Mandantenrundschreiben 01/2023
Für alle Steuerpflichtigen
1 Entlastungsbetrag für Alleinerziehende – neugefasstes Anwendungsschreiben der FinVerw
2 Realsplitting: Trennungsunterhalt durch Naturalleistung
3 Mitgliedsbeitrag für Vereine zur Freizeitgestaltung nicht abzugsfähig
Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
6 Einkommensteuertarif und Arbeitnehmer-Pauschbetrag
7 FinVerw veröffentlicht FAQ zur Inflationsausgleichsprämie
9 Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogener Altersrente entfallen
10 Keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers auf dem Betriebshof des Entsorgers
Für Unternehmer und Freiberufler
11 Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) 2023
12 Rückstellung für Mitarbeiterboni
13 Rückstellungsbildung für Verpflichtungen aus einem Kundenkartenprogramm
Für Personengesellschaften
Für Bezieher von Kapitaleinkünften
16 Gesetzesänderungen durch das Jahressteuergesetz 2022
17 Kein Zufluss von Zinserträgen bei nur buchmäßigem Festhalten einer Schuldverpflichtung
Für Hauseigentümer
18 Grundsteuererlass wegen wesentlicher Ertragsminderung: Wahrung der Antragsfrist bis zum 31.3.2023
19 Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein Immobilienobjekt für Zwecke der AfA
20 Schenkungsteuer: Grundstückswertermitlung bei Existenz eines zeitnahen Kaufpreises
21 Grunderwerbsteuer bei Grundstückskauf von erschließungspflichtiger Gemeinde
Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer
22 Tatsächliche Durchführung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft (Erfüllungssurrogate)
23 Tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrages (Verrechnungskonto)
25 Bewertung der Einlage einer GmbH-Beteiligung bei Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto
26 Ableitung des gemeinen Werts von GmbH-Anteilen / Substanzwert
27 Geschäftsführerhaftung: Zum Zeitpunkt des Beginns und des Endes der Geschäftsführerstellung
Auslandspauschalen 2023 und aktuelle Steueränderungen
28 Steuerliche Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen
29 Besteuerung der Energiepreispauschalen und der Gas-/Wärmepreisbremse (Dezemberhilfe)
30 Allgemeines zu Verpflegungs- und Übernachtungskosten bei Auslandsreisen
1 Entlastungsbetrag für Alleinerziehende – neugefasstes Anwendungsschreiben der FinVerw
Mit Schreiben v. 23.11.2022 (Az. IV C 8 − S 2265-a/22/10001 :001) hat die FinVerw das Anwendungsschreiben zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende überarbeitet. Alleinerziehende Stpfl. haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag. Ab dem Jahr 2023 beträgt der Entlastungsbetrag jährlich 4 260 € (bis 2022: 4 008 €) und erhöht sich für jedes weitere Kind um jährlich 240 €. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird Stpfl. gewährt, die alleinstehend sind und zu deren Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht.
Die FinVerw setzt in dem nun angepassten Anwendungsschreiben insbesondere die Rechtsprechung zur zeitanteiligen Gewährung des Entlastungsbetrags um. Die Voraussetzungen für die Gewährung des Entlastungsbetrags sind für den einzelnen Kalendermonat zu prüfen. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages dem Grunde nach nicht vorgelegen haben, ermäßigt sich der Jahresbetrag zeitanteilig um ein Zwölftel.
Beispiel:
Die alleinstehende Mutter M bringt im April 2023 ihr erstes Kind zur Welt. Sie lebt in ihrem Haushalt mit keiner weiteren volljährigen Person zusammen. Ab April kann M den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig i.H.v. (4 260 € x 9/12 =) 3 195 € in Anspruch nehmen.
In dem Jahr, in dem Ehegatten bzw. Lebenspartner sich trennen, ist eine zeitanteilige Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages möglich, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Bei dauerndem Getrenntleben kann der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig ab dem Monat der Trennung der Ehegatten/Lebenspartner beansprucht werden.
Der Stpfl. kann den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung/Verpartnerung zeitanteilig in Anspruch nehmen, sofern er die übrigen Voraussetzungen erfüllt, insbesondere nicht bereits in einer Haushaltsgemeinschaft mit dem späteren Ehegatten gelebt hat. Im Fall des Zusammenlebens mit einer anderen volljährigen Person ist der Entlastungsbetrag zeitanteilig für volle Kalendermonate zu kürzen, in denen eine Haushaltsgemeinschaft mit der anderen volljährigen Person besteht.
Beispiel:
Mutter M ist alleinstehend und lebt mit ihren minderjährigen Kindern K und L in einem gemeinsamen Haushalt zusammen. Am 15.8.2023 zieht der neue Partner P in die Wohnung von M mit ein. M und P heiraten am 12.12.2023 und wählen für diesen Veranlagungszeitraum die Zusammenveranlagung. Bis einschließlich August kann M den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig i.H.v. ((4 260 € Grundbetrag + 240 € für das zweite Kind) x 8/12 =) 3 000 € in Anspruch nehmen.
Handlungsempfehlung:
In diesen Fällen ist eine sorgfältige monatsgenaue Betrachtung erforderlich.
2 Realsplitting: Trennungsunterhalt durch Naturalleistung
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten stellen grundsätzlich steuerlich unbeachtliche Aufwendungen des Privatbereichs dar. Anders ist dies unter engen Voraussetzungen beim sog. Realsplitting. Unterhaltsleistungen sind bis zu einem Höchstbetrag von 13 805 € je Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar und korrespondierend hierzu sind sie vom Empfänger als sonstige Einkünfte zu versteuern. Begünstigte Empfänger sind geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten sowie Lebenspartner. Das Realsplitting wird nur auf Antrag gewährt und bedarf der Zustimmung des Empfängers der Leistungen.
Der BFH stellt mit Entscheidung v. 29.6.2022 (Az. X R 33/20) hinsichtlich des Abzugs von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben im Rahmen des Realsplittings klar, dass
- die auf einem entgeltlichen Rechtsverhältnis (Mietvertrag) beruhende Überlassung einer Wohnung an den geschiedenen oder dauerhaft getrennt lebenden Ehegatten nicht dem Anwendungsbereich des Realsplittings unterfällt.
- Dagegen handelt es sich bei einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung um Naturalunterhalt, der in Höhe der ortsüblichen Miete als Sonderausgaben berücksichtigt werden kann. Die ortsübliche Miete ist auch dann anzusetzen, wenn die Parteien unterhaltsrechtlich einen betragsmäßig geringeren Wohnvorteil vereinbart haben.
Wird die Wohnung auf Grundlage einer Unterhaltsvereinbarung zwischen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten an den unterhaltsberechtigten Ehegatten überlassen, so erzielt der unterhaltsverpflichtete Ehegatte mangels eines Entgelts insoweit keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Auf der anderen Seite gilt, dass die entgeltliche, d.h. auf einem Mietvertrag beruhende Überlassung einer Immobilie an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darstellt und somit zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen kann, selbst wenn die Miete mit dem geschuldeten Barunterhalt verrechnet wird. Hieraus folgt, dass der sachliche Anwendungsbereich des Realsplittings insoweit nicht eröffnet ist, als die Nutzungsüberlassung Gegenstand eines entgeltlichen Rechtsverhältnisses ist.
Hinweis:
In der Praxis besteht also Gestaltungsspielraum. Die entgeltliche Überlassung führt auf Seiten des Leistenden zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und eröffnet insoweit aber dann auch den Werbungskostenabzug. Andererseits ist dann der Anwendungsbereich des Realsplittings nicht eröffnet. Für den konkreten Fall ist zu prüfen, welche Vorgehensweise steuerliche Vorteile mit sich bringt.
3 Mitgliedsbeitrag für Vereine zur Freizeitgestaltung nicht abzugsfähig
Spenden an gemeinnützige Vereine sind steuerlich abzugsfähig. Dagegen sind Mitgliedsbeiträge an gemeinnützige Körperschaften nur in bestimmten Fällen steuerlich abzugsfähig. Dies hat der BFH mit Entscheidung v. 28.9.2022 (Az. X R 7/21) bestätigt. Im Urteilsfall ging es um einen gemeinnützigen Verein, der ein Blasorchester für Erwachsene und eines für Jugendliche unterhält.
Das Gericht stellt heraus, dass Mitgliedsbeiträge schon dann steuerlich von den Mitgliedern nicht wie Spenden abgezogen werden können, wenn die Körperschaft auch kulturelle Betätigungen fördert, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Körperschaft neben den beschriebenen kulturellen Betätigungen auch andere Zwecke fördert. Im Streitfall fördert die steuerbegünstigte Körperschaft durch den Betrieb des Laienorchesters kulturelle Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen. Der Abzug von (echten) Spenden bleibt hiervon unberührt.
Hinweis:
Ob Mitgliedsbeiträge steuerlich abzugsfähig sind, ergibt sich aus dem Körperschaftsteuer- bzw. Freistellungsbescheid der steuerbegünstigten Körperschaft. Nicht abziehbar sind Mitgliedsbeiträge insbesondere an Körperschaften, die
- dem Sport,
- kulturellen Betätigungen, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen,
- Heimatpflege und Heimatkunde und
- die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Freifunks, des Modellflugs und des Hundesports
fördern.
4 Sportliche Veranstaltungen als Zweckbetrieb nur, wenn nachweislich ausschließlich unbezahlte Sportler zum Einsatz kommen
Gemeinnützige Sportvereine unterliegen umfangreichen steuerlichen Erleichterungen sowohl bei der Körperschaftsteuer als auch bei der Umsatzsteuer – so in der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes. Dies gilt allerdings nur für den steuerlich privilegierten Bereich, also für den ideellen Bereich und die Zweckbetriebe und nicht etwa für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Kritisch hinsichtlich der Abgrenzung zwischen einem (steuerlich begünstigten) Zweckbetrieb und einem (steuerlich nicht begünstigten) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind insbesondere sportliche Veranstaltungen. Insoweit ist eine zweistufige Prüfung vorzunehmen:
- Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind ein Zweckbetrieb, wenn die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer insgesamt 45 000 € im Jahr nicht übersteigen. Der Verkauf von Speisen und Getränken sowie die Werbung gehören nicht zu den sportlichen Veranstaltungen.
- Der Verein kann auf die Anwendung dieser Grenze verzichten, was eines Antrags an das Finanzamt bedarf. Diese Option ist v.a. für größere Vereine attraktiv, die verhältnismäßig leicht über die 45 000 €-Grenze kommen. Dies bindet den Verein dann für mindestens fünf Jahre. Dann sind sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins (unter den weiteren Voraussetzungen) ein Zweckbetrieb, wenn kein Sportler des Vereins teilnimmt, der für seine sportliche Betätigung oder für die Benutzung seiner Person, seines Namens, seines Bildes oder seiner sportlichen Betätigung zu Werbezwecken von dem Verein oder einem Dritten über eine Aufwandsentschädigung hinaus Vergütungen oder andere Vorteile erhält. Andere sportliche Veranstaltungen sind dagegen als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einzustufen.
Wird auf die Anwendung der 45 000 €-Grenze verzichtet, so ist sorgfältig hinsichtlich jeder Sportveranstaltung abzugrenzen. Für jede einzelne sportliche Veranstaltung ist gesondert zu entscheiden, ob die dort bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. Ist auch nur ein einziger Sportler als sog. bezahlter Sportler anzusehen, sind alle sportlichen Veranstaltungen, an denen dieser Sportler teilnimmt, ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.
Zulässig sind dagegen Aufwandsentschädigungen. Dies ist allerdings restriktiv auszulegen, wie der BFH mit Entscheidung v. 3.8.2022 (Az. XI R 11/19) bestätigt. Ist nun mangels ausreichender Aufzeichnungen nicht nachvollziehbar, inwieweit tatsächlich Aufwand bei den einzelnen Sportlern angefallen ist, und ist deshalb nicht überprüfbar, ob bei allen Sportlern die ihnen jeweils geleistete Zahlung nicht über eine Aufwandsentschädigung hinausgeht, schließt dies die Annahme eines Zweckbetriebs aus. Dagegen hatte das Niedersächsische FG noch die von der FinVerw bestimmte 400 €-Grenze als sachgerechte Vereinfachungsregelung zur Abgrenzung von pauschal geleisteten Aufwandsentschädigungen anerkannt und nur bei darüber hinausgehendem Aufwand einen Einzelnachweis der entstandenen Aufwendungen gefordert.
Im Urteilsfall wurden pauschale Aufwandsentschädigungen gezahlt. Dabei ging der Verein davon aus, dass die tatsächlichen bei den Spielern angefallenen Kosten nie überschritten wurden. Nachweise über die tatsächlichen Aufwendungen der Spieler – wie Fahrtkosten oder Aufwendungen für Sportkleidung – konnte der Verein dagegen nicht vorlegen.
Handlungsempfehlung:
In der Praxis ist stets sorgfältig nachzuweisen, dass bei den begünstigten Sportveranstaltungen keine bezahlten Spieler eingesetzt werden. Werden Aufwandsentschädigungen gezahlt, so sind die entstandenen Aufwendungen aufzuzeichnen.
5 Steuerliche Erfassung einer Wohnungsveräußerung innerhalb von zehn Jahren bei unentgeltlicher Überlassung an Kinder
Wird eine Wohnung innerhalb einer Zeitspanne von zehn Jahren nach dem Erwerb wieder veräußert, so unterliegt der entstehende Veräußerungsgewinn als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer. Davon wird allerdings dann abgesehen, wenn die Wohnung „zu eigenen Wohnzwecken” genutzt wird. Dies war nun im Streitfall gerade fraglich, da die Wohnung unentgeltlich an (leibliche) Kinder überlassen wurde, für die im maßgeblichen Zeitraum aber keine Kinderfreibeträge mehr gewährt wurden. Für diesen Fall hat der BFH mit Urteil v. 24.5.2022 (Az. IX R 28/21) eine Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns bejaht. Ausgenommen von der steuerlichen Erfassung sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alternative) genutzt wurden. Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bedeutet, dass der Stpfl. die Wohnung selbst bewohnen muss; unschädlich ist, wenn er sie gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt.
Keine Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken” liegt vor, wenn der Stpfl. die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Dagegen ist eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken zu bejahen, wenn der Stpfl. Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen. Überlässt der Stpfl. die Wohnung nicht ausschließlich einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind (oder mehreren einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern) unentgeltlich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten, liegt keine begünstigte Nutzung des Stpfl. zu eigenen Wohnzwecken vor.
Im Streitfall war der Befreiungstatbestand durch den Umstand ausgeschlossen, dass die beiden die Wohnung nutzenden Kinder nach der Vollendung ihres 25. Lebensjahres bis zur Veräußerung der Wohnung nicht mehr einkommensteuerlich bei der Veranlagung der Stpfl. zu berücksichtigen waren. Dies gilt unabhängig davon, dass auch ein einkommensteuerlich zu berücksichtigendes Kind in der Wohnung wohnte, da allein die (Mit-)Nutzung durch ein weiteres, wegen seines Alters nicht (mehr) einkommensteuerlich zu berücksichtigendes Kind dazu führt, dass die Wohnung insgesamt nicht mehr als zu eigenen Wohnzwecken des Stpfl. genutzt anzusehen ist.
Handlungsempfehlung:
Materiell können diese Fragen sehr bedeutsam sein. Daher ist im Einzelfall sehr sorgfältig die Nutzung der Wohnung zu planen und ggf. dies zu gestalten.
6 Einkommensteuertarif und Arbeitnehmer-Pauschbetrag
Zum 1.1.2023 sind verschiedene Gesetzesänderungen eingetreten, die sich beim Lohnsteuerabzug auswirken:
- Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ist von bislang 1 200 € auf 1 230 € angehoben worden.
- Einkommensteuertarif: Der Grundfreibetrag ist auf 10 908 € angehoben und der Tarifverlauf ist insgesamt verschoben worden, um inflationsbedingte Einkommenserhöhungen aufzufangen und insoweit im Bereich des progressiven Einkommensteuertarifs ansonsten eintretende Steuersatzerhöhungen (sog. kalte Progression) zu vermeiden.
- Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist auf 4 260 € angehoben worden.
- Sozialabgaben: Die Beitragssätze zur Rentenversicherung sind stabil geblieben. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung ist dagegen auf 2,6 % gestiegen. Bei den Beiträgen zur Krankenversicherung sind individuell (teils deutlich) gestiegene Zusatzbeiträge der Krankenkasse zu verzeichnen und darüber hinaus wirkt sich bei höherverdienenden Arbeitnehmern die angestiegene Beitragsbemessungsgrenze in einem Anstieg der Beiträge aus. Andererseits ist der Übergangsbereich für Midijobs auf 2 000 € angestiegen, so dass sich in diesem Lohnbereich Entlastungen ergeben.
Hinweis:
Diese Änderungen werden automatisch bei der Lohnabrechnung berücksichtigt. Da diese Gesetzesänderungen teilweise erst kurz vor dem Jahreswechsel verkündet worden sind, werden diese ggf. bei der Lohnabrechnung für Januar 2023 noch nicht berücksichtigt, sondern erst im Februar 2023, was dann eine Korrektur der Abrechnung für Januar 2023 erfordert.
7 FinVerw veröffentlicht FAQ zur Inflationsausgleichsprämie
Die FinVerw hat ein FAQ zur Inflationsausgleichsprämie (IAP) veröffentlicht. Zur Milderung der Folgen der stark gestiegenen Preise hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern eine steuer- und beitragsfreie „Inflationsausgleichsprämie” von bis zu 3 000 € zahlen können. Die Zahlung einer solchen Prämie ist freiwillig, kann ggf. aber tarifvertraglich vereinbart sein. Hierzu führt die FinVerw insbesondere Folgendes aus:
- Begünstigte: Eine steuerfreie IAP können, unabhängig von der Art ihrer Beschäftigung, nur Arbeitnehmer im steuerlichen Sinne erhalten. Erfolgt eine Einstufung als Arbeitnehmer im steuerlichen Sinne, so erfolgt allerdings keine weitere Beschränkung. Genannt werden können: Arbeitnehmer in Voll- oder Teilzeit, kurzfristig Beschäftigte, Minijobber, Aushilfskräfte in der Land- und Forstwirtschaft, Auszubildende, Arbeitnehmer im entgeltlichen Praktikum (nicht nur, aber auch Studierende), Arbeitnehmer in Kurzarbeit, Arbeitnehmer in Elternzeit, Arbeitnehmer mit Bezug von Krankengeld, Freiwillige i.S.d. § 2 Bundesfreiwilligendienstgesetzes und Freiwillige i.S.d. § 2 Jugendfreiwilligendienstegesetzes, Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sind, ehrenamtlich Tätige, sofern der steuerliche Arbeitnehmerbegriff erfüllt ist, Vorstände und Gesellschafter-Geschäftsführer, sofern der steuerliche Arbeitnehmerbegriff erfüllt ist, Arbeitnehmer in der aktiven oder passiven Phase der Altersteilzeit, Beziehende von Vorruhestandsgeld, Versorgungsbeziehende.
- Arbeitsverhältnisse zwischen nahestehenden Personen, z.B. Ehegatten-Arbeitsverhältnis: Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eines solchen Arbeitsverhältnisses ist, dass es ernsthaft vereinbart und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wird. Weiterhin wird vorausgesetzt, dass die Verträge zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sind und inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Bei Arbeitsverhältnissen zwischen nahestehenden Personen muss insbesondere geprüft werden, ob die Gewährung einer IAP auch unter Fremden üblich wäre (Fremdvergleichsgrundsatz).
- Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses sind für die Möglichkeit der Gewährung der Steuerbefreiung nicht von Bedeutung. Die Auszahlung muss jedoch im Begünstigungszeitraum erfolgen.
- Höhe der steuerfreien IAP: Die Steuerfreiheit gilt für Zahlungen im Begünstigungszeitraum 26.10.2022 bis 31.12.2024 für entsprechende Zahlungen bis zu insgesamt 3 000 €. Eine Auszahlung in mehreren Teilbeträgen innerhalb dieses Begünstigungszeitraumes ist möglich. Bei Überschreiten des Betrags von 3 000 € ist der übersteigende Betrag steuerpflichtig.
- Mehrere Dienstverhältnisse: Die Steuerbefreiung kann bis zu dem Betrag von 3 000 € für jedes Dienstverhältnis, also auch für aufeinander folgende oder nebeneinander bestehende Dienstverhältnisse, gesondert in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch bei mehreren Dienstverhältnissen mit unterschiedlichen Arbeitgebern verbundener Unternehmen innerhalb eines Konzerns. Der Arbeitgeber braucht somit nicht zu prüfen, ob der Arbeitnehmer eine Prämie bereits aus einem anderen Dienstverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber erhalten hat. Die Steuerbefreiung gilt jedoch nur bis zu dem Betrag von 3 000 € insgesamt bei mehreren aufeinander folgenden Dienstverhältnissen in dem Begünstigungszeitraum zu demselben Arbeitgeber.
- Arbeitsrechtlich zulässige Bedingungen: Wird die Gewährung der IAP an arbeitsrechtlich zulässige Bedingungen, wie z.B. die Betriebszugehörigkeit, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Abteilung oder bestandene Probezeit geknüpft, so ist dies aus steuerlicher Sicht unschädlich.
- Zusammenhang der Leistung mit der Inflation: Die Leistung muss zum Ausgleich der gestiegenen Verbraucherpreise gewährt werden (Inflationsbezug). Nicht erforderlich ist eine entsprechende (schriftliche) Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ausreichend ist, dass die IAP in einem sachlichen Zusammenhang mit der Preisentwicklung steht und sich der Zusammenhang z.B. in Form der Bezeichnung „Inflationsausgleichsprämie” aus der Gehaltsabrechnung oder aus dem Überweisungsträger ergibt.
- Prämienzusage vor dem 25.10.2022: Entscheidend für die Steuerfreiheit ist ausschließlich die Auszahlung im Begünstigungszeitraum 26.10.2022 bis 31.12.2024. Unschädlich ist, wenn der Beschluss zur Zahlung der Prämie bereits vor diesem Zeitraum getroffen wurde.
- Zusätzlichkeitserfordernis: Die Leistung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, d.h., die Steuerbefreiung gilt nur für eine „neue” Leistung des Arbeitgebers. Daher kann der Arbeitgeber eine Sonderleistung, wie z.B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld, auf die der Arbeitnehmer bereits einen Anspruch hat, nicht in eine steuerfreie IAP „umwidmen”. Gleiches gilt auch für die Umwidmung von Überstunden, auf die ein Auszahlungsanspruch besteht. Dagegen können freiwillige Zusatzleistungen, auf die also der Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch hat, als IAP ausgezahlt werden. Auch wenn der Arbeitnehmer im Gegenzug auf einen Freizeitausgleich von Überstunden verzichtet bzw. Überstunden gekürzt werden, auf die kein Auszahlungsanspruch besteht, ist die Voraussetzung einer Gewährung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” in diesen Fällen erfüllt.
- Auswirkungen auf die 50 €-Freigrenze für Sachleistungen: Steuerfreie Bezüge, wie vorliegend der IAP, sind in die Prüfung der 50 €-Freigrenze für Sachleistungen nicht einzubeziehen.
- IAP bei Minijobs: Die steuerfreie IAP kann auch bei pauschalversteuerten Minijobs gewährt werden.
- Steuerliche Behandlung der IAP beim Arbeitnehmer: Die steuerfreie IAP ist weder vom Arbeitgeber in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen noch vom Arbeitnehmer in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Diese unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt.
- Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers: Die steuerfreie IAP ist im Lohnkonto aufzuzeichnen, so dass sie bei der Lohnsteuer-Außenprüfung als solche erkennbar ist und die zutreffende Anwendung der Steuerbefreiung bei Bedarf geprüft werden kann. Der Zusammenhang der Leistungsgewährung mit der Inflation kann sich aus einzel- oder tarifvertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aus ähnlichen Vereinbarungen, aus Erklärungen des Arbeitgebers oder aus einer gesetzlichen Regelung (z.B. Besoldungsgesetz) ergeben.
- Sozialabgaben: Die steuerfreie IAP ist sozialabgabenfrei.
- Pfändbarkeit der IAB: Die Pfändbarkeit der IAP ist im Einkommensteuergesetz nicht geregelt und insbesondere nicht eingeschränkt. Daher unterliegt sie den geltenden Regelungen der Zivilprozessordnung über die Pfändbarkeit von Forderungen (insbesondere Arbeitseinkommen).
Handlungsempfehlung:
Die steuer- und sozialabgabenfreie IAP bietet umfassende Möglichkeiten, um den Arbeitnehmern Zusatzleistungen zu Gute kommen zu lassen. Die wenigen Voraussetzungen müssen aber sorgfältig beachtet werden.
8 Lohnsteuerliche Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten der Arbeitnehmer ab 1.1.2023
Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu bewerten. Dies gilt auch für Mahlzeiten, die dem Arbeitnehmer während einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit im Inland oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellt werden, wenn der Preis der Mahlzeit 60 € (brutto) nicht übersteigt.
Die Sachbezugswerte für Mahlzeiten, die ab dem Kalenderjahr 2023 gewährt werden, betragen:
- für ein Mittag- oder Abendessen3,80 € und
- für ein Frühstück2,00 €.
Bei Vollverpflegung (Frühstück, Mittag- und Abendessen) sind die Mahlzeiten mit dem Wert von 9,60 € anzusetzen.
Handlungsempfehlung:
Bei Reisekostenabrechnungen bzw. Abrechnungen über Verpflegungsleistungen ab dem 1.1.2023 sind die neuen Sätze zu berücksichtigen.
Hinweis:
Mahlzeiten mit einem Preis von über 60 € dürfen nicht mit dem amtlichen Sachbezugswert bewertet werden, sondern sind mit dem tatsächlichen Preis als Arbeitslohn anzusetzen. Bei einer solchen Mahlzeit unterstellt die FinVerw, dass es sich um ein „Belohnungsessen” und nicht um eine „übliche” Beköstigung handelt. Sie sind stets als Arbeitslohn zu erfassen, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer für die betreffende Auswärtstätigkeit eine Verpflegungspauschale als Werbungskosten geltend machen kann oder nicht.
Gestellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer anlässlich einer Auswärtstätigkeit eine übliche Mahlzeit, unterbleibt der Ansatz als Arbeitslohn (Sachbezugswert), wenn dem Arbeitnehmer für die betreffende Auswärtstätigkeit dem Grunde nach eine Verpflegungspauschale als Werbungskosten zustehen würde. Ob und in welcher Höhe tatsächlich eine Verpflegungspauschale als Werbungskosten angesetzt werden kann, ist dabei unbeachtlich.
9 Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogener Altersrente entfallen
In der gesetzlichen Rentenversicherung sind zum 1.1.2023 die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei vorgezogenen Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten grundlegend reformiert worden:
- Frührentner können dann beliebig viel hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Damit soll der Übergang vom Erwerbsleben in den Altersruhestand flexibler ausgestaltet werden können.
- Im Bereich der Erwerbsminderungsrenten sind die Hinzuverdienstmöglichkeiten deutlich ausgeweitet worden. Beim Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ergibt sich 2023 eine Hinzuverdienstgrenze von rund 35 650 €, bei Renten wegen voller Erwerbsminderung von rund 17 820 €. Für Erwerbsminderungsrenten gilt weiterhin, dass eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nur im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens ausgeübt werden darf, welches Grundlage für die Erwerbsminderungsrente ist. Anderenfalls kann der Anspruch auf die Rente trotz Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen entfallen.
Hinweis:
Damit können Altersrenten ab 1.1.2023 unabhängig von der Höhe des Hinzuverdienstes in voller Höhe bezogen werden.
10 Keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers auf dem Betriebshof des Entsorgers
Im zweiten Rechtsgang bestätigt das FG Berlin-Brandenburg mit Entscheidung v. 16.6.2022 (Az. 16 K 4259/17), dass der Betriebshof des Entsorgers keine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers ist; auch längere regelmäßige Wartezeiten durch den Stau ausrückender Müllfahrzeuge sowie nur gelegentliche Verrichtungen wie Veranlassung von Reparaturen bei Beschädigungen oder Defekten an Müllfahrzeugen, gelegentliche Reinigung von Fahrzeugen und Betankung von gasbetriebenen Fahrzeugen an der Gastankstelle auf dem Betriebshof begründen keine erste Tätigkeitsstätte.
Streitig war das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte und die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen bei auswärtiger beruflicher Tätigkeit bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Der Arbeitnehmer war mehr als acht Stunden von der Wohnung abwesend. Fraglich war aber, ob der Betriebshof des Arbeitgebers als erste Tätigkeitsstätte einzustufen war, was zur Folge gehabt hätte, dass die Geltendmachung von Reisekosten ausgeschieden wäre. Das FG sah im Betriebshof des Arbeitgebers für diesen Fall aber keine erste Tätigkeitsstätte. Ganz geringfügige Tätigkeiten allein reichen nicht aus, um den Betriebshof als erste Tätigkeitsstätte anzusehen. Vielmehr müssen in ausreichendem Umfang arbeitsrechtlich geschuldete und zum Berufsbild des Stpfl. gehörende Tätigkeiten ausgeübt werden. Nicht ausreichend ist daher, wenn ein Mitglied einer Müllwagenbesatzung sich am Betriebshof, von dem aus die Touren jeweils starten, lediglich umkleidet, die Ansage der Einsatzleitung anhört, das Tourenbuch, die Fahrzeugpapiere und die Fahrzeugschlüssel abholt und danach mit seinen Kollegen die Blinker sowie die Beleuchtung des Müllfahrzeugs kontrolliert. Da der Müllwerker vorliegend keine erste Tätigkeitsstätte hatte, kam es für die Gewährung von Reisekosten nur darauf an, ob er mehr als acht Stunden von seiner Wohnung entfernt war.
Hinweis:
Dies verdeutlicht, dass z.B. auch bei Handwerkern oder Außendienstmitarbeitern der Betriebshof bzw. das Werksgelände des Arbeitgebers einen ausreichenden Bezugspunkt bilden muss, um dort eine erste Tätigkeitsstätte annehmen zu können.
11 Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) 2023
Entnimmt der Stpfl. aus dem Unternehmen Waren für seinen privaten Verbrauch, so ist diese Entnahme bei der Gewinnermittlung gewinnerhöhend zu berücksichtigen, um den vorherigen Betriebsausgabenabzug beim Warenbezug zu kompensieren. Ebenfalls sind die Entnahmen der Umsatzsteuer zu unterwerfen, da beim zuvor erfolgten Warenbezug auch Vorsteuern geltend gemacht wurden. Für bestimmte Einzelhandelsgeschäfte und Gaststätten hat die FinVerw Pauschalbeträge festgesetzt, welche vom Stpfl. angesetzt werden können, so dass Einzelaufzeichnungen entbehrlich werden. Diese Pauschalsätze beruhen auf Erfahrungswerten und bieten dem Stpfl. die Möglichkeit, die Warenentnahmen monatlich pauschal zu verbuchen. Bei den nun für 2023 festgesetzten Werten ist insbesondere auch die weitere Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Restaurant- und Verpflegungsleistungen berücksichtigt worden.
Im Einzelnen sind folgende Besonderheiten zu beachten:
- Der Ansatz von Pauschalwerten dient der Vereinfachung und lässt keine Zu- und Abschläge wegen individueller persönlicher Ess- oder Trinkgewohnheiten zu. Auch Krankheit oder Urlaub rechtfertigen keine Änderungen der Pauschbeträge.
- Die Pauschbeträge sind Jahreswerte für eine Person. Für Kinder bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr entfällt der Ansatz eines Pauschbetrags. Bis zum vollendeten 12. Lebensjahr ist die Hälfte des jeweiligen Wertes anzusetzen. Tabakwaren sind in den Pauschbeträgen nicht enthalten. Soweit diese entnommen werden, sind die Pauschbeträge entsprechend zu erhöhen (Schätzung).
- Bei gemischten Betrieben (Fleischerei/Metzgerei oder Bäckerei mit Lebensmittelangebot oder Gastwirtschaft) ist nur der jeweils höhere Pauschbetrag der entsprechenden Gewerbeklasse anzusetzen.
Das BMF hat mit Schreiben v. 21.12.2022 (Az. IV A 8 – S 1547/19/10001 :004) die für das Jahr 2023 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) bekannt gegeben. Danach sind die Werte, wie in der Übersicht dargestellt, für ertragsteuerliche sowie umsatzsteuerliche Zwecke anzusetzen.
Gewerbezweig | Jahreswert für eine Person ohne Umsatzsteuer | ||
| 7 % USt | 19 % USt | insgesamt |
Bäckerei | 1 537 € | 197 € | 1 734 € |
Fleischerei/Metzgerei | 1 368 € | 522 € | 1 890 € |
Gaststätten aller Art |
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a) mit Abgabe von kalten Speisen | 1 678 € | 579 € | 2 257 € |
b) mit Abgabe von kalten und warmen Speisen | 2 919 € | 762 € | 3 681 € |
Getränkeeinzelhandel | 113 € | 254 € | 367 € |
Café und Konditorei | 1 481 € | 550 € | 2 031 € |
Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier (Einzelhandel) | 663 € | 0 € | 663 € |
Nahrungs- und Genussmittel (Einzelhandel) | 1 284 € | 339 € | 1 623 € |
Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffeln (Einzelhandel) | 353 € | 156 € | 509 € |
Handlungsempfehlung:
Die Werte sind gegenüber dem bisherigen Stand teilweise merklich erhöht worden, zum Teil aber auch gesunken. Oftmals werden die Pauschalbeträge für Sachentnahmen monatlich durch automatisch hinterlegte Buchungen angesetzt. Ab Januar 2023 sind diese wiederkehrenden Buchungen zu überprüfen und der Buchungsbetrag anzupassen.
12 Rückstellung für Mitarbeiterboni
Im Jahresabschluss sind Rückstellungen für Tantiemen oder Mitarbeiterboni, die Leistungen des abgelaufenen Jahres abgelten, dann zu bilden, wenn insoweit zum Bilanzstichtag eine Zusage gegenüber den Mitarbeitern vorliegt. Das aktuelle Urteil des FG Münster verdeutlicht aber, dass zum Bilanzstichtag nicht zwingend eine rechtlich verbindliche Zusage bestehen muss, sondern dass ausreichend ist, wenn ein faktischer Leistungszwang besteht, der sich aus einer unverbindlichen Zusage und einer langjährigen betrieblichen Übung ergeben kann.
Im Urteilsfall lagen keine arbeitsrechtlichen Zusagen zu Bonuszahlungen vor, jedoch war im Unternehmen ein Mitarbeiterbonussystem etabliert, welches zwar als rechtlich freiwillige Leistung, jedoch in langjähriger Übung umgesetzt wurde. An die Mitarbeiter wurden zwischen 8,4 % und 14,0 % des Jahresüberschusses vor Boni ausgekehrt. Strittig war nun, ob vor diesem Hintergrund in der Bilanz zum 31.12.2014 Rückstellungen für Mitarbeiterboni zu bilden waren. Mit E-Mail vom xx.xx.2015 informierte der Geschäftsführer der Stpfl. die Arbeitnehmer der Stpfl. wie folgt: „Liebe Mitarbeiter/innen, der Jahresbonus für 2014 wird... % eines Monatsgehalts betragen. Die Auszahlung soll im März 2015 erfolgen. […]”. Ab März 2015 zahlte die Stpfl. die Mitarbeiterboni für das Streitjahr 2014 i.H.v. insgesamt 307 354 € an ihre Angestellten aus. Im Jahresabschluss zum 31.12.2014 wurde insoweit eine Rückstellung i.H.v. 307 354 € passiviert. Das Finanzamt erkannte diese Rückstellung nicht an.
Das FG Münster erkannte mit Entscheidung v. 16.11.2022 (Az. 13 K 3467/19 F) dagegen die Rückstellung an.
Nach der Rechtsprechung ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nicht nur dann zu bilden, wenn eine Verbindlichkeit am Bilanzstichtag mit Sicherheit besteht und nur ihre Höhe ungewiss ist, sondern auch dann, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verbindlichkeit dem Grunde nach künftig entsteht, wobei zudem deren Höhe ungewiss sein kann. Im Streitfall liegt die zweite Alternative vor. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer Verbindlichkeit der Stpfl. auf Auszahlung der Mitarbeiterboni (mehr als „51 %”) ergab sich im Streitfall aus der seit dem Jahr 19xx bestehenden ständigen Übung der Stpfl., Mitarbeiterboni ohne rechtliche Verpflichtung an die Mitarbeiter auszuzahlen. Bestätigt wird dies durch die Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern und die langjährige Handhabung. Vor diesem Hintergrund bestand am Bilanzstichtag 31.12.2014 eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Stpfl. ihrer bisherigen ständigen Übung auch für das Streitjahr folgen würde, und auf Grund des erwarteten Jahresüberschusses Mitarbeiterboni auszahlen würde.
Die künftig entstehende Verbindlichkeit hatte auch ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag 31.12.2014. Im Streitfall sollten die Mitarbeiterboni in der Hauptsache die Leistungen der Mitarbeiter im abgelaufenen Geschäftsjahr abgelten.
Hinweis:
Insoweit sind stets die Verhältnisse des Einzelfalls sorgfältig zu prüfen und auch zu dokumentieren.
13 Rückstellungsbildung für Verpflichtungen aus einem Kundenkartenprogramm
Vielfach bestehen in der Praxis Kundenbindungsprogramme, mit denen bei Einkäufen „Bonuspunkte” gesammelt werden können, welche bei nachfolgenden Einkäufen als Zahlungsmittel eingesetzt werden können. Insoweit stellt sich die Frage, ob für bereits ausgegebene und noch nicht eingelöste Bonuspunkte der Unternehmer eine steuermindernde Rückstellung bilden muss. Der BFH hat dies nun in der Entscheidung v. 29.9.2022 (Az. IV R 20/19) bejaht, wenn wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit entsteht und dass das Unternehmen in Anspruch genommen werden wird.
Insoweit grenzt das Gericht ab von dem „Friseurgutschein-Fall” (Urteil v. 19.9.2012, Az. IV R 45/09). In diesem Fall hing die Belastung des ausgebenden Unternehmens davon ab, ob die Inhaber der Gutscheine innerhalb des Geltungszeitraums eine Dienstleistung zu dem durch den Gutschein ermäßigten Entgelt in Anspruch nehmen. Eine isolierte Einlösung der Gutscheine war nicht möglich, weder durch Barauszahlung noch durch Eintausch gegen eine Sachleistung. Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten schied damit aus, weil die Verbindlichkeiten im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden und nur der Höhe nach ungewiss noch wirtschaftlich verursacht waren. Sie beinhalteten einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Dienstleistungen.
Im Urteilsfall gab der Unternehmer Kundenkarten aus. Die Inhaber dieser Kundenkarten erhielten beim Einkauf Bonuspunkte auf den jeweiligen Wert ihres Einkaufs i.H.v. 3 % bzw. 5 %. Bei Rückgängigmachung des Kaufvertrags (Rückgabe, Umtausch, Reklamation) wurde die entsprechende Gutschrift vom Bonuspunkteguthaben abgezogen. Die auf dem Bonuspunktekonto gutgeschriebenen Punkte konnten ab einem Punktestand von 250 Punkten (entspricht 2,50 €) bei weiteren Einkäufen eingelöst werden.
In diesem Fall hatte der Unternehmer zum Bilanzstichtag eine Rückstellung steuermindernd zu passivieren, welche die Verpflichtung aus den zukünftigen Punktegutschriften abbildete. Entscheidend ist, dass es im Streitfall bei wirtschaftlicher Betrachtung zu einer Rabattierung des ersten Warenkaufs kommt, denn der Karteninhaber erhält für den seinerzeit gezahlten Kaufpreis nicht nur die Waren, sondern zusätzlich − in Abhängigkeit vom Kaufpreis jener Waren − Bonuspunkte/Gutscheine, die er bei einem weiteren Einkauf als Zahlungsmittel einsetzen kann. Damit ergibt sich für den Unternehmer bereits mit der Bonuspunktegewährung anlässlich des ersten Warenkaufs eine wirtschaftliche Belastung, denn er ist jedenfalls faktisch zum Abschluss eines weiteren Kaufvertrags mit dem Karteninhaber und rechtlich zur Einlösung der Bonuspunkte und Gutscheine verpflichtet.
Hinweis:
Entscheidend ist also die Ausgestaltung des Bonussystems. Der Bonus muss eine Rabattierung der bereits erfolgten Umsätze bedeuten, damit eine wirtschaftliche Verursachung in der Vergangenheit vorliegt.
14 Anerkennung von Leistungsbeziehungen zwischen Mitunternehmer und Mitunternehmerschaft nur bei Fremdüblichkeit
Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung, nach der die Vornahme von Absetzungen für Substanzverringerung (AfS) auf einen Bodenschatz, wie z.B. ein Kiesvorkommen, nicht zulässig ist, wenn dieses in das steuerliche Betriebsvermögen eingelegt wird, wird in der Praxis nicht selten der Bodenschatz an die Personengesellschaft veräußert. Der BFH bestätigt nun mit Entscheidung v. 1.9.2022 (Az. IV R 25/19), dass ein zur Inanspruchnahme von AfS berechtigender Anschaffungsvorgang auch dann vorliegt, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwirbt und das Veräußerungsgeschäft einem Fremdvergleich standhält. Allerdings werden an die Fremdüblichkeit hohe Anforderungen gestellt. Ein entsprechender Anschaffungsvorgang ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn die getroffenen Vereinbarungen zur Fälligkeit der Kaufpreiszahlung und zum Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten nicht beachtet werden.
Im Urteilsfall ging es um eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist H war. Gegenstand des Unternehmens der KG ist die Erschließung, der Abbau und die Verwertung von Kiesvorkommen. H veräußerte der GmbH & Co. KG ein in seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen befindliches Grundstück sowie eine markierte, noch zu vermessende Fläche auf weiteren, ebenfalls zu seinem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörenden Grundstücken einschließlich des dort enthaltenen Kiesvorkommens.
Der BFH bestätigt zwar, dass AfS auf das Kiesvorkommen vorgenommen werden darf, wenn das Kiesvorkommen vom Gesellschafter entgeltlich erworben wurde. Hiervon sei allerdings nur auszugehen, wenn der Erwerb durch die KG den Kriterien der Fremdüblichkeit entspricht. Dies wäre im Streitfall nicht gegeben.
Die Möglichkeit der Vornahme von AfS ist an das Vorliegen von Anschaffungs- oder Herstellungskosten geknüpft. Insoweit ist im Grundsatz zu differenzieren:
- AfS scheiden aus, wenn weder der Stpfl. noch ein anderer Anschaffungskosten getragen hat. Dementsprechend ist ein im Privatvermögen entdecktes Kiesvorkommen bei Einlage in ein Betriebsvermögen zwar mit dem Teilwert anzusetzen; bei dem Abbau des Kiesvorkommens dürfen AfS jedoch nicht vorgenommen werden.
- Demgegenüber liegt ein die Berechtigung zu AfS begründender Anschaffungsvorgang vor, wenn eine Personengesellschaft einen Bodenschatz entgeltlich von ihrem Gesellschafter erwirbt. Ein solcher Übertragungsvorgang ist allerdings nur dann als Veräußerung durch den Gesellschafter und als Anschaffung durch die Gesellschaft und nicht als Einlage zu werten, wenn sich der Vorgang seinem wirtschaftlichen Gehalt nach wie eine im Geschäftsverkehr zwischen fremden Dritten übliche Veräußerung von einem Rechtssubjekt an ein anderes Rechtssubjekt darstellt. Denn es fehlt in dieser Konstellation der natürliche Interessengegensatz, der zwischen fremden Vertragspartnern vorliegt und dort deshalb die Vermutung einer betrieblichen Veranlassung des Vertrags begründet.
Vorliegend erfolgte die Übertragung jedoch nicht nach fremdüblichen Kriterien. Der Kaufpreis wurde nicht zum Fälligkeitstermin gezahlt. Auch hinsichtlich der Erstattung eines Teilkaufpreises infolge des festgestellten Flächenmindermaßes war eine abweichende Vertragsdurchführung festzustellen. Eine weitere Abweichung in der Vertragsdurchführung ergab sich in Bezug auf die Regelungen zum Besitzübergang. Nach dem Kaufvertrag sollten Besitz, Nutzen und Lasten des Kaufgegenstandes, also auch des Kiesvorkommens, mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises auf die Stpfl. als Käuferin übergehen. Danach hätte die Stpfl. das Kiesvorkommen erst nach dem 11.11.2014 für eigene Zwecke nutzen dürfen. Tatsächlich hat sie das Kiesvorkommen jedoch bereits unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags, d.h. ab dem 1.5.2014, auf eigene Rechnung verkauft.
Handlungsempfehlung:
Dies verdeutlicht, dass in solchen Fällen die Vereinbarung hinsichtlich des Veräußerungsgeschäfts klar und ernstlich gewollt sein muss, rechtswirksam geschlossen wird und auch dementsprechend durchgeführt wird.
15 Betriebsaufspaltung: Beherrschungsidentität bei mittelbarer Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitz-Personengesellschaft
Der BFH hat mit Urteil v. 16.9.2021 (Az. IV R 7/18), entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung und Rechtsprechung, entschieden, dass auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zu berücksichtigen ist. Nach früherer Rechtsprechung kann zwar die mittelbare Beteiligung an der Betriebsgesellschaft die personelle Verflechtung begründen, nicht jedoch die mittelbare Beteiligung an der Besitzgesellschaft. Im Streitfall war eine Personengruppe, die die Betriebs-Personengesellschaft beherrschte, an der Besitz-GmbH & Co. KG über eine GmbH mittelbar beherrschend beteiligt. Das führte dazu, dass der Besitz-Personengesellschaft die erweiterte Gewerbesteuerkürzung versagt worden ist, weil diese nach gefestigter Rechtsprechung Besitzunternehmen in Betriebsaufspaltungsfällen nicht zusteht.
Die FinVerw hat nun mit Schreiben des BMF v. 21.11.2022 (Az. IV C 6 – S 2240/20/10006 :002) und mit Gleichlautenden Ländererlassen v. 22.11.2022 zu dieser Änderung der Rechtsprechung Übergangsregelungen erlassen:
- Eine solche mittelbare Beteiligung an der Besitzgesellschaft über eine Kapitalgesellschaft ist bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung aus Vertrauensschutzgründen erst ab dem Jahr 2024 zu berücksichtigen.
- Die geänderte Rechtsprechung führt bis Ende 2023 nicht zum Verlust der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen bei der Gewerbesteuer.
- Die Rechtsprechung zur fehlenden personellen Verflechtung zwischen Schwester-Kapitalgesellschaften ist weiterhin anzuwenden. Mithin liegt bei Schwester-Kapitalgesellschaften (weiterhin) keine steuerliche Betriebsaufspaltung vor und damit ist die erweiterte Grundstückskürzung (weiterhin) möglich.
Handlungsempfehlung:
Dringend geboten ist, entsprechende Strukturen zu identifizieren und ggf. bis Ende 2023 umzustrukturieren. Insoweit ist stets steuerlicher Rat einzuholen. Positiv ist, dass die FinVerw die Nutzung der erweiterten Grundstückskürzung bei der Gewerbesteuer mittels Schwester-Kapitalgesellschaften weiterhin anerkennt.
16 Gesetzesänderungen durch das Jahressteuergesetz 2022
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Bezieher von Kapitaleinkünften in folgenden Punkten angepasst:
- Sparer-Pauschbetrag: Mit Wirkung ab 2023 wird ein Sparerpauschbetrag von 1 000 € (bisher: 801 €) bzw. bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten von 2 000 € (bisher: 1 602 €) gewährt. Gesetzlich wird vorgegeben, dass erteilte Freistellungsaufträge von den Banken usw. automatisch um 24,844 % erhöht werden. Umfasst der Freistellungsauftrag den gesamten Sparerpauschbetrag, so wird dieser auf den nun geltenden Wert automatisch angepasst.
Handlungsempfehlung:
Insoweit ergibt sich für die Kapitalanleger also kein zwingender Handlungsbedarf. Bei Bestehen mehrerer Depots/Anlagekonten kann es allerdings sinnvoll sein, die erteilten Freistellungsaufträge zu überprüfen und ggf. eine neue Verteilung auf die einzelnen Kreditinstitute vorzunehmen, um die aktuell erzielten Kapitalerträge möglichst umfassend zu berücksichtigen. Freistellungsaufträge können i.d.R. im Onlineverfahren erteilt und geändert werden.
- Verluste aus Kapitaleinkünften: Verluste aus Kapitaleinkünften dürfen nur die Einkünfte mindern, die der Stpfl. in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt. Insoweit ist die Verlustverrechnung also ausdrücklich auf diese Einkunftsart beschränkt. Bei Ehegatten galt dies bislang ausdrücklich für den einzelnen Ehegatten. Mit Wirkung ab dem Jahr 2022 ist nun eine ehegattenübergreifende Verlustverrechnung eingeführt worden.
Handlungsempfehlung:
Soweit die Ehegatten eigene Konten/Depots führen, muss bei der Depotbank eine Verlustbescheinigung angefordert werden. Diese bescheinigten, noch nicht ausgeglichenen Verluste können dann im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung mit positiven Erträgen aus Kapitalvermögen aus anderen Depots/Konten des Ehegatten verrechnet werden.
17 Kein Zufluss von Zinserträgen bei nur buchmäßigem Festhalten einer Schuldverpflichtung
Zinsen sind grundsätzlich dann steuerlich als Einnahmen zu erfassen, wenn der Gläubiger über diese wirtschaftlich verfügen kann. Dies ist gegeben bei Zufluss des Geldbetrages. In bestimmten Fällen ist aber auch bereits die Gutschrift in den Büchern des Schuldners als Zufluss zu werten, wenn der Gläubiger insoweit hierüber verfügen kann. Die Entscheidung des BFH v. 12.7.2022 (Az. VIII R 18/19) zeigt aber, dass insoweit Grenzen zu beachten sind, welche bei der Ermittlung der stpfl. Zinsen von Bedeutung sind. So hat das Gericht entschieden, dass
- wenn in der Gutschrift von fälligen Zinsen in den Büchern des Verpflichteten nur das buchmäßige Festhalten der Schuldverpflichtung zu sehen ist und nicht zum Ausdruck gebracht wurde, dass der Gläubiger den entsprechenden Betrag von nun an jederzeit abrufen kann, noch kein Zufluss im steuerlichen Sinne vorliegt und demnach beim Gläubiger noch keine Kapitalerträge vorliegen.
- Auch das bloße Nichtgeltendmachen gutgeschriebener und nicht ausgezahlter Zinsen bei Fälligkeit gegenüber dem Darlehensnehmer begründet noch keinen Zufluss der Zinsen im steuerlichen Sinne beim Darlehensgeber.
Im Urteilsfall ging es um Zinsen zu einem Darlehen, dass der Stpfl. an eine GmbH gegeben hatte, an der er mittelbar beteiligt war. Die Darlehenszinsen wurden vom Schuldner lediglich auf einem firmeninternen Buchungskonto verbucht. Insoweit konnte der Gläubiger aber noch nicht ohne weiteres über diese lediglich gutgeschriebenen Zinsen verfügen. Dies hätte das Zutun der Verantwortlichen bei der Schuldnergesellschaft bedurft. Daher war noch kein steuerlich relevanter Zufluss anzunehmen.
Auch ein Zufluss durch Novation, bei der die Darlehensansprüche um die entstandenen und gutgeschriebenen Zinsansprüche erhöht wurden, sei nicht bewirkt worden. Hierbei ist entscheidend, dass der dem Gläubiger geschuldete Betrag gerade in dessen Interesse nicht ausgezahlt und auf Grund einer Vereinbarung fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet wird. Bleibt die Schuld wie im Urteilsfall allerdings im Interesse des Schuldners bestehen, liegt wirtschaftlich gesehen lediglich eine Stundung der ursprünglichen Schuld vor und ein Zufluss ist nicht anzunehmen. Schließlich führt das bloße Unterlassen der Geltendmachung eines fälligen Zinsanspruchs nicht zu einer Schuldumschaffung im Sinne einer Novation.
Hinweis:
Dieses Urteil ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus von Bedeutung. Abzugrenzen sind hiervon allerdings Fälle, bei denen der Gesellschafter als Gläubiger über eine Stellung als Gesellschafter oder Geschäftsführer Möglichkeiten hat, über die gutgeschriebenen Beträge zu verfügen.
18 Grundsteuererlass wegen wesentlicher Ertragsminderung: Wahrung der Antragsfrist bis zum 31.3.2023
Ist der Ertrag eines bebauten Grundstücks um mindestens 50 % gemindert und hat der Grundstückseigentümer diese Minderung nicht zu vertreten, so kann bei der jeweiligen Gemeinde ein Antrag auf teilweisen Erlass der Grundsteuer gestellt werden. Der Erlassantrag für das Kalenderjahr 2022 ist bis zum 31.3.2023 (Ausschlussfrist) zu stellen. Insoweit sieht das Gesetz zwei Erlassstufen vor:
- Ist der Ertrag um mehr als 50 % gemindert, so wird die Grundsteuer i.H.v. 25 % erlassen und
- ist der Ertrag um 100 % gemindert, so wird die Grundsteuer i.H.v. 50 % erlassen.
Entscheidend ist, dass der Vermieter die Ertragsminderung nicht zu vertreten hat. Beispiele sind:
- trotz nachweislicher Vermietungsbemühungen steht das Objekt leer;
- die Miete fällt (teilweise) wegen Zahlungsschwierigkeiten des Mieters aus.
Handlungsempfehlung:
Für den Einzelfall ist zu prüfen, ob der Vermieter die Minderung des Mietertrags zu vertreten hat und falls dies verneint werden kann, sollte ein Erlassantrag gestellt werden.
19 Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein Immobilienobjekt für Zwecke der AfA
Der BFH hatte sich erneut mit der Aufteilung eines Gesamtkaufpreises zwecks Ermittlung der AfA zu beschäftigen: Wird eine Immobilie erworben und diese anschließend vermietet, so kann AfA nur für den Gebäudeanteil geltend gemacht werden, nicht dagegen für den Grund und Boden. Hierzu stellt der BFH mit Urteil v. 20.9.2022 (Az. IX R 12/21) heraus:
- Ist für die Anschaffung eines Immobilienobjekts ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Boden- sowie den Gebäudeanteil aufzuteilen.
- Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann die ImmoWertV herangezogen werden; welches Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden.
- Die Wahl der Ermittlungsmethode entzieht sich einer Verallgemeinerung; ein Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren für bestimmte Gebäudearten besteht nicht.
Im Urteilsfall ging es um die Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für eine Eigentumswohnung. Das Finanzamt ermittelte die Kaufpreisanteile von Grund und Boden und Gebäude im sog. „vereinfachten Verfahren” unter Verwendung der Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums. Das dann vom Stpfl. angerufene FG ließ den Gebäudewertanteil durch einen Gutachter ermitteln, war aber der Ansicht, dass für die Ermittlung der Verkehrswerte bei vermieteten Eigentumswohnungen (im Privatvermögen) grundsätzlich vorrangig das Sachwertverfahren anzuwenden sei.
Diese Verengung des Blickwinkels auf das Sachwertverfahren verwirft der BFH. Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils konnte im Streitfall die ImmoWertV herangezogen werden, denn sie enthält anerkannte Grundsätze für die Schätzung von Verkehrswerten von Grundstücken. Nach deren Bestimmungen ist der Verkehrswert mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens (einschließlich des Verfahrens zur Bodenwertermittlung), des Ertragswertverfahrens, des Sachwertverfahrens oder mehrerer dieser Verfahren zu ermitteln. Ein typisierender Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren für bestimmte Gebäudearten besteht nicht.
Der BFH hat in der jüngeren Rechtsprechung herausgestellt, dass das angemessene Bewertungsverfahren individuell zu bestimmen ist:
- So können bei umfassend sanierten, denkmalgeschützten Mietwohngebäuden die Wertanteile für Grund und Boden sowie Gebäude auf der Grundlage des Sachwertverfahrens ermittelt werden, wenn anderweitig ermittelte Ertrags- und Vergleichswerte die tatsächlichen, an einem angemessenen Kaufpreis zu messenden Wertverhältnisse nicht einmal annähernd abbilden können.
- Andererseits kann aber bei Mietwohngebäuden auch das Ertragswertverfahren anzuwenden sein, wenn es sich im Einzelfall − etwa mit Blick auf den Renovierungszustand oder die begehrte innerstädtische Lage − um Renditeobjekte handelt und das Sachwertverfahren nicht in gleicher Weise zur Wertfindung geeignet erscheint, weil der mit dieser Methode ermittelte Wert ganz erheblich von dem zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbarten und tatsächlich gezahlten Kaufpreis abweicht.
Im Urteilsfall führte die Verkehrswertschätzung nach Maßgabe des Sachwertverfahrens zu einem deutlich unter den tatsächlichen Anschaffungskosten liegenden Wert. Dies verdeutlichte, dass dem Anschaffungsvorgang nicht lediglich Erwägungen zur Schaffung von wertstabilem Vermögen und/oder der Erzielung nicht steuerbarer Wertsteigerungen zu Grunde gelegen haben konnten, sondern vielmehr die aus dem Objekt erzielbaren Erträge auf Grund der besonderen Lage für die Kaufentscheidung bestimmend waren.
Handlungsempfehlung:
Dieses Urteil verdeutlicht erneut, dass die Kaufpreisaufteilung anhand der Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums nicht ungeprüft übernommen werden kann. Vielmehr ist auf den Einzelfall abzustellen. In materiell bedeutsamen Fällen sollte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, welches eine individuelle Bewertung nach den Vorgaben der ImmoWertV vornimmt.
20 Schenkungsteuer: Grundstückswertermitlung bei Existenz eines zeitnahen Kaufpreises
Die Bewertung von Immobilien für Zwecke der Schenkungsteuer erfolgt grds. nach dem sog. gemeinen Wert, welcher im Wesentlichen dem Verkehrswert entspricht. Um die Bewertung zu vereinfachen, hat der Gesetzgeber insoweit pauschalierte Bewertungsverfahren bestimmt. Die Rechtsprechung hat bestätigt, dass von diesen grds. auszugehen ist und damit auch Ungenauigkeiten in einem gewissen Rahmen hinzunehmen sind. Mit Urteil v. 24.8.2022 (Az. II R 14/20) hat der BFH die Bedeutung der pauschalierten Bewertungsverfahren bestätigt. Zur Bewertung eines Grundstücks für Zwecke der Schenkungsteuer bei Vorliegen eines zeitnahen Kaufpreises sieht der BFH eine klare Rangfolge:
- Bei der Bewertung eines Grundstücks für Zwecke der Schenkungsteuer sind bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens vorrangig die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise heranzuziehen.
- Liegen keine vom Gutachterausschuss ermittelten Vergleichspreise vor, kann sich der Vergleichspreis nach § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück ergeben.
Im Urteilsfall wendete der Stpfl. seiner Tochter auf Grund eines Schenkungsvertrags einen Betrag i.H.v. 920 000 € zzgl. Notarkosten und Gerichtskosten sowie der anfallenden Grunderwerbsteuer für den Erwerb bestimmter Grundstücke zu. Die auf die Schenkung entfallende Schenkungsteuer sollte laut Vertrag der Stpfl. übernehmen. Die Tochter erwarb die entsprechenden, mit einem freistehenden Einfamilienhaus bebauten Grundstücke zum Kaufpreis von 920 000 €.
In seiner Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts gegenüber dem Finanzamt ermittelte der Stpfl. den Grundbesitzwert im Sachwertverfahren mit 518 403 €. Das FA stellt durch Bescheid dagegen im Wege des Vergleichswertverfahrens einen Grundbesitzwert i.H.v. 920 000 € fest. Dafür zog es den tatsächlich gezahlten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück heran. Vergleichspreise für vergleichbare Grundstücke oder Vergleichsfaktoren konnte der Gutachterausschuss für das zu bewertende Grundstück nicht mitteilen.
Der BFH bestätigte nun das Vorgehen des Finanzamtes:
- Soweit der gemeine Wert des Grundvermögens zu ermitteln ist, geschieht das grundsätzlich anhand der typisierenden Bewertungsregeln, die im Gesetz verankert sind. Die typisierenden Bewertungsmethoden gelten daher grundsätzlich auch dann, wenn das zu bewertende Grundstück in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag am Markt zu fremdüblichen Bedingungen erworben oder veräußert wurde.
- Nach den gesetzlichen Vorgaben sind Ein- und Zweifamilienhäuser grundsätzlich im Vergleichswertverfahren zu bewerten. Nur wenn kein Vergleichswert oder keine Vergleichsfaktoren vorliegen, sind sie im Sachwertverfahren zu bewerten.
- Vorrangig ist daher auf die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichswerte zurückzugreifen. Liegen weder vom Gutachterausschuss ermittelte Vergleichspreise noch Vergleichsfaktoren vor, kann sich der Vergleichspreis auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück selbst ergeben.
Hinweis:
Einen niedrigeren gemeinen Wert hätte vorliegend der Stpfl. mittels Sachverständigengutachten nachweisen müssen. In der Praxis kann die rechtzeitige Beauftragung eines solchen Sachverständigengutachtens auch unter Berücksichtigung der dadurch verursachten Kosten sinnvoll sein, wenn das Grundstück deutliche Mängel aufweist und das typisierte Bewertungsverfahren zu einem offensichtlich überhöhten Wert kommt. Anwendungsfälle sind z.B. Immobilien mit erheblichem Instandhaltungsrückstau oder Grundstücke mit Umweltbelastungen.
21 Grunderwerbsteuer bei Grundstückskauf von erschließungspflichtiger Gemeinde
Strittig war die Höhe der Grunderwerbsteuer. Die Eheleute erwarben von der erschließungspflichtigen Gemeinde ein unbebautes und nicht erschlossenes Grundstück. Der Vertrag nannte einen Gesamtpreis und splittet den Kaufpreis in einen Teilbetrag für den verkauften Grund und Boden (102 600 €) und einen weiteren Teilbetrag für die Erschließungskosten auf. Zu Letzteren hieß es in dem Vertrag, enthalten seien darin sämtliche bereits erbrachten und noch zu erbringenden Kosten der Ersterschließung.
Das Finanzamt war nun der Auffassung, dass die Grunderwerbsteuer auf den gesamten Kaufpreis zu entrichten ist. Hiergegen klagten die Stpfl. und begehrten die Minderung der Bemessungsgrundlage um die Erschließungskosten. Der BFH hat nun mit Entscheidung v. 28.9.2022 (Az. II R 32/20) die Ansicht der Stpfl. bestätigt. Gegenstand des Erwerbsvorgangs war nur das unerschlossene Grundstück, so dass nur auf den Gegenwert für den Grund und Boden Grunderwerbsteuer zu erheben ist.
Insoweit ist nach dem Erschließungszustand des Grundstücks zu unterscheiden:
- Ist ein Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags bereits tatsächlich erschlossen, kann Gegenstand eines solchen Vertrags nur das erschlossene Grundstück sein. In diesem Fall gehören die im Kaufvertrag ausgewiesenen Kosten für die Erschließung grundsätzlich auch dann zur Gegenleistung, wenn Veräußerer eine Gemeinde ist.
- Ist ein Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags noch nicht erschlossen, ist im Wege der Auslegung der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln, ob das erschlossene Grundstück Gegenstand der Übereignungsverpflichtung ist.
Ist eine nach öffentlichem Recht erschließungspflichtige Gemeinde selbst der Veräußerer und übernimmt der Erwerber die Verpflichtung, für die zukünftige Erschließung des Grundstücks einen bestimmten Betrag zu zahlen, ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs regelmäßig nur das unerschlossene Grundstück. Das gilt nicht nur, wenn der Erwerber die Erschließungskosten mittels gesonderten Vertrags übernimmt, sondern ebenso, wenn eine solche Vereinbarung in den Kaufvertrag über das Grundstück integriert ist.
Handlungsempfehlung:
Insoweit ist für den jeweiligen Einzelfall sorgfältig zu prüfen, welcher Bestandteil des Gesamtkaufpreises die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bildet. In Anbetracht der mittlerweile hohen Steuersätze bei der Grunderwerbsteuer ist dies materiell bedeutsam.
22 Tatsächliche Durchführung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft (Erfüllungssurrogate)
Die körperschaftsteuerliche Organschaft bietet neben anderen Vorteilen insbesondere die Möglichkeit, Verluste der Organgesellschaft (einer Kapitalgesellschaft) mit steuerlicher Wirkung beim Organträger (einer Kapital- oder Personengesellschaft) geltend zu machen, also Gewinne und Verluste innerhalb einer Unternehmensgruppe – zwischen Mutter- und (ggf. mehreren) Tochtergesellschaft(en) – zu verrechnen. Zivilrechtlich selbständige Gesellschaften/Einheiten können faktisch wie ein einheitliches Unternehmen besteuert werden, wobei die Organschaft für ihre Anerkennung aber neben der sog. finanziellen Eingliederung, die beim Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an den Anteilen an der Organgesellschaft erfordert, insbes. den Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags (GAV) voraussetzt.
Das FG Hamburg hat zur Frage der tatsächlichen Durchführung eines GAV mit Urteil v. 30.6.2022 (Az. 6 K 182/20) entschieden, dass
- der Durchführung eines GAV die Umwandlung eines Gewinnabführungs- oder eines Verlustübernahmeanspruchs in ein Darlehen grundsätzlich nicht entgegensteht,
- und dass ein solches Darlehen auch nicht fremdüblich vereinbart sein muss; allerdings müsse der Darlehensanspruch werthaltig sein, damit der Vertrag als durchgeführt anzusehen (und damit die Organschaft anzuerkennen) sei.
Die Besonderheit des Streitfalls lag darin, dass nach ständiger Rechtsprechung ein GAV i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG (nur) dann tatsächlich durchgeführt wird, wenn er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen vollzogen wird. Die nach den GoB ermittelten Gewinne müssen tatsächlich durch Zahlung oder Verrechnung an den Organträger abgeführt werden. Zur tatsächlichen Durchführung des GAV reicht der Verbindlichkeitsausweis in der Bilanz der Organgesellschaft allein nicht aus; die Organgesellschaft muss diese Verbindlichkeit auch zeitnah erfüllen, andernfalls wird die Organschaft steuerlich nicht anerkannt.
Allerdings kann – was das FG Hamburg unterstreicht – die zeitnahe Erfüllung des Gewinnabführungs- und Verlustübernahmeanspruchs auch durch Erfüllungssurrogate erfolgen, etwa durch eine Aufrechnung (BFH-Beschluss v. 26.4.2016, I B 77/15, BFH/NV 2016, 1177). Nach herrschender Auffassung im Fachschrifttum ist auch die Umwandlung in ein Darlehen möglich, weil der Anspruch damit zwischen den Organgesellschaften rechtlich anerkannt und durch Novation erfüllt wird. Erforderlich für eine Erfüllung durch Novation in ein Darlehen ist allerdings, dass der Darlehensanspruch – wie bei einer Aufrechnung als Erfüllungssurrogat – werthaltig ist. Dies (und damit die Durchführung des GAV) hat das FG für den Streitfall, in dem Zahlungsansprüche in Darlehen umgewandelt worden waren, bejaht.
Hinweis:
Das FG Hamburg lenkt den Blick nochmals auf die tatsächliche Durchführung von Gewinnabführungsverträgen. Hier soll es einerseits nicht genügen, schlicht Forderungen und Verbindlichkeiten einzubuchen, da der Anspruch auf Gewinnabführung als auch die Verpflichtung zum Verlustausgleich mit Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahrs der Organgesellschaft entstehen. Andererseits soll aber – als praktikabler Ausweg – die Umwandlung in ein Darlehen ausreichend sein, wobei nach Feststellung des FG Hamburg die vorherige Erfüllung der gegenseitigen Ansprüche durch Zahlung und anschließende Neuausreichung als Darlehen ebensowenig erforderlich ist wie die Vereinbarung einer marktüblichen Verzinsung.
23 Tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrages (Verrechnungskonto)
Auch das FG Köln hatte mit nicht rechtskräftigem Urteil v. 21.6.2022 (Az. 10 K 1406/18) zum Erfordernis der tatsächlichen Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags entschieden. Hier war der von der Organgesellschaft (GmbH) an den Organträger (hier: ihren Alleingesellschafter) abzuführende Gewinn (ebenso wie Zinszahlungen) gegen das Konto „Verbindlichkeiten gegen Gesellschafter” verbucht worden. Auf diesem Verrechnungskonto erfolgen ansonsten keine Buchungen, also insbesondere nicht die Buchung von Gegenforderungen. Dazu hat das FG entschieden,
- dass ein GAV nur dann auch tatsächlich durchgeführt ist, wenn die durch ihn begründeten Verpflichtungen innerhalb angemessener Zeit beglichen werden,
- dass die bloße Verbuchung auf einem Verrechnungskonto ohne zeitnahen Ausgleich nicht zur Begleichung der durch den GAV begründeten Verpflichtung in angemessener Zeit führt,
- dass auch Aufrechnungen, die erst Jahre nach dem Bilanzstichtag und der Fälligkeit der Verpflichtung mit Bilanzaufstellung der Organgesellschaft erfolgen (im Urteilsfall im Jahr 2017 für die Besteuerungszeiträume 2009 bis 2011), nicht zur Begleichung der durch den GAV begründeten Verpflichtung in angemessener Zeit führen,
- und dass der volle Gewinn dann nicht wie im GAV vorgesehen an den Organträger abgeführt wird, wenn durch Anweisung im Wege des verkürzten Zahlungsweges der Gewinn an einen Dritten überwiesen wird.
Hinweis:
Die weitere Rechtsentwicklung ist angesichts der beim BFH unter dem Az. I R 37/22 anhängigen Revision aufmerksam zu beobachten. Unstreitig sollte jedenfalls sein, dass ein schlichter Verbindlichkeitsausweis zur Anerkennung der „Durchführung” der organschaftlichen Organschaft nicht genügt. Nach herrschender Meinung anerkannt ist dagegen die Umwandlung des Anspruchs in ein Darlehen. Dies muss dann allerdings auch explizit erfolgen.
24 Steuerliche Behandlung eines punktuell satzungsdurchbrechenden inkongruenten Vorabgewinnausschüttungsbeschlusses
Mit seinem Urteil v. 28.9.2022 (Az. VIII R 20/20) hat sich der BFH explizit gegen die Auffassung der FinVerw gestellt und entschieden, dass
- ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung, der von der Gesellschafterversammlung einstimmig gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, als zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss der Besteuerung zu Grunde zu legen ist,
- der Gesellschafter, an den nach einem solchen Beschluss kein Gewinn verteilt wird, auch nicht den Tatbestand der Einkünfteerzielung gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG verwirklicht, und
- die Frage, ob eine inkongruente Vorabgewinnausschüttung nach § 42 AO gestaltungsmissbräuchlich ist, bei zivilrechtlich wirksamen punktuell satzungsdurchbrechenden Beschlüssen nach denselben Maßstäben zu beurteilen ist, die für satzungsgemäße inkongruente Ausschüttungen gelten.
Im konkreten Streitfall hatte ein Stpfl. geklagt, der zu 50 % an der K-GmbH beteiligt und zudem ihr Geschäftsführer war. Die restlichen 50 % hielt die T-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer in den Streitjahren ebenfalls der Stpfl. war. Nach dem Gesellschaftsvertrag der K-GmbH hatten deren Gesellschafter über die Gewährung und die Entnahme von Vorschüssen auf die voraussichtlichen Jahresgewinnansprüche während eines laufenden Geschäftsjahres durch Beschluss mit einfacher Mehrheit zu entscheiden. Auch über die Verwendung des Jahresgewinns hatten die Gesellschafter durch Gesellschafterbeschluss zu entscheiden. Der Gesellschaftsvertrag der K-GmbH enthielt allerdings keine Regelung zur Gewinnverteilung. In den Streitjahren (2012 bis 2015) fasste die Gesellschafterversammlung der K-GmbH jeweils einstimmig Vorabgewinnausschüttungsbeschlüsse. Die Vorabausschüttungen wurden nach den Beschlüssen nur an die T-GmbH verteilt und an diese ausgezahlt. Der Stpfl. erklärte, keine Einkünfte aus Kapitalvermögen bezogen zu haben, die FinVerw vertrat demgegenüber die Auffassung, dass diesem auf Grund der ihrer Ansicht nach zivilrechtlichen Nichtigkeit der Ausschüttungsbeschlüsse 50 % der ausgeschütteten Beträge zuzurechnen seien. Der BFH hat diese Auffassung verworfen:
- Der Stpfl. habe auf Grund der Vorabgewinnausschüttungen keine Einkünfte aus Gewinnanteilen (Dividenden) gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt, weil die inkongruenten Vorabgewinnausschüttungsbeschlüsse, in denen an ihn keine Ausschüttungsbeträge verteilt wurden, zivilrechtlich wirksam seien.
- Die auf Vorabgewinnausschüttungsbeschlüssen beruhenden Ausschüttungen seien Gewinnausschüttungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG.
- Die im Streitfall gefassten Beschlüsse über die inkongruenten Vorabgewinnausschüttungen würden zwar der Satzung der K-GmbH widersprechen, seien aber entgegen der Auffassung des FA und des BMF nicht nichtig, sondern als punktuell satzungsdurchbrechende Ausschüttungsbeschlüsse mangels Anfechtbarkeit zivilrechtlich wirksam und bindend.
- Bei derartigen satzungsdurchbrechenden Beschlüssen sei zu unterscheiden in einerseits solche mit Dauerwirkung und andererseits solche nur punktuell satzungsdurchbrechenden Beschlüsse, deren Wirkung sich in der betreffenden Maßnahme als Einzelakt erschöpft, so dass die Satzung durch den Beschluss zwar verletzt wird, aber nicht mit Wirkung für die Zukunft geändert werden soll. Derart punktuell wirkende Beschlüsse seien nicht nichtig, aber bei der GmbH grundsätzlich anfechtbar. Im Streitfall hätten allerdings alle Gesellschafter ihre Anfechtungsberechtigung durch Zustimmung zum Beschluss verloren.
- Eine allgemeine steuerliche Angemessenheitskontrolle zivilrechtlich wirksam beschlossener inkongruenter Gewinnausschüttungen sei ebenfalls abzulehnen.
- Auch habe der Stpfl. keine Einkünfte aus vGA gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erzielt, da es sich um offene Ausschüttungen an die T-GmbH gehandelt habe.
- Im Übrigen sei auch das Vorliegen eines sog. Gestaltungsmissbrauchs i.S.d. § 42 AO (schon deshalb) zu verneinen, weil dem Stpfl. kein steuerlicher Vorteil entstanden sei.
Hinweis:
Der BFH führt insoweit seine Rechtsprechung fort, nach der inkongruente Gewinnausschüttungen steuerlich durchaus anzuerkennen sein können. In der Praxis bietet dies große Gestaltungsspielräume.
25 Bewertung der Einlage einer GmbH-Beteiligung bei Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto
Mit seinem Urteil v. 30.6.2022 (Az. IV R 19/18) hat der BFH entschieden, dass
- die Einlage eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft mit den (historischen) Anschaffungskosten zu bewerten ist, wenn der Stpfl. an der Gesellschaft im Zeitpunkt der Einlage wesentlich i.S.v. § 17 EStG beteiligt ist,
- bei der Bewertung auch der Wertzuwachs zu erfassen ist, der sich im Privatvermögen zu einer Zeit gebildet hat, als der Anteilsinhaber noch nicht wesentlich beteiligt war,
- und Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft aus dem steuerlichen Einlagekonto (also eine Einlagenrückgewähr) bei einem gewerblich tätigen Gesellschafter im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs erfolgswirksam zu erfassen sind, soweit sie die Anschaffungskosten der Beteiligung übersteigen.
Im konkreten Fall stritten die Beteiligten über die Frage, mit welchem Wert eine in das Betriebsvermögen der Stpfl. (einer Kommanditgesellschaft) eingelegte Beteiligung anzusetzen war, insbesondere über die Frage, ob negative Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Einlagewertes zu berücksichtigen waren.
Sehr verkürzt dargestellt hatte eine GmbH & Co. KG geklagt, deren alleiniger Kommanditist im Jahr 2004 seine GmbH-Beteiligung, die er bis dahin im Privatvermögen gehalten hatte, ohne Gegenleistung an die Stpfl. abtrat. Die Einbringung sollte zum Buchwert (es wurden rd. 71 T€ errechnet) ohne die Gewährung weiterer Gesellschaftsrechte an der Stpfl. erfolgen.
Im Zuge einer Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 kam die FinVerw zu dem Ergebnis, dass die im Prüfungszeitraum erfolgten Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto die Anschaffungskosten der Beteiligung bis auf einen Erinnerungswert minderten. Soweit die Ausschüttungen die Anschaffungskosten überstiegen, lägen außerordentliche Erträge vor und damit eben keine weiteren Anschaffungskostenminderungen. Das Thüringer FG als Vorinstanz wie auch der BFH haben dieses Ergebnis wie folgt bestätigt:
- Einlagen seien stets mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ist und der Stpfl. an der Gesellschaft i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG beteiligt ist, die im Zeitpunkt der Zuführung gültige Wesentlichkeitsgrenze (aktuell: 1 %) also innerhalb der letzten fünf Jahre überschritten wurde.
- Zweck der besonderen Regelung zur Einlage wesentlicher Beteiligungen sei es, zu verhindern, dass Wertsteigerungen, die die eingelegte Beteiligung während ihrer Zugehörigkeit zum Privatvermögen erfahren hat, entgegen der mit § 17 EStG verfolgten Zielsetzung der Besteuerung entzogen werden.
- Im Fall der Einlage einer wertgeminderten Beteiligung sei folgerichtig ebenfalls eine Bewertung mit den Anschaffungskosten vorzunehmen, um die im steuerverstrickten Privatvermögen eingetretenen, aber noch nicht realisierten Wertminderungen für den Fall ihrer Realisierung im Betriebsvermögen zu erhalten.
- Die Ausschüttungen der GmbH an die Stpfl. aus dem steuerlichen Einlagekonto führten in den Jahren 2005 und 2007 jeweils erfolgswirksam zu Beteiligungserträgen der Stpfl. Denn erfolgsneutral sei eine Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto nur insoweit, als sie mit den vom Gesellschafter aufgewendeten Anschaffungskosten verrechnet werden könne. Soweit Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto aber den Buchwert der Beteiligung überstiegen (also nicht mehr mit Anschaffungskosten verrechnet werden können), liegen gewerbliche Beteiligungserträge vor.
Hinweis:
Diese Entscheidung unterstreicht u.a. die besondere Bedeutung der zutreffenden Ermittlung der Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG. Im Hinblick auf mögliche Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto muss die gesamte Anteilshistorie betrachtet werden. Insoweit ist eine sorgfältige Dokumentation erforderlich.
26 Ableitung des gemeinen Werts von GmbH-Anteilen / Substanzwert
Zur Problematik der Bewertung von Kapitalgesellschaftsanteilen für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer hat das FG Düsseldorf mit Urteil v. 2.11.2022 (Az. 4 K 1832/20 F) entschieden, dass der gemeine Wert von Kapitalgesellschaftsanteilen auch dann gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BewG aus Verkäufen abgeleitet werden könne, wenn diese unter entfernten Verwandten erfolgt sind. Es handele sich bei Verkäufen, die zwischen Personen stattgefunden haben, die nicht mehr in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder verschwägert sind, um solche unter fremden Dritten, die für eine Ableitung des gemeinen Werts heranzuziehen sind. Weiterhin stellt das FG heraus, dass wenn der gemeine Wert aus Verkäufen abgeleitet wird, der Substanzwert gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht die Wertuntergrenze darstellt, also kein Mindestwerttest anhand des Substanzwertes durchzuführen ist.
Die Rechtslage sieht vor, dass nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Börsenkurs nicht besteht, mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Dabei hat die Ermittlung des gemeinen Werts auf Grund von Verkäufen Vorrang vor einer Schätzung.
Vor diesem Hintergrund hat das FG Düsseldorf jedenfalls für den konkreten Streitfall festgestellt, dass der Substanzwert nicht als Mindestwert für einen aus Verkäufen abgeleiteten gemeinen Wert von Anteilen an GmbH herangezogen werden kann – und sich damit explizit gegen die anderslautende Auffassung des FG Münster aus dem Jahr 2021 gestellt, das einen solchen Mindestwert sehr wohl zum Ansatz bringen will.
Hinweis:
Gerade in Hinblick auf die große Praxisrelevanz dieser Bewertungsfrage (Substanzwert immer als Mindestwert?) ist die weitere Rechtsentwicklung aufmerksam zu verfolgen.
27 Geschäftsführerhaftung: Zum Zeitpunkt des Beginns und des Endes der Geschäftsführerstellung
Mit seinem vorläufig nicht rechtskräftigen Urteil v. 18.11.2022 (Az. 3 K 590/21 H) hat das FG Düsseldorf zum Beginn und zum Ende der gesellschaftsrechtlichen Organstellung entschieden,
- dass Entstehung und Erlöschen der steuerrechtlichen Pflichtenstellung bei GmbH-Geschäftsführern allein von dem Inhalt und der Wirksamkeit des jeweiligen Gesellschafterbeschlusses abhängen. Der Zeitpunkt der Eintragung bzw. Löschung im Handelsregister sei insbesondere für die Haftung nach § 69 AO irrelevant;
- Gesellschafterbeschlüsse betreffend die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern könnten grundsätzlich formfrei getroffen werden. Welchen Inhalt sie haben, sei notfalls durch Auslegung zu klären;
- Rein innere Vorbehalte des designierten Geschäftsführers, der seiner Bestellung bereits zugestimmt hat, änderten nichts daran, dass er zum im Gesellschafterbeschluss vorgesehenen Zeitpunkt Geschäftsführer werde.
Im konkreten Streitfall war der Stpfl. vormals einziger Geschäftsführer der B GmbH, an der neben ihm auch E beteiligt war. Sein Anstellungsvertrag war auf den 30.6.2019 befristet. Am 15.4.2019 verfassten der Stpfl., E und Dr. A als Geschäftsführer der C-GmbH einen sog. Letter of Intent, in dem es u.a. hieß, dass der Stpfl. nach Ablauf des Geschäftsführervertrags ab dem 1.7.2019 als angestellter Senior Berater tätig werde.
Der Stpfl. war in der Folge aber über den 30.6.2019 hinaus im Handelsregister als Geschäftsführer eingetragen. Die B-GmbH stellte am 18.11.2019 einen Insolvenzantrag. Der Stpfl. wurde für Lohnsteuerrückstände in Haftung genommen, da er (nach Auffassung des FA) bis mindestens Dezember 2019 als Geschäftsführer der B GmbH bestellt gewesen sei.
Dazu stellt das FG Düsseldorf u.a. fest, dass zwar die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen im Grundsatz für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis haften (können), dass aber der Stpfl. ab dem 1.7.2019 gar nicht mehr gesetzlicher Vertreter der B GmbH gewesen sei. Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern gehörten zum Aufgabenkreis der Gesellschafter, so dass auf den (wirksamen!) Gesellschafterbeschluss abzustellen sei – dieser sei grundsätzlich auch formlos möglich. Die Eintragung im Handelsregister habe demgegenüber nur deklaratorische Wirkung; der öffentliche Glaube des Handelsregisters gem. § 15 HGB habe keinen Einfluss auf die Haftung nach § 69 AO.
Hinweis:
Diese Entscheidung unterstreicht die in der Praxis nicht zu unterschätzende Bedeutung der Gesellschafterbeschlüsse, die schon aus Nachweisgründen (auch was ihre Wirksamkeit angeht) grundsätzlich schriftlich dokumentiert werden sollten. Bei der Ein-Mann-GmbH ist die Schriftform samt Unterschrift sogar gesetzlich vorgeschrieben.
28 Steuerliche Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen
Der Betrieb einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage), deren erzeugter Strom zumindest teilweise gegen Entgelt in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird, ist grundsätzlich eine steuerlich relevante Tätigkeit, die bei der Umsatzsteuer, der Einkommensteuer und auch bei der Gewerbesteuer Folgen nach sich zieht. Dies führt dazu, dass steuerliche Pflichten (Erstellung einer steuerlichen Gewinnermittlung und der Abgabe von Steuererklärungen) selbst dann erfüllt werden müssen, wenn mit der PV-Anlage vergleichsweise geringe Einnahmen und Gewinne erzielt werden.
Diese bürokratischen Hürden sind nun teilweise mit dem Jahressteuergesetz 2022 beseitigt worden, da sich der Gesetzgeber damit einen beschleunigten Ausbau der Photovoltaik erhofft. Diese Maßnahmen betreffen die Absenkung des Umsatzsteuersatzes auf 0 % ab dem 1.1.2023 bei der Lieferung und Installation solcher Anlagen und die Einführung einer Steuerbefreiung von der Einkommensteuer ab 2022 für Anlagen bestimmter Größe.
a) Umsatzsteuer: Nullsteuersatz für Lieferung und Montage von PV-Anlagen
aa) Grundsatz: Betrieb einer PV-Anlage als umsatzsteuerlich relevante Tätigkeit
Wird auf dem selbst genutzten Eigenheim eine Photovoltaikanlage errichtet und der dadurch erzeugte Strom soweit wie möglich selbst genutzt und im Übrigen in das allgemeine Stromnetz gegen Entgelt nach dem EEG eingespeist, so begründet dies im Grundsatz eine unternehmerische Tätigkeit i.S.d. Umsatzsteuerrechts. Auf die Höhe der erzielten Einnahmen und die Leistung der Anlage kommt es dabei nicht an.
Hinweis I:
Die Aufnahme der Tätigkeit ist dem Finanzamt anzuzeigen, und zwar innerhalb eines Monats. Hierfür existiert ein spezielles Formular („Fragebogen zur steuerlichen Erfassung für Einzelunternehmen”). Zusätzlich werden spezielle länderspezifische Fragebögen angefordert, so z.B. in Bayern: „Fragebogen zur Errichtung und zum Betrieb einer Photovoltaikanlage mit Inbetriebnahme ab 01. April 2012”. Allerdings kann ggf. von der sog. Kleinunternehmerregelung Gebrauch gemacht werden. Danach wird Umsatzsteuer auf Antrag nicht erhoben, wenn die Umsätze im Gründungsjahr nicht mehr als 22 000 € betragen und im Folgejahr 50 000 € voraussichtlich nicht übersteigen werden. Wurde die unternehmerische Tätigkeit nur während eines Teils des Kalenderjahres ausgeübt, ist der tatsächliche Umsatz in einen Jahresumsatz umzurechnen.
Hinweis II:
Wird die PV-Anlage von einer natürlichen Person betrieben, sind allerdings alle umsatzsteuerlich relevanten Tätigkeiten des Anlagenbetreibers zusammenzurechnen. Ist also z.B. der Anlagenbetreiber auch als selbständiger Rechtsanwalt tätig, so kann von der Kleinunternehmerregelung nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn die genannten Grenzen über beide Tätigkeiten zusammen eingehalten werden.
bb) Einführung eines Umsatzsteuersatzes von 0 % für die Lieferung und Montage von PV-Anlagen
Bislang war es auch bei der Errichtung einer kleineren PV-Anlage – und keiner anderen umsatzsteuerlich relevanten Tätigkeit – sinnvoll, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten, weil die Vorsteuer aus dem Erwerb der Anlage vom Finanzamt erstattet wurde und nur der Nettobetrag finanziert werden musste. Andererseits folgte dann auch die Pflicht zur Erfüllung der umsatzsteuerlichen Pflichten.
Um diesen Nachteil aus der Anwendung der Kleinunternehmerregelung nun nicht mehr tragen zu müssen, wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2023 für die Lieferung und Montage eine Sonderregelung eingeführt, nach der auf diese Leistungen der Umsatzsteuersatz auf 0 % reduziert wird. Insoweit sind folgende Voraussetzungen zu beachten:
- Erfasste Leistungen: Der Steuersatz von 0 % gilt für die Lieferung von Solarmodulen an den PV-Anlagenbetreiber einschließlich der für den Betrieb der Anlage wesentlichen Komponenten; dies sind insbesondere der Wechselrichter, Modulbefestigungen, die Verkabelung und auch der Batteriespeicher. Weiterhin gilt dies auch für die Montage dieser Anlagenteile.
- Erfasste PV-Anlagen:
- Begünstigt sind die vorgenannten Leistungen nur für PV-Anlagen auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten genutzt werden. Auf die Größe der PV-Anlage kommt es nicht an, so dass z.B. bei einem größeren Wohngebäude auch eine Großanlage von z.B. 50 kWp unter diese Regelung fällt.
- Allerdings gilt vereinfachend, dass diese Voraussetzungen stets als erfüllt gelten bei einer installierten Bruttoleistung der PV-Anlage mit bis zu 30 kWp laut Marktstammdatenregister. In diesem Fall muss der leistende Unternehmer die Eigenschaft des Gebäudes nicht prüfen, um den Nullsteuersatz anzuwenden. Nur bei Anlagen, die diese Leistungsgrenze überschreiten, müssen die Anwendungsvoraussetzungen geprüft werden.
- Begünstigt sind auch sogenannte Balkonkraftwerke, also Solarmodule, die auf dem Balkon aufgestellt und meistens mit einer Steckdose verbunden werden. Mobile Solarmodule (z.B. für Campingzwecke) sind dagegen nicht erfasst.
- Die Installation einer Wallbox zur Aufladung von E-Fahrzeugen unterliegt dem Regelsteuersatz von 19 %.
- Nicht begünstigt sind dagegen z.B. Freiflächenanlagen und auch Anlagen auf anderen Gebäuden, wie z.B. reinen Gewerbeimmobilien.
- Weitere Leistungen des Installationsbetriebs: Nur die genannten Leistungen unterliegen dem Nullsteuersatz. Dies bedeutet, dass andere Leistungen im Zusammenhang mit der Installation der PV-Anlage den allgemeinen Regeln, also i.d.R. dem Umsatzsteuersatz von 19 %, unterliegen. Dies betrifft z.B. die Instandsetzung der Dachfläche vor der Installation der Anlage oder die Ertüchtigung der Elektroinstallation (Hausanschluss) nach den Vorgaben des Netzanschlussbetreibers.
- Zeitliche Anwendung: Die Anwendung des Nullsteuersatzes gilt ab dem 1.1.2023. Insoweit ist zu differenzieren: (a) Werden Anlagenkomponenten nur geliefert, ohne dass der Verkäufer die Photovoltaikanlage auch zu installieren hat, kommt es darauf an, wann die Photovoltaikanlage vollständig geliefert ist. (b) Hat der Verkäufer hingegen auch die Photovoltaikanlage zu installieren, ist entscheidend, wann die Anlage vollständig installiert ist. In diesem Fall entsteht die Umsatzsteuer i.d.R. erst nach beendeter Abnahme und erfolgtem Anschluss der PV-Anlage an das inländische Stromnetz. Unerheblich ist, ob zu einem früheren Zeitpunkt Materiallieferungen erfolgten oder eine Anzahlung geleistet wurde. Damit gilt: Erfolgt die Inbetriebnahme (vollständige Leistungserbringung) noch im Jahr 2022, dann entstehen 19 % Umsatzsteuer. Liegt die Fertigstellung erst im Jahr 2023, so ist der Nullsteuersatz auf die gesamte Leistung anzuwenden.
- Leasing-/Mietkaufverträge: Die Anmietung von PV-Anlagen stellt keine Lieferung von PV-Anlagen dar und unterliegt daher dem Regelsteuersatz. Dagegen können Leasing- oder Mietkaufverträge je nach konkreter Ausgestaltung umsatzsteuerrechtlich als Lieferung oder als sonstige Leistung einzustufen sein. Der Nullsteuersatz kann nur auf Lieferungen angewandt werden. Insoweit sind die individuellen Verträge zu prüfen.
- Reparatur und Wartung von PV-Anlagen: Begünstigt ist auch der Austausch und die Installation defekter Komponenten einer Photovoltaikanlage. Reine Reparaturen oder Wartungsarbeiten ohne die gleichzeitige Lieferung von Ersatzteilen sind hingegen nicht begünstigt. Für Garantie- und Wartungsverträge gelten weiterhin 19 % Umsatzsteuer.
Hinweis:
Diese (zwingende) Anwendung des Nullsteuersatzes in den genannten Fällen muss bereits der Lieferant der Anlage bzw. das Installationsunternehmen bei der Rechnungsstellung beachten.
Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung führt allerdings nur bedingt zu einer Entlastung von steuerlichen Pflichten. So bleibt es auch zukünftig bei folgenden steuerlichen Pflichten:
- Mit der Einspeisung von Strom ist der PV-Anlagenbetreiber Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuergesetzes. Damit besteht weiterhin die Verpflichtung, die Aufnahme der Tätigkeit beim Finanzamt anzuzeigen.
- Auch umsatzsteuerliche Unternehmer, die von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen, müssen jährlich eine Umsatzsteuererklärung abgeben. Umsatzsteuervoranmeldungen brauchen dagegen nicht eingereicht zu werden.
cc) Umsatzsteuerfolgen aus dem Betrieb der PV-Anlage
Während des Betriebs der PV-Anlage ist aus Sicht der Umsatzsteuer zu differenzieren:
- Wird von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch gemacht: Die entgeltliche Einspeisung des erzeugten Stroms in das allg. Stromnetz unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ist dem abnehmenden Energieversorgungsunternehmen mitzuteilen, da dieses regelmäßig per Gutschrift abrechnet. Auch die Verwendung von Strom für eigene private Zwecke unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Aus laufenden Kosten für z.B. Wartung der Anlage können in Rechnung gestellte Vorsteuern nicht geltend gemacht werden. Hinsichtlich der Anwendung der Kleinunternehmerregelung müssen Betreiber von mehreren Anlagen beachten, dass die zurzeit geltenden Umsatzschwellen von 22 000 € bzw. 50 000 € nicht überschritten werden. Bei der Berechnung ist der Gesamtumsatz aller Anlagen und ggf. auch weiterer umsatzsteuerlicher Tätigkeiten zusammenzurechnen.
- Kommt die Kleinunternehmerregelung nicht zur Anwendung oder wird auf deren Anwendung verzichtet: Die entgeltliche Einspeisung des erzeugten Stroms in das allgemeine Stromnetz unterliegt als Lieferung im Inland der Umsatzbesteuerung mit dem regulären Steuersatz von 19 %. Die Verwendung von Strom für eigene private Zwecke unterliegt als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung. Diese ist das Korrektiv dafür, dass auf der anderen Seite der volle Vorsteuerabzug gewährt wird. Die Menge des privat verwendeten Stroms ist grds. mittels Stromzähler zu ermitteln. Bei Kleinanlagen mit einer Leistung bis 10 kW kann die erzeugte Strommenge aus Vereinfachungsgründen unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Volllaststundenzahl von 1 000 kWh/kWp geschätzt werden. Als Bemessungsgrundlage ist grds. der fiktive Einkaufspreis im Zeitpunkt des Umsatzes maßgebend. Wenn der Anlagenbetreiber von einem Energieversorgungsunternehmen noch Strom bezieht, kann dieser Preis für den selbst erzeugten Strom angesetzt werden. Aus laufenden Kosten können die in Rechnung gestellten Vorsteuern geltend gemacht werden.
dd) Zusammenfassendes Beispiel
Die Wirkungsweise des neuen Nullsteuersatzes soll folgendes Beispiel verdeutlichen:
Beispiel:
Sachverhalt: Der im Übrigen nicht als umsatzsteuerlicher Unternehmer auftretende Stpfl. A errichtet im Januar 2023 auf seinem privaten Einfamilienhaus eine PV-Anlage mit einer Leistung von 10 kWp. Lieferung und Montage der Anlage kosten netto 20 000 €. In den Folgejahren werden aus dem Betrieb der Anlage Erlöse aus der Stromeinspeisung in das allg. Stromnetz von jährlich 500 € und ein Vorteil aus dem selbstgenutzten Strom i.H.v. 1 600 € erzielt.
Lösung: A kann von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen. Die Rechnungsstellung des Anlageninstallateurs erfolgt mit einem Umsatzsteuersatz von 0 %, so dass im Ergebnis keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wird. Die Erlöse aus der Stromeinspeisung unterliegen auf Grund der Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht der Umsatzsteuer. Damit ergeben sich aus dem Betrieb der PV-Anlage insgesamt keine umsatzsteuerlichen Folgen.
b) PV-Anlagen in der Einkommensteuer und Gewerbesteuer: Einführung einer Steuerbefreiung
aa) Grundsatz: Betrieb einer PV-Anlage als gewerbliche Tätigkeit
Mit der Errichtung und dem Betrieb einer PV-Anlage wird im Grundsatz eine gewerbliche Tätigkeit aufgenommen. Im Ergebnis führt allerdings der Betrieb einer kleineren PV-Anlage – so insbesondere auf dem privat genutzten Einfamilienhaus – vielfach über die Gesamtnutzungsdauer betrachtet nur zu geringen steuerlichen Konsequenzen bei der Einkommensteuer und bei der Gewerbesteuer auf Grund des Freibetrags regelmäßig gar nicht zu materiellen steuerlichen Folgen. In diesen Konstellationen besteht ein deutliches Missverhältnis zu sich ergebenden steuerlichen Gewinnermittlungspflichten und den Erklärungspflichten. Aus diesem Grund wurde nun mit Wirkung ab dem Jahr 2022 eine recht umfassende Steuerfreistellung von Einnahmen und Entnahmen aus PV-Anlagen mit einer bestimmten Anlagengröße geschaffen.
bb) Steuerbefreiung ab 2022 – steuerliche Wirkung
Die nun ab 2022 geltende Steuerbefreiung für bestimmte PV-Anlagen hat folgende steuerliche Wirkung:
- Der Betrieb der PV-Anlage ist unverändert als steuerlich relevante Tätigkeit einzustufen, soweit mit der PV-Anlage über die Gesamtbetriebsdauer ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben angestrebt wird (sog. Gewinnerzielungsabsicht). Aktuell dürfte insbesondere bei einer hohen Eigenverbrauchsquote in Anbetracht der stark gestiegenen Strombezugskosten eher seltener davon auszugehen sein, dass eine Gewinnerzielungsabsicht nicht vorliegt.
- Die Steuerbefreiung führt dazu, dass Einnahmen z.B. aus der Stromeinspeisung in das öffentliche Netz und ebenso die Entnahmen aus dem Eigenverbrauch steuerfrei gestellt werden.
- Korrespondierend sind die Ausgaben im Zusammenhang mit der PV-Anlage, wie Abschreibung, Finanzierungsaufwand und z.B. Wartungskosten, steuerlich nicht abzugsfähig.
- Im Ergebnis liegt also eine steuerlich relevante Tätigkeit vor, die aber zu einem steuerlichen Ergebnis von 0 € führt, so dass sich keine steuerlichen Folgen ergeben. Sind die Einnahmen insgesamt von der Steuerbefreiung erfasst, so sieht das Gesetz vor, dass ein steuerlicher Gewinn nicht ermittelt werden muss.
cc) Steuerbefreiung ab 2022 – Anwendungsbereich
Die Steuerbefreiung umfasst allerdings nicht sämtliche PV-Analgen, sondern es gelten folgende Anwendungsvoraussetzungen:
- Die Steuerbefreiung gilt im Grundsatz unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Typischerweise wird bei einer Anlage auf dem selbstgenutzten Einfamilienhaus der Strom soweit wie möglich selbst verbraucht und im Übrigen in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die Steuerbefreiung erfasst aber auch PV-Anlagen, die ein Gewerbetreibender im Rahmen des Gewerbebetriebs errichtet. Ebenso werden Anlagen auf einem Vermietungsobjekt hinsichtlich der Stromlieferungen an Mieter erfasst.
- Der Anwendungsbereich der Steuerbefreiung ist nur hinsichtlich der Anlagengröße der PV-Anlage auf eine Leistung von 15 kWp je Wohn-/Gewerbeeinheit des Gebäudes bzw. 30 kWp je Einfamilienhaus bzw. Gewerbeimmobilie und auf eine Gesamtleistung je Stpfl. bzw. Mitunternehmerschaft von 100 kWp begrenzt. In einem ersten Schritt ist abzugrenzen, ob eine PV-Anlage unter die Steuerbefreiung fällt. Insoweit gilt eine maximale Anlagengröße je einzelnem Gebäude. Hinsichtlich der Anlagenleistung ist ausschließlich auf die „installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister” abzustellen. Dabei ist zwischen zwei Gebäudeklassen zu unterscheiden:
maximale Anlagengröße | Anwendungsbereich | Beispiele | |
Buchst. a) | je Gebäude: | Einfamilienhäuser (einschließlich Nebengebäude) und nicht Wohnzwecken dienende Gebäude |
|
Buchst. b) | je Gebäude: | sonstige Gebäude, die nicht unter Buchst. a) fallen |
|
- Ist also z.B. auf einem Einfamilienhaus eine PV-Anlage mit einer Leistung von 10 kWp installiert, so wird diese Anlage von der Steuerbefreiung erfasst. Ist dagegen auf einem Einfamilienhaus eine PV-Anlage mit einer Leistung von mehr als 30 kWp Leistung installiert, so fällt diese nicht unter die Steuerbefreiung. Umfasst ein Mehrfamilienhaus vier Wohneinheiten, so kann auf diesem Gebäude eine begünstigte PV-Anlage mit einer Leistung von maximal vier Wohneinheiten x 15 kWp/Wohneinheit = 60 kWp Leistung errichtet werden.
- Die Steuerbefreiung erfasst ausschließlich „auf, an oder in” den genannten Gebäuden vorhandene PV-Anlagen. Andere Anlagen, wie z.B. Freiflächenanlagen, werden damit nicht erfasst.
- Nach Abgrenzung der im Grundsatz erfassten PV-Anlagen ist die Maximalgrenze von 100 kWp pro Stpfl. zu prüfen. Das heißt ein Stpfl. kann mehrere begünstigte Anlagen auf verschiedenen Gebäuden unterhalten.
Beispiel:
Sachverhalt: Stpfl. A hat auf seinem privat genutzten Einfamilienhaus eine PV-Anlage mit einer Anlagengröße von 5 kWp. Daneben ist auf dem vermieteten Mehrfamilienhaus A eine Anlage mit einer Leistung von 15 kWp installiert. Auf dem Mehrfamilienhaus B mit drei Wohneinheiten ist eine Anlage mit einer Leistung von 50 kWp installiert. Weiterhin hat A eine Anlage mit einer Leistung von 30 kWp auf dem Betriebsgebäude seines Gewerbebetriebs installiert.
Lösung: Sowohl die Anlage auf dem Einfamilienhaus, die auf dem Mehrfamilienhaus A und die auf dem Betriebsgebäude halten die jeweilige maximale Anlagengröße ein. Insgesamt werden damit Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 50 kWp erfasst, so dass auch die 100 kWp-Grenze eingehalten wird. Die Einnahmen und Entnahmen aus diesen drei Anlagen fallen also unter die Steuerbefreiung.
Die Anlage auf dem Mehrfamilienhaus B übersteigt dagegen die für dieses Gebäude geltende Grenze von 45 kWp (drei Wohneinheiten x 15 kWp/Wohneinheit), so dass die Einnahmen aus dieser Anlage nicht unter die Steuerbefreiung fallen, sondern nach den allg. steuerlichen Regeln zu erfassen sind.
- Die ab 2022 eingeführte Steuerbefreiung gilt für alle PV-Anlagen, die unter die genannten Maximalgrenzen fallen, und zwar unabhängig davon, wann die Anlage in Betrieb genommen wurde.
Beispiel:
Sachverhalt: Stpfl. A betreibt seit dem Jahr 2010 auf seinem privat genutzten Einfamilienhaus eine PV-Anlage mit einer Leistung von 15 kWp. Es besteht eine Gewinnerzielungsabsicht.
Lösung: Bis einschließlich zum VZ 2021 ist der Gewinn aus der PV-Anlage steuerlich zu erfassen. Ab dem VZ 2022 fällt die Anlage unter die Steuerbefreiung und die Einnahmen und Ausgaben sind im Ergebnis steuerlich nicht relevant.
Hinweis:
Die Anwendung der Steuerbefreiung und des korrespondierenden Abzugsverbots für diesbezügliche Ausgaben ist zwingend. Der Stpfl. wird damit zwar von steuerlichen Bürokratielasten befreit, finanziell aber u.U. schlechter gestellt als bislang, da ertragsteuerlich vielfach aus dem Betrieb einer solchen Anlage in den ersten Jahren auf Grund von Sonderabschreibungen steuerliche Verluste generiert werden konnten, die erst später wieder durch Gewinne ausgeglichen wurden. Diese steuerlichen Verluste minderten die Steuerbelastung aus anderen Einkunftsquellen.
Darüber hinaus existiert im Gewerbesteuergesetz eine separate Steuerbefreiung, die PV-Anlagen auf, an oder in Gebäuden bis zu einer Leistung von 30 kWp erfasst. Nach der Gesetzesbegründung soll diese gewerbesteuerliche Steuerbefreiung dazu dienen, eine IHK-Mitgliedschaft kleiner Solaranlagenbetreiber zu verhindern.
29 Besteuerung der Energiepreispauschalen und der Gas-/Wärmepreisbremse (Dezemberhilfe)
a) Energiepreispauschalen
Die Energiepreispauschalen unterliegen überwiegend der Besteuerung. Insoweit ist zu unterscheiden:
- Arbeitnehmer: Die – i.d.R. im September 2022 ausgezahlte – Energiepreispauschale von 300 € unterliegt der Lohnsteuer, aber nicht der Sozialversicherung.
- Minijobber: Bei Arbeitnehmern, die ausschließlich pauschal besteuerten Arbeitslohn aus einer kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung oder einer Aushilfstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft erzielen und im gesamten Jahr 2022 keine weiteren anspruchsberechtigenden Einkünfte haben, gehört die Energiepreispauschale nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen.
- Bezieher von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit: Die Energiepreispauschale von 300 € wird vom Finanzamt automatisch in der Einkommensteuerveranlagung angesetzt. Diese unterliegt der Besteuerung.
- Rentner: Die Energiepreispauschale unterliegt der Besteuerung. Die steuerliche Erfassung erfolgt aber nur und insoweit, als der steuerpflichtige Teil der Rente zzgl. Energiepreispauschale und ggf. anderer Einkünfte dazu führen, dass eine Einkommensteuerveranlagung erfolgt. Zu beachten ist, dass die Energiepreispauschale i.H.v. 300 € in vollem Umfang als steuerpflichtige Einnahme gilt und nicht etwa nur anteilig, wie die Rentenzahlungen. Den Bezug der Energiepreispauschale teilen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und der landwirtschaftlichen Alterskasse in der Rentenbezugsmitteilung der Finanzbehörde mit.
- Versorgungsbezieher: Die Energiepreispauschale unterliegt der Besteuerung. Mit der Auszahlung – meist im Dezember 2022 – wurde bereits Lohnsteuer einbehalten.
- Studierende: Studierende und Fachschülerinnen und Fachschüler erhalten eine Einmalzahlung für die gestiegenen Energiekosten i.H.v. 200 €. Die Auszahlung erfolgt erst in 2023. Die Energiepreispauschale wird nicht der Besteuerung unterliegen. Sie wird weder bei einkommensabhängigen Leistungen und Sozialleistungen noch bei Sozialversicherungsbeiträgen zu berücksichtigen sein.
b) Entlastung nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (Dezemberhilfe)
Die Gas-/Wärmepreisbremse in Gestalt der Entlastung im Dezember 2022 nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz unterliegt der Besteuerung. Insoweit sind ausdrückliche Regelungen in das Einkommensteuergesetz aufgenommen worden. Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung ist aber zu differenzieren zwischen zwei Fällen:
- Stpfl., die die Entlastungen im Rahmen einer Einkunftstätigkeit erhalten, wie z.B. ein Vermieter eines Mietobjektes und
- Stpfl., die die Entlastung in ihrem steuerlich nicht relevanten „Privatbereich” erhalten, also z.B. für das selbstgenutzte Einfamilienhaus oder die selbstgenutzte Wohnung.
Stpfl., die die Entlastungen im Rahmen einer Einkunftstätigkeit erhalten:
Hat z.B. für ein Mehrfamilienhaus der Vermieter den Versorgungsvertrag mit dem Energieversorgungsunternehmen geschlossen und erhält dieser im Rahmen des Gasbezugs die Entlastung dadurch, dass die Vorauszahlung für den Monat Dezember 2022 gekürzt oder ausgesetzt wird, so ergibt sich steuerlich folgende Auswirkung:
- Im Dezember 2022 ergibt sich eine geringere Belastung aus dem Gasbezug, so dass sich entsprechend geringere Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ergeben.
- Wenn in 2023 diese Entlastung mit der Nebenkostenabrechnung an die Mieter weitergegeben wird, bedeutet dies eine entsprechende Minderung der Nebenkosten. Mithin vermindern sich beim Vermieter die Einnahmen aus den vereinnahmten Nebenkosten.
Hinweis:
Der Vermieter muss die staatliche Entlastung über die Heizkostenabrechnung an die Mieter weitergeben. Die Höhe der Entlastung ist in der Heizkostenabrechnung gesondert auszuweisen.
Stpfl., die die Entlastung in ihrem steuerlich nicht relevanten „Privatbereich” erhalten:
Ausdrücklich wurde gesetzlich bestimmt, dass die erhaltene staatliche Entlastung steuerlich erfasst wird. Die tatsächliche Besteuerung hängt allerdings von der Höhe der insgesamt erzielten Einkünfte ab. Nur bei Überschreiten bestimmter Grenzen setzt die Besteuerung – und dann fließend – ein. Insoweit ist eine soziale Komponente verankert worden.
Beispiel:
Der ledige Stpfl. erhält eine staatliche Entlastung i.H.v. 400 €. Im Übrigen beträgt die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer (Einkünfte abzgl. Sonderausgaben usw.) 80 000 €. Der zu besteuernde Teil des staatlichen Entlastungsbetrags berechnet sich folgendermaßen:
Differenz des zu versteuernden Einkommens (vor Zurechnung Entlastung) zur Untergrenze der Milderungszone (66 915 €):
80 000 € – 66 915 € = 13 085 €
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Zu versteuernder Anteil der Entlastungen nach § 123 Abs. 1 EStG:
(13 085 € / 37 094 €) = 0,35275 = 35,275 %
Damit sind bei einem zu versteuernden Einkommen von 80 000 € (vor Zurechnung der Entlastung) 35,275 % der Entlastung i.H.v. 400 € zu versteuern:
35,275 % × 400 € = 141,10 €
Diese Berechnung erfolgt automatisch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. Für Zusammenveranlagte verdoppeln sich die Ein- und Ausstiegsgrenzen der Milderungszone. Zeitlich erfolgt die steuerliche Erfassung erst dann, wenn die Entlastung vom Energieversorgungsunternehmen in der Endabrechnung ausgewiesen wird, i.d.R. also erst im Jahr 2023.
Hinweis:
Die Energiepreisbremsen (Gas, Wärme und Strom), welche im Ergebnis ab dem 1.1.2023 greifen sollen, unterliegen nach derzeitigem Stand nicht der Besteuerung.
30 Allgemeines zu Verpflegungs- und Übernachtungskosten bei Auslandsreisen
Bei Auslandsdienstreisen können dem Arbeitnehmer Verpflegungs- und Übernachtungskosten in bestimmten Grenzen vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Wird vom Arbeitgeber keine steuerfreie Erstattung geleistet, kann der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung Werbungskosten geltend machen.
Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Pauschalbeträge, die steuerlich anerkannt werden. Diese werden jährlich von der FinVerw bekannt gegeben. In der nachfolgend abgedruckten Tabelle sind die ab dem 1.1.2023 geltenden Sätze aufgeführt, welche durch BMF-Schreiben v. 23.11.2022 (Az. IV C 5 – S 2353/19/10010 :004) bekannt gegeben wurden. Änderungen gegenüber den bisher maßgeblichen Beträgen sind fett gedruckt. Zu beachten sind die teilweise deutlich veränderten Pauschalbeträge. Für die in der Tabelle nicht erfassten Länder ist der für Luxemburg geltende Pauschbetrag maßgebend, für nicht erfasste Übersee- und Außengebiete eines Landes ist der für das Mutterland geltende Pauschbetrag maßgebend. Die festgesetzten Beträge für die Philippinen gelten auch für Mikronesien, die Beträge für Trinidad und Tobago gelten auch für die zu dessen Amtsbezirk gehörenden Staaten Antigua und Barbuda, Dominica, Grenada, Guyana, St. Kitts und Nevis St. Lucia, St. Vincent und Grenadinen sowie Suriname.
Hinweis:
Die Pauschbeträge für Verpflegungskosten gelten auch für den Betriebsausgabenabzug bei Geschäftsreisen des Unternehmers selbst und für den Werbungskostenabzug bei doppelter Haushaltsführung.
31 Verpflegungskosten
Für Dienstreisen in das Ausland gelten länderweise unterschiedliche Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen des Arbeitnehmers (sog. Auslandstagegelder). Diese, in der nachfolgenden Tabelle aufgeführten Pauschbeträge, sind – ebenso wie die Inlandspauschalen – nach der Dauer der Abwesenheit von der ersten Tätigkeitsstätte bzw. von der Wohnung gestaffelt. Zu beachten ist, dass Mahlzeitengestellungen durch den Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten die Verpflegungspauschalen mindern, und zwar um 20 % für ein Frühstück und um jeweils 40 % für ein Mittag- oder Abendessen der für die 24-stündige Abwesenheit geltenden Verpflegungspauschale.
a) Eintägige Auslandsdienstreisen
Für eintägige Auslandsdienstreisen, die am selben Tag begonnen und beendet werden, ist der Pauschbetrag des letzten Tätigkeitsorts im Ausland maßgebend.
Beispiel:
Sachverhalt: Der Kundenmonteur eines Handwerksbetriebs aus Aachen sucht im Rahmen einer eintägigen Dienstreise zunächst einen Kunden in den Niederlanden und danach in Belgien auf. Er fährt um 7.00 Uhr in Aachen los und kehrt um 18.00 Uhr wieder zurück.
Lösung: Der Arbeitnehmer ist insgesamt elf Stunden unterwegs. Der Pauschbetrag richtet sich nach dem letzten Tätigkeitsort, so dass der Pauschbetrag für Belgien (40,00 €) maßgebend ist.
Alternative: Wird zuerst der Kunde in Belgien und dann der Kunde in den Niederlanden aufgesucht, so ist der Pauschbetrag für die Niederlande i.H.v. 32,00 € maßgebend.
b) Mehrtägige Auslandsdienstreisen
Bei mehrtägigen Dienstreisen vom Inland in das Ausland bestimmt sich der Pauschbetrag nach dem Ort, den der Arbeitnehmer vor 24.00 Uhr Ortszeit zuletzt erreicht hat. Für Rückreisetage aus dem Ausland in das Inland ist der Pauschbetrag des letzten Tätigkeitsorts im Ausland maßgebend.
Beispiel:
Sachverhalt: Der Außendienstmitarbeiter A fährt am Montag um 7.00 Uhr vom Betrieb in Aachen zunächst zu einem Kunden in Paris (Frankreich). Anschließend fährt er nach Brüssel, wo er eine mehrtägige Messe besucht. Ankunft in Brüssel ist um 23.00 Uhr. Nach Messeschluss am Freitag kehrt der Mitarbeiter um 20.00 Uhr zurück nach Deutschland.
Lösung: Dem Arbeitgeber kann für den Montag der anteilige Pauschbetrag für Belgien i.H.v. 40,00 € steuerfrei erstattet werden. Der Kundenbesuch in Paris spielt keine Rolle. Für Dienstag bis Donnerstag kann jeweils der volle Tagessatz für Belgien i.H.v. 59,00 € erstattet werden und für den Freitag wieder der anteilige Satz i.H.v. 40,00 €.
c) Zusammentreffen von Inlands- und Auslandsreisen
Führt die Dienstreise an einem Arbeitstag sowohl in das Inland als auch in das Ausland, so kann das höhere Auslandstagegeld angesetzt werden. Dies ist unabhängig davon, wie lange die Verweildauer im Inland und im Ausland ist.
Beispiel:
Sachverhalt: Der Kundendiensttechniker mit Wohnort in Aachen fährt vormittags zu einem Kunden in Belgien, ist gegen Mittag wieder im Betrieb in Aachen und besucht nachmittags einen Kunden in Köln. Die Gesamtabwesenheit beträgt neun Stunden.
Lösung: Für die Gesamtabwesenheit von neun Stunden kann der Tagegeldsatz für Belgien i.H.v. 40,00 € steuerfrei erstattet werden.
32 Übernachtungskosten
Bei Übernachtungen im Ausland kann der Arbeitgeber die Übernachtungskosten ohne Einzelnachweis mit den in der folgenden Tabelle aufgeführten Beträgen steuerfrei erstatten. Allerdings dürfen die Pauschbeträge nicht steuerfrei erstattet werden, wenn dem Arbeitnehmer die Unterkunft vom Arbeitgeber oder im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten unentgeltlich oder teilweise unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Auch bei Übernachtungen in einem Fahrzeug ist die steuerfreie Zahlung der Pauschbeträge nicht möglich.
Hinweis:
Werden dem Arbeitnehmer die Übernachtungskosten nicht steuerfrei erstattet, so kann dieser seine Aufwendungen für die Übernachtung als Werbungskosten steuerlich geltend machen. Hierbei ist zu beachten, dass beim Werbungskostenabzug der Ansatz der Pauschbeträge nicht zulässig ist, sondern nur tatsächlich entstandene und nachgewiesene Kosten angesetzt werden können.
Land | Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen | Pauschbetrag für Übernachtungskosten | ||
bei Abwesenheitsdauer von mindestens 24 Std. je Kalendertag | für An- und Abreisetag sowie bei Abwesenheitsdauer von mehr als 8 Std. je Kalendertag | |||
€ | € | € | ||
Afghanistan | 30 | 20 | 95 | |
Ägypten | 50 | 33 | 112 | |
Äthiopien | 39 | 26 | 130 | |
Äquatorialguinea | 36 | 24 | 166 | |
Albanien | 27 | 18 | 112 | |
Algerien | 47 | 32 | 120 | |
Andorra | 41 | 28 | 91 | |
Angola | 52 | 35 | 299 | |
Argentinien | 35 | 24 | 113 | |
Armenien | 24 | 16 | 59 | |
Aserbaidschan | 44 | 29 | 88 | |
Australien | ||||
– | Canberra | 51 | 34 | 158 |
– | Sydney | 68 | 45 | 184 |
– | im Übrigen | 51 | 34 | 158 |
Bahrain | 48 | 32 | 153 | |
Bangladesch | 50 | 33 | 165 | |
Barbados | 52 | 35 | 165 | |
Belgien | 59 | 40 | 141 | |
Benin | 52 | 35 | 115 | |
Bolivien | 46 | 31 | 108 | |
Bosnien und Herzegowina | 23 | 16 | 75 | |
Botsuana | 46 | 31 | 176 | |
Brasilien | ||||
– | Brasilia | 57 | 38 | 127 |
– | Rio de Janeiro | 57 | 38 | 145 |
– | Sao Paulo | 53 | 36 | 132 |
– | im Übrigen | 51 | 34 | 84 |
Brunei | 52 | 35 | 106 | |
Bulgarien | 22 | 15 | 115 | |
Burkina Faso | 38 | 25 | 174 | |
Burundi | 36 | 24 | 138 | |
Chile | 44 | 29 | 154 | |
China | ||||
– | Chengdu | 41 | 28 | 131 |
– | Hongkong | 74 | 49 | 145 |
– | Kanton | 36 | 24 | 150 |
– | Peking | 30 | 20 | 185 |
– | Shanghai | 58 | 39 | 217 |
– | im Übrigen | 48 | 32 | 112 |
Costa Rica | 47 | 32 | 93 | |
Côte d'Ivoire | 59 | 40 | 166 | |
Dänemark | 75 | 50 | 183 | |
Dominikanische Republik | 45 | 30 | 147 | |
Dschibuti | 65 | 44 | 305 | |
Ecuador | 27 | 18 | 103 | |
El Salvador | 65 | 44 | 161 | |
Eritrea | 50 | 33 | 91 | |
Estland | 29 | 20 | 85 | |
Fidschi | 34 | 23 | 69 | |
Finnland | 50 | 33 | 136 | |
Frankreich | ||||
– | Paris sowie die Departments | 58 | 39 | 159 |
– | im Übrigen | 53 | 36 | 105 |
Gabun | 52 | 35 | 183 | |
Gambia | 40 | 27 | 161 | |
Georgien | 35 | 24 | 88 | |
Ghana | 46 | 31 | 148 | |
Griechenland | ||||
– | Athen | 40 | 27 | 139 |
– | im Übrigen | 36 | 24 | 150 |
Guatemala | 34 | 23 | 90 | |
Guinea | 46 | 31 | 118 | |
Guinea-Bissau | 32 | 21 | 113 | |
Haiti | 58 | 39 | 130 | |
Honduras | 57 | 38 | 198 | |
Indien | ||||
– | Bangalore | 42 | 28 | 155 |
– | Chennai | 32 | 21 | 85 |
– | Kalkutta | 35 | 24 | 145 |
– | Mumbai | 50 | 33 | 146 |
– | Neu-Delhi | 38 | 25 | 185 |
– | im Übrigen | 32 | 21 | 85 |
Indonesien | 36 | 24 | 134 | |
Iran | 33 | 22 | 196 | |
Irland | 58 | 39 | 129 | |
Island | 62 | 41 | 187 | |
Israel | 66 | 44 | 190 | |
Italien | ||||
– | Mailand | 45 | 30 | 158 |
– | Rom | 40 | 27 | 135 |
– | im Übrigen | 40 | 27 | 135 |
Jamaika | 57 | 38 | 138 | |
Japan | ||||
– | Tokio | 66 | 44 | 233 |
– | im Übrigen | 52 | 35 | 190 |
Jemen | 24 | 16 | 95 | |
Jordanien | 57 | 38 | 134 | |
Kambodscha | 38 | 25 | 94 | |
Kamerun | 50 | 33 | 180 | |
Kanada | ||||
– | Ottawa | 47 | 32 | 142 |
– | Toronto | 51 | 34 | 161 |
– | Vancouver | 50 | 33 | 140 |
– | im Übrigen | 47 | 32 | 134 |
Kap Verde | 30 | 20 | 105 | |
Kasachstan | 45 | 30 | 111 | |
Katar | 56 | 37 | 149 | |
Kenia | 51 | 34 | 219 | |
Kirgisistan | 27 | 18 | 74 | |
Kolumbien | 46 | 31 | 115 | |
Kongo, Republik | 62 | 41 | 215 | |
Kongo, Demokrat. Republik | 70 | 47 | 190 | |
Korea, Demokrat. Volksrepublik | 28 | 19 | 92 | |
Korea, Republik | 48 | 32 | 108 | |
Kosovo | 24 | 16 | 71 | |
Kroatien | 35 | 24 | 107 | |
Kuba | 46 | 31 | 228 | |
Kuwait | 56 | 37 | 241 | |
Laos | 33 | 22 | 96 | |
Lesotho | 28 | 19 | 104 | |
Lettland | 35 | 24 | 76 | |
Libanon | 59 | 40 | 123 | |
Libyen | 63 | 42 | 135 | |
Liechtenstein | 56 | 37 | 190 | |
Litauen | 26 | 17 | 109 | |
Luxemburg | 63 | 42 | 139 | |
Madagaskar | 34 | 23 | 87 | |
Malawi | 41 | 28 | 109 | |
Malaysia | 36 | 24 | 86 | |
Malediven | 52 | 35 | 170 | |
Mali | 38 | 25 | 120 | |
Malta | 46 | 31 | 114 | |
Marokko | 42 | 28 | 129 | |
Marshall Inseln | 63 | 42 | 102 | |
Mauretanien | 35 | 24 | 86 | |
Mauritius | 54 | 36 | 220 | |
Mexiko | 48 | 32 | 177 | |
Mikronesien | 33 | 22 | 116 | |
Moldau, Republik | 26 | 17 | 73 | |
Monaco | 52 | 35 | 187 | |
Mongolei | 27 | 18 | 92 | |
Montenegro | 32 | 21 | 85 | |
Mosambik | 38 | 25 | 146 | |
Myanmar | 35 | 24 | 155 | |
Namibia | 30 | 20 | 112 | |
Nepal | 36 | 24 | 126 | |
Neuseeland | 56 | 37 | 153 | |
Nicaragua | 46 | 31 | 105 | |
Niederlande | 47 | 32 | 122 | |
Niger | 42 | 28 | 131 | |
Nigeria | 46 | 31 | 182 | |
Nordmazedonien | 27 | 18 | 89 | |
Norwegen | 80 | 53 | 182 | |
Österreich | 40 | 27 | 108 | |
Oman | 64 | 43 | 141 | |
Pakistan | ||||
– | Islamabad | 23 | 16 | 238 |
– | im Übrigen | 34 | 23 | 122 |
Palau | 51 | 34 | 179 | |
Panama | 41 | 28 | 82 | |
Papua-Neuguinea | 59 | 40 | 159 | |
Paraguay | 38 | 25 | 108 | |
Peru | 34 | 23 | 143 | |
Philippinen | 33 | 22 | 116 | |
Polen | ||||
– | Breslau | 33 | 22 | 117 |
– | Danzig | 30 | 20 | 84 |
– | Krakau | 27 | 18 | 86 |
– | Warschau | 29 | 20 | 109 |
– | im Übrigen | 29 | 20 | 60 |
Portugal | 32 | 21 | 111 | |
Ruanda | 44 | 29 | 117 | |
Rumänien | ||||
– | Bukarest | 32 | 21 | 92 |
– | im Übrigen | 27 | 18 | 89 |
Russische Föderation | ||||
– | Jekatarinenburg | 28 | 19 | 84 |
– | Moskau | 30 | 20 | 110 |
– | St. Petersburg | 26 | 17 | 114 |
– | im Übrigen | 24 | 16 | 58 |
Sambia | 38 | 25 | 105 | |
Samoa | 39 | 26 | 105 | |
San Marino | 34 | 23 | 79 | |
São Tomé – Príncipe | 47 | 32 | 80 | |
Saudi-Arabien | ||||
– | Djidda | 57 | 38 | 181 |
– | Riad | 56 | 37 | 186 |
– | im Übrigen | 56 | 37 | 181 |
Schweden | 66 | 44 | 140 | |
Schweiz | ||||
– | Genf | 66 | 44 | 186 |
– | im Übrigen | 64 | 43 | 180 |
Senegal | 42 | 28 | 190 | |
Serbien | 27 | 18 | 97 | |
Sierra Leone | 48 | 32 | 161 | |
Simbabwe | 45 | 30 | 140 | |
Singapur | 54 | 36 | 197 | |
Slowakische Republik | 33 | 22 | 121 | |
Slowenien | 38 | 25 | 126 | |
Spanien | ||||
– | Barcelona | 34 | 23 | 118 |
– | Kanarische Inseln | 40 | 27 | 115 |
– | Madrid | 40 | 27 | 118 |
– | Palma de Mallorca | 35 | 24 | 121 |
– | im Übrigen | 34 | 23 | 115 |
Sri Lanka | 42 | 28 | 100 | |
Sudan | 33 | 22 | 195 | |
Südafrika | ||||
– | Kapstadt | 33 | 22 | 130 |
– | Johannisburg | 36 | 24 | 129 |
– | im Übrigen | 29 | 20 | 109 |
Südsudan | 34 | 23 | 150 | |
Syrien | 38 | 25 | 140 | |
Tadschikistan | 27 | 18 | 118 | |
Taiwan | 46 | 31 | 143 | |
Tansania | 44 | 29 | 97 | |
Thailand | 38 | 25 | 110 | |
Togo | 39 | 26 | 118 | |
Tonga | 39 | 26 | 94 | |
Trinidad und Tobago | 45 | 30 | 177 | |
Tschad | 64 | 43 | 163 | |
Tschechische Republik | 32 | 21 | 77 | |
Türkei | ||||
– | Istanbul | 26 | 17 | 120 |
– | Izmir | 29 | 20 | 55 |
– | im Übrigen | 17 | 12 | 95 |
Tunesien | 40 | 27 | 115 | |
Turkmenistan | 33 | 22 | 108 | |
Uganda | 41 | 28 | 143 | |
Ukraine | 26 | 17 | 98 | |
Ungarn | 32 | 21 | 85 | |
Uruguay | 48 | 32 | 90 | |
Usbekistan | 34 | 23 | 104 | |
Vatikanstaat | 52 | 35 | 160 | |
Venezuela | 45 | 30 | 127 | |
Vereinigte Arabische Emirate | 65 | 44 | 156 | |
Vereinigte Staaten | ||||
– | Atlanta | 77 | 52 | 182 |
– | Boston | 63 | 42 | 333 |
– | Chicago | 65 | 44 | 233 |
– | Houston | 62 | 41 | 204 |
– | Los Angeles | 64 | 43 | 262 |
– | Miami | 65 | 44 | 256 |
– | New York City | 66 | 44 | 308 |
– | San Francisco | 59 | 40 | 327 |
– | Washington, D.C. | 66 | 44 | 203 |
– | im Übrigen | 59 | 40 | 182 |
Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland | ||||
– | London | 66 | 44 | 163 |
– | im Übrigen | 52 | 35 | 99 |
Vietnam | 41 | 28 | 86 | |
Weißrussland | 20 | 13 | 98 | |
Zentralafrikanische Republik | 46 | 31 | 74 | |
Zypern | 42 | 28 | 125 |