nun mit Urteil vom 22.2.2021 (Az. IX R 13/19) die Abschreibungsberechnung der Gesellschaft. Entscheidend ist, dass der Übergang vom Betriebsvermögen in das Privatvermögen als „anschaffungsähnlicher Vorgang” angesehen wird, mit der Folge, dass fiktive Anschaffungskosten in der Höhe anzusetzen sind, in der bei der Ermittlung des Aufgabegewinns kraft Gesetzes die stillen Reserven für das betriebliche Gebäude aufgelöst werden; diese Werte treten an die Stelle der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, die bis dahin die Abschreibungsbemessungsgrundlage bildeten. Der Umstand, dass sich vorliegend im Zeitraum der gewerblichen Prägung keine stillen Reserven angesammelt hatten, stehe dem nicht entgegen. Nach einer Betriebsaufgabe bildet der gemeine Wert die neue Abschreibungsbemessungsgrundlage bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn das Gebäude mit diesem Wert steuerlich erfasst wurde.
Hinweis:
Dieser Fall verdeutlicht erneut die Komplexität, die bei vermögensverwaltenden Gesellschaften im Steuerrecht auftreten kann. Daher ist in solchen Fällen stets steuerlicher Rat einzuholen.
18 Erbschaft- und Schenkungsteuer: begünstigtes Vermögen bei sog. Betriebsaufspaltung
Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens oder auch einer Personengesellschaft ist bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer im Grundsatz steuerlich begünstigt. Hiervon ausgeschlossen ist aber sog. Verwaltungsvermögen. Zu diesem Verwaltungsvermögen zählen insbesondere an Dritte zur Nutzung überlassene Grundstücke. Insoweit ist aber ausdrücklich eine Rückausnahme vorgesehen (so dass also wieder begünstigtes Vermögen vorliegt), wenn „der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte”. Angesprochen ist der Fall der steuerlichen Betriebsaufspaltung.
Der BFH hat mit Urteil vom 23.2.2021 (Az. II R 26/18) bestätigt, dass eine solche Betriebsaufspaltung in Bezug auf den Erblasser oder Schenker vorliegen muss. Hinsichtlich der personellen Verflechtung genügt es dagegen nicht, dass der oder die Erwerber die Person oder die Personengruppe ist, die die Betriebsgesellschaft tatsächlich beherrscht und zudem in der Lage ist, auch in dem Besitzunternehmen hinsichtlich des Miet- und Pachtverhältnisses über die wesentliche Betriebsgrundlage ihren Willen faktisch durchzusetzen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Erblasser oder Schenker – nicht der Erwerber – sowohl im Besitzunternehmen als auch im Betriebsunternehmen allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen entfalten kann.
Im Urteilsfall war an der Betriebsgesellschaft ausschließlich der Sohn beteiligt. Der Vater hielt ein Grundstück, welches an die Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlassen wurde. Mit dem Erbfall übernahm der Sohn das Grundstück und damit entstand nun eine steuerliche Betriebsaufspaltung. Vor dem Erbfall war eine solche nicht gegeben.
Hinweis:
Eine andere Wertung würde sich dann ergeben, wenn der Vater das Betriebsunternehmen faktisch beherrscht hätte. Hierfür gab es im Urteilsfall aber keine Anzeichen.
Handlungsempfehlung:
Derartige Fälle sind steuerlich komplex und bedürfen stets einer vorausschauenden steuerlichen Beratung. Dies gerade vor dem Hintergrund der materiell hohen Bedeutung der erbschaft-/schenkungsteuerlichen Vergünstigungen.
19 Kann ein Antrag auf Günstigerprüfung auch nachträglich gestellt werden?
Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen in der Regel der Abgeltungsteuer von 25 %. Mit Einbehalt der Abgeltungsteuer durch den Schuldner der Kapitalerträge ist damit die Besteuerung beim Kapitalanleger abgegolten. Auf Antrag des Stpfl. können die Kapitaleinkünfte jedoch auch in die reguläre Einkommensteuerveranlagung einbezogen werden, wenn dies zu einer niedrigeren Besteuerung führt. Dies wird als Günstigerprüfung bezeichnet. Sinnvoll ist ein solcher Antrag dann, wenn bei der Einkommensteuer auf Grund niedriger Einkünfte oder z.B. auch Verlusten aus einzelnen Einkunftsquellen ein Einkommensteuersatz von weniger als 25 % zur Anwendung kommt.
Hinsichtlich der Frage, wann ein solcher Antrag auf Günstigerprüfung zu stellen ist, gilt:
- Da das Gesetz keine zeitliche Befristung für den Antrag enthält, kann dieser grds. jederzeit – also auch nach der Unanfechtbarkeit der Einkommensteuerfestsetzung bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung – gestellt werden.
- Allerdings stellt diese Günstigerprüfung selbst keine Rechtsgrundlage für eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung dar. Das heißt sobald ein Einkommensteuerbescheid ergangen ist, kann ein Antrag auf Günstigerprüfung nur dann erstmals gestellt werden, wenn der Einkommensteuerbescheid aus anderen Gründen verfahrensrechtlich geändert werden kann. Eine spätere Antragsausübung ist somit nur im Umfang der Änderung aus anderen Gründen möglich, während es im Übrigen bei der zuvor eingetretenen Bestandskraft bleibt.
Diese Grundsätze hat das FG Düsseldorf mit Urteil vom 16.7.2020 (Az. 15 K 279/19 E) nochmals bestätigt.
Handlungsempfehlung:
In diesen Fällen muss der Antrag auf Günstigerprüfung also rechtzeitig gestellt werden. Im Zweifel muss mit Abgabe der Steuererklärung eine Steuerberechnung erfolgen, in der die persönliche Steuerbelastung ermittelt wird.
20 Steuerpflicht der Zinsen aus einer Kapitallebensversicherung bei Umschuldung eines sog. Neudarlehens
Zinserträge aus Kapitallebensversicherungen waren nach früherem Recht unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Dies gilt in Altfällen weiterhin und hat in der Praxis vielfach noch Bedeutung. Allerdings entfällt die Steuerbefreiung, wenn die Ansprüche aus der Lebensversicherung zur Sicherung bzw. Tilgung eines Kredits verwendet werden, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Davon sieht das Gesetz eine Rückausnahme vor, falls der Kredit der Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt ist, eingeschlossen die Umfinanzierung.
Der BFH hat nun mit Urteil v. 12.4.2021 (Az. VIII R 6/18) konkretisiert, dass ein Forwarddarlehen, das durch die Abtretung der Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung besichert wird, im Rahmen einer Umschuldung nicht unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts dient – und damit steuerschädlich ist, wenn es höher als die Restschuld des umzuschuldenden Darlehens ist und der übersteigende Betrag zur Finanzierung der Bereitstellungszinsen und anderer umschuldungsbedingter Aufwendungen verwendet wird.
Im Urteilsfall wurden nur ganz geringfügige Beträge für steuerschädliche Zwecke (Gebühren der Umschuldung und Bereitstellungszinsen) aus dem Forwarddarlehen bedient. Die für entsprechende Fälle vom Gesetz vorgesehene Bagatellgrenze in Höhe von 2 556 € wurde hierdurch jedoch geringfügig überschritten. Insoweit bestätigt das Gericht aber, dass, wenn ein durch eine Kapitallebensversicherung abgesichertes Darlehen teilweise steuerschädlich verwendet wird, die Zinsen aus der Lebensversicherung in vollem Umfang steuerpflichtig sind. Eine Aufteilung des (im Urteilsfall: Forward-)Darlehens und der Zinsen in einen steuerschädlichen und einen steuerunschädlichen Teil sei ausgeschlossen.
Handlungsempfehlung:
In diesen Fällen ist stets steuerlicher Rat einzuholen, da der Verlust der Steuerbefreiung der Zinsen aus der Alt-Kapitallebensversicherung materiell bedeutsam sein kann.
21 Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau läuft Ende 2021 aus
Aktuell wird die Schaffung neuen Wohnraums mittels einer Sonderabschreibung gefördert. Diese beträgt in den ersten vier Jahren bis zu 5 % jährlich und kann neben der üblichen Abschreibung von 2 % pro Jahr geltend gemacht werden. Gewährt wird diese Sonderabschreibung in zeitlicher Hinsicht, wenn durch Baumaßnahmen auf Grund eines nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen geschaffen werden. Wenn also jetzt aktuell Bauvorhaben geplant sind und diese Sonderabschreibung genutzt werden soll, muss zwingend der Bauantrag gestellt bzw. die Bauanzeige vorgenommen werden bis zum 31.12.2021.
Zu beachten sind allerdings die weiteren Voraussetzungen für die Sonderabschreibung:
- es muss neuer Wohnraum geschaffen werden,
- die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dürfen 3 000 € je qm Wohnfläche nicht übersteigen und
- die Wohnung muss im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen; Wohnungen dienen nicht Wohnzwecken, soweit sie zur vorübergehenden Beherbergung von Personen genutzt werden.
Weiterhin ist die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung auf 2 000 € je qm Wohnfläche begrenzt. Andererseits ist zu beachten, dass auch die Schaffung neuen Wohnraums durch Umbau einer bisher gewerblich genutzten Einheit zu einer „neuen Wohnung” oder bspw. der erstmalige Ausbau eines Dachgeschosses zu einer Wohnung gefördert wird.
Handlungsempfehlung:
Ob die Voraussetzungen für die Sonderabschreibung erreicht werden können, muss individuell geprüft werden. In größeren Städten bzw. im gehobenen Wohnungsbau werden die Baukosten vielfach die Grenze von 3 000 € je qm überschreiten. Ansonsten sollte versucht werden, die zeitliche Vorgabe einzuhalten, indem bis zum 31.12.2021 noch der Bauantrag gestellt bzw. die Bauanzeige vorgenommen wird.
22 Veräußerung einer selbstgenutzten Eigentumswohnung innerhalb von zehn Jahren: Keine Besteuerung des auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinns
In der Vergangenheit wurde immer wieder davor gewarnt, dass ein häusliches Arbeitszimmer zur Steuerfalle werden könne. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass die Veräußerung von Immobilien innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb im Grundsatz steuerlich erfasst wird, so dass ein erzielter Veräußerungsgewinn der Besteuerung unterliegt, sofern die Immobilie für eigene Wohnzwecke genutzt wird. Nun war fraglich, ob die Nutzung eines Teils der Wohnung als steuerlich anerkanntes häusliches Arbeitszimmer insoweit als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gilt. Die FinVerw hat dies abgelehnt mit der Konsequenz, dass der Veräußerungsgewinn, soweit dieser auf das häusliche Arbeitszimmer entfällt, der Besteuerung unterliegen sollte.
Dies hat der BFH nun aber ausdrücklich entgegen der Meinung der FinVerw abgelehnt. Das Gericht stellt mit Urteil vom 1.3.2021 (Az. IX R 27/19) fest, dass wenn eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert wird, der Veräußerungsgewinn auch insoweit von der Besteuerung ausgenommen ist, als er auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt.
Das Tatbestandsmerkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” setzt voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Stpfl. bewohnt wird. Die Rechtsprechung hat den Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken entsprechend den Zweck, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes zu vermeiden, stets sehr weit gefasst und eigenständig ausgelegt. Nach diesen Grundsätzen liegt eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” auch hinsichtlich eines in der im Übrigen selbst bewohnten Eigentumswohnung befindlichen häuslichen Arbeitszimmers vor.
Hinweis:
Dies ist eine sehr positive Klarstellung. Es ist zu erwarten, dass sich die FinVerw dieser Ansicht anschließen wird. Dies bleibt allerdings noch abzuwarten.
23 Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) v. 25.6.2021
Mit Datum vom 25.6.2021 hat der Bundesrat dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG), das insbesondere eine viel diskutierte Option zur Körperschaftsteuer für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften beinhaltet, zugestimmt, so dass dieses damit überwiegend am 1.1.2022 in Kraft treten wird. Auf die damit eingeführte Option zur Körperschaftsteuer haben wir bereits hingewiesen. Für GmbH und ihre Gesellschafter sollen an dieser Stelle darüber hinaus zwei Änderungen hervorgehoben werden:
- Globalisierung der für die Umwandlung von Körperschaften maßgeblichen Teile des Umwandlungssteuergesetzes: Künftig sind neben Verschmelzungen auch Spaltungen und Formwechsel von Körperschaften mit Bezug zu Drittstaaten steuerneutral möglich; die bislang weitgehende Beschränkung des UmwStG auf den EU/EWR-Wirtschaftsraum wird aufgehoben. Dadurch werden die Möglichkeiten für deutsche Unternehmen und ihre ausländischen Tochtergesellschaften maßgeblich erweitert, betrieblich sinnvolle Umstrukturierungsmaßnahmen steuerneutral durchzuführen.
- Ersatz der Ausgleichsposten bei organschaftlichen Mehr- und Minderabführungendurch die sog. Einlagelösung: Im Bereich der körperschaftsteuerlichen Organschaft soll Bürokratieaufwand verringert werden. Die Ausgleichsposten für Mehr- und Minderabführungen werden durch ein einfacheres System, die sog. Einlagelösung, ersetzt. Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen der an den Organträger abgeführte Gewinn, welcher aus der Handelsbilanz abgeleitet wird, von dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und diese Abweichung in organschaftlicher Zeit verursacht ist.
Bisher bilanzierte der Organträger in der Steuerbilanz einen aktiven organschaftlichen Ausgleichsposten für in organschaftlicher Zeit verursachte Minderabführungen bzw. einen passiven organschaftlichen Ausgleichsposten für in organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführungen. Mit der Bildung von steuerlichen Ausgleichsposten wird eine Doppel- oder Nichtbesteuerung im Falle der späteren Veräußerung der Organbeteiligung vermieden. Für organschaftliche Minder- und Mehrabführungen nach dem 31.12.2021 erfolgt nun eine Umstellung auf die Einlagenlösung. Nunmehr regelt das Gesetz, dass- organschaftliche Minderabführungen steuerlich als Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft zu behandeln sind, so dass beim Organträger der Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft zu erhöhen ist und
- organschaftliche Mehrabführungen als Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger gelten.
Hinweis:
Aus Sicht der Gestaltungspraxis ist festzustellen, dass die Einführung der Einlagelösung dazu führen wird, dass Steuerstundungsmöglichkeiten reduziert werden (z.B. bei sog. mittelbaren Organschaften). In organschaftlicher Zeit verursachte Minder- und Mehrabführungen werden zur Änderung des steuerlichen Buchwerts der Organbeteiligung führen.
Die Einlagelösung soll für Minder- und Mehrabführungen gelten, die nach dem 31.12.2021 erfolgen. Beim Organträger sind noch bestehende Ausgleichsposten für organschaftliche Minder- und Mehrabführungen in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen, das nach dem 31.12.2021 endet (§ 34 Abs. 6e KStG). Soweit es auf Grund dieser Auflösung bestehender passiver organschaftlicher Ausgleichsposten zu einem stpfl. Ertrag kommt, kann dieser über max. zehn Jahre verteilt werden.
24 Ausfall einer privaten Darlehensforderung
Mit Datum vom 27.10.2020 (Az. IX R 5/20, HFR 2021, 767) hat der BFH zur Frage des Ausfalls einer privaten Darlehensforderung entschieden, dass der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG führt. Für die Berücksichtigung des Verlusts aus dem Ausfall einer privaten Kapitalforderung müsse endgültig feststehen, dass der Schuldner keine (weiteren) Zahlungen mehr leisten werde. Bei insolvenzfreier Auflösung einer Kapitalgesellschaft als Forderungsschuldnerin könne davon regelmäßig erst bei Abschluss der Liquidation ausgegangen werden, sofern sich nicht aus besonderen Umständen ausnahmsweise etwas anderes ergebe.
Im Streitfall war der Stpfl. alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH, der er mit seiner Ehefrau von 2012 bis 2013 diverse unbesicherte Darlehen in einer sechsstelligen Größenordnung gewährte, welche jeweils mit 5 % p.a. endfällig zu verzinsen waren. Ende 2013 sperrte die Hausbank unter Hinweis auf die Überziehung der Girokonten sämtliche für die GmbH ausgestellte Karten. Durch Gesellschafterbeschluss vom 15.12.2014 wurde die GmbH zum 31.12.2014 aufgelöst, die ausgereichten Gesellschafterdarlehen konnte die GmbH nicht vollständig zurückzahlen. Die Stpfl. machten in ihrer Steuererklärung 2014 einen Verlust aus der Auflösung der GmbH gemäß § 17 Abs. 1 und 4 EStG geltend. Dabei berücksichtigten sie neben dem Stammkapital die nicht bzw. nicht vollständig zurückgezahlten Darlehen. Das FA berücksichtigte hingegen bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts die Gesellschafterdarlehen nicht.
Dazu stellt der BFH fest, dass der Ausfall der Darlehensforderung – soweit diese auf die Ehefrau entfiel – als Verlust der Stpfl. bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sei. Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG gehöre zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dabei gelte als Veräußerung i.S.d. Satzes 1 auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG).
Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führe nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG. Zwar fehle es bei einem Forderungsausfall an dem eine Veräußerung gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG kennzeichnenden Rechtsträgerwechsel. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folge jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust nach § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG führen kann. Wirtschaftlich betrachtet mache es keinen Unterschied, ob der Stpfl. die Forderung noch kurz vor dem Ausfall zu Null veräußert, oder ob er sie behält. In beiden Fällen erleide der Stpfl. eine Einbuße seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die die gleiche steuerliche Berücksichtigung finden müsse.
Hinweis:
Der IX. Senat des BFH hat damit die Rechtsprechung des VIII. Senats bestätigt (BFH v. 24.10.2017, VIII R 13/15, BStBl II 2020, 831).
Allerdings war im Streitfall noch nicht die (als verfassungsrechtlich bedenklich kritisierte) gesetzliche Einschränkung der segmentierten Verlustverrechnung innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 EStG auf 20 000 € jährlich zu beachten, die erst für nach dem 31.12.2019 bzw. 31.12.2020 entstandene Verluste gilt. Das heißt, dass in einschlägigen Fällen zu prüfen ist, wann tatsächlich der Verlust realisiert wurde und ob mglw. schon die restriktive Gesetzesfassung zum Zuge kommt.
25 Veräußerung von Anteilen an einer GmbH in der Sanierungsphase zur Umsetzung einer vertraglich vereinbarten Restrukturierung
Mit seinem nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 22.2.2021 (Az. IX R 6/20) hat der BFH zur Frage der möglichen Unentgeltlichkeit einer Anteilsübertragung ausgeführt, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr bei Verträgen zwischen fremden Personen eine widerlegbare Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts spreche.
Im konkreten Urteilsfall waren die Anerkennung und die Höhe des Verlusts aus der Übertragung von Anteilen an einer GmbH nach § 17 EStG strittig. Der Stpfl. hielt rund 52 % der Anteile an der GmbH, weitere Gesellschafter der GmbH waren – verkürzt dargestellt – zwei Beteiligungsgesellschaften der Sparkassen.
In 2012 wurde eine „Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung 2012” geschlossen, der ein Restrukturierungsplan beigefügt wurde. Dieser sah Maßnahmen für alle Unternehmensbereiche vor, insbesondere auch Änderungen innerhalb des Gesellschafterkreises. Vereinbart wurde, dass u.a. der Stpfl. einen Abtretungsvertrag zugunsten der Beteiligungsgesellschaften abzuschließen hatte: „Die Übertragungen der Geschäftsanteile auf die [Beteiligungsgesellschaften] erfolgen insofern unentgeltlich, als dass [diese] keinen Kaufpreis schulden; die Übertragungen erfolgen jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit den vertraglich zu erklärenden Verzichten der Beteiligungsgesellschaften als Beitrag der übertragenden Gesellschafter zur Restrukturierung der Gesellschaft.”
Zugleich wurde vereinbart, dass die Beteiligungsgesellschaften auf Einlagenrückzahlungsansprüche und auch auf stille Beteiligungen an der GmbH verzichteten. Vertraglich wurde formuliert, dass sich u.a. der Stpfl. „im Gegenzug [zum Verzicht der Beteiligungsgesellschaften auf ihre Ansprüche bereit erklärt,] Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft ohne weitere Gegenleistung auf die [Beteiligungsgesellschaften] zu übertragen.” Die Übertragung durch den Veräußerer (Stpfl.) erfolge „insofern nicht schenkweise, sondern in Erfüllung der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen.”
In der Folge erklärte der Stpfl. einen Veräußerungsverlust gemäß § 17 EStG aus der Übertragung des GmbH-Anteils i.H.v. rd. 295 T€. Das FA erkannte letztlich nur rd. 96 T€ an. Das FG lehnte die Klage als unbegründet ab; der begehrte Verlust nach § 17 EStG sei mangels Veräußerung abzulehnen. Denn die Anteilsübertragung sei eine freigebige Zuwendung, die nicht unter § 17 EStG falle, weil der Stpfl. wegen fehlender Gegenleistung einen freiwilligen Anteilsverzicht geübt habe, um einen Restrukturierungsbeitrag zu leisten.
Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben, die Sache zurückverwiesen und ausgeführt,
- dass nach ständiger Rechtsprechung Veräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG die Übertragung von Anteilen gegen Entgelt ist. Entgeltlich ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, wenn ihr eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht.
- Das Gegenstück zur entgeltlichen Veräußerung sei die unentgeltliche Übertragung von Anteilen (s. § 17 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Sätze 5 und 6 Buchst. a EStG), die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Übertragende dem Empfänger eine freigebige Zuwendung machen will. Letzteres sei bei Verträgen unter fremden Dritten im Allgemeinen nicht anzunehmen, sofern nicht Anhaltspunkte für eine Schenkungsabsicht des übertragenden Vertragspartners bestehen. Deshalb spreche insoweit eine (widerlegbare) Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts.
- Ob im Einzelfall unter Anwendung dieser Grundsätze eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung vorliege, sei grundsätzlich Tatfrage und als solche vom FG zu beurteilen.
- Im Streitfall lägen Anhaltspunkte für eine Schenkungsabsicht des Stpfl. gegenüber den Beteiligungsgesellschaften nach den Gesamtumständen des Falles allerdings nicht vor.
Hinweis:
Der BFH hat dem FG aufgegeben, im zweiten Rechtsgang Feststellungen zum Vorliegen weiterer Anschaffungskosten zu treffen, damit auf dieser Basis der Veräußerungsverlust ermittelt werden kann; nicht aber, den Sachverhalt erneut dem Grunde nach zu prüfen.
26 Konzernumlage kann vGA sein, wenn diese nicht kostendeckend und auch keine Überprüfung der Angemessenheit vorgesehen ist
Mit seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 17.3.2021 (Az. 2 K 172/18) hat das FG Hamburg entschieden, dass eine Konzernumlage für die Erbringung verschiedenster Dienstleistungen für eine Tochtergesellschaft in Höhe eines festen Prozentsatzes von deren Umsatz bei dieser als vGA zu qualifizieren sein kann, wenn die Umlage in mehreren Jahren nicht kostendeckend ist und keine Überprüfung der Angemessenheit vorgesehen ist.
Im konkreten Streitfall hatte eine GmbH geklagt, deren alleinige Gesellschafterin eine Holding (ebenfalls in Rechtsform einer GmbH) war. Die Holding war an mehreren Tochtergesellschaften mehrheitlich beteiligt, für die sie (als beherrschende Gesellschafterin) verschiedenste Dienstleistungen erbracht hatte. Auch mit der Stpfl. hatte sie einen entsprechenden Dienstleistungsvertrag abgeschlossen, wonach von der Holding u.a. alle Lieferungen und Leistungen zentral zu beschaffen und weiterhin Dienstleistungen in der Unterstützung der EDV, von Vertrieb und Marketing sowie Buchhaltung und Finanzierung zu erbringen waren. Dafür leistete die Stpfl. eine Umlage i.H.v. zunächst monatlich pauschal 6 % des Umsatzes; eine regelmäßige Abrechnung fand nicht statt.
Im Zuge einer Konzernbetriebsprüfung wurde die Feststellung getroffen, dass die als pauschale Leistungsvergütung vereinbarte Konzernumlage eine vGA bewirke, weil diese die Kosten der erbrachten Dienstleistungen nicht deckte. Das FG Hamburg hat diese Auffassung des FA bestätigt, wonach weder aus Sicht eines fremden Dienstleisters noch der eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters der Stpfl. als Leistungsempfängerin eine ausschließlich umsatzbezogene Umlage vertraglich vereinbart worden wäre, so dass sämtliche Zahlungen der Stpfl. in voller Höhe als vGA in den Streitjahren zu qualifizieren und außerbilanziell hinzuzurechnen waren.
Hinweis:
Bei der Vereinbarung entsprechender Konzernumlagen ist also darauf zu achten, dass der Verteilungsschlüssel und auch der umzulegende Betrag einem Fremdvergleich entsprechen, ggf. auch regelmäßig überprüft und angepasst werden. Dabei ist grundsätzlich auf die tatsächlich angefallenen Kosten abzustellen und nicht auf pauschale Wertansätze; eine allein am Umsatz bemessene Umlage ist nicht anzuerkennen.
27 Annahme einer vGA bei Vermietung einzelner Räume in der Wohnung des beherrschenden Gesellschafters an die Gesellschaft (formeller Fremdvergleich)
Mit seinem rechtskräftigen Urteil vom 19.4.2021 hat das FG München (Az. 7 K 1162/19, EFG 2021, 1118) entschieden, dass bei Mietverträgen zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter
- den Anforderungen an den sog. formellen Fremdvergleich schon dann Genüge getan ist, wenn im schriftlichen Mietvertrag die essentialia negotii (d.h. die wesentlichen Geschäftseigenschaften, also Mietobjekt, -preis, -beginn) niedergelegt sind und unzweideutig feststeht, auf welche Räume sich der Mietvertrag bezieht. Die Vereinbarung einer Bruttomiete ohne Abrechnung der Betriebskosten sei kein ausreichender Grund für die Annahme einer vGA, da sie bei Untermietverhältnissen nicht unüblich sei und dass
- die Regelungen über das häusliche Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auf die Besteuerung einer GmbH, die Räume in der Wohnung des Gesellschafters zur betrieblichen Nutzung anmietet, nicht anwendbar sind.
Im Streitfall hatte eine GmbH geklagt, die 100 %-ige Tochtergesellschaft der P-GmbH war. S war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer sowohl der Stpfl. als auch der P-GmbH. S vermietete in einer von ihm in K angemieteten Wohnung an die Stpfl. zwei Büroräume mit ca. 35 qm. Der schriftliche Mietvertrag wurde von S für beide Seiten, also sowohl als Vermieter als auch (für die Stpfl.) als Mieter unterzeichnet.
Nach Auffassung des FA wurde dieses Mietverhältnis allerdings nicht wie unter fremden Dritten ausgestaltet und auch nie als solches tatsächlich durchgeführt. Es sei weder eine Vereinbarung über die Bedingungen der Nutzung der überlassenen Räume noch eine Abrede über die Zahlung der Mietnebenkosten getroffen worden. Da bei der Durchsuchung der Räume (Zollfahndung) keine Geschäftsunterlagen der GmbH vorgefunden worden seien, seien die Mietaufwendungen als vGA zu behandeln. Denn es sei anzunehmen, dass die Räume dem Gesellschafter-Geschäftsführer S während seiner Anwesenheit in K als Wohnung dienten. Dagegen trägt die Stpfl. vor, dass in den Räumlichkeiten von der Geschäftsführung Besprechungen mit Geschäftspartnern abgehalten worden seien und dort die notwendigen Arbeitsmittel wie Telefon, Internetzugang, Faxgerät, Drucker, Computer, Schreibtisch und ein Konferenz-Besprechungstisch zur Verfügung stünden. Auch sei der Firmenname auf dem Briefkasten in der Briefkastenanlage und auf dem Klingelschild angebracht. Eine Nebenkostenabrechnung habe nicht erstellt werden können, da Strom und Wasserverbrauch nicht mit eigenen Zählern gemessen worden seien.
Das FG hat der Klage mit folgenden Überlegungen stattgegeben:
- Im Streitfall sei S zwar im Verhältnis zur Stpfl. mittelbar beherrschender Gesellschafter, es gäbe aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mietzahlungen an S ganz oder teilweise durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst worden seien. Schuldrechtliche Verträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter oder einer den Gesellschaftern nahestehenden Person seien steuerlich grundsätzlich anzuerkennen, wenn von Anfang an klare und eindeutige Vereinbarungen vorliegen; dies gelte auch für Mietverträge. Und zwischen der Stpfl. und S sei vor Beginn des Mietverhältnisses ein schriftlicher Mietvertrag geschlossen worden, der die essentialia negotii, nämlich Mietobjekt, Mietpreis und Beginn des Mietverhältnisses enthalte.
- Der Mietvertrag sei auch ausreichend klar formuliert, es stehe unzweideutig fest, auf welche Räume sich das Mietverhältnis beziehe.
- Da nicht vereinbart wurde, dass der Mieter an den Betriebskosten beteiligt wird, handele es sich um eine Bruttomiete (§ 556 BGB). Da keine weiteren mietvertraglichen Regelungen getroffen worden seien, würde i.Ü. die gesetzliche Regelung nach dem BGB eingreifen. Dies führe weder zu einer unklaren noch zu einer – am Maßstab eines Untermietverhältnisses hinsichtlich einzelner Räume einer Wohnung – unüblichen Regelung.
Hinweis:
Die Entscheidung des FG steht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung, nach der
- zwar einerseits Vertragsverhältnisse zwischen nahestehenden Personen steuerlich u.a. nur dann anzuerkennen sind, wenn Gestaltung und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und außerdem formwirksam getroffen worden sind,
- aber andererseits auf das jeweilige Gesamtbild abzustellen ist und es genügt, wenn die Beteiligten ihre Hauptpflichten erfüllen, zu denen die Überlassung einer konkret bestimmten Sache, eine klare Vereinbarung über die Höhe der Miete und deren Bezahlung gehören.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann es z.B. unschädlich sein, wenn der Vertrag nicht schriftlich abgeschlossen wurde, wenn die Nebenkostenumlage nicht geregelt worden war und/oder auch ansonsten eine „lässige” Abwicklung erfolgte. Gleichwohl ist für die Beratungspraxis (schon aus Nachweisgründen) zu empfehlen, zumindest knappe schriftliche Verträge aufzusetzen und auch auf Barzahlungen zu verzichten.
28 Zerstörungen durch Unwetter
Die Unwetterereignisse im Juli 2021 in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen haben zu flächendeckenden Zerstörungen geführt. Die betroffenen Bundesländer und der Bund haben Hilfsprogramme auf den Weg gebracht und Billigkeitsmaßnahmen ausgesprochen, um die von den Unwetterereignissen Betroffenen zu entlasten. In dieser Beilage stellen wir wichtige steuerliche Hilfsmaßnahmen vor.
29 Soforthilfen der Bundesländer für betroffene Bürger und Unternehmen
Die betroffenen Bundesländer Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen haben Programme für Soforthilfen aufgelegt. Insoweit sind die jeweiligen Landesprogramme zu beachten. So gilt z.B. für NRW und auch RLP:
Hilfe für Bürgerinnen und Bürger:
- Mit den Soforthilfen werden Bürgerinnen und Bürger unmittelbar unterstützt, die von existentieller Not betroffen sind. Zusätzlich zu einem Sockelbetrag von 1 500 € pro Haushalt stehen für jede weitere Person aus dem Haushalt 500 € bereit. Insgesamt werden an einen Haushalt maximal 3 500 € ausgezahlt.
- Voraussetzung ist der Hauptwohnsitz in einem durch die Unwetterkatastrophe vom 14./15.7.2021 betroffenen Bereich. Weiterhin müssen die geschädigten Personen erklären, dass in ihrem Haushalt ein Schaden von mind. 5 000 € entstanden ist, der nach Einschätzung des Antragstellers auch nicht durch Versicherungen ersetzt wird. Vermieter eines Mehrfamilienhauses kommen allein als selbstnutzender Eigentümer des geschädigten Hauses in Betracht, wenn der Hauptwohnsitz in dem geschädigten Haus liegt.
- Ein Antrag auf Gewährung der Leistung kann – nach derzeitigem Stand – bis zum 31.8.2021 bei der Gemeinde gestellt werden, in der die Geschädigten ihren Hauptwohnsitz haben.
- Der Nachweis des Schadens erfolgt lediglich durch eine kurze Strichaufzählung der wesentlichen Schäden im Antragsformular. Ein Nachweis der Verwendung ist nicht erforderlich.
Hilfe für gewerbliche Wirtschaft und freie Berufe:
- Anträge können alle Unternehmen, Gewerbebetreibende und freiberuflich bzw. selbständig Tätige stellen, deren separate Betriebsstätten unmittelbar von der Hochwasserkatastrophe betroffen sind. Die Soforthilfe ist gedacht als schnelle erste und unbürokratische Hilfe zur Beseitigung von Schäden an Gebäuden oder Inventar.
- Die Antragsteller müssen versichern, dass die entstandenen Schäden an Gebäuden und Inventar nach ihrer Einschätzung über 5 000 € liegen und absehbar nicht von einer Versicherung oder anderen Dritten erstattet werden. Spendengelder werden dabei nicht angerechnet. Ein Nachweis der Schäden ist nicht erforderlich.
- Eine Förderung ist ausgeschlossen, wenn sich das Unternehmen in einer Insolvenz ohne positive Fortführungsprognose (in Abwicklung) befindet oder eine Fortführung der unternehmerischen, gewerblichen, selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit nicht in Aussicht steht.
- Der auf Grund des Antrags erhaltene Zuschuss ist als Betriebseinnahme zu verbuchen und unterliegt damit auch der Besteuerung.
Hilfe für Landwirte und land- und forstwirtschaftliche Betriebe:
- Entsprechend der vorgenannten Hilfe für die gewerbliche Wirtschaft und freie Berufe werden auch Landwirte und land- und forstwirtschaftliche Betriebe unterstützt.
Hinweis:
Weitergehende Hilfen sind über das Sondervermögen zum Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe geplant. Dieses soll ein Volumen von insgesamt rund 30 Mrd. € ausmachen und auch Kosten aus der Beseitigung von Schäden an der Infrastruktur abdecken. Getragen wird dieser Fonds vom Bund und den Bundesländern. Die genauen Bedingungen der insoweit gewährten Hilfen stehen aktuell aber noch nicht fest. Diese werden noch durch eine Rechtsverordnung festgelegt.
30 Vereinfachungen hinsichtlich steuerbegünstigter Zuwendungen – „Spenden”
Wie auch bereits bei vergleichbaren Naturkatastrophen werden Vereinfachungen hinsichtlich steuerbegünstigter Zuwendungen („Spenden”) gewährt:
- Spendennachweis: Im Grundsatz ist für den steuermindernden Ansatz von Spenden eine ordnungsgemäße Spendenquittung gesetzlich vorgeschrieben. Vereinfachend gilt aber, dass als Nachweis für Zuwendungen, die bis zum 31.10.2021 zur Hilfe in Katastrophenfällen z.B. auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z.B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking) genügt.
Hinweis I:
Generell reichen statt einer Spendenbescheinigung der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts, wenn die Zuwendung 300 € nicht übersteigt und der Empfänger eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, eine inländische öffentliche Dienststelle oder eine steuerbefreite Körperschaft ist. Aus der Buchungsbestätigung müssen der Name und die Kontonummer oder ein sonstiges Identifizierungsmerkmal des Auftraggebers und des Empfängers, der Betrag, der Buchungstag sowie die tatsächliche Durchführung der Zahlung ersichtlich sein.
Hinweis II:
Die Spendenbescheinigung bzw. die anderen Nachweise sind nicht zwingend mit der Steuererklärung einzureichen, sondern der Finanzbehörde nur auf Verlangen vorzulegen. Es gilt aber eine Aufbewahrungspflicht bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung, in der die steuerliche Spende geltend gemacht wird.
- Spendenaktionen von steuerbegünstigten Körperschaften für durch das Hochwasser geschädigte Personen: Eine gemeinnützige Körperschaft darf Mittel grds. nur für satzungsmäßige Zwecke verwenden. Es ist aber aus Vereinfachungsgründen unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft, die nach ihrer Satzung keine z.B. mildtätigen Zwecke fördert oder regional gebunden ist, wenn sie Mittel, die sie im Rahmen einer Sonderaktion für die Hilfe für Opfer des Schadensereignisses in Deutschland erhalten hat, ohne entsprechende Änderung ihrer Satzung unmittelbar selbst für den angegebenen Zweck verwendet.
Allerdings muss die Körperschaft bei der Förderung mildtätiger Zwecke die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung selbst prüfen und dies dokumentieren. Bei materiellen und finanziellen Hilfen reicht es aber aus, wenn die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit der unterstützten Person glaubhaft gemacht wird. Bei Hilfen bis zu einem Wert von 5 000 € darf die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit geschädigter Personen unterstellt werden. Unterstützungsleistungen außerhalb der Verwirklichung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke, z.B. in den betrieblichen Bereich an von dem Schadensereignis besonders betroffene Unternehmen, Selbständige oder an entsprechende Hilfsfonds der Kommunen sind insoweit nicht begünstigt.Hinweis:
Diese Einschränkungen und die geforderten Dokumentationspflichten sind dringend zu beachten. Ansonsten wird die Gemeinnützigkeit der die Spendenaktion durchführenden Körperschaft gefährdet. Im ersten Schritt ist stets der Satzungszweck der die Spendensammlung durchführenden Körperschaft zu prüfen. Umfasst dieser auch diese Zwecke (so z.B. mildtätige Zwecke und kein regionaler Bezug), so können die Spenden unmittelbar an die betroffenen Personen weitergeleitet werden mit entsprechender Dokumentation der Betroffenheit der Personen. Ansonsten muss eine Weiterleitung entweder (a) an eine andere gemeinnützige Organisation erfolgen, die ihrerseits die geschädigten Personen unterstützt oder (b) die vorliegende Ausnahmesituation in Form der Unterstützung von dem Unwetterereignis Betroffener ausreichend dokumentiert werden.
- Maßnahmen steuerbegünstigter Körperschaften für durch das Schadensereignis geschädigte Personen: Neben der Verwendung der eingeworbenen Spendenmittel ist es ausnahmsweise auch unschädlich für die Steuerbegünstigung der Körperschaft, wenn sie sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen steuerlichen Bindungswirkung unterliegen, ohne Änderung der Satzung zur Unterstützung für Hilfe für Opfer des Schadensereignisses in Deutschland einsetzt. Gleiches gilt für die Überlassung von Personal und Räumlichkeiten.
Hinweis:
Insoweit sollte steuerlicher Rat eingeholt werden, um die Mittel abzugrenzen, die keiner anderweitigen steuerlichen Bindungswirkung unterliegen.
- Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen: Aufwendungen aus einem betrieblichen Bereich zur Unterstützung für Opfer des Schadensereignisses in Deutschland können als Sponsoringaufwendungen geltend gemacht werden. Dies setzt voraus, dass diese Maßnahme auch wirtschaftliche Vorteile für das unterstützende Unternehmen bietet. Wirtschaftliche Vorteile sind u.a. dadurch erreichbar, dass der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z.B. auf Bitte um Unterstützung durch die Gemeinde, durch Berichterstattung in Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen, Internet usw.) auf seine Leistungen aufmerksam macht.
Hinweis:
Dies sollte entsprechend dokumentiert werden.
Als Betriebsausgaben sind auch Zuwendungen in angemessenem Umfang an Geschäftspartner steuerlich ansetzbar, die von dem Schadensereignis unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffen sind, zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen.Hinweis:
Auch dies muss angemessen dokumentiert werden.
Selbst wenn nach vorgenannten Kriterien ein Betriebsausgabenabzug nicht in Betracht kommt, wird dieser dennoch gewährt bei Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld) des Stpfl. an durch das Schadensereignis unmittelbar und nicht unerheblich geschädigte Personen oder mit der Bewältigung des Schadensereignisses befasste Unternehmen und Einrichtungen. Dies gilt für Zuwendungen des Stpfl. im Rahmen der unmittelbaren Gefahrenabwehr oder der allgemeinen Aufräumarbeiten, die bis zum 31.10.2021 erfolgen. - Beim Empfänger der Zuwendungen im betrieblichen Bereich liegen insoweit steuerlich zu erfassende Betriebseinnahmen vor.
31 Sonderabschreibungen usw. bei Wiederherstellung von Gebäuden oder Anlagen
a) Wiederaufbau/Wiederherstellung von Betriebsgebäuden oder Anlagen
Bei Wiederaufbau/Wiederherstellung von Betriebsgebäuden oder Anlagen gilt für den gesamten Bereich des Betriebsvermögens, also bei Einkünften aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft und bei Freiberuflern:
- Erhaltungsaufwand: Hinsichtlich der Abgrenzung von Erhaltungsaufwand erkennt die FinVerw vereinfachend an, dass Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwand anerkannt werden, wenn mit der Wiederherstellung innerhalb von drei Jahren nach dem schädigenden Ereignis begonnen wurde und die bisherigen Buchwerte fortgeführt werden. Das gilt bei Gebäuden nur, wenn die Aufwendungen 70 000 € nicht übersteigen; dabei ist von den gesamten Aufwendungen auszugehen, auch wenn diese teilweise durch Entschädigung gedeckt sind. Höhere Aufwendungen können bei Gebäuden nach Prüfung des Einzelfalls ebenso als Erhaltungsaufwendungen anerkannt werden. Die Sonderregelung für anschaffungsnahe Aufwendungen ist insoweit nicht anzuwenden.
Allerdings kommt der Abzug als Erhaltungsaufwand nur insoweit in Betracht, als die Aufwendungen des Stpfl. die Entschädigungen übersteigen und der Stpfl. wegen des Schadens keine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen vornimmt. - Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau von Betriebsgebäuden: Soweit es sich bei den Aufwendungen zum Wiederaufbau ganz oder zum Teil zerstörter Gebäude (Ersatzherstellung) nicht um Erhaltungsaufwand handelt, können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) von den Herstellungs- oder Wiederherstellungskosten Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 30 % vorgenommen werden. Nach Ablauf des Begünstigungszeitraums ist die AfA vom Restwert zu bemessen.
Hinweis:
Diese Sonderabschreibung bewirkt eine frühere Minderung der Steuerlast und damit der Liquiditätsbelastung. Insoweit kann bei entsprechendem Nachweis auch bereits eine Anpassung der Steuervorauszahlungen beantragt werden.
- Sonderabschreibungen bei Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter: Bei beweglichen Anlagegütern, die als Ersatz für vernichtete oder verloren gegangene bewegliche Anlagegüter angeschafft oder hergestellt worden sind, können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen werden. Nach Ablauf des Begünstigungszeitraumes ist die Abschreibung nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer zu bemessen.
Hinweis:
Voraussetzung sowohl für Sonderabschreibung bei Wiederaufbau von Betriebsgebäuden als auch bei Ersatzbeschaffung beweglicher Anlagegüter ist, dass mit der Ersatzherstellung oder Ersatzbeschaffung bis zum Ablauf des dritten dem Wirtschaftsjahr des schädigenden Ereignisses folgenden Wirtschaftsjahres begonnen wurde.
- Bildung von steuermindernden Rücklagen: Für die Ersatzbeschaffung unbeweglicher und beweglicher Anlagegüter kann auf „Antrag in besonders begründeten Ausnahmefällen” in Wirtschaftsjahren vor dem Wirtschaftsjahr der Ersatzherstellung bzw. Ersatzbeschaffung von der FinVerw die steuermindernde Bildung einer Rücklage zugelassen werden. Die Rücklage darf zusammen 30 % bei Gebäuden bzw. 50 % bei Anlagegütern der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzwirtschaftsgüter nicht übersteigen.
- Maximalbegrenzung: Die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen und Bildung von Rücklagen darf insgesamt höchstens 600 000 € betragen und sie darf in keinem Jahr 200 000 € übersteigen. Höhere Sonderabschreibungen und Rücklagen können mit Zustimmung des BMF im Einzelfall zugelassen werden, wenn sie bei erheblichen Schäden zur Milderung der eingetretenen Notlage erforderlich erscheinen. Insofern müsste also der Stpfl. an die FinVerw herantreten.
- Beseitigung von Hochwasserschäden am Grund und Boden: Die Aufwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden am Grund und Boden können sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das Gleiche gilt für Aufwendungen zur Wiederherstellung von Hofbefestigungen und Wirtschaftswegen, wenn der bisherige Buchwert beibehalten wird, also keine Sonderabschreibung vorgenommen wird.
- Besonderer Erhaltungsaufwand größeren Umfangs: Erhaltungsaufwand zur Beseitigung der Hochwasserschäden größeren Umfangs kann auf Antrag gleichmäßig auf zwei bis fünf Jahre verteilt werden. Dies kann steuerlich von Vorteil sein, um das Entstehen steuerlicher Verluste oder Progressionsnachteile bei der Einkommensteuer zu vermeiden.
- Verlust von Buchführungsunterlagen: Sind unmittelbar durch das Schadensereignis Buchführungsunterlagen und sonstige Aufzeichnungen vernichtet worden oder verloren gegangen, so ist die FinVerw angewiesen, hieraus steuerlich keine nachteiligen Folgerungen zu ziehen. Der betroffene Stpfl. sollte die Vernichtung bzw. den Verlust zeitnah dokumentieren und soweit wie möglich nachweisen oder glaubhaft machen.
Hinweis:
Im betrieblichen Bereich bestehen also verschiedene Möglichkeiten, die entstehenden Kosten, soweit diese nicht durch Versicherungsleistungen abgedeckt sind, steuerlich geltend zu machen. In welchem Umfang es sinnvoll ist, eine unmittelbare Aufwandswirksamkeit anzustreben, hängt auch von der Ertragssituation des Unternehmens ab. Insoweit ist eine mittelfristige Planung vorzunehmen.
b) Sonderregelungen für die Land- und Forstwirtschaft
Für die Land- und Forstwirtschaft bestehen eine Reihe an steuerlichen Erleichterungen. So können bspw. die Aufwendungen für die Herrichtung und Wiederanpflanzungen zerstörter Anlagen ohne nähere Prüfung als sofort abziehbare Betriebsausgaben behandelt werden, wenn der bisherige Buchwert beibehalten wird. Für Landwirte, deren Gewinn gem. § 13a EStG ermittelt wird, kann die auf den Gewinn der landwirtschaftlichen Nutzung und die auf den Gewinn der Sondernutzungen entfallende Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen werden, soweit durch das Schadensereignis Ertragsausfälle eingetreten sind und keine Ansprüche aus Versicherungsleistungen bestehen.
c) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Werden Schäden beseitigt an Gebäuden, die zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt werden, so gelten die steuerlichen Billigkeitsmaßnahmen der vorstehenden Tz. 4 getroffene Regelung entsprechend. Die Obergrenzen beziehen sich auf alle einem Stpfl. zuzurechnenden Objekte.
Hinweis:
Auch insoweit sind die Billigkeitsmaßnahmen an die Maßgabe geknüpft, dass mit der Wiederherstellung des Gebäudes bzw. der Beseitigung der Schäden am Grund und Boden bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres nach dem schädigenden Ereignis begonnen wurde.
32 Steuerliche Vereinfachungen bei Lohnsteuer/Einkommensteuer
Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine betroffenen Arbeitnehmer können in folgendem Rahmen lohnsteuerfrei gezahlt werden:
- Die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 € je Kalenderjahr steuerfrei. Der 600 € übersteigende Betrag gehört dann nicht zum stpfl. Arbeitslohn, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Im Allgemeinen kann bei vom Schadensereignis betroffenen Arbeitnehmern von einem besonderen Notfall ausgegangen werden.
- Auf Unterstützungen, die in Form von sonst stpfl. Zinsvorteilen oder in Form von Zinszuschüssen gewährt werden, ist die vorstehende Regelung ebenfalls anzuwenden. Danach können Zinszuschüsse und Zinsvorteile bei Darlehen, die zur Beseitigung von Schäden aufgenommen worden sind, steuerfrei sein, und zwar während der gesamten Laufzeit des Darlehens. Voraussetzung hierfür ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt.
- In dem vorstehend geschilderten Rahmen sind bis zum 31.10.2021 ebenso einbezogen Vorteile aus einer erstmalig nach Eintritt des Schadensereignisses erfolgten
- Nutzungsüberlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer, deren privates Kraftfahrzeug durch das Schadensereignis zerstört wurde,
- Nutzungsüberlassung von Wohnungen oder von Unterkünften,
- Gewährung von unentgeltlicher Verpflegung an Arbeitnehmer und deren Angehörige, oder
- andere Sachzuwendung aus Nutzungsüberlassung.
Hinweis:
Insgesamt sind solche Zuschüsse und Sachzuwendungen insgesamt nur bis zu einem Betrag der Höhe des Schadens steuerfrei. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen; dabei ist zu dokumentieren, dass der die Leistung empfangende Arbeitnehmer durch das Schadensereignis zu Schaden gekommen ist.
Arbeitslohnspende: Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens
- zugunsten einer Beihilfe des Arbeitgebers an vom Schadensereignis betroffene Arbeitnehmer des Unternehmens oder
- zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung
bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des stpfl. Arbeitslohns außer Ansatz. Voraussetzung ist aber:
- der Arbeitgeber erfüllt die Verwendungsauflage und dokumentiert dies,
- der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn wird im Lohnkonto aufgezeichnet. Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erteilt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist.
Zu beachten sind als steuerliche Folgewirkung der Lohnsteuerfreiheit:
- der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben und
- die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers nicht als Spende berücksichtigt werden.
Hinweis:
Steuerlich nicht belastete Zuwendungen des Beschäftigten zugunsten von durch Naturkatastrophen Geschädigten aus Arbeitsentgelt einschließlich Wertguthaben sind nicht als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt zu erfassen. Entgeltbestandteile, die für diesen Zweck eingesetzt werden, mindern demnach das steuer- und beitragspflichtige Entgelt. Nicht erfasst wird dagegen eine Spende des Beschäftigten, die er unmittelbar und ohne Zwischenschaltung des Arbeitgebers ausführt oder bereits getätigt hat.
Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung und für die Beseitigung von Schäden an dem eigengenutzten Wohneigentum können im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2021 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Dabei ist das Fehlen einer sogenannten Elementarschadensversicherung unschädlich. Um den steuerlichen Vorteil schon früher zu erlangen, kann auf Antrag des Stpfl. durch das Finanzamt insoweit ein Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren ermittelt werden, welcher dann den Lohnsteuerabzug noch im laufenden Jahr 2021 mindert.
Hinweis:
Insoweit müsste dann vom Stpfl. ein Antrag bei seinem Finanzamt auf Berücksichtigung eines Freibetrags im Lohnsteuerabzugsverfahren gestellt werden. Die voraussichtlich anfallenden Kosten, welche später steuerlich als außergewöhnliche Belastung angesetzt werden können, müssen hierzu beziffert werden.
33 Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen sowie Anpassung der Vorauszahlungen
Für nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffene Stpfl. bestehen deutlich erleichterte Möglichkeiten zur Stundung von Steuerzahlungen bzw. Anpassung von Steuervorauszahlungen:
- Zeitlich befristet bis zum 31.10.2021 können Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern des Bundes und des Landes gestellt werden. Die Stundungen sind längstens bis zum 31.1.2022 zu gewähren. In dem Antrag ist die Betroffenheit des Stpfl. darzulegen. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen sind von der Finanzbehörde keine strengen Anforderungen zu stellen. Auf die Erhebung von Stundungszinsen wird i.d.R. verzichtet werden. Anträge auf Stundung der nach dem 31.10.2021 fälligen Steuern sind besonders zu begründen.
- Nach gleicher Maßgabe können Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer gestellt werden.
- In diesen Fällen wird von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen.
Handlungsempfehlung:
In diesen Fällen sollte stets möglichst umgehend Kontakt mit der FinVerw aufgenommen werden. Stundungs- und Erlassanträge betreffend der Gewerbesteuer sind an die jeweilige Gemeinde zu richten.
Hinweis:
Für die mittelbar Betroffenen gelten dagegen die allgemeinen Grundsätze, d.h. bei Stundungsanträgen ist darzulegen, dass die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Anpassung von Steuervorauszahlungen ist unter Darlegung der aktuellen Entwicklung der Einkünfte o.Ä. zu begründen.
34 Unterstützung von Arbeitgebern und Selbstzahlern bei Sozialversicherungsabgaben
Im Grundsatz gelten für betroffene Arbeitgeber und Selbstzahler grds. die Regelungen über die Stundung von Beiträgen, den Erlass von Säumniszuschlägen und die Aussetzung der Vollziehung. Der GKV-Spitzenverband empfiehlt insoweit den Mitgliedskassen von den zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten großzügig Gebrauch zu machen. Auf Antrag des Arbeitgebers (Selbstzahlers) können die bereits fällig gewordenen oder noch fällig werdenden Beiträge zunächst für die Ist-Monate Juli bis September 2021 gestundet werden. Einer Sicherheitsleistung bedarf es hierfür nicht, Stundungszinsen sind nicht zu berechnen. Anträge sind an die jeweilige Krankenkasse zu richten.
Die Betroffenheit von der Hochwasserkatastrophe ist nachzuweisen. An den Nachweis der Betroffenheit sollen nach der Vorgabe des GKV-Spitzenverbands keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Als Nachweise kommen in Betracht
- die Bestätigung der Kommune, dass der ansässige Betrieb von dem Hochwasser betroffen ist,
- Fotos des Betriebsgebäudes, auf denen die Beschädigungen sichtbar sind und/oder
- eine glaubhafte Erklärung des Arbeitgebers, dass er erheblichen finanziellen Schaden durch das Hochwasser erlitten hat.
35 Billigkeitsmaßnahmen bei der Umsatzsteuer
Mit Schreiben vom 23.7.2021 hat das BMF verschiedene Billigkeitsmaßnahmen zur Umsatzsteuer ausgesprochen, die zur Unterstützung bei der Bewältigung der Folgen helfen. Herauszustellen sind folgende Maßnahmen:
- Herabsetzung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021: Bei Unternehmen, die von der Flutkatastrophe betroffen sind, kann auf entsprechenden Antrag die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021 ggf. bis auf Null herabgesetzt werden, ohne dass die gewährte Dauerfristverlängerung berührt wird.
Hinweis:
Dies ist eine unkompliziert durchzuführende Maßnahme, die kurzfristig zu einem Liquiditätszufluss führt. Allerdings führt die Herabsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für 2021 nur temporär zu einer Liquiditätsentlastung, denn insoweit entfällt dann auch die Anrechnung bei der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Dezember 2021.
- Sachspenden: Bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen, die im Zeitraum vom 15.7.2021 bis 31.10.2021 erfolgen, wird aus Billigkeitsgründen auf eine Besteuerung verzichtet, wenn es sich bei den gespendeten Gegenständen um
- Lebensmittel, Tierfutter,
- für den täglichen Bedarf notwendige Güter (insbesondere Hygieneartikel, Reinigungsmittel, Kleidung, Geschirr oder medizinische Produkte) oder
- zur unmittelbaren Bewältigung des Unwetterereignisses sachdienliche Wirtschaftsgüter (z.B. Pumpen, Werkzeug, Maschinen)
Hinweis:
Die Verwendung der Sachspenden sollte ausreichend dokumentiert werden. Besondere Vorgaben gibt es hierzu von Seiten der FinVerw nicht.
Beabsichtigen Unternehmer bereits bei Bezug oder Herstellung der gespendeten Waren eine entsprechende unentgeltliche Weitergabe, wird unter den gleichen Bedingungen und den allgemeinen Bedingungen ein entsprechender Vorsteuerabzug im Billigkeitswege gewährt. - Überlassung von Wohnraum: Wird Wohnraum, der im Grundsatz für andere Zwecke vorgesehen ist, nun an Betroffene unentgeltlich überlassen, so würde dies nach den allgemeinen Regeln zu einer unentgeltlichen Wertabgabe, also einer Umsatzsteuerbelastung führen, und ggf. müsste eine Vorsteuerkorrektur z.B. betreffend früherer Erhaltungsmaßnahmen oder Anschaffungskosten erfolgen.
Für Nutzungsänderungen von Unternehmen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit der Bewältigung der Flutkatastrophe vom Juli 2021 wird aus sachlichen Billigkeitsgründen bis zum 31.12.2021 von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Vorsteuerkorrektur abgesehen, wenn und soweit der Sachverhalt in einer Nutzung zur Bewältigung der Flutkatastrophe begründet ist. Diese Billigkeitsregelung ist auch auf Vorsteuern aus laufenden Kosten anzuwenden.
Die Billigkeitsregelung ist auf in privater Rechtsform betriebene Unternehmen der öffentlichen Hand entsprechend anzuwenden, sofern die Nutzungsüberlassung unentgeltlich erfolgt, so bspw. eine kommunale Messegesellschaft.
Von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Vorsteuerkorrektur wird im Billigkeitswege ebenfalls befristet bis zum 31.12.2021 abgesehen, wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen waren (Hotelzimmer, Ferienwohnungen o.Ä.), unentgeltlich Personen zur Verfügung stellen, die infolge der Flutkatastrophe vom Juli 2021 obdachlos geworden sind oder als Helfer in den Krisengebieten tätig sind.Hinweis:
Auch insoweit empfiehlt sich eine ausreichende Dokumentation bzgl. der Personen, denen der Wohnraum zur Verfügung gestellt wird.
Der Vorsteuerabzug aus laufenden Kosten wird in diesen Fällen von der FinVerw weiter nach den allgemeinen Regeln gewährt.
- Unentgeltliche Verwendung von dem Unternehmen zugeordneten Gegenständen (Investitionsgütern) zur Suche und Rettung von Flutopfern, Beseitigung der Flutschäden: Bei der unentgeltlichen Verwendung von dem Unternehmen zugeordneten Gegenständen (Investitionsgütern), die zuvor zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (z.B. die unentgeltliche Überlassung von Baufahrzeugen, Pumpen oder Lkw), zur Bewältigung der unwetterbedingten Schäden und Folgen der Flutkatastrophe vom Juli 2021, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf des durch die Unwetter betroffenen Personals, verzichtet die FinVerw im Billigkeitswege befristet bis zum 31.10.2021 auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe.
- Unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung (z.B. Personalgestellung): Auch bei der unentgeltlichen Erbringung einer sonstigen Leistung durch den Unternehmer (z.B. Personalgestellung, Aufräumarbeiten mit eigenem Gerät und Personal) für Zwecke, die unmittelbar der Bewältigung der unwetterbedingten Schäden und Folgen der Flutkatastrophe vom Juli 2021 dienen, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf des durch die Unwetter betroffenen Personals, wird befristet bis zum 31.10.2021 auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet.
36 Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für geschädigte Firmen
Für Unternehmen, die durch Starkregen und Hochwasser im Juli 2021 in finanzielle Not geraten sind, ist bis Ende Januar 2022 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt, wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind:
- Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung beruht auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder Hochwasser im Juli 2021 und
- auf Grund ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen müssen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen.
Dabei gilt die Aussetzung der Antragspflicht nur, solange die Antragspflichtigen ernsthafte Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen führen und dadurch begründete Aussichten auf eine Sanierung bestehen. Außerdem ist eine Verordnungsermächtigung für das Bundesjustizministerium vorgesehen, sodass die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht längstens bis zum 30.4.2022 verlängert werden kann. Die Regelung gilt rückwirkend ab dem 10.7.2021.
Hinweis:
In solchen Fällen ist stets rechtlicher Rat einzuholen. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bei juristischen Personen oder Personengesellschaften ohne voll haftende natürliche Person im Gesellschafterkreis zu der straf- und haftungsbewehrten Verpflichtung der Geschäftsleiterinnen und Geschäftsleiter führt, spätestens innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen.