Für alle Steuerpflichtigen

1 Steuerliche Änderungen zum 1.1.2022

2 Steuerliche Berücksichtigung eines Kirchenaustritts

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

3 Anspruch auf erhöhtes Kurzarbeitergeld verlängert

4 Entfernungspauschale: Erhöhte Sätze seit 1.1.2021

5 Lohnsteuerliche Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten der Arbeitnehmer ab 1.1.2022

6 Kindergartenzuschüsse des Arbeitgebers: Lohnsteuerfreiheit und Corona-Pandemie

7 Hinzuverdienstgrenzen für Frührentner auch für 2022 erhöht

8 Erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers

9 Kein Vorsteuerabzug für betriebliche Weihnachtsfeier in Gestalt eines „Koch-Events“

Für Unternehmer und Freiberufler

10 Aktuelles zu Corona-Hilfen der Bundesregierung

11 Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der Corona-Auswirkungen verlängert

12 Steuerliche Erfassung von Corona-Hilfen

13 Aufbewahrung von Rechnungen bei Einsatz elektronischer oder computergestützter Kassensysteme oder Registrierkassen

14 Freiberufliche Tätigkeit von Ärzten – Ausstellung von Impfzertifikaten und Durchführung von Corona-Tests

15 Umsatzsteuersatz sinkt für pauschalierende Landwirte auf 9,5 Prozent

16 Umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung im Jahr der Neugründung

17 Schwimmunterricht durch Schwimmschulen unterliegt der Umsatzsteuer

18 Umsatzsteuer entsteht auch bei vereinbarter Ratenzahlung mit Ausführung der Leistung

19 Grundstückskauf: Verzicht auf Umsatzsteuerbefreiung kann widerrufen werden

Für Personengesellschaften

20 Freiberufler-Personengesellschaft: Führt das Halten einer Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft zur Gewerbesteuerpflicht?

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

21 Steuerliche Erfassung von Stillhalterprämien und Aufwendungen für Glattstellungsgeschäfte

Für Hauseigentümer

22 Regelmäßige Überprüfung der Miete bei verbilligter Vermietung zur Sicherstellung des Werbungskostenabzugs erforderlich

23 Schadenersatzzahlungen eines Bergbauunternehmens für bergbaubedingte reparable Schäden an einer vermieteten Immobilie

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

24 Jahresabschlusspublizitätspflichten für vom Juli-Hochwasser 2021 Betroffene

25 Steuerfreie Beteiligungserträge: Typenvergleich zur Qualifizierung von Ausschüttungen einer ausländischen Gesellschaft

26 VGA: Ermittlung fremdüblicher Zinsen auf Konzerndarlehen

27 VGA: Überhöhte Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens

28 VGA – gemeinnützige Stiftung als nahestehende Person

29 Zufluss von Tantiemen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern

Reform der Grundsteuer: Ermittlung der Grundsteuerwerte auf den 1.1.2022 steht bevor

30 Zeitlicher Ablauf der Grundsteuerreform 2025

31 Grundsteuererklärung durch den Grundstückseigentümer

32 Ermittlung der Grundsteuerwerte

 

1 Steuerliche Änderungen zum 1.1.2022

Zum 1.1.2022 treten punktuelle Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen in Kraft. Hinzuweisen ist insbesondere auf folgende Punkte:

  • Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende war zunächst zeitlich befristet für die Jahre 2020 und 2021 auf 4 008 € angehoben worden. Dieser Betrag gilt ab 2022 nun unbefristet.
  • Der Grundfreibetrag, bis zu dessen Höhe keine Einkommensteuer erhoben wird, wird von 9 696 € auf nun 9 984 € pro Jahr angehoben. Des Weiteren erfolgt eine geringfügige Anpassung des Einkommensteuertarifs, um die progressionsbedingten Einkommenssteigerungen nicht mit zusätzlicher Steuer zu belasten – also ein Ausgleich der sog. kalten Progression. Beide Aspekte werden beim Lohnsteuerabzug ab Januar 2022 automatisch berücksichtigt.
  • Um den oftmals erschwerten Bedingungen in der Pandemie Rechnung zu tragen, können Arbeitgeber an ihre Mitarbeitenden Bonuszahlungen (Beihilfen und Unterstützungen) in Höhe von bis zu 1 500 € seit dem 1.3.2020 steuerfrei gewähren (Corona-Bonus). Diese Regelung gilt noch bis zum 31.3.2022.
  • Zum 1.1.2025 wird die neue Grundsteuer in Kraft treten, um damit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu genügen. Damit werden auch die Einheitswerte als bisherige Berechnungsgrundlage der Grundsteuer ihre Gültigkeit verlieren. An deren Stelle tritt dann in allen Bundesländern, die keine abweichenden Regelungen getroffen haben, der Grundsteuerwert. Dieser Wert wird von den Finanzämtern auf den 1.1.2022 ermittelt. Zu diesem Zweck müssen alle Grundstückseigentümer im Jahr 2022 eine entsprechende Erklärung abgeben, damit die für die Berechnung notwendigen Daten zur Verfügung stehen. Die Abgabefrist wird voraussichtlich am 1.7.2022 beginnen und soll bereits am 31.10.2022 enden. Über Details informieren wir Sie in einer Sonderbeilage zu diesem Mandanten-Rundschreiben.

Hinweis:

Daneben sind im Koalitionsvertrag punktuelle steuerliche Änderungen angekündigt, deren Umsetzung allerdings noch aussteht. So sollen z.B. die steuerlichen Regelungen des Home-Office „für Arbeitnehmer” bis zum 31.12.2022 verlängert werden und der Ausbildungsfreibetrag für sich in Berufsausbildung befindende, auswärtig untergebrachte, volljährige Kinder, für die Anspruch auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld besteht von 924 € auf 1 200 € erhöht werden. Ebenso muss das Urteil des BFH zum Alterseinkünftegesetz umgesetzt werden. Hierzu heißt es im Koalitionsvertrag: „Deshalb soll der Vollabzug der Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben – statt nach dem Stufenplan ab 2025 – vorgezogen und bereits ab 2023 erfolgen. Zudem werden wir den steuerpflichtigen Rentenanteil ab 2023 nur noch um einen halben Prozentpunkt steigern. Eine Vollbesteuerung der Renten wird damit erst ab 2060 erreicht.”

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2 Steuerliche Berücksichtigung eines Kirchenaustritts

Der Austritt aus einer Kirche oder aus einer sonstigen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft öffentlichen Rechts mit Wirkung für den staatlichen Bereich (z.B. Wegfall der Kirchensteuerpflicht, Wechsel der Konfession) ist durch Kirchenaustrittsgesetze der Länder geregelt. Er erfolgt durch Erklärung bei der zuständigen Behörde, i.d.R. dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erklärende seinen Wohnsitz hat. Der Austritt wird mit Ablauf des Tages wirksam, an dem die Niederschrift über die mündliche Erklärung unterzeichnet oder die Erklärung in schriftlicher Form bei dem Amtsgericht eingegangen ist.

Im Hinblick auf die Kirchensteuerpflicht sind insoweit die Kirchensteuergesetze der Länder maßgebend. Abhängig vom Bundesland gilt der Kirchenaustritt ab dem Kalendermonat, in dem der Kirchenaustritt erklärt wurde, oder aber ab dem darauffolgenden Kalendermonat. Nach dem Kirchenaustritt informiert die Meldebehörde automatisch das zuständige Finanzamt, damit dieses die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) ändert. Für die Zeit nach dem Kirchenaustritt wird also bei der monatlichen Gehaltsabrechnung keine Kirchensteuer mehr auf die Lohnsteuer einbehalten.

Ist für das Jahr des Kirchenaustritts eine Einkommensteuererklärung abzugeben, so ist in dieser das Datum des Kirchenaustritts anzugeben. Endet die Kirchensteuer im Laufe eines Kalenderjahres, sind für jeden Monat, in dem noch die Mitgliedschaft bestand, 1/12 der Kirchensteuer, die bei einer ganzjährigen Mitgliedschaft zu zahlen wäre, zu entrichten. Das heißt, die für das Austrittsjahr insgesamt ermittelte Einkommensteuer wird insoweit rechnerisch gleichmäßig auf die zwölf Kalendermonate verteilt.

Hinweis:

Von Seiten des Finanzamtes erfolgt mit dem Kirchenaustritt keine automatische Anpassung der Vorauszahlungen zur Einkommen- und Kirchensteuer. Vielmehr sind im Grundsatz die bisher festgesetzten Vorauszahlungen zur Kirchensteuer weiter zu entrichten, bis für das Jahr des Kirchenaustritts eine Veranlagung erfolgt und auf dieser Basis die Vorauszahlungen für zukünftige Jahre neu festgesetzt werden. Soll eine Anpassung der Vorauszahlungen (Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Kirchensteuer auf 0 €) erfolgen, so muss ein formloser Herabsetzungsantrag beim Finanzamt unter Hinweis auf den erfolgten Kirchenaustritt gestellt werden.

Zu beachten ist, dass mit dem Wegfall der Kirchensteuerpflicht auch der Sonderausgabenabzug der gezahlten Kirchensteuer endet. Insoweit gilt hinsichtlich der zeitlichen Berücksichtigung der gezahlten bzw. erstatteten Kirchensteuer als Sonderausgaben: Kirchensteuern mindern im Jahr ihrer Zahlung als Sonderausgaben die Einkommensteuer. Kommt es, etwa wegen des Austritts aus der Kirche, zu einer Kirchensteuererstattung, ist diese Erstattung grundsätzlich im gleichen Jahr mit der dann zu zahlenden Kirchensteuer zu verrechnen. Ist eine Verrechnung nicht möglich, weil keine Kirchensteuer mehr – etwa wegen des Austritts – festzusetzen ist, wird der sog. Erstattungsüberhang dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzugerechnet.

Beispiel:

Der Stpfl. A tritt im März 2021 aus der Kirche aus. Seine Einkommensteuervorauszahlungen ließ er nicht anpassen und zahlte so für das ganze Jahr 2021 Kirchensteuer in Höhe von 3 000 €. Dieser Betrag wurde bei der Einkommensteuerveranlagung 2021 als Sonderausgabe abgezogen. Im Jahr 2022 wird für 2021 Kirchensteuer in Höhe von 750 € festgesetzt und A werden nach Ergehen des Steuerbescheids für 2021 2 250 € erstattet (Vorauszahlung von 3 000 € abzgl. festgesetzte Kirchensteuer von 750 €). Da auf Grund seines Austritts aus der Kirche im Jahr 2022 für dieses Jahr keine Kirchensteuer festgesetzt wird, wird der Erstattungsbetrag in Höhe von 2 250 € bei der Veranlagung 2022 dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzugerechnet. Für diesen Betrag ist somit Einkommensteuer nachzuzahlen.

Hinweis:

Zu beachten ist, dass der Kirchenaustritt bei der Veranlagung zur Einkommensteuer und ggf. Kirchensteuer durch das Finanzamt nicht zwingend automatisch berücksichtigt wird. Dies ist insoweit anders als beim Lohnsteuerabzug. Daher muss darauf geachtet werden, dass die Tatsache des Kirchenaustritts in der Einkommensteuererklärung angegeben wird.

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3 Anspruch auf erhöhtes Kurzarbeitergeld verlängert

Der Anspruch auf erhöhtes Kurzarbeitergeld wurde verlängert. Das erhöhte Kurzarbeitergeld sieht vor, dass ab dem vierten Bezugsmonat 70 % der Nettoentgeltdifferenz gezahlt werden, wenn der Entgeltausfall in Kurzarbeit mindestens 50 % beträgt. Lebt ein Kind im Haushalt, beträgt der Satz 77 %. Ab dem siebten Bezugsmonat gilt ein Satz von 80 % bzw. mit Kind 87 %. Im Einzelnen gilt:

  • Beschäftigte, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.3.2021 entstanden ist, erhalten das erhöhte Kurzarbeitergeld bis Ende März 2022. Damit wird der Anspruch um drei Monate verlängert.
  • Zusätzlich erhalten auch Beschäftigte, die seit April 2021 erstmals in Kurzarbeit gegangen sind, von Januar bis März 2022 Anspruch auf die erhöhten Leistungssätze.

Ebenso wurde die Möglichkeit, die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von bis zu 24 Monaten nutzen zu können, für weitere drei Monate bis zum 31.3.2022 verlängert. Zusätzlich werden auch die Erleichterungen und Sonderregelungen für den Bezug des Kurzarbeitergeldes bis zum 31.3.2022 verlängert. Die bisherige vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge wird dabei auf die Hälfte reduziert. Im Einzelnen gilt:

  • Die Voraussetzungen für den Zugang zum Kurzarbeitergeld bleiben weiterhin bis zum 31.3.2022 herabgesetzt:
    • Die Zahl der Beschäftigten, die im Betrieb vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, bleibt von mindestens einem Drittel auf mindestens 10 % abgesenkt und
    • auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor der Gewährung von konjunkturellem Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld wird weiter vollständig verzichtet.
  • Der Zugang für Leiharbeiter zum Kurzarbeitergeld bleibt bis zum 31.3.2022 eröffnet.
  • Den Arbeitgebern werden die von ihnen während der Kurzarbeit allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 50 % auf Antrag in pauschalierter Form erstattet.

Handlungsempfehlung:

Damit bleibt das Kurzarbeitergeld ein sinnvolles Instrument, um bei geringer Auslastung die Personalkosten zumindest teilweise aufzufangen. Die Auslastungsschwierigkeiten brauchen nicht Corona-bedingt zu sein.

Nach wie vor gilt, dass die Anspruchsvoraussetzungen für das Kurzarbeitergeld sorgfältig dokumentiert werden müssen. Dies gilt insbesondere für die Vereinbarung über die Anordnung von Kurzarbeit und für die Arbeitszeitkonten.

Hinweis:

Entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung sind Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld steuerfrei, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nicht übersteigen. Diese Steuerfreiheit gilt allerdings nur für entsprechende Zuschüsse des Arbeitgebers, die für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29.2.2020 beginnen und vor dem 1.1.2022 enden, geleistet wurden. Eine Verlängerung ist bisher nicht erfolgt. Wie das Kurzarbeitergeld selbst unterliegen die steuerfreien Zuschüsse zudem dem Progressionsvorbehalt und erhöhen somit den Steuersatz für die übrigen, steuerpflichtigen Einkünfte.

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4 Entfernungspauschale: Erhöhte Sätze seit 1.1.2021

Ende 2019 wurde mit Wirkung zum 1.1.2021 eine Modifikation der Entfernungspauschale beschlossen. Diese gesetzliche Änderung wird nun in der Einkommensteuerveranlagung für 2021 berücksichtigt werden. Profitieren können Pendler mit einer Fahrstrecke von mehr als 20 km. Zu diesen Änderungen hat jetzt auch die FinVerw mit Schreiben vom 18.11.2021 (Az. IV C 5 – S 2351/20/10001 :002) Stellung genommen. Herauszustellen sind folgende Aspekte:

  • Für die Jahre 2021 bis 2026 beträgt die anzusetzende Entfernungspauschale bei einer Entfernung von größer 20 Kilometer:

    2021 bis 2023

    Zahl der Arbeitstage ×
    20 Entfernungskilometer × 0,30 € zzgl.

    Zahl der Arbeitstage ×
    restliche Entfernungskilometer × 0,35 €.

    2024 bis 2026

    Zahl der Arbeitstage ×
    20 Entfernungskilometer ×
    0,30 € zzgl.

    Zahl der Arbeitstage ×
    restliche Entfernungskilometer × 0,38 €.

Für die Entfernungen bis zu 20 km ist unverändert eine Entfernungspauschale von 0,30 € zu berücksichtigen.

Dabei ist nach wie vor die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend. Dies gilt auch, wenn die kürzeste Straßenverbindung mautpflichtig ist oder mit dem vom Mitarbeiter tatsächlich verwendeten Verkehrsmittel straßenverkehrsrechtlich nicht benutzt werden darf.

  • Fallen die Hin- und Rückfahrt zur ersten Tätigkeitsstätte auf verschiedene Arbeitstage, ist nur die Hälfte der Entfernungspauschale je Entfernungskilometer und Arbeitstag als Werbungskosten zu berücksichtigen.

    Hinweis:

    Besonderheiten sind zu beachten bei Fahrgemeinschaften und der Benutzung verschiedener Verkehrsmittel.

  • Daneben ist die Abhängigkeit des Werbungskostenabzugs von der Wahl des Verkehrsmittels zu beachten:

    Verkehrsmittel

    Werbungskostenabzug

    Ausschließlich eigenes Kfz oder Firmenwagen

    Entfernungspauschale (keine Begrenzung auf max. 4 500 €)

    Ausschließlich andere motorisierte Fahrzeuge (Motorrad, Motorroller, Mopeds, Mofas, Pedelecs, E-Bikes) und Fahrrad

    Entfernungspauschale, begrenzt auf 4 500 €
    im Kalenderjahr

    Ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel

    Entfernungspauschale, begrenzt auf 4 500 €
    im Kalenderjahr; ggf. höhere tatsächliche Kosten (z.B. Monatskarte ÖPNV)

    Flugstrecke

    Insoweit Ansatz der tatsächlichen Kosten und Entfernungspauschale für An- und Abfahrt zu und vom Flughafen

    Verbilligte Sammelbeförderung

    Tatsächlich vom Arbeitnehmer getragene Kosten

    Verschiedene Verkehrsmittel (z.B. Park & Ride-Fälle)

    Tatsächliche Aufwendungen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, soweit die insgesamt im Kalenderjahr anzusetzende Entfernungspauschale, ggf. begrenzt auf den Höchstbetrag von 4 500 €, überschritten wird

  • Die Entfernungspauschale wird also auch gewährt, wenn für diese Wege ein Firmenwagen genutzt wird. Steuerfreie Sachbezüge für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads werden nicht mindernd berücksichtigt. Anders ist dies dagegen für steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers für ÖPNV-Kosten des Arbeitnehmers; diese sind auf die Entfernungspauschale anzurechnen.
  • Bei der Pauschalierung der Lohnsteuer für Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bzw. des geldwerten Vorteils für diese Fahrten bei Nutzung eines Firmenwagens gilt: Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer für diese Sachverhalte mit einem pauschalen Steuersatz von 15 % berechnen. Bemessungsgrundlage ist der Betrag, den der Mitarbeiter als Werbungskosten geltend machen kann, d.h. der als Entfernungspauschale anzusetzende Betrag. Dabei ist für die Jahre 2021 bis 2026 ab dem 21. Entfernungskilometer die erhöhte Entfernungspauschale von 0,35 € bzw. 0,38 € zu berücksichtigen. Legt der Mitarbeiter an einem Arbeitstag nur einen Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zurück, darf auch nur die Hälfte der Entfernungspauschale je Entfernungskilometer und Arbeitstag pauschal besteuert werden.
  • Im Lohnsteuerabzugsverfahren kann wie bisher bei der Ermittlung der abziehbaren Entfernungspauschale aus Vereinfachungsgründen grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass monatlich an 15 Arbeitstagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durchgeführt werden. Hiervon sind folgende Ausnahmen zu beachten:
    • Der Ansatz von pauschal 15 Arbeitstagen je Monat gilt nicht, wenn bei der Überlassung eines Firmenwagens der geldwerte Vorteil nur für die tatsächliche Anzahl der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte versteuert wurde (sog. Einzelbewertung 0,002 %-Methode). In diesem Fall darf auch nur für die Tage der Vorteil in Höhe der Entfernungspauschale pauschaliert werden, für die auch der geldwerte Vorteil versteuert wird.
    • Ab dem 1.1.2022 gilt darüber hinaus: Auch bei Mitarbeitern, die bei einer in die Zukunft gerichteten Prognose typischerweise nicht an jedem Arbeitstag zur ersten Tätigkeitsstätte fahren (z.B. bei Teilzeitmodellen, Home-Office, Telearbeit, mobilem Arbeiten), gilt die Vereinfachungsregelung mit den 15 Tagen nicht mehr ohne Anpassung. Für diese Fälle muss die Anzahl der Fahrten verhältnismäßig gemindert werden. Bei einer Drei-Tage-Woche geht die FinVerw aus Vereinfachungsgründen davon aus, dass monatlich an neun Arbeitstagen (3/5 von 15 Tagen) Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durchgeführt werden.

Handlungsempfehlung:

Insbesondere ist zu prüfen, ob in der Einkommensteuererklärung für 2021 die erhöhten Sätze der Entfernungspauschale zum Ansatz kommen können.

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5 Lohnsteuerliche Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten der Arbeitnehmer ab 1.1.2022

Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu bewerten. Dies gilt auch für Mahlzeiten, die dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit im Inland oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, wenn der Preis der Mahlzeit 60 € (brutto) nicht übersteigt.

Die Sachbezugswerte für Mahlzeiten, die ab dem Kalenderjahr 2022 gewährt werden, betragen:

  • für ein Mittag- oder Abendessen3,57 € und
  • für ein Frühstück1,87 €.

Bei Vollverpflegung (Frühstück, Mittag- und Abendessen) sind die Mahlzeiten mit dem Wert von 9,00 € anzusetzen.

Handlungsempfehlung:

Bei Reisekostenabrechnungen bzw. Abrechnungen über Verpflegungsleistungen ab dem 1.1.2022 sind die neuen Sätze zu berücksichtigen.

Hinweis:

Mahlzeiten mit einem Preis von über 60 € dürfen nicht mit dem amtlichen Sachbezugswert bewertet werden, sondern sind mit dem tatsächlichen Preis als Arbeitslohn anzusetzen. Bei einer solchen Mahlzeit unterstellt die FinVerw, dass es sich um ein „Belohnungsessen” und nicht um eine „übliche” Beköstigung handelt. Sie sind stets als Arbeitslohn zu erfassen, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer für die betreffende Auswärtstätigkeit eine Verpflegungspauschale als Werbungskosten geltend machen kann oder nicht.

Gestellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer anlässlich einer Auswärtstätigkeit eine übliche Mahlzeit, unterbleibt der Ansatz als Arbeitslohn (Sachbezugswert), wenn dem Arbeitnehmer für die betreffende Auswärtstätigkeit dem Grunde nach eine Verpflegungspauschale als Werbungskosten zustehen würde. Ob und in welcher Höhe tatsächlich eine Verpflegungspauschale als Werbungskosten angesetzt werden kann, ist dabei unbeachtlich.

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6 Kindergartenzuschüsse des Arbeitgebers: Lohnsteuerfreiheit und Corona-Pandemie

Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen sind lohnsteuerfrei. Auf dieser Basis erstatten viele Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern steuerfrei solche Kosten. Probleme können sich nun dadurch ergeben, dass in der Corona-Pandemie bei Schließung von Einrichtungen Kindergarten- bzw. Kinderbetreuungsgebühren nicht eingezogen bzw. bereits erhobene Beiträge dem Mitarbeiter zurückerstattet wurden. Hat der Arbeitgeber in diesen Fällen den Arbeitnehmern dennoch Zuschüsse gezahlt, so können diese im Grundsatz nicht lohnsteuerfrei bleiben, sondern solche fortgezahlten Arbeitgeberleistungen lösen steuerpflichtigen Arbeitslohn aus. Hat der Arbeitgeber davon Kenntnis, dass der Arbeitnehmer tatsächlich keine Kindergartenbeiträge entrichten musste, so muss der Arbeitgeber eine Korrektur des Lohnsteuerabzugs vornehmen. Ansonsten droht eine Haftungsinanspruchnahme.

Aktuell hat sich die FinVerw – offenbar bundeseinheitlich – auf folgende Vorgehensweise geeinigt: In den Fällen, in denen Städte und Gemeinden auf Grund der Corona-Pandemie Kindergarten- bzw. Kinderbetreuungsgebühren nicht eingezogen bzw. bereits erhobene Beiträge zurückerstattet haben, wird es für das Kalenderjahr 2020 nicht beanstandet, wenn hinsichtlich der vom Arbeitgeber gezahlten Zuschüsse von einer Darlehensgewährung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ausgegangen wird. Damit bleiben die Arbeitgeberleistungen für das Jahr 2020 weiter steuerfrei. Die im Jahr 2020 geleisteten Zuschüsse sind mit den im Jahre 2021 entstehenden Unterbringungs- und Betreuungskosten für die Kinder zu verrechnen. Damit ist eine nochmalige steuerfreie Erstattung in 2021 nicht zulässig.

Handlungsempfehlung:

Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob insoweit Korrekturbedarf besteht.

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7 Hinzuverdienstgrenzen für Frührentner auch für 2022 erhöht

Regelaltersrentner dürfen neben ihrer Rente beliebig viel hinzuverdienen, ohne dass eine Anrechnung des Nebenverdienstes auf die Rente erfolgt. Dies ist anders bei Beziehern von vorgezogenen Altersrenten, sog. Frührentnern. Für sie ist der zulässige Hinzuverdienst begrenzt. Bis Ende des Jahres 2019 mussten Bezieher einer Alters-Frührente, die im Kalenderjahr mehr als 6 300 € brutto verdienten, mit einer Kürzung ihrer Rente rechnen.

Für die Jahre 2020 und 2021 wurde diese Hinzuverdienstgrenze für Frührentner im Hinblick auf die Folgen der Corona-Pandemie auf 46 060 € brutto erhöht. Nunmehr erfolgte eine weitere Verlängerung dieser Hinzuverdienstgrenze auch für das Jahr 2022.

Hinweis:

Bei einem höheren Hinzuverdienst als 46 060 € wird die Rente anteilig gekürzt. Das über die Verdienstgrenze hinausgehende Bruttoeinkommen wird zu 40 % auf die Rente angerechnet. Dabei kommt es nicht auf das monatliche Einkommen, sondern auf das Einkommen des gesamten Kalenderjahres an.

Auf Grund der Rechtslage besteht für den Hinzuverdienst eines Frührentners eine Meldepflicht. Die Aufnahme einer Beschäftigung neben dem Bezug einer vorgezogenen Altersrente muss der Deutschen Rentenversicherung gemeldet werden.

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8 Erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers

Nach wie vor sind Fragen zum Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte” strittig. Dieser Begriff ist für den Werbungskostenabzug von großer Bedeutung. Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind nur mit einer Entfernungspauschale von grds. 0,30 € pro km der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (= einfacher Weg, ab dem 21. Entfernungskilometer 0,35 € pro Kilometer) als Werbungskosten abzugsfähig. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der gesetzlichen Definition die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, dem der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Existiert keine erste Tätigkeitsstätte, so ist ein unbeschränkter Werbungskostenabzug nach Reisekostengesichtspunkten möglich.

Fraglich ist, ob und unter welchen Bedingungen bei Leiharbeitnehmern eine erste Tätigkeitsstätte existiert. Über einen solchen Fall hatte das Niedersächsische Finanzgericht zu entscheiden. Im Urteilsfall konnte der Stpfl. vereinbarungsgemäß bei verschiedenen Kunden der Firma A im Rahmen von ggf. auch wechselnden Projekten und Orten eingesetzt werden. Laut Zusatzvereinbarung wurde der Stpfl. ohne zeitliche Befristung bei dem Kunden in B eingesetzt. Betroffen waren die Streitjahre 2014 bis 2017.

Nach der Entscheidung des Gerichts vom 13.7.2021 (Az. 13 K 63/20, vorl. nrkr.) war eine erste Tätigkeitsstätte in B gegeben, da der Stpfl. dieser zeitlich unbefristet zugeordnet war. Fahrtkosten nach B waren daher nur im Rahmen der Entfernungspauschale und nicht nach Reisekostengesichtspunkten abzugsfähig.

Hinweis:

Fraglich erscheint, ob diese Grundsätze auch unter den aktuellen Rahmenbedingungen des für Leiharbeit maßgeblichen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) gelten. Nach dem seit dem 1.4.2017 geltenden AÜG darf der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer allerdings nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate tätig werden lassen. Es ist daher fraglich, ob auch nach aktueller Rechtslage von einer zeitlich unbefristeten Zuordnung ausgegangen werden kann.

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9 Kein Vorsteuerabzug für betriebliche Weihnachtsfeier in Gestalt eines „Koch-Events”

Das Finanzgericht Hamburg hatte über die umsatzsteuerliche Beurteilung einer Betriebsveranstaltung in Form eines Koch-Events für die Arbeitnehmer zu entscheiden. Im Streitfall führte der Arbeitgeber im Dezember 2015 eine Weihnachtsfeier durch, zu der alle Arbeitnehmer eingeladen waren. Zur Durchführung der Feier mietete der Stpfl. ein Kochstudio, um dort ein Kochevent zu veranstalten. Die Kosten der Veranstaltung lagen höher als 110 € je Arbeitnehmer.

Zum Hintergrund: Beabsichtigt der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals zu verwenden, ist er nicht zum Vorsteuerabzug aus den bezogenen Eingangsleistungen berechtigt, muss andererseits jedoch auch keine Besteuerung vornehmen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sieht das Gesetz für „Aufmerksamkeiten” vor. In diesem Fall kommt der Vorsteuerabzug grds. in Betracht, andererseits erfolgt keine Wertabgabenbesteuerung. Bis zu welchem Wert eine „Aufmerksamkeit” vorliegt, welche Kostenanteile in die Wertberechnung einzubeziehen sind, und ob der ab 2015 lohnsteuerlich geregelte Freibetrag für Betriebsveranstaltungen auch umsatzsteuerlich bei Überschreitung des Grenzwertes von 110 € zu beachten ist, war nun in dem zu entscheidenden Fall zwischen den Beteiligten streitig.

Im Streitfall versagte das Finanzgericht Hamburg mit Entscheidung vom 5.12.2019 (Az. 5 K 222/18) im Ergebnis das Vorliegen einer Aufmerksamkeit und damit den Vorsteuerabzug, da die Wertgrenze von 110 € überschritten war. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass der lohnsteuerlich als Freibetrag ausgestaltete Wert von 110 € für umsatzsteuerliche Zwecke als Freigrenze zu werten sei. Wird also diese Betragsgrenze überschritten, scheidet der Vorsteuerabzug insgesamt aus.

Hinweis:

Gegen dieses Urteil ist nun unter dem Az. V R 16/21 die Revision beim BFH anhängig, so dass diese Rechtsfrage noch offen ist.

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10 Aktuelles zu Corona-Hilfen der Bundesregierung

Auf Grund der andauernden Belastungen einzelner Branchen durch die Corona-Pandemie wurden die Corona-Hilfen der Bundesregierung teils nachgeschärft bzw. verlängert. Herauszustellen sind folgende Aspekte:

Überbrückungshilfe III Plus:

  • Mit der Überbrückungshilfe III Plus werden im Förderzeitraum Juli bis Dezember 2021 alle von der Corona-Pandemie betroffenen Unternehmen, Soloselbständige und Freiberufler bei der Deckung von betrieblichen Fixkosten ab einem Umsatzrückgang von 30 % unterstützt. Die Konditionen entsprechen denen der Überbrückungshilfe III. Besonders von der Pandemie betroffene Unternehmen wie die Reisebranche oder die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft können zusätzliche Förderungen beantragen.
  • Die Antragstellung erfolgt über prüfende Dritte. Die Antragsfrist für Erst- und Änderungsanträge zum Förderzeitraum Juli bis Dezember wurde bis zum 31.3.2022 verlängert.
  • Überbrückungshilfe III Plus kann nur für diejenigen Monate im Förderzeitraum beantragt werden, in denen ein coronabedingter Umsatzrückgang von mindestens 30 % im Vergleich zum Referenzmonat im Jahr 2019 erreicht wird. Nicht gefördert werden Umsatzausfälle, die z.B. nur auf Grund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen auftreten. Nicht als coronabedingt gelten beispielsweise Umsatzeinbrüche, die zurückzuführen sind auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art (wie Liefer- oder Materialengpässe).
  • Der Nachweis, individuell von einem coronabedingten Umsatzeinbruch betroffen zu sein, kann zum Beispiel geführt werden, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller in einer Branche tätig ist, die von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen ist. Als von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen gelten Unternehmen, deren Branche oder deren Geschäftsfeld in den Schließungsanordnungen des betreffenden Bundeslandes genannt sind.
  • Für den Zeitraum vom 1.11. bis 31.12.2021 wurde nun aber eine Sonderregelung eingeführt: Freiwillige Schließungen oder Einschränkungen des Geschäftsbetriebs, weil eine Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs infolge von angeordneten Corona-Zutrittsbeschränkungen (3G, 2G, 2G Plus) unwirtschaftlich wäre, schließen die Annahme eines coronabedingten Umsatzeinbruchs nicht aus und beeinträchtigen die Förderberechtigung ausnahmsweise nicht.

Hinweis:

Insoweit muss beachtet werden: Der Antragsteller muss die wirtschaftlichen Beweggründe der freiwilligen Schließung oder Einschränkung des Geschäftsbetriebs dem die Überbrückungshilfe beantragenden prüfenden Dritten (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer usw.) gegenüber glaubhaft darlegen. Dabei ist aufzuzeigen, inwiefern staatliche Corona-Zutrittsbeschränkungen oder vergleichbare Maßnahmen (Verbot touristischer Übernachtungen, Sperrstundenregelungen) den Geschäftsbetrieb wirtschaftlich beeinträchtigen. Der prüfende Dritte prüft die Angaben der Antragsstellenden auf Nachvollziehbarkeit und Plausibilität und nimmt die Angaben zu seinen Unterlagen. Auf Nachfrage der Bewilligungsstelle legt der prüfende Dritte die Angaben des Antragstellers der Bewilligungsstelle vor. Diese Regelung gilt ausschließlich für den Zeitraum 1.11. bis 31.12.2021 (und im Rahmen der Überbrückungshilfe IV auch für den Januar 2022).

Überbrückungshilfe IV:

  • Als Überbrückungshilfe IV werden die Corona-Wirtschaftshilfen bis Ende März 2022 verlängert. Der Förderzeitraum läuft also von Januar 2022 bis März 2022. Grundlegende Antragsvoraussetzung ist weiterhin ein durch Corona bedingter Umsatzrückgang von 30 % im Vergleich zum Referenzzeitraum 2019. Dies ist für den einzelnen Fördermonat zu prüfen.
  • Für (nach derzeitigem Stand) Januar 2022 gilt: Freiwillige Schließungen oder Einschränkungen des Geschäftsbetriebs, weil eine Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs – infolge von angeordneten Corona-Zutrittsbeschränkungen (3G, 2G, 2G Plus) – unwirtschaftlich wäre, schließen die Annahme eines coronabedingten Umsatzeinbruchs nicht aus und beeinträchtigen die Förderberechtigung ausnahmsweise nicht.
  • Unternehmen erhalten über die Überbrückungshilfe IV weiterhin die Erstattung von Fixkosten.
  • Zusätzlich zur Fixkostenerstattung erhalten Unternehmen im Rahmen der Überbrückungshilfe IV, die im Rahmen der Corona-Pandemie besonders schwer und von Schließungen betroffen sind, einen zusätzlichen Eigenkapitalzuschuss. Dadurch erhalten insbesondere Unternehmen, die von der Absage von Advents- und Weihnachtsmärkten betroffen sind – etwa Schausteller, Marktleute und private Veranstalter – eine erweiterte Förderung. Für Schausteller, Marktleute und private Veranstalter von abgesagten Advents- und Weihnachtsmärkten beträgt der Eigenkapitalzuschuss 50 % auf die Summe der Fixkostenerstattung je Fördermonat. Sie müssen einen Umsatzeinbruch von mindestens 50 % im Dezember 2021 nachweisen.
  • Ebenfalls fortgeführt wird die Neustarthilfe für Soloselbständige. Mit der Neustarthilfe 2022 können Soloselbständige weiterhin pro Monat bis zu 1 500 € an direkten Zuschüssen erhalten, insgesamt für den verlängerten Förderzeitraum also bis zu 4 500 €.

Hinweis:

Erstanträge können über den „prüfenden Dritten” bis zum 30.4.2022, Änderungsanträge bis zum 30.6.2022 gestellt werden. Eine Antragstellung ist nur einmal möglich. Änderungsanträge sind hierbei ausgenommen. Es kann ein Antrag über die vollen drei Fördermonate (Januar 2022 bis März 2022) gestellt werden. Bei einer Beantragung bis März 2022 sind für die Monate nach Antragstellung Prognosen anzustellen. Auch eine Beantragung für einen kürzeren Zeitraum als drei Monate (zum Beispiel Januar 2022 bis Februar 2022) ist grundsätzlich möglich. Weitere Monate können dann per Änderungsantrag beantragt werden.

Schlussabrechnung:

  • Die Anträge auf Überbrückungshilfen sowie November- und Dezemberhilfen, die über prüfende Dritte eingereicht wurden, wurden häufig auf Basis von Umsatzprognosen und prognostizierten Kosten bewilligt. Auf Grundlage der tatsächlichen Umsatzzahlen und Fixkosten erfolgt ab Ende Januar 2022 bis zum 31.12.2022 eine Schlussabrechnung durch die prüfenden Dritten.
  • Nach Prüfung durch die Bewilligungsstelle wird im Schlussbescheid eine endgültige Förderhöhe mitgeteilt. Das kann je nach gewählten Programmen zu einer Bestätigung der erhaltenen Mittel oder zu einer Nach- oder Rückzahlung führen.
  • Erfolgt keine Schlussabrechnung, ist die Corona-Überbrückungshilfe in gesamter Höhe zurückzuzahlen.

Handlungsempfehlung:

Sehr sorgfältig ist für den jeweiligen Einzelfall zu prüfen, welche Hilfen in Anspruch genommen werden können. Insbesondere können noch bis zum 31.3.2022 Förderanträge für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2021 gestellt werden. Stets sind die Antragsvoraussetzungen sehr sorgfältig zu dokumentieren. Ebenso sollten die vorzunehmenden Schlussrechnungen für bereits bewilligte Hilfen vorbereitet werden. Insoweit ist abzuschätzen, ob im Einzelfall möglicherweise Hilfen zurückzuzahlen sind, weil bspw. die Umsatzrückgänge nicht in der prognostizierten Form eingetreten sind.

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11 Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der Corona-Auswirkungen verlängert

Verlängert wurden die steuerlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung der Corona-Auswirkungen. Hervorzuheben sind folgende Aspekte:

Anpassung von Steuervorauszahlungen:

  • Hinsichtlich der Anpassung von Vorauszahlungen im vereinfachten Verfahren gilt, dass nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffene Stpfl. bis zum 30.6.2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer 2021 und 2022 stellen können. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Stpfl. die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.
  • Anträge auf Herabsetzung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen sind nicht an die Gemeinde, sondern an das Finanzamt zu stellen. Mit einem Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Einkommen- und Körperschaftsteuer kann gleichzeitig ein Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Gewerbesteuer gestellt werden.

Stundung von Steuerzahlungen:

  • Die verfahrensrechtlichen Erleichterungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie werden abermals verlängert. Betroffene Stpfl. können bis zum 31.1.2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zum 31.1.2022 fälligen Steuern stellen. Die Stundungen können längstens bis zum 31.3.2022 gewährt werden. Über den 31.3.2022 hinaus können Anschlussstundungen im Zusammenhang mit einer angemessenen, längstens bis zum 30.6.2022 dauernden Ratenzahlungsvereinbarung gewährt werden. Auf die Erhebung von Stundungszinsen wird verzichtet. Bis zum 31.3.2022 wird zudem von Vollstreckungsmaßnahmen bei bis zum 31.1.2022 fällig gewordenen Steuern abgesehen.
  • Stets ist Voraussetzung, dass der Stpfl. von der Corona-Pandemie „nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen ist”.
  • Für etwaige Stundungs- und Erlassanträge betreffend Gewerbesteuerzahlungen gilt auch im Hinblick auf einen möglichen Zusammenhang mit Auswirkungen des Coronavirus, dass diese an die Gemeinden und nur dann an das zuständige Finanzamt zu richten sind, wenn die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer nicht den Gemeinden übertragen worden ist.

Die bisherigen umsatzsteuerlichen Billigkeitsmaßnahmen zur Umsatzsteuer sind bis zum 31.12.2022 verlängert worden. Dies betrifft insbesondere folgende Regelungen:

  • Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten (z.B. Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste, Pflege- und Sozialdienste, Alters- und Pflegeheime sowie weitere öffentliche Institutionen wie Polizei und Feuerwehr), wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe abgesehen.
  • Auch wenn ein Unternehmer bereits beim Leistungsbezug beabsichtigt, die Leistungen ausschließlich und unmittelbar für die unentgeltliche Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für die vorgenannten Zwecke zu verwenden, sind die entsprechenden Vorsteuerbeträge grundsätzlich abziehbar, obwohl die unentgeltlichen Wertabgaben nicht besteuert werden.
  • Im Fall von Nutzungsänderungen von Unternehmen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Krise – so bspw. bei Nutzung von Veranstaltungshallen als Impfzentrum – wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Vorsteuerkorrektur abgesehen. Die Billigkeitsregelung zur Nutzungsänderung von Unternehmen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit der Bewältigung der Krise ist auch auf Vorsteuern aus laufenden Kosten anzuwenden. Die Billigkeitsregelung wird auf in privater Rechtsform betriebene Unternehmen der öffentlichen Hand entsprechend angewendet, sofern die Nutzung unentgeltlich erfolgt.

Handlungsempfehlung:

Für den Einzelfall ist sorgfältig zu prüfen, ob die steuerlichen Erleichterungen in Anspruch genommen werden können. Insbesondere eine rechtzeitige Herabsetzung von Steuervorauszahlungen und die Nutzung des Verlustrücktrags können zur Schonung der Liquidität beitragen.

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12 Steuerliche Erfassung von Corona-Hilfen

Sowohl der Bund als auch die Bundesländer gewähren in unterschiedlichster Form Hilfen an Unternehmer, die durch die Corona-Pandemie belastet sind. So bspw. die in 2020 und 2021 gewährten Soforthilfen und die Überbrückungshilfen. Die Finanzhilfen stellen Billigkeitsleistungen dar, die – sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind – nicht zurückzuzahlen sind. Sie sind nach allgemeinen Grundsätzen in der Gewinnermittlung als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erfassen und zusätzlich in der Anlage „Corona-Hilfen” zur Einkommensteuer- bzw. Feststellungserklärung anzugeben.

Das Bayerische Landesamt für Steuern weist in der Verfügung vom 5.10.2021 (Az. S 2143.2.1–10/9 St 32) darauf hin, dass diese Finanzhilfen nach der auf Bund-Länder-Ebene abgestimmten Rechtsauffassung nicht der ermäßigten Besteuerung unterliegen, sondern der reguläre Einkommensteuer-Tarif zur Anwendung kommt. Insbesondere liege keine Entschädigung vor, da durch die Finanzhilfen ein Ausgleich von Ausgaben erfolgt und diese Hilfen auch nicht für die Aufgabe oder Nichtausübung der Tätigkeit gezahlt werden.

Hinweis:

Eine umsatzsteuerliche Erfassung erfolgt dagegen nicht. Die gewährten Liquiditätshilfen erfolgen nicht in einem Leistungsaustausch, weil sie für keine konkrete Leistung des Unternehmers gewährt werden, und unterliegen daher nicht der Umsatzbesteuerung. Die Unterstützungszahlungen sind daher weder in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Umsatzsteuer-Jahreserklärungen anzugeben noch bei der Berechnung der Kleinunternehmergrenze zu berücksichtigen.

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13 Aufbewahrung von Rechnungen bei Einsatz elektronischer oder computergestützter Kassensysteme oder Registrierkassen

Grundsätzlich besteht für den Unternehmer die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Eingangs- und Ausgangsrechnungen über einen Zeitraum von zehn Jahren. Die FinVerw hat mit Schreiben des BMF vom 16.11.2021 (Az. III C 2 – S 7295/19/10001 :001) klargestellt, dass soweit der Unternehmer Rechnungen mithilfe elektronischer oder computergestützter Kassensysteme oder Registrierkassen erteilt, es hinsichtlich der erteilten Rechnungen ausreichend ist, wenn ein Doppel der Ausgangsrechnung (Kassenbeleg) aus den unveränderbaren digitalen Aufzeichnungen reproduziert werden kann. Grundvoraussetzung ist, dass der Einsatz des elektronischen Kassensystems die allgemeinen Anforderungen erfüllt, insbesondere die Vollständigkeit, Richtigkeit und Zeitgerechtigkeit der Erfassung.

Hinweis:

Die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung sollte regelmäßig überprüft werden. Besonderer Sorgfalt bedarf die erforderliche Verfahrensdokumentation.

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14 Freiberufliche Tätigkeit von Ärzten – Ausstellung von Impfzertifikaten und Durchführung von Corona-Tests

Ärzte können digitale Impfzertifikate auch dann ausstellen, wenn die Impfung zuvor an anderer Stelle, so bspw. in einem Impfzentrum, erfolgte. Fraglich ist nun, ob grds. die Ausstellung von digitalen Impfzertifikaten über eine vorgenommene COVID-19-Schutzimpfung durch Ärzte zu gewerblichen Einkünften oder bei Gemeinschaftspraxen zu einer gewerblichen Infektion, also zur Gewerblichkeit der gesamten Tätigkeit führt. Hierzu hat nun die FinVerw mit Schreiben der Oberfinanzdirektion Frankfurt/M v. 26.10.2021 (Az. S 2245 A-018-St 214) die bundeseinheitlich abgestimmte Auffassung bekannt gegeben. Danach gilt:

  • Das Ausstellen von Impfzertifikaten durch Ärzte stellt keine gewerbliche Tätigkeit i.S.v. § 15 EStG dar. Das Ausstellen von digitalen Impfzertifikaten ist lediglich eine (andere) Dokumentationsform (anstelle der/ergänzend zur bisherigen Dokumentation im „gelben” Impfpass) über durchgeführte COVID-19-Impfungen. Sie ist untrennbar mit der eigentlichen Impfung verbunden, die eine originäre ärztliche Tätigkeit i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt. Dies gilt auch dann, wenn die Impfung durch eine andere Praxis oder Stelle (z.B. Impfzentrum) vorgenommen wurde.
  • Die Durchführung von Corona-Tests durch Ärzte (sowohl PCR- als auch Antigen-Tests) ist ebenfalls nicht als gewerbliche Tätigkeit i.S.v. § 15 EStG einzuordnen. Dies gilt unabhängig von der jeweiligen medizinischen Fachrichtung der Ärzte. Unschädlich ist auch die Mithilfe anderer Personen (z.B. Arzthelferin/Arzthelfer) bei der Durchführung der Tests, wenn der Arzt weiterhin auch bei der Durchführung von Corona-Tests leitend und eigenverantwortlich tätig ist.

Hinweis:

Als gewerblich ist die Durchführung von Corona-Tests aber dann einzustufen, wenn der Arzt bei der Durchführung nicht mehr leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Insoweit können Fälle problematisch sein, bei denen in sehr großer Zahl Tests durchgeführt werden. Im Zweifel sollte jedes Testergebnis von dem leitenden Arzt bestätigt werden.

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15 Umsatzsteuersatz sinkt für pauschalierende Landwirte auf 9,5 Prozent

Bei landwirtschaftlichen Betrieben mit einem Gesamtumsatz bis zu 600 000 € erfolgt in der Regel die Berechnung der Umsatzsteuer nach einem herabgesetzten Steuersatz, was dann aber auch mit einem pauschalierten Vorsteuerabzug in gleicher Höhe verbunden ist. Auf Antrag kann auch zur Regelbesteuerung – 19 % Umsatzsteuer und Abzug der tatsächlichen Vorsteuerbeträge – optiert werden.

Bislang betrug der Umsatzsteuersatz auf diese landwirtschaftlichen Produkte 10,7 % – und in gleicher Höhe wurde die pauschal anzuerkennende Vorsteuer angerechnet. Dieser Pauschalsteuersatz wird nun jährlich anhand aktueller statistischer Daten überprüft und angepasst. Für das Jahr 2022 wird der Pauschalsteuersatz auf 9,5 % festgelegt.

Handlungsempfehlung:

Mithin sind ab dem 1.1.2022 erbrachte Lieferungen nun im Falle der Mehrwertsteuerpauschalierung mit einem Steuersatz von 9,5 % abzurechnen. Insoweit ist die Rechnungsstellung anzupassen.

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16 Umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung im Jahr der Neugründung

Die Kleinunternehmerregelung erlaubt es, auf die Erhebung der Umsatzsteuer zu verzichten. Dann dürfen aber auch keine Rechnungen mit Umsatzsteuer ausgestellt werden und es besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug aus von anderen Unternehmern bezogenen Waren oder sonstigen Leistungen. Bei bestehenden Unternehmen ist Voraussetzung, dass der Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Nach der Entscheidung des BFH vom 21.4.2021 (Az. XI R 12/19) ist im Kalenderjahr, in dem der Unternehmer sein Unternehmen beginnt, die Umsatzgrenze für das vorangegangene Kalenderjahr – also 22 000 € und nicht etwa 50 000 € – maßgeblich für die Prüfung, ob die Kleinunternehmerregelung angewendet werden kann.

Hinweis:

Wird die Tätigkeit nur in einem Teil des Gründungsjahres ausgeübt, muss der in diesem Zeitraum erzielte Umsatz auf einen Jahresumsatz hochgerechnet werden.

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17 Schwimmunterricht durch Schwimmschulen unterliegt der Umsatzsteuer

Auf Vorlage des BFH hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 21.10.2021 (Rechtssache C-373/19 – Aquatics), entschieden, dass der von einer Schwimmschule erteilte Schwimmunterricht kein umsatzsteuerbefreiter „Schul- und Hochschulunterricht” ist. Es handelt sich bei dem Begriff „Schul- und Hochschulunterricht” um einen eng auszulegenden unionsrechtlichen Begriff. Das Gericht stellt insoweit heraus, dass es sich um „ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen” handeln muss; spezialisiert punktuell erteilte Unterrichte fallen nicht darunter.

Hinweis:

Bislang wurde dies vielfach anders gesehen, so dass sich betroffene Stpfl. auf die verschärfende Rechtsprechung einstellen müssen. Im Grundsatz gilt diese Rechtsprechung auch rückwirkend für alle verfahrensrechtlich noch offenen Fälle. Insoweit bleibt abzuwarten, ob die FinVerw eine Übergangsregelung gewährt.

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18 Umsatzsteuer entsteht auch bei vereinbarter Ratenzahlung mit Ausführung der Leistung

Die Umsatzsteuer ist grds. im Zeitpunkt der Erbringung der Leistung von dem Unternehmer an den Fiskus zu entrichten. Dies gilt auch dann, wenn das vereinbarte Entgelt für eine erbrachte umsatzsteuerpflichtige Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt oder vereinbarungsgemäß in (auch mehrjährigen) Raten zu entrichten ist. Letzteres hat der Europäische Gerichtshof nun mit der Entscheidung vom 28.10.2021 (Rechtssache C-324/20) klargestellt. Im Streitfall hatte die Stpfl. im Jahr 2012 einen Grundstückskaufvertrag gegen eine Einmalvergütung von 1 Mio. € zzgl. USt vermittelt, jedoch war der Betrag vereinbarungsgemäß in fünf Jahresraten zzgl. anteiliger USt zu entrichten. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Umsatzsteuerschuld aus dem Gesamtentgelt im Zeitpunkt der Erbringung der Vermittlungsleistung entsteht.

Insoweit wurde vermehrt in der Fachliteratur eine andere Meinung vertreten, die sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs v. 29.11.2018 (Rechtssache C-548/17) stützte. In diesem Fall hatte das Gericht eine Entstehung der Umsatzsteuer erst bei Entrichtung der einzelnen Raten des Leistungsentgelts gesehen. Dieser Fall war aber von der Besonderheit getragen, dass die späteren Entgeltraten nur fällig wurden, wenn zu diesem Zeitpunkt eine Bedingung erfüllt wurde (im Urteilsfall ging es um die Vermittlung eines Profi-Fußballspielers und die Raten der Vermittlungsgebühr waren nur dann fällig, wenn die Tätigkeit des vermittelten Berufsfußballspielers sich auch tatsächlich bei dem Verein fortsetzte). Ist die Leistung erbracht und sind die erst später fällig werdenden Entgeltzahlungen nicht mehr von der Erfüllung einer Bedingung abhängig, ist dagegen ein Besteuerungsaufschub nicht gerechtfertigt. Im Ergebnis bleibt es dabei, dass in diesen Fällen der Unternehmer die an das Finanzamt zu entrichtende Umsatzsteuer vorfinanzieren muss.

Hinweis:

Anders sind allerdings die Fälle zu beurteilen, in denen der Leistungsempfänger ein fällig werdendes Entgelt nicht bezahlt und zweifelhaft ist, ob er es bezahlen will. In diesen Fällen ist eine Entgeltminderung zu prüfen, welche eine entsprechende Minderung der Umsatzsteuer nach sich zieht.

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19 Grundstückskauf: Verzicht auf Umsatzsteuerbefreiung kann widerrufen werden

Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, sind von der Umsatzsteuer befreit. Wird der Verkauf hingegen von einem Unternehmer an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen vorgenommen, so kann auf die Steuerbefreiung verzichtet werden. Dafür bedarf es in dem Grundstückskaufvertrag einer entsprechenden Erklärung (Option zur Umsatzsteuer).

Mit der Option ist auch der Vorsteuerabzug eröffnet, so nicht nur aus Kosten des Erwerbs (Notar usw.), sondern insbesondere aus einer späteren Sanierung des erworbenen Gebäudes, soweit später eine steuerpflichtige Vermietung oder Veräußerung erfolgen soll. So war die Verwendungsabsicht auch in dem Streitfall, über den der BFH zu entscheiden hatte. Jedoch kam es anders. Das Grundstück wurde letztlich wieder verkauft, ohne dass eine Sanierung des Gebäudes erfolgte und auf die Steuerbefreiung beim Weiterverkauf nicht verzichtet wurde. Mit notariellem Änderungsvertrag wurde der Verzicht auf die Steuerbefreiung im Vertrag über den Erwerb des Grundstücks rückgängig gemacht. Eine Berichtigung der Vorsteuern aus dem Grundstückserwerb hat die Stpfl. nicht vorgenommen. Das Finanzamt vertrat nun die Auffassung, die Rückgängigmachung sei unwirksam.

Dem widersprach nun der BFH mit Urteil vom 2.7.2021 (Az. XI R 22/19). Das Gericht entschied, dass der Verzicht auf die Steuerbefreiung widerrufen werden kann, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung noch anfechtbar oder noch änderbar ist. Die gesetzliche Regelung zur Option zur Umsatzsteuer enthält keine Regelung zum Widerruf, so dass der Widerruf nach Auffassung des BFH nicht in dem der Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariellen Vertrag erfolgen muss.

Hinweis:

Die Ausübung der Option zum Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Grundstücksübertragungen bedarf nach der gesetzlichen Regelung einer Erklärung, die nur in dem notariellen Grundstücksübertragungsvertrag erfolgen kann. Eine nachträgliche Ausübung – auch in einem notariell beurkundeten Vertrag – erfüllt diese Voraussetzung nicht. Der BFH verdeutlicht nun, dass der Erwerber des Grundstücks vergleichsweise unkompliziert die Option zum Verzicht auf die Steuerbefreiung wieder rückgängig machen kann.

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20 Freiberufler-Personengesellschaft: Führt
das Halten einer Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft zur Gewerbesteuerpflicht?

Nach wie vor ist nicht abschließend geklärt, ob das Halten einer Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft durch eine selbst nur freiberuflich oder vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft zur Gewerbesteuerpflicht sämtlicher Einkünfte führt.

Das Finanzgericht Hamburg bestätigt mit Urteil vom 25.2.2021 (Az. 3 K 139/20) die Rechtsprechung des BFH, wonach die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft durch eine Freiberufler-Personengesellschaft bei dieser selbst nicht zur Gewerbesteuerpflicht führt. Im Urteilsfall handelte es sich um eine freiberuflich tätige Personengesellschaft, die eine geringfügige Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft hielt. Die Einkünfte aus der Beteiligung machten nicht einmal 0,2 % des Gesamtumsatzes der Stpfl. aus und lagen unterhalb des gewerbesteuerlichen Freibetrags.

Hinweis:

Gegen diese Entscheidung ist die Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt worden. Zu beachten ist, dass die Entscheidung des BFH vom 6.6.2019 (Az. IV R 30/16), auf die sich das Finanzgericht stützt, von der FinVerw im Hinblick auf die gewerbesteuerlichen Aussagen der Entscheidung nicht über den entschiedenen Fall hinaus angewandt wird.

Anders wäre im Übrigen der Fall einer gemischt tätigen Gesellschaft zu bewerten, wenn neben einer freiberuflichen oder vermögensverwaltenden Tätigkeit auch eine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. In diesem Fall liegen nach der Abfärbetheorie insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor, die auch der Gewerbesteuer unterliegen.

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21 Steuerliche Erfassung von Stillhalterprämien und Aufwendungen für Glattstellungsgeschäfte

Vor Geltung der Abgeltungsteuer waren Stillhalterprämien bei den sonstigen Einkünften zu erfassen. Aufwendungen für Glattstellungsgeschäfte waren nach der Rspr. bei dieser Rechtslage auf Grund ihrer wirtschaftlichen Verursachung zu saldieren. Fielen solche Aufwendungen für Glattstellungsgeschäfte in späteren Perioden an, war der ursprüngliche Gewinn aus dem Stillhaltergeschäft auf Grund eines rückwirkenden Ereignisses zu mindern.

Diese Rechtslage hat sich 2009 geändert. Seitdem sind Stillhaltergeschäfte bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen. Insoweit ist bislang nicht abschließend geklärt, wie zu verfahren ist, wenn Erträge (Stillhalterprämie) und Aufwendungen (Glattstellung) in unterschiedlichen Jahren anfallen. Die früher angewandte saldierende Betrachtung widerspricht dem an sich bei den Kapitaleinkünften anzuwendenden Zufluss- und Abflussprinzip.

Das Finanzgericht München hat nun mit Urteil vom 28.9.2021 (Az. 6 K 1458/19) einen solchen Fall dahingehend entschieden, dass das Zu- und Abflussprinzip anzuwenden ist. Die Beantwortung der Streitfrage kann erhebliche materielle Konsequenzen haben. Die Berücksichtigung von Stillhalterprämien und Aufwendungen für Glattstellungsgeschäfte in den jeweiligen Jahren ihres Zu- bzw. Abflusses kann insbesondere dazu führen, dass – wie im Streitfall – Gewinne zu versteuern sind und die zugehörigen Aufwendungen, die negative Kapitalerträge darstellen, auf Grund des Verlustverrechnungsverbots erst in späteren Jahren mit Gewinnen aus Kapitaleinkünften verrechnet werden können.

Hinweis:

Gegen diese Entscheidung ist nun unter dem Az. VIII R 27/21 die Revision vor dem BFH anhängig, so dass die Rechtsfrage noch nicht endgültig entschieden ist.

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22 Regelmäßige Überprüfung der Miete bei verbilligter Vermietung zur Sicherstellung des Werbungskostenabzugs erforderlich

Wird eine Wohnung verbilligt vermietet, was insbesondere bei der Vermietung an nahe Angehörige vorkommt, so ist zu beachten, dass gesetzlich ggf. der Werbungskostenabzug (also Erhaltungsaufwendungen, Abschreibung, Finanzierungsaufwendungen usw.) eingeschränkt ist. Insoweit ist nach der gesetzlichen Änderung zum 1.1.2021 wie folgt zu unterscheiden:

Miethöhe mindestens 66 % der Marktmiete

Handelt es sich um eine auf Dauer angelegte Wohnungsvermietung, ist in diesem Fall sowohl die Einkunftserzielungsabsicht zu unterstellen als auch der ungekürzte Werbungskostenabzug zu gewähren. Gerade bei Vermietungen an Angehörige eröffnet dies gesicherte Möglichkeiten, auch umfangreiche Werbungskosten geltend zu machen, wie bspw. bei einer hohen Fremdfinanzierung oder umfassenden Renovierungen.

Miethöhe weniger als 50 % der Marktmiete

Bei einer dauerhaften Nutzungsüberlassung ist zwar einerseits die Einkunftserzielungsabsicht generell zu unterstellen, andererseits aber der Werbungskostenabzug anteilig zu kürzen. Das heißt, die (tatsächlichen) Mieteinnahmen sind in voller Höhe anzusetzen, die Werbungskosten aber nur in Höhe des Teils steuerlich abziehbar, der dem Verhältnis zwischen tatsächlich vereinbarter Miete und ortsüblicher Miete entspricht.

Miethöhe mindestens 50 %, aber weniger als 66 % der Marktmiete

In dieser Konstellation ist zwar (anders als bis 2020) der Werbungskostenabzug nicht grundsätzlich zu kürzen, wohl aber die Einkunftserzielungsabsicht zu prüfen. Bei positiver Überschussprognose sind sämtliche Werbungskosten abziehbar. Bei negativer Prognose ist eine Aufteilung vorzunehmen: Die auf den unentgeltlichen Teil der Nutzungsüberlassung entfallenden Werbungskosten sind nicht abziehbar; für den entgeltlichen Teil ist hingegen die Einkunftserzielungsabsicht zu unterstellen. Im Ergebnis ergibt sich bei negativer Einkünfteerzielungsprognose dann eine anteilige Kürzung des Werbungskostenabzugs.

Zur Frage der Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete gelten nach der Entscheidung des BFH vom 22.2.2021 (Az. IX R 7/20) folgende Grundsätze:

  • Die ortsübliche Marktmiete ist grundsätzlich auf der Basis des Mietspiegels zu bestimmen.
  • Kann ein Mietspiegel nicht zu Grunde gelegt werden oder ist er nicht vorhanden, kann die ortsübliche Marktmiete z.B. mit Hilfe eines mit Gründen versehenen Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, durch die Auskunft aus einer Mietdatenbank oder unter Zugrundelegung der Entgelte, für zumindest drei vergleichbare Wohnungen ermittelt werden; jeder dieser Ermittlungswege ist grundsätzlich gleichrangig.

Der Vergleich der vereinbarten Miete mit der ortsüblichen Miete ist nun nicht nur bei Abschluss des Mietverhältnisses vorzunehmen, sondern auch bei einem laufenden Mietverhältnis. Nimmt der Vermieter nun bei einem laufenden Mietverhältnis keine Mieterhöhungen vor und steigt andererseits die ortsübliche Miete – wie aktuell insbesondere in größeren Städten –, so kann dies dazu führen, dass eine Einschränkung des Werbungskostenabzugs eingreift.

Handlungsempfehlung:

Die vereinbarte Miete sollte regelmäßig mit der ortsüblichen Miete abgeglichen werden. Insbesondere dann, wenn ein neuer Mietspiegel veröffentlicht wird, muss eine solche Prüfung erfolgen. Diese Prüfung sollte dokumentiert werden.

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23 Schadenersatzzahlungen eines Bergbauunternehmens für bergbaubedingte reparable Schäden an einer vermieteten Immobilie

Im Urteilsfall erhielt der Stpfl. Entschädigungsleistungen für den Ersatz bergbaubedingter (reparabler) Schäden an einem Vermietungsobjekt. Strittig war nun, ob diese Entschädigungsleistungen des Bergbauunternehmens steuerlich bei den Vermietungseinkünften zu erfassen sind.

Der BFH hat nun mit Urteil vom 9.7.2021 (Az. IX R 11/20) im Streitfall die Entschädigungszahlungen der steuerlich nicht relevanten Vermögenssphäre zugeordnet. Die Ersatzleistung führt nicht zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, soweit sie nicht nachweislich dazu dient, bei diesen Einkünften geltend gemachte Werbungskosten zu ersetzen.

Im Streitfall nahmen die Stpfl. Erhaltungsaufwendungen an zwei Vermietungsobjekten vor und machten hieraus Werbungskosten geltend. Nach den vorgelegten Bescheinigungen der die maßgeblichen Reparaturarbeiten ausführenden Firmen (Fassadendämmung, Malerarbeiten, Dach- und Leitungsarbeiten) sowie einem Sachverständigengutachten hatten die Reparaturarbeiten keinen Bezug zu den an den Immobilien festgestellten Bergbauschäden. Insoweit konnte ein Zusammenhang zwischen den Entschädigungszahlungen und geltend gemachten Werbungskosten nicht festgestellt werden. Letztlich lag den Schadenersatzleistungen eine (Schlichtungs-)Vereinbarung zu Grunde, aus der nicht entnehmbar war, für welche Schäden genau die Zahlungen erfolgten. Der BFH stellt für diesen Fall fest, dass wenn sich nicht aufklären lässt, für welchen Aufwand das Bergbauunternehmen Ersatz geleistet hat, dies zu Lasten des Finanzamts gehe, das die Feststellungslast für steuererhöhende Tatsachen – hier für das Vorliegen von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung – trägt.

Handlungsempfehlung:

Im Einzelfall ist also sorgfältig zu prüfen und auch zu dokumentieren, welche Schäden mit den Schadenersatzleistungen ausgeglichen werden sollen. Liegt Ersatz für steuerlich geltend gemachte Werbungskosten vor, so sind die Schadenersatzleistungen steuerlich als Minderung der Werbungskosten zu erfassen. Ansonsten sind die Schadenersatzleistungen – wie die Immobilie selbst – der steuerlich nicht relevanten Vermögensebene zuzurechnen.

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24 Jahresabschlusspublizitätspflichten für vom Juli-Hochwasser 2021 Betroffene

Das Bundesamt für Justiz hat auf seiner Internetseite u.a. Hinweise für solche Unternehmen veröffentlicht, die vom Juli-Hochwasser 2021 betroffen sind. Besonders praxisrelevant ist dabei die Feststellung, dass die durch die Finanzbehörden gewährten Fristverlängerungen zur Abgabe von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen nicht zu einer Aussetzung bzw. Verlängerung bei der Offenlegungspflicht des § 325 HGB führen. Es gilt also,

  • dass die gesetzlichen Pflichten zur Offenlegung der Jahresabschlussunterlagen grundsätzlich auch für die Unternehmen gelten, die vom Hochwasser betroffen sind,
  • dass insoweit auch eine Verlängerung der Fristen für die Offenlegung nicht möglich ist, dass aber eine Mitteilung von Unternehmen, die vom Hochwasser betroffen sind, „im Verfahren berücksichtigt” werden solle. Es sei zu erläutern, in welchem Umfang das Unternehmen vom Hochwasser betroffen (und deshalb an der Offenlegung gehindert) ist.
  • Für offene Vollstreckungsforderungen könne beim Bundesamt für Justiz i.Ü. schriftlich die zeitlich befristete Stundung der Forderungen beantragt werden; auch insoweit seien konkrete Erläuterungen erforderlich.

Hinweis (BfJ zu Hochwasserschäden):

Verstöße gegen die Offenlegungspflichten werden im Grundsatz nach § 335 Abs. 1 und § 1a HGB mit einem Ordnungsgeld sanktioniert. Nach § 335 Abs. 5 Satz 1 HGB ist allerdings im Falle einer unverschuldeten Behinderung auf Antrag beim Bundesamt für Justiz (BfJ) eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Ergänzender Hinweis
(BfJ zur COVID-19-Pandemie):

Auf seiner Homepage hat das Bundesamt für Justiz zudem Ende Dezember 2021 bekannt gegeben, dass es – bedingt durch die andauernde Pandemie – „gegen Unternehmen, deren gesetzliche Frist zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr mit dem Bilanzstichtag 31.12.2020 am 31.12.2021 endet, vor dem 7.3.2022 kein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB einleiten” wird.

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25 Steuerfreie Beteiligungserträge: Typenvergleich zur Qualifizierung von Ausschüttungen einer ausländischen Gesellschaft

§ 8b KStG bestimmt, dass (insbesondere) Gewinnausschüttungen aus Beteiligungen an in- und ausländischen Körperschaften im Regelfall unabhängig von der Haltedauer und der Tätigkeit der Beteiligungsgesellschaft bei der Einkommensermittlung unbeschränkt und beschränkt Körperschaftsteuerpflichtiger außer Ansatz bleiben.

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des BFH vom 8.5.2021 (Az. I R 12/18) zu sehen, mit der der BFH zur Besteuerung von Zahlungen einer US-amerikanischen Schwestergesellschaft aus Vorzugsaktien eines sog. „Financial Asset Securitization Investment Trust (FASIT)” entschieden hat, dass sich die Frage, ob Ausschüttungen einer ausländischen Gesellschaft gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG außer Ansatz bleiben, nach dem sog. Typenvergleich richtet. Sowohl das ausländische Rechtsgebilde als auch die konkrete Beteiligungsform des Stpfl. müssten vom Typ her den Gesellschafts- und Beteiligungsformen gleichen, die z.B. in den inländischen Regelungen angeführt werden. Entscheidend sei eine rechtliche und wirtschaftliche Gesamtwürdigung der maßgebenden ausländischen Bestimmungen über die Organisation und Struktur der Gesellschaft sowie deren konkrete Ausformung in ihrer Satzung.

Für den – sehr verkürzt dargestellten – konkreten Streitfall der Beteiligung einer deutschen GmbH an einer US-amerikanischen Schwestergesellschaft (über Vorzugsaktien), bei der ein Sondervermögen in Form des FASIT gebildet worden war, hat der BFH nach diesen Grundsätzen abgeleitet, dass Zahlungen aus diesem Konstrukt in den USA zwar als Zinserträge zu behandeln sind, dass eine US-Inc. aber der Rechtsform einer inländischen AG und die Vorzugsaktien inländischen Aktien vergleichbar seien. Daher sei davon auszugehen, dass steuerfreie Beteiligungserträge vorliegen.

Hinweis:

Beim sog. FASIT handelt es sich zwar um eine inzwischen abgeschaffte Struktur, allerdings sind typähnliche Konstrukte (z.B. REMIC) weiterhin anzutreffen – und die Urteilsgrundsätze daher auch in einschlägigen aktuellen Fällen zu beachten. Zugleich ist bei aktuellen Gestaltungen aber auch das Korrespondenzprinzip des § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG in die Betrachtung mit einzubeziehen, das die Steuerfreiheit erhaltener Dividenden daran knüpft, dass die entsprechenden Zahlungen das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben. Die Steuerbefreiung auf Ebene der empfangenden Gesellschaft hängt insoweit von einer entsprechenden steuerlichen Vorbelastung auf Ebene der ausschüttenden Körperschaft ab. Damit sollen sog. „weiße Einkünfte”, also solche, die weder bei der Beteiligungsgesellschaft noch bei der Mutter-Gesellschaft versteuert werden, verhindert werden.

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26 VGA: Ermittlung fremdüblicher Zinsen auf Konzerndarlehen

Mit seinem Urteil vom 18.5.2021 (Az. I R 4/17) hat der BFH zur Bestimmung fremdüblicher Darlehenszinssätze bei Konzerndarlehen festgestellt, dass bei deren Ermittlung vor Anwendung der sog. Kostenaufschlagsmethode zu prüfen ist, ob die Vergleichswerte mithilfe der sog. Preisvergleichsmethode ermittelt werden können. Das soll auch für unbesichert gewährte Konzerndarlehen und unabhängig davon gelten, ob die Darlehen von der Muttergesellschaft oder von einer als Finanzierungsgesellschaft fungierenden anderen Konzerngesellschaft gewährt worden sind.

Dabei soll für die Beurteilung der Bonität nicht die durchschnittliche Kreditwürdigkeit des Gesamtkonzerns, sondern die Bonität der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft maßgebend sein („Stand alone”-Rating). Ein nicht durch rechtlich bindende Einstandsverpflichtungen anderer Konzernunternehmen verfestigter Konzernrückhalt sei nur zu berücksichtigen, falls ein konzernfremder Darlehensgeber der Konzerngesellschaft dadurch eine Kreditwürdigkeit zuordnen würde, die die „Stand alone”-Bonität der Gesellschaft übersteigt.

Im konkreten Streitfall ging es um Darlehen einer ausländischen Finanzierungsgesellschaft an die im Inland belegene GmbH. Die vereinbarten Zinssätze betrugen zwischen 4,375 % und 6,45 %. Besichert waren die Darlehen nicht. Die GmbH nahm daneben auch bei Banken Darlehen auf, welche – bei Besicherung durch die ausländische Muttergesellschaft – mit 5,75 % verzinst wurden. Die FinVerw sah – unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode – die Zinsen an die ausländische Konzerngesellschaft als überhöht an und ging insoweit von vGA aus.

Demgegenüber hat der BFH entschieden, dass es sich bei der Preisvergleichsmethode um die Grundmethode zur Bestimmung angemessener Verrechnungspreise handelt, weil sie unmittelbar zur Feststellung des Vergleichspreises führt. Der steuerrechtlich maßgebliche Fremdvergleich müsse nach Möglichkeit aus konkret festgestellten Vergleichswerten abgeleitet werden. So könne bspw. für den Streitfall aus dem Zinssatz für die Bankdarlehen der GmbH ein Fremdvergleichspreis abgeleitet werden, wenn der Einfluss der Sicherheitengestellung durch die Muttergesellschaft herausgerechnet werde.

Hinweis:

Gegen die bisherige Auffassung der FinVerw ist also der fremdübliche Darlehenszins bei Konzerndarlehen nach der Preisvergleichsmethode zu ermitteln. Der BFH hat mit seinem Urteil i.Ü. auch seine bisherige Rechtsprechung dahingehend bestätigt, dass bei der Ermittlung des „fremdüblichen” Preises häufig für die betreffende Leistung nicht von „dem einen” Fremdvergleichspreis, sondern von einer Bandbreite von Preisen auszugehen sein wird. In einem solchen Fall sei bei der Berechnung einer etwaigen vGA von dem für den Stpfl. günstigsten Vergleichspreis auszugehen.

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27 VGA: Überhöhte Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens

Mit seinem Urteil vom 18.5.2021 (Az. I R 62/17) hat der BFH klargestellt, dass bei der Ermittlung des fremdüblichen Darlehenszinses für ein unbesichertes Gesellschafterdarlehen die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) einem Risikozuschlag bei der Festlegung der Zinshöhe zum Ausgleich der fehlenden Darlehensbesicherung nicht entgegensteht. Zugleich hat er ausgeführt, dass es allgemeinen Erfahrungssätzen widerspricht, dass ein fremder Dritter für ein nachrangiges und unbesichertes Darlehen denselben Zins vereinbaren würde wie für ein besichertes und vorrangiges Darlehen.

Im konkreten Streitfall hatte eine inländische GmbH geklagt, die im Streitjahr 2 012 sämtliche Anteile an einer GmbH erworben und diese GmbH dann in der Folge auf sich verschmolzen hatte. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm die Stpfl. im Streitjahr bei ihrer Alleingesellschafterin, der D GmbH, ein Darlehen auf, das mit 8 % p.a. verzinst wurde (Gesellschafterdarlehen). Die Zinsen waren nicht laufend, sondern erst mit Ablauf des Darlehensvertrags am 31.12.2021 zu entrichten, Sicherheiten waren keine vereinbart. Die D GmbH nahm ihrerseits Fremdmittel in gleicher Höhe und unter identischen Konditionen von ihren Gesellschaftern auf, u.a. von ihrer niederländischen Gesellschafterin. Daneben erhielt die Stpfl. ein Bankdarlehen, das mit durchschnittlich 4,78 % p.a. verzinst wurde und vollumfänglich besichert war. Weiterhin erhielt die Stpfl. vom Verkäufer T ein Verkäuferdarlehen, das mit 10 % p.a. verzinst wurde und nicht besichert war. Das Gesellschafterdarlehen war gegenüber allen sonstigen Verbindlichkeiten der Stpfl. nachrangig.

Das FA vertrat hinsichtlich des Gesellschafterdarlehens die Auffassung, dass fremde Dritte einen Zinssatz von 5 % vereinbart hätten; daher liege in Höhe der Differenz zum tatsächlich vereinbarten Zinssatz von 8 % eine verdeckte Gewinnausschüttung vor; diese Auffassung bestätigte das FG.

Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, da die Annahme des FG, wonach der mit dem Bankenkonsortium vereinbarte durchschnittliche Zinssatz von 4,78 % den Maßstab auch für das streitige Gesellschafterdarlehen bilde, abzulehnen sei – denn die Kredite des Bankenkonsortiums seien besichert und vorrangig zu bedienen gewesen. Die Schlussfolgerung, ein fremder Dritter würde das streitige Darlehen (Gesellschafterdarlehen, Zinssatz 8 %) zu einem Zinssatz von lediglich 5 % gewährt haben, sei rechtsfehlerhaft zustande gekommen. Die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit des Gesellschafterdarlehens sei insoweit unbeachtlich. Entschlösse sich ein fremder Dritter „freiwillig”, den Vorrang einer Forderung eines anderen Drittgläubigers zu akzeptieren, würde er mutmaßlich vom Darlehensnehmer eine finanzielle Kompensation für die Hinnahme dieses Nachteils verlangen.

Hinweis:

Für den zweiten Rechtsgang hat der BFH vorsorglich noch weitere allgemeine Gesichtspunkte herausgestellt:

  1. Zunächst sei zu prüfen, ob der streitige Darlehensvertrag dem Grunde nach überhaupt steuerrechtlich anzuerkennen ist. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass nicht jede Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Fremdüblichen (z.B. Verzinsung, Sicherheitengestellung) die steuerrechtliche Anerkennung ausschließt.
  2. Erst bei einer Anerkennung des Darlehensvertrags dem Grunde nach komme der Ansatz einer vGA in Betracht, dies aber auch nur dann, wenn das Maß des Fremdüblichen überschritten werde.
  3. Schließlich sei zu prüfen, ob es einen Markt für nachrangige Kredite gebe. Ein solcher würde den zutreffenden Maßstab für einen etwaigen externen Preisvergleich hergeben.

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28 VGA – gemeinnützige Stiftung als nahestehende Person

Mit seinem Urteil vom 13.7.2021 (Az. I R 16/18) hat der BFH entschieden,

  • dass auch eine gemeinnützige Stiftung im Verhältnis zu einem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft eine nahestehende Person sein kann; Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an die Stiftung können als vGA i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG einzustufen sein.
  • Ein Vorgang sei bereits dann geeignet, einen sonstigen Bezug bei einem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen, wenn eine dem Anteilseigner nahestehende Person aus einer Vermögensverlagerung einen Nutzen zieht. Bei einer gemeinnützigen Stiftung liege ein solcher Nutzen u.a. vor, wenn sie durch eine zuvor erfolgte Vermögensverlagerung in die Lage versetzt wird, ihrem Satzungszweck nachzugehen.

Im Streitfall ging es um Sachspenden einer GmbH an die A-Stiftung. Die GmbH begehrte insoweit den Spendenabzug, hingegen sah das FA in den Sachspenden vGA.

Gesellschafter der GmbH waren die Eheleute B und C, zudem hielt B als Treuhänder einen weiteren Geschäftsanteil für einen Dritten als Treugeber. B und C gründeten im Jahr 2009 als einzige Stifter die gemeinnützige A-Stiftung. Deren Zweck ist die Förderung von Kunst und Kultur, was u.a. dadurch verwirklicht werden sollte, dass die von den Eheleuten B und C in die Stiftung eingebrachte Sammlung von Kunstwerken gepflegt und als Dauerleihgabe der Galerie in X oder dem Kunstmuseum in Z zur Verfügung gestellt wird. Gemäß der Satzung verfolgt die Stiftung mit diesen Kunstwerken ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke i.S.d. Abgabenordnung. Vorsitzender des Stiftungsvorstandes war D. Weitere Vorstandsmitglieder der A-Stiftung waren die Eheleute B und C und Museumsvertreter.

Seit 2009 spendeten die Eheleute B und C wertvolle Kunstwerke an die A-Stiftung und machten diese Spenden im Rahmen ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung nach § 10b EStG als Sonderausgaben geltend. Durch diese Sachspenden wurden die Höchstbeträge nach § 10b Abs. 1 und 1a EStG im Laufe der Zeit ausgeschöpft, sodass es zu entsprechenden Spendenvorträgen kam.

Ebenfalls seit 2009 erwarb nun auch die GmbH Kunstwerke, welche sie an die A-Stiftung spendete und entsprechende Sachspenden als abziehbare Spendenaufwendungen geltend machte.

Der BFH hat insoweit das Vorliegen von vGA an die Eheleute B und C bestätigt. Eine vGA könne auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird.

Ein solches zu einer vGA führendes Näheverhältnis könne auch zu einer gemeinnützigen Stiftung als Zuwendungsempfängerin bestehen. Denn ein „Näheverhältnis” hänge nicht von einer Beteiligung oder Mitgliedschaft des Anteilseigners an der Stiftung oder dessen Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Stiftung ab. Entscheidend für eine vGA der zuwendenden Kapitalgesellschaft sei vielmehr, ob die Kapitalgesellschaft einem Dritten bzw. einer gemeinnützigen Körperschaft einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte. Insoweit unterscheiden sich Stiftungen nicht von anderen gemeinnützigen Körperschaften. Eine vGA sei bei Zuwendungen an Stiftungen auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil das Stiftungsvermögen durch die Stiftungssatzung oder das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht gebunden ist oder sie staatlich beaufsichtigt werden.

Hinweis:

Ob das Handeln einer GmbH durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist, muss anhand aller Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilt werden. Vorliegend war wichtiger Anhaltspunkt für ein Näheverhältnis der Eheleute zur A-Stiftung, dass diese die A-Stiftung im Jahr 2009 als einzige Stifter gegründet – und in der Folge fast ausschließlich auch nur an diese gespendet – hatten. Für die Praxis ist insoweit eine sorgfältige Dokumentation anzuraten und bei der Beurteilung entsprechender Sachverhalte zu beachten, dass der „ordentliche und gewissenhafte Geschäftsführer” als neutrale Person (und damit als Maßstab) zu sehen ist.

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29 Zufluss von Tantiemen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern

Mit seinem nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 12.7.2021 (Az. VI R 3/19) hat der BFH in Bestätigung seiner ständigen Rechtsprechung festgestellt,

  • dass dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Einnahmen aus Tantiemeforderungen gegen seine GmbH, die diese ihrem beherrschenden Gesellschafter schuldet und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der GmbH ausgewirkt haben, bereits bei Fälligkeit zufließen,
  • dass der Tantiemeanspruch fällig wird mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben.
  • Fehlen im Anstellungsvertrag Regelungen zur Fälligkeit des Tantiemeanspruchs oder ist dort nur eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts enthalten, kann der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer gleichwohl wirtschaftlich bereits im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses über seinen Tantiemeanspruch verfügen, der damit zu diesem Zeitpunkt zugeflossen ist.

Im konkreten Streitfall hatte die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin einer Steuerberatungs-GmbH geklagt. Nach ihrem Geschäftsführer-Dienstvertrag hatte sie Anspruch auf jährliche Tantiemen. Eine Anlage zu der Tantiemevereinbarung von 2010 enthielt folgende Regelung: „Der Anspruch auf Auszahlung der Tantieme wird aufgrund dieser Vereinbarung nicht mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig zur Auszahlung, sondern nach gesonderter Aufforderung durch den Geschäftsführer unter Berücksichtigung der Zahlungsmöglichkeit.”

Für die Streitjahre 2013 und 2014 wurden lediglich Teile der Tantiemen ausgezahlt, wobei das FA i.R.d. Einkommensteuerfestsetzungen, aber neben den ausgezahlten Tantiemen auch die nicht ausgezahlten Teilbeträge der Tantiemeansprüche als Arbeitslohn berücksichtigte. Das FG wies die hiergegen erhobene Klage ab, da dem beherrschenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen seine Gesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zufließe.

Dieses Ergebnis hat der BFH unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung bestätigt. Tantiemen gehörten zum Arbeitslohn i.S.d. § 19 EStG und seien bei Zufluss steuerlich zu erfassen. Der Zufluss trete mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein (Verweis auf BFH v. 28.4.2020, VI R 44/17, BStBl II 2021, 392). In der Regel würden Geldbeträge dadurch zufließen, dass sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Abweichend davon fließe alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschaftern eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen „seine” Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu, da es ein beherrschender Gesellschafter regelmäßig in der Hand habe, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist. Wenn nun im Anstellungsvertrag Regelungen zur Fälligkeit des Tantiemeanspruchs fehlten oder dort nur eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts enthalten sei, habe es der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer zahlungsfähigen Gesellschaft in der Hand, den Fälligkeitszeitpunkt des Auszahlungsanspruchs zu bestimmen. Somit sei (wegen der Verfügungsmacht) bereits im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses der Tantiemeanspruch auch als zu diesem Zeitpunkt zugeflossen anzusehen.

Im Streitfall konnte die Gesellschafter-Geschäftsführerin auch nach der getroffenen Tantiemevereinbarung die Fälligkeit der Tantieme im Anschluss an die Feststellung des Jahresabschlusses durch eine bloße Aufforderung gegenüber der GmbH herbeiführen. Es lag daher allein in der Hand der Gesellschafter-Geschäftsführerin, den Fälligkeitszeitpunkt des Tantiemeanspruchs zu bestimmen. Anhaltspunkte, dass die GmbH nicht in der Lage war, die Ansprüche in voller Höhe – also über die abgerufenen Beträge hinaus – zu erfüllen, lagen zudem nicht vor.

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30 Zeitlicher Ablauf der Grundsteuerreform 2025

Zum 1.1.2025 treten die neuen Grundsteuerregelungen in Kraft. Damit verliert der Einheitswert als Berechnungsgrundlage seine Gültigkeit. Vielmehr sind auf der Grundlage des reformierten Grundsteuer- und Bewertungsrechts für alle rund 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes neue Bemessungsgrundlagen für Zwecke der Grundsteuer ab dem Kalenderjahr 2025 zu ermitteln.

Das bisherige Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer bleibt im Grundsatz erhalten. Und zwar wird sich auch ab 2025 die Grundsteuer wie folgt ermitteln:

Berechnungsformel

Erläuterung zu den einzelnen Komponenten

Grundsteuerwert

ermittelt das Finanzamt anhand einer Feststellungserklärung

X

Steuermesszahl

gesetzlich festgelegt

X

Hebesatz

wird von der jeweiligen Gemeinde festgelegt; die Höhe der ab 2025 anzuwendenden Hebesätze stehen noch nicht fest

=

Grundsteuer

Dabei ist zu unterscheiden zwischen drei Ausprägungen der Grundsteuer:

Grundsteuer A

Grundstücke für land- und forstwirtschaftliche Nutzung

Grundsteuer B

sonstige bebaute und bebaubare Grundstücke (Regelfall)

Grundsteuer C

unbebaute, aber baureife Grundstücke – Erhebung nur dann, wenn die jeweilige Kommune hiervon Gebrauch macht

Kern ist zunächst die Ermittlung der Grundsteuerwerte auf den 1.1.2022 für alle Grundstücke. Diese nach Maßgabe der Wertverhältnisse zum 1.1.2022 festgestellten Werte werden dann ab dem Kalenderjahr 2025 für die Bemessung der Grundsteuer maßgebend sein. Der zeitliche Ablauf der Ermittlung der Grundsteuerwerte auf den 1.1.2022 wird voraussichtlich wie folgt sein:

Zeitraum

Ablaufschritt

Handelnder

voraussichtlich März 2022

Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung durch den Grundstückseigentümer

Bundesländer bzw. Finanzverwaltung

voraussichtlich 1.7.2022 bis 31.10.2022

Abgabe der Feststellungserklärung durch den Grundstückseigentümer an das Finanzamt

Grundstückseigentümer

Mitte 2022 bis Mitte 2024

Erlass des Grundsteuerwertbescheids durch das Finanzamt und Bekanntgabe an den Grundstückseigentümer und Weiterleitung des Wertes an die Gemeinde

Finanzamt

voraussichtlich 2024

Festlegung des Hebesatzes der jeweiligen Gemeinde

Stadtrat o.ä.

voraussichtlich 2024 bzw. Anfang 2025

Erlass des Grundsteuerbescheides durch die Gemeinde an den Grundstückseigentümer, der die Höhe der Grundsteuer ab 2025 bestimmt

Gemeinde

Handlungsempfehlung:

Von besonderer Bedeutung ist die Verpflichtung für alle Grundstückseigentümer, eine Feststellungserklärung betreffend der maßgeblichen Werte für die Ermittlung der Grundstückswerte abzugeben. Nach derzeitigen Vorgaben wird die Abgabe dieser Erklärung im Zeitraum 1.7.2022 bis 31.10.2022 erfolgen müssen. Im Folgenden stellen wir dar, welche gesetzlichen Grundlagen in den einzelnen Bundesländern gelten und welche Daten jeweils für die Abgabe der Feststellungserklärung benötigt werden.

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31 Grundsteuererklärung durch den Grundstückseigentümer

Kern des weiteren Ablaufs ist die Feststellung der Grundsteuerwerte. Basis hierfür sind die Feststellungserklärungen, die jeder Grundstückseigentümer für das einzelne Grundstück abgeben muss. Für Wohngrundstücke sind hierzu im Wesentlichen folgende Angaben erforderlich: Lage des Grundstücks, Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Gebäudeart, Wohnfläche und Baujahr des Gebäudes. Entscheidend für alle Angaben ist dabei der Stand zum Stichtag 1.1.2022.

Bewertet wird das einzelne Grundstück. Als Grundstück gelten auch

  • das Erbbaurecht zusammen mit dem Erbbaurechtsgrundstück,
  • ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden zusammen mit dem dazugehörenden Grund und Boden,
  • jedes Wohnungseigentum und Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz sowie
  • jedes Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht zusammen mit dem anteiligen belasteten Grund und Boden.

Hinweis:

Auf Grund der Grundsteuerreform ist jeder Eigentümer eines bebauten oder unbebauten Grundstücks verpflichtet, eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes (kurz: Feststellungserklärung) elektronisch beim zuständigen Finanzamt einzureichen. Eigentümer einer Eigentumswohnung müssen ebenfalls eine Feststellungserklärung einreichen. In Erbbaurechtsfällen ist der Erbbauberechtigte zur Abgabe einer Feststellungserklärung verpflichtet. Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden (z.B. Garagen) ist der Eigentümer des Grund und Bodens zur Abgabe der Feststellungserklärung verpflichtet.

Besonders hinzuweisen ist darauf, dass das Erbbaurecht und das Erbbaurechtsgrundstück für Zwecke des Grundsteuerwerts nur eine wirtschaftliche Einheit bilden. Die Wertermittlung erfolgt in der Form, als ob die Belastung mit dem Erbbaurecht nicht bestünde, und die Zurechnung betrifft nur den Erbbauberechtigten. Damit trifft auch nur den Erbbauberechtigten und nicht etwa den Eigentümer des Erbbaurechtsgrundstücks die Grundsteuerlast.

Die Abgabe der Erklärung wird allerdings voraussichtlich erst ab dem 1.7.2022 erfolgen können. Hierüber wird die FinVerw noch informieren. Die Abgabefrist soll nach aktuellem Stand bereits am 31.10.2022 enden. Vorgesehen ist, dass diese Erklärungen über die Steuer-Onlineplattform ELSTER der FinVerw abgegeben werden können. Ebenso werden Softwareanbieter spezielle Software anbieten, um die Erklärung mit möglichst wenig Aufwand erstellen und abgeben zu können. Zwingend muss eine elektronische Abgabe der Erklärung erfolgen.

Anhand der Angaben in der Grundsteuererklärung berechnet das Finanzamt den Grundsteuerwert und stellt einen Grundsteuerwertbescheid aus. Außerdem berechnet das Finanzamt anhand einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl den Grundsteuermessbetrag und stellt einen Grundsteuermessbescheid aus. Die Grundsteuermessbescheide sind die Grundlage für die Festsetzung der Grundsteuer durch die Stadt oder Gemeinde. Den Städten und Gemeinden stellt das Finanzamt die Daten elektronisch zur Verfügung, die für die Berechnung der Grundsteuer erforderlich sind. Anhand dieser Daten ermittelt dann abschließend die Stadt bzw. Gemeinde die zu zahlende Grundsteuer und teilt diese dem Grundstückseigentümer in einem Grundsteuerbescheid mit.

Hinweis:

Zwar wird die Abgabe der Grundsteuererklärungen voraussichtlich erst ab 1.7.2022 möglich und auch erforderlich sein, dennoch ist es ratsam, mit der Vorbereitung der Erklärung frühzeitig zu beginnen. Dies insbesondere deshalb, weil zum einen das Zusammentragen der verschiedenen erforderlichen Daten recht aufwendig werden wird und zum anderen voraussichtlich nur ein recht kurz bemessener Zeitraum bis zur spätestmöglichen Abgabe verbleiben wird.

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32 Ermittlung der Grundsteuerwerte

a) Überblick über die Ermittlungsmethoden

Die Ermittlung der Grundsteuerwerte erfolgt nun allerdings nicht bundeseinheitlich. Zwar hat der Gesetzgeber insoweit ein sog. Bundesmodell vorgegeben, jedoch können die Bundesländer hiervon abweichende Bewertungsregeln festlegen, wovon auch Gebrauch gemacht worden ist. Insoweit sind auch die mit der Grundsteuererklärung anzugebenden Daten unterschiedlich.

Hinsichtlich der Grundsteuer B gelten folgende Berechnungsvorgaben:

Bundesland

Berechnungsmodell

Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen

Bundesmodell

Saarland, Sachsen

grundsätzlich Bundesmodell, jedoch abweichende Höhe der Steuermesszahlen

Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen

jeweils eigene Grundsteuermodelle

Für das Bundesmodell wurden mit Schreiben der FinVerw vom 1.12.2021 die Vordrucke und Ausfüllanleitungen für die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 bekannt gegeben, so dass im Grundsatz das Zusammentragen der erforderlichen Daten vorbereitet werden kann.

b) Bundesmodell

Das Bundesmodell hält an der bisher gewählten wertabhängigen Bewertung des Grundvermögens fest. Um eine wiederkehrende Bewertung der Grundsteuerobjekte zu gewährleisten, wird aber vermehrt auf vorhandene Informationen zurückgegriffen, wie z.B. die von den Gutachterausschüssen festgestellten Bodenrichtwerte. Auch erfolgt die Bewertung deutlich pauschalierter als bislang. Die pauschalierende Vorgehensweise zeigt sich z.B. darin, dass die bei der Bewertung im Ertragswertverfahren erforderlichen Mieten nicht für das einzelne Objekt individuell ermittelt werden, sondern für den einzelnen Hauptfeststellungszeitpunkt je Bundesland für einzelne Gebäudearten, Wohnflächen und Baujahre fixe Werte vorgegeben werden, welche dann noch gemeindebezogen um pauschale Ab- oder Zuschläge korrigiert werden. Im Ergebnis soll dann mit vergleichsweise wenigen Angaben des Grundstückseigentümers eine EDV-gestützte Wertermittlung ermöglicht werden.

Im Einzelnen gelten für die Bewertung folgende Grundsätze:

Unbebaute Grundstücke sind Grundstücke, auf denen sich keine oder keine benutzbaren Gebäude befinden. Der Wert unbebauter Grundstücke und der Bodenwert bebauter Grundstücke ist auf der Grundlage der von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte abgeleiteten Bodenrichtwerte zu ermitteln.

Bei der Bewertung der bebauten Grundstücke kommen je nach Nutzung des Grundstücks entweder das Ertragswertverfahren oder das Sachwertverfahren zur Anwendung:

Bewertungsverfahren

Anwendungsbereich

typisiertes – vereinfachtes – Ertragswertverfahren als Regelverfahren

Ein- und Zweifamilienhäuser

Mietwohngrundstücke

Wohnungseigentum

typisiertes – vereinfachtes – Sachwertverfahren als Auffangverfahren

Teileigentum

Geschäftsgrundstücke

gemischt genutzte Grundstücke

sonstige bebaute Grundstücke

Der für ein bebautes Grundstück anzusetzende Wert darf allerdings in beiden Bewertungsverfahren nicht geringer sein als 75 % des Werts, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück zu bewerten wäre (Mindestwert).

Das Ertragswertverfahren ist grundsätzlich wie folgt aufgebaut:

Berechnungsschritt

Erläuterung

jährlicher Rohertrag

Der Rohertrag wird nicht auf Basis der tatsächlich erzielten Mieten ermittelt. Vielmehr ergibt sich dieser aus der in der Anlage zum Gesetz nach Bundesland, Gebäudeart, Wohnungsgröße und Baujahr des Gebäudes angegebenen monatlichen Nettokaltmieten je Quadratmeter Wohnfläche. Lagebedingte Wertunterschiede zwischen den Kommunen werden über sogenannte Mietniveaustufen berücksichtigt.

nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten

Diese ergeben sich aus pauschalen Erfahrungssätzen, die in einer Anlage zum Gesetz festgelegt sind.

=

jährlicher Reinertrag

X

Vervielfältiger/Barwertfaktor

Die Liegenschaftszinssätze und die Nutzungsdauern je nach Grundstücksart sind gesetzlich festgelegt.

=

Barwert des Reinertrags

+

abgezinster Bodenwert

Zur Ermittlung des abgezinsten Bodenwerts ist vom Bodenwert (Bodenrichtwert x Grundstücksfläche) auszugehen. Bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern sind zur Berücksichtigung abweichender Grundstücksgrößen beim Bodenwert gesetzlich festgelegte Umrechnungskoeffizienten anzuwenden.

=

Grundsteuerwert

Das Sachwertverfahren kommt bei Immobilien zum Einsatz, bei denen die Erzielung eines Ertrags nicht im Vordergrund steht bzw. bei denen sich ein fiktiver Ertrag nur schwer ermitteln lässt. Daher kommen im Sachwertverfahren für die Ermittlung des Grundsteuerwerts die Anschaffungskosten (Grund und Boden) bzw. die (Wieder-)Herstellungskosten (Gebäude) zum Ansatz. Bei der Ermittlung des Gebäudesachwerts spielen die hierbei standardisiert ermittelten und vorgegebenen Nettoherstellungskosten (NHK) in EUR pro m² Bruttogrundfläche differenzierend nach Gebäudeart und nach Baujahresgruppen eine zentrale Rolle.

Hinweis:

Objektspezifische Grundstücks- oder Gebäudemerkmale werden weder beim Ertragswertverfahren noch beim Sachwertverfahren berücksichtigt. Den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch einen zeitnahen Verkauf oder ein Verkehrswertgutachten lässt der Gesetzgeber für Zwecke der Grundsteuer – anders als bei der Schenkung-/Erbschaftsteuer – nicht zu.

Auf die nach den vorstehend skizzierten Verfahren ermittelten Grundsteuerwerte wird je nach Gebäudeart eine gesetzlich festgelegte Steuermesszahl angewendet. Schließlich wird auf diesen Steuermessbetrag dann der gemeindeindividuelle Hebesatz angesetzt, so dass sich die Grundsteuer ergibt. Die gesetzlich vorgesehenen Messzahlen sind:

Grundstücksart

Steuermesszahl

unbebaute Grundstücke

0,34 ‰

Grundstücke, die im Ertragswertverfahren bewertet werden (vor allem Wohngrundstücke)

0,31 ‰

Grundstücke, die im Sachwertverfahren bewertet werden

0,34 ‰

c) Abweichende Ländermodelle

aa) Baden-Württemberg

Bei der Grundsteuer B kommt in Baden-Württemberg das sog. „modifizierte Bodenwertmodell” zum Einsatz. Dies bedeutet, dass sich die Bewertung für die Grundsteuer B ausschließlich aus dem Bodenwert ergibt. Dafür werden im Wesentlichen zwei Faktoren herangezogen: die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert. Beide Werte werden miteinander multipliziert und ergeben den sogenannten Grundsteuerwert (bislang Einheitswert). Auf die Bebauung kommt es dabei nicht an.

Das Bewertungsergebnis wird mit der gesetzlich vorgegebenen Steuermesszahl multipliziert. Der daraus resultierende Wert ist der Grundsteuermessbetrag.

Die reine Bodenwertsteuer wird zudem auf der Ebene der Steuermesszahl modifiziert: Für Grundstücke, die überwiegend Wohnzwecken dienen, wird die Steuermesszahl in Höhe von 30 % verringert. Begünstigt werden ebenfalls der soziale Wohnungsbau und Kulturdenkmäler.

Beispiel:

Grundstückseigentümerin S hat ein Einfamilienhaus auf einem 400 m2 großen Grundstück. Der Bodenrichtwert beträgt zum 1.1.2022 250 €/m2.

Der Grundsteuerwert ergibt sich zu: 400 m2x 250 €/m2 = 100 000 €

Der Steuermessbetrag ergibt sich zu: 1,3 ‰ – 30 %-Abschlag (Einfamilienhaus, überwiegend zu Wohnzwecken genutzt) = 0,91 ‰; Steuermesszahl neu: 100 000 € x 0,91 ‰ = 91,00 €.

Kommunen können für baureife Grundstücke eine Grundsteuer C erheben. Bei dieser wird ein erhöhter Hebesatz berücksichtigt. Dafür müssen jedoch städtebauliche Gründe vorliegen.

Hinweis:

In der elektronisch von den Grundstückseigentümern abzugebenden Steuererklärung sind dann für die Grundsteuer B vor allem die Grundstücksgröße und der Bodenrichtwert in die Erklärung einzutragen. Nach derzeitiger Planung kann diese Erklärung ab dem 1.7.2022 und muss bis spätestens 31.10.2022 abgegeben werden. Der für Steuerzwecke benötigte Bodenrichtwert kann nach der Veröffentlichung durch die Gutachterausschüsse auf der landesweiten Informationsseite unter www.grundsteuer-bw.de und in der Regel auf der Internetseite der jeweiligen Kommune abgerufen werden. Soweit möglich soll auch die Grundstücksfläche auf der landesweiten Informationsseite angeboten werden. Ansonsten findet sich die Grundstücksfläche bspw. im Kaufvertrag über das Grundstück oder im Grundbuchauszug.

bb) Bayern

Bayern hat ein landeseigenes Grundsteuergesetz verabschiedet, welches rein auf die Fläche des Grundstücks und des Gebäudes sowie der Nutzung abstellt und die Lage des Grundstücks nicht berücksichtigt. Angewandt wird also ein reines Flächenmodell. Die Berechnung erfolgt dabei:

Quadratmeter Grundstücksfläche

X

0,04 € (Anm. 1)

= Äquivalenzbetrag

X

Messzahl 100 %

zzgl.

Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche

X

0,50 €

X

Messzahl 70 % (Anm. 2)

=

Grundsteuermessbetrag des Grundstücks

(Anm. 1) Die Äquivalenzzahl von 0,04 € für den Quadratmeter Grundstücksfläche wird ggf. wie folgt modifiziert:

  1. Dienen die Gebäude mindestens zu 90 % der Wohnnutzung, wird die Äquivalenzzahl für die das Zehnfache der Wohnfläche übersteigende Fläche des Grund und Bodens nur zu 50 % angesetzt.
  2. Ist die Fläche des Grund und Bodens zu mindestens 90 % weder bebaut noch befestigt, wird der Äquivalenzbetrag für die 10 000 m2 übersteigende Fläche insgesamt wie folgt angesetzt: (übersteigende Fläche des Grund und Bodens x 0,04 €/m2)0,7, höchstens jedoch eine Äquivalenzzahl von 0,04 €/m2
  3. Sind sowohl die Voraussetzungen von Nr. 1 als auch von Nr. 2 erfüllt, wird
    1. für die Fläche bis zum Zehnfachen der Wohnfläche die reguläre Äquivalenzzahl von 0,04 € je Quadratmeter,
    2. für die Fläche, die das Zehnfache der Wohnfläche übersteigt und 10 000 m2 nicht überschreitet, Nr. 1, höchstens jedoch eine Äquivalenzzahl von 0,02 €/m2, und
    3. im Übrigen Nr. 2
    angewendet.

(Anm. 2) Die Grundsteuermesszahl für den Äquivalenzbetrag der Wohnflächen wird um 25 % ermäßigt, soweit eine enge räumliche Verbindung mit dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft des Steuerschuldners besteht. Ebenso erfolgt eine Ermäßigung der Grundsteuermesszahlen für die Äquivalenzbeträge der Gebäudeflächen bei Baudenkmälern und wenn die Wohnflächen der Bindung des sozialen Wohnungsbaus unterliegen.

cc) Hamburg

Auch in Hamburg gilt ein Flächenmodell, welches neben der Fläche aber auch die Wohnlage berücksichtigt – sog. Wohnlagemodell. Auch insoweit erfolgt die Berechnung in drei Schritten:

Schritt 1

Ermittlung des Grundsteuerwertes (Bewertungsebene)

Schritt 2

Ermittlung der Grundsteuermesszahl (Messbetragsebene)

Schritt 3

Berechnung der Grundsteuer (Hebesatzebene)

Die Ermittlung der Grundsteuerwerte erfolgt anhand von Äquivalenzzahlen multipliziert mit der Grundstücks- bzw. Gebäudefläche:

Äquivalenzzahl

Grundstücksfläche

0,04 €/m2

Gebäudefläche

0,50 €/m2

Bei größeren Freiflächen auf dem Grundstück erfolgt ggf. eine Minderung der Äquivalenzzahl von 0,04 € je m2.

Der Messbetrag wird aus dem Ergebnis der Bewertungsebene, dem Grundsteuerwert, ermittelt. Der Grundsteuerwert für das Gebäude wird mit der jeweiligen Messzahl multipliziert. Die Grundsteuermesszahl beträgt sowohl für den Grund und Boden als auch für Gebäudeflächen grundsätzlich 100 %. Handelt es sich um Wohnflächen, muss unterschieden werden: In guten Wohnlagen liegt die Grundsteuermesszahl bei 70 %, in normalen Wohnlagen reduziert sich die Grundsteuermesszahl um weitere 25 % (sog. Lageermäßigung). Die Messzahlen reduzieren sich durch die gesetzlichen Ermäßigungen auf…

  • Wohnen: 70 % (also 30 %-Punkte Abzug)
  • Wohnen in der normalen Wohnlage: 0,7 x 0,75 = 52,5 %
  • Wohnen im Denkmal: 0,7 x 0,75 = 52,5 %
  • Wohnen in Sozialwohnungen: 0,7 x 0,75 = 52,5 %
  • Wohnen in normaler Wohnlage und im Denkmal: 0,7 x 0,75 x 0,75 = 39,4 %
  • Wohnen in normaler Wohnlage und in Sozialwohnung: (gerundet) ca. 39,4 %
  • Wohnen in Sozialwohnung und im Denkmal: ca. 39,4 %
  • Wohnen in der normalen Wohnlage und in Sozialwohnung und im Denkmal: ca. 29,5 %

Insbesondere fließt die Wohnlage in die Berechnung ein. Dabei werden die Grundstücke in „normale” und „gute” Wohnlagen eingeteilt. Die Einstufung in die Wohnlage kann zukünftig einem entsprechenden Verzeichnis entnommen werden, das der Hamburger Senat im Rahmen einer Rechtsverordnung erlassen wird.

Um die Grundsteuer zu ermitteln, wird der Grundsteuermessbetrag mit dem Hebesatz multipliziert.

Hinweis:

In der von den Grundstückseigentümern abzugebenden Feststellungserklärung sind neben Namen und Steuer-ID des Grundstückseigentümers nur die sogenannte Belegenheit, also die Nutzung, die Grundfläche sowie die Wohn- und Nutzfläche der Gebäude anzugeben. Anhand der Daten wird dann der Hebesatz ermittelt und die Höhe der Grundsteuer bestimmt.

Neben der Grundsteuer A (für Land- und Forstwirtschaft, keine Abweichung vom Bundesrecht) und der Grundsteuer B (für Grund und Boden und Gebäude, die nicht land- und forstwirtschaftlich genutzt werden), wurde auch eine Grundsteuer C eingeführt. Über einen gesonderten, höheren Hebesatz werden baureife, unbebaute Grundstücke besteuert.

dd) Hessen

Grundlage des Hessen-Modells ist das Flächen-Faktor-Verfahren. Bei diesem Verfahren werden die Grundstücks- und Gebäudeflächen ermittelt. Zusätzlich bildet der Faktor die Lagequalität des betreffenden Grundstücks in der Stadt oder Gemeinde ab. Zur Berechnung des Faktors wird der Bodenrichtwert der Zone, in der das betreffende Grundstück liegt, mit dem durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde verglichen. Insgesamt erfolgt die Ermittlung nach dem folgenden Schema:

Rechenschritt

Erläuterung

Fläche

getrennte Ermittlung für Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits

x Äquivalenzziffer
= Flächenbeträge

Äquivalenzziffer Grund und Boden: 0,04 €/m2

Äquivalenzziffer Wohnfläche: 0,50 €/m2

x Steuermesszahl

Steuermesszahl Grund und Boden: 100 %

Steuermesszahl Wohnfläche: grundsätzlich 70 % – bei Denkmalschutz: Ermäßigung um 25 %

Summe aus Steuermesszahl Grund und Boden und Gebäude
x Faktor

Faktor = (Bodenrichtwert des Grundstücks / durchschnittlicher Bodenrichtwert)0,3

= Steuermessbetrag

Hinweis:

In der abzugebenden Erklärung sind neben allgemeinen Angaben zum Grundstück (Aktenzeichen (bisher: Einheitswert-Aktenzeichen), Lagefinanzamt, Lage des Grundstücks (Ort, Straße und Hausnummer) und die Angaben zu den Eigentümern) nur Angaben zum Grund und Boden (Gemarkung, Flur und Flurstück, Grundbuchblattnummer und Größe des Grundstücks), zur Wohnfläche von Gebäuden und zur Nutzung von Gebäuden zu machen. Die Bodenrichtwerte zur Ermittlung des Lagefaktors werden vom Finanzamt beigesteuert.

Daneben können mit der Grundsteuer C Städte und Gemeinden unbebaute, aber baureife Grundstücke, die nicht der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet sind, durch einen gesonderten Hebesatz höher belasten als die übrigen unbebauten Grundstücke. Die hessische Regelung sieht ergänzend zur Bundesregelung die Möglichkeit vor, den Hebesatz für die Grundsteuer C nach der Dauer der Baureife von Grundstücken abzustufen und beinhaltet eine Höchstgrenze.

ee) Niedersachsen

Die niedersächsische Grundsteuer wird anhand der Fläche ergänzt um die Lage innerhalb der Kommunen bemessen („Flächen-Lage-Modell”). Als Indikator für die Lage dient der Bodenrichtwert für das jeweilige Grundstück bezogen auf den durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde; gerechnet wird insoweit nach folgender Formel:

Lage-Faktor = (Bodenrichtwert des Grundstücks / durchschnittlicher Bodenrichtwert)0,3

Der Exponent „0,3” in der Formel bewirkt eine Dämpfung des Faktors. Im Ergebnis entsteht ein Zu- oder Abschlag. Beispiel: Der doppelt so hohe Bodenrichtwert im Vergleich zum Durchschnitt führt zu einem Zuschlag von 20 %. Das ist der Lage-Faktor 1,2.

Für Gebäudeflächen wird eine Äquivalenzzahl von 0,50 € je Quadratmeter angesetzt. Für die Fläche des Grund und Bodens wird eine Äquivalenzzahl von 0,04 € je Quadratmeter angesetzt. Bei größeren Freiflächen auf dem Grundstück erfolgt ggf. eine Minderung der Äquivalenzzahl von 0,04 € je m2.

Auch bei diesem Flächenmodell wird die Grundsteuermesszahl bei Wohnflächen nicht mit 100 %, sondern nur mit 70 % angesetzt. Eine weitere Ermäßigung um 25 % erfolgt bei enger Verbindung mit Land- und Forstwirtschaft, bei Baudenkmälern und für Wohnflächen mit Bindung des sozialen Wohnungsbaus.

Beispiel:

Daten des Grundstücks: Grund und Boden: 500 m2; Wohnfläche des Gebäudes: 120 m2; Bodenrichtwert: 170 €/m2; durchschnittlicher Bodenrichtwert: 200 €/m2.

Berechnung Steuermessbetrag des Grundstücks:

Grund und Boden

Gebäude

Fläche

500 m2

120 m2

Äquivalenzziffer

0,04 €/m2

0,50 €/m2

Äquivalenzbetrag
(Fläche x Äquivalenzziffer)

20,00 €

60,00 €

Anwendung Lagefaktor:
(170 /200)0,3= 0,95

19,00 €

57,00 €

Steuermesszahl

1,0

0,7

= Steuermessbetrag

19,00 €

39,00 €

Steuermessbetrag Immobilie Gesamt

58,00 €

Daneben haben die Gemeinden die Möglichkeit, für baureife unbebaute Grundstücke einen gesonderten Hebesatz festzusetzen (Grundsteuer C).

ff) Saarland

Das Saarland folgt hinsichtlich der Bewertung dem Bundesmodell. Abweichend vom Bundesmodell sind aber folgende Steuermesszahlen festgelegt:

Grundstücksart

Bundesmodell

Saarlandmodell

unbebaute Grundstücke

0,34 ‰

0,64 ‰

Grundstücke, die im Ertragswertverfahren bewertet werden (Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungseigentum)

0,31 ‰

0,34 ‰

Grundstücke, die im Sachwertverfahren bewertet werden (Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke)

0,34 ‰

0,64 ‰

Unter der Maßgabe, dass die Grundsteuerreform insgesamt für die Städte und Gemeinden aufkommensneutral sein soll, führen diese abweichenden Steuermesszahlen dazu, dass ein Belastungsanstieg bei Wohngrundstücken deutlich abgemildert wird.

gg) Sachsen

Auch Sachsen folgt hinsichtlich der Bewertung dem Bundesmodell. Abweichend vom Bundesmodell sind aber folgende Steuermesszahlen festgelegt:

Grundstücksart

Bundesmodell

Sachsen

unbebaute Grundstücke

0,34 ‰

0,36 ‰

Grundstücke, die im Ertragswertverfahren bewertet werden (Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungseigentum)

0,31 ‰

0,36 ‰

Grundstücke, die im Sachwertverfahren bewertet werden (Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke)

0,34 ‰

0,72 ‰

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