Für alle Steuerpflichtigen

1 Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens in der Türkei und in Syrien

2 Einführung eines Umsatzsteuersatzes von 0 % für die Lieferung und Montage von Photovoltaikanlagen

3 Behindertengerechter Gartenumbau keine außergewöhnliche Belastung

4 Behandlung der Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuer

5 Besteuerung einer deutschen Sozialversicherungsrente bei Verlegung des Wohnsitzes nach Italien

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

6 Sofortmeldepflicht in bestimmten Branchen

7 Kurzarbeitergeld: Korrekturen nach Abschlussprüfung und Sozialversicherungsentgelte

8 Keine Anwendung der Fahrtenbuchmethode bei Schätzung des Treibstoffverbrauchs des überlassenen Kfz

9 Tarifbegünstigte Besteuerung von Einkünften für mehrjährige Tätigkeit

Für Unternehmer und Freiberufler

10 Bewirtungsaufwendungen: Seit 1.1.2023 sind zwingend die nach der Kassensicherungsverordnung geforderten Angaben zu beachten

11 Spenden für technische Hilfe zur Reparatur kriegsbeschädigter Infrastruktur in der Ukraine

12 Gebäudeabschreibung nach einer nachgewiesenen kürzeren Nutzungsdauer

13 Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Werbeflächen?

14 Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz

Für Personengesellschaften

15 Quotennießbrauch am Gesellschaftsanteil einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft

Für Bezieher von Kapitaleinkünften

16 Kein Zufluss von Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag bei nur buchmäßigem Ausweis der Zinsen auf einem Bonuskonto

17 Veräußerungsgewinne bei Kryptowährungen können steuerpflichtig sein

Für Hauseigentümer

18 Steuerliche Behandlung der Erhaltungsrücklage/Instandhaltungsrücklage bei Eigentumswohnungen

19 Grundsteuerwertbescheide auf den 1.1.2022 – Prüfung und ggf. Einlegung von Rechtsmitteln

Für GmbH-Gesellschafter und GmbH-Geschäftsführer

20 Erhebliche Ausweitung der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch für GmbH: Der Stufenplan bis zum Geschäftsjahr 2028

21 Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Jahressteuergesetz 2010 ist mit dem Grundgesetz teilweise unvereinbar

22 Wechselseitige Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen (Anteilsrotation) unter Wert

23 Körperschaftsteuerrechtliche Organschaft im Fall der Insolvenz

24 Besteuerung der Rückzahlung einer unter Nominalwert erworbenen Kapitalforderung

Aktuelle Aspekte zur Minderung der Steuerlast – Einkommensteuererklärung für 2022 und Lohnsteuerabzug

25 Steuererklärung für 2022

26 Lohnsteuer 2023: Minderung der Lohnsteuer und Möglichkeiten der Nettolohnoptimierung

 

1 Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens in der Türkei und in Syrien

Mit Schreiben vom 27.2.2023 (Az. IV C 4 – S 2223/19/10003 :019) hat die FinVerw umfangreiche steuerliche Billigkeitsregelungen erlassen, um die Unterstützung der Opfer des Erdbebens in der Türkei und in Syrien steuerlich zu flankieren. Inhaltlich entspricht dies den Billigkeitsmaßnahmen, die bei vorherigen Naturkatastrophen erlassen wurden. Geltung haben diese Regelungen für Unterstützungsmaßnahmen, die vom 6.2.2023 bis zum 31.12.2023 durchgeführt werden. Hervorzuheben sind folgende Aspekte:

  • Statt einer Zuwendungsbestätigung genügt als Nachweis der Zuwendungen, die bis zum 31.12.2023 zur Hilfe in den durch das Erdbeben verursachten Katastrophenfällen auf ein dafür eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen eingezahlt oder bis zur Einrichtung des Sonderkontos auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger eingezahlt werden, der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes (z.B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking).
  • Begünstigt sind auch Zuwendungen, die über ein Treuhandkonto an einen entsprechenden Zuwendungsempfänger weitergeleitet werden, wenn für das Treuhandkonto eine Liste mit den einzelnen Zuwendenden und ihrem jeweiligen Anteil an der Zuwendungssumme vorliegt.
  • Wird eine Zuwendungsbestätigung ausgestellt, dann genügt es, als Verwendungszweck der Zuwendung die Förderung mildtätiger Zwecke anzugeben.
  • Steuerbegünstigte Körperschaften können unabhängig vom Satzungszweck in weitem Rahmen Spenden für Opfer des Erdbebens sammeln unter der Voraussetzung, dass bei der Mittelweitergabe die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung geprüft und dokumentiert wird. Auch eigene Mittel der steuerbegünstigten Körperschaft können für die Unterstützung von Opfern des Erdbebens genutzt werden, ohne dass dies für die Steuerbegünstigung der Körperschaft schädlich ist.
  • Zuwendungen aus einem steuerlichen Betriebsvermögen können als Sponsoring-Maßnahme steuerlich abzugsfähig sein. Auch die unentgeltliche Zuwendung an von dem Erdbeben geschädigten Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen ist in angemessenem Umfang als Betriebsausgabe steuerlich abzugsfähig.
  • Generell ist die Zuwendung von Wirtschaftsgütern oder sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geld) – also z.B. die Zurverfügungstellung von Räumgerät oder Zelten − des Stpfl. aus einem inländischen Betriebsvermögen an durch das Erdbeben Geschädigte oder mit der Bewältigung des Erdbebens befasste Betriebe oder Einrichtungen (einschließlich der juristischen Personen des öffentlichen Rechts) als Betriebsausgabe zu behandeln. Dies gilt für Zuwendungen des Stpfl. im Rahmen der unmittelbaren Gefahrenabwehr oder der allgemeinen Aufräumarbeiten.
  • Beihilfen und Unterstützungen an betroffene Arbeitnehmer sind weitgehend lohnsteuerfrei.
  • Arbeitslohnspenden sind nicht als Lohn zu versteuern. Andererseits kann der Arbeitnehmer diese aber auch nicht als Spende steuerlich geltend machen. Der Arbeitgeber muss diese Beträge im Lohnkonto aufzeichnen und die Mittelverwendung dokumentieren.

Handlungsempfehlung:

Die Billigkeitsmaßnahmen sind zwar umfangreich, jedoch ist im Detail sorgfältig zu prüfen, ob vorgesehene Unterstützungsmaßnahmen hiervon umfasst sind und welche Dokumentationsanforderungen bestehen.

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2 Einführung eines Umsatzsteuersatzes von 0 % für die Lieferung und Montage von Photovoltaikanlagen

Bislang war es auch bei der Errichtung einer kleineren Photovoltaikanlage (PV-Anlage) und keiner anderen umsatzsteuerlich relevanten Tätigkeit sinnvoll, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Dies war deshalb sinnvoll, da dann die Vorsteuer aus dem Erwerb der Anlage vom Finanzamt erstattet wurde und nur der Nettobetrag finanziert werden musste. Andererseits folgten dann auch die umsatzsteuerlichen Verpflichtungen als steuerpflichtiger Unternehmer.

Um diesen Nachteil aus der Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht mehr eingehen zu müssen, wurde nun mit Wirkung ab dem 1.1.2023 für die Lieferung und Montage eine Sonderregelung eingeführt, nach der auf diese Leistungen der Umsatzsteuersatz auf 0 % reduziert wird.

Die richtige Anwendung dieser Vorschrift ist zum einen wichtig für den ausführenden Installationsbetrieb, aber auch für den die Leistung empfangenden PV-Anlagen-Betreiber. Zur Anwendung dieser Neuregelung hat nun die FinVerw mit Schreiben des BMF v. 27.2.2023 (Az. III C 2 – S 7220/22/10002 :010) Stellung genommen. Insoweit gelten folgende Grundsätze:

  • Erfasste PV-Anlagen:
    • Der Umsatzsteuersatz von 0 % kommt nur zur Anwendung für Lieferung/Installation von PV-Anlagen auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die zu dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten genutzt werden. Auf die Größe der PV-Anlage kommt es nicht an, so dass z.B. bei einem größeren Wohngebäude auch eine Großanlage von z.B. 50 kWp unter diese Regelung fällt. In der Nähe der genannten Wohnungen/Gebäude befindet sich eine PV-Anlage insbesondere, wenn sie auf dem Grundstück installiert ist, auf dem sich auch die betreffende Wohnung bzw. das betreffende begünstigte Gebäude befindet (z.B. Garage, Gartenschuppen, Zaun).
    • Wird ein Gebäude sowohl für begünstigte als auch nicht begünstigte Zwecke verwendet (z.B. teilweise zu Wohnzwecken und teilweise zu gewerblichen Zwecken), ist grundsätzlich von einem begünstigten Gebäude auszugehen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die unschädliche Nutzung so sehr hinter der schädlichen Nutzung zurücktritt, dass eine Anwendung der Begünstigung nicht sachgerecht wäre. Davon ist nach Ansicht der FinVerw z.B. auszugehen bei einer Hausmeisterwohnung in einem Gewerbekomplex oder wenn die auf die unschädliche Nutzung entfallenden Nutzflächenanteile weniger als 10 % der Gesamtgebäudenutzfläche ausmachen.
    • Nicht begünstigt sind dagegen z.B. Freiflächenanlagen und auch Anlagen auf anderen Gebäuden, wie z.B. reinen Gewerbeimmobilien.
    • Allerdings gilt vereinfachend, dass bei einer installierten Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister von nicht mehr als 30 kWp diese Voraussetzungen stets als erfüllt gelten. In diesem Fall muss der leistende Unternehmer die Eigenschaft des Gebäudes nicht prüfen, um den Nullsteuersatz anzuwenden. Nur bei Anlagen, die diese Leistungsgrenze überschreiten, müssen die Anwendungsvoraussetzungen geprüft werden.

Handlungsempfehlung:

Der leistende Unternehmer (Lieferant, Installateur, Elektrobetrieb usw.) hat nachzuweisen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen zur Anwendung des Nullsteuersatzes erfüllt sind. Ausreichend für den Nachweis ist es, wenn der Erwerber erklärt, dass

  • er Betreiber der Photovoltaikanlage ist und
  • es sich entweder um ein begünstigtes Gebäude handelt oder die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut MaStR nicht mehr als 30 kWp beträgt oder betragen wird.

Eine solche Erklärung des Erwerbers kann auch im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung (z.B. AGB) erfolgen. Entsprechendes gilt für nachträgliche Lieferungen von Speichern, wesentlichen Komponenten und Ersatzteilen.

  • Erfasste Leistungen:
    • Der Steuersatz von 0 % gilt für die Lieferung von Solarmodulen an den PV-Anlagenbetreiber einschließlich der für den Betrieb der Anlage wesentlichen Komponenten (insbesondere der Wechselrichter, Modulbefestigungen und Verkabelung) und einen Batteriespeicher. Weiterhin gilt dies auch für die Montage dieser Anlagenteile.
    • Nicht erfasst werden Stromverbraucher für den mit der PV-Anlage erzeugten Strom, wie z.B. Ladeinfrastruktur, Wärmepumpe, Wasserstoffspeicher.
    • Zu erfassen sind auch notwendige Nebenleistungen. Zu den Nebenleistungen der Lieferung der Photovoltaikanlage zählen u.a. die Übernahme der Anmeldung in das Marktstammdatenregister, die Bereitstellung von Software zur Steuerung und Überwachung der Anlage, die Montage der Solarmodule, die Kabelinstallationen, die Lieferung und der Anschluss des Wechselrichters oder des Zweirichtungszählers, die Lieferung von Schrauben und Stromkabeln, die Herstellung des AC-Anschlusses, die Bereitstellung von Gerüsten, die Lieferung von Befestigungsmaterial oder auch die Erneuerung des Zählerschranks, wenn diese vom Netzbetreiber verlangt wird bzw. auf Grund technischer Normen für den Betrieb der Photovoltaikanlage erforderlich ist.
    • Vorarbeiten, wie z.B. die Reparatur oder Ertüchtigung des Daches oder die Ertüchtigung des Hausanschlusses gehören nicht zu den begünstigten Leistungen und unterliegen dem Regelsteuersatz. Anders ist dies aber dann, wenn diese Leistungen als Nebenleistung Bestandteil des Leistungspaketes des Solarinstallateurs sind.

Beispiel:

U errichtet eine PV-Anlage auf seinem Privathaus. Er beauftragt hierzu das Solarunternehmen S im Rahmen einer sog. „Paketlösung” eine PV-Anlage mit 25 kW (peak) auf seinem Gebäude zu installieren. S muss in diesem Rahmen auch den Zählerschrank erneuern und Dachbalken teilweise verstärken.

Alle von S im Rahmen einer einheitlichen Leistung (Dacharbeiten, Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage, Erweiterung Zählerschrank) erbrachten Arbeiten unterliegen unter den übrigen Voraussetzungen dem Nullsteuersatz.

Abwandlung:

Die Dacharbeiten werden von einem gesondert beauftragten Dachdeckerunternehmen erledigt. Dann sind diese nicht als Nebenleistung zur Lieferung/Installation der PV-Anlage zu werten und unterliegen dem regulären Umsatzsteuersatz.

  • Dem Nullsteuersatz unterliegen grundsätzlich auch die Lieferungen von Aufdach-PV-Anlagen durch Bauträger und zwar auch dann, wenn die Anlage mit dem Gebäude geliefert wird.
  • Batterien und Speicher unterliegen dem Nullsteuersatz, wenn diese im konkreten Anwendungsfall dazu bestimmt sind, Strom aus begünstigten Solarmodulen zu speichern.
  • Erfasst wird auch die Lieferung/Montage von PV-Modulen bei der Erweiterung einer bestehenden PV-Anlage. Im Hinblick auf die 30 kWp-Grenze ist dann aber zu beachten, dass sich diese auf die Anlage insgesamt bezieht. Wird die 30 kWp-Grenze durch die Erweiterung überschritten, ist die Vereinfachungsregelung hinsichtlich des Nachweises der Anwendung des Nullsteuersatzes auf den nachträglich ergänzten Teil nicht anwendbar. Für den bereits bestehenden Teil führt dies jedoch nicht zur nachträglichen Nichtanwendbarkeit der Vereinfachungsregelung.
  • Betreiber der PV-Anlage: Der Nullsteuersatz erfasst nur die Lieferung an den Betreiber einer Photovoltaikanlage. Die in der Lieferkette vorausgehenden Lieferungen (z.B. an Zwischenhändler, Leasinggeber, Mietverkäufer) unterliegen hingegen dem Regelsteuersatz. Betreiber der Photovoltaikanlage ist die Person, die dem Grunde nach zum Leistungszeitpunkt als Betreiber der jeweiligen Anlage im Marktstammdatenregister registrierungspflichtig ist oder voraussichtlich registrierungspflichtig wird. Ob tatsächlich eine Registrierung im Marktstammdatenregister erfolgt (so z.B. nicht im Falle von Steckersolargeräten, sog. Balkonkraftwerken) ist für die Betreibereigenschaft nicht maßgeblich. Nachträgliche Änderungen der Person des Betreibers sind unerheblich.
  • Vermietung von PV-Anlagen nicht erfasst: Die Vermietung von PV-Anlagen stellt keine Lieferung von PV-Anlagen dar und unterliegt daher dem Regelsteuersatz. Anders kann dies bei Leasing- oder Mietkaufverträgen je nach konkreter Ausgestaltung sein; insoweit ist die jeweilige vertragliche Ausgestaltung zu prüfen.
  • Keine Anwendung bei eigenständigen Serviceleistungen: Der Nullsteuersatz findet keine Anwendung auf den Teil des Entgelts, der auf eigenständige Serviceleistungen entfällt, wie z.B. Wartungsarbeiten, die Einholung von behördlichen Genehmigungen oder die Versicherung der Photovoltaikanlage mit einer Haftpflicht- und Vermögensschadens-Versicherung.

Daneben ist zu prüfen, ob der Verbrauch eines Teils des mit der PV-Anlage erzeugten Stroms für private Zwecke umsatzsteuerliche Folgen nach sich zieht. Insoweit ist zu differenzieren:

  • Vor dem 1.1.2023 angeschaffte PV-Anlage: Ist die Anlage vor dem 1.1.2023 angeschafft worden und ist auf die Anwendung der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung verzichtet worden, so konnte bei Erwerb der PV-Anlage die in Rechnung gestellte Vorsteuer in vollem Umfang gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht werden. Daher unterliegt der privat verbrauchte Strom als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer. Damit wird dann der zunächst zulässige Vorsteuerabzug systemgerecht nachgelagert (anteilig) ausgeglichen. Auch nach dem 31.12.2022 ist in diesen Fällen wie bisher weiterhin grundsätzlich eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern.
    In diesen Fällen kann geprüft werden, ob nach Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist bei Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung dann zu dieser übergegangen wird. Dies muss für den Einzelfall unter Hinzuziehung steuerlichen Rats geprüft werden.
  • Anschaffung der PV-Anlage nach dem 31.12.2022: Erwirbt ein Unternehmer ab dem 1.1.2023 eine Photovoltaikanlage unter Anwendung des Nullsteuersatzes, erübrigt sich mangels Steueranfall (Steuersatz 0 %) ein Vorsteuerabzug. Anders als bisher erfolgt in diesen Fällen daher keine Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe auf den selbst verbrauchten Strom. Der Verzicht auf die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe ist ein materieller Vorteil für den Anlagenbetreiber, da der privat verwendete Strom nicht mehr der Umsatzsteuer unterliegt.
    Die Einspeisung von Strom in das allg. Stromnetz unterliegt allerdings weiterhin den allgemeinen Regeln. Insoweit ist zu unterscheiden:
    • Kann der PV-Anlagenbetreiber von der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen, so unterliegt die Stromlieferung nicht der Umsatzsteuer. Dies ist in der Praxis dann dem Versorgungsunternehmen mitzuteilen, welches i.d.R. mittels Gutschrift über die Stromeinspeisung abrechnet. In dieser Gutschrift darf dann keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden.
    • Macht der PV-Anlagenbetreiber von der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung keinen Gebrauch, z.B. weil dieser auch weiteren umsatzsteuerlichen Tätigkeiten nachgeht und die Betragsgrenzen für die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung überschritten sind (bspw. ist der PV-Anlagenbetreiber im Übrigen als selbständiger Rechtsanwalt tätig), so unterliegt die Stromeinspeisung in das allg. Stromnetz der Umsatzsteuer.

Zeitliche Anwendung des Nullsteuersatzes:

Der Nullsteuersatz ist unter den vorgenannten Bedingungen anzuwenden für Lieferungen bzw. Leistungen, die nach dem 31.12.2022 erbracht worden sind. Lieferung und Installation einer PV-Anlage ist i.d.R. als Werklieferung einzustufen, die mit Abnahme der Leistung ausgeführt ist. Zu diesem Zeitpunkt ist der maßgebliche Steuersatz für die Leistung festzustellen. Wenn die Leistung nach dem 31.12.2022 ausgeführt und abgenommen wird, entsteht eine Umsatzsteuer von 0 %. Sind in diesem Fall bereits im Jahr 2022 Anzahlungen geleistet worden, die dem Steuersatz von 19 % unterworfen wurden, muss dies im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung korrigiert werden. Dies gilt entsprechend für den Leistungsempfänger für einen ggf. vorgenommenen Vorsteuerabzug.

Anders kann dies im Ausnahmefall dann sein, wenn Lieferung der Anlagenteile und Installation der Anlage durch unterschiedliche Unternehmer erfolgen. Dann sind diese Leistungen getrennt zu betrachten und die Lieferung der Anlagenteile ist mit Ausführung der Lieferung erbracht und der dann maßgebende Umsatzsteuersatz ist anzuwenden. Erfolgte also z.B. die Lieferung der Anlagenteile durch Lieferant A im Dezember 2022 und die Installation durch Unternehmer B im Januar 2023, so ist die Lieferung mit 19 % Umsatzsteuer, die Installation dagegen mit 0 % Umsatzsteuer abzurechnen.

Hinweis:

Wird eine vor dem 1.1.2023 angeschaffte Anlage veräußert oder aus dem unternehmerischen Bereich entnommen, so müssen eventuelle umsatzsteuerliche Folgen im Detail geprüft werden. Insoweit sollte stets steuerlicher Rat eingeholt werden.

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3 Behindertengerechter Gartenumbau keine außergewöhnliche Belastung

Kosten in Folge einer Erkrankung können unter bestimmten Bedingungen als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden. Der BFH hat nun aber mit Urteil vom 26.10.2022 (Az. VI R 25/20) entschieden, dass Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau des zum selbstgenutzten Einfamilienhaus gehörenden Gartens nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können.

Die Umbaumaßnahme im Urteilsfall war zwar eine Folge der Verschlechterung des Gesundheitszustands der Stpfl. Die Stpfl. war jedoch nicht aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen verpflichtet, derartige Konsumaufwendungen zu tragen, sodass es sich nicht um zwangsläufige Mehraufwendungen handelte. Die Umbaukosten standen vielmehr in ihrem Belieben. Derartige Aufwendungen sind nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern anders als die krankheits- oder behindertengerechte Ausgestaltung des individuellen (existenznotwendigen) Wohnumfelds in erster Linie Folge eines frei gewählten Freizeit-/Konsumverhaltens.

Hinweis:

Als außergewöhnliche Belastung können dagegen Aufwendungen des behindertengerechten Umbaus des unmittelbaren Wohnumfelds geltend gemacht werden. Im Übrigen kann für in Anspruch genommene Handwerkerleistungen – jedenfalls für den Lohnanteil − die insoweit geltende (betragsmäßig begrenzte) Steuerermäßigung geltend gemacht werden.

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4 Behandlung der Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuer

Das Thüringer FinMin hat mit Schreiben vom 9.1.2023 (Az. 1040-21 – S 2121/18-2-2898/2023) zur einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuer Stellung genommen. Ehrenamtliche Betreuer erhalten ab dem 1.1.2023 eine jährliche Aufwandsentschädigung i.H.v. 425 € (bis 31.12.2022: 400 €). Die Aufwandsentschädigung wird für jede einzelne Vormundschaft, Pflegschaft und Betreuung gewährt. Es ist deshalb in Ausnahmefällen möglich, dass eine Betreuungsperson den Betrag mehrfach erhält.

Steuerlich werden diese Aufwandsentschädigungen von einer speziellen Steuerbefreiung erfasst. Diese sind steuerfrei, soweit sie zusammen mit Einnahmen aus ehrenamtlichen Tätigkeiten im öffentlichen, gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Bereich den insoweit gewährten Freibetrag von 3 000 € nicht überschreiten. Das bedeutet beispielsweise, dass ein Verbrauch des Freibetrags durch eine Übungsleitertätigkeit zur Steuerpflicht der gezahlten Aufwandsentschädigung als ehrenamtlicher Betreuer führt.

Weiterhin weist die FinVerw darauf hin, dass die frühere Praxis, nach der eine allgemeine Betriebsausgabenpauschale i.H.v. 25 % der erhaltenen Aufwandsentschädigung geltend gemacht werden konnte, bereits seit 2015 nicht mehr anwendbar ist. Fallen im Zusammenhang mit steuerfreien Aufwandsentschädigungen aus einer ehrenamtlichen Betreuungstätigkeit Ausgaben an, wie z.B. Fahrtkosten, Telefonkosten o.ä., so können diese steuerlich nur insoweit geltend gemacht werden, als die Einnahmen des ehrenamtlichen Betreuers und gleichzeitig auch die berücksichtigungsfähigen Betriebsausgaben die steuerfreien Einnahmen übersteigen.

Handlungsempfehlung:

Stets sollten Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Betreuungstätigkeit aufgezeichnet werden und entsprechende Belege aufbewahrt werden. Nach Ablauf des jeweiligen Besteuerungszeitraums kann dann geprüft werden, ob evtl. eine steuerliche Berücksichtigung möglich ist.

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5 Besteuerung einer deutschen Sozialversicherungsrente bei Verlegung des Wohnsitzes nach Italien

Streitig war, ob eine an einen deutschen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Italien gezahlte Altersversorgung (Sozialversicherungsleibrente) der Deutschen Rentenversicherung der deutschen Einkommensbesteuerung unterliegt. Das deutsche Finanzamt sah insoweit nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Italien ein Besteuerungsrecht für Deutschland.

Dies hat der BFH nun auch mit Entscheidung vom 17.8.2022 (Az. I R 17/19) bestätigt. Der Stpfl. habe mit der Rente inländische Einkünfte in Deutschland erzielt. Der inländischen Besteuerung stehe das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht entgegen. Nach diesem Doppelbesteuerungsabkommen können Sozialversicherungsrenten eines der beiden Staaten in dem Staat besteuert werden, der die Rente auszahlt (sog. Kassenstaat), wenn der Empfänger Staatsangehöriger dieses Staates ist, ohne Staatsangehöriger des anderen Vertragsstaates zu sein.

Handlungsempfehlung:

In diesen Fällen ist sorgfältig das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen zu prüfen. Ob es in solchen Fällen dann tatsächlich zu einer Besteuerung in Deutschland kommt, hängt von der Höhe der Rente ab. Da aber die Renten zunehmend zu versteuern sind (Übergang zur nachgelagerten Besteuerung), dürften vermehrt Fälle auftreten, in denen dann in Deutschland als Kassenstaat auch Steuerzahlungen anfallen. In diesen Fällen besteht in Deutschland u.U. die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung.

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6 Sofortmeldepflicht in bestimmten Branchen

In bestimmten Branchen gilt (bereits seit längerem) eine Sofortmeldepflicht für neue Mitarbeiter mit dem Ziel, Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung zu bekämpfen. Diese ist dringend zu beachten, da ansonsten empfindliche Bußgelder fällig werden können. Arbeitgeber müssen den Tag des Beginns der Beschäftigung spätestens melden, wenn der Mitarbeitende die Tätigkeit aufnimmt. Dies gilt für folgende Branchen:

  • Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
  • Schaustellergewerbe,
  • Baugewerbe,
  • Personenbeförderungsgewerbe,
  • Speditions-, Transport- und das damit verbundene Logistikgewerbe,
  • Unternehmen der Forstwirtschaft,
  • Gebäudereinigungsgewerbe,
  • Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
  • Fleischwirtschaft,
  • Prostitutionsgewerbe,
  • Wach- und Sicherheitsgewerbe.

Zusätzlich müssen die Beschäftigten zur Feststellung ihrer Identität während der Arbeit ihren Personalausweis, Pass, Passersatz oder Ausweisersatz mitführen. Der Arbeitgeber muss die Mitarbeitenden darüber nachweislich schriftlich aufklären und den Nachweis in den Entgeltunterlagen aufbewahren.

Handlungsempfehlung:

Der Arbeitgeber übermittelt die Sofortmeldung mit dem Abgabegrund „20” und den persönlichen Daten des Arbeitnehmers ausschließlich elektronisch im Rahmen des DEÜV-Meldeverfahrens. Bei der Übermittlung der Meldungen wird die zentrale Empfängerbetriebsnummer der DSRV: 66667777 genutzt. Die Sofortmeldung kann aus den Entgeltabrechnungsprogrammen abgegeben werden.

Die Sofortmeldung ersetzt nicht die reguläre Anmeldung zur Sozialversicherung nach der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV). Diese erfolgt vielmehr zusätzlich nach den üblichen Regeln.

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7 Kurzarbeitergeld: Korrekturen nach Abschlussprüfung und Sozialversicherungsentgelte

Kurzarbeitergeld wird zunächst von der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen einer vorläufigen Entscheidung gewährt. Nach Ende des Kurzarbeitergeldbezugs werden die abgerechneten Bezugszeiträume abschließend geprüft. Aktuell finden insbesondere die Abschlussprüfungen für die in den Zeiten der Corona-Pandemie gewährten Kurzarbeitergelder statt. Diese Abschlussprüfungen können zu Korrekturen des vorläufig bewilligten Kurzarbeitergeldes führen. In diesen Fällen sind die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger bislang davon ausgegangen, dass keine beitragsrechtlichen Korrekturen zu veranlassen sind. An dieser Meinung wird nun nicht mehr festgehalten. Nach der Verlautbarung vom 14.2.2023 gelten insoweit folgende Regelungen und Übergangsregelung:

  • Entgeltabrechnungszeiträume bis Dezember 2022: Soweit Arbeitgeber nach den bisherigen Leitlinien verfahren haben, also im Falle der Korrektur von Kurzarbeitergeld keine beitragsrechtlichen Korrekturen veranlasst haben, wird dies für Entgeltabrechnungszeiträume bis zum Dezember 2022 nicht beanstandet.
  • Entgeltabrechnungszeiträume ab Januar 2023: Wird in den Fällen, in denen Kurzarbeit im Betrieb wirksam vereinbart worden ist, im Zuge der abschließenden Prüfung festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld für Entgeltabrechnungszeiträume ab Januar 2023 nicht vorgelegen haben, hat der Arbeitgeber – neben der Rückzahlung etwaiger Kurzarbeitergeldleistungen – die notwendigen beitragsrechtlichen Korrekturen vorzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistung vollständig oder nur teilweise (beispielsweise bei fehlerhaftem Ansatz der Ausfallstunden) zurückgefordert wird. Dies gilt für gegebenenfalls neben dem vermeintlichen Kurzarbeitergeld geleistete beitragsfreie Aufstockungsbeträge zum Kurzarbeitergeld entsprechend.

Hinweis:

Eine Belastung der Arbeitnehmer mit dem vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags kann rückwirkend nur für die drei letzten Lohnabrechnungszeiträume geltend gemacht werden. Daher wird im Regelfall der Arbeitgeber nachzuzahlende Sozialversicherungsbeiträge insgesamt tragen.

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8 Keine Anwendung der Fahrtenbuchmethode bei Schätzung des Treibstoffverbrauchs des überlassenen Kfz

Der geldwerte Vorteil aus der Möglichkeit der privaten Nutzung eines Firmenwagens unterliegt bei dem Arbeitnehmer der Lohnbesteuerung. Die Ermittlung des geldwerten Vorteils erfolgt grundsätzlich nach der sog. 1 %-Regel, also durch pauschalen Ansatz von monatlich 1 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs bei der Erstzulassung für die private Nutzungsmöglichkeit zzgl. 0,03 % für jeden Entfernungskilometer für die Fahrten Wohnung/erste Tätigkeitsstätte. Bei Elektrofahrzeugen wird ggf. ein ermäßigter Prozentsatz angesetzt.

Alternativ zu dieser Pauschalmethode (1 %-Regelung) kann auch mittels eines Fahrtenbuchs die tatsächliche berufliche Nutzung einerseits und die private Nutzung andererseits ermittelt werden und der private Nutzungsanteil sodann auf die tatsächlich für das Fahrzeug angefallenen Kosten angewendet werden. An ein solches Fahrtenbuch werden aus steuerlicher Sicht sehr hohe formale Anforderungen gestellt.

Im vom BFH zu entscheidenden Streitfall lag zwar ein steuerlich anzuerkennendes Fahrtenbuch vor, jedoch waren die Treibstoffkosten des Fahrzeugs geschätzt worden. Denn die Fahrzeuge waren an einer betriebseigenen Tankstelle betankt worden, die weder über eine Anzeige der Abgabemenge noch des Abgabepreises verfügte. Das Finanzamt wendete daher die Fahrtenbuchmethode nicht an, sondern bemaß den geldwerten Vorteil für die private Kfz-Nutzung nach Maßgabe der 1 %- und der 0,03 %-Regelung und nahm den Arbeitgeber für den Streitzeitraum mit Haftungsbescheid in Anspruch.

Der BFH hat nun mit Urteil vom 15.12.2022 (Az. VI R 44/20) die Vorgehensweise des Finanzamtes bestätigt. Ausweislich des Gesetzeswortlauts ist die Fahrtenbuchmethode nicht schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn die Vorschrift setzt weiter voraus, dass zum einen der Wert der Privatnutzung als Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt wird und zum anderen, dass die durch Belege nachzuweisenden Kosten die durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen umfassen. Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode folglich aus. Dies gilt selbst dann, wenn auf Grund der gewählten Schätzungsgrundlagen oder eines „Sicherheitszuschlags” bei der Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als tatsächlich entstanden sind.

Handlungsempfehlung:

Soll die Fahrtenbuchmethode angewandt werden, so erfordert dies also zwingend die Aufzeichnung der tatsächlich angefallenen Kosten.

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9 Tarifbegünstigte Besteuerung von Einkünften für mehrjährige Tätigkeit

Wird Lohn für mehrere Jahre in einem Betrag ausgezahlt, so z.B. bei der Auszahlung angesammelter Überstunden oder bei der Auszahlung eines angesammelten Alterskapitals, so führt dieser zusammengeballte Zufluss bei der Einkommensteuer u.U. zu einer deutlich steigenden Belastung, nämlich dann, wenn sich die Einkünfte im Bereich des progressiven Einkommensteuertarifs befinden. Um diesen Progressionseffekt abzumildern, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine tarifbegünstigte Besteuerung erfolgen, bei der zur Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes die außerordentlichen Einkünfte fiktiv auf fünf Jahre verteilt werden.

Die Anwendung der tarifbegünstigten Besteuerung setzt voraus, dass außerordentliche Einkünfte vorliegen, was gegeben ist, wenn

  • eine Entschädigung gewährt wird als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen, so z.B. bei einer Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes oder Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit vorliegen und
  • diese Einkünfte in einem Kalenderjahr zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften eine erhöhte steuerliche Belastung entsteht.

Der BFH hat nun in der Entscheidung vom 15.12.2022 (Az. VI R 19/21) nochmals herausgestellt, dass der zweitgenannte Aspekt zwingend gegeben sein muss. Konkret wurde klargestellt, dass die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit regelmäßig nicht tarifbegünstigt ist, wenn die Auszahlung in drei Kalenderjahren erfolgt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zahlung ursprünglich in einer Summe vereinbart war und die Auszahlung in drei Veranlagungszeiträumen auf Gründen beruht, die der Gestaltungsfreiheit des Stpfl. entzogen sind.

Im Urteilsfall war dem Arbeitnehmer eine Altersversorgung zugesagt worden, und zwar sollte mit Erreichen des Pensionsalters eine Einmalzahlung erfolgen. Die vereinbarte Einmalzahlung wurde nun aber lediglich zu einem Teil zum vereinbarten Zeitpunkt (im Jahr 2016) ausgezahlt und die verbleibenden Teilbeträge wurden in den beiden Folgejahren nachgezahlt. Begehrt wurde die Tarifermäßigung für die Auszahlung im Jahr 2016. Das Finanzamt folgte dem nicht. Die Tarifermäßigung komme nicht in Betracht, da das „Alterskapital” nicht als Einmalzahlung im Streitjahr geleistet worden sei.

Der BFH hat nun die Vorgehensweise des Finanzamtes bestätigt. Zwar sei der Zufluss in einem Kalenderjahr kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal, jedoch folge dies aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, der darin besteht, dass Belastungen abgemildert werden sollen, die dadurch entstehen, dass der Zufluss in einem Kalenderjahr zu einer für den Stpfl. im Vergleich zu seiner regelmäßigen sonstigen Besteuerung einmaligen und außergewöhnlichen Progressionsbelastung führt.

Im Umkehrschluss liegen typischerweise keine außerordentlichen Einkünfte vor, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit in zwei oder mehr Kalenderjahren gezahlt wird. Insoweit hat die Rechtsprechung nur eng begrenzte Ausnahmen zugelassen:

  • So ist nach der Rechtsprechung die Steuerbegünstigung trotz des Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen ausnahmsweise auch dann anzuwenden, wenn der Stpfl. nur eine geringfügige Teilleistung erhält und die ganz überwiegende Leistung in einem Betrag ausgezahlt wird, wobei sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen müssen und die Nebenleistung nur geringfügig sein darf.
  • Eine weitere Ausnahme hält der BFH aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in solchen Fällen für geboten, in denen neben der Hauptleistung in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden, wie z.B. die Gestellung eines Firmenwagens.
  • Verteilt sich die Zahlung auf zwei Veranlagungszeiträume, lässt die höchstrichterliche Rechtsprechung die Steuerermäßigung darüber hinaus auch dann zu, wenn die Zahlung von vornherein in einer Summe festgesetzt war und nur wegen ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen auf zwei Jahre verteilt wurde.

Vorliegend lagen solche Ausnahmen nicht vor. Dem steht unter den im Streitfall gegebenen Umständen bereits entgegen, dass sich die Auszahlung des „Alterskapitals” nicht nur auf zwei, sondern auf drei Veranlagungszeiträume erstreckte.

Handlungsempfehlung:

Der Zufluss in einem Kalenderjahr ist also zwingende Voraussetzung für die Annahme außerordentlicher Einkünfte und hiervon kann nur in ganz eng begrenzten Ausnahmen abgesehen werden. Auf die Einhaltung dieser Voraussetzung sollte in der Praxis dringend geachtet werden, da dies materiell sehr bedeutsam sein kann.

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10 Bewirtungsaufwendungen: Seit 1.1.2023 sind zwingend die nach der Kassensicherungsverordnung geforderten Angaben zu beachten

Die FinVerw hatte mit Schreiben v. 30.6.2021 (Az. IV C 6 – S 2145/19/10003 :003) zu den Nachweisanforderungen bei Bewirtungsaufwendungen Stellung genommen und die Anforderungen teilweise verschärft. Hinsichtlich der verschärfenden Anforderungen wurde eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2022 gewährt, die nun ausgelaufen ist.

Zum Hintergrund: Der Abzug von Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben ist zwingend an die Einhaltung bestimmter Formerfordernisse geknüpft. So muss zeitnah ein schriftlicher Nachweis über Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen geführt werden. Grundsätzlich ist ein formloses Dokument (Bewirtungsbeleg als Eigenbeleg) ausreichend, welches vom Stpfl. unterschrieben werden muss. Bei Bewirtung in einem Bewirtungsbetrieb (Restaurant o.ä.) ist zum Nachweis die Rechnung über die Bewirtung beizufügen. Diese Rechnung muss den umsatzsteuerlichen Anforderungen an eine Rechnung genügen. Sie muss maschinell erstellt und elektronisch aufgezeichnet sein. Bei Rechnungen mit einem Gesamtbetrag bis zu 250 € (Kleinbetragsrechnungen) reichen die vereinfachten Anforderungen aus.

Nunmehr sind zwingend die Anforderungen an den Bewirtungsbeleg zu beachten, die gelten, wenn der Bewirtungsbetrieb ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion verwendet:

  • Dann werden für den Betriebsausgabenabzug nur maschinell erstellte, elektronisch aufgezeichnete und mit Hilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) abgesicherte Rechnungen anerkannt. Der Bewirtungsbetrieb ist in diesen Fällen verpflichtet, mit dem elektronischen Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion Belege über die Geschäftsvorfälle zu erstellen.
  • Rechnungen in anderer Form, z.B. handschriftlich erstellte oder nur maschinell erstellte, erfüllen die Nachweisvoraussetzungen nicht; die darin ausgewiesenen Bewirtungsaufwendungen sind vollständig vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.
  • Soweit der Beleg mit einer Transaktionsnummer, der Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder der Seriennummer des Sicherheitsmoduls versehen wurde, kann der Stpfl. grundsätzlich auf die Ordnungsmäßigkeit vertrauen.
  • Werden Bewirtungsleistungen zu einem späteren Zeitpunkt als dem Tag der Bewirtung in Rechnung gestellt und unbar bezahlt (z.B. bei der Bewirtung eines größeren Personenkreises im Rahmen einer geschlossenen Veranstaltung) oder sind in dem bewirtenden Betrieb ausschließlich unbare Zahlungen möglich, ist die Vorlage eines Belegs eines elektronischen Aufzeichnungssystems mit Kassenfunktion nicht zwingend erforderlich. In diesem Fall ist der Rechnung der Zahlungsbeleg über die unbare Zahlung beizufügen.
  • Werden für Gäste eines Unternehmens Verzehrgutscheine ausgegeben, gegen deren Vorlage die Besucher auf Rechnung des Unternehmens in einem Bewirtungsbetrieb bewirtet werden, reicht für den Betriebsausgabenabzug die Vorlage der Abrechnung über die Verzehrgutscheine aus.

Handlungsempfehlung:

Anzupassen an diese Anforderungen sind Reisekostenrichtlinien u.Ä., damit ordnungsgemäße Rechnungen vorliegen und der Betriebsausgabenabzug insoweit nicht gefährdet ist. Bewirtungsbelege sollten in der Buchhaltung sorgfältig auf die Einhaltung der formalen Anforderungen hin kontrolliert werden.

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11 Spenden für technische Hilfe zur Reparatur kriegsbeschädigter Infrastruktur in der Ukraine

Die FinVerw hat mit Schreiben v. 13.3.2023 (Az. III C 2 – S 7500/22/10005 :005) die Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit Hilfsmaßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten erweitert.

Bei einer unentgeltlichen Leistung, die unmittelbar die Reparatur von kriegsbeschädigter Infrastruktur in der Ukraine zum Ziel hat, sieht die FinVerw aus Billigkeitsgründen bis zum 31.12.2023 von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe ab. Dies umfasst z.B. die unentgeltliche Bereitstellung von Baumaterialien, Baumaschinen, technischen Einrichtungen und Personal jeweils einschließlich etwaiger Transportleistungen. In diesen Fällen ist aus Eingangsleistungen des Unternehmers dennoch der Vorsteuerabzug möglich.

Handlungsempfehlung:

Die Verwendung sollte sorgfältig dokumentiert werden.

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12 Gebäudeabschreibung nach einer nachgewiesenen kürzeren Nutzungsdauer

Steuerlich erfolgt die Gebäudeabschreibung grundsätzlich nach gesetzlich festgeschriebenen Nutzungsdauern und daraus abgeleiteten AfA-Sätzen. Insoweit gilt insbesondere:

Gebäude

gesetzlich angenommene Nutzungsdauer

gesetzlich angesetzter AfA-Satz

Gebäude des Betriebsvermögens, das nicht Wohnzwecken dient und

  • für das der Bauantrag nach
    dem 31.3.1985 und vor dem
    1.1.2001 gestellt wurde

25 Jahre

4 %

  • für das der Bauantrag nach
    dem 31.12.2000 gestellt wurde

33 1/3 Jahre

3 %

Gebäude, das die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllt und das

  • nach dem 31.12.2022 fertiggestellt wurde

33 1/3 Jahre

3 %

  • vor dem 1.1.2023 und nach
    dem 31.12.1924 fertiggestellt wurde

50 Jahre

2 %

  • vor dem 1.1.1925 fertiggestellt wurde

40 Jahre

2,5 %

Möglich ist aber auch der Ansatz einer kürzeren Nutzungsdauer, wenn dies für das konkrete Gebäude nachgewiesen wird. Entscheidend ist, ob das Gebäude vor Ablauf des sich aus den gesetzlichen Bestimmungen ergebenden AfA-Zeitraums objektiv betrachtet technisch oder wirtschaftlich verbraucht ist. Auszugehen ist regelmäßig von der technischen Nutzungsdauer, also dem Zeitraum, in dem sich das Gebäude substanztechnisch abnutzt. Technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer fallen in der Regel zusammen. Sofern die wirtschaftliche Nutzungsdauer ausnahmsweise kürzer als die technische Nutzungsdauer ist, können sich die Stpfl. hierauf berufen. Ausgangspunkt für die Beurteilung des technischen Verschleißes ist die Nutzungsdauer der Tragstruktur des Bauwerks (Dachkonstruktion, tragende Innen- und Außenwände, Geschossdecken und Fundament) als Hauptbestandteil des Gebäudes.

Zum Nachweis einer tatsächlich kürzeren technischen Nutzungsdauer hat die FinVerw mit Schreiben v. 22.2.2023 (Az. IV C 3 − S 2196/22/10006 :005) ausführlich Stellung genommen. Zum Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer des Gebäudes gelten nach Auffassung der FinVerw folgende Grundsätze:

  • Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen.
  • Im Rahmen des Nachweises ist der Zustand des Gebäudes in seinen die Nutzungsdauer bestimmenden Elementen (Tragstruktur des Bauwerks) darzustellen und begründet darzulegen, weshalb am Ende der geltend gemachten (kürzeren) Nutzungsdauer voraussichtlich keine wirtschaftlich sinnvolle (anderweitige) Nachfolgenutzung mehr möglich ist und kein Restwert mehr vorhanden ist. Ein Bausubstanzgutachten ist nicht zwingend erforderlich.
  • Dagegen ist die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten aus Sicht der FinVerw nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer geeignet. Auch der alleinige Verweis auf die Modellansätze für die Gesamtnutzungsdauer i.V.m. dem Modell zur Ermittlung der Restnutzungsdauer bei Modernisierungen nach der Anlage 1 und 2 der Immobilienwertermittlungsverordnung ist nicht ausreichend. Der Gutachtenzweck muss sich vielmehr ausdrücklich auf den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer richten und zwingend die maßgeblichen Determinanten (technischer Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten) berücksichtigen.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis sollten diese Anforderungen stets beachtet werden. Bei materiell bedeutsamen Fällen ist ein entsprechendes Gutachten einzuholen.

Hinweis:

Besonderheiten gelten bei besonderen Betriebsgebäuden und bestimmten Gebäudeteilen, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind:

  • Für bestimmte betrieblich genutzte Gebäude, wie z.B. Hallen in Leichtbauweise oder bei Ställen und Schuppen, kann sich jeweils in Abhängigkeit von der Bauart, der Bauweise und der Nutzung aus den amtlichen AfA-Tabellen eine kürzere Nutzungsdauer ergeben.
  • Die Abschreibung kann auch z.B. bei Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen und Gaststätteneinbauten i.d.R. nach den in den amtlichen AfA-Tabellen enthaltenen Richtwerten bemessen werden.
  • Bei Mietereinbauten und -umbauten kann sich abweichend zu den für das Gebäude geltenden typisierten AfA-Sätzen eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer auf Grund einer ggf. kürzeren Mietdauer ergeben.

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13 Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Werbeflächen?

Ein häufiger und materiell auch bedeutsamer Streitpunkt in der Praxis ist die Hinzurechnung von Miet-/Pachtaufwendungen bei der Gewerbesteuer. Umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für die Anmietung von Werbeflächen (anteilig) bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer wieder hinzuzurechnen sind.

Hierzu ist hinzuweisen auf die Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg v. 23.8.2022 (Az. 5 K 5101/20). Im Urteilsfall betrieb der Stpfl. eine im Sachverhalt als „B-Park” bezeichnete Einrichtung – offenbar einen Freizeitpark – und warb über Werbedienstleister für sein Unternehmen auf Flächen an U-Bahnen, S-Bahnen, Straßenbahnen, Bahnhöfen, anderweitigem öffentlichem Raum, an Autobahnen und in Gaststätten. Die genutzten Flächen standen nicht im Eigentum der eingeschalteten Dienstleister. Das Finanzamt wollte die Aufwendungen für die Nutzung der Werbeflächen der Gewerbesteuerhinzurechnung unterwerfen. Das FG hat dagegen die Hinzurechnung abgelehnt. Entscheidungserheblich für das Gericht war, dass nach dessen Ansicht die angemieteten Werbeflächen nicht zum fiktiven Anlagevermögen der Stpfl. gehörten, da es der Gegenstand ihres Unternehmens nicht gebot, ein derartiges Wirtschaftsgut ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorzuhalten. Der Geschäftszweck erforderte es nicht, Werbeträger im Anlagevermögen vorzuhalten. Vielmehr war es die freie und regelmäßig neu vorzunehmende Entscheidung der Stpfl., ob und in welchem Umfang sie aus Werbezwecken Werbeflächen nutzen wollte.

Hinweis:

Damit entscheidet das FG ausdrücklich anders als das Niedersächsische FG in der Entscheidung vom 11.11.2021 (Az. 10 K 29/20). In dieser Entscheidung ging es um Aufwendungen für die Überlassung von Werbeflächen, u.a. Banden- und Trikotwerbung. Die Revisionsverfahren beim BFH unter III R 5/22 (gegen Niedersächsisches FG) und III R 36/22 bleiben abzuwarten.

Handlungsempfehlung:

In vergleichbaren Fällen sollten Bescheide ggf. verfahrensrechtlich offengehalten werden, um von den ausstehenden Revisionsverfahren ggf. profitieren zu können.

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14 Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz

Ausdrücklich ist gesetzlich geregelt, dass sich die Umsatzsteuer auf 7 % ermäßigt für die Vermietung u.a. von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Dies betrifft klassischerweise z.B. Hotelübernachtungen. Der BFH hat nun aber mit Urteil vom 29.11.2022 (Az. XI R 13/20) entschieden, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz insoweit nicht nur die Vermietung von Grundstücken und mit diesen fest verbundenen Gebäuden erfasst, sondern allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden und damit auch die Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer.

Im Urteilsfall ging es um einen Landwirt, der Spargel und Beeren anbaut. Dieser beschäftigte saisonal Erntehelfer, an die er Wohncontainer vermietete. Die Wohncontainer waren nicht in das Erdreich eingelassen, sondern standen auf Steinsockeln und waren über gepflasterte Wege zu erreichen. Für deren Nutzung wurde eine tägliche Miete vereinbart. Auch beim eigenen Personal handele es sich um zur Beherbergung aufgenommene „Fremde”, sodass die Vermietungsleistung dem ermäßigten Steuersatz unterlag.

Hinweis:

Diese Entscheidung hat Bedeutung über den entschiedenen Einzelfall hinaus. So unterliegt z.B. auch die Vermietung von Mobilheimen auf Campingplätzen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.

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15 Quotennießbrauch am Gesellschaftsanteil einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft

Sind Eltern an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, z.B. einer Grundstücks-GbR, beteiligt, so kann es sinnvoll sein, wenn die Einkünfte ggf. nur zeitlich beschränkt und teilweise auf Kinder verlagert werden. Insbesondere kann dies steuerlich vorteilhaft sein, da die Kinder vielfach keine anderen Einkünfte erzielen und daher der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer und der progressive Einkommensteuertarif genutzt werden kann. Zivilrechtlich kann dies über die unentgeltliche Einräumung eines ggf. zeitlich beschränkten Quotennießbrauchs am Gesellschaftsanteil erfolgen. Im Ergebnis werden dann die Einkünfte aus der Beteiligung teilweise dem Nießbraucher zugeordnet.

Mit einer solchen Gestaltung hatte sich jüngst der BFH auseinanderzusetzen. Mit Urteil vom 15.11.2022 (Az. IX R 4/20) hat das Gericht hierzu entschieden:

  • Grundsätzlich erzielt durch die Bestellung des Nießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (auch) der Nießbraucher einkommensteuerlich die auf den Anteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Voraussetzung ist, dass der Nießbraucher auf Grund der ihm vertraglich zur Ausübung überlassenen Stimm- und Verwaltungsrechte grds. in der Lage ist, auch an Grundlagengeschäften der Gesellschaft mitzuwirken.
  • Das gilt auch beim Quotennießbrauch an einem Gesellschaftsanteil, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter die Entscheidungen – und auch solche, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen – nicht allein und/oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.

Entscheidend ist bei einer vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft, wie hier der Vermietungsgesellschaft, dass nur derjenige steuerliche Einkünfte aus der Tätigkeit der Gesellschaft erzielt, der im Außenverhältnis als Vermieter auftritt oder zumindest die Leistungsbeziehung beherrscht. Dahingehend muss die vertragliche Abrede mit dem Nießbraucher ausgestaltet sein.

Handlungsempfehlung:

Im Urteilsfall ist die Gestaltung allerdings misslungen, weil dem Nießbraucher zu geringe Rechte zustanden. Dies verdeutlicht, dass die vertragliche Grundlage des Nießbrauchs sehr sorgfältig ausgestaltet sein muss, um das meist angestrebte Ziel zu erreichen, dass die Einkünfte für steuerliche Zwecke teilweise dem Nießbraucher, teilweise aber auch noch dem Gesellschafter zugewiesen werden.

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16 Kein Zufluss von Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag bei nur buchmäßigem Ausweis der Zinsen auf einem Bonuskonto

Bausparverträge enthalten oftmals verschiedenste Zinsvereinbarungen, die teilweise von verschiedenen Ereignissen abhängen, so z.B., ob tatsächlich ein Bauspardarlehen aufgenommen wird. So lag auch der Streitfall, über den nun der BFH entschieden hat. Im Urteilsfall erhielt der Kunde einen Bonuszins in Form einer rückwirkenden Erhöhung des laufenden Zinses, wenn auf die Auszahlung des Bauspardarlehens verzichtet wird. Diese Bonuszinsen wurden zwar schon laufend ausgewiesen und dem Kunden mitgeteilt, fällig wurden diese aber erst mit Auszahlung des Bausparguthabens und der Kunde konnte über diese Zinsen auch nur i.V.m. dem Bausparguthaben verfügen.

Im Streitjahr 2013 wurde nun dem Stpfl. aus dem Bausparvertrag das Bausparguthaben, darauf entfallende Zinsen, ein Teil der Abschlussgebühren sowie ein „Schlussbonus” (Bonuszinsen) ausgezahlt. Das Finanzamt versteuerte die zuvor jährlich „auf einem Bonuskonto vermerkten” Bonuszinsen i.H.v. insgesamt 24 714,70 € im Rahmen einer geänderten Einkommensteuer-Veranlagung 2013 in vollem Umfang als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Hiergegen wandte sich der Stpfl. Er führte insbesondere an, dass die Bonuszinsen ihm bereits über die Laufzeit des allein als Sparvertrag geführten Bausparvertrags (ab dessen Zuteilungsreife im Jahr 2000) verteilt zugeflossen seien, da er jederzeit über die Bonuszinsen habe verfügen können und die Auszahlung der Zinsen in seiner Hand gelegen habe.

Der BFH bestätigt nun aber mit Urteil vom 15.11.2022 (Az. VIII R 18/20) die Ansicht des Finanzamtes. Im vorliegenden Fall ist der Schlussbonus dem Stpfl. im steuerlichen Sinne erst im Jahr 2013 zugeflossen und daher erfolgt auch erst in diesem Jahr die Besteuerung. Dem Stpfl. sind Einnahmen aus Kapitalvermögen zugeflossen, wenn er die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter erlangt hat. Geldbeträge fließen i.d.R. dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Das Innehaben von (fälligen) Ansprüchen oder Rechten führt nach ständiger Rechtsprechung dagegen noch nicht zum Zufluss der Kapitaleinkünfte, da dieser grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben ist.

Ein Zufluss im steuerlichen Sinne durch Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kommt nur in Betracht, wenn und soweit eine Zahlungsverpflichtung besteht. Aus der Art und Weise der Verbuchung kann der Gläubiger keine Ansprüche herleiten. Im Streitfall wurde ein solcher Anspruch nicht dadurch bewirkt, dass die Bonuszinsen bei der Bausparkasse jährlich auf einem Bonuskonto „vermerkt” wurden. Denn nach der Ausgestaltung des Bausparvertrags entstand ein Anspruch auf die Bonuszinsen frühestens mit der Zuteilungsreife des Bausparvertrags und erforderte insbesondere einen Verzicht auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens. Der Stpfl. hat jedoch erst im Streitjahr auf die Inanspruchnahme des Bauspardarlehens verzichtet.

Entgegen der Auffassung des Stpfl. lässt sich ein jährlicher Zufluss der Bonuszinsen auch nicht aus der vereinbarten Verzinsung ableiten. Denn auch diese Verzinsung sollte erst im Falle eines Darlehensverzichts zum Tragen kommen. Die Ausgestaltung der Verzinsung als eine auf den Vertragsbeginn rückbezogene Erhöhung der Guthabenzinsen lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass dem Stpfl. die Bonuszinsen auch bereits seit Vertragsschluss zustanden.

Handlungsempfehlung:

Stets sind insoweit die individuellen Vereinbarungen zu würdigen. In der Praxis muss insoweit auch geprüft werden, ob Steuerbescheinigungen und Kapitalertragsteuerabzug richtig erfolgen.

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17 Veräußerungsgewinne bei Kryptowährungen können steuerpflichtig sein

Der BFH hat nun mit Urteil vom 14.2.2023 (Az. IX R 3/22) die erste Entscheidung zur steuerlichen Behandlung des Handels mit Kryptowährungen getroffen. Insoweit gilt für den Handel mit solchen Währungen durch private Kapitalanleger:

  • Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Monero sind als „anderes Wirtschaftsgut” einzustufen. Damit werden Gewinne (und Verluste) aus dem Handel mit solchen Währungen steuerlich erfasst, wenn zwischen Kauf und Verkauf eine Zeitspanne von nicht mehr als einem Jahr liegt. Dann erfolgt eine steuerliche Erfassung als sonstige Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft. Diese virtuellen Währungen werden angeschafft, wenn sie im Tausch gegen Euro, gegen eine Fremdwährung oder gegen andere virtuelle Währungen erworben werden; sie werden veräußert i.S.d. Vorschrift, wenn sie in Euro oder gegen eine Fremdwährung zurückgetauscht oder in andere Currency Token umgetauscht werden.
  • Wird diese Jahresfrist überschritten, so sind Gewinne und Verluste steuerlich unbeachtlich.
  • Einkünfte aus Kapitalvermögen werden aus dem Handel mit solchen Währungen nicht erzielt.

Im Streitfall hatte der Stpfl. verschiedene Kryptowährungen erworben, getauscht und wieder veräußert. Im Einzelnen handelte es sich um Geschäfte mit Bitcoins, Ethereum und Monero, die der Stpfl. privat tätigte. Im Streitjahr 2017 erzielte er daraus einen Gewinn i.H.v. insgesamt 3,4 Mio. €.

Nach der Begründung des BFH sind Bitcoin, Ethereum und Monero wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen. Auch wenn diese real nicht existieren, sind diese wirtschaftlich übertragbar. Unabhängig von den zivil- und vertragsrechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Übertragung von Currency Token stellen, hat der Rechtsverkehr Wege gefunden, derartige Currency Token entgeltlich einem Dritten zu überlassen und dadurch wirtschaftlich zu verwerten.

Der BFH hat auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein sog. strukturelles Vollzugsdefizit, das einer Besteuerung entgegenstehen würde, liegt nicht vor. Es sind weder gegenläufige Erhebungsregelungen vorhanden, die einer Besteuerung entgegenstehen, noch liegen Anhaltspunkte vor, dass seitens der FinVerw Gewinne und Verluste aus Geschäften mit Kryptowährungen nicht ermittelt und erfasst werden können.

Damit bestätigt das Gericht die Auffassung der FinVerw.

Handlungsempfehlung:

Entscheidend für die Frage der steuerlichen Erfassung bei dem Handel von Kryptowährungen durch private Kapitalanleger ist also die Jahresfrist. Erfolgt der Verkauf innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb, so wird ein entstehender Gewinn oder Verlust steuerlich erfasst. Wird die Jahresfrist überschritten, so erfolgt keine steuerliche Erfassung.

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18 Steuerliche Behandlung der Erhaltungsrücklage/Instandhaltungsrücklage bei Eigentumswohnungen

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist verpflichtet, für Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, wie z.B. Dach, Fassade, Treppenhaus oder Aufzugsanlage, eine Erhaltungsrücklage (vormals: Instandhaltungsrücklage) anzusammeln. Auf Basis des beschlossenen Wirtschaftsplans werden die Beiträge zur Erhaltungsrücklage mit dem Wohngeld bzw. Hausgeld gezahlt. Die Erhaltungsrücklage ist gemeinschaftliches Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Zur steuerlichen Behandlung bei einer vermieteten Eigentumswohnung hat nun die OFD Frankfurt a.M. mit Verfügung vom 9.11.2022 (Az. S 2211 A-12-St 214) die wesentlichen Grundlagen zusammengestellt. Insoweit gelten folgende Grundsätze:

  • Die geleisteten Beiträge des Wohnungseigentümers sind zunächst steuerlich unbeachtlich. Werbungskosten liegen vielmehr erst dann vor, wenn die Erhaltungsrücklage tatsächlich für die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums genutzt wird. Insoweit kann auf die Angaben in der Jahresabrechnung des Verwalters des Gemeinschaftseigentums zurückgegriffen werden.
  • Zinsen, die der Beteiligte aus der verzinslichen Anlage der Erhaltungsrücklage erzielt, gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Im Fall der Veräußerung einer Eigentumswohnung gilt Folgendes:

  • Erwerber: Der bei Erwerb einer Eigentumswohnung im Kaufpreis enthaltene Anteil für das in der Erhaltungsrücklage angesammelte Guthaben gehört nicht zu den Anschaffungskosten der Eigentumswohnung. Wird im Kaufvertrag nur ein einheitlicher Kaufpreis ausgewiesen, ist dieser für ertragsteuerliche Zwecke entsprechend aufzuteilen. Beim Erwerber ist sodann der um die erworbene anteilige Erhaltungsrücklage für die Eigentumswohnung gekürzte Kaufpreis in die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung einzubeziehen.
  • Veräußerer: Beim Veräußerer ist der auf den Erwerber übertragene Anteil an der Erhaltungsrücklage im Zeitpunkt der Veräußerung nicht als Werbungskosten in Abzug zu bringen, da er insoweit seine Rechtsposition entgeltlich auf den Erwerber übertragen hat. Denn der Veräußerer erhält die zugeführten und noch nicht verbrauchten Rücklagenbeträge über den Kaufpreis vom Erwerber zurück.

Hinweis:

Anders ist die Sichtweise bei der Grunderwerbsteuer. Beim Erwerb von Teileigentum ist der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern.

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19 Grundsteuerwertbescheide auf den 1.1.2022 – Prüfung und ggf. Einlegung von Rechtsmitteln

Die erforderliche Neubewertung sämtlicher Grundstücke um die darauf aufbauende Grundsteuer, die die Kommunen erheben, auf eine verfassungskonforme Grundlage zu stellen, geht voran. Die Abfolge ist wie folgt:

bis 31.1.2023

Abgabe der Feststellungserklärung durch den Grundstückseigentümer

aktuell

Prüfung und Bearbeitung der Feststellungserklärungen durch die Finanzämter und Erlass von

  • Grundsteuerwertbescheid und
  • Grundsteuermessbetragsbescheid

2024

Festlegung der Grundsteuer-Hebesätze durch die jeweilige Kommune und Erlass der Grundsteuerbescheide

ab 2025

Erhebung der Grundsteuer durch die Kommunen auf Basis der neuen Wertfeststellungen

Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass der Grundsteuerwertbescheid Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbetragsbescheid ist und dieser ist wiederum Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid. Die maßgebliche Ermittlung des Grundsteuerwerts erfolgt in dem Grundsteuerwertbescheid. Dort fließen insbesondere die Ermittlungsgrundlagen ein, wie Art des Grundstücks, Grundstücksfläche, vorhandene Nutzung und Wohnungen, Wert des Grund und Bodens und auch Eigentümer, denen der Grundsteuerwert zuzurechnen ist. Verfahrensrechtlich ist sehr wichtig, dass Einwendungen hiergegen nur gegen den Grundsteuerwertbescheid erhoben werden können und nicht mehr gegen die Folgebescheide.

Insoweit ist eine sorgfältige Prüfung der vom Finanzamt ergehenden Grundsteuerwertbescheide erforderlich. Innerhalb eines Monats nach Ergehen des Bescheids (Einspruchsfrist) kann Einspruch gegen den Bescheid eingelegt werden und eine Korrektur begehrt werden. Dies kann sowohl mögliche Fehler des Finanzamtes als auch Fehler in der Feststellungserklärung betreffen. Ist z.B. die Wohnfläche nicht richtig ermittelt und erklärt worden, so kann dies in diesem Rahmen berichtigt werden.

Nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist ist der Grundsteuerwertbescheid grds. nicht mehr änderbar und bildet dann die zwingende Grundlage für die Folgebescheide. Allerdings ist gesetzlich vorgesehen, dass eine fehlerbeseitigende Fortschreibung erfolgen kann. Fortschreibungszeitpunkt für eine Korrektur zu Gunsten des Stpfl. ist dabei der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird. Somit kann auch nach Ablauf der Einspruchsfrist beim Finanzamt eine fehlerbeseitigende Fortschreibung beantragt werden, wenn z.B. festgestellt wird, dass im Grundsteuerwertbescheid eine falsche Grundstücksfläche zu Grunde gelegt wurde. Wird diese fehlerbeseitigende Fortschreibung z.B. im April 2023 beantragt, so erfolgt nach Prüfung durch das Finanzamt ein geänderter Grundsteuerwertbescheid auf den 1.1.2023.

Diskutiert wird auch die Frage, ob gegen Grundsteuerwertbescheide vorsorglich Einspruch eingelegt werden soll. Dies vor dem Hintergrund, dass die Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer diskutiert wird. Insoweit sind zwei Ansatzpunkte zu nennen:

  1. Die Ermittlung der Grundsteuerwerte erfolgt sowohl im Bundesmodell als auch in den Ländermodellen sehr stark typisierend. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerfG auch grundsätzlich zulässig. Fraglich ist allerdings, ob die sehr starke Typisierung im Einzelfall zu einer Verletzung des Übermaßverbots führt. Dies insbesondere deshalb, weil der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes ausdrücklich nicht zulässig ist.
  2. Daneben stehen die finanziellen Auswirkungen der Grundsteuer erst nach Festsetzung der nachfolgenden Grundsteuerbescheide durch die Gemeinden fest. Zu diesem Zeitpunkt werden aber die Grundsteuerwertbescheide als Grundlagenbescheide regelmäßig bereits bestandskräftig sein. Insoweit wird diskutiert, ob dies gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt.

Werden nun individuell Einsprüche gegen Grundsteuerwertbescheide mit solchen Begründungen eingelegt, so dürften die Erfolgsaussichten aktuell sehr vage sein. Allerdings sind bereits Musterverfahren anhängig, so dass ein Ruhen des eigenen Verfahrens beantragt werden kann.

Sinnvoll kann es sein, in einem ersten Schritt die Auswirkungen der neuen Bewertung zumindest grob abzuschätzen. Zwar stehen die materiellen Auswirkungen endgültig erst dann fest, wenn der zukünftige Grundsteuer-Hebesatz der jeweiligen Gemeinde feststeht. Jedoch kann ein Vergleich des nun festgestellten Grundsteuermessbetrags mit dem bisherigen Grundsteuermessbetrag einen ersten Eindruck über die Auswirkungen der neuen Bewertung geben.

Handlungsempfehlung:

Jeder nun erlassene Grundsteuerwertbescheid sollte eingehend auf mögliche Fehler geprüft werden und eine erste Abschätzung der Folgen auf die Höhe der zukünftigen Grundsteuerbelastung erfolgen.

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20 Erhebliche Ausweitung der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch für GmbH: Der Stufenplan bis zum Geschäftsjahr 2028

Nachdem die Europäische Kommission bereits im April 2021 ihren Vorschlag zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD) veröffentlicht hat, mit der die bisherigen Berichtspflichten der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) abgelöst werden wird, ist die entsprechend finale Richtlinie (EU) 2022/2464 am 16.12.2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden. Sie ist innerhalb von 18 Monaten (konkret bis zum 6.7.2024) in nationales Recht umzusetzen.

Inhaltlich führt die neue Richtlinie, die die Bilanzrichtlinie an den relevanten Stellen zum Lagebericht ändert, detailliertere Berichtspflichten zu den Auswirkungen von Unternehmen auf die Umwelt, Menschenrechte und Sozialstandards ein, basierend auf gemeinsamen Kriterien im Einklang mit den EU-Klimazielen. Die Nachhaltigkeitsberichte werden – wenn auch zunächst nur mit begrenzter Sicherheit – prüfungspflichtig, so dass insbesondere Investoren verlässliche Daten erhalten; die Vergleichbarkeit soll durch die Einführung verbindlicher Berichtsstandards sichergestellt werden.

Während nach offiziellen Schätzungen in Deutschland bislang rd. 500 Unternehmen zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind, wird sich diese Anzahl durch die Ausweitung des Anwendungskreises auf rd. 15 000 vervielfachen (also um den Faktor 30). Diese deutliche Erweiterung der betroffenen Unternehmen wird auch GmbH betreffen, insoweit ist der folgende Zeitplan zu beachten:

  • Ab dem Geschäftsjahr 2024 (Beginn am oder nach dem 1.1.2024) ersetzt die CSRD die NFRD und legt zunächst denselben Anwenderkreis (große Unternehmen von öffentlichem Interesse (EU PIEs) mit durchschnittlich mehr als 500 Mitarbeitenden) zu Grunde.
  • Ab dem Geschäftsjahr 2025 (Beginn am oder nach dem 1.1.2025) sind sämtliche im Sinne des Handelsgesetzbuchs großen Unternehmen – unabhängig von ihrer Kapitalmarktorientierung – von der CSRD betroffen (dazu zählen i.Ü. auch die diesen gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften, insbesondere die GmbH & Co. KG).
  • Ab dem Geschäftsjahr 2026 (Beginn am oder nach dem 1.1.2026) wird der Kreis der betroffenen Unternehmen auf kapitalmarktorientierte kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), kleine und nicht-komplexe Kreditinstitute sowie firmeneigene Versicherungsunternehmen erweitert.
  • Schließlich wird der Kreis der betroffenen Unternehmen ab dem Geschäftsjahr 2028 erweitert auf EU-Tochterunternehmen sowie Nicht-EU-Unternehmen, die mehr als 150 Mio. € Nettoumsatz (in den beiden vorangegangenen Geschäftsjahren) in der EU erwirtschaften und mindestens eine (große oder kapitalmarktorientierte) Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU (mit mindestens 40 Mio. € Nettoumsatz in der EU im vorangegangenen Geschäftsjahr) haben.

Hinweis:

Da es also schon für alle großen GmbH zu einer Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ab dem Geschäftsjahr 2025 kommt, sollten sich die GmbH mit dem Thema der Nachhaltigkeit und der Nachhaltigkeitsberichterstattung zeitnah auseinandersetzen. Nicht selten sind auch andere Unternehmen mittelbar betroffen, wenn Zulieferer oder Abnehmer entsprechende Informationen für die gesamte Lieferkette verlangen.

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21 Übergangsregelung vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Jahressteuergesetz 2010 ist mit dem Grundgesetz teilweise unvereinbar

Mit seinem Beschluss vom 24.11.2022 (2 BvR 1424/15, HFR 2023, 285) hat das BVerfG entschieden, dass die Übergangsregelung vom damaligen körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren zum nunmehrigen Trennungssystem für Kapitalgesellschaften mit Art. 14 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des GG teilweise unvereinbar ist. Sie führt bei einer bestimmten Eigenkapitalstruktur zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial. Dieses unterfalle, soweit es im Zeitpunkt des Systemwechsels vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren realisierbar war, dem Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG; der Eingriff in dieses Schutzgut sei nicht gerechtfertigt.

Dieser Beschluss ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass nach dem bis Ende 2000 geltenden Anrechnungsverfahren nicht ausgeschüttete steuerbare Gewinne von Körperschaften mit (zuletzt) 40 % Körperschaftsteuer belastet wurden (sog. Tarifbelastung). Kam es später zu Gewinnausschüttungen, reduzierte sich der Steuersatz auf (zuletzt) 30 % (sog. Ausschüttungsbelastung). Für die Körperschaft entstand so ein Körperschaftsteuerminderungspotenzial in Höhe der Differenz zwischen Tarif- und Ausschüttungsbelastung, also in Höhe von zuletzt zehn Prozentpunkten. Beim Anteilseigner erfolgte die Besteuerung der Ausschüttung mit dem individuellen Einkommensteuersatz des Stpfl. unter Anrechnung der von der Kapitalgesellschaft entrichteten Körperschaftsteuer. Nach dem Wechsel zum sog. Halbeinkünfteverfahren wird auf der Ebene der Körperschaft für Gewinne aber nur noch eine einheitliche und endgültige Körperschaftsteuer in Höhe von (seit 2008) 15 % erhoben. Seit Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 unterliegen Ausschüttungen aus Beteiligungen, die im Privatvermögen gehalten werden, grds. dem Abgeltungsteuersatz von 25 %; Anteile im Betriebsvermögen unterliegen dem Teileinkünfteverfahren und werden zu 40 % steuerfrei gestellt (bzw. anfangs erfolgte eine 50 %ige Steuerfreistellung). Das seinerzeit im Zuge des Systemwechsels verbliebene KSt-Minderungspotenzial wurde in ein KSt-Guthaben umgewandelt, das während einer mehrjährigen Übergangszeit geltend gemacht werden konnte.

Im konkreten Streitfall ergibt sich – verkürzt dargestellt – die Unvereinbarkeit der Übergangsvorschriften vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren (hier: des § 36 KStG) mit dem Grundgesetz daraus, dass nach den gesetzlichen Regelungen ein (nicht zu rechtfertigender) Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial eingetreten ist, da ein Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals (das sog. EK 04, in dem offene und verdeckte Einlagen der Gesellschafter erfasst waren) unberücksichtigt bleiben soll.

Das BVerfG hat den Gesetzgeber verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß bis zum 31.12.2023 rückwirkend zu beseitigen. Diese Verpflichtung erfasse alle noch nicht bestandskräftigen Entscheidungen, die auf den für verfassungswidrig erklärten Vorschriften beruhen. Bis zu einer Neuregelung dürfen Gerichte und Verwaltungsbehörden die Normen im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden, laufende Verfahren seien auszusetzen.

Hinweis:

In einschlägigen Fällen sollte also sorgfältig geprüft werden, ob entsprechende finanzbehördliche Entscheidungen noch änderbar (nicht bestandskräftig) sind.

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22 Wechselseitige Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen (Anteilsrotation) unter Wert

§ 17 EStG erfasst insbesondere den Gewinn bzw. Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an GmbH, die im steuerlichen Privatvermögen gehalten werden, wenn bestimmte Beteiligungshöhen erfüllt werden bzw. wurden. Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des BFH v. 20.9.2022 (Az. IX R 18/21) zu sehen, mit dem er einen Fall der sog. Anteilsrotation als steuerlich nicht anzuerkennenden Gestaltungsmissbrauch qualifiziert hat.

In der Vergangenheit hatte der BFH bereits mehrfach entschieden, dass eine bewusste Realisierung von Wertverlusten aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen nicht rechtsmissbräuchlich ist und daher zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führt (z.B. BFH v. 7.12.2010, Az. IX R 40/09). Dies wurde sogar für den Fall der ringweisen Anteilsveräußerungen und -erwerbe zur Verlustnutzung im Gesellschafterkreis anerkannt, was ja im Ergebnis dazu führt, dass der Gesellschafter letztlich seine Stellung als Gesellschafter überhaupt nicht aufgibt.

Aktuell differenziert der BFH allerdings wie folgt: Ein „Verlust”, der im Zuge einer Anteilsrotation lediglich wegen der Vereinbarung eines den Wert des veräußerten Anteils krass verfehlenden Kaufpreises entstehe, führe zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil und stelle einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts dar.

Damit hat der BFH für den Streitfall die Ansicht der FinVerw bestätigt. Im Streitfall sollte offensichtlich Liquidität aus der steuerlichen Nutzung der durch die Unterpreisverkäufe der Anteile realisierten Verluste generiert werden. Eine Wertermittlung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ergab im Streitfall eindeutig, dass die angesetzten Veräußerungspreise den tatsächlichen Wert der Anteile deutlich unterschritten hatten. Auch der Stpfl. konnte nicht nachweisen, dass die angesetzten Veräußerungspreise dem Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt der Abtretung entsprochen hätten.

Zwar betont der BFH, dass es einem Stpfl. freistehe, ob, wann und an wen er seine Anteile veräußert. Dies gelte grundsätzlich auch dann, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt. Ein Gestaltungsmissbrauch liege aber dann vor, wenn ein „Verlust” nur dadurch entsteht, dass die Beteiligten einen unzutreffenden, die Wertverhältnisse des zur Veräußerung bestimmten Kapitalgesellschaftsanteils in krasser Weise verfehlenden Kaufpreis vereinbaren. Denn in diesem Fall sei der „Verlust” nicht durch eine den Kapitalgesellschaftsanteilen innewohnende Wertminderung, sondern durch einen Verkauf von Anteilen weit unter Wert zustande gekommen. In diesen Fällen sei kein Verlust entstanden, der die Leistungsfähigkeit des Stpfl. gemindert habe. Die an der Anteilsrotation beteiligten Vertragsparteien hätten die jeweilige Übertragung ihres Anteils unter Wert nur deshalb vorgenommen, weil sie im Gegenzug hierfür (zivil)rechtlich zwar einen „anderen”, wirtschaftlich gesehen jedoch einen wertidentischen Kapitalgesellschaftsanteil zu einem dem realen Wert nicht entsprechenden Kaufpreis zurückerhalten haben.

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23 Körperschaftsteuerrechtliche Organschaft im Fall der Insolvenz

Die sog. körperschaftsteuerliche Organschaft ist als steuerliches Gestaltungsinstrument weit verbreitet. Sie bietet neben anderen Vorteilen insbesondere die Möglichkeit, Verluste der Organgesellschaft (einer Kapitalgesellschaft) mit steuerlicher Wirkung beim Organträger (einer Kapital- oder einer Personengesellschaft) geltend zu machen. Die steuerliche Anerkennung setzt aber den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags (GAV) voraus, welcher während der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren auch tatsächlich durchgeführt wird. Vor diesem Hintergrund hat nun der BFH zu den Auswirkungen der Insolvenz von Organträgerin und Organgesellschaft innerhalb dieses Fünfjahreszeitraums auf eine bestehende körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft mit Urteil vom 2.11.2022 (Az. I R 29/19) folgende Feststellungen getroffen:

  • Die tatsächliche Durchführung des GAV ist Voraussetzung für die Anerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft.
  • Wenn ein vorläufiger Jahresabschluss der Organgesellschaft wegen Insolvenz nicht mehr korrigiert werden könne und bei zutreffender Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze im endgültigen Jahresabschluss ein anderes Ergebnis auszuweisen wäre, dann liege eine Nichtdurchführung des GAV vor.
  • Komme es während der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren zur Nichtdurchführung des GAV, dann führe dies nicht nur zu einer Unterbrechung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft für einzelne Veranlagungszeiträume, sondern insgesamt zu einer (rückwirkenden) Nichtanerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft.
  • Dabei setze die tatsächliche Durchführung eines GAV voraus, dass er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen vollzogen wird. Dies bedeute u.a., dass die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ermittelten Gewinne tatsächlich durch Zahlung oder Verrechnung an den Organträger abgeführt werden. Bei einer Verrechnung müsse es sich um eine einer tatsächlichen Zahlung gleichstehende Aufrechnung handeln; die reine Buchung der Forderung ohne Erfüllungswirkung sei dagegen nicht ausreichend.
  • Im konkreten Streitfall sei im Jahr 2008 der GAV danach nicht tatsächlich durchgeführt worden. Denn es habe für das Jahr 2008 (auf Grund des zwischenzeitlich in 2009 eröffneten Insolvenzverfahrens) nur ein vorläufiger Jahresabschluss der X-GmbH vorgelegen, der einen Jahresüberschuss vor GAV auswies, aber nicht endgültig festgestellt worden sei. Dieser Jahresüberschuss wurde am 2.2.2009 über ein Aufwandskonto auf dem Verrechnungskonto X-GmbH/Holding-GmbH verbucht. Der vorläufige Jahresabschluss war der Holding-GmbH bekannt und wurde von den Geschäftsführern der X-GmbH freigegeben. Eine Umbuchung auf ein Bankkonto (im Streitfall ein sog. Cash-Clearing-Konto) erfolgte jedoch nicht.
  • Zwar verhindern die insolvenzrechtlichen Restriktionen, dass eine Korrektur eines vorläufigen Jahresabschlusses tatsächlich umgesetzt werden könnte, da die aus dem GAV resultierenden Forderungen lediglich Insolvenzforderungen i.S. des § 38 InsO sind, die grundsätzlich nicht mehr bedient werden dürfen. Jedoch könne auch im Falle einer Insolvenz also für die Durchführung des GAV gerade nicht auf einen vorläufigen Jahresabschluss abgestellt werden.

Hinweis:

Mit diesem Urteil hat der BFH u.a. nochmals die herausragende Bedeutung der tatsächlichen Durchführung des GAV für die Anerkennung der Organschaft unterstrichen. In der Praxis sollte daher beachtet werden, dass es nicht allein bei Buchungen auf Verrechnungskonten bleibt, sondern es zumindest – als praktikabler Ausweg – zur Umwandlung der Forderung bzw. Verbindlichkeit in ein Darlehen kommt. Dabei soll nach Feststellung des FG Hamburg (Urteil vom 30.6.2022) die vorherige Erfüllung der gegenseitigen Ansprüche durch Zahlung und anschließende Neuausreichung als Darlehen ebenso wenig erforderlich sein wie die Vereinbarung einer marktüblichen Verzinsung; entscheidend ist allerdings die Werthaltigkeit der in ein Darlehen umgewandelten Forderung.

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24 Besteuerung der Rückzahlung einer unter Nominalwert erworbenen Kapitalforderung

Mit der nach 2008 eingeführten sog. Abgeltungsteuer war u.a. die Zielsetzung verbunden, grundsätzlich alle Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen (Kapitalforderungen) steuerlich zu erfassen. Dies hat seinen Niederschlag in der gesetzlichen Neuregelung des § 20 Abs. 2 EStG gefunden. Aufgrund eines Bestandsschutzes gilt diese erweiterte Steuerpflicht allerdings nur für solche Anteile, Wertpapiere und Forderungen, die der Stpfl. nach dem 31.12.2008 erworben hat. Nach dessen § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen „der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des Absatzes 1 Nummer 7”.

Vor diesem Hintergrund ist nun das Urteil des BFH vom 25.10.2022 (Az. VIII R 1/19) zu sehen, mit dem der BFH zur Rückzahlung von Kapitalforderungen nach der Einführung der Abgeltungsteuer entschieden hat, dass

  • der Anspruch auf Auszahlung eines Körperschaftsteuerguthabens i.S.d. § 37 Abs. 5 KStG eine sonstige Kapitalforderung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist,
  • die Rückzahlung einer unter Nominalwert erworbenen Kapitalforderung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 EStG zu besteuern und dabei nicht in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuteilen ist, und
  • die Anschaffungskosten für den Erwerb einer Forderung mit verschiedenen Fälligkeitszeitpunkten aufzuteilen und anteilig in dem Veranlagungszeitraum abziehbar sind, in dem die jeweils fällige Teilrückzahlung zufließt.

Im konkreten Streitfall hatte der Stpfl. in 2012 mit einer GmbH, an der er nicht beteiligt war und zu der er auch nicht in einem Anstellungsverhältnis stand, einen Forderungskauf- und Abtretungsvertrag abgeschlossen. Darin verkaufte die GmbH dem Stpfl. Teile ihrer Forderungen auf Auszahlung eines Körperschafteuerguthabens i.S.v. § 37 Abs. 5 KStG. Der vereinbarte Kaufpreis belief sich auf 210 T€, die erworbenen Forderungen beliefen sich auf rd. 501 T€. Am 30.9.2015 zahlte der Fiskus einen ersten Teilbetrag (rd. 200 T€) an den Stpfl. aus. Die Auszahlung entsprach dem Nominalwert der von ihm erworbenen Teilforderung betreffend das Körperschaftsteuerguthaben für 2015. Das FA sah den Unterschiedsbetrag zwischen diesem Auszahlungsbetrag und den anteiligen Anschaffungskosten als einen steuerpflichtigen Kapitalertrag gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG an und unterwarf diesen der Abgeltungsteuer. Dieses Ergebnis haben sowohl das FG wie auch der BFH bestätigt; die Rückzahlung werde einer Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG gleichgestellt.

Hinweis:

Anlässlich dieses Urteils sind insbesondere drei gestaltungsrelevante Aspekte hervorzuheben:

  1. Der Rechtsgrund einer Kapitalüberlassung bzw. des Anspruchs ist ohne Bedeutung; er kann vertraglicher oder gesetzlicher, öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sein. Es werden i.Ü. auch unverzinsliche Ansprüche erfasst.
  2. Werden erworbene Ansprüche im Zuge von Teilrückzahlungen erfüllt, so sind die Anschaffungskosten anteilig den Teilrückzahlungen gegenüberzustellen – und nicht etwa der ersten Teilrückzahlung bereits die gesamten Anschaffungskosten.
  3. Unter Veräußerung versteht der BFH die entgeltliche Übertragung des – zumindest wirtschaftlichen – Eigentums auf einen Dritten, wobei auch die Endeinlösung, (Teil-)Rückzahlung oder Abtretung einer sonstigen Kapitalforderung als Veräußerung gelten.

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25 Steuererklärung für 2022

Vor dem Hintergrund der deutlichen Preissteigerungen rücken im steuerlichen Bereich Aspekte in den Vordergrund, die eine Minderung der Steuerlast erlauben. Dies betrifft insbesondere die anstehende Steuererklärung für 2022 und die laufende Lohnbesteuerung in 2023. In dieser Beilage stellen wir ausgewählte Aspekte vor.

a) Erklärungspflicht/-möglichkeit, Fristen

Bei Arbeitnehmern wird die Einkommensteuer im Grundsatz durch den Lohnsteuerabzug des Arbeitgebers erhoben und ist damit abgegolten. In bestimmten Fällen müssen Arbeitnehmer aber zwingend eine Einkommensteuererklärung abgeben. Zu nennen sind insbesondere (daneben gibt es noch weitere Konstellationen) folgende Fälle:

  • wenn der positive Saldo anderer Einkünfte mehr als 410 € beträgt; dies betrifft z.B. Einkünfte aus einem Vermietungsobjekt, nicht aber Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem Steuerabzug unterlegen haben,
  • wenn Lohnersatzleistungen von mehr als 410 € bezogen wurden, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen; dies betrifft z.B. Krankengeld, Elterngeld oder auch Kurzarbeitergeld;
  • wenn der Stpfl. nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn bezogen hat;
  • wenn von Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen sind, beide Arbeitslohn bezogen haben und einer für den Veranlagungszeitraum oder einen Teil davon nach der Steuerklasse V oder VI besteuert oder bei Steuerklasse IV der Faktor eingetragen worden ist;
  • wenn die Ehe des Arbeitnehmers im Veranlagungszeitraum durch Tod, Scheidung oder Aufhebung aufgelöst worden ist und er oder sein Ehegatte der aufgelösten Ehe im Veranlagungszeitraum wieder geheiratet hat.

Im Übrigen besteht stets die Möglichkeit einer Antragsveranlagung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung. In diesen Fällen wird die Einkommensteuer vom Finanzamt auf Basis der Erklärung berechnet und die Lohnsteuer wird angerechnet. Dies kann insbesondere in folgenden Fällen Sinn machen:

  • War der Arbeitslohn in 2022 stark schwankend oder lagen in einzelnen Monaten Sonderzahlungen vor, so kann der Lohnsteuerabzug zu hoch sein, was nun im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung korrigiert werden kann.
  • Es sind Werbungskosten angefallen, die den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1 200 € übersteigen, der bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt wurde; so z.B. bei Anwendung der Home-Office-Pauschale, Fahrtkosten aus einer größeren Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, einer doppelten Haushaltsführung oder Fortbildungskosten.
  • Es können andere steuerliche Abzugspositionen geltend gemacht werden, wie z.B. Spenden an gemeinnützige Organisationen, außergewöhnliche Belastungen – z.B. höhere Krankheitskosten –, Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen, Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen.
  • In bestimmten Fällen muss die Energiepreispauschale (EPP) über die Einkommensteuerveranlagung beantragt werden – s. hierzu unter Tz. 3.

Besteht eine Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2022, so sind die gesetzlichen Abgabefristen zu beachten. Bei steuerlich nicht beratenen Stpfl. (durch einen Steuerberater, Lohnsteuer-Hilfeverein usw.) ist die Erklärung spätestens bis zum 30.9.2023 abzugeben, bei beratenen Stpfl. spätestens bis zum 31.7.2024. Andererseits bestehen bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf Seiten der FinVerw die technischen Möglichkeiten zur Abgabe der Steuererklärung für 2022 und die Finanzämter beginnen aktuell bereits mit der Bearbeitung. Steht daher eine Steuererstattung in Aussicht, so bietet sich eine baldige Abgabe der Steuererklärung an.

Hinweis:

Im Grundsatz sollten die erforderlichen Belege und Nachweise frühzeitig zusammengestellt werden und eine Abschätzung erfolgen, ob mit einer Steuernachzahlung oder einer Steuererstattung zu rechnen ist. Nicht zuletzt ist dies auch wichtig, damit sich der Stpfl. auf eine evtl. anfallende Abschlusszahlung einstellen kann.

b) Energiepreispauschale

In den meisten Fällen wurde die EPP i.H.v. 300 € (abzgl. der darauf entfallenden Lohnsteuer) mit der Lohnabrechnung für September 2022 an die Arbeitnehmer ausgezahlt. In bestimmten Fällen wird dagegen die EPP nicht durch den Arbeitgeber ausgezahlt, sondern es muss eine Einkommensteuerveranlagung für 2022 erfolgen, mit der dann ohne besonderen Antrag durch das Finanzamt die EPP festgesetzt wird. Dies betrifft folgende Fälle:

  • der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Lohnsteuer-Anmeldungen abzugeben (z.B., weil die Höhe der Arbeitslöhne so gering ist, dass keine Lohnsteuer anfällt, oder der Arbeitgeber ausschließlich geringfügig Beschäftigte (Minijobber) hat, bei denen die Lohnsteuer pauschal erhoben wird) oder
  • der Arbeitgeber mit jährlichem Anmeldungszeitraum hat auf die Auszahlung an den Arbeitnehmer verzichtet oder
  • der Arbeitnehmer hat in den Fällen der Pauschalbesteuerung bei Minijobs dem Arbeitgeber nicht schriftlich bestätigt, dass es sich um das erste Dienstverhältnis handelt oder
  • der Arbeitnehmer ist kurzfristig beschäftigt oder eine Aushilfskraft in der Land- und Forstwirtschaft.
  • Auch steuerfreie Einkünfte aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer etc. oder einem Ehrenamt begründen einen Anspruch auf Auszahlung einer EPP i.H.v. 300 €.
  • Weiterhin sind Arbeitnehmer betroffen, die am 1.9.2022 nicht in einem ersten Dienstverhältnis standen, ein solches aber zu einem anderen Zeitpunkt in 2022 gegeben war.
  • Auch bisher beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die in 2022, aber nach dem 1.9.2022 nach Deutschland umgezogen sind, also ein Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht erfolgte, erhalten die EPP.
  • Ebenso bei einem im Inland wohnenden Arbeitnehmer, der im Ausland beschäftigt ist (Grenzpendler/Grenzgänger). Der Anspruch auf die EPP besteht unabhängig davon, ob Deutschland auch das Besteuerungsrecht am Arbeitslohn zusteht. Der ausländische Arbeitgeber zahlt jedoch keine EPP nach deutschem Recht. Die Arbeitnehmer erhalten die EPP von ihrem Finanzamt über die Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022.

Handlungsempfehlung:

In diesen Fällen muss also für 2022 zwingend eine Einkommensteuerveranlagung beantragt werden, damit auf diesem Weg die EPP ausgezahlt wird. Dies gilt auch dann, wenn ansonsten kein Grund bzw. keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung besteht.

Hinweis:

Eine doppelte Gewährung wird bei Arbeitnehmern dadurch vermieden, dass der Arbeitgeber mit der Lohnsteuerbescheinigung dem Finanzamt und dem Stpfl. mitteilt, ob die EPP durch ihn ausgezahlt wurde. Dies wird durch den Großbuchstaben „E” in der Lohnsteuerbescheinigung gekennzeichnet. Bezieht ein Rentner oder Pensionär Lohneinkünfte und hat damit die EPP i.H.v. 300 € erhalten, so kann es trotzdem sein, dass er daneben auch die EPP für Rentner/Pensionäre erhält.

Liegt kein Arbeitsverhältnis vor, aber Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit, so wurde die EPP grds. durch Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung zum 10.9.2022 ausgezahlt. Ggf. erfolgen die Festsetzung und Auszahlung jedoch erst mit der Einkommensteuerveranlagung für 2022, so z.B., wenn bisher keine Vorauszahlungen festgesetzt waren. Bei der Einkommensteuererklärung für 2022 ist insoweit kein gesonderter Antrag erforderlich, sondern dies wird automatisch durch das Finanzamt bei der Veranlagung berücksichtigt.

Die steuerliche Behandlung der Energiepreispauschalen ist unterschiedlich. Insoweit gilt:

Empfängerkreis

steuerliche Behandlung

Handlungsbedarf bei der Steuererklärung 2022

Arbeitnehmer und Bezieher von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit

Die i.d.R. im September 2022 ausgezahlte EPP i.H.v. 300 € unterliegt der Besteuerung.

Erfolgt eine Steuererklärung, so braucht die EPP nicht erklärt zu werden, da das Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2022 die EPP automatisch ansetzt.

Arbeitnehmer, denen die EPP noch nicht ausgezahlt wurde, müssen ggf. eine Antragsveranlagung durchführen, damit die EPP gewährt werden kann – siehe vorstehend.

Lediglich Bezieher von Einnahmen aus einer kurzfristigen Beschäftigung bzw. eines Minijobs müssen in der Einkommensteuererklärung in der Anlage „Sonstiges” Angaben machen, ob solche Einkünfte bezogen wurden und ob der Arbeitgeber eine EPP ausgezahlt hat. In diesen Fällen liegen über diese Tatsachen dem Finanzamt keine Informationen vor.

Versorgungsbeziehende

Im Rahmen der Auszahlung der EPP i.H.v. 300 €, welche i.d.R. im Dezember 2022 erfolgte, wurde bei Auszahlung an Versorgungsempfänger Steuer einbehalten. Die EPP wird wie die regulären Versorgungsbezüge versteuert.

kein Handlungsbedarf

Rentner

Die an Rentner durch die Deutsche Rentenversicherung bzw. die landwirtschaftliche Alterskasse ausgezahlte EPP i.H.v. 300 € unterliegt der Besteuerung.

Die steuerliche Erfassung erfolgt erst im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 2022. Die auszahlenden Kassen teilen die Auszahlung der EPP dem Finanzamt mit. Ob eine Steuererklärungspflicht besteht und tatsächlich eine steuerliche Belastung erfolgt, hängt von der Höhe der Rente und von eventuellen sonstigen Einkünften ab.

Studierende

Studierende erhalten eine EPP i.H.v. 200 € ab März 2023 ausgezahlt. Diese unterliegt nicht der Besteuerung.

kein Handlungsbedarf

c) Erdgas-/Wärmesoforthilfe

Weiterhin ist die Erdgas-/Wärmesoforthilfe zu beachten. Diese „Einmalzahlung Wärme” wird im Regelfall durch den Verzicht der Erdgaslieferanten und Wärmeversorgungsunternehmen auf eine im Dezember 2022 fällige Voraus- oder Abschlagszahlung gewährt (sog. Dezemberhilfe). Die finale Abrechnung erfolgt dabei erst zu einem späteren Zeitpunkt mit der Rechnung für den Abrechnungszeitraum, der den Monat Dezember 2022 umfasst und in der die Kostenentlastung als gesonderter Betrag ausgewiesen ist. Diese Soforthilfe unterliegt im Grundsatz der Besteuerung, führt aber nur in bestimmten Fällen zu einer steuerlichen Erfassung. Insoweit ist zu beachten:

  • Steuerliche Erfassung, wenn die Entlastung im Rahmen einer steuerlich relevanten Tätigkeit bezogen wird: Erhalten z.B. Gewerbetreibende oder Vermieter die Entlastung, so ist diese im Rahmen dieser steuerlichen Tätigkeit zu erfassen. Dann mindern sich im Zweifel im Monat Dezember 2022 die Werbungskosten oder Betriebsausgaben für den Gas-/Wärmebezug. Gibt der Vermieter die Entlastung dann in 2023 mit der Nebenkostenabrechnung für 2022 an die Mieter weiter, so führt dies dann in 2023 beim Vermieter zu geringeren Einnahmen aus der Nebenkostenabrechnung.
  • Steuerliche Erfassung, wenn die Entlastung im Privatbereich bezogen wird:
    • Jahr der steuerlichen Erfassung: Die steuerliche Erfassung erfolgt in dem Jahr, in dem die Endabrechnungen durch den Versorger, die Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft für den Monat Dezember 2022 erteilt wurden. Bei Wohnungseigentümern, die einen eigenen Vertrag mit einem Versorger haben, kann dies das Jahr 2022 sein, wenn die Endabrechnung noch zum 31.12.2022 erfolgte. In allen übrigen Fällen erfolgt die steuerliche Erfassung erst im Jahr 2023. Der Rückgriff auf die Endabrechnung erfolgt deshalb, weil erst in dieser die staatliche Förderung in der endgültigen Höhe ausgewiesen wird.
    • Steuerliche Behandlung: Entlastungen bei einem privat genutzten Einfamilienhaus oder einer privat genutzten Wohnung oder Entlastungen, die Mieter oder Wohnungseigentümer über die Nebenkostenabrechnung bzw. die Wohngeldzahlung erhalten, werden im Grundsatz steuerlich erfasst. Insoweit bedarf dies einer Erfassung in der Steuererklärung. Eine Besteuerung erfolgt allerdings erst ab Erreichen bestimmter Einkommensgrenzen. Die Besteuerung setzt ein, wenn die Einkünfte insgesamt den Betrag von 66 915 € übersteigen (bzw. bei zusammenveranlagten Ehegatten der doppelte Betrag). Diese Prüfung erfolgt dann automatisch durch die Finanzämter. Es kann ggf. allein der Bezug dieser staatlichen Unterstützung dazu führen, dass eine Steuererklärung für das betreffende Jahr abgegeben werden muss.

d) Aktuelles zu Werbungskosten bei Arbeitnehmern

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ist Ende Mai 2022 rückwirkend für das gesamte Jahr 2022 auf 1 200 € angehoben worden (und zum 1.1.2023 dann nochmals auf 1 230 €). In der Regel ist der erhöhte Arbeitnehmer-Pauschbetrag in 2022 bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt worden. Dies kann in Einzelfällen anders sein, wenn z.B. das Arbeitsverhältnis im Frühjahr 2022 beendet wurde und damit eine Korrektur der ersten Monate des Jahres 2022 auf Grund der rückwirkenden Anpassung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages nicht mehr möglich war. Dann kann dies im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nachgeholt werden. Gleiches gilt für die Erhöhung des Grundfreibetrags beim Einkommensteuertarif, welche ebenfalls erst im Laufe des Jahres 2022 beschlossen wurde.

Im Übrigen können Werbungskosten nur berücksichtigt werden, soweit der Arbeitnehmer-Pauschbetrag überschritten ist. Zu nennen sind z.B. Fahrtkosten zwischen Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte über die Entfernungspauschale, evtl. Fahrtkosten bei Dienstreisen, soweit diese nicht vom Arbeitgeber erstattet wurden, Kosten einer doppelten Haushaltsführung, Fortbildungskosten oder Fachliteratur.

Hinzuweisen ist insoweit auf die Home-Office-Pauschale. Für das Jahr 2022 kann der Stpfl. für jeden Kalendertag, an dem er seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene Betätigungsstätte aufsucht, eine Tagespauschale von 5 € ansetzen, höchstens 600 € im Kalenderjahr.

Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind nur nach den Grundsätzen der Entfernungspauschale, also grds. nur mit 0,30 € je Entfernungskilometer anzusetzen. Im Einzelfall kann zu prüfen sein, ob eine erste Tätigkeitsstätte besteht, da bei Verneinung dieser Frage ein Abzug der Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen – also 0,30 € je gefahrenem Kilometer – in Betracht kommt. Die Festlegung des Orts der ersten Tätigkeitsstätte erfolgt grds. nach der Zuordnung durch den Arbeitgeber. Allerdings ist zu beachten, dass die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte auch bei Zuordnung durch den Arbeitgeber ein – nicht nur geringfügiges – Tätigwerden des Arbeitnehmers am Ort der Zuordnung erfordert. Dies kann z.B. bei Außendienstmitarbeitern oder Monteuren bei der Abgrenzung wichtig sein. Im Einzelfall sind insoweit noch nicht alle Abgrenzungsfragen geklärt. In der Rechtsprechung wurde die Erledigung von vorbereitenden Tätigkeiten am Zuordnungsort meist für ausreichend gehalten. Mit rechtskräftigem Urteil v. 16.6.2022 (Az. 16 K 4259/17) hat das FG Berlin-Brandenburg dagegen eine erste Tätigkeitsstätte eines Müllwerkers auf dem Betriebshof des Entsorgers verneint, da die dort erledigten vorbereitenden Tätigkeiten (wie Entgegennahme und Prüfung des Fahrzeugs, Umkleiden usw.) nicht als ausreichend eingestuft wurden.

Ebenso sorgfältig ist der Ort der ersten Tätigkeitsstätte bei Leiharbeitnehmern zu prüfen. So hat der BFH mit Urteil v. 12.5.2022 (Az. VI R 32/20) entschieden, dass maßgebliches Arbeitsverhältnis für die Frage, ob der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist, das zwischen dem Arbeitgeber (Verleiher) und dem (Leih-)Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis ist. Auch bei wiederholten, aber befristeten Einsätzen beim Entleiher fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung, so dass bei der Betriebsstätte des Entleihers keine erste Tätigkeitsstätte begründet wird.

Zu beachten ist, dass die eigentlich erst für 2024 vorgesehene Erhöhung der Entfernungspauschale für Fernpendler, also ab dem 21. Entfernungskilometer von 0,35 € je km auf 0,38 € je km vorgezogen wurde und bereits für das gesamte Jahr 2022 gilt. Auch dieser Effekt kann im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden. Der erhöhte Satz gilt auch für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung.

Hinweis:

Unverändert ist die Entfernungspauschale allerdings auf 4 500 € im Kalenderjahr gedeckelt. Ein höherer Betrag als 4 500 € ist nur dann abziehbar, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.

Hinweis:

Die pauschalen Fahrtkostensätze bei Vorliegen einer Auswärtstätigkeit (Reisekostengrundsätze) betragen allerdings bei Verwendung eines Kfz unverändert 0,30 € je gefahrenem km. Es besteht aber die Möglichkeit, statt des pauschalen Fahrtkostensatzes einen individuellen Fahrtkostensatz zu ermitteln. Dies erfordert eine Aufzeichnung der anfallenden Kosten mindestens für einen Zeitraum von zwölf Monaten.

Aufwendungen für die Computer- und Internetnutzung können in Höhe des nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten beruflichen Nutzungsanteils als Werbungskosten geltend gemacht werden. Diese Grundsätze gelten auch für die Aufwendungen eines privat angeschafften Computers. Bei einer nicht unwesentlichen beruflichen Nutzung des Computers ist mindestens ein hälftiger Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten möglich. Arbeitnehmer, die eine berufliche Nutzung von mind. 90 % nachweisen oder glaubhaft machen, können die gesamten Kosten als Werbungskosten absetzen. Aufwendungen für EDV-Geräte und Software können im Grundsatz nur über die Nutzungsdauer verteilt als Werbungskosten geltend gemacht werden. Die amtlichen AfA-Tabellen sehen für Notebooks, PC und Peripheriegeräte eine Nutzungsdauer von drei Jahren vor. Die FinVerw lässt es aber ausdrücklich zu, dass bei der Abschreibung von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung von einer Nutzungsdauer von einem Jahr ausgegangen werden kann, so dass die Kosten im Jahr der Anschaffung in vollem Umfang als Werbungskosten berücksichtigt werden können.

Hinweis:

Im Einzelfall sollte geprüft werden, ob tatsächlich angefallene und nachgewiesene Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag übersteigen.

Liegt eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung vor, so spielt der Werbungskostenabzug materiell eine große Rolle. Insbesondere aufgrund der in den vergangenen Jahren steigenden Mietpreise ist zu beachten, dass als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden können, höchstens allerdings 1 000 € im Monat. Insoweit ist die Abgrenzung der „Unterkunftskosten” von anderen Kosten von Bedeutung. So hat das FG Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil v. 21.9.2022 (Az. 3 K 48/22) entschieden, dass die Kosten eines separat angemieteten Pkw-Stellplatzes von der Begrenzung der Unterkunftskosten nicht erfasst werden.

Hinweis:

Der Höchstbetrag von 1 000 € je Monat umfasst sämtliche entstehenden Aufwendungen der Wohnung wie Miete, Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung und Pflege, Zweitwohnungsteuer, Rundfunkbeitrag, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten), die vom Arbeitnehmer selbst getragen werden. Nicht erfasst werden dagegen Aufwendungen für Hausrat, Einrichtungsgegenstände oder Arbeitsmittel, mit denen die Zweitwohnung ausgestattet ist.

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26 Lohnsteuer 2023: Minderung der Lohnsteuer und Möglichkeiten der Nettolohnoptimierung

a) Freibeträge als Lohnsteuerabzugsmerkmale

Beim laufenden Lohnsteuerabzug wird automatisch der Arbeitnehmer-Pauschbetrag und auch der Grundfreibetrag des Einkommensteuertarifs mindernd in Abzug gebracht. Auch ein evtl. zu gewährender Altersentlastungsbetrag oder Versorgungsfreibetrag wird mindernd berücksichtigt. Andere Minderungspositionen, wie z.B. größere Werbungskosten auf Grund einer doppelten Haushaltsführung oder umfangreicher Fahrtkosten oder auch außergewöhnlicher Belastungen werden im Grundsatz erst bei der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt. Eine Berücksichtigung dieser Aspekte bereits beim Lohnsteuerabzug und damit ein Liquiditätsvorteil ist dann zu erreichen, wenn der Arbeitnehmer beim Finanzamt die Eintragung eines Freibetrags beantragt. Dann werden die Freibeträge vom Finanzamt in der Datenbank abgespeichert (sog. ELStAM-Datenbank) und dem Arbeitgeber sowie auf Antrag auch dem Arbeitnehmer mitgeteilt.

Die Berücksichtigung antragsabhängiger Freibeträge im Lohnsteuerabzugsverfahren 2023 setzt grds. voraus, dass der Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 2023 einen entsprechenden Antrag auf Lohnsteuerermäßigung stellt. Eine Ausnahme gilt

  • für Freibeträge, die im Ermäßigungsverfahren 2022 erstmals zweijährig beantragt wurden,
  • sowie für Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen und Hinterbliebene, die bereits in der ELStAM-Datenbank gespeichert und mehrjährig über den 31.12.2022 hinaus gültig sind.

Der Antrag auf Berücksichtigung eines Freibetrags hat auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erfolgen. Hierfür ist der Vordruck „Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2023” zu verwenden. Neben diesem Hauptvordruck müssen nur die Anlagen ausgefüllt werden (Werbungskosten, Sonderausgaben/außergewöhnliche Belastungen und Kinder), die tatsächlich benötigt werden.

Hinweis:

Antragsformulare werden von der FinVerw im Internet durch das „Formular-Management-System (FMS) der Bundesfinanzverwaltung”, https://www.formulare-bfinv.de bereitgestellt und können heruntergeladen werden. Auch eine Antragstellung über das Elster-Portal (www.elster.de) ist möglich, sofern eine entsprechende Registrierung erfolgt ist.

Im Einzelnen können insbesondere folgende Aufwendungen vom Finanzamt auf Antrag als Lohnsteuerabzugsmerkmale berücksichtigt werden:

  • Werbungskosten, soweit sie den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1 230 € übersteigen;
  • Sonderausgaben, z.B. Ausbildungskosten, Kinderbetreuungskosten, Spenden, Kirchensteuer, jedoch nicht Versicherungsbeiträge (Vorsorgeaufwendungen), die im Lohnsteuerabzugsverfahren durch die Vorsorgepauschale berücksichtigt werden;
  • außergewöhnliche Belastungen;
  • Erhaltungsaufwand bei Baudenkmalen;
  • Verluste aus anderen Einkunftsarten;
  • Freibeträge für Kinder, für die kein Anspruch auf Kindergeld besteht;
  • Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen und Handwerkerleistungen;
  • Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden;
  • Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei Verwitweten und Geschiedenen, die (noch) nicht in die Steuerklasse II gehören.

Hinweis:

Für Kinder werden zwar bei der Berechnung der Lohnsteuer keine Kinderfreibeträge mehr gewährt, die Kinderfreibeträge haben aber weiterhin Bedeutung für die Berechnung des Solidaritätszuschlags und einer eventuellen Kirchensteuer und werden daher als elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale berücksichtigt. Daher ist es oftmals vorteilhaft, z.B. für über 18 Jahre alte, in Ausbildung befindliche Kinder (rechtzeitig) die steuerliche Berücksichtigung zu beantragen.

Hinweis:

Die Berücksichtigung eines Freibetrags (ausgenommen der Pauschbetrag für Menschen mit Behinderungen bzw. Hinterbliebene) führt dazu, dass für den Arbeitnehmer nach Ablauf des Jahres eine Veranlagung zur Einkommensteuer durchgeführt werden muss und der Arbeitnehmer somit zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist, wenn der im Kalenderjahr insgesamt erzielte Arbeitslohn den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer (in 2023: 10 908 €), den Arbeitnehmer- und den Sonderausgaben-Pauschbetrag übersteigt. Dabei kann es auch zu Nachzahlungen kommen, weil z.B. dann die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigt werden und z.B. Werbungskosten tatsächlich geringer angefallen sein können als auf Grund des Freibetrags beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt wurde.

b) Inflationsausgleichsprämie

Aktuell ist die Inflationsausgleichsprämie (IAP) das wirksamste Instrument, mit dem Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern lohnsteuerfrei und ohne Belastung mit Sozialabgaben Zusatzleistungen zukommen lassen können. Eine steuerfreie IAP können, unabhängig von der Art ihrer Beschäftigung, alle Arbeitnehmer im steuerlichen Sinne erhalten. Die Steuerfreiheit gilt für Zahlungen im Begünstigungszeitraum 26.10.2022 bis 31.12.2024 bis zu insgesamt 3 000 €. Eine Auszahlung in mehreren Teilbeträgen innerhalb dieses Begünstigungszeitraumes ist möglich. Bei Überschreiten des Betrags von 3 000 € ist der übersteigende Betrag steuer- und sozialversicherungspflichtig.

Voraussetzung ist allerdings stets, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt, d.h. die Steuerbefreiung gilt nur für eine „neue” Leistung des Arbeitgebers. Daher kann der Arbeitgeber eine Sonderleistung, wie z.B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld, auf die der Arbeitnehmer bereits einen Anspruch hat, nicht in eine steuerfreie IAP „umwidmen”. Gleiches gilt auch für die Umwidmung von Überstunden, auf die ein Auszahlungsanspruch besteht. Dagegen können freiwillige Zusatzleistungen, auf die also der Arbeitnehmer keinen arbeitsrechtlichen Anspruch hat, als IAP ausgezahlt werden. Auch wenn der Arbeitnehmer im Gegenzug auf einen Freizeitausgleich von Überstunden verzichtet bzw. Überstunden gekürzt werden, auf die kein Auszahlungsanspruch besteht, ist die Voraussetzung einer Gewährung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn” erfüllt.

Die Leistung muss zum Ausgleich der gestiegenen Verbraucherpreise gewährt werden (Inflationsbezug). Insoweit ist aber ausreichend, dass die IAP in einem sachlichen Zusammenhang mit der Preisentwicklung steht und sich der Zusammenhang z.B. in Form der Bezeichnung „Inflationsausgleichsprämie” aus der Gehaltsabrechnung oder aus dem Überweisungsträger ergibt. Die steuerfreie IAP kann auch bei pauschalversteuerten Minijobs gewährt werden.

Hinweis:

Die steuerfrei IAP ist weder vom Arbeitgeber in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen noch vom Arbeitnehmer in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Diese unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt. Die steuerfreie IAP ist im Lohnkonto aufzuzeichnen, so dass sie bei der Lohnsteuer-Außenprüfung als solche erkennbar ist und die zutreffende Anwendung der Steuerbefreiung bei Bedarf geprüft werden kann.

c) Arbeitgeberzuschüsse zum 49 €-Ticket

Zum 1.5.2023 wird nach derzeitigem Stand das 49 €-Ticket für den deutschlandweiten ÖPNV eingeführt. Leistet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Zuschüsse für dieses Ticket – ggf. als verbilligtes Job-Ticket – so sind diese lohnsteuerfrei. Dies unter der Voraussetzung, dass der Zuschuss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Betragsmäßig ist der steuerfreie Zuschuss nicht begrenzt, jedoch dürfen die dem Arbeitgeber entstandenen Kosten nicht überschritten werden. Ebenfalls besteht keine Beitragspflicht in der Sozialversicherung.

Hinweis:

Die Anwendung der Steuerbefreiung auf solche Zuschüsse hat auch den Vorteil, dass insoweit die 50 €-Freigrenze nicht verbraucht wird. Auf Seiten des Arbeitnehmers erfolgt eine Anrechnung der Barzuschüsse auf die Entfernungspauschale.

Bei geringfügig Beschäftigten (520 €-Job) ist ein solcher Zuschuss nicht in die 520 €-Grenze einzubeziehen, d.h. der Zuschuss kann dem geringfügig Beschäftigten ohne weitere Folgen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.

Handlungsanweisung:

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die steuerfreien Leistungen im Lohnkonto des jeweiligen Arbeitnehmers aufzuzeichnen. Außerdem müssen die entsprechenden Beträge in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung dem Finanzamt übermittelt werden.

d) Nettolohnoptimierung durch Zurverfügungstellung von Mobiltelefonen zur privaten (Mit-)Benutzung

Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein betriebliches Mobiltelefon zur unentgeltlichen privaten (Mit-)Benutzung zur Verfügung, so liegt zwar ein geldwerter Vorteil vor, der als Arbeitslohn einzustufen ist, dieser ist aber nach einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung steuerfrei gestellt. Auf dieser Basis besteht in der Praxis folgendes Gestaltungsmodell: Der Arbeitgeber erwirbt zunächst ein dem Arbeitnehmer gehörendes Mobilfunkgerät zu einem unter dem Marktpreis liegenden Betrag (z.B. für 1 €) und überlässt es anschließend dem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung unter Bezuschussung des vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrags bis zu einer festgelegten Obergrenze. Diese unentgeltliche Überlassung zur (auch) privaten Nutzung des Mobiltelefons ist dann lohnsteuerfrei. Wirtschaftlich werden damit vom Arbeitgeber steuerfrei Kosten des Arbeitnehmers übernommen.

Der BFH hat nun mit Entscheidung v. 23.11.2022 (Az. VI R 50/20 und zwei Parallelentscheidungen gleichen Datums) dieses Gestaltungsmodell ausdrücklich gebilligt. Insoweit liege weder ein Gestaltungsmissbrauch noch ein Scheingeschäft vor. Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitnehmer über das verkaufte Gerät die Verfügungsmacht verliert und die Nutzung an den Fortbestand des Arbeitsvertrags geknüpft ist. Außerdem muss sichergestellt sein, dass das Gerät nur vom Arbeitnehmer benutzt wird.

Handlungsempfehlung:

Dieses Modell kann also in der Praxis eingesetzt werden, um den Arbeitnehmern steuerfrei einen Vorteil zu gewähren. Die genaue Ausgestaltung sollte unter Hinzuziehung steuerlichen Rats erfolgen. Offen ist allerdings noch die Reaktion der FinVerw auf diese Rechtsprechung.

e) Job-Rad

Aus verschiedensten Gründen fördern Arbeitgeber die Nutzung von Fahrrädern und E-Bikes, insbesondere auch für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Für den Arbeitnehmer kann dies auch steuerlich interessant sein, so dass finanziell die Nutzung des vom Arbeitgeber gestellten Fahrrads günstiger ist als ein selbstbeschafftes Fahrrad. Hinsichtlich der steuerlichen Folgen muss insbesondere zwischen zwei Fällen unterschieden werden:

  1. Nutzung der Steuerbefreiung: Ausdrücklich gesetzlich geregelt ist eine Steuerbefreiung für die private Nutzung eines betrieblichen Fahrrads oder Elektrofahrrads. Dies umfasst sowohl die Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als auch zu privaten Zwecken, z.B. in der Freizeit oder beim Sport. Voraussetzung für die Steuerfreiheit des vom Arbeitgeber gewährten Vorteils durch die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads ist insbesondere, dass der Vorteil zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt. Es muss sich um ein Fahrrad des Arbeitgebers handeln, wobei dieses in der Praxis meist über Leasingmodelle beschafft wird. Eine Anrechnung auf die Entfernungspauschale erfolgt nicht. Die Steuerbefreiung gilt sowohl für Elektrofahrräder als auch für Fahrräder ohne einen solchen Antrieb. Ist ein Elektrofahrrad jedoch verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug einzuordnen (z.B. gelten Elektrofahrräder, deren Motor auch Geschwindigkeiten über 25 km/h unterstützt, als Kraftfahrzeuge), sind für die Bewertung dieses geldwerten Vorteils die Regelungen der Dienstwagenbesteuerung anzuwenden.
  2. Keine Nutzung der Steuerbefreiung: Kann die Steuerbefreiung nicht genutzt werden, insbesondere, weil der geldwerte Vorteil aus der privaten Nutzung des Fahrrads nicht zusätzlich zum Arbeitslohn, sondern im Zuge einer Gehaltsumwandlung gewährt wird, so kann der geldwerte Vorteil ermittelt werden mit 1 % eines auf volle 100 € abgerundeten Viertels der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads einschließlich der Umsatzsteuer. Der Ansatz unter Anwendung dieser 1 %-Methode gilt für alle privaten Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte; anders als beim Pkw gibt es also keine 0,03 %-Regelung zusätzlich. Dieser Wertansatz ist regelmäßig im Vergleich zu einer Beschaffung des Fahrrads mittels Kaufs finanziell sehr vorteilhaft für den Arbeitnehmer.

Hinweis:

Kann der Arbeitnehmer das Fahrrad nach Ablauf der Nutzungszeit zu einem verbilligten Preis erwerben, so liegt insoweit Arbeitslohn vor, der der Lohnsteuer zu unterwerfen ist. Da sich die Wertermittlung in der Praxis regelmäßig schwierig gestaltet, lässt die FinVerw aus Vereinfachungsgründen zu, den Endpreis eines Fahrrads/Elektrofahrrads, das dem Arbeitnehmer auf Grund des Dienstverhältnisses nach 36 Monaten der Nutzungsdauer (so die Laufzeit der üblichen Leasingmodelle) übereignet wird, aus Vereinfachungsgründen mit 40 % der auf volle 100 € abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des (Elektro-)Fahrrads einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen, sofern nicht im Einzelfall ein niedrigerer Restwert in geeigneter Weise nachgewiesen wird. Zuzahlungen des Arbeitnehmers mindern den geldwerten Vorteil. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, soweit die Vorteilsgewährung an den Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt.

f) Elektro-Dienstwagen

Wird dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ein Firmenwagen mit einem Verbrennermotor zur Verfügung gestellt, der auch für private Fahrten genutzt werden kann, so ist zu überlegen, ob eine Umstellung auf ein Elektrofahrzeug erfolgen sollte. Aus Sicht des Arbeitgebers ist dies meist mit höheren Anschaffungskosten bzw. Leasingraten verbunden, kann aber vorteilhaft in Bezug auf das Image des Unternehmens sein. Für den Arbeitnehmer ergeben sich dagegen steuerliche Vorteile, da der geldwerte Vorteil aus der Möglichkeit der Privatnutzung deutlich günstiger ermittelt wird als bei einem Fahrzeug mit Verbrennermotor. Insoweit gilt:

  • Wird das Elektrofahrzeug einem Arbeitnehmer nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2031 erstmals zur Nutzung überlassen, so ist seit 2020 der Listenpreis bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der 1 %-Regelung nur zu einem Viertel anzusetzen, wenn das Kraftfahrzeug keine CO2-Emission je gefahrenem Kilometer hat und der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 60 000 € beträgt.
  • Soweit die vorgenannten Bedingungen nicht erfüllt sind, wird bei Anschaffung nach dem 31.12.2021 und vor dem 1.1.2025 der Listenpreis bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der 1 %-Regelung nur zur Hälfte angesetzt, wenn das Kraftfahrzeug
    1. eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 Gramm je gefahrenem Kilometer hat oder
    2. die Reichweite des Fahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 60 km beträgt.

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