Für alle Steuerpflichtigen

1 Bundesregierung bringt zweites Entlastungspaket auf den Weg

2 Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind bei fortbestehendem Ausbildungsverhältnis

3 Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

4 Häusliches Arbeitszimmer: Berücksichtigung von Aufwendungen bei sog. Drittaufwand

5 Lohnsteuer: Kein Pauschalsteuersatz von 25 % für Betriebsveranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen

6 Drittlohn bei Rabatten eines Automobilherstellers an Mitarbeiter eines Zulieferbetriebes

7 Kein Werbungskostenabzug für Israelreise einer Religionslehrerin

Für Unternehmer und Freiberufler

8 Schlussabrechnung zu den Corona-Hilfen

9 Neustarthilfe 2022

10 Betriebsbezogene Betrachtung von Entnahmen und Einlagen bei Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen

11 Gewerbesteuerberechnung: Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen

12 Erweiterte Grundstückskürzung: Billigkeitsregelung bei der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen

13 Abgabe von Speisen in einer Betriebskantine regelmäßig regulär umsatzsteuerpflichtig

14 Umsatzsteuer: Zurechnung von Umsätzen einer Betriebskantine – aus Eheleuten bestehende Gemeinschaft als Unternehmer

15 Vorsteuerabzug aus Aufwendungen für Trikotsponsoring als Werbemaßnahme

16 Keine Umsatzsteuerbefreiung für eine Tanzschule

Für Personengesellschaften

17 Abgeltungsteuer auf Zinsen aus Darlehensgewährung an eine Personengesellschaft

18 Bewertung von Personengesellschaftsanteilen für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

19 Abgeltungsteuer verfassungswidrig?

Für Hauseigentümer

20 Verneinung der Einkunftserzielungsabsicht für unbebautes Grundstück unter Berücksichtigung eines Zeitablaufs

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

21 Freibetrag und ermäßigter Steuersatz nach §§ 16, 34 EStG gelten nicht für einen Veräußerungsgewinn aus einer im Privatvermögen gehaltenen 100 %igen GmbH-Beteiligung

22 Berechnung der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG: Gestaltungsmissbrauch bei gegenläufigen Geschäften („wirtschaftliches Nullsummenspiel“)

23 Berechtigter der Erstattung von Umsatzsteuervorauszahlungen in (vermeintlichen) Organschaftsfällen

24 Haftung des GmbH-Geschäftsführers für pauschalierte Lohnsteuer

25 Übernahme des Gründungsaufwands durch die GmbH

 

1 Bundesregierung bringt zweites Entlastungspaket auf den Weg

Die Koalitionsfraktionen haben sich in Anbetracht der deutlich gestiegenen Energiepreise auf ein umfassendes Maßnahmenpaket geeinigt, um Bürgerinnen und Bürger und auch Familien zu entlasten. Die gesetzgeberische Umsetzung ist bereits angelaufen. Teilweise sind neue Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden, teilweise wurden die Maßnahmen auch im laufenden Gesetzgebungsverfahren aufgenommen.

Vorgesehen ist im Einzelnen:

  • Energiepreispauschale (EPP): Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen wird einmalig eine EPP in Höhe von 300 € gewährt. Im Einzelnen gilt:
    • Anspruch auf die EPP haben Stpfl. mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, die Lohneinkünfte aus einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis beziehen und in die Steuerklassen I bis V eingereiht sind oder als geringfügig Beschäftigte pauschal besteuert (Mini-Job) werden. Ebenso begünstigt sind Stpfl., die Einkünfte aus den Gewinneinkunftsarten (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und aus selbständiger Tätigkeit) beziehen. Nicht begünstigt sind also Stpfl., die ausschließlich eine Rente, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen beziehen. Ebenso sind Grenzgänger nach derzeitigem Stand nicht begünstigt.
    • Im Grundsatz wird die EPP in der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2022 festgesetzt. Dies wird durch das Finanzamt erfolgen und bedarf keinerlei Erklärungen des Stpfl.
    • Die Auszahlung an Arbeitnehmer erfolgt allerdings bereits mit der Lohnabrechnung für September, soweit der Stpfl. am 1.9.2022 in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis steht und in die Steuerklassen I bis V eingereiht ist oder als geringfügig Beschäftigter pauschal besteuert (Mini-Job) wird und der Arbeitnehmer schriftlich bestätigt hat, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt. Arbeitnehmer, die nicht hierunter fallen, müssen die EPP mittels Einkommensteuerveranlagung für 2022 geltend machen, also bspw. dann, wenn im September kein Arbeitsverhältnis besteht.
    • Ist eine Einkommensteuer-Vorauszahlung für Gewinneinkünfte zum 10.9.2022 festgesetzt, so wird diese vom Finanzamt um 300 € herabgesetzt, so dass eine Liquiditätsentlastung schon kurzfristig erfolgt und nicht erst dann, wenn die Einkommensteuerveranlagung für 2022 erfolgt ist.
    • Die EPP ist steuerpflichtig. Bei Arbeitnehmern werden insoweit die Lohneinkünfte um 300 € erhöht. Bei anderen begünstigten Stpfl. werden in der späteren Einkommensteuerveranlagung sonstige Einkünfte i.H.v. 300 € angesetzt. Im Ergebnis vermindert sich damit die effektive Entlastung um die auf diesen Betrag anfallende individuelle Steuerbelastung. Sozialversicherungspflichtig ist die EPP dagegen nicht.

Hinweis:

Insbesondere Arbeitnehmer erhalten also mit der Lohnabrechnung für September automatisch die EPP. Der Auszahlungsbetrag hängt dabei von der steuerlichen Situation des Arbeitgebers ab, da die EPP selbst als steuerpflichtiger Arbeitslohn eingestuft wird, hierauf also Lohnsteuer anfallen kann (eine Erfassung bei der Sozialversicherung erfolgt nicht). Bei geringen Einkünften fällt ggf. keine Lohnsteuer an, so dass die EPP in vollem Umfang zur Auszahlung kommt.

  • Kinderbonus 2022: Zur Abfederung besonderer Härten für Familien auf Grund gestiegener Energiepreise soll im Jahr 2022 ein Kinderbonus gezahlt werden. Dazu wird das Kindergeld im Juli 2022 um einen Einmalbetrag i.H.v. 100 € erhöht. Die Auszahlung soll zeitnah zu den Auszahlungsterminen des Kindergelds für den Monat Juli 2022 erfolgen. Der Kinderbonus 2022 wird automatisch von der zuständigen Familienkasse ausgezahlt. Er muss in der Regel nicht beantragt werden. Der Kinderbonus 2022 ist bei Sozialleistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
  • Befristete Absenkung der Energiesteuer: Um die Belastung von Bürgern und Unternehmen durch die deutlich gestiegenen Kraftstoffpreise abzufedern, sollen die Energiesteuersätze für die hauptsächlich im Straßenverkehr verwendeten Kraftstoffe befristet für den Zeitraum vom 1.6.2022 bis 31.8.2022 auf die Höhe der Mindeststeuersätze der EU-Energiesteuerrichtlinie abgesenkt werden. Die befristete Absenkung der Energiesteuer auf das europäische Mindestmaß wirkt sich im Einzelnen wie folgt aus: Für Benzin reduziert sich der Steuersatz um 29,55 ct/Liter, für Dieselkraftstoff um 14,04 ct/Liter, für Erdgas (CNG/LNG) um 4,54 €/MWh (entspricht ca. 6,16 ct/kg) und für Flüssiggas (LPG) um 238,94 €/1 000 kg (entspricht ca. 12,66 ct/Liter). Offen ist, ob diese Absenkung der Energiesteuern vollständig an die Endverbraucher weitergegeben wird.
  • Das vergünstigte ÖPNV-Monatsticket für nur 9 € pro Monat, was insbesondere für Pendler interessant sein dürfte, soll für den Zeitraum vom 1.6. bis 31.8.2022 gelten. Auch bei bereits bestehenden Abos für den ÖPNV sollen die monatlichen Kosten in dem Zeitraum auf 9 € pro Monat reduziert werden. Der Werbungskostenabzug bleibt trotz geringerer Aufwendungen im Übrigen unverändert, da die Entfernungspauschale gilt.

Hinweis:

Die insoweit noch nicht abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren bleiben abzuwarten. Insoweit können sich noch Änderungen ergeben.

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2 Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind bei fortbestehendem Ausbildungsverhältnis

Der BFH hat mit der Entscheidung vom 15.12.2021 (Az. III R 43/20) die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld an ein erkranktes Kind bei fortbestehendem Ausbildungsverhältnis weiter eingeschränkt. Entschieden wurde, dass

  • eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung wegen Berufsausbildung ausscheidet, wenn Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses wegen einer nicht vorübergehenden Erkrankung unterbleiben. In Betracht kommt dann eine Berücksichtigung wegen Behinderung.
  • Eine Krankheit ist nicht vorübergehend, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine länger als sechs Monate dauernde Beeinträchtigung zu erwarten ist.

Dies vor dem Hintergrund, dass Kindergeld für ein Kind, welches das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, nur dann gewährt wird, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Eine zur Berücksichtigung erforderliche Berufsausbildung liegt jedoch dann nicht mehr vor, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Kind seinem gewählten Ausbildungsgang nicht ernsthaft und hinreichend nachgeht. Diese Folge tritt aber dann nicht ein, wenn die Ausbildung infolge einer Erkrankung oder wegen der Schutzfristen vor und nach der Entbindung lediglich unterbrochen wird. Die Unterbrechung der Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses steht der Berücksichtigung allerdings nur dann nicht entgegen, wenn die Erkrankung vorübergehend ist. Unterbleiben Ausbildungsmaßnahmen wegen einer Erkrankung, so darf die gesundheitliche Beeinträchtigung regelmäßig nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, wenn das Kind weiter wegen seiner Ausbildung berücksichtigt werden soll.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis ist in diesen Fällen der Krankheitsverlauf sorgfältig zu dokumentieren. Bei einer länger anhaltenden Erkrankung ist die Berücksichtigung des Kindes wegen Behinderung zu prüfen.

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3 Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung

Die FinVerw hat mit Schreiben v. 6.4.2022 (Az. IV C 8 – S 2285/19/10003 :001) die Hinweise zur Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung aktualisiert. Da dies ein in der Praxis sehr wichtiger Bereich ist, stellen wir die wesentlichen Grundzüge und aktuelle Aspekte dar.

Als außergewöhnliche Belastung können typische Aufwendungen für Unterhalt und Berufsausbildung für andere Personen steuerlich geltend gemacht werden. Im Unterschied zu anderen außergewöhnlichen Belastungen ist insoweit ein steuerlicher Abzug ohne Berücksichtigung einer zumutbaren Eigenbelastung möglich. Andererseits sind gesetzlich bestimmte Höchstbeträge festgeschrieben.

Der begünstigte Personenkreis umfasst zunächst gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen. Maßgebend ist insoweit das Zivilrecht. Danach sind folgende Personen gegenüber dem Stpfl. unterhaltsberechtigt:

  • Verwandte in gerader Linie (z.B. Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern),
  • Ehegatten und Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft,
  • geschiedene Ehegatten und Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft,
  • Mutter bzw. Vater eines nichtehelichen Kindes gegenüber dem anderen Elternteil.

Den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen stehen Personen gleich, bei denen die inländische öffentliche Hand ihre Leistungen (z.B. Arbeitslosengeld II, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) wegen der Unterhaltsleistungen des Stpfl. ganz oder teilweise nicht gewährt oder, wenn ein entsprechender Antrag gestellt würde, ganz oder teilweise nicht gewähren würde. Auf Grund dessen kann beim Vorliegen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft regelmäßig davon ausgegangen werden, dass der gleichgestellten Person zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Stpfl. gekürzt werden. Ob eine Gemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist ausschließlich nach sozialrechtlichen Kriterien zu beurteilen.

Abziehbare Aufwendungen sind solche für den typischen Unterhalt, d.h. die üblichen für den Lebensunterhalt bestimmten Leistungen (z.B. Ernährung, Kleidung, Wohnung, Hausrat und notwendige Versicherungen), sowie Aufwendungen für eine Berufsausbildung. Abzugsfähig sind nur die tatsächlichen Aufwendungen des Stpfl., soweit sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden. Die Aufwendungen sind auf einen Höchstbetrag von 9 984 € (bis 2021: 9 744 €) begrenzt. Gehört die unterhaltsberechtigte Person zum Haushalt des Stpfl., kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass ihm dafür Unterhaltsaufwendungen (Bar- und Sachleistungen) in Höhe des maßgeblichen Höchstbetrags erwachsen.

Hinweis:

Erwachsen dem Stpfl. außer Aufwendungen für den typischen Unterhalt und einer etwaigen Berufsausbildung Aufwendungen für einen besonderen Unterhaltsbedarf der unterhaltenen Person, z.B. Krankheitskosten, kommt dafür eine Ermäßigung nach den allgemeinen Regeln für außergewöhnliche Aufwendungen (also insbesondere unter Berücksichtigung der zumutbaren Eigenbelastung) in Betracht.

Die Abziehbarkeit von Unterhaltsaufwendungen setzt – neben der Unterhaltsberechtigung – voraus, dass der Unterhaltsempfänger bedürftig ist, d.h. er darf kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen und kein ausreichendes Einkommen haben. Als geringfügig kann in der Regel ein Vermögen bis zu einem gemeinen Wert (Verkehrswert) von 15 500 € angesehen werden. Hat die unterhaltene Person andere eigene Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind, so vermindert sich der Höchstbetrag um die eigenen Einkünfte und Bezüge, soweit diese den Betrag von insgesamt 624 € jährlich übersteigen sowie um die vom Unterhaltsempfänger als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogenen Zuschüsse. Der Einbezug von Einkünften der unterhaltsberechtigten Person ist umfassend und beinhaltet auch bspw. steuerfreie Einkünfte.

Hinweis:

Eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person sind nur anzurechnen, soweit sie auf den Unterhaltszeitraum entfallen.

Weiterhin kann sich eine Beschränkung der Abziehbarkeit von Aufwendungen für den Unterhalt durch die Berücksichtigung der Verhältnisse des Stpfl. selbst ergeben. Es ist zu prüfen, inwieweit der Stpfl. zu Unterhaltsleistungen unter Berücksichtigung seiner persönlichen Einkommensverhältnisse verpflichtet ist bzw. bis zu welcher Höhe ihm die Übernahme der Unterhaltsleistungen überhaupt möglich ist. Hierfür ist es notwendig, das verfügbare Nettoeinkommen des Stpfl. zu ermitteln. Bei der Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens sind alle steuerpflichtigen Einkünfte, alle steuerfreien Einnahmen sowie etwaige Steuererstattungen (Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag) anzusetzen. Zu den Einkünften zählen

  • sämtliche Gewinneinkünfte (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und aus selbständiger Tätigkeit) sowie
  • sämtliche Überschusseinkünfte, vor allem also Lohneinkünfte und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung;
  • darüber hinaus sind der Abgeltungsteuer unterliegende Kapitalerträge ohne Abzug des Sparer-Pauschbetrages einzubeziehen.
  • Steuerfreie Einnahmen sind z.B. das Kindergeld und vergleichbare Leistungen, Leistungen nach dem SGB II, SGB III und Bundeselterngeldgesetz, die ausgezahlten Arbeitnehmer-Sparzulagen nach dem 5. VermBG, das Baukindergeld und der steuerfreie Teil der Rente.

Hinweis:

Die Berechnung des verfügbaren Nettoeinkommens ist bei Stpfl. mit Gewinneinkünften regelmäßig auf Grundlage eines Dreijahreszeitraumes vorzunehmen.

Unter Berücksichtigung seiner Verhältnisse ist ein Stpfl. nur insoweit zu Unterhaltsleistungen verpflichtet, als diese in einem vernünftigen Verhältnis zu seinen Einkünften stehen und ihm nach Abzug der Unterhaltsaufwendungen genügend Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs für sich und ggf. für seinen Ehegatten und seine Kinder verbleiben – sog. Opfergrenze. Soweit keine sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person besteht, sind Unterhaltsaufwendungen im Allgemeinen höchstens insoweit als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, als sie einen bestimmten Prozentsatz des verfügbaren Nettoeinkommens nicht übersteigen. Dieser beträgt

  • 1 % je volle 500 € des verfügbaren Nettoeinkommens, höchstens 50 %,
  • und ist um je 5 % für den (ggf. auch geschiedenen) Ehegatten und für jedes Kind, für das der Stpfl. Anspruch auf einen Kinderfreibetrag, Kindergeld oder eine andere Leistung für Kinder hat, zu kürzen, höchstens um 25 %.

Hinweis:

Die Opfergrenzenregelung gilt nicht bei Aufwendungen für den Unterhalt an den (ggf. auch geschiedenen) Ehegatten.

Auch bei einer bestehenden sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person ist die Opfergrenze nicht anzuwenden.

Handlungsempfehlung:

Die Möglichkeiten der steuerlichen Berücksichtigung solcher Aufwendungen für Unterhalt oder Berufsausbildung sind groß, andererseits muss für den Einzelfall sehr sorgfältig ermittelt werden, ob bspw. eigene Einkünfte oder eigenes Vermögen der unterhaltsberechtigten Person mindernd zu berücksichtigen sind. Im Einzelfall sind über die vorstehend dargestellten Grundsätze hinaus vielfach noch Besonderheiten bei der Berechnung zu beachten.

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4 Häusliches Arbeitszimmer: Berücksichtigung von Aufwendungen bei sog. Drittaufwand

Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen und ggf. gedeckelt auf den Höchstbetrag von 1 250 € steuerlich abzugsfähig. Darüber hinaus ist erforderlich, dass es sich bei den Kosten um eigene Verbindlichkeiten des Stpfl. handelt und er diese selbst bestritten hat. Liegt hingegen Drittaufwand vor, also Aufwand, den ein Dritter getragen hat, ist dieser nicht abzugsfähig, da die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stpfl. insoweit nicht gemindert wurde. Bedeutung hat dies insbesondere bei grundstücksbezogenen Kosten. Insoweit ist bei der Abgrenzung zu differenzieren, wie nun nochmals die FinVerw mit Erlass des Finanzsenators Bremen vom 22.2.2022 (Az. 900-S 2145-1/2014-1/2016-1586061/2021) verdeutlicht.

Eigenes Wohneigentum:

  • Für grundstücksorientierte Aufwendungen, wie z.B. Gebäudeabschreibung, Schuldzinsen, Grundsteuer und Versicherungen gilt: Diese können bei Miteigentum (wenn z.B. beide Ehegatten gemeinsam Eigentümer des Hauses oder der Eigentumswohnung sind) nur in Höhe des Miteigentumsanteils des das Arbeitszimmer nutzenden Ehegatten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten geltend gemacht werden.
  • Für nutzungsorientierte Aufwendungen, wie z.B. Reinigungskosten, Renovierungskosten für das Arbeitszimmer, anteilige Energie- und Wasserkosten gilt: Diese sind steuerlich dem zuzurechnen, der sie finanziell getragen hat. In der Folge sind entsprechende Aufwendungen, die von einem gemeinsamen Konto gezahlt werden, in voller Höhe abzugsfähig, soweit sie anteilig auf das Arbeitszimmer entfallen.

Mietobjekt:

Mietzahlungen sind den grundstücksorientierten Aufwendungen zuzurechnen. Maßgebend für die Berücksichtigung ist, unabhängig von der Zahlung, wer diese schuldet:

  • Beide Ehegatten/Lebenspartner sind Schuldner der Mietaufwendungen und die Zahlungen erfolgen vom gemeinsamen Konto: Soweit der Nutzungsumfang des häuslichen Arbeitszimmers nicht mehr als die Hälfte der gesamten Wohnfläche beträgt, kann der das Arbeitszimmer nutzende Stpfl. die auf die betriebliche/berufliche Nutzung entfallenden Aufwendungen in vollem Umfang als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten geltend machen. Beträgt die Nutzfläche des häuslichen Arbeitszimmers mehr als die Hälfte der gesamten Wohnfläche, sind die gemeinsam getragenen Mietaufwendungen als grundstücksorientierte Aufwendungen lediglich hälftig zu berücksichtigen. Die nutzungsorientierten Aufwendungen sind weiterhin – soweit sie auf das Arbeitszimmer entfallen – vollständig zu berücksichtigen.
  • Der nicht nutzende Ehegatte/Lebenspartner ist Schuldner der Mietaufwendungen und die Zahlungen erfolgen vom gemeinsamen Konto: Ist der nicht nutzende Ehegatte/Lebenspartner der alleinige Schuldner der Aufwendungen, liegt Drittaufwand vor, der steuerlich nicht berücksichtigt werden kann. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlung vom gemeinsamen Konto erfolgt.
  • Der nutzende Ehegatte/Lebenspartner zahlt die Aufwendungen vom eigenen Konto: Zahlt der nutzende Ehegatte/Lebenspartner die Mietaufwendungen vom alleinigen Konto, liegt, unabhängig von der Frage, wer die Aufwendungen schuldet, abziehbarer Eigenaufwand vor.

Getrennte häusliche Arbeitszimmer innerhalb eines Objekts:

Weiterhin gilt nach den Ausführungen der FinVerw, dass wenn in einem Objekt für mehrere Stpfl. getrennte Arbeitszimmer vorliegen, jedem von ihnen der Höchstbetrag von 1 250 € zusteht. Stellt das häusliche Arbeitszimmer für einen der Stpfl. den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen/beruflichen Tätigkeit dar, so können die von ihm selbst getragenen Aufwendungen in voller Höhe abgezogen werden. Die Voraussetzungen der Abzugsbeschränkung sind personenbezogen zu prüfen.

Hinweis:

Diese Grundsätze gelten auch bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Die Zuordnung der Aufwendungen zu einer Person wird jedoch nur dann erforderlich, wenn diese von einem gemeinsamen Konto bezahlt werden.

Handlungsempfehlung:

Deutlich wird, dass insbesondere bei Mietobjekten entscheidend sein kann, von wessen Konto die Aufwendungen beglichen werden.

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5 Lohnsteuer: Kein Pauschalsteuersatz von 25 % für Betriebsveranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen

Gesetzlich ist der Begriff der Betriebsveranstaltung festgeschrieben. Zwar gehören Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung) zum Arbeitslohn des Arbeitnehmers. Jedoch können insoweit steuerliche Vergünstigungen dahingehend in Anspruch genommen werden, als

  • bei bis zu zwei Betriebsveranstaltungen je Arbeitnehmer ein Freibetrag von 110 € gilt und
  • soweit dieser Freibetrag überschritten wird oder mehr als zwei Betriebsveranstaltungen stattfinden, der insoweit steuerpflichtige Arbeitslohn mit 25 % pauschaliert besteuert werden kann.

Daher ist die Abgrenzung steuerlich erfasster „Betriebsveranstaltungen” von großer Bedeutung. Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, z.B. Betriebsausflüge, Weihnachts- oder Jubiläumsfeiern. Dies gilt auch für ein Rahmenprogramm mit kulturellem, sportlichem oder gesellschaftlichem Charakter, welches mit einer betrieblichen Fortbildungsmaßnahme des Arbeitgebers verbunden wird. Eine Betriebsveranstaltung liegt nur vor, wenn der Teilnehmerkreis sich überwiegend aus Betriebsangehörigen, deren Begleitpersonen und ggf. Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern anderer Unternehmen im Konzernverbund zusammensetzt.

Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags und ggf. der Pauschalbesteuerung ist, dass die Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Veranstaltungen, die nur für einen beschränkten Kreis der Arbeitnehmer von Interesse sind, sind insoweit begünstigte Betriebsveranstaltungen, wenn sich die Begrenzung des Teilnehmerkreises nicht als eine Bevorzugung bestimmter Arbeitnehmergruppen darstellt. Als begünstigte Betriebsveranstaltungen sind deshalb auch solche Veranstaltungen anzuerkennen, die z.B.

  • jeweils nur für eine Organisationseinheit des Betriebs, z.B. Abteilung oder Filiale, durchgeführt werden, wenn alle Arbeitnehmer dieser Organisationseinheit an der Veranstaltung teilnehmen können,
  • nur für einzelne Abteilungen eines Unternehmens, die eng zusammenarbeiten, gemeinsam durchgeführt werden; Voraussetzung ist, dass die abteilungsübergreifende Veranstaltung allen Arbeitnehmern der teilnehmenden Abteilungen offensteht,
  • nach der Art des Dargebotenen nur für einen beschränkten Kreis der Arbeitnehmer von Interesse sind (z.B. Weihnachtsfeier für Arbeitnehmer mit Kindern, bei der ein Märchen aufgeführt wird),
  • nur für alle im Ruhestand befindlichen früheren Arbeitnehmer des Unternehmens veranstaltet werden (Pensionärstreffen),
  • nur für solche Arbeitnehmer durchgeführt werden, die bereits im Unternehmen ein rundes Arbeitnehmerjubiläum gefeiert haben oder i.V.m. der Betriebsveranstaltung feiern (Jubilarfeiern).

Dagegen wird eine Betriebsveranstaltung, die nicht allen Betriebsangehörigen offensteht, nicht als begünstigte Betriebsveranstaltung eingestuft. Dies hat nun nochmals das Finanzgericht Köln mit Entscheidung vom 27.1.2022 (Az. 6 K 2175/20) bestätigt. Im Urteilsfall ging es um zwei Veranstaltungen:

  • Im Jahr 2015 veranstaltete der Vorstand der Stpfl. in eigenen Räumlichkeiten eine Weihnachtsfeier, zu der nur die Mitglieder des Vorstandes eingeladen waren. Neben Getränken und einem mehrgängigen Menü wurde der Raum dekoriert und musikalische Untermalung dargeboten.
  • Ebenfalls im Jahr 2015 wurde eine Weihnachtsfeier für diejenigen Mitarbeiter der Gesellschaften der Stpfl. am Standort B und benachbarten Standorten (C, D) ausgerichtet, die zum sogenannten oberen Führungskreis bzw. Konzernführungskreis gehörten. Dabei handelte es sich um Mitarbeiter, die ein bestimmtes Karrierelevel erreicht hatten, aber nicht um einen eigenständigen Betriebsteil.

Als Ergebnis einer Lohnsteueraußenprüfung behandelte das Finanzamt die von der Stpfl. getragenen Aufwendungen für die Vorstandsweihnachtsfeier und die Weihnachtsfeier für den Konzernführungskreis als steuerpflichtigen Arbeitslohn und unterwarf diese der regulären Besteuerung. Das Finanzgericht bestätigte diese Vorgehensweise des Finanzamtes. Auf Grund des Teilnehmerkreises handelte es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um eine begünstigte Betriebsveranstaltung, sodass weder ein Freibetrag Anwendung finde noch die Möglichkeit zur Pauschalierung der Lohnsteuer eröffnet sei.

Hinweis:

Dies ist durchaus umstritten. Die Legaldefinition des Begriffs der Betriebsveranstaltung enthält das Kriterium des Offenstehens der Veranstaltung für alle Angehörigen des Betriebs(teils) nicht, sondern dieses Kriterium ist nur Bedingung für die Anwendung des Freibetrags. Ob damit auch die Pauschalbesteuerung ausgeschlossen ist, ist umstritten. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, welche nun auch eingelegt wurde (Az. des BFH: VI R 5/22). Insoweit bleibt nun die Entscheidung des BFH abzuwarten.

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6 Drittlohn bei Rabatten eines Automobilherstellers an Mitarbeiter eines Zulieferbetriebes

Der BFH hat mit Urteil vom 16.2.2022 (Az. VI R 53/18) entschieden, dass wenn ein Automobilhersteller Arbeitnehmern eines Zulieferers, an dem er kapitalmäßig beteiligt ist und dem er eigene Arbeitnehmer überlässt, die gleichen Rabatte beim Erwerb von Fahrzeugen wie seinen eigenen Arbeitnehmern gewährt, es sich bei den Preisnachlässen um lohnsteuerbaren Drittlohn handelt.

Streitig war, ob Vergünstigungen beim Kauf eines Kfz der Marke X steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen. Der Stpfl. war bei der Y angestellt. Die Y wurde von der X und der Z mit Anteilen von jeweils 50 % gegründet. Sie stellte im Wesentlichen Produkte für X, aber auch für andere Hersteller her. Im Streitjahr beschäftigte sie eigene Mitarbeiter sowie auf der Basis von Serviceverträgen von X entliehene Mitarbeiter. Im Jahr 2001 schlossen die Y und X eine Vereinbarung über den Verkauf von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen, nach der Y-Mitarbeiter/innen X-Neu- und Gebrauchtfahrzeuge zu den gleichen Sonderkonditionen wie Mitarbeiter/innen von X erwerben können. Auf dieser Grundlage erwarb der Stpfl. im Streitjahr ein Neufahrzeug unter Gewährung des Werksangehörigen-Rabatts.

Das Gericht sieht einen Veranlassungszusammenhang zwischen der Gewährung des Preisnachlasses und dem Arbeitsverhältnis als gegeben. Der Umstand, dass X entsprechende Personalrabatte neben eigenen Arbeitnehmern nur Arbeitnehmern verbundener bzw. gemeinschaftlicher Unternehmen eingeräumt hat, ist ein Indiz für eine solche Veranlassung. Auch waren im Streitjahr dort knapp mehr als die Hälfte der Beschäftigten von X entliehene Mitarbeiter. Werden dem „anderen Teil” der Belegschaft – hier der Y – die gleichen Personalrabatte wie den eigenen Mitarbeitern eingeräumt, ist dies ebenfalls ein Indiz, das für den Entlohnungscharakter einer Drittzuwendung spricht. Entsprechendes gilt für die dahingehende zwischen X und der Arbeitgeberin des Stpfl. getroffene Vereinbarung, auch die nicht (unmittelbar) bei X angestellten Mitarbeiter der Y am Werksangehörigenprogramm von X teilhaben zu lassen.

Weiterhin stellt der BFH heraus, dass die Höhe des anzusetzenden geldwerten Vorteils nicht um den Rabattfreibetrag zu vermindern ist. Der Rabattfreibetrag gilt ausschließlich für solche Zuwendungen, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses gewährt. Für Vorteile von Dritten greift die Steuerbegünstigung selbst dann nicht ein, wenn die Dritten – wie etwa konzernzugehörige Unternehmen – dem Arbeitgeber nahestehen. Etwas anderes gilt auch nicht, wenn – wie vorliegend – Drittlohn in Rede steht und der Hersteller am Herstellungsprozess beteiligte Arbeitnehmer eines Dritten durch die Gewährung des Personalrabatts mit eigenen Arbeitnehmern gleichstellt.

Handlungsempfehlung:

Da es sich bei solchen Preisnachlässen oftmals um größere Beträge handelt, sollten die steuerlichen Folgen sorgfältig geprüft werden. Es kann ggf. eine Absicherung über eine Lohnsteueranrufungsauskunft erfolgen.

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7 Kein Werbungskostenabzug für Israelreise einer Religionslehrerin

Das Finanzgericht Münster hatte über die Frage zu entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang Reisekosten einer Lehrerin u.a. für das Fach Religion als Werbungskosten abzugsfähig sind. Die einwöchige Rundreise durch Israel umfasste ein straffes Programm mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten, Besuchen von Orten bzw. Gedenkstätten mit kultureller und religiöser Bedeutung sowie insgesamt vier Gottesdienstbesuche. Nach dem Konzept war die Reise vom Bistum als Schulträger auf Religionslehrer/innen zugeschnitten, die hieraus Erkenntnisse und Anregungen für die Unterrichtsgestaltung gewinnen sollten.

Im Ergebnis verneinte das FG mit Urteil vom 27.1.2022 (Az. 1 K 224/21 E) den Werbungskostenabzug. Dies ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zu sehen, dass bei Reisen zunächst zu ermitteln ist, ob sie ganz bzw. weit überwiegend beruflich oder privat veranlasst sind. Bei einer gemischten Veranlassung können die Kosten aufgeteilt werden, wenn sich hierfür objektive Aufteilungskriterien finden lassen. Hierfür kommt insbesondere eine Aufteilung nach Zeitanteilen in Betracht. Wird z.B. einem Fachkongress ein Erholungsurlaub angeschlossen, wären die Reisekosten nach Tagen aufzuteilen. Fehlt es dagegen an einem objektiven Aufteilungsmaßstab, verbleibt es wegen der engen Vermischung zwischen dem privaten und dem beruflichen Bereich beim vollständigen Abzugsverbot.

Vorliegend stellte das Gericht zwar fest, dass die Israelreise in jeweils nicht unbedeutendem Maße sowohl beruflich als auch privat mitveranlasst war. Der homogene Teilnehmerkreis, das Reisekonzept und die Veranstaltung durch den Schulträger sprächen dabei für die berufliche Veranlassung. Die private Veranlassung ergab sich nach Auffassung des Gerichts nicht nur aus dem Besuch von Zielen von allgemein-touristischem und kulturellem Interesse, sondern auch aus dem Bezug zur persönlichen Religionsausübung, der in der Reisedokumentation besonders hervorgehoben worden sei. Im Ergebnis ist das Gericht aber zu dem Ergebnis gelangt, dass sich keine objektiven Aufteilungskriterien der einzelnen beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge finden lassen. Insbesondere konnte keine Aufteilung nach Zeitabschnitten erfolgen, da die jeweiligen Veranlassungsmomente inhaltlich stark ineinandergriffen.

Handlungsempfehlung:

Im Streitfall war eine Aufteilung deshalb nicht möglich, weil kein Reisebestandteil eindeutig als beruflich qualifiziert werden konnte. In anderen Fällen kann dies anders zu beurteilen sein, bspw. wenn unterrichtsbezogene Vorträge o.ä. abgehalten werden. Dies ist dann sorgfältig zu dokumentieren.

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8 Schlussabrechnung zu den Corona-Hilfen

Die Anträge auf Überbrückungshilfen sowie November- und Dezemberhilfen wurden häufig auf Basis von Umsatzprognosen und prognostizierten Kosten bewilligt. Auf Grundlage der tatsächlichen Umsatzzahlen und Fixkosten erfolgen ab Mitte Mai 2022 bis 31.12.2022 die Schlussabrechnungen. Die Einreichung einer Schlussabrechnung ist zwingend. Ohne Einreichung der Schlussabrechnungen müssen die Unternehmen die jeweils gezahlten Corona-Hilfen in voller Höhe zurückzahlen. Dabei werden in einem ersten „Paket” die Schlussabrechnung für die Überbrückungshilfen I-III sowie die November- und Dezemberhilfen zusammengefasst für das Unternehmen vorgenommen.

Die Schlussabrechnung ist von dem prüfenden Dritten einzureichen. Dabei sind die realisierten Umsätze und die tatsächlichen Fixkosten zu berücksichtigen. Nach Prüfung durch die Bewilligungsstelle wird im Schlussbescheid eine endgültige Förderhöhe mitgeteilt. Das kann zu einer Bestätigung der erhaltenen Mittel, aber auch zu einer Nach- oder Rückzahlung führen.

Handlungsempfehlung:

Seit dem 5.5.2022 kann die Schlussabrechnung für die Überbrückungshilfen I-III sowie die November- und Dezemberhilfen (sog. Paket 1) durch prüfende Dritte eingereicht werden. Die Schlussabrechnung ist spätestens bis zum 31.12.2022 einzureichen.

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9 Neustarthilfe 2022

Nach wie vor kann die sog. Neustarthilfe 2022 genutzt werden, welche Soloselbständige, unständig Beschäftigte sowie kurzzeitig befristet Beschäftigte in den darstellenden Künsten und Mehr-Personen-Kapitalgesellschaften und Genossenschaften unterstützt. Der Förderzeitraum läuft bis Juni 2022. Antragsberechtigt sind Selbständige, die vor dem 1.10.2021 (vorher: 1.11.2020) selbständig waren.

Damit die Neustarthilfe 2022 beantragt werden kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • selbständig tätig, also freiberuflich arbeiten oder ein Gewerbe betreiben,
  • die Selbständigkeit im Haupterwerb ausüben, d.h. hieraus mindestens 51 % der Einkünfte beziehen,
  • höchstens eine Teilzeitkraft beschäftigen,
  • bei einem deutschen Finanzamt gemeldet sein,
  • die Überbrückungshilfe IV nicht in Anspruch genommen haben und
  • schon vor dem 1.10.2021 selbständig tätig gewesen sein.

Besondere Bedingungen gelten für kurzzeitig befristet Beschäftigte in den darstellenden Künsten.

Der Förderzeitraum für die Neustarthilfe 2022 ist der 1.1. bis 30.6.2022 in zwei Phasen: Januar bis März und April bis Juni. Die Neustarthilfe 2022 beträgt jeweils einmalig 50 % des Referenzumsatzes. Der Referenzumsatz ist das Dreifache des durchschnittlichen Monatsumsatzes aus 2019. Als Neustarthilfe 2022 ausgezahlt werden jeweils maximal 4 500 € pro Quartal für Soloselbständige und Ein-Personen-Kapitalgesellschaften und jeweils maximal 18 000 € pro Quartal für Mehr-Personen-Kapitalgesellschaften und Genossenschaften.

Der Antrag kann entweder selbst per Direktantrag oder über prüfende Dritte gestellt werden. Die Antragsfrist für Erstanträge endet am 15.6.2022.

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10 Betriebsbezogene Betrachtung von Entnahmen und Einlagen bei Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen

Im Streitfall ging es um die Frage, ob die Übertragung einer Reinvestitionsrücklage i.S.d. § 6b EStG von einer Muttergesellschaft (Stpfl.) auf ihre Tochtergesellschaft bei der Ermittlung der Überentnahmen bei der Stpfl. wie eine Einlage zu berücksichtigen ist. Dies vor dem Hintergrund, dass tatsächlich angefallene Schuldzinsen unter bestimmten Umständen dann vom steuerlichen Abzug ausgeschlossen oder beschränkt sind, wenn Überentnahmen vorliegen und diese Ermittlung eventueller Überentnahmen streng betriebsbezogen zu erfolgen hat. Eine Überentnahme liegt danach vor, wenn die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres (Wj.) übersteigen. In diesem Fall werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert ermittelt mit 6 % der Überentnahme des Wj. zzgl. der Überentnahmen der Vorjahre und abzgl. der Unterentnahmen der Vorjahre. Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 € verminderte Betrag der angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen. Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt hingegen unberührt.

Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung führt die Übertragung der stillen Reserven auf einen anderen Betrieb des Stpfl. oder eine Mitunternehmerschaft zu einer Einlage bei dem Betrieb, bei dem die Veräußerung stattgefunden hat und zu einer Entnahme bei dem Betrieb, bei dem die Übertragung der stillen Reserven auf Anschaffungskosten von Reinvestitionsobjekten erfolgt. Dieser Ansicht folgt das FG München nun mit Entscheidung vom 18.3.2021 (Az. 10 K 1984/18) nicht und behandelt die Übertragung der Reinvestitionsrücklage im Streitfall nicht als Einlage bei der Stpfl.

Die Frage, ob eine überentnahmemindernde Einlage vorliegt, ist nach Auffassung des Gerichts betriebsbezogen zu beantworten. Voraussetzung ist mithin die Zuführung eines einlagefähigen Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen der zu betrachtenden Gesellschaft. Hieran fehlte es nach Ansicht des Gerichts im Streitfall. Die Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG anlässlich der Veräußerung der Betriebsgrundstücke von der Stpfl. auf die Untergesellschaften konnte nicht zu einer Einlage bei der Stpfl. führen, da die Übertragung der Rücklage ausschließlich der Neutralisation des steuerbilanziellen Veräußerungsgewinns im Veräußerungsbetrieb dient, aber kein einlagefähiges Wirtschaftsgut darstellt.

Hinweis:

Gegen dieses Urteil ist nun unter dem Az. IV R 8/21 die Revision beim BFH anhängig. Es bleibt daher abzuwarten, ob der BFH seine bisherige Rechtsprechung im Hinblick auf mehrstöckige Personengesellschaften anpasst. Jedenfalls hielt es auch das Finanzamt im Streitfall unter Berücksichtigung des finalen Entnahmebegriffs grundsätzlich für naheliegend, die Frage des Vorliegens von Überentnahmen betriebsübergreifend zu beantworten und Vermögensbewegungen zwischen zwei Betriebsvermögen eines Stpfl. weder als Entnahmen noch als Einlagen i.S.d. Sonderregelung zum Schuldzinsenabzug zu erfassen.

Handlungsempfehlung:

Nach der bisherigen Rechtsprechung muss die Frage der Ermittlung von Entnahmen und Einlagen zwecks Prüfung eines einschränkenden Abzugs von Schuldzinsen streng auf den einzelnen Betrieb bezogen werden. Selbst Entnahmen/Einlagen zwischen zwei Betrieben desselben Stpfl. werden also erfasst, auch wenn hiermit keine Mittel dem Gesellschafter selbst zufließen, was eigentlich nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift den Tatbestand darstellt, der ggf. zum begrenzten Schuldzinsenabzug führen soll.

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11 Gewerbesteuerberechnung: Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen

Die Obersten Finanzbehörden der Länder reagieren auf diverse Entscheidungen des BFH zu Fragen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung, insbesondere zur Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen. In der Praxis haben diese Hinzurechnungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer vielfach eine große Bedeutung. Erfasst werden – mit unterschiedlichen Anteilen – Miet- und Pachtzinsen sowie Leasingraten sowohl für Geschäftsräume als auch für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen.

Aus den gleichlautenden Erlassen vom 6.4.2022 sind folgende Aspekte herauszustellen:

  • Eine Hinzurechnung von Aufwendungen, die am Bilanzstichtag als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlage- oder Umlaufvermögens aktiviert wurden, erfolgt nicht. Losgelöst hiervon unterbleibt in Fällen bereits unterjährig ausgeschiedener Wirtschaftsgüter eine Hinzurechnung für solche Aufwendungen, die als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden hätte. Dies betrifft insbesondere den Einsatz von gemieteten Baugeräten oder Baustelleneinrichtung durch Baufirmen, welche mit diesen Bauleistungen erbringen.
  • Miet- und Pachtzinsen werden dann für die Benutzung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gezahlt, wenn die Wirtschaftsgüter für den Fall, dass sie im Eigentum des Mieters oder Pächters stünden, dessen Anlagevermögen zuzurechnen wären. Diese Fiktion muss sich jedoch soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Stpfl. orientieren und richtet sich nach dem jeweiligen konkreten Geschäftsgegenstand im betreffenden Einzelfall. Hierzu wurden folgende Fälle entschieden:
    • Pauschalreiseveranstalter: Die von einem Pauschalreiseveranstalter angemieteten Hotelzimmer und Hoteleinrichtungen stellen nach dessen Geschäftsgegenstand kein fiktives Anlagevermögen dar. Die angemieteten Wirtschaftsgüter werden nicht wie bei einem Hotelier zur dauerhaften Herstellung neuer Produkte (Übernachtung, Verpflegung, Veranstaltung) benötigt, sondern fließen als Teilprodukt in das jeweilige Kundenprodukt „Pauschalreise” ein und verbrauchen sich mit der Durchführung der Reise.
    • Filmhersteller: Gehen angemietete Wirtschaftsgüter wie Filmlocations oder Ausstattungsgegenstände gewissermaßen in das „Produkt” Film ein, weil sie nur in einem einzelnen Film verwendet werden können, so liegt kein Anlagevermögen vor. Kann das angemietete Wirtschaftsgut demgegenüber jedoch gleich einem Werkzeug für die Herstellung von verschiedenen Filmen verwendet werden, handelt es sich hierbei um fiktives Anlagevermögen.
    • Konzertveranstalter: Die von einem Konzertveranstalter angemieteten Veranstaltungsimmobilien sind seinem fiktiven Anlagevermögen zuzuordnen, da diese Wirtschaftsgüter nach dem Geschäftsgegenstand ständig für den Gebrauch vorzuhalten sind. Hierbei ist es unerheblich, ob mehrmals derselbe oder aber verschiedene mehr oder weniger vergleichbare Gegenstände angemietet werden und ob ein potenzieller Erwerb dieser Mietobjekte wirtschaftlich sinnvoll ist.

Hinweis:

Die FinVerw geht auf Aufwendungen für die Anmietung von Messestandplätzen nicht ein. Die Rechtsprechung der Finanzgerichte urteilt zu Aufwendungen eines Produktionsbetriebs mit stehendem Vertriebsnetz für die Anmietung von Messestellplätzen, dass diese nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen.

Handlungsempfehlung:

In jedem Einzelfall sind die Hinzurechnungen zur Gewerbesteuer sorgfältig abzugrenzen. Dabei ist zu beachten, dass – für alle Zinshinzurechnungen zusammen – ein Freibetrag von 200 000 € gewährt wird.

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12 Erweiterte Grundstückskürzung: Billigkeitsregelung bei der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen

Macht ein grds. gewerbesteuerpflichtiges Immobilienunternehmen von der erweiterten Grundstückskürzung Gebrauch mit der Folge, dass die Vermietungseinkünfte nicht der Gewerbesteuer unterliegen, so steht dies unter engen Bedingungen. Insbesondere schließt dies eine gewerbliche Tätigkeit aus. Die Finanzbehörden der Länder haben nun anlässlich der vielfachen Unterbringung von Kriegsflüchtlingen insoweit Billigkeitsregelungen getroffen:

  • Nicht geprüft wird für Einnahmen bis zum 31.12.2022, ob die entgeltliche Überlassung von möbliertem Wohnraum an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine den Tatbestand der Gewerblichkeit erfüllt.
  • Erträge aus sonstigen Unterstützungsleistungen – wie beispielsweise aus der entgeltlichen Zurverfügungstellung von Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln oder Kleidung – sind für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nur dann unschädlich, wenn die Erträge aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern des Grundbesitzes resultieren und diese Einnahmen im Wj. nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten Grundbesitzes sind.
  • Vermieten Grundstücksunternehmen Wohnraum z.B. an juristische Personen des öffentlichen Rechts, die den angemieteten Wohnraum an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine überlassen, gelten diese Wohnraumnutzenden aus Billigkeitsgründen im Jahr 2022 als (mittelbare) Mieter des Grundstücksunternehmens.

Handlungsempfehlung:

Im Einzelfall sollten die Verhältnisse sorgfältig dokumentiert und die angesprochene 5 %-Grenze überwacht werden. Ansonsten droht die erweiterte Grundstückskürzung insgesamt in Gefahr zu geraten.

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13 Abgabe von Speisen in einer Betriebskantine regelmäßig regulär umsatzsteuerpflichtig

Im Urteilsfall bewirtschaftete ein Caterer eine Betriebskantine. Nach dem Vertrag war der Stpfl. u.a. in den Streitjahren (2011 bis 2016) verpflichtet, Speisen (Tellergerichte und Imbisse) anzubieten. Der Caterer gab die Speisen auf Mehrweggeschirr mit Besteck aus und nahm nach der Rückgabe die Reinigung vor. Die Küche und der Ausgabebereich waren durch eine Ausgabetheke, über die die Speisen den Kunden zur Verfügung gestellt wurden, von einem weiteren Bereich des Raumes mit Tischen und Sitzgelegenheiten (Aufenthaltsbereich) getrennt, der nicht nur zum Verzehr der bei dem Stpfl. erworbenen Speisen diente, sondern auch der offizielle Pausenraum für die Mitarbeiter war. Der Caterer erklärte in seinen Umsatzsteuer-Jahreserklärungen für die Streitjahre Umsätze aus Lieferungen und Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken sowohl zum ermäßigten Steuersatz als auch zum Regelsteuersatz. Das Finanzamt ging nach einer Außenprüfung für die Jahre 2011 bis 2013 in den Änderungsbescheiden davon aus, dass die vom Stpfl. abgegebenen Speisen dem Regelsteuersatz von 19 % und nicht – wie von ihm erklärt – dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu unterwerfen seien.

Der BFH bestätigte mit Urteil vom 20.10.2021 (Az. XI R 2/21), dass diese Ausgabe der Speisen dem regulären Umsatzsteuersatz von 19 % unterliegt. Entscheidend ist, dass der Caterer neben der Abgabe von Nahrungsmitteln auch andere Leistungen erbrachte, insbesondere die Bereitstellung und Reinigung des Geschirrs und Bestecks.

Hinweis:

In den seltensten Fällen wird insoweit eine dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegende Leistung vorliegen. Allerdings ist dennoch stets der Einzelfall zu würdigen.

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14 Umsatzsteuer: Zurechnung von Umsätzen einer Betriebskantine – aus Eheleuten bestehende Gemeinschaft als Unternehmer

Im Streitfall ging es im Kern um die Frage, ob die Bereitstellung von Mahlzeiten im Rahmen einer gepachteten Kantine dem ermäßigten Umsatzsteuersatz oder dem Regelsteuersatz unterliegt. Die Kantine wurde von Pächtern bewirtschaftet und in diesem Rahmen wurden sowohl einfache Mahlzeiten als auch bspw. belegte Brötchen und Getränke ausgegeben. Ebenso übernahm der Kantinenpächter das Catering bei Besprechungen im Unternehmen.

Der BFH hat nun aber mit Entscheidung vom 20.10.2021 (Az. XI R 24/20) das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen, da zunächst unklar ist, wer als Unternehmer aufgetreten ist. Insoweit steht in Frage, ob die Ehegatten, die offensichtlich beide Vertragspartner des Kantinenpachtvertrages sind, als eine aus den Ehegatten bestehende Gemeinschaft als Unternehmer aufgetreten sind. Die Umsatzsteuererklärungen wurden aber nur von dem Ehemann als Unternehmer abgegeben und entsprechend erfolgten auch die Feststellungen des Finanzamtes.

Zu der Frage, wer leistender Unternehmer der hier streitigen Ausgangsumsätze ist, ist entscheidend, ob (a) der Stpfl. (Ehemann), (b) seine Ehefrau oder (c) eine aus den Eheleuten bestehende Personenmehrheit gegenüber Kunden der Kantine nach außen als Leistende(r) aufgetreten ist.

Hinweis:

In der Praxis kann insoweit nur zu einem eindeutigen Handeln geraten werden. Vorliegend könnte dies bspw. auf aushängenden Speisekarten/Preistafeln oder auf den Kassenbelegen gegenüber den Kunden zum Ausdruck gebracht werden.

Hinsichtlich der vom Finanzgericht im zweiten Rechtsgang dann möglicherweise zu beantwortenden Frage des anzuwendenden Steuersatzes weist der BFH auf die jüngere Rechtsprechung hin. Nach den in diesen Entscheidungen ausführlich dargestellten Grundsätzen dürften die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts zur Reinigung des Geschirrs, des Bestecks und der Tische, zum portionsweisen Austeilen des Mittagessens sowie zur Nutzungsüberlassung des Geschirrs und Bestecks seine Entscheidung tragen, dass sonstige Leistungen vorliegen und die strittigen Umsätze (bei dem vom FG noch festzustellenden leistenden Unternehmer) im Streitjahr dem Regelsteuersatz zu unterwerfen waren, weil die unterstützenden Dienstleistungen neben der Abgabe der Speisen mehr als nur einen geringfügigen personellen Einsatz erforderten. Die abschließende Würdigung im zweiten Rechtsgang obliegt allerdings dem Finanzgericht.

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15 Vorsteuerabzug aus Aufwendungen für Trikotsponsoring als Werbemaßnahme

Im Streit stand der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von Sportbekleidung mit Werbeaufdrucken (sog. Trikotsponsoring). Es ging um eine Fahrschule, die Sportbekleidung mit dem Werbeaufdruck „Fahrschule X” erworben und die Trikots verschiedenen Vereinen in der Region rund um seine Fahrschule unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte. Es handelte sich vor allem um Jugendmannschaften in unterschiedlichen Sportarten.

Nach einer Außenprüfung wurden die entsprechenden Vorsteuern vom Finanzamt nicht steuermindernd berücksichtigt. Zur Begründung führte es an, dass die Spiele der fraglichen Mannschaften vor allem solche im Jugendbereich beträfen, die kaum Publikum anziehen würden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Aufdrucke keine nennenswerte Werbewirkung erzielen würden. Das Überlassen der Sportbekleidung sei deshalb dem ideellen Bereich (welcher umsatzsteuerlich nicht relevant ist) zuzuordnen, die Vorsteuer also nicht abziehbar.

Das Niedersächsische FG hat dagegen mit Entscheidung vom 3.1.2022 (Az. 11 K 200/20) dem Stpfl. Recht gegeben und den Vorsteuerabzug gewährt. Richtig sei zwar, dass die Jugendmannschaften in aller Regel nicht vor Publikum spielten; bei deren Spielen seien vorwiegend Betreuer und ggf. einige Eltern mit anwesend. Entscheidend sei aber vielmehr, dass die jugendlichen Sportler zumeist im Alter von 15 bis 20 Jahren seien und demgemäß gerade die Zielgruppe, die der Stpfl. mit seiner Fahrschule ansprechen möchte. Erfahrungsgemäß nähmen junge Leute im Alter ab 16 oder 17 Jahren heutzutage zumeist die Möglichkeit zum Erwerb einer Fahrerlaubnis in Anspruch.

Der Verein erbringe damit eine Dienstleistung in Form einer Werbeleistung, für die er als Gegenleistung die betreffenden Gegenstände erhält. Ob die Vereine eine Versteuerung dieser Leistungen vorgenommen hätten, sei – so das Gericht – für die hier maßgebliche Frage des Vorsteuerabzugs des leistenden Unternehmers unerheblich und nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

Hinweis:

Auf Seiten der Vereine ist zu unterscheiden: Die ideelle Tätigkeit, also die Tätigkeit im eigentlichen Gemeinnützigkeitsbereich, ist der nichtunternehmerischen Sphäre zuzuordnen. Dies hat zur Folge, dass Ausgangsleistungen im ideellen Bereich umsatzsteuerlich nicht erfasst werden, insoweit aber Eingangsleistungen für den ideellen Bereich auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dagegen sind die Vermögensverwaltung, der Zweckbetrieb und die (gewerbliche) wirtschaftliche Geschäftstätigkeit eines Vereins dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen, mit der Folge, dass die Ausgangsleistungen steuerpflichtig sind und hinsichtlich der Eingangsleistungen ein Vorsteuerabzug zu gewähren ist.

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16 Keine Umsatzsteuerbefreiung für eine Tanzschule

Das Niedersächsische FG hat mit Urteil vom 10.3.2022 (Az. 11 K 119/17) entschieden, dass sich weder aus dem nationalen Umsatzsteuerrecht noch aus dem Unionsrecht eine Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze aus dem Betrieb einer Tanzschule ergibt. Dies gilt jedenfalls für Umsätze aus Tanzkursen für Erwachsene („Welttanzprogramm” und „Medaillenkurse”).

Im Urteilsfall war die Steuerbefreiung für die Umsätze aus den von der Stpfl. angebotenen Tanzkursen „Welttanzprogramm und Medaillentanzen” streitig. Die Stpfl. betreibt in der Rechtsform einer GbR eine im Allgemeinen Deutschen Tanzlehrer Verband (ADTV) organisierte Tanzschule in A, die insbesondere Leistungen im Bereich „Medaillentanzen” und „Welttanzprogramm I und II” für Anfänger und Fortgeschrittene anbietet. Die Medaillentanzkurse (Deutsches Tanzabzeichen) bauen dabei auf dem Welttanzkurs auf.

Das Finanzgericht bestätigt die Vorgehensweise des Finanzamtes, welches eine Steuerbefreiung verneint hatte. Im Streitfall sei bereits zweifelhaft, inwieweit die der Stpfl. erteilte Bescheinigung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur geeignet ist, den Nachweis zu erbringen, dass sie im Streitzeitraum mit den Kursen „Welttanzprogramm” und „Medaillentanzen” Leistungen erbracht hat, die auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Ungeachtet dessen scheidet eine Steuerbefreiung schon deshalb aus, weil es sich bei den von der Stpfl. angebotenen Tanzkursen „Welttanzprogramm” und „Medaillentanzen” nicht um eine unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck dienende Leistung einer privaten Schule oder anderen allgemein- oder berufsbildenden Einrichtung handelt.

Die Stpfl. könnte sich auch nicht mit Erfolg unmittelbar auf die Steuerbefreiung der EU-Mehrwertsteuersystem-Richtlinie berufen. So hat der Europäische Gerichtshof zur unionsrechtlichen Regelung mit Urteil vom 21.10.2021 (Az. C-373/19) entschieden, dass ein spezialisierter, punktuell erteilter Unterricht, wie z.B. Schwimmunterricht, für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht i.S.d. Mehrwertsteuersystemrichtlinie kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt und daher nicht von der Umsatzsteuer befreit ist. Vorliegend sei nicht ersichtlich, dass die in den Tanzkursen „Welttanzprogramm” und „Medaillentanzen” für Erwachsene vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten über einen spezialisierten, punktuell erteilten Unterricht hinausgehen.

Hinweis:

Diese Entscheidung liegt auf der Linie der aktuellen Rechtsprechung. Die Steuerbefreiung für Schul- und Hochschulunterricht wird zunehmend eng ausgelegt.

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17 Abgeltungsteuer auf Zinsen aus Darlehensgewährung an eine Personengesellschaft

Zinsen aus Darlehen des Privatvermögens unterliegen dem Abgeltungsteuersatz von 25 % und damit einer vergleichsweise niedrigen Besteuerung. Aus verschiedenen Gründen erfolgt in bestimmten Konstellationen aber keine steuerliche Erfassung der Zinsen mit dem Abgeltungsteuersatz, sondern mit dem normalen Einkommensteuertarif, welcher bis zu 45 % beträgt. So ist – zur Vermeidung einer missbräuchlichen Verlagerung von Einkünften auf die privilegiert besteuerte, private Anlageebene – der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn

  • Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind,
  • soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen.

Strittig war nun bereits mehrfach der im Gesetzestext verwendete unbestimmte Rechtsbegriff der „nahestehenden Person”. Die FinVerw versucht dies eher weit auszulegen. Dem ist der BFH nun aber erneut entgegengetreten. Vielmehr bestätigt das Gericht mit Entscheidung vom 28.9.2021 (Az. VIII R 12/19) seine bisherige Rechtsprechung, nach der eine solche enge Beziehung im Verhältnis natürlicher Personen zueinander nur bejaht wird,

  • wenn die nahestehende Person auf den Stpfl. einen beherrschenden Einfluss ausüben oder umgekehrt der Stpfl. auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Stpfl. imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Stpfl. oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat.
  • Das Beherrschungsverhältnis muss so beschaffen sein, dass der beherrschten Person auf Grund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses für den Abschluss des Darlehens im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt.
  • Ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes, persönliches Näheverhältnis ist nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis in diesem Sinne zu begründen.

Im Urteilsfall ging es um die Darlehensgewährung an eine Personengesellschaft. Insofern konkretisiert das Gericht: Bei einer Personengesellschaft kann ein Gesellschafter einen beherrschenden Einfluss auf Grund seiner Beteiligung grundsätzlich nur dann ausüben, wenn für Gesellschafterbeschlüsse ein Stimmrechtsverhältnis vereinbart ist, das es dem betreffenden Gesellschafter ermöglicht, seine Mitgesellschafter zu überstimmen. Die Beherrschung einer Personengesellschaft durch einen ihrer Gesellschafter setzt daher grundsätzlich voraus, dass dieser eine Beteiligung an der Personengesellschaft innehat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Personengesellschaft durchzusetzen. Die Beherrschung der Personengesellschaft kann auch mittelbar über eine Beteiligungsgesellschaft ausgeübt werden.

Insoweit ist also z.B. eine steuerlich privilegierte Darlehensgewährung durch den Ehegatten eines Gesellschafters möglich. Problematisch ist dagegen die Darlehensgewährung durch ein minderjähriges Kind des Gesellschafters, da insoweit von einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis auszugehen ist.

Hinweis:

Das Gericht zeigt also auf, in welchem Rahmen Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, die Steuersatzdifferenz zwischen dem Betriebsausgabenabzug bei der Personengesellschaft zum Regeltarif und der Versteuerung der Zinseinkünfte zum Abgeltungsteuersatz zu nutzen. In der Praxis bedürfen solche Darlehensgewährungen allerdings stets einer sorgfältigen Beratung.

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18 Bewertung von Personengesellschaftsanteilen für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer

Werden Personengesellschaftsanteile unentgeltlich übertragen – so wie im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder im Erbgang – wird der Wert der Anteile im Grundsatz wie bei Kapitalgesellschaftsanteilen

  • vorrangig aus Verkäufen unter fremden Dritten abgeleitet, die weniger als ein Jahr zurückliegen;
  • ist dies nicht möglich, so ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zu Grunde legen würde. In diesem Schritt ist die Schätzung des Wertes mittels des vereinfachten Ertragswertverfahrens möglich.
  • Stets gilt, dass der (auf den Anteil bezogene) Substanzwert der Gesellschaft, also die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter abzüglich Verbindlichkeiten, nicht unterschritten werden darf.

Das FG München bestätigt nun mit Urteil vom 26.1.2022 (Az. 4 K 1283/20), dass eine Wertableitung aus Verkäufen nach dem Stichtag nicht zulässig ist. Im Streitfall erfolgten über mehrere Jahre hinweg Verhandlungen mit potenziellen Erwerbern über den Verkauf der Anteile. Diese Verhandlungen waren im Wesentlichen nicht erfolgreich. Im Juni 2011 wurde nun ein Teilanteil unentgeltlich übertragen. Schließlich gelang dann im August 2012 auch die Veräußerung eines Teilanteils an einen fremden Dritten, wobei die Verkaufsverhandlungen bereits Ende 2011 begonnen hatten. Das Finanzamt ermittelte den Wert der Schenkung anhand des vereinfachten Ertragswertverfahrens, wobei vorliegend der höhere Substanzwert anzusetzen war. Der so ermittelte und der Schenkungsteuer zu Grunde gelegte Wert lag deutlich über dem Wert, der ca. ein Jahr später bei der Veräußerung des Teilanteils an einen Dritten realisiert werden konnte.

Das FG bestätigte nun in dem rechtskräftigen Urteil die Vorgehensweise des Finanzamtes. Gesetzlich sei eindeutig nicht vorgesehen, dass der gemeine Wert aus Verkäufen abgeleitet werden kann, die erst nach dem Bewertungsstichtag abgeschlossen worden sind. Von diesem Grundsatz macht die Rspr. nur dann eine Ausnahme, wenn der formelle Vertragsabschluss kurz nach dem Stichtag liegt und die Einigung über den Kaufpreis schon am Bewertungsstichtag herbeigeführt war. Der Vertragsschluss muss in diesen Fällen jedoch kurz nach dem Stichtag, d.h. innerhalb einer nach Wochen zu bemessenden Zeitspanne, erfolgen. Eine solche Ausnahmesituation war im Streitfall nicht gegeben.

Auf Grund des Wortlauts der gesetzlichen Regelung zur Anteilsbewertung ist es nicht möglich, wie z.B. im Rahmen des Nachweises des niedrigeren gemeinen Wertes von Grundbesitz, Veräußerungen heranzuziehen, die in dem Zeitraum von einem Jahr vor und nach dem Stichtag erfolgt sind. Nach der gesetzlichen Intention bleiben Ereignisse, die nach dem maßgeblichen Stichtag eintreten, grundsätzlich unberücksichtigt. Denn für die Bemessung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ist der Wert des Zuwendungsgegenstandes im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung maßgeblich.

Hinweis:

Das Finanzgericht weist abschließend darauf hin, dass bei krassen Wertdifferenzen zwischen dem steuerlichen Anteilswert auf den Bewertungsstichtag und einem späteren Kaufpreis unter fremden Dritten ggf. eine Billigkeitsmaßnahme wegen sachlicher Unbilligkeit in Betracht kommt. Eine solche muss der Stpfl. allerdings ausdrücklich beantragen.

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19 Abgeltungsteuer verfassungswidrig?

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hält die Vorschriften über die Abgeltungsteuer für mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes nicht vereinbar und hat sie dem Bundesverfassungsgericht mit Beschluss v. 18.3.2022 (Az. 7 K 120/21) zur Prüfung vorgelegt.

Hintergrund der seit dem 1.1.2009 geltenden Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte war, dass seinerzeit Ziel war, Deutschland als Finanzplatz attraktiver zu machen und die Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Seinerzeit existierten keine Möglichkeiten, um die Besteuerung von Kapitaleinkünften, die in Deutschland Stpfl. im Ausland erzielten, sicherzustellen. Die Verminderung des Steuersatzes auf 25 % sollte den Anlegern einen Anreiz geben, ihr Geld in Deutschland anzulegen und zu versteuern.

Das Finanzgericht kommt nun zu dem Schluss, dass die Anwendung der Abgeltungsteuer, also der Ansatz des abgeltenden Steuersatzes i.H.v. 25 %, auf die Kapitaleinkünfte im Streitfall zwar auf Grundlage der geltenden Gesetzeslage zutreffend erfolgt sei, die zugrunde liegenden Vorschriften aber gegen die im Grundgesetz verankerte Vorgabe der Gleichbehandlung aller Einkunftsarten und einer gleichmäßigen Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit verstoßen und daher verfassungswidrig seien. Die Abgeltungsteuer führe zu einer Ungleichbehandlung zwischen Beziehern privater Kapitaleinkünfte und den übrigen Stpfl.

Die in den Gesetzesmaterialien genannten Rechtfertigungsgründe genügten den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Die Abgeltungsteuer sei nicht zur Verwirklichung eines effektiven Steuervollzugs oder zur Beseitigung eines etwaigen strukturellen Vollzugsdefizits geeignet. Unabhängig von der Frage der grundsätzlichen Geeignetheit der Regelung sei die Erforderlichkeit zwischenzeitlich entfallen, da sich seit dem Inkrafttreten der Abgeltungsteuer die Möglichkeiten der FinVerw, im Ausland befindliches Vermögen zu ermitteln, stark verbessert hätten.

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20 Verneinung der Einkunftserzielungsabsicht für unbebautes Grundstück unter Berücksichtigung eines Zeitablaufs

Das FG Nürnberg hatte im Kern zu entscheiden, ob Finanzierungsaufwendungen aus der Finanzierung des Erwerbs eines unbebauten Grundstücks als vorweggenommene Werbungskosten der späteren Vermietungstätigkeit einzustufen sind. Im Streitfall war problematisch, dass das Grundstück lange Zeit unbebaut blieb und sich damit die Frage der Einkünfteerzielungsabsicht stellte. Das FG Nürnberg kommt mit Urteil v. 5.11.2020 (Az. 8 K 954/18) für den Streitfall zu folgenden Ergebnissen:

  • Eine abschließende (negative) Beurteilung der Vermietungsabsicht bei bebauten Grundstücken ist mit Rücksicht auf den bloßen Zeitablauf regelmäßig erst dann möglich, wenn eine Vermietung über mehr als zehn Jahre nicht zustande gekommen ist. Bei einem unbebauten Grundstück muss dieser Zeitrahmen im Hinblick auf die vor der Vermietung erforderliche Bebauung großzügiger gehandhabt werden.
  • Bestehen auch 17 Jahre nach der Anschaffung des Grundstücks keine konkreten Anhaltspunkte für eine bereits begonnene oder in unmittelbarer Zukunft beginnende Bebauung, ist auch der von der Rechtsprechung geforderte „großzügige Zeitrahmen” bei unbebauten Grundstücken überschritten.

Im konkreten Fall ist vom Stpfl. die Bebauungsabsicht darzulegen. Insoweit sind folgende Aspekte/Indizien von Bedeutung:

  • Die Finanzierung des Bauprojektes muss grds. möglich sein. Finanzielle Schwierigkeiten stehen der Annahme der Bebauungsabsicht grundsätzlich nicht entgegen. Erforderlich ist allerdings, dass der Stpfl. trotz der finanziellen Schwierigkeiten konkret damit rechnen konnte, das Grundstück in überschaubarer Zeit bebauen zu können, und dass er seine Bauabsicht nachhaltig zu verwirklichen sucht. Dafür kann der Abschluss von Bausparverträgen sprechen. Ebenso beachtlich ist jedoch, wenn sich der Stpfl. auf andere Weise erkennbar darum bemüht, das für die Bebauung erforderliche Eigenkapital anzusparen.
  • Weitere Indizien, aus denen sich der wirtschaftliche Zusammenhang ergeben kann, sind nach der Rechtsprechung die Bebaubarkeit des Grundstücks, die Beauftragung eines Architekten oder eine Bauvoranfrage. Dass es sich dabei von Fall zu Fall auch um mehr oder weniger unverbindliche Vorbereitungstätigkeiten handeln kann, steht dem nicht grundsätzlich entgegen. Jedenfalls zusammen mit anderen Indizien können diese Umstände für die (behauptete) Bebauungsabsicht sprechen.

Handlungsempfehlung:

Sollte eine längere Zeitspanne zwischen Erwerb des unbebauten Grundstücks und der Verwirklichung des Bauvorhabens verstreichen, so muss sorgfältig dokumentiert werden, dass eine Bebauungsabsicht besteht. Hierzu sind die Maßnahmen zur Verwirklichung des späteren Bauprojektes darzulegen.

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21 Freibetrag und ermäßigter Steuersatz nach §§ 16, 34 EStG gelten nicht für einen Veräußerungsgewinn aus einer im Privatvermögen gehaltenen 100 %igen GmbH-Beteiligung

§ 17 Abs. 1 und 4 EStG regelt, dass auch der Gewinn bzw. Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Grund- oder Stammkapital qualifiziert beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Im Rahmen der besonderen Gewinnermittlung nach § 17 EStG ist ein proportionaler Freibetrag vorgesehen, so dass der Veräußerungsgewinn bis zur Höhe desjenigen Teils von 9 060 € steuerfrei bleibt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht. Da dieser Freibetrag um denjenigen Betrag vermindert wird, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von 36 100 € (bei 100 %iger Beteiligung) übersteigt, ist dessen materielle Bedeutung marginal. Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsergebnisses kommt das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung, infolgedessen sowohl Gewinne, aber auch Verluste nur zu 60 % berücksichtigt werden. Eine Progressionsminderung bzw. Steuersatzermäßigung ist hingegen nicht vorgesehen.

Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des FG Düsseldorf vom 26.1.2022 (Az. 2 K 2668/19 E) zu sehen, bei dem die Anwendung des Freibetrages nach § 16 Abs. 4 EStG sowie des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 EStG auf die Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen, das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer GmbH streitig war.

Der Stpfl. begehrte für die Veräußerung seiner gesamten GmbH diesen proportionalen Freibetrag (der sich grob gerundet auf rd. das Vierfache des Freibetrags nach § 17 EStG beläuft) und zusätzlich die Steuersatzermäßigung mit der Argumentation, dass sowohl nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG als auch nach der systematischen Stellung der §§ 15-17 EStG die Veräußerung einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Veräußerung eines Teilbetriebs nach § 16 EStG gelte, für die der Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG und die Tarifermäßigung gem. § 34 EStG anzuwenden seien. Keinesfalls handele es sich um eine Veräußerung von Anteilen nach § 17 EStG, da in § 17 EStG nur die Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung und nicht die einer vollunternehmerischen Beteiligung geregelt sei. Der Wortlaut der §§ 16, 17 EStG unterscheide nicht zwischen Betriebs- und Privatvermögen. Weder § 16 EStG noch § 17 EStG verlangten, dass es sich um im Betriebsvermögen gehaltene Anteile handeln müsse. Auch die von § 16 EStG unstreitig erfassten Mitunternehmeranteile würden regelmäßig im Privatvermögen gehalten.

Das FG Düsseldorf hat diese Auffassung verworfen und unterstrichen, dass auch der Gewinn aus der Veräußerung sämtlicher Anteile an einer GmbH zu Recht nach § 17 EStG erfasst und nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gem. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c, § 3c Abs. 2 EStG der Besteuerung zugrunde gelegt wurden. Entgegen der Ansicht des Stpfl. unterliege der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung der im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteile nicht dem Anwendungsbereich der §§ 16, 34 EStG.

Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs. Als Teilbetrieb gilt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Allerdings muss es sich bei einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft insgesamt um sog. notwendiges oder gewillkürtes (Sonder-)Betriebsvermögen des Stpfl. handeln, um zur Anwendung des § 16 EStG zu gelangen. Gehört die Beteiligung dagegen ganz oder teilweise zum Privatvermögen des Stpfl., dann unterfällt der entsprechende Gewinn dem Anwendungsbereich des § 17 EStG – auch wenn sich dieses Ergebnis weder dem Wortlaut des § 16 EStG noch dem Wortlaut des § 17 EStG ausdrücklich entnehmen lässt.

Hinweis:

Das FG Düsseldorf hat damit die herrschende Auffassung bestätigt; in Ermangelung einschlägiger Gründe hat es die Revision nicht zu gelassen.

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22 Berechnung der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG: Gestaltungsmissbrauch bei gegenläufigen Geschäften („wirtschaftliches Nullsummenspiel”)

Nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG bleiben bei der Ermittlung des Einkommens einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10a EStG führen, außer Ansatz. Als Veräußerungsgewinn gilt nach der gesetzlichen Vorgabe der Betrag, um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert übersteigt. Zu den Begriffen des Veräußerungspreises und der Veräußerungskosten kann (nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung) auf die Definition des § 17 EStG zurückgegriffen und die dazu ergangene Rechtsprechung zugrunde gelegt werden. Danach werden nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Veräußerungskosten von den laufenden Betriebsausgaben nicht danach abgegrenzt, ob sie in „unmittelbarer sachlicher Beziehung” zu dem Veräußerungsgeschäft stehen, sondern danach, ob ein Veranlassungszusammenhang zu der Veräußerung besteht.

Vor diesem Hintergrund ist nun das aktuell veröffentlichte Urteil des Hessischen FG vom 21.10.2020 (4 K 1431/18, EFG 2022, 430) zu sehen, mit dem das FG festgestellt hat, dass

  • eine als Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO zu beurteilende unangemessene Gestaltung dann vorliegt, wenn sich gegenläufige Geschäfte, zwischen denen ein Veranlassungszusammenhang besteht, in ihren wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen neutralisieren und sie sich in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis lediglich als formale Maßnahme darstellen,
  • bei Vorliegen eines konzernübergreifenden Gesamtplans die Geschäfte in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung auch konzernübergreifend zu betrachten und im Hinblick auf einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch zusammenfassend zu beurteilen sind,
  • dann, wenn im Rahmen eines solchen konzernintern verwirklichten Gesamtplans Anteilsveräußerungsgeschäfte verwirklicht werden, einem (möglicherweise) nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn die steuerliche Anerkennung zu versagen sein kann, und
  • eigenkapitalähnliche Genussrechte i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG Anteile i.S.v. § 8b KStG sind.

Im konkreten Streitfall hatte – sehr verkürzt dargestellt – eine einem Bankkonzern angehörende GmbH geklagt, die in den Jahren 2006 u. 2007 Gewinne aus der Veräußerung von eigenkapitalähnlichen Genussrechten erzielte, für die sie die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG begehrte. Der Erwerb der Genussrechte war jeweils durch konzerninterne Darlehensgewährungen finanziert worden, die zu Zinsaufwendungen i.H.d. Gewinne aus der Veräußerung der Genussrechte führten; diese Zinsaufwendungen sollten als abzugsfähige Betriebsausgaben in voller Höhe berücksichtigt werden. Durch diese Gestaltung sollte ein steuerlicher Verlust generiert werden.

Unter Berücksichtigung aller Umstände habe, so das FG, insoweit bereits rein objektiv und ohne steuerrechtliche Korrekturen für die GmbH ein wirtschaftliches Nullsummenspiel vorgelegen. Es sei von einem Gesamtplan bestehend aus den Einzelschritten Kauf und späterem Verkauf der Genussrechte mit einem tatsächlich den Refinanzierungsaufwendungen im Haltezeitraum genau entsprechenden Veräußerungsgewinn auszugehen. Dieser habe (unter Berücksichtigung weiterer Konzerngesellschaften) zum Zweck gehabt, die Besteuerung etwaiger stiller Reserven aus von Töchtern (= Organgesellschaften) der GmbH vorgenommenen Anlageverkäufen (Flugzeuge) durch das Generieren von steuerfreien Einnahmen und abzugsfähigen Verlusten auf fremdfinanzierten Genussrechten auf der Ebene der GmbH (der Muttergesellschaft = Organträger) auszugleichen.

Da das FG die Revision nicht zugelassen hat, hat die GmbH eine Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) erhoben, die beim BFH unter dem Az. I B 16/21 anhängig ist.

Hinweis:

Angesichts der NZB ist die weitere Rechtsentwicklung aufmerksam zu beobachten. Dabei ist zu beachten, dass der BFH jüngst mit Beschluss v. 4.1.2022 (I B 83/20) in einem entsprechenden Sachverhalt gegenläufiger Geschäfte mit Wandelschuldverschreibungen eine NZB zurückgewiesen hatte, weil diese gegenläufigen Geschäfte so aufeinander abgestimmt und derart miteinander verknüpft gewesen waren, dass beide Geschäfte nur in ihrer Gesamtheit einen wirtschaftlichen Sinn ergeben hätten; insoweit dürfte die aktuelle NZB unter dem Az. I B 16/21 eher geringe Erfolgsaussichten haben.

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23 Berechtigter der Erstattung von Umsatzsteuervorauszahlungen in (vermeintlichen) Organschaftsfällen

Betreffend die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis regelt § 37 Abs. 2 AO, dass erstattungsberechtigt i.S. dieser Norm derjenige ist, auf dessen Rechnung und nicht auf dessen Kosten eine Zahlung bewirkt worden ist.

Dies hat der BFH mit seinem Urteil vom 14.12.2021 (Az. VII R 20/18) unterstrichen und ausgeführt, dass es gerade nicht darauf ankomme, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, so wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte. Dies gelte auch im Fall einer vermeintlichen Organschaft.

Im konkreten Streitfall waren sowohl das FA als auch der Stpfl. (zu Unrecht) vom Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft ausgegangen. Die für die vermeintliche Organträgerin (eine GbR) berechneten und übermittelten Umsatzsteuervorauszahlungen waren jeweils von einem Konto der vermeintlichen Organgesellschaft (einer GmbH) im Wege des Lastschriftverfahrens beglichen worden. Für dieses Konto hatte die vermeintliche Organgesellschaft dem FA unter der Steuernummer der vermeintlichen Organträgerin eine Einzugsermächtigung erteilt. In der Folge stellte sich heraus, dass tatsächlich aber keine umsatzsteuerliche Organschaft vorlag. Über das Vermögen der GmbH war zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das FA wollte nun auf die von der GbR erklärte Umsatzsteuerschuld auf Leistungen an die GmbH die von der GmbH geleisteten Vorauszahlungen nicht anrechnen.

Der BFH hat dazu festgestellt, dass die im Rahmen des Lastschriftverfahrens bei der GmbH eingezogenen Beträge nach dem für das FA erkennbaren Willen der GmbH auf die Steuerschulden der GbR geleistet worden seien. Denn die Beteiligten hätten übereinstimmend das Bestehen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft in dem Sinne angenommen, dass die GmbH als steuerlich unselbständige Organgesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der Stpfl. (Organträger) eingegliedert war. Daraus wäre gefolgt, dass Umsatzsteuervorauszahlungen nur der Organträger als Unternehmer anzumelden und zu entrichten gehabt hätte.

Dem folgend sind die Beteiligten davon ausgegangen, dass allein die klagende GbR Steuerschuldnerin der Umsatzsteuer war, die auf den Umsätzen der GmbH beruhte – entsprechend dieser vermeintlichen Rechtslage seien die streitigen Umsatzsteuerzahlungen durch Einziehung tatsächlich auch geleistet worden.

Im Streitfall hätten jedenfalls die von dem Konto der GmbH eingezogenen Umsatzsteuervorauszahlungen zu Erstattungsansprüchen der Stpfl. nach § 37 Abs. 2 AO geführt. Denn nach ständiger Rechtsprechung sei in den Fällen, in denen ein Dritter für Rechnung des Steuerschuldners die Steuer zu entrichten hat, grundsätzlich der Steuerschuldner erstattungsberechtigt.

Hinweis:

In der Praxis sollte also immer darauf geachtet werden, dass gegenüber dem FA deutlich gemacht wird, auf wessen Steuerschuld entsprechende Zahlungen erfolgen. Ungeklärt blieb i.Ü. im (steuerrechtlichen) Streitfall, ob die Stpfl. ihrerseits (zivilrechtlich) verpflichtet war bzw. ist, der GmbH die streitigen Umsatzsteuerzahlungen zu erstatten.

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24 Haftung des GmbH-Geschäftsführers für pauschalierte Lohnsteuer

Den GmbH-Geschäftsführer trifft die Pflicht, für eine fristgerechte Anmeldung und Abführung der von der GmbH geschuldeten Lohnsteuer zu sorgen. Er haftet als gesetzlicher Vertreter einer GmbH (§ 69 i.V.m. § 34 AO), soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt worden sind.

Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des BFH vom 14.12.2021 (Az. VII R 32/20) zu sehen, mit dem der BFH seine ältere Rechtsprechung aufgegeben und entschieden hat,

  • dass die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH begründet, was auch im Fall der nachträglichen Pauschalierung der Lohnsteuer gelte.
  • Bei der pauschalierten Lohnsteuer handele es sich nicht um eine Unternehmenssteuer eigener Art, sondern um die durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entstandene und vom Arbeitgeber lediglich übernommene Lohnsteuer.

Im konkreten Streitfall hatte eine GmbH-Geschäftsführerin, die schon seit der Gründung alleinige Gesellschafterin war, gegen Haftungsbescheide wegen Lohnsteuer geklagt. Zuvor war im Zuge einer Außenprüfung festgestellt worden, dass für von der GmbH erstattete (teilweise steuerpflichtige) Verpflegungsmehraufwendungen und für die private Nutzung eines Firmen-Kfz durch die Stpfl. keine Lohnsteuer angemeldet, einbehalten und abgeführt worden war. Das FA führte im Einvernehmen mit der GmbH eine pauschale Nachversteuerung durch und setzte im März 2018 entsprechend Lohnsteuer fest. Die Stpfl. hatte da schon (nämlich am 25.1.2018) einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH gestellt, am 1.2.2018 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Weil die Forderungen von der GmbH jedoch nicht beigetrieben werden konnten, nahm das FA die Stpfl. mit drei Haftungsbescheiden vom 10.10.2018 in Haftung.

Der BFH hat die Klage der Geschäftsführerin abgewiesen und ausgeführt, dass Nichtanmeldung und Nichtabführung der Lohnsteuer auf einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung der Pflichten der Stpfl. als Geschäftsführerin beruht.

Zahlungsschwierigkeiten der GmbH änderten weder etwas an der Pflichtenstellung des GmbH-Geschäftsführers noch würden sie dessen Verschulden bei Nichterfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH ausschließen. Reichten die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Befriedigung der arbeitsrechtlich geschuldeten Löhne (einschließlich des in ihnen enthaltenen Steueranteils) nicht aus, so dürfe der Geschäftsführer die Löhne nur entsprechend gekürzt auszahlen und müsse aus den dadurch übrig bleibenden Mitteln die auf die gekürzten (Netto-)Löhne entfallende Lohnsteuer an das Finanzamt abführen.

Es komme im Streitfall nicht auf den Fälligkeitszeitpunkt der pauschalierten Lohnsteuer laut Nachforderungsbescheid (hier: März 2018) an, sondern auf die Pflichtverletzung durch Nichtanmeldung und Nichtabführung der Lohnsteuer zu den gesetzlich vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkten. Denn auch die pauschale Lohnsteuer sei die durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entstandene und vom Arbeitgeber lediglich übernommene Lohnsteuer.

Hinweis:

Die Stpfl. konnte sich im Streitfall auch nicht durch den Hinweis entlasten, dass sie einen steuerlichen Berater beauftragt hatte, da ein Geschäftsführer nicht blind auf die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung durch den Dritten vertrauen und auf eine Überwachung gänzlich verzichten dürfe. Unklar blieb dabei, ob der Steuerberater überhaupt von den Sachverhalten (private Kfz-Nutzung durch die Stpfl., Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen an Arbeitnehmer) Kenntnis hatte. Auch die Bestellung des Insolvenzverwalters entlastete die Stpfl. im Streitfall nicht, da in der Krise der Gesellschaft den Geschäftsführer erhöhte Pflichten treffen; er müsse nach Auffassung des BFH zumindest dokumentieren können, dass er die Zustimmung des Insolvenzverwalters zur Abgabentilgung erfragt habe.

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25 Übernahme des Gründungsaufwands durch die GmbH

Mit seinem Beschluss v. 26.10.2021 (Az. 22 W 44/21) hat das Kammergericht Berlin zur Frage der Angemessenheitsprüfung des von einer GmbH zu übernehmenden Gründungsaufwands entschieden, dass der von einer GmbH laut Satzung zu übernehmende Gründungsaufwand jedenfalls dann nicht auf einen Betrag von 10 % des Stammkapitals begrenzt ist, wenn der Gesellschaft freies Kapital in Höhe von einem Mehrfachen des Stammkapitals zur Verfügung steht.

Im konkreten Streitfall hat das KG mit diesem Beschluss das Amtsgericht angewiesen, die Anmeldung (des Formwechsels einer KG in eine GmbH) zu vollziehen. Dieses hatte zuvor die Regelung in § 15 des Gesellschaftsvertrages beanstandet, die die Übernahme von Gründungskosten in Höhe von 10 000 € vorsieht, und schließlich die Anmeldung zurückgewiesen. Das KG Berlin hat in seiner Entscheidung folgende Aspekte hervorgehoben:

  • Das Registergericht habe nicht nur die ordnungsgemäße Errichtung und Anmeldung der GmbH zu prüfen, sondern könne nach § 9c Abs. 2 Nr. 2 GmbHG auch Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages beanstanden, die gegen Vorschriften verstoßen, die dem Gläubigerschutz dienen. Die wegen von einer GmbH zu tragenden Gründungskosten entsprechend anzuwendende Vorschrift des § 26 Abs. 2 AktG enthalte zwar in Bezug auf die Höhe des Gründungsaufwandes keine ausdrücklichen Beschränkungen. Es sei aber in der Rechtsprechung anerkannt, dass insoweit eine Angemessenheitsprüfung stattzufinden hat. Ist die Festsetzung danach unangemessen hoch, ist dies durch das Registergericht zu beanstanden und die Eintragung abzulehnen.
  • Es bestehe tatsächlich keine Beschränkung der Höhe des übernehmbaren Gründungsaufwandes auf bis zu 10 % des Stammkapitals.
  • Die Regelung des § 26 Abs. 2 AktG diene zwar dem Gläubigerschutz, dieser sei aber auch zunächst allein durch die Offenlegung als gewahrt anzusehen.
  • Überhöhte oder nicht belegte Kosten dürften zwar nicht in Ansatz gebracht werden, eine starre Grenze sei dadurch aber nicht gerechtfertigt. Insbesondere könne die Bestimmung des noch zulässigen Aufwands nicht anhand der Stammkapitalziffer erfolgen, da dieses für die Höhe der anfallenden Gründungskosten irrelevant sei. Im Streitfall würde bspw. ein freies Vermögen der umwandelnden Gesellschaft i.H.v. zwei Millionen Euro gewährleisten, dass keine zu Lasten der Gläubiger gehende Unterfinanzierung gegeben sei.

Hinweis:

Dieser Beschluss erscheint in hohem Maße praxisrelevant, denn die Registergerichte haben zu prüfen, ob der zu übernehmende Gründungsaufwand unangemessen hoch festgesetzt wird. Der Gesamtaufwand, der zu Lasten der GmbH für die Gründung gewährt wird, ist ja in der Satzung als Gesamtbetrag gesondert festzusetzen. Inhaltlich kommen z.B. Notarkosten und Kosten der Registeranmeldung, aber auch Kosten für Berater (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer), Sachverständigengutachten und Wertnachweise in Betracht. In der notariellen Praxis wird regelmäßig ein Gründungsaufwand der GmbH i.H.v. 10 % der Stammkapitalziffer in die Satzung aufgenommen, da dies i.d.R. von den Registergerichten akzeptiert wird.

Aus Beratersicht ist zu empfehlen, sich im Interesse einer möglichst zügigen Handelsregistereintragung (mit der ja z.B. Umwandlungsmaßnahmen erst wirksam werden) weiterhin an der 10 %-Grenze zu orientieren. Zugleich kann mit Blick auf den Beschluss des KG Berlin jederzeit ein höherer Gründungsaufwand geregelt werden, es sollte dann aber nachgewiesen werden, dass die GmbH über ausreichend freies Vermögen verfügt.

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