Mandantenrundschreiben 02/2023
Für alle Steuerpflichtigen
1 BFH: Erhebung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 nicht verfassungswidrig
2 Gesetzliche Anpassung der Steuerverzinsung ab dem 1.1.2019 wird nun von den Finanzämtern umgesetzt
3 BFH bestätigt die Verfassungsmäßigkeit der sog. erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht
4 Kein Kindergeldanspruch während Facharztausbildung
Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
6 Häusliches Arbeitszimmer und Home-Office-Pauschale – Neuregelung ab 1.1.2023
8 Tarifvertragliche Zuschüsse anlässlich Schwangerschaft/Mutterschaft sind nicht steuerfrei
Für Unternehmer und Freiberufler
9 Mietaufwendungen für Mehrwegbehältnisse im Handel: Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer?
10 Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung für Überlassung von Adressdaten
11 Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Wartungskosten bei Leasingverträgen
12 Kein Vorsteuerabzug für beruflich genutzte bürgerliche Kleidung
Für Personengesellschaften
Für Bezieher von Kapitaleinkünften
17 Berücksichtigung von Verlusten bei Wirecard-Aktionären
Für Hauseigentümer
Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer
23 Zufluss auf dem steuerlichen Einlagekonto im Rahmen einer wirtschaftlichen Neugründung
24 Entschädigungszahlung als vGA
1 BFH: Erhebung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 nicht verfassungswidrig
Die Erhebung des Solidaritätszuschlags war in den Jahren 2020 und 2021 (noch) nicht verfassungswidrig, wie der BFH mit Urteil vom 17.1.2023 (Az. IX R 15/20) entschieden hat.
Die Stpfl. wandten sich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 zur Einkommensteuer. Sie brachten insbesondere vor, die Festsetzung des Solidaritätszuschlags verstoße gegen das Grundgesetz und verletze sie zudem in ihren Grundrechten. Der Solidaritätszuschlag dürfe als Ergänzungsabgabe nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden. Sein Ausnahmecharakter verbiete eine dauerhafte Erhebung. Auch neue Zusatzlasten, die etwa mit der Corona-Pandemie oder dem Ukraine-Krieg einhergingen, könnten den Solidaritätszuschlag nicht rechtfertigen. Bei dem Solidaritätszuschlag handele es sich außerdem seit der im Jahr 2021 in Kraft getretenen Gesetzesänderung um eine verkappte „Reichensteuer”, die gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße.
Der BFH sieht dagegen im Solidaritätszuschlag in den Jahren 2020 und 2021 weiterhin eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe. Eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht hält das Gericht daher nicht für geboten.
Allerdings ist ein dauerhafter Finanzbedarf regelmäßig über die auf Dauer angelegten Steuern und nicht über eine Ergänzungsabgabe zu decken. Deshalb kann eine verfassungsgemäß beschlossene Ergänzungsabgabe dann verfassungswidrig werden, wenn sich die Verhältnisse, die für ihre Einführung maßgeblich waren, grundsätzlich ändern oder wenn eine dauerhafte Finanzierungslücke entstanden ist.
Der Solidaritätszuschlag verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Zwar werden ab dem Jahr 2021 auf Grund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen mit Solidaritätszuschlag belastet. Die darin liegende Ungleichbehandlung sei aber gerechtfertigt, da bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der Solidaritätszuschlag an der Leistungsfähigkeit des Stpfl. ausgerichtet sind, die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig ist.
Hinweis:
Es ist damit zu rechnen, dass die mit ihrer Klage beim BFH unterlegenen Stpfl. nun Verfassungsbeschwerde einlegen werden.
Handlungsempfehlung:
Bereits seit Längerem ergehen Bescheide betreffend den Solidaritätszuschlag unter Vorbehalt, so dass betroffene Stpfl. selbst keinen Einspruch einlegen müssen. Abzuwarten bliebt nun aber die Reaktion der FinVerw. Sollten die Festsetzungsvorbehalte aufgehoben oder bei nun erlassenen Bescheiden kein Vorläufigkeitsvermerk gesetzt werden, muss der betroffene Stpfl. prüfen, ob er gegen seinen Steuerbescheid verfahrensrechtlich vorgeht.
2 Gesetzliche Anpassung der Steuerverzinsung ab dem 1.1.2019 wird nun von den Finanzämtern umgesetzt
Die bisherige Regelung der Verzinsung von Steuererstattungen und Steuernachzahlungen mit einem festen Zinssatz von 6 % war nicht verfassungsgemäß. Insoweit hatte das BVerfG dem Gesetzgeber eine Anpassung des Zinssatzes für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 aufgegeben. Nach dem im Juli 2022 beschlossenen Gesetz gilt:
- für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 gilt ein Zinssatz von 1,8 % p.a. und
- für Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 bleibt es bei dem Zinssatz von 6 % p.a.
Die Umsetzung dieses Gesetzes, welche insbesondere die Prüfung und ggf. Korrektur bereits ergangener Zinsbescheide erfordert, erfolgt nunmehr, aber zeitlich in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Aktuell haben z.B. das FinMin Thüringen und die FinVerw Hamburg darauf hingewiesen, dass nun entsprechend geänderte Zinsbescheide ergehen.
Insoweit besteht gesetzlich verankerter Vertrauensschutz. Bei Stpfl., die bereits einen Bescheid mit einer Steuererstattung und einer Zinsfestsetzung unter Anwendung des ursprünglichen jährlichen Zinssatzes von 6 % erhalten haben, erfolgt keine Änderung und insoweit droht also keine Rückzahlung der erhaltenen Zinsen. Bei Mischfällen mit Nachzahlungs- und Erstattungszinsen wird die Vertrauensschutzregelung auf das Ergebnis der Neuberechnung angewendet. Nur wenn der Zins bisher noch nicht festgesetzt wurde, erfolgt dies mit dem neuen Zinssatz von 1,8 % jährlich.
Handlungsempfehlung:
Nun eingehende Zinsbescheide bedürfen einer sorgfältigen Prüfung.
3 BFH bestätigt die Verfassungsmäßigkeit der sog. erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht
Der deutschen Schenkungsteuer unterliegen im Grundsatz nur Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland. Um aber zu verhindern, dass die Schenkungsteuer in Deutschland schlicht dadurch umgangen wird, dass kurz vor der Verwirklichung des Schenkungsteuertatbestands ein (möglicherweise nur vorübergehender) Wegzug in das Ausland erfolgt, existiert die sog. erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht. Die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht erfasst deutsche Staatsangehörige auch nach ihrem Wegzug in das Ausland für die Dauer von fünf Jahren.
Über einen solchen Fall hatte nun der BFH zu entscheiden. Im Urteilsfall erwarb der Stpfl. von seiner Mutter mit öffentlich beurkundetem Vertrag aus Dezember 2011 ein in der Schweiz belegenes Grundstück gegen Bestellung eines hinter dem Wert des Grundstücks zurückbleibenden sog. lebenslänglichen Nutznießungsrechts nach Schweizer Recht. Der Stpfl. und seine Mutter, die beide deutsche Staatsangehörige waren, hatten vor der Übertragung ihre Wohnsitze in der Bundesrepublik Deutschland aufgegeben und waren im November 2011 in die Schweiz verzogen.
Nachdem die Mutter des Stpfl. im Februar 2013 verstorben war, setzte der Stpfl. als deren Alleinerbe das Finanzamt im Rahmen des Erbschaftsteuerverfahrens von dem schenkweisen Erwerb des Grundstücks in Kenntnis. Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer für den Grundstückserwerb fest. Nach erfolglosem Einspruch machte der Stpfl. mit seiner Klage vor dem FG im Wesentlichen geltend, die erweiterte unbeschränkte Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerpflicht sei verfassungs- und unionsrechtswidrig.
Dies weist der BFH nun mit Entscheidung vom 12.10.2022 (Az. II R 5/20) zurück. Die Einbeziehung der deutschen Staatsangehörigen mit Auslandswohnsitz in die unbeschränkte Steuerpflicht gehört zur Bestimmung des Umfangs des Steuergegenstands, der dem Gesetzgeber weiten Gestaltungsspielraum eröffnet. Es handele sich nicht um eine nachrangige Ausnahme, die unter Folgerichtigkeitsaspekten einer erhöhten Rechtfertigung bedürfte. In Anbetracht der somit weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht erweist sich die konkrete Regelung als sachgerecht und nicht willkürlich. Die Ungleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen Staatsangehörigen ist auf Grund des durch die deutsche Staatsangehörigkeit bewirkten engen Inlandsbezugs gerechtfertigt.
Im Falle der erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht kommt hinzu, dass der Gesetzgeber diese Steuerpflicht nicht alleine an die Staatsangehörigkeit geknüpft hat, sondern die Steuerpflicht zusätzlich auf einen Zeitraum von fünf Jahren beschränkt hatte, in dem kein inländischer Wohnsitz bestanden hat.
Hinweis:
Eine Schenkungsteuerpflicht in Deutschland kann in solchen Konstellationen nur dann vermieden werden, wenn die Schenkung erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist nach dem Wegzug erfolgt. Bei Wegzug in die USA gilt insoweit eine Zehnjahresfrist.
4 Kein Kindergeldanspruch während Facharztausbildung
Der BFH hat mit Entscheidung vom 22.9.2022 (Az. III R 40/21) klargestellt, dass bei einem nach erfolgreichem Abschluss eines Medizinstudiums vom Kind aufgenommenen Dienstverhältnis an einer Klinik, das als Vorbereitungszeit zur Erlangung der Facharztqualifikation dient, regelmäßig der Erwerbs- und nicht der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht, so dass ein Kindergeldanspruch nicht besteht.
Werden Ausbildungsmaßnahmen innerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses durchgeführt, liegen die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld nur dann vor, wenn der Ausbildungscharakter gegenüber dem Erwerbscharakter im Vordergrund steht – mithin also die Erlangung beruflicher Qualifikationen und nicht die Erbringung bezahlter Arbeitsleistungen vorrangig ist. Dies war vorliegend in Bezug auf die Ausbildungsmaßnahmen zur Erlangung der Facharztqualifikation aber nicht gegeben. Für ein Überwiegen des Erwerbscharakters spreche zunächst, dass das Kind nach abgeschlossenem Medizinstudium als Ärztin tätig werden konnte und auch tatsächlich im Klinikbetrieb tätig wurde – es mithin zur Ausübung der Arzttätigkeit keiner weiteren Ausbildung bedurfte. Weiterhin seien die Ausbildungsinhalte während der Facharztausbildung gegenüber der praktischen Tätigkeit als Ärztin gering; vielmehr komme es entscheidend auf die Erlangung der praktischen Erfahrung an.
Hinweis:
Anders ist dies bei einem Referendariat im Bereich der Juristen- oder Lehramtsausbildung, da bei diesen noch kein Eintritt in einen durch den Abschluss ermöglichten Beruf stattgefunden hat und die Vergütung sich an dem Ausbildungscharakter und nicht an einer Erwerbstätigkeit orientiert. In diesen Fällen ist ein Überwiegen des Ausbildungscharakters zu bejahen, so dass noch eine Kindergeldberechtigung bestehen kann – soweit das Kind das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
5 Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio zur Durchführung eines ärztlich verordneten Funktionstrainings (Wassergymnastik) keine außergewöhnlichen Belastungen
Das Niedersächsische Finanzgericht hatte sich im Urteil vom 14.12.2022 (Az. 9 K 17/21) mit der Frage zu befassen, inwieweit Aufwendungen für die Durchführung von Funktionstraining (ärztlich verordnete Wassergymnastik) in einem Fitnessstudio als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.
Im zugrundeliegenden Sachverhalt wurde einer behinderten Stpfl., deren Grad der Behinderung auf 30 festgestellt wurde (GdB 30), zur Behandlung der zunehmend schmerzhaften Bewegungseinschränkungen zur funktionalen Verbesserung und zur Schmerzreduktion ein Funktionstraining in Form von Wassergymnastik ärztlich verordnet. Die zuständige Krankenkasse übernahm die Kosten für ein wöchentliches Funktionstraining. Nachdem die Stpfl. zunächst die Wassergymnastikkurse in einem Verein durchgeführt hatte, entschied sie sich schließlich, die Kurse in einem näher zu ihrem Wohnort gelegenen Fitnessstudio zu absolvieren. Das Funktionstraining wurde dort von qualifizierten Übungsleitern mit einer gültigen Übungsleiterlizenz für den Rehabilitationssport durchgeführt. Voraussetzung dafür war jedoch, dass sich die Stpfl. als Mitglied im Fitnessstudio anmelden und den (reduzierten) Beitrag für das auf die Teilnahme an den verordneten Kursen zugeschnittene Modul („Wellness und Spa”) bezahlen musste. Neben der Teilnahme an dem verordneten Funktionstraining beinhaltete der Beitrag auch noch die Saunabenutzung und weitere Aqua-Fitnesskurse. Das Fitnessstudio stellte der Stpfl. auch noch den wöchentlichen Beitrag für den Reha-Verein, der das Funktionstraining durchführte, in Rechnung. Die Kurskosten rechnete das Fitnessstudio direkt mit der Krankenkasse der Stpfl. ab.
Die Stpfl. machte in ihrer Einkommensteuererklärung die Gesamtkosten, also Fitnessstudiobeitrag, Reha-Vereinsbeitrag und Fahrtkosten als Teil ihrer Heilbehandlungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab.
Das FG gab der Stpfl. nun teilweise Recht:
- Die Fitnessstudio-Mitgliedsbeiträge für ein für die Teilnahme an dem verordneten Funktionstraining zugeschnittenes Grundmodul (im Streitfall: „Wellness und Spa”) stellen jedenfalls dann keine außergewöhnlichen Belastungen dar, wenn mit dem Mitgliedsbeitrag auch weitere Leistungen abgegolten werden (im Streitfall: Saunanutzung; Aqua-Fitnesskurse), die ihrer Art nach nicht nur von kranken, sondern auch gesunden Menschen in Anspruch genommen werden, um die Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll zu gestalten, und eine Aufteilung nach objektiven Kriterien nicht möglich ist. Gegen die Zwangsläufigkeit spricht danach insbesondere, wenn dem Stpfl. die Möglichkeit eröffnet ist, die ärztlich verordneten Kurse auch außerhalb eines Fitnessstudios durchführen zu können. Allein die räumliche Nähe des Fitnessstudios zum Wohnort, die Einsparung von Park- und Fahrtkosten sowie die größere zeitliche Flexibilität hinsichtlich der Durchführung und Nachholung der Kurse könnten die Zwangsläufigkeit der Mitgliedsbeiträge für das Fitnessstudio nicht begründen.
- Als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind dagegen die zwangsläufig angefallenen Beiträge für einen Reha-Verein, der die ärztlich verordneten Kurse in einem Fitnessstudio durchgeführt hat, und hiermit im Zusammenhang stehende Fahrtkosten.
Hinweis:
Die Abzugsmöglichkeiten von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen sind eng auszulegen.
6 Häusliches Arbeitszimmer und Home-Office-Pauschale – Neuregelung ab 1.1.2023
Die Regelungen zum häuslichen Arbeitszimmer sind grundlegend überarbeitet worden. Daneben ist die Regelung zur Home-Office-Pauschale zeitlich entfristet worden, gilt also auch über den 31.12.2022 hinaus und wurde betragsmäßig deutlich ausgeweitet. Insgesamt erfolgte eine klarere Verzahnung zwischen der Regelung zum häuslichen Arbeitszimmer und zur Home-Office-Pauschale. Ab 2023 gelten die folgenden Grundsätze:
Häusliches | Home-Office- | |
Anwendungsvoraussetzungen |
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Rechtsfolge |
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Nachweisanforderungen |
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Hinweis:
Im Ergebnis wird also der Anwendungsbereich der Regelung zum häuslichen Arbeitszimmer eingeschränkt auf die Fälle, in denen dieses den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet. In anderen Fällen kann allerdings nun die betragsmäßig vielfach identische Regelung zur Home-Office-Pauschale genutzt werden. Gerade in den Fällen, in denen ein Arbeitszimmer im steuerlichen Sinne nicht vorliegt oder wie z.B. beim eigenen Einfamilienhaus nur geringe Kosten nachgewiesen werden können, kann die Anwendung der nun vom Anwendungsbereich und betragsmäßig ausgeweiteten Home-Office-Pauschale deutlich günstiger sein als die bisherige Regelung.
Entscheidend für die Anwendung der Regelung zum häuslichen Arbeitszimmer ist nunmehr also die Frage, ob dieses den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit darstellt. Wird die gesamte berufliche und betriebliche Tätigkeit ausschließlich im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt, ist das Arbeitszimmer Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit des Stpfl. Dies betrifft beispielsweise
- Tele- und Heimarbeiter, die ihre Tätigkeit ausschließlich zu Hause ausüben; dies gilt grds. auch für Arbeitnehmer, die während der Corona-Pandemie überwiegend zu Hause arbeiten,
- freiberufliche Schriftsteller, Journalisten, Übersetzer,
- Steuerberater, Rechtsanwälte, Architekten, Immobilienmakler, Versicherungsvertreter, Ingenieure, Künstler, Hausgewerbetreibende.
Wird die Tätigkeit teilweise außer Haus durchgeführt („Außendienst”), so kommt es auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit an. Insoweit hat die Rechtsprechung bislang insbesondere folgende Fälle entschieden:
Tätigkeitsmittelpunkt anerkannt bei | Tätigkeitsmittelpunkt nicht anerkannt bei |
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Übt ein Stpfl. mehrere betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, lassen sich grds. drei Fallgruppen unterscheiden:
- Bilden bei allen Erwerbstätigkeiten – jeweils – die im häuslichen Arbeitszimmer verrichteten Arbeiten den qualitativen Schwerpunkt, so liegt dort auch der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit.
- Bilden hingegen die außerhäuslichen Tätigkeiten – jeweils – den qualitativen Schwerpunkt der Einzeltätigkeiten oder lassen sich diese keinem Schwerpunkt zuordnen, so kann das häusliche Arbeitszimmer auch nicht durch die Summe der darin verrichteten Arbeiten zum Mittelpunkt der Gesamttätigkeit werden.
- Bildet das häusliche Arbeitszimmer den qualitativen Mittelpunkt lediglich einer einzelnen Tätigkeit, nicht jedoch im Hinblick auf die übrigen Tätigkeiten des Stpfl., ist regelmäßig davon auszugehen, dass das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der Gesamttätigkeit bildet. Insoweit kommt es allerdings auf den Einzelfall an.
Exemplarische Beispiele zur Anwendung der Regelung zum steuerlichen Arbeitszimmer bzw. zur Home-Office-Pauschale:
Beispiel 1:
Sachverhalt: Arbeitnehmer A verfügt im Betrieb des Arbeitgebers über einen Arbeitsplatz, arbeitet aber an 50 Tagen im Jahr ausschließlich in der häuslichen Wohnung.
Lösung ab 2023: Zur Anwendung kommt die Regelung zur Home-Office-Pauschale. Danach können für die Tage im Home-Office Werbungskosten i.H.v. 50 Tage x 6 €/Tag = 300 € angesetzt werden.
Beispiel 2:
Sachverhalt: Lehrkraft A bereitet an den Schultagen nachmittags und an anderen Tagen in der häuslichen Wohnung den Unterricht vor und nach. In der Schule steht der Lehrkraft kein Arbeitsplatz für diese Tätigkeiten zur Verfügung. Dies erfolgt insgesamt an 210 Tagen im Jahr.
Lösung ab 2023: Zum Ansatz kommt die Regelung zur Home-Office-Pauschale. Da kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, gilt dies auch für Tage, an denen die Tätigkeit teilweise außer Haus in der Schule ausgeübt wird. Angesetzt werden können 210 Tage x 6 €/Tag = 1 260 €. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Höhe tatsächlich Kosten im privaten Haushalt anfallen.
Beispiel 3:
Sachverhalt: Freiberufler A übt seine Tätigkeit nahezu ausschließlich in dem häuslichen Arbeitszimmer aus. Die insoweit anfallenden Kosten betragen lediglich 600 € je Jahr.
Lösung ab 2023: Da ein häusliches Arbeitszimmer vorliegt und dieses den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstellt, kann die Regelung zum häuslichen Arbeitszimmer genutzt werden. Möglich ist ein Ansatz der Jahrespauschale von 1 260 € − also ohne Nachweis der tatsächlich entstandenen Kosten, da dies günstiger ist als der Ansatz der tatsächlichen Kosten. Soweit der Nachweis des Vorliegens eines häuslichen Arbeitszimmers im steuerlichen Sinne nicht erbracht werden soll, kann alternativ auch die Regelung zur Home-Office-Pauschale genutzt und angesetzt werden: 210 Tage x 6 €/Tag = 1 260 €.
Insoweit steht sich A nun günstiger als bislang, da nach bisherigem Recht nur die tatsächlich angefallenen Kosten i.H.v. 600 € angesetzt werden konnten.
Beispiel 4:
Sachverhalt: Dem angestellten Architekten A steht im Büro des Arbeitgebers ein Arbeitsplatz zur Verfügung. An 100 Tagen wird die Tätigkeit allerdings aus der häuslichen Wohnung heraus erledigt. Dabei wird an 40 Tagen die Tätigkeit teilweise auch auswärts auf Baustellen ausgeübt.
Lösung ab 2023: Möglich ist die Nutzung der Regelung zur Home-Office-Pauschale. Da aber ein anderer Arbeitsplatz dauerhaft zur Verfügung steht, kann die Home-Office-Pauschale nur für die Tage angesetzt werden, an denen die Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird. Angesetzt werden können also 60 Tage x 6 €/Tag = 360 €.
Hinweis:
Die Jahrespauschale zum häuslichen Arbeitszimmer ist personenbezogen anzuwenden. Nutzen also mehrere Stpfl. ein gemeinsames häusliches Arbeitszimmer, so ist bei jeder Person eigenständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Jahrespauschale vorliegen und diese wird ggf. mehrfach gewährt.
7 Lohnsteuerliche Abrechnung behördlicher Erstattungsbeträge für Verdienstausfallentschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz
In den vergangenen Jahren ist es vielfach zu Erstattungen für Verdienstausfallentschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz gekommen. Diese Erstattungen bedürfen der lohnsteuerlichen Abrechnung und entsprechender Aufzeichnungen im Lohnkonto. Dabei treten in der Praxis Fragen auf in Fällen, bei denen sich Abweichungen zwischen der vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung und dem behördlichen Erstattungsbetrag nach § 56 IfSG ergeben haben. Hierzu hat nun mit Schreiben des BMF vom 25.1.2023 (Az. IV C 5 − S 2342/20/10008 :003) die FinVerw Stellung genommen und insbesondere eine Nichtbeanstandungsregelung für Korrekturbeträge in kleineren Fällen genannt.
Zunächst gelten folgende Grundsätze zur lohnsteuerlichen Erfassung:
- Arbeitnehmer, die sich – ohne krank zu sein – auf Anordnung des Gesundheitsamts als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtige in Quarantäne begeben müssen oder einem Tätigkeitsverbot unterliegen, erhalten im Falle des Verdienstausfalls im Regelfall eine Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG. Auch Arbeitnehmer, die auf Grund der vorübergehenden Schließung von Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen ihre Kinder oder behinderte Menschen selbst beaufsichtigen, erhalten im Falle des Verdienstausfalls unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 1a IfSG eine Entschädigung.
- Die Zahlung der Verdienstausfallentschädigung leistet der Arbeitgeber für die Entschädigungsbehörde. Die gezahlte Verdienstausfallentschädigung wird dem Arbeitgeber auf Antrag von der Entschädigungsbehörde erstattet.
- Die Verdienstausfallentschädigung ist für den Arbeitnehmer steuerfrei und unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Sie ist vom Arbeitgeber im Lohnkonto aufzuzeichnen und auf der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (eLStB) bzw. der Besonderen Lohnsteuerbescheinigung (bes. LStB) zu bescheinigen. Ob und in welcher Höhe eine steuerfreie Verdienstausfallentschädigung vorliegt, wird durch die zuständige Entschädigungsbehörde bestimmt.
Änderung des Lohnsteuerabzugs:
- Oftmals kommt die Entschädigungsbehörde bei der Berechnung des Erstattungsbetrags zu einem anderen Ergebnis als der Arbeitgeber. Stellt der Arbeitgeber im Nachhinein fest, dass seine ursprüngliche Behandlung der Lohnzahlung/Verdienstausfallentschädigung (Lohnversteuerung bzw. Steuerfreistellung) unzutreffend war, ist er verpflichtet, zu viel erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung zu erstatten bzw. noch nicht erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung einzubehalten. Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs ist aber nur bis zur Übermittlung bzw. bis zum Ausstellen der Lohnsteuerbescheinigung zulässig.
- Nach der Übermittlung bzw. Ausstellung der Lohnsteuerbescheinigung bekannt gewordene Abweichungen der Entschädigungsbehörde von der ursprünglichen Berechnung des Arbeitgebers rechtfertigen für sich genommen keine Änderung der Lohnsteuerbescheinigung. Denn insoweit handelt es sich nicht um die (zulässige) bloße Korrektur eines zunächst unrichtig übermittelten Datensatzes.
- Im Falle der unzutreffenden Lohnversteuerung unterliegt der Arbeitgeber i.d.R. keiner lohnsteuerlichen Mitteilungspflicht gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt, da zu viel und nicht zu wenig Lohnsteuer einbehalten wurde. Der Arbeitnehmer kann seinen Anspruch auf Erstattung der vom Arbeitgeber zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer daher nur im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung geltend machen.
Unzutreffende Steuerfreistellung:
- Geht der Arbeitgeber zunächst davon aus, dass eine Zahlung an den Arbeitnehmer als Verdienstausfallentschädigung nach dem IfSG steuerfrei ist und wird der Erstattungsantrag des Arbeitgebers später von der Entschädigungsbehörde abgelehnt oder ein niedrigerer Betrag als beantragt erstattet, beschränkt sich der Umfang der Steuerfreiheit der Höhe nach auf den von der Entschädigungsbehörde erstatteten Betrag. Insoweit ist der Lohnsteuerabzug fehlerhaft, denn die Zahlung des Arbeitgebers stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, soweit dieser unzulässigerweise als steuerfrei behandelt wurde.
- Fordert der Arbeitgeber eine zu viel gezahlte Verdienstausfallentschädigung vom Arbeitnehmer zurück, mindert der Rückforderungsbetrag im Jahr der Rückzahlung die für das Kalenderjahr unter Nr. 15 der Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigenden Leistungen.
- Verzichtet der Arbeitgeber auf die Rückforderung einer an den Arbeitnehmer zu viel gezahlten Verdienstausfallentschädigung, weil er beispielsweise aus tariflichen oder anderen innerbetrieblichen Gründen (wie Erhaltung des Betriebsfriedens) daran gehindert ist, und kommt alternativ eine Steuerbefreiung der überzahlten Verdienstausfallentschädigung nach einer anderen Steuerbefreiungsvorschrift (so z.B. für die Corona-Sonderzahlung oder die Inflationsausgleichsprämie) nicht zur Anwendung, so hat der Arbeitgeber dem Betriebsstättenfinanzamt die Fälle i.d.R. unter Angabe der persönlichen Daten des betreffenden Arbeitnehmers sowie der zutreffenden Werte unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Eine Richtigstellung erfolgt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung oder über eine Lohnsteuernachforderung gegenüber dem Arbeitnehmer.
Befreiung des Arbeitgebers von der Anzeigepflicht – Nichtbeanstandung:
- In den Fällen unzutreffender Steuerfreistellung wird es von der FinVerw nicht beanstandet, wenn der Arbeitgeber von seiner Anzeigepflicht absieht, sofern die Differenz zwischen der dem Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung und der dem Arbeitgeber bewilligten Erstattung 200 € pro Quarantänefall nicht übersteigt.
- Insoweit haftet der Arbeitgeber auch nicht für die nicht vorschriftsmäßig einbehaltene Lohnsteuer. Von einer Nachforderung der zu wenig erhobenen Lohnsteuer beim Arbeitnehmer wird abgesehen. In diesen Fällen unterbleibt auch eine Korrektur der unzutreffenden Steuerfreistellung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers.
Handlungsempfehlung:
Diese Fälle sollten sorgfältig dokumentiert werden.
8 Tarifvertragliche Zuschüsse anlässlich Schwangerschaft/Mutterschaft sind nicht steuerfrei
Gesetzlich sind steuerfrei gestellt
- das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen,
- der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz sowie
- der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften.
Der BFH hat nun aber mit Urteil vom 28.9.2022 (Az. VIII R 39/19) entschieden, dass vergleichbare Leistungen auf tarifvertraglicher Basis nicht unter diese Steuerbefreiung fallen. Steuerfrei sind nur Leistungen nach den im Gesetz ausdrücklich genannten Gesetzen, insbesondere dem Mutterschutzgesetz. Tarifvertragliche, dem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz nachgebildete Zuschusszahlungen sind nicht steuerbefreit. Insoweit ist die Steuerbefreiungsvorschrift auf tarifvertragliche Zuschüsse auch nicht analog anwendbar.
Im Streitfall war die Stpfl. Journalistin und bei den Rundfunkanstalten E und X beschäftigt. Aus ihren beruflichen Tätigkeiten erzielte sie im Streitjahr 2014 zum einen geringfügige, nach Steuerklasse VI lohnversteuerte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In überwiegendem Umfang erzielte die Stpfl. zum anderen als arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiterin der E und der X Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Auf Grund ihrer Schwangerschaft und der Geburt ihrer zweiten Tochter im März 2014 erhielt die Stpfl. im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeiten von den beiden Rundfunkanstalten im Streitjahr Beträge von 10 159 € (E) und 5 704 € (X) gutgeschrieben. Grundlage der Zahlungen waren für E und X geltende Tarifverträge, die im Fall des Nachweises einer Schwangerschaft jeweils Ansprüche auf Zuschusszahlungen für die Dauer von sechs Wochen vor der Geburt und acht (bei Frühgeburten oder Mehrlingsgeburten zwölf) Wochen nach der Geburt vorsahen. Mangels Anwendbarkeit einer Steuerbefreiung handelte es sich bei den gewährten Zuschüssen letztlich um steuerpflichtige freiberufliche Einnahmen.
Hinweis:
Insoweit ist in der Praxis also stets eine sorgfältige Abgrenzung vorzunehmen, um die lohnsteuerliche Behandlung und die Behandlung bei der Einkommensteuer des Arbeitnehmers richtig vorzunehmen.
9 Mietaufwendungen für Mehrwegbehältnisse im Handel: Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer?
Der BFH hatte erneut über eine Frage zur Hinzurechnung von Miet-/Pachtzinsen bei der Gewerbesteuer zu entscheiden. Nach der gesetzlichen Regelung werden zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb unter weiteren Voraussetzungen und nach Abzug eines Freibetrags u.a. ein Zwanzigstel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind, also als Betriebsausgaben abzugsfähig waren.
Im Streitfall ging es um ein Großhandelsunternehmen für Obst und Gemüse, das die Produkte seiner Erzeugerorganisation vertreibt und für die Gebrauchsüberlassung von sog. Mehrwegsteigen (Mehrwegbehältnisse für den Transport und die Präsentation von Waren) Entgelt bezahlte. Streitig war, ob diese der Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer unterliegen. Im Streitjahr nutzte die Stpfl. die Mehrwegsteigen von zwei unterschiedlichen Anbietern.
- Das Unternehmen H stellte dabei ein umfassendes Mehrweg- und (Rück-)Logistiksystem zur Verfügung. Die Steigen wurden grundsätzlich direkt an die Erzeuger geliefert. Von dort wurden sie nach Befüllung mit den Waren durch die Stpfl. selbst oder in deren Auftrag an den Einzelhandel verbracht. Das Unternehmen H betrieb sodann die gesamte Rücklogistik der Steigen (Abholung beim Einzelhandel und Verbringung – ggf. über Zwischenlagerungen – in ihr Depot einschließlich Müllentsorgung, Reparatur, Sortierung und Reinigung der Steigen). Diese Leistungen wurden als sog. Systemleistungen bezeichnet.
- Das Unternehmen L stellte die Steigen dagegen für die Stpfl. zur Abholung ab ihrem Depot bereit. Nach Befüllung durch die Erzeuger wurden sie dorthin von der Stpfl. zurückgebracht. Die Auslieferung an die Einzelhandelsfilialen des Unternehmens L und die Rücklogistik der Steigen erfolgte von L in eigener Organisation.
Zum einen war zu klären, ob die Steigen bei der Stpfl. als fiktives Anlagevermögen einzustufen waren, was Voraussetzung für die Anwendung der Hinzurechnungsvorschrift ist. Dabei ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem (fiktiven) Eigentum stünden. Maßgeblich ist dabei die Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb. Die Prüfung muss auch den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Stpfl. orientieren.
Insoweit kommt der BFH mit Urteil vom 1.6.2022 (Az. III R 56/20) für den Streitfall zu dem Ergebnis, dass, wenn ein Handelsunternehmen seinem mit ihm in einer dauerhaften Geschäftsbeziehung stehenden Lieferanten vorgibt, dass dieser die Ware in einem bestimmten Steigentyp zu liefern hat, eine wiederholte Anmietung dieses Steigentyps bei unterstelltem Eigentum zur Annahme von Anlagevermögen führt. Das heißt vorliegend war dieses Merkmal der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung erfüllt.
Hinsichtlich der vom Unternehmen H angemieteten Steigen kommt der BFH allerdings zu dem Ergebnis, dass insoweit keine reine Gebrauchsüberlassung vorliege. Dies scheide vorliegend aus, da das Vertragsverhältnis neben der Gebrauchsüberlassung auch umfangreiche Werk-, Dienstleistungs- und Transportvertragselemente enthält und das Mietvertragselement dem gesamtvertraglichen Leistungsbündel nicht das Gepräge gibt. Die Leistungen des „Voll-Logistik-Konzepts” gehen weit über die eine Vermietung prägende „passive” Gebrauchsüberlassung hinaus und sind damit nicht als Mietvertrag i.S.d. Hinzurechnungsvorschrift zu beurteilen.
Insoweit war von Bedeutung, dass nach dem Vortrag der Stpfl. die bei der Kalkulation des Entgelts auf Transport- und Depotdienstleistungen (Lagerung/Reinigung) entfallenden Kosten die reinen Leergutkosten (Abschreibung, Verzinsung, Reparatur, Ersatz), die das Mietvertragselement betreffen würden, bei weitem übersteigen. Die Stpfl. hatte vorgetragen, nach Mitteilung der H entfiele auf das mietvertragliche Element kalkulatorisch lediglich ein Anteil von 14 % des Gesamtentgelts.
Ebenso wurde der Umstand einbezogen, dass sich die Entgelte offenbar nicht, wie bei Miet- und Pachtverträgen üblich, an der Dauer der Überlassung orientierten (z.B. Tages-, Wochen- oder Monatsmiete), sondern sich jeweils auf einen „Umlauf” oder „Zyklus” bezogen, nämlich von der Lieferung durch H, der Befüllung, der Vermarktung und dem Transport durch die Stpfl. bis zur Abholung beim Endbenutzer.
Eine Hinzurechnung der an H gezahlten Entgelte war somit bereits deshalb ausgeschlossen, weil es sich nicht um Miet- und Pachtzinsen handelte. Dagegen war der Fall der Anmietung der Steigen von L anders gelagert und insoweit hatte eine Hinzurechnung der Mietentgelte zu erfolgen.
Handlungsempfehlung:
Dies verdeutlicht, dass hinsichtlich der Abgrenzung der Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer sehr sorgfältig der jeweilige Sachverhalt zu würdigen ist.
10 Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung für Überlassung von Adressdaten
Das Niedersächsische FG stellt mit rechtskräftigem Urteil vom 9.12.2021 (Az. 10 K 10124/18) klar, dass Aufwendungen eines Marketing-Unternehmens für die Überlassung von Adressdaten nicht als Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten anteilig bei der Ermittlung der Gewerbesteuer dem Gewinn wieder hinzuzurechnen sind. Bei den Adressdaten wird kein Recht i.S.d. Hinzurechnungsvorschrift erworben. Es handelt sich bei den Adressdaten nicht um ein Datenbankwerk i.S.d. Urheberrechts, da hinter der Adressdatenbank keine persönliche geistige Schöpfung steckt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Adressensammlung ein individueller Sammlungsschwerpunkt oder ein individuelles Ordnungsprinzip zu Grunde liegen würde. Ein unsystematisches Sammeln genügt nicht.
Hinweis:
Ungeschützte Positionen, die gegenüber nicht berechtigten Personen kein Abwehrrecht gewähren, so dass Letztere von der Nutzung nicht ausgeschlossen werden können, werden nicht vom Rechtebegriff der Hinzurechnungsvorschrift erfasst. Dies betrifft nach den Gleichlautenden Ländererlassen vom 2.7.2012 auch z.B. ungeschütztes Erfahrungswissen (Know-how), die Straßenmaut oder Aufwendungen für Entsorgungssysteme wie das Duale System.
11 Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Wartungskosten bei Leasingverträgen
Der BFH hatte darüber zu entscheiden, ob Wartungskosten, die vertraglich auf den Leasingnehmer abgewälzt werden, mit in die gewerbesteuerliche Hinzurechnung einzubeziehen sind. In den Streitjahren überließ die Stpfl. Nutzfahrzeuge an Dritte, die sie teilweise geleast hatte. Die Stpfl. schloss Leasingverträge über Kfz mit verschiedenen Unternehmen ab. Wie vertraglich vereinbart, übernahm die Stpfl. in den Streitjahren anfallende Wartungsgebühren, die sich auf Beträge von 3,7 Mio. € bzw. 4,1 Mio. € beliefen. Das Finanzamt wollte diese an den Leasingnehmer weiterbelasteten Wartungsgebühren als Teil der Leasingraten ansehen und damit in die gewerbesteuerliche Hinzurechnung einbeziehen.
Der BFH hat diese Sichtweise der FinVerw mit Entscheidung vom 20.10.2022 (Az. III R 33/21) bestätigt. Der Begriff der „Leasingraten” i.S.d. gewerbesteuerlichen Hinzurechnung sei − ebenso wie bei Miet- und Pachtzinsen − wirtschaftlich zu verstehen.
Bei der Frage, welche im Leasingvertrag vereinbarten (Neben-)Kosten zu den „Leasingraten” i.S.d. Hinzurechnungsvorschrift bei der Gewerbesteuer zählen, ist vom gesetzestypischen Lastenverteilungssystem auszugehen. Ausgehend von den zivilrechtlichen Regelungen des Mietrechts hat der Vermieter/Verpächter und damit auch der Leasinggeber dem Leasingnehmer die Miet-/Leasingsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Die Erhaltungspflicht hat alle Maßnahmen zum Gegenstand, die erforderlich sind, um dem Mieter/Leasingnehmer während der Dauer des Vertrages den vertragsgemäßen Gebrauch zu ermöglichen. Damit gehören die Wartungsgebühren nach der gesetzlichen Grundregel zu den vom Leasinggeber zu tragenden Lasten. Daraus folgt, dass Wartungsleistungen vom Vermieter/Leasinggeber nur dann nicht geschuldet sind, wenn die Vertragspartner deren Ausschluss ausdrücklich vereinbaren, und dass vertraglich geschuldete Wartungsleistungen vom Mieter nicht gesondert entgolten werden müssen, es sei denn, die Vertragspartner haben etwas anderes vereinbart.
Sofern der Leasinggeber die Wartungskosten auf den Leasingnehmer abwälzt, wirke sich dies typischerweise in einer Verminderung der Leasingrate aus. Wirtschaftlich stelle die besondere Vergütung für die Wartungsarbeiten deshalb nichts anderes dar als Teil des Entgelts, das der Leasingnehmer für die Überlassung des Gebrauchs einschließlich der Nutzung und der mit der Nutzung verbundenen Abnutzung zu entrichten hat.
Hinweis:
Ein anderes Ergebnis ergibt sich dann, wenn der Leasinggeber die Verpflichtung zur Durchführung der Erhaltungs- und Instandhaltungsmaßnahmen auf den Leasingnehmer überträgt. Dann trägt dieser unmittelbar den hieraus resultierenden Aufwand und eine Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer kommt nicht in Betracht.
12 Kein Vorsteuerabzug für beruflich genutzte bürgerliche Kleidung
Der Stpfl. war als Trauerredner selbständig tätig. Geltend gemacht wurde Vorsteuer aus Eingangsrechnungen für Anschaffungs- und Reinigungskosten von Kleidung. Dabei handelte es sich insbesondere um schwarze Anzüge, aber auch Pullover und Hemden und dergleichen. Diese Kleidung wurde offensichtlich nur bei den Arbeitseinsätzen getragen, jedoch handelte es sich im Grundsatz um normale bürgerliche Kleidung, die auch bei anderen Anlässen hätte getragen werden können.
Mit Urteil des BFH vom 16.3.2022 (Az. VIII R 33/18) hatte das Gericht bereits über die Frage des Betriebsausgabenabzugs für diese Kosten entschieden und diesen verneint. Ein Betriebsausgabenabzug für bürgerliche Kleidung komme nicht in Betracht und dies ungeachtet der Tatsache, dass die Kleidung im konkreten Fall nur im dienstlichen/unternehmerischen Bereich getragen wurde. Anderes gilt nur für „typische Berufskleidung”, die nicht auch zu privaten Anlässen getragen werden kann.
Dem folgend ist nun auch der Vorsteuerabzug auf diese Kosten ausgeschlossen, wie der BFH mit Urteil vom 24.8.2022 (Az. XI R 3/22) bestätigt. Gesetzlich ist ausdrücklich bestimmt, dass Vorsteuerbeträge dann nicht abzugsfähig sind, wenn sie auf Aufwendungen entfallen, die als Kosten der privaten Lebensführung steuerlich nicht abzugsfähig sind.
Hinweis:
Ein Betriebsausgabenabzug und ein Vorsteuerabzug kann nur dann gewährt werden, wenn es sich um typische Berufsbekleidung handelt. Dies sind z.B. der Arztkittel, Sicherheitsschuhe o.Ä., aber auch Kleidung, die mit einer Aufschrift, besonderer Farbgebung o.Ä. des Unternehmens versehen ist.
13 BFH bestätigt das sog. Ehegatten-Vorschaltmodell bei Vermietung eines Pkw an den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Ehegatten
Erwirbt ein nicht vorsteuerabzugsberechtigter Stpfl., wie z.B. ein Arzt, einen Firmenwagen, so steht diesem kein Vorsteuerabzug zu, d.h. dieser wird beim Erwerb mit dem Bruttopreis belastet. Insoweit hat die Praxis das sog. Ehegatten-Vorschaltmodell entwickelt. Über einen solchen Fall hatte der BFH zu entscheiden. Streitig war der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb eines Pkw, den die Stpfl. an ihren nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Ehemann (Arzt) verleaste. Interessant kann dieses Modell insbesondere dann sein, wenn nach Ablauf der fünfjährigen Korrekturfrist hinsichtlich des Vorsteuerabzugs die Kleinunternehmerregelung angewendet werden kann und damit eine spätere Veräußerung des Fahrzeugs umsatzsteuerlich nicht belastet wird.
Diese Gestaltungen hat die FinVerw vielfach aufgegriffen und nicht akzeptiert, also den Vorsteuerabzug beim erwerbenden Ehegatten versagt. Der BFH bestätigt nun aber mit Entscheidung vom 29.9.2022 (Az. V R 29/20) dieses Modell. Hierzu stellt der BFH heraus, dass
- der Erwerb eines Pkw zur langfristigen Überlassung an den freiberuflich tätigen Ehegatten eine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit begründen kann.
- Der Vorsteuerabzug des Vermieters eines Pkw ist nicht systemwidrig und daher auch nicht missbräuchlich. Dies gilt bei einer Vermietung unter Ehegatten jedenfalls für die Vermietung von Pkw, die nicht dem unmittelbaren Familienbedarf dienen.
Hinweis:
Das Urteil sichert solche Gestaltungen ab. Zu beachten sind die Rahmenbedingungen: In der Praxis darf kein Scheingeschäft vorliegen. Im Urteilsfall wurde der Leasingvertrag mit seinen Hauptpflichten (Nutzungsüberlassung, Zahlung der Leasingraten) und damit im Wesentlichen so wie vereinbart auch tatsächlich durchgeführt. Auch ist wichtig, dass der vermietende Ehegatte die Investition aus eigenen Mitteln tätigt. Weiterhin darf es sich nicht um ein der gemeinsamen Lebensführung dienendes Familienfahrzeug handeln, sondern es darf weitgehend nur durch den Ehegatten für berufliche Zwecke genutzt werden.
14 Ermäßigter Umsatzsteuersatz für die Mischform einer Sprech- und Gesangsdarbietung mit Abspielen von Bildern
Eine mögliche Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 % ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Leistungen an Endverbraucher erbracht werden, da dann die Umsatzsteuer eine Definitivbelastung darstellt. So auch im Streitfall, über den der BFH zu entscheiden hatte. Der Stpfl., ein diplomierter Opern- und Chansonsänger, war als Sänger und Bildjournalist tätig. Er veranstaltete Shows, bei denen er Fotos präsentierte, die er zuvor auf Reisen im In- und Ausland aufgenommen hatte. Zugleich kommentierte er die gezeigten Fotos und bot (passend zu den gezeigten Regionen) Gesangsdarbietungen dar. Während einer Veranstaltung wurden ca. 600 Bilder gezeigt. Hierbei handelte es sich nicht nur um Fotos des Stpfl., sondern auch um Bilder eines ehemaligen Bühnenbildners, die speziell für die jeweilige Veranstaltung angefertigt und in die Bildfolge eingereiht wurden. Auf seiner Homepage beschrieb der Stpfl. seine Show als „einzigartige Synthese von Wort, Gesang und Musik”. Hier fanden sich u.a. Kommentare von Mitwirkenden und Besuchern der Veranstaltungen sowie Pressestimmen, die u.a. die Show des Stpfl. als „Kunstwerk” bezeichneten.
In seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre wendete der Stpfl. auf die Eintrittsberechtigungen zu den Shows den ermäßigten Steuersatz an. Insoweit bezog sich der Stpfl. auf die gesetzliche Regelung, nach der sich die Steuer auf 7 % ermäßigt für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie für die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass die Show-Umsätze dem Regelsteuersatz unterlägen.
Der BFH bestätigt nun mit Entscheidung v. 28.9.2022 (Az. XI R 5/22) die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes. Ermäßigt zu besteuern sind nach der Rechtsprechung nicht nur Aufführungen von Theaterstücken, Opern und Operetten oder Konzerten, sondern auch Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst und des Varietés sowie Puppenspiele oder Eisrevuen.
Begünstigt sind auch „Mischformen” von Sprech-, Musik- und Tanzdarbietungen. Die begünstigte Veranstaltung oder Vorführung muss den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen und eine persönliche geistige Schöpfung in der für einen Urheberrechtsschutz geforderten geistigen Höhe darstellen. Deshalb sind z.B. das bloße Abspielen eines Tonträgers, das reine Vorlesen eines Buches durch dessen Autor oder Autogrammstunden weder ein Konzert noch eine Theatervorführung oder eine vergleichbare Darbietung eines ausübenden Künstlers. Gleiches gilt für einen von einer Aneinanderreihung von Standbildern begleiteten Vortrag.
Im Streitfall war das FG zu Recht davon ausgegangen, dass eine einheitliche, komplexe Leistung vorliegt, bei der Dia-Vortrag, Erzählung und Gesang zu einem untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang verbunden seien. Der Besucher wolle Dia-Vortrag, Erzählung und Gesang zusammen erleben und genießen. Es gehe ihm gerade um die Verbindung dieser drei Elemente. Auch sei die Show durch den dramaturgischen Aufbau der Veranstaltungen, die auf Grundlage eines Drehbuches abgelaufen seien und deren Elemente detailliert aufeinander abgestimmt gewesen seien, eine theater- und konzertähnliche Darbietung.
Handlungsempfehlung:
Deutlich wird, dass stets der jeweilige Einzelfall zu würdigen ist. Entscheidend ist die Sicht des Zuschauers auf die Veranstaltung. Stets sollte eine ausreichende Dokumentation der Argumentation für das Vorliegen einer theater- und konzertähnlichen Darbietung erfolgen.
15 Voraussetzungen an eine Einlage zur Erweiterung des Verlustausgleichsvolumens bei einem Kommanditisten
Haftet ein Gesellschafter einer Personengesellschaft für die Schulden der Gesellschaft nur beschränkt, wie insbesondere ein Kommanditist einer KG, so kann dieser Verluste aus der Beteiligung nur insoweit steuerlich mit anderen Einkünften verrechnen, als sich diese im Rahmen des bestehenden Haftungsvolumens bewegen. Das Haftungsvolumen wird bestimmt durch die erbrachte Einlage des Kommanditisten oder eine ggf. höhere im Handelsregister eingetragene Haftsumme.
Weist die Gesellschaft Verluste aus und ist das Verlustausgleichsvolumen beim Gesellschafter auf Grund von Verlusten in Vorjahren bereits ausgeschöpft, so muss geprüft werden, ob durch Erweiterung des Haftungsvolumens eine Verlustverrechnung ermöglicht werden soll. Geeignet ist insoweit z.B. eine Erhöhung der Haftsumme oder die Vereinbarung weiterer Einlagen. Allerdings müssen diese Schritte bis zum Ende des Wirtschaftsjahres erfolgt sein, in dem die Verluste anfallen.
Der BFH bestätigt nun mit Entscheidung vom 10.11.2022 (Az. IV R 8/19), dass ein Kommanditist sein Verlustausgleichsvolumen neben Pflichteinlagen, zu deren Erbringung der Kommanditist nach dem Gesellschaftsvertrag verpflichtet ist, auch durch die Erbringung einer freiwilligen Einlage erhöhen kann. Eine derartige freiwillige Einlage ist allerdings nur dann gegeben, wenn sie gesellschaftsrechtlich, insbesondere nach dem Gesellschaftsvertrag, zulässig ist. Dementsprechend führt die Buchung einer freiwillig vom Kommanditisten erbrachten Einlage auf einem variablen Eigenkapitalkonto nur dann zu einer Erhöhung des Verlustausgleichsvolumens, wenn es sich um eine gesellschaftsrechtlich zulässige Einlage in das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft handelt. Eine freiwillige einseitige Erhöhung der Einlage ohne bzw. gegen den Willen der anderen Gesellschafter wirke dagegen nicht als eine das Verlustausgleichsvolumen erhöhende Einlage.
Mithin reicht das schlichte Leisten der Einlage z.B. durch Überweisen des Geldbetrags an die Gesellschaft nicht aus. Vielmehr muss die Einlage gesellschaftsrechtlich zulässig sein. Eine hinreichende gesellschaftsrechtliche Grundlage kann sich aus einer ausdrücklichen Gestattung freiwilliger Einlagen des Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag ergeben oder aus den gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Kontenführung herzuleiten sein. So kann der Gesellschaftsvertrag z.B. vorsehen, dass freiwillige Einlagen der Kommanditisten als Teil der Kapitalanteile oder aber als Rücklage auszuweisen sind. Eine gesellschaftsrechtliche Grundlage kann auch in einem wirksamen Gesellschafterbeschluss über die Zulässigkeit einer entsprechenden Einlage liegen.
Handlungsempfehlung:
In der Praxis muss also im Zweifel ein wirksamer Gesellschafterbeschluss gefasst werden. Formvorschriften existieren insoweit nicht, jedoch ist aus Nachweisgründen stets die Schriftform anzuraten.
Hinweis:
Derartige Situationen bedürfen stets einer steuerlichen Beratung, da die Folgen einer erweiterten Haftung einerseits und der steuerlichen Verlustverrechnung andererseits sorgfältig abzuwägen sind.
16 Wechselseitige Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen (Anteilsrotation) unter Wert – in welchen Konstellationen liegt ein Gestaltungsmissbrauch vor
Der BFH hat in der Vergangenheit mehrfach klargestellt, dass eine bewusste Realisierung von Wertverlusten aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen nicht rechtsmissbräuchlich ist und daher zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führt. Dies wurde sogar für den Fall der ringweisen Anteilsveräußerungen und -erwerbe zur Verlustnutzung im Gesellschafterkreis anerkannt, was ja im Ergebnis dazu führt, dass der Gesellschafter letztlich seine Stellung als Gesellschafter nicht aufgibt.
Nun grenzt der BFH aber mit Entscheidung vom 20.9.2022 (Az. IX R 18/21) ab: Ein „Verlust”, der im Zuge einer Anteilsrotation lediglich wegen der Vereinbarung eines den Wert des veräußerten Anteils krass verfehlenden Kaufpreises entsteht, führt zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil und stellt einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts dar.
Damit bestätigt das Gericht für den Streitfall die Ansicht der FinVerw. Im Streitfall sollte offensichtlich Liquidität aus der steuerlichen Nutzung der durch die Unterpreisverkäufe der Anteile realisierten Verluste generiert werden. Eine Wertermittlung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ergab im Streitfall eindeutig, dass die angesetzten Veräußerungspreise den tatsächlichen Wert der Anteile deutlich unterschritten. Auch der Stpfl. konnte nicht nachweisen, dass die angesetzten Veräußerungspreise dem Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt der Abtretung entsprochen hätten.
Der BFH betont zwar wiederum, dass es einem Stpfl. freisteht, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt. Ein Gestaltungsmissbrauch liege aber dann vor, wenn ein „Verlust” nur dadurch entsteht, dass die Beteiligten einen unzutreffenden, die Wertverhältnisse des zur Veräußerung bestimmten Kapitalgesellschaftsanteils in krasser Weise verfehlenden Kaufpreis vereinbaren; denn in diesem Fall ist der „Verlust” nicht durch eine den Kapitalgesellschaftsanteilen innewohnende Wertminderung, sondern durch einen Verkauf von Anteilen weit unter Wert zustande gekommen. In diesen Fällen ist kein Verlust entstanden, der die Leistungsfähigkeit des Stpfl. gemindert habe.
Hinweis:
Derartige Gestaltungen zur Verlustrealisierung müssen also mit Bedacht geplant werden, damit das gewünschte steuerliche Ergebnis erreicht wird. Hierzu sollte stets steuerlicher Rat eingeholt werden.
17 Berücksichtigung von Verlusten bei Wirecard-Aktionären
Die Finanzbehörde Hamburg hat in der Fachinformation vom 22.2.2022 nochmals ergänzend zur Frage Stellung genommen, ob und unter welchen Bedingungen Wirecard-Aktionäre den erlittenen Verlust steuerlich geltend machen können.
Danach besteht die Möglichkeit, dass die Depotbanken die Wirecard-Aktien als wertlos ausbuchen. Dann erzielt der (ehemalige) Aktionär einen Verlust aus der Veräußerung der Aktien. Die Berücksichtigung des Verlustes im Rahmen der Einkommensteuererklärung kommt dann allerdings nur in Betracht, wenn der Stpfl. eine Verlustbescheinigung des Depotinstituts vorlegt oder durch andere geeignete Unterlagen den erlittenen Verlust nachweist.
Hinweis:
Selbst dann, wenn der Verlust steuerlich geltend gemacht werden kann, ist eine Verrechnung nur mit anderen Kapitalerträgen möglich. Zudem ist eine Beschränkung der Verrechnung auf 20 000 € im Verlustjahr und je Folgejahre vorgesehen.
18 Mieterabfindung ist nicht als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu behandeln, sondern steuerlich sofort abzugsfähig
Streitig war die steuerliche Behandlung von Abfindungszahlungen an weichende Mieter zum Zwecke der Durchführung von Renovierungsmaßnahmen. Mit Vertrag vom 30.3.2016 erwarb die Stpfl. eine vier Wohneinheiten umfassende vermietete Immobilie zum Kaufpreis von 1 200 000 €. Von 2016 bis 2018 renovierte sie das unter Denkmalschutz stehende Objekt für rund 615 000 €. Um die Mieter zur Beendigung der Mietverträge und Räumung ihrer Wohnungen zu bewegen und die Renovierungsarbeiten durchführen zu können, zahlte die Stpfl. im Jahr 2017 Abfindungen i.H.v. insgesamt 35 000 €. Ohne die Räumung wäre die Renovierung zwar technisch möglich, aber umständlicher gewesen.
Die Stpfl. machte die Mieterabfindungen als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Hingegen ging das Finanzamt davon aus, dass die im sachlichen Zusammenhang mit den Baumaßnahmen stehenden Aufwendungen als Herstellungskosten zu qualifizieren seien. Dies vor dem Hintergrund, dass die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen im Anschluss an den Erwerb des Hauses steuerlich nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten einzustufen sind, sondern als sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten, die nur über die Abschreibung steuerlich geltend gemacht werden können. Insoweit ist steuerlich ausdrücklich geregelt, dass zu den (fiktiven) Herstellungskosten eines Gebäudes Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gehören, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage und sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar.
Der BFH bestätigt dagegen nun mit Urteil vom 20.9.2022 (Az. IX R 29/21), dass die Mieterabfindungen sofort abzugsfähig sind. Der Anwendungsbereich der anschaffungsnahen Herstellungskosten ist auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt. Dazu gehören insbesondere Aufwendungen, die – ohne die gesetzliche Regelung für anschaffungsnahe Herstellungskosten – vom Grundsatz her als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären. Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich (mit-)veranlasst sind, unterfallen dagegen nicht dieser Sonderregelung.
Mieterabfindungen stellen keine Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. anschaffungsnahen Herstellungskosten dar. Sie gehören nicht zu den baulichen Maßnahmen.
Hinweis:
Dieses Urteil verdeutlicht, dass die Abgrenzung der anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S.d. EStG einer eigenständigen und eher engen Abgrenzung unterliegt.
19 Zahlung für den Verzicht auf ein Wohnrecht kann als sofort abziehbare Werbungskosten einzustufen sein
Streitig war, ob Aufwendungen des Stpfl. für die Ablösung eines Wohnungsrechts als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind. Dieser hatte eine Immobilie erworben, die mit einem Wohnrecht belastet war. Mit dem Ziel die Immobilie renovieren und dann dauerhaft zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nutzen zu können, wurde gegen Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 40 000 € auf das Wohnrecht verzichtet und die bis dahin Wohnberechtigte verpflichtete sich, das Gebäude kurzfristig zu räumen.
Die Kosten für die Ablösung des Wohnrechts machten die Stpfl. als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das FA sah insoweit dagegen Anschaffungskosten des Wohngebäudes, welche nur über die AfA steuerlich geltend gemacht werden können.
Der BFH bestätigt nun die Ansicht des Stpfl. Ein für die Annahme vorab entstandener Werbungskosten erforderlicher, ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist anzunehmen, wenn der Berechtigte eines mit einem dinglich gesicherten Wohnungsrecht belasteten Erbbaurechts dem Wohnungsberechtigten ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser der Löschung seines Wohnungsrechts zustimmt und das Gebäude räumt und es so erreicht, das Wohngebäude zu vermieten und Einkünfte daraus zu erzielen.
Damit folgt der BFH der früheren Rechtsprechung. Als maßgeblich für die Anerkennung vorab entstandener Werbungskosten hat es der Senat in früheren Fällen angesehen, dass sowohl vor als auch nach dem Anfall von Aufwendungen zur Ablösung bestehender Nutzungsrechte eine Nutzungsüberlassung durch den Eigentümer stattfand, und zwar vorher zu wirtschaftlich ungünstigeren Bedingungen. Vorliegend lag in der Gewährung des Wohnungsrechts eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung seitens des Stpfl. vor. Diese unentgeltliche Überlassung wurde aufgrund des Verzichts des Wohnungsberechtigten durch eine entgeltliche Nutzungsüberlassung ersetzt. Der hierdurch entstandene Aufwand steht in einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit den aus der Vermietung erzielten Einnahmen und ist mithin als (vorab entstandene) Werbungskosten zu berücksichtigen.
Hinweis:
Entscheidend ist also, dass die Aufwendungen für die Ablösung des Wohnrechts dazu dienen, zukünftige höhere Einnahmen aus der Immobilie erzielen zu können.
20 Immobilienverkauf innerhalb der Zehnjahresfrist: Besteuerung des auf tageweise vermietete Räume entfallenden Veräußerungsgewinns
Im Urteilsfall wurde ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Reihenhaus innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert. Strittig war nun, ob der Veräußerungsgewinn insoweit nicht von der Besteuerung ausgenommen ist, als er auf tageweise an Dritte vermietete Räume entfällt, weil insoweit möglicherweise die Voraussetzung der Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken” nicht erfüllt ist.
Im Streitfall wurden einzelne Zimmer im Dachgeschoss des Hauses für einzelne Tage an Messegäste vermietet. Diese Zimmer wurden in der übrigen Zeit von den Stpfl. als Kinderzimmer genutzt. In den betroffenen Jahren lagen die Vermietungstage lediglich zwischen 12 und 25 Tagen. In diesen Zeiten standen die Zimmer ausschließlich den Messegästen zur Verfügung und durften durch den Eigentümer nicht genutzt werden. Das Finanzamt wollte den Veräußerungsgewinn insoweit der Besteuerung unterwerfen, als dieser anteilig nach dem Verhältnis der Wohnflächen auf die tageweise zu Vermietungszwecken genutzten Zimmer entfiel.
Dies bestätigte nun der BFH mit Urteil vom 19.7.2022 (Az. IX R 20/21). Die vorübergehende Vermietung einzelner Zimmer einer Wohnung schließt die „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken” aus, soweit der Mieter die vermieteten Räume unter Ausschluss des Vermieters nutzt. Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist einerseits von der eigenen Nutzung zu anderen als Wohnzwecken und andererseits von der Nutzung zu fremden Wohnzwecken (wie der Fremdvermietung eines Zimmers) abzugrenzen. Erstere schließt die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht notwendig aus (Arbeitszimmer); letztere hingegen schon.
Eine räumliche oder zeitliche Bagatellgrenze für eine unschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte besteht nach Ansicht des BFH nicht.
Maßstab für die Ermittlung des anteilig steuerbaren Veräußerungsgewinns ist das Verhältnis der Wohnflächen zueinander (durchgängig zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnfläche zu vorübergehend zu fremden Wohnzwecken überlassener Wohnfläche).
Hinweis:
Dieses Urteil verdeutlicht, dass schon eine geringfügige Fremdvermietung einzelner Zimmer im Falle der Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Haltefrist zur „Steuerfalle” wird.
21 Organschaft: Auslegung eines Gewinnabführungsvertrags ohne Verlängerungsklausel – steuerliche Rückwirkung eines notariellen Nachtragsvermerks
Die sog. körperschaftsteuerliche Organschaft ist als steuerliches Gestaltungsinstrument weit verbreitet. Sie bietet neben anderen Vorteilen insbesondere die Möglichkeit, Verluste der Organgesellschaft (einer Kapitalgesellschaft) mit steuerlicher Wirkung beim Organträger (einer Kapital- oder Personengesellschaft) geltend zu machen (also Gewinne und Verluste innerhalb eines Konzerns – zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft – zu verrechnen). Zivilrechtlich selbständige Gesellschaften/Einheiten können faktisch wie ein einheitliches Unternehmen besteuert werden. Dazu setzt die Organschaft für ihre Anerkennung aber neben der sog. finanziellen Eingliederung, die beim Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an den Anteilen an der Organgesellschaft erfordert, insbesondere den Abschluss und die tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags (GAV) voraus; dieser GAV muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen sein.
Vor diesem Hintergrund ist nun das Urteil des BFH vom 13.7.2022 (Az. I R 42/18) zur Frage der tatsächlichen Laufzeit eines Ergebnisabführungsvertrags zu sehen. Im konkreten Streitfall hatte eine Mitte 1991 gegründete GmbH geklagt, deren Alleingesellschafterin eine Holding-GmbH war. Ende 1991 schlossen die beiden GmbH einen notariellen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag, der bis zum 31.12.1996 datiert war; eine vorzeitige Kündigung sollte nur aus wichtigem Grund zulässig sein. Mit Nachtragsvermerk gemäß § 44a Abs. 2 Satz 1 und 2 BeurkG stellte der Amtsnachfolger des den GAV beurkundenden Notars viele Jahre später (im Jahr 2012) richtig, dass hier ein Absatz fehlte bzw. zu ergänzen war (die Verlängerungsklausel): „Wird der Vertrag nicht 1 Jahr vor seinem Ablauf schriftlich gekündigt, verlängert er sich um jeweils 1 weiteres Jahr”.
Die Stpfl. führte auch in den Jahren 2006 bis 2009 auf der Grundlage des GAV ihren Gewinn an die Holding-GmbH ab. Das FA versagte dem GAV jedoch die steuerrechtliche Anerkennung und rechnete den Gewinn in Höhe der Gewinnabführungen außerbilanziell als verdeckte Gewinnausschüttungen hinzu.
Der BFH hat dieses Ergebnis, dass in den Streitjahren zwischen der Stpfl. und der Holding-GmbH kein steuerrechtlich wirksamer GAV und damit keine Organschaft gemäß §§ 14, 17 KStG bestanden hat, bestätigt, weil die Vertragslaufzeit wegen fehlender Verlängerung abgelaufen war.
Hierzu hat der BFH u.a. ausgeführt, dass
- GAV nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen sind,
- wenn sich im Vertrag und in den allgemein zugänglichen Unterlagen kein eindeutiger Beleg für den dem Wortlaut entgegenstehenden subjektiven Willen der Vertragsparteien (hier: zur automatischen Vertragsverlängerung) finde, auch kein Raum für dessen Berücksichtigung sei, und
- ausgeschlossen sein müsse, dass den Vertragsparteien je nach wirtschaftlicher und steuerlicher Situation ein „faktisches Wahlrecht” eingeräumt wird, sich auf den konkreten Vertragstext oder auf ein Redaktionsversehen zu berufen.
- Im Streitfall sei anhand der Vertragsurkunde des GAV auch durch Auslegung nicht zu ermitteln, für welchen Zeitraum und unter welchen Voraussetzungen die Verlängerung nach dem Willen der Vertragsparteien hätte eintreten sollen.
- Dem Nachtragsvermerk des Notars komme keine steuerliche Wirkung zu, er könne steuerlich ohnehin nicht in die Streitjahre zurückwirken. Eine steuerliche Rückwirkung scheide jedenfalls dann aus, wenn sich der tatsächlich gewollte Vertragsinhalt nicht objektiv aus den Vertragsregelungen heraus ergibt und unklar ist, wie eine mögliche Lücke in der Vertragsurkunde zu füllen ist.
Hinweis:
Auch dieses Urteil unterstreicht, dass bei der Abfassung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen höchste Sorgfalt geboten ist. Unschärfen gehen steuerlich i.d.R. zu Lasten der beteiligten Unternehmen. So hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bspw. auch einen GAV wegen nicht erfüllter Mindestlaufzeit verworfen, weil dieser GAV nach seinem Wortlaut am 30.12.xx enden sollte – und eben nicht erst am 31.12.xx.
Anderslautende Rechtsprechungsergebnisse wären allerdings auch nicht praktikabel, da dies bedeuten würde, dass sich in allen Fällen derartiger Vertragslücken oder einschlägigen Tippfehlern der Stpfl. je nach der Entwicklung der wirtschaftlichen und steuerlichen Situation von Organträger und Organgesellschaft entweder auf den konkreten Vertragswortlaut (dann keine Organschaft und Gewinnzurechnung bei der Organgesellschaft) oder aber auf ein Notariatsversehen (dann Organschaft und Gewinnzurechnung bei dem Organträger) berufen können.
22 Gewinn aus der Veräußerung einer Anwartschaft auf den Bezug von GmbH-Anteilen im Rahmen einer Kapitalerhöhung
Mit Urteil vom 14.9.2022 (Az. I R 47/19) hat der BFH entschieden, dass eine Anwartschaft auf den Bezug von Geschäftsanteilen an einer GmbH (§ 17 Abs. 1 Satz 3 EStG) im Rahmen einer Kapitalerhöhung dann vorliegt, wenn das Bezugsrecht selbständig übertragbar ist. Dies setze voraus, dass die Kapitalerhöhung durch die Gesellschafterversammlung beschlossen bzw. der entsprechende Beschluss in das Handelsregister eingetragen worden ist.
Im Urteilsfall war – sehr verkürzt und insbesondere ohne internationale Bezüge dargestellt – streitig, ob die Stpfl. durch den Verzicht einer Tochtergesellschaft auf die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung einen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG erzielt hat. Geklagt hatte die Muttergesellschaft M1 (alleinige Anteilseignerin) einer Tochterkapitalgesellschaft T1, die ihrerseits zusammen mit einer AG zu je 50 % an einer Enkel-GmbH 1 beteiligt war.
Tochter-GmbH T1 und die AG beschlossen in 1998 eine Kapitalerhöhung bei der Enkel-GmbH 1 um 22,5 Mio. DM auf 37,5 Mio. DM. Die durch die Kapitalerhöhung entstehende neue Stammeinlage sollte von der noch zu gründenden GmbH 3 (Anteilseignerin: eine weitere Tochtergesellschaft T2 der M1) übernommen werden. Zudem gewährten die T1 und die AG der T2 ein auf die zu gründende GmbH 3 übertragbares Optionsrecht, von der T1 und der AG weitere Gesellschaftsanteile an der Enkel-GmbH 1 für den Fall einer weiteren Kapitalerhöhung zu erwerben.
Nachfolgend fassten T1 und AG als Gesellschafter der Enkel-GmbH 1 einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss, mit dem allein die GmbH 3 in Gründung zur Übernahme der neuen Stammeinlage zugelassen wurde. Die Höhe der Beteiligung von T1 und AG verminderte sich von jeweils 50 % auf jeweils 20 % und nachfolgend auf jeweils 12,5 %.
Die FinVerw vertrat dazu die Auffassung, dass – ebenfalls verkürzt dargestellt – die T1 ihr Anwartschafts-/Bezugsrecht der Stpfl. (M1) zugewendet und diese die Rechtsposition über die T2 in die GmbH 3 eingelegt habe. Da der gemeine Wert des von der GmbH 3 übernommenen Geschäftsanteils erheblich höher gewesen sei als das von ihr für die Übernahme des neuen Geschäftsanteils entrichtete Entgelt, sei bei der GmbH 3 als Empfängerin der von der Stpfl. getätigten Einlage eine Vermögensmehrung eingetreten. Spiegelbildlich liege eine vGA der T1 an die Stpfl. in Form der verhinderten Vermögensmehrung vor. Die Stpfl. habe durch die Einlage des Anwartschafts-/Bezugsrechtes in die GmbH 3 einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG erzielt, denn nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG gehöre zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der verdeckten Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft. Da als Anteile an einer Kapitalgesellschaft gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG auch Anwartschaften auf eine solche Beteiligung anzusehen seien, sei das von der Stpfl. in die GmbH 3 eingelegte Anwartschaftsrecht ein tauglicher Gegenstand im Sinne der Vorschrift. Bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns trete an die Stelle eines Veräußerungspreises im vorliegenden Fall der gemeine Wert des eingelegten Anwartschafts-/Bezugsrechtes.
Der BFH hat diese Auffassung bestätigt: Die Stpfl. habe durch den Verzicht auf die Teilnahme an der im Streitjahr bei der Enkel-GmbH 1 vorgenommenen Kapitalerhöhung Einkünfte erzielt; dieser Verzicht führe (mittelbar über die T2) zu einer verdeckten Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, welche der Veräußerung von Anteilen gleichgesetzt sei und die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erfülle.
Zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gehörten eben auch Anwartschaften auf solche Beteiligungen. Denn auch wenn das Bezugsrecht der Altgesellschafter in dem für die Kapitalerhöhung notwendigen Gesellschafterbeschluss ausgeschlossen wurde und damit gesellschaftsrechtlich kein Bezugsrecht entstanden sei, könne dennoch eine (übertragbare) Anwartschaft i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG vorliegen.
Hinweis:
Dieses Urteil unterstreicht, dass im Zuge von Umstrukturierungen ebenso wie bei Kapitalmaßnahmen Sachverhalte verwirklicht werden können, die – da Veräußerungsvorgängen vergleichbar – auch ohne unmittelbare Veräußerung zu einer Veräußerungsgewinnbesteuerung führen können. Dementsprechend sind umsichtig erstellte und fachlich begleitete Konzepte unerlässlich.
23 Zufluss auf dem steuerlichen Einlagekonto im Rahmen einer wirtschaftlichen Neugründung
Bei Kapitalgesellschaften werden aus körperschaftsteuerlichen Gründen sog. steuerliche Einlagekonten geführt, auf denen nicht in das Nennkapital der GmbH geleistete Einlagen der Anteilseigner ausgewiesen werden. Insbesondere deren Fortschreibung und jährliche gesonderte Feststellung werden in § 27 KStG geregelt. Materielle Bedeutung hat ein solches Einlagekonto, weil beim Anteilseigner solche Bezüge nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, die aus Ausschüttungen einer GmbH stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG als verwendet gelten.
Vor diesem Hintergrund ist das nicht rechtskräftige Urteil des FG Münster vom 28.9.2022 (Az. 9 K 1869/20 F) zu sehen, mit dem das FG entschieden hat, dass, wenn ein neuer Gesellschafter zum Zwecke der wirtschaftlichen Neugründung eine Einlage in die Kapitalgesellschaft erbringt, diese Einlage bilanziell die Kapitalrücklage erhöht und damit einen Zufluss im steuerlichen Einlagekonto bewirkt.
Im konkreten Streitfall hatte eine AG geklagt, bei der 37 500 € der 50 000 € Grundkapital noch nicht eingezahlt waren. Ein Investor erwarb sämtliche Aktien und zahlte 12 500 € auf das Girokonto der AG ein; von da an wurde die AG wieder wirtschaftlich tätig. Das FA sah darin eine wirtschaftliche Neugründung und qualifizierte die Einzahlung der 12 500 € als Einzahlung auf das Nennkapital der AG. Derartige Einzahlungen seien nicht im Bestand des steuerlichen Einlagekontos zu erfassen, so dass dieses nicht zu erhöhen sei.
Demgegenüber entschied das FG, dass dies sehr wohl als Zugang im steuerlichen Einlagekonto zu berücksichtigen sei, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Investor seine Zahlung zur Reduzierung seiner Verpflichtung zur Erbringung der noch ausstehenden Einlagen geleistet habe, sondern diese zur Gewährleistung der „wirtschaftlichen Neugründung” zu Gunsten der Rücklagen gezahlt habe. Insbesondere weise die Bilanz die ausstehenden Einlagen unverändert mit 37 500 € aus. Auch dürfe die Zahlung aus Gründen des Gläubigerschutzes nicht als Erbringung der noch ausstehenden Bareinlagen qualifiziert werden, da – wie bei einer Neugründung – die Gläubiger tatsächlich zu ihrer Befriedigung auf einen Betrag in Höhe des Grundkapitals von 50 000 € zugreifen können müssen, die ursprünglich auf das Grundkapital geleisteten 12 500 € tatsächlich wirtschaftlich aber bereits aufgezehrt waren.
Hinweis:
Die weitere Entwicklung ist – für die Fälle ausstehender Einlagen – aufmerksam zu beobachten, weil das FG die Revision zugelassen hat, da der BFH zu den steuerrechtlichen Auswirkungen einer wirtschaftlichen Neugründung bislang noch nicht Stellung nehmen konnte.
In der Praxis sollte in dem Einlagebeschluss klar zum Ausdruck gebracht werden, ob die Leistung auf eine Einzahlungsverpflichtung erfolgt oder darüber hinaus.
24 Entschädigungszahlung als vGA
VGA sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung solche Vermögensminderungen (bzw. verhinderte Vermögensmehrungen), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirken und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung stehen.
Eine vGA kann auf Grund einer verhinderten Vermögensmehrung bspw. dann vorliegen, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer Geschäftschancen, die der Kapitalgesellschaft gebühren, als Eigengeschäfte wahrnimmt oder er Kenntnisse der Gesellschaft über geschäftliche Möglichkeiten tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art an sich zieht und für eigene Rechnung nutzt.
Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des BFH vom 4.5.2022 (Az. I R 25/19) zu sehen, mit dem der BFH in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat,
- dass, wenn die Gesellschafter einer GmbH auf der Grundlage eines Vertrages zur Abwendung einer Enteignung der den Gesellschaftern gehörenden Grundstücke eine Entschädigungszahlung vereinnahmen, mit der auch Beeinträchtigungen des Gewerbebetriebs der GmbH abgegolten wurden, eine vGA in Betracht kommt, wenn der GmbH die Geschäftschance zum Abschluss einer Entschädigungsvereinbarung zu ihren Gunsten genommen wurde.
- Davon sei nur dann auszugehen, wenn bei einer hypothetischen Betrachtung im Falle einer förmlichen Enteignung der Gesellschafter der GmbH selbst ein eigener gesetzlicher Entschädigungsanspruch zugestanden hätte.
Zudem sei nach der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass eine vGA bspw. auch dann vorliegen kann, wenn eine GmbH gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsführer einen zivilrechtlichen Anspruch hat, auf den sie aber aus gesellschafterbezogener Veranlassung verzichtet.
Im konkreten Streitfall hatten
- die Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH die ihnen zivilrechtlich gehörenden, im Rahmen einer Betriebsaufspaltung der GmbH überlassenen Grundstücke zur Vermeidung einer drohenden Enteignung an die Bundesstraßenverwaltung (zur Errichtung einer Autobahnanschlussstelle) verkauft und
- zum Ausgleich der durch die Reorganisation entstandenen Nachteile Entschädigungszahlungen erhalten.
Auf Basis seiner Rechtsprechung hat der BFH insoweit untersucht, ob überhaupt Entschädigungsansprüche entstanden waren, und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass es vorliegend nicht etwa zu einer Enteignung, sondern „nur” zum Abschluss eines enteignungsbezogenen Vertrages gekommen war. Die beiden Gesellschafter hätten im Streitfall die ihnen als Grundstückseigentümer drohende Enteignung genutzt, um eine – möglicherweise finanziell für sie günstige – privatautonome Vereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland abzuschließen.
Die bisher vom BFH formulierte Geschäftschancenlehre sei dahingehend zu konkretisieren, dass eine vGA dann vorliegt, wenn bei hypothetischer Betrachtung im Falle der Durchführung einer förmlichen Enteignung der Gesellschafter der GmbH ein eigener gesetzlicher Entschädigungsanspruch zugestanden hätte. Nur in diesem Fall hätte nämlich der GmbH der finanzielle Vorteil gebührt und die Gesellschafter wären gehalten gewesen, auf deren Rechnung zu handeln. Davon sei im Streitfall aber nicht auszugehen, da bei einer Enteignung die Gesellschafter Hauptberechtigte der Entschädigung gewesen wären und ein eigener Entschädigungsanspruch der GmbH wahrscheinlich nicht zur Entstehung gelangt wäre. Insbesondere hätte der GmbH keine Entschädigung für den mit der Enteignung des Grundeigentums einhergehenden Untergang ihres (schuldrechtlichen) Nutzungsrechts an den enteignungsbetroffenen Grundstücken zugestanden, da zu ihren Gunsten unmittelbar neue Nutzungsrechte an den von den Gesellschaftern erworbenen Ersatzflächen begründet wurden.
Hinweis:
Vor dem Hintergrund dieser hypothetischen Betrachtung hat der BFH auch keine Rechtsgrundlage für einen eigenen Zahlungsanspruch oder einen (internen) Ausgleichsanspruch der GmbH gegenüber ihren Gesellschaftern gesehen, dessen Geltendmachung Grundvoraussetzung für die Annahme einer vGA wäre.
Es kann also zusammengefasst festgestellt werden, dass sich die Frage nach einer vGA dann überhaupt nicht stellt, wenn zivilrechtlich kein Entziehen einer Geschäftschance festzustellen bzw. anzunehmen ist.
25 Zurechnung eines Einkünftetatbestands im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem (Allein-)Gesellschafter
Mit seinem Urteil vom 16.2.2022 (Az. X R 3/19) hat der BFH – anlässlich eines Falls von Kapitalanlagebetrug – in Anwendung der systematischen Grundlagen des Körperschaftsteuerrechts unterstrichen, dass
- für den Fall, dass eine Kapitalgesellschaft aus dem – betrügerischen – Handel mit wertlosen Aktien berechtigt und verpflichtet wird, die daraus resultierenden gewerblichen Einkünfte grundsätzlich ihr selbst steuerrechtlich zuzurechnen sind,
- ein Durchgriff durch die Kapitalgesellschaft grundsätzlich unzulässig ist und nur unter den Voraussetzungen einer gesetzlichen Ausnahmevorschrift, insbesondere bei Vorliegen eines Scheingeschäfts oder eines Gestaltungsmissbrauchs in Betracht kommt, und
- eine hiervon abweichende Einkünftezurechnung an den (strafrechtlich verantwortlichen) Alleingesellschafter unter dem Gesichtspunkt der Dispositionsbefugnis im Innenverhältnis nicht möglich ist.
Ein Durchgriff durch eine Kapitalgesellschaft ist, so der BFH, nur zulässig, soweit das Steuerrecht ausdrückliche Ausnahmeregelungen zur Verfügung stellt (u.a. bei Scheingeschäften und bei Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten). Diese Regelungen enthielten bindende gesetzliche Vorgaben für die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen zivil- und steuerrechtlich grundsätzlich wirksame Gestaltungen für die Besteuerung ausnahmsweise negiert werden dürften. Würden Gewinne aus der Veräußerung wertloser Aktien bei der diese vermarktenden Kapitalgesellschaft entstehen, so seien die Gewinne i.d.R. auch bei dieser steuerlich zu erfassen.
Hinweis:
Mit dieser Entscheidung hat der BFH erneut die besondere Bedeutung des sog. „Trennungsprinzips” betont, nach dem ein Durchgriff grundsätzlich unzulässig ist und Einkünfte einer Kapitalgesellschaft nur in den seltenen gesetzlich genannten Ausnahmefällen ihren Gesellschaftern zugerechnet werden können.